Autor Thema: Faust als Tytalus  (Gelesen 1919 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Chiarina

  • Herr Kaleun
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 6.099
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Chiarina
Faust als Tytalus
« am: 19.06.2015 | 00:31 »
Stellt euch mal vor, einer eurer Spieler würde einen Tytalus spielen wollen, mit einem Konzept, das Goethes Faust relativ nahe kommt (Spielball zwischen Gut und Böse, versucht in diesem Spiel wenigstens ein bisschen mehr als nur Werkzeug zu sein und mitspielen zu können). Für einen Tytalus ist das quasi das oberste Ziel: Der Konflikt zwischen Gut und Böse... elementarer geht´s nicht mehr. Der Charakter weiß bei Spielbeinn, dass er von einer übernatürlichen Wesenheit beraten, vielleicht auch hin und wieder gelenkt wird (Flaw: plagued by supernatural entity). Was da zu ihm spricht, ist ihm aber noch nicht ganz klar. Gesetzt ist weiterhin, dass der Magus am Ende seiner Lehrzeit, so wie das im Hause Tytalus schon einmal vorkommt, seinen Meister umgebracht hat (der sich dann sterbend darüber gefreut hat, dass sein Lehrling nach der Folter seiner Lehrzeit endlich selbstständig geworden ist... was für ein Haus!).

Habt ihr ein paar Ideen für einen solchen Magus (mal abgesehen von "plagued by supernatural entity)? Ich bin mit dem Spieler gerade in Gesprächen zur Charaktererschaffung und hoffe auf ein paar Tipps von außen.
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Egiltane

  • Survivor
  • **
  • Beiträge: 88
  • Username: pm
Re: Faust als Tytalus
« Antwort #1 am: 20.06.2015 | 18:49 »
Stellt euch mal vor, einer eurer Spieler würde einen Tytalus spielen wollen, mit einem Konzept, das Goethes Faust relativ nahe kommt (Spielball zwischen Gut und Böse, versucht in diesem Spiel wenigstens ein bisschen mehr als nur Werkzeug zu sein und mitspielen zu können).

Das klingt nach einer passenden Grundlage für ein Konflikt behaftetes Charakterkonzept. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine hinreichend bekannte literarische Vorlage im zeitgenössischen Kontext Stoff für spannende Geschichten liefert.

Zitat
Habt ihr ein paar Ideen für einen solchen Magus (mal abgesehen von "plagued by supernatural entity)? Ich bin mit dem Spieler gerade in Gesprächen zur Charaktererschaffung und hoffe auf ein paar Tipps von außen.

Ideen in Bezug auf Konzepte, Strukturen und Wendungen oder Ideen im Hinblick auf eine mechanische Modellierung des skizzierten Konflikts? Der genannte Flaw suggeriert das Letztere. Ohne zusätzliche konzeptuelle Nuancen tue ich mir jedoch schwer, hier konstruktiv anzusetzen, ohne Saga-übergreifende Prinzipien und Dilemmata zu implizieren, d. h. den Charakter partiell neu zu erfinden — womit wir bei Ersterem wären.

Offline Chiarina

  • Herr Kaleun
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 6.099
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Chiarina
Re: Faust als Tytalus
« Antwort #2 am: 21.06.2015 | 00:41 »
@ Egiltane: Das kann ich ein Stück weit verstehen. Ich war im Atlas Games Forum etwas erfolgreicher mit dieser Anfrage. Das ist bei einem Spezialforum aber auch nicht weiter verwunderlich.

Genommen hätte ich beides: Überlegungen hinsichtlich Crunch und Fluff.

Falls es jemanden interessiert: Der Spieler hat sich für einen Magus entschieden, der relativ bald dem Mystery Cult der Titanoi angehören wird (beschrieben in Houses of Hermes: Societates, vertiefende Regelmechanismen in The Mysteries: Revised Edition). Dieser Kult mit seinem Schwerpunkt auf Haus Tytalus sucht den Kontakt zu den Titanen der griechischen Mythologie. Die Titanen wurden nach verlorenem Kampf gegen die Götter in die Unterwelt verbannt. Eine Aktivität in dieser Richtung ist in der Vergangenheit des Hauses Tytalus schon einmal schiefgegangen: Bestimmte Gruppierungen innerhalb des Hauses wurden damals als Diabolisten verfolgt. Logische Folge: Verlagerungen der Aktivitäten in den Untergrund (=Mystery Cult). Nun wirbeln die Titanoi (also die Angehörigen des besagten Mystery Cults) auf einem geringeren Level auch heute noch eine Menge Staub in Sachen Titanen und Unterwelt auf. Der Verdacht des Diabolismus wird relativ schnell auf demTisch liegen, die Verbindungen nach außen werden elativ wichtig sein.
« Letzte Änderung: 21.06.2015 | 02:24 von Chiarina »
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Chiarina

  • Herr Kaleun
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 6.099
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Chiarina
Re: Faust als Tytalus
« Antwort #3 am: 28.06.2015 | 04:02 »
Hier das regeltechnische Konzept für den Magus:

Der parens war ein Tytalus, ein Bekannter des Parens ist Mystagoge des Mystery Cults der Titanoi.
Unser junger Magus tötet gegen Ende seiner Lehrzeit seinen parens (nicht allzu ungewöhnlich im Hause Tytalus). Das gelingt nur mit Hilfe eines Watcher-Dämons. (Die Watcher waren ursprünglich Engel, von Gott auf die Welt geschickt, um die Menschen zu lehren. Einige von ihnen beließen es beim Unterrichten und sind auch heute noch göttliche Wesen. Andere gehen Beziehungen mit Menschenfrauen ein, stellen sich damit gegen ihren göttlichen Auftrag, werden korrumpiert und treten schließlich dem infernalischen Orden der Deluders bei (das sind Dämonen, die mit Täuschungen und Vorspiegelungen falscher Tatsachen arbeiten). Ein solcher infernalischer Watcher unterstützt unseren jungen Tytalus dabei, seinen parens zu ermorden). Wer der Mörder war, wird öffentlich nie bekannt. Der infernalische Watcher hilft bei der Tarnung des Verbrechens und da ein solcher Vorgang im Hause Tytalus hin und wieder vorkommt, wird nicht weiter nachgeforscht. Der alte Bekannte des parens, Mystagoge des Kultes der Titanoi, nimmt sich aber ebenfalls des Magus´ an. Er wittert ein potentielles Kultmitglied.

Starterpaket:
Plagued by supernatural entity (major story flaw): Die übernatürliche Wesenheit ist der infernalische Watcher.
Corrupted Abilities (minor supernatural tainted flaw): Beschrieben in "Realms of Power, The Infernal", S. 87. Der Spieler sucht für seinen Charakter eine oder mehrere Abilities aus, die von infernalischer Seite korrumpiert worden sind. Wenn so eine Ability in selbstsüchtiger oder sündiger Absicht benutzt wird, bekommt der Charakter +3 auf den Wurf. Wenn der Wurf nur wegen diesem Bonus gelingt und ohne wäre er fehlgeschlagen, dann bekommt er darüber hinaus auch noch sofort 5 Erfahrungspunkte in der Ability. Wenn die Ability aber ohne selbstsüchtige oder sündige Absicht verwendet wird (also neutral oder gar selbstlos), dann bekommt der Charakter -3 auf den Wurf und wenn der Wurf nur wegen diesem Malus misslingt und ohne wäre er gelungen, dann verliert er 5 Erfahrungspunkte in der Ability.

Nach einiger Diskussion mit dem Spieler, haben wir uns auf eine explosive Möglichkeit geeinigt: die korrumpierte Ability ist penetration (die Fertigkeit, die dabei hilft, die magische Widerstandskraft von anderen Zauberern des Hermesordens und magischen Wesen zu überwinden).

Und nun noch eine kleine Regelfinesse: In Houses of Hermes: True Lineages wird im Zusammenhang mit dem Haus Guernicus forceless casting diskutiert (S. 72). Eigentlich ist das eine Zauberaktion, mit der man verhindern kann, ohne es zu wollen einen anderen Magus des Ordens auszuspionieren. In vorliegendem Fall ist die Regel aber auch noch aus anderem Grund interessant: Beim forceless casting sagt der Spieler einfach an, dass die penetration seines Zaubers nicht den Wert 0 übersteigt. Damit kann er keine magische Widerstandskraft eines anderen Magus´ oder Kreaturen mit übernatürlicher Macht überwinden, aber auf alle anderen wirkt die Magie ganz normal. Die Regel besagt: "In essence the magus casts the spell with no more effort than is required to avoid fatigue and opts not to use his penetration skill (!)" Wenn die penetration des Charakters also korrumpiert ist und der Spieler forceless casting ansagt, dann kann man ihm keine bösen Handlungen nachsagen. Wenn er allerdings kein forceless casting ansagt, bedient er sich einer korrumpierten ablitiy und ist durch geschickte Nachforschungen infernalischer Handlungen überführbar. Zaubert der Charakter also auf diese unaufdringliche Art und Weise, kann niemand herausbekommen, dass er mit infernalischen Mächten Kontakt hatte. Er wirkt dann sogar besonders zurückhaltend und sanftmütig. Wenn es dann aber mal hart auf hart kommt und er einem im magischen Sinne ernsthaften Gegner gegenübersteht, dann braucht er penetration, sein Zaubern wird böse und er bekommt sogar noch einen Bonus, wenn er sich besonders sündhaft verhält. Die sich bei ehrbarem Gebrauch hin und wieder reduzierenden Erfahrungspunkte in der penetration ability sorgen weiterhin dafür, dass auch für den Spieler der Anreiz zu infernalischen Handlungen nicht nachlässt.

Mal abgesehen von den infernalischen Verstrickungen des Charakters hat er aber durch den befreundeten Mystagogen die Chance erst einmal ohne größere Probleme Mitglied des Mysterienkultes des Titanoi zu werden und sich um entsprechende Initiationen zu bemühen.

Bin gespannt, wie das läuft!
« Letzte Änderung: 28.06.2015 | 05:54 von Chiarina »
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)