Autor Thema: [Eberron] Extraplanare Abenteuer auf hohen Stufen sind ein Problem  (Gelesen 1460 mal)

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Offline Antariuk

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Moin,

Beim Durchgehen von Notizen und Unterlagen aus meiner Eberron-Runde fiel mir etwas auf, dass ich für mich bis jetzt nie so konkret fassen konnte: Eberron hat ein Problem mit extraplanaren Abenteuern auf hohen Stufen. Warum?
Weil die Planescape-Kosmologie fehlt. Achtung, Wall-of-Text incoming.

Für die Uneingehweihten: Eberron besitzt ein eigenes Modell vom Aufbau der Ebenen und ist explizit nicht Teil des Planescape-Multiversums, d.h. dem Kanon nach sind Reisen von den Forgotten Realms zu Eberron nicht möglich. An und für sich gleicht Eberron diesen Nachteil dadurch aus dass die Kosmologie deutlich dynamischer und interessanter ist als im Standard-Modell: ähnlich wie Elektronen in einem Atom umkreisen die anderen Ebenen der Existenz die materielle Ebene und sind mal näher und mal weiter weg, was diverse Auswirkungen auf die sog. Manifestzonen und einige Zauber haben kann. Es gibt sogar ein lustiges Kalendar-Tool um den Status der der gesamten Kosmologie in Echteit nachzuvollziehen (lohnt aber eher nur für langfristig angelegte Runden). Wie so viele andere Sachen kommen die Ebenen in Eberron als Dreizehn-minus-Eins: es gab mal dreizehn davon, aber eine ist verloren oder effektiv nicht mehr verügbar. Dreizehn Ebenen (wir zählen Xoriat jetzt einfach mal mit) sind verglichen mit Planescape natürlich nicht viel, aber viele klassische Abenteuermotive sind nach wie vor möglich, plus einige Sachen die in Planescape so nicht gehen (Eberron besitzt z.B. eine Ebene der Toten wo (fast) alle sterblichen Seelen landen, ähnlich dem griechischen Hades).

Zusätzlich ist die Kenntnis von den anderen Existenzebenen in Eberron explizit sehr verbreitet und auch wenn nur die Helden aus Legenden wirklich Irian oder Lamannia gehen um heldenhafte Dinge zu tun, haben die meisten Leute schon von diesen Orten gehört. Das heißt auch, es muss niemand mehr im Nebel stochern und blind durch irgendwelche Portale rennen wenn diese Optionen im Spiel verfügbar sind, weil jeder weiß dass man auf Risia ohne entsprechende Vorkehrungen einfach erfriert.

Wo ist jetzt das Problem?

Problem Nr. 1 ist dass man als SL bis auf eine Ausnahme (Dal Quor) alle extraplanaren Abenteuer und eventuelle Abhängigkeiten und Beziehungen zu anderen Ebenen komplett alleine entwerfen muss weil es kein Grundgerüst gibt. Es gibt keinen Blood War zwischen Dämonen und Teufeln der sich über mehrere Ebenen und unzählige Layer hinweg erstreckt, es gibt auch keine interplanare Verbindung wie Yggdrasil oder Styx für die Anknüpfung ans aktuelle Abenteuer (und Manifestzonen für alles zu benutzen ist ein Deus Ex Machina erster Güte). Was es gibt ist die Ebene Shavarath wo sich Engel, Teufel und Dämonen bis in alle Unendlichkeit die Köpfe abschlagen und keiner weiß warum, die Dämonen und Teufel am wenigsten weil die als Kinder von Khyber eigentlich überhaupt keinen Bedürfnis haben auf anderen Ebenen zu kämpfen. Die o.g. Ausnahme Dal Quor ist als einzige Ebene durch diverse Elemente, Monster und NSCs so eng mit dem Setting verknüpft dass man hier reichlich Auswahl an möglichen Plots und Abenteuern hat (Xen'drik und die Ursprünge der Warforged, Sarlona, die Kalashtar und der Konflikt den sie ausfechten müssen, usw.).

Eberron ist als Seting total großartig in der Art und Weise wie dem SL die Lösung diverser großen Geheimnisse überlassen werden - es gibt genug Informationen um ein Abenteuer darüber aufzuziehen, aber keine kanonische Lösung desselben - bei den Ebenen finde ich aber ist es insgesamt einfach zu wenig an Information, gerade weil man (laut Buch) eben nicht alles mit Planescape Materialien substituieren soll.

Problem Nr. 2 ist dann warum hochstufige Abenteurer sich überhaupt um extraplanare Angelegenheiten kümmern sollten. Die materielle Ebene von Eberron bietet genug Stoff für epische Abenteuer (Demon Wastes, Argonessen, usw.) die auch alle direkt ins Setting integriert sind ohne dass man es wie nachgelegt wirkt, und bis auf Dal Quor und Anhang gibt es kaum Grund auf andere Ebenen zu reisen. Anders als bei Planescape sind die Höllenwelten mehr oder weniger direkter Teil von Eberron - sie ersetzen im Grunde das tiefe Underdark aus den Forgotten Realms (es gibt ein Underdark in Eberron, aber das sieht deutlich anders aus. Drow wohnen z.B. oberirdisch im Dschungel auf Xen'drik, nicht unter Tage). Von allen Ebenen ist Khyber am leichtesten zu erreichen weil man einfach nur eine Höhle finden muss die tief genug reicht, da sind weder Portale noch Zauber zwingend notwendig. Und mit den Seelen der Toten wird da auch nicht geschachert, zumindest nicht wie man es aus Archeron, Baator, Gehenna und Co. kennt. Fällt also schonmal direkt als Option für hochstufige Abenteuer aus.

Und Götter funktionieren auch nicht als Protagonisten und Endbosse, weil es sie in Eberron aller Wahrscheinlichkeit gar nicht gibt. Auseinandersetzung mit dem Avatar von Dol Arrar? Pustekuchen. Kann man natürlich einfach umsetzen wenn einem danach ist, das Setting wie beschrieben hilft einem dabei aber kein Stück.

Problem Nr. 3 ist eine direkte Konsequenz aus Nr. 2: die hochstufigen Abenteuerer, die jetzt in Eberron herumlaufen, zerbrechen das gesamte Setting sobald sie nicht in den dafür vorgesehenen Bereichen agieren (Aerenal, Demon Wastes, Argonessen). Der hochstufigste NSC der meines Wissens nach je veröffentlich wurde ist zwar ein Level 20 Druide, aber auch ein Baum. Ja, wirklich. Der ikonische, legendare, aus Mythen und bruchstückhaften und verzerrten Fakten bekannte "Bösewicht" des Settings ist Level 16 in 3.5 und Level 19 in 4E (und hat langweilige Kräfte). Und dann kommt lange Zeit erstmal nichts, wenn man sich halt nicht zufällig in den o.g. Gegenden aufhält. Das mag auf der einen Seite total entsptannend für den SL sein weil man im Grunde nach Levelbereichen abgetrennte Sandkästen hat in die man die Spieler dann umleiten kann wenn es soweit ist, als Gesamtkonzept ist das aber hochst unbefriedigend. Eine Gruppe aus Level 15 Spielern stellt Sharn, die ikonische Metropole des Settings, komplett auf den Kopf wenn man nicht massiv reguliert was erlaubt ist und was nicht. In den Forgotten Realms hätte man direkt mehrere extraplanare Plots und Interventionen von Gottheiten zur Hand um die Jungs und Mädels zu beschäftigen und Faerûn mehr oder weniger intakt zu lassen, aber die Option gibt es in Eberron halt nur wenn man sich das alles selber strickt.

Die ganzen Probleme fallen als niedrigstufige Abenteuer weg weil als Level 6 Wizard ist man natürlich Feuer und Flamme die gefundene Besitzurkunde einer magischen Lampe in der City of Brass einzulösen. Als Level 15 Wizard hat man besseres zu tun als sich mit doofen Efreeti herumzuplagen, wozu also nach Fernia reisen? Zumal man auf Level 15 auch keinen Bedarf mehr an MacGuffins hat um überhaupt nach Fernia zu kommen.

Meinungen?
« Letzte Änderung: 13.10.2015 | 13:17 von Antariuk »
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Im Grunde hast du Recht: Mit Ausnahme der Ebene der Träume und den tiefen Schichten von Khyber - wenn man diese als eigene Ebene betrachtet - gibt es keine großartigen Gründe für Eberron Abenteurer auf andere Ebenen zu reisen; abgesehen von sich bildenden Manifestationszonen und den damit einhergehenden Problemen.

So what? Eberron ist dafür eben nicht gemacht. Und wie du richtig gesagt hast, es gibt genug Bereiche auf der materiellen Ebene, in denen sich die Abenteurer austoben können: Demon Waste, Xen'drik, Sarlona, ja sogar Riedra. Warum also die schöne Welt verlassen?

Ich habe übrigens Savage Tide auf Eberron geleitet und die unterschiedlichen Reiche der Dämonenprinzen als die Gefängnisse dargestellt, denen sie nicht entkommen können. Hat wunderbar funktioniert. Und sogar der Reisende (der einzige Gott, dem man nachsagt, dass er tatsächlich auf Eberron wandelt) hatte seinen Auftritt.
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Offline Antariuk

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Ich finde es halt enorm schade dass hier so viel Potential verschenkt wurde, da ich die Kosmologie an sich sehr cool finde. Man hat sich offensichtlich schon Gedanken darüber gemacht wie man den Wegfall des gesamten Planescape-Multiversums irgendwie auffangen und die anderen Ebenen interessant machen kann, aber es ist leider bei einem gigantischen Astrolabium ohne konkrete Anknüpfpunkte geblieben.

Ich habe übrigens Savage Tide auf Eberron geleitet und die unterschiedlichen Reiche der Dämonenprinzen als die Gefängnisse dargestellt, denen sie nicht entkommen können. Hat wunderbar funktioniert. Und sogar der Reisende (der einzige Gott, dem man nachsagt, dass er tatsächlich auf Eberron wandelt) hatte seinen Auftritt.

Sehr schön! :d
Ich hatte nach dem Lesen von Savage Tide die Idee dass man die in Eberron gefangenen Daelkyr eigentlich auf gut als Dämonenersatz benutzen könnte.
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Gibt auch eine fette Obsidianseite dazu (war eine lange Kampagne):
https://grausame-gezeiten.obsidianportal.com/
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Hammer, danke für den Link, das ist ja reichlich Lesestoff.
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