Autor Thema: Investigative Sandbox, geht das?  (Gelesen 3493 mal)

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Investigative Sandbox, geht das?
« am: 15.10.2015 | 18:58 »
Investigative Sandbox: kann das funktionieren - oder ist es ein Widerspruch in sich?

(Wen es interessiert: ich will Cthulhu 7 ausprobieren. Setting wird 20er Jahre im deutschsprachigen Raum.)

Unter "Investigativ" verstehe ich: die Spieler versuchen Informationen zu sammeln und zu kombinieren (ja, ich will explizit die Spieler fordern und sie sich ihre Aha-Erlebnisse verdienen lassen - und nicht nur die Charaktere).

Unter "Sandbox" verstehe ich: als Spielleiter präsentiere ich eine Ausgangssituation - und überlasse den Spielern was sie daraus machen. Die Charaktere können alles menschenmögliche machen was ihren Spielern in den Sinn kommt (keine vorgefertigte Story, kein roter Faden dem die Spieler folgen müssen, kein "das geht jetzt nicht", nichts was auch nur ansatzweise nach Railroading riecht).

Hat das schon mal jemand versucht?
Irgendwelche Tipps oder Erfahrungen die ihr mir mit auf den Weg geben könnt?


Ein paar meiner eigenen Überlegungen bisher:

Grundsätzlich kann ich mir zwei Ansätze vorstellen: Entweder ein großes Rätsel mit vielen Aspekten (die Freiheitgrade der Spieler sind a) an welchen Stellen sie zuerst bohren und b) auf wessen Seite sie sich schlagen). Oder viele Kleine Rätsel (die Freiheit der Spieler besteht dann im Wesentlichen darin, welches Rätsel sie sich näher anschauen). Momentan tendiere ich zu der ersten Variante (potenziell größere Kohärenz der Geschichte, aber ich glaube die Gefahr ist größer dass die Spieler stecken bleiben oder die Lust verlieren).

Prinzip-Frage: steht die Antwort von Anfang an fest (Vorteil: die Spieler haben ein objektives Erfolgserlebnis wenn sie das Rätsel lösen) oder kenne ich am Anfang auch nur nebulöse Anspielungen und ich erfinde die Antworten spontan wenn ich sie brauche (Vorteil: ich kann besser darauf reagieren, wenn die Spieler sich entscheiden etwas unvorhergesehenes zu machen)?

Offline Chruschtschow

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #1 am: 15.10.2015 | 19:17 »
Dieser Thread könnte für dich interessant sein: Ermittlungsabenteuer improvisieren. Murder Mystery und Mystery ohne Murder, aber mit Kultisten und Dingen von denen die Menschheit nichts wissen sollte (was eigentlich doch immer zu Mord und mehr führt) sollten ausreichend Gemeinsamkeiten haben, um da was anzustellen. Ich würde ganz klar zum ergebnisoffenen Spielstil tendieren, wie auch schon im verlinkten Thread. Damit kann sich die Runde das Setting ausgiebig zueigen machen und es können richtig gute Wendungen auch für die SL kommen.

Aus meiner Sicht helfen drei Dinge:
(1) Fakten erschaffen in Spielerhand,
(2) eine Spielrunde, die ausgiebig mieinander kommuniziert, und
(3) ein Spielleiter, der genau zuhört, was die Ermittler gerade treiben.
« Letzte Änderung: 16.10.2015 | 16:49 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Antariuk

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #2 am: 15.10.2015 | 19:23 »
Kein Plan wie gut das wirklich mit Cthulhu geht, aber ich behaupte mal mit Node-Based Adventure Design geht eine Menge.
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Pyromancer

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #3 am: 15.10.2015 | 19:36 »
Prinzip-Frage: steht die Antwort von Anfang an fest (Vorteil: die Spieler haben ein objektives Erfolgserlebnis wenn sie das Rätsel lösen) oder kenne ich am Anfang auch nur nebulöse Anspielungen und ich erfinde die Antworten spontan wenn ich sie brauche (Vorteil: ich kann besser darauf reagieren, wenn die Spieler sich entscheiden etwas unvorhergesehenes zu machen)?

Meine persönliche Meinung: Wenn die Antwort nicht von Anfang an feststeht, dann brauch ich auch kein Ermittlungsabenteuer spielen. "Die Wahrheit" herauszufinden ergibt nur dann Sinn, wenn es "die Wahrheit" gibt.

Offline Iona

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #4 am: 15.10.2015 | 19:50 »
Meine persönliche Meinung: Wenn die Antwort nicht von Anfang an feststeht, dann brauch ich auch kein Ermittlungsabenteuer spielen. "Die Wahrheit" herauszufinden ergibt nur dann Sinn, wenn es "die Wahrheit" gibt.

Etwas ähnliches wollte ich grade auch schreiben :)
Ich denke schon, dass in einem investigativen Szenario ein Grundkonflikt ("Die Wahrheit") und zumindest ein paar der beteiligten Parteien, deren Motive und u.U. auch ein grober Zeitplan, was sie wann tun, in der Vorbereitung der Sandbox Sinn macht. Spontan Hinweise oder Beteiligte dazu erfinden, wenn die Spieler eine gute Idee haben, geht dann immer noch :) Das habe ich schon oft so gemacht.
Die Spieler denken, sie finden an Ort X einen Hinweis? Dann gehen sie zu Ort X und ich überlege mir, ob im Rahmen meines vorher grob erdachten Hintergrunds dort etwas zu finden ist oder ich die Aktivität sogar nutze, um eine falsche Fährte zu legen. Auch die gehören ja dazu.

Das ist dann immer noch kein Railroading. ;)

Aber es völlig ohne Hintergrundmotive zu starten, wäre mir persönlich zu stressig. Denn eine sinnige Auflösung werden die meisten Spieler eines so deklarierten investigativen Szenarios vermutlich dann doch erwarten.
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Offline tartex

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #5 am: 15.10.2015 | 19:51 »
potenziell größere Kohärenz der Geschichte, aber ich glaube die Gefahr ist größer dass die Spieler stecken bleiben oder die Lust verlieren

Ich denke, wenn man vorher schon klar macht, wonach sie suchen, und evtl. wieviel Puzzle-Teile sie am Ende brauchen werden, dann geht das schon gut. Ansonsten Milestones klar deutlich setzen! Das gibt den Spielern das Gefühl Siege zwischendurch erreicht zu haben, auch, wenn es noch weitergeht. Auch wenn man das große Rätsel noch nicht gelöst hat, hat man doch etwas konkretes geschafft, worauf man länger hin gearbeitet hat.
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Ucalegon

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #6 am: 15.10.2015 | 20:59 »
Wenn du feststehende Rätsel/ausgearbeitete Fälle o.Ä. zum Lösen präsentierst (was ich persönlich in einer Sandbox auch erwarten würde) und player skill eine Rolle spielen soll, solltest du viel in eine glaubwürdige Reaktion der Spielwelt auf ein potentielles Versagen oder Steckenbleiben der Gruppe investieren. Wenn Versagen und Fehler keine bedeutsamen Konsequenzen haben, kannst du nämlich auch gleich den Trail-Ansatz benutzen und dir unnötigen Stress sparen:

Zitat
At this point, the player might raise the railroading question—if he can’t fail to get a clue, doesn’t that mean that he’s simply being led around from scene to scene, without being able to make meaningful choices?

In response to this, you might show how the ability to fail simply masks what is essentially the same structure under both rules sets. Eventually Freeborn will connect the fetish to Wallace Welkley. The only difference is that he always gets it right the first time in Trail, whereas the Call Keeper has to keep generating plausible alternate ways to convey the information in the face of initial failure. In both games, what happens when Freeborn meets Welkley remains up for grabs.

Let’s say that Welkley is the innocent victim of an occult conspiracy and doesn’t know who to trust. How the player chooses to treat him when they first meet determines whether Welkley cooperates, or flees and is killed by the real villains. If he’s hostile or sneaky, one story branch occurs. If he keeps his cool and reassures Welkley, he brings him onside—but must then protect him from later threats. This choice point doesn’t change the identity of the real villains, in either Call or Trail. In either system, the endpoint might be predetermined or improvised. In neither case does the choice point change how the story plays out on the way to the unmasking of the real villain. Trail no more or less railroady than Call. What it lacks is the confusion and backtracking arising from repeat attempts to uncover the same piece of information. This might feel like choice, but is anything but.

alexandro

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #7 am: 15.10.2015 | 21:09 »
Würde nicht so sehr von einer investigativen Sandbox, sondern eher von einer Sandbox, in der es Investigation gibt, sprechen.

D.h. es gibt viele Rätsel, Mysterien und Kriminalfälle und die Spieler suchen sich selber aus, wann und wie sie welches davon angehen. In diesem Fall sollte sich der SL aber auch Gedanken machen, was passiert wenn das Rätsel NICHT gelöst wird. Ein (un)gelöstes Rätsel sollte den Status Quo der Sandbox aufrütteln (wenn der Neffe des Königs nicht des Mordes an seinem Onkel überführt wird, mordet er solange weiter, bis er selbst König ist (und setzt dann die Ziele um, weswegen er diese Position erreichen wollte) - wenn der Patriarch der Lichtkirche als Dämonenpaktierer entlarvt wird, führt das zu massiven Kirchenaustritten und Übergriffe gegen Tempel- usw.).
« Letzte Änderung: 15.10.2015 | 21:18 von alexandro »

Pyromancer

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #8 am: 15.10.2015 | 22:04 »
Würde nicht so sehr von einer investigativen Sandbox, sondern eher von einer Sandbox, in der es Investigation gibt, sprechen.

D.h. es gibt viele Rätsel, Mysterien und Kriminalfälle und die Spieler suchen sich selber aus, wann und wie sie welches davon angehen.

Das ist meiner Erfahrung nach nicht praktikabel. Ein Ermittlungsabenteuer erfordert schon von sich aus einen höheren Vorbereitungsaufwand als andere Abenteuertypen - da dann gleich mehrere Kriminalfälle parallel auszuarbeiten, mit jeweils einem halben Dutzend tragenden NSCs mit eigenen Agenden und Motivationen und fortschreitenden Zeitleisten - das ist Spielleiter-Überlastung, ohne Mehrwert für's Spiel.

Wenn man eine Ermittlungs-Sandbox ansagt, dann haben die Spieler zu ermitteln, und zwar den Fall, den die SL ihnen vorsetzt.

Offline Skyrock

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #9 am: 15.10.2015 | 22:14 »
Was klappen könnte, wäre die Methode zu benutzen mit der Raymond Chandler seine Romane geschrieben hat: Nimm mehrere kleine und geradlinige Verbrechen, und dann hänge sie und die Beteiligten zusammen zu einem Netzwerk.
Entsprechenden heimgebrauten Zufallsgenerator für Streets of Bedlam habe ich mal bei B! eingestellt.

Apropos Streets of Bedlam: Das hat einen recht cooles Minisystem, um zufällig die Spuren eines Verbrechens zu generieren, und dürfte für deine Zwecke alleine dafür schon einen Blick wert sein.

Ansonsten, was Pyro sagt. Detektivabenteuer brauchen IMMER Vorbereitung und Festlegung. Sobald man spontan Spuren und Schuldige entscheidet, hat man nur noch illusionistisches Kreiswichsen. (Oder InSpectres.)
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Ucalegon

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #10 am: 15.10.2015 | 22:16 »
Wenn man eine Ermittlungs-Sandbox ansagt, dann haben die Spieler zu ermitteln, und zwar den Fall, den die SL ihnen vorsetzt.

Vor allem bleibt aus meiner Sicht die Problematik auch bei mehreren Fällen dieselbe. Was passiert, wenn die Gruppe festhängt und es nicht weitergeht oder in eine absolut falsche Richtung ermittelt? "Dann nehmen wir jetzt halt nen anderen Fall" ist da glaube ich keine gute Lösung.

Edit: Wenn wir schon bei Material sind. Silent Legions könnte einen Blick wert sein. Da müssten eigentlich Szenariogeneratoren drin sein.
« Letzte Änderung: 15.10.2015 | 22:23 von Ucalegon »

Pyromancer

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #11 am: 15.10.2015 | 22:21 »
Was passiert, wenn die Gruppe festhängt und es nicht weitergeht oder in eine absolut falsche Richtung ermittelt?

"Ihr ermittelt noch einige Wochen, befragt noch einmal alle Zeugen, klappert alle Tatorte ab, wälzt die Akten, aber alle Spuren bleiben kalt. Es gibt keine weiteren Todesfälle, der siebte Ritualmord war der Letzte, und kurz vor Weihnachten schließt euer Chef den Fall. Dieser Täter ist euch wohl entwischt..."

Ucalegon

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #12 am: 15.10.2015 | 22:28 »
"Ihr ermittelt noch einige Wochen, befragt noch einmal alle Zeugen, klappert alle Tatorte ab, wälzt die Akten, aber alle Spuren bleiben kalt. Es gibt keine weiteren Todesfälle, der siebte Ritualmord war der Letzte, und kurz vor Weihnachten schließt euer Chef den Fall. Dieser Täter ist euch wohl entwischt..."

So würde ich das auch machen. Die Schwierigkeit dabei dürfte das Timing sein: Wenn ich als SL den Laden zu früh dicht mache, haben die Spieler(innen) evtl. das Gefühl sie hätten noch was erreichen können, wenn der Cut zu spät kommt, sind ihm wahrscheinlich frustrierendes Rumermitteln ohne Story-Fortschritt und sinnlose Würfelei vorangegangen.

alexandro

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #13 am: 16.10.2015 | 06:37 »
Das ist meiner Erfahrung nach nicht praktikabel. Ein Ermittlungsabenteuer erfordert schon von sich aus einen höheren Vorbereitungsaufwand als andere Abenteuertypen - da dann gleich mehrere Kriminalfälle parallel auszuarbeiten, mit jeweils einem halben Dutzend tragenden NSCs mit eigenen Agenden und Motivationen und fortschreitenden Zeitleisten - das ist Spielleiter-Überlastung, ohne Mehrwert für's Spiel.

Auch nicht mehr Aufwand, als jeden Dungeon und Megadungeon der Spielwelt auszuarbeiten.  ;)

IdR macht man das natürlich nicht, sondern man überlegt sich nur wo die Dungeons sind und was es da grob zu sehen geben könnte. Erst wenn die Spieler dann tatsächlich dahin unterwegs sind, arbeitet man die einzelnen Räume aus und füllt diese mit Monstern. Bei Ermittlungsabenteuern ist es genauso: sobald die SC mit dem Mysterium in Kontakt kommen (entweder aus eigenem Antrieb oder durch NSC-Motivationen), sollte der SL sich über die Hintergründe im Klaren sein. Vorher reichen grobe Zielbeschreibungen.

Eine andere Möglichkeit ist die "Kaufabenteuer in der Sandbox"-Variante: Hier auf der Karte ist Dungeon X, das ist in Modul Y beschrieben; hier in der Stadt agiert die Verschwörung Z, ein möglicher Kontakt mit ihnen ist in Abenteuer A beschrieben, usw. usf.
« Letzte Änderung: 16.10.2015 | 06:46 von alexandro »

Offline KhornedBeef

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #14 am: 16.10.2015 | 08:50 »
Auch nicht mehr Aufwand, als jeden Dungeon und Megadungeon der Spielwelt auszuarbeiten.  ;)

IdR macht man das natürlich nicht, sondern man überlegt sich nur wo die Dungeons sind und was es da grob zu sehen geben könnte. Erst wenn die Spieler dann tatsächlich dahin unterwegs sind, arbeitet man die einzelnen Räume aus und füllt diese mit Monstern. Bei Ermittlungsabenteuern ist es genauso: sobald die SC mit dem Mysterium in Kontakt kommen (entweder aus eigenem Antrieb oder durch NSC-Motivationen), sollte der SL sich über die Hintergründe im Klaren sein. Vorher reichen grobe Zielbeschreibungen.

Eine andere Möglichkeit ist die "Kaufabenteuer in der Sandbox"-Variante: Hier auf der Karte ist Dungeon X, das ist in Modul Y beschrieben; hier in der Stadt agiert die Verschwörung Z, ein möglicher Kontakt mit ihnen ist in Abenteuer A beschrieben, usw. usf.
Ein Tatsächlich durch Spielerköpfe zu lösendes Mysterium sollte allerdings schon ziemlich durchdacht sein, das muss irgendwie vorbereiten. Außerdem war die Frage im OP ja nach einem Ermittlungsabenteuer in Sandbox-Form und nicht nach einer Sandbox, in der verschiedene, crawl-artige Mysterien herumliegen. Also mal nicht das Thema entführen hier :).
Ich empfehle es gefühlt jede Woche mal, aber wenn die Möglichkeit besteht, einfach mal in eines der umfangreicheren GUMSHOE-basierten Regelbücher gucken. Die liefern auch nicht alle Antworten, aber die Herangehensweise ist strukturiert, durch die verschiedenen clues. Kurz gesagt beginnt man mit den nötigen Hinweisen, die zum Kern des Mysteriens führen, und überlegt sich dann "Szenen", in denen diese zu entdecken wären. Die SC-Handlungen bestimmen, wann man zu welchen Szenen kommt. "floating clues" sind Hinweise, die in verschiedenen Szenen gefunden werden könnten, was der SL also auch während der Sitzung noch umstellen kann, je nach dem wie die SCs vorwärts kommen.
Der Artikel über node based design ist auch gut und ähnlich strukturiert. Wo GUMSHOE garantiertes Finden von core clues verwendet, gilt dabei eben die Rule of Three, um kritisches Feststecken unwahrscheinlich zu machen.
Für Dark Heresy gibt es "Edge of Darkness" als Einstiegsabenteuer, was nach einem ähnlichen Prinzip aufgebaut ist. Räumlich begrenztes Ermittlunsgebiet, mehrere anfängliche Anlaufstellen für Hinweise, Querverbindungen zwischen diesen. Die Hinweise deuten immer mehr auf einen Ort, dort werden dann restliche Unklarheiten beseitigt.
Wenn du das ganze ein Level steigern und ein Ermittlunsgabenteuer richtig Columbo-mäßig aufbauen willst, guck mal hier http://www.campaignmastery.com/blog/the-butler-did-it/
Macht allerdings einige Arbeit und erwartet viel logisches Vorgehen von den Spielern. Die Option " Wir foltern jetzt erstmal alle" verträgt sich nicht damit :)
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alexandro

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #15 am: 16.10.2015 | 18:34 »
@KhornedBeef:
Grundsätzlich kann ich mir zwei Ansätze vorstellen: Entweder ein großes Rätsel mit vielen Aspekten (die Freiheitgrade der Spieler sind a) an welchen Stellen sie zuerst bohren und b) auf wessen Seite sie sich schlagen). Oder viele Kleine Rätsel (die Freiheit der Spieler besteht dann im Wesentlichen darin, welches Rätsel sie sich näher anschauen). Momentan tendiere ich zu der ersten Variante (potenziell größere Kohärenz der Geschichte, aber ich glaube die Gefahr ist größer dass die Spieler stecken bleiben oder die Lust verlieren).

Die zweite Variante ist durch meinen Beitrag durchaus abgedeckt.

Bei der "alles gehört zum großen Rätsel"-Variante vermisse ich etwas den Entscheidungsaspekt der Sandbox, dass sich die Spieler selbst ihre Ziele abstecken und dass es alles mögliche zu entdecken gibt. Außerdem gehört zu dieser Freiheit imo auch die Möglichkeit des Scheiterns (bzw. zeitweiligen aufgeben eines Handlungsstrangs, wo man erstmal nicht weiterkommt) dazu, da halte ich Ansätze wo die Autoren (wie bei GUMSHOE) nicht weiter wissen, was passiert, wenn die SC nicht alle Hinweise finden, eher kontraproduktiv.
« Letzte Änderung: 16.10.2015 | 19:48 von alexandro »

PurpleTentacle

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #16 am: 16.10.2015 | 18:43 »
Ich empfehle es gefühlt jede Woche mal, aber wenn die Möglichkeit besteht, einfach mal in eines der umfangreicheren GUMSHOE-basierten Regelbücher gucken.
Ich würde insbesondere Armitage Files empfehlen, das ist nämlich genau das was ich mir unter einer Ermittler Sandbox vorstelle.

Supersöldner

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #17 am: 16.10.2015 | 19:22 »
wieso Grade mit Cutulluh als System ?

Offline D. Athair

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #18 am: 17.10.2015 | 05:05 »
Ich würde insbesondere Armitage Files empfehlen, das ist nämlich genau das was ich mir unter einer Ermittler Sandbox vorstelle.
Das kenne ich nicht, weil ich mir Trail of Cthulhu bislang gespart habe (da mich die üblichen Cthulhu-Epochen eher wenig interessieren). Doch fall das wer kennt: Die City of Lies Box (erhältlich als PDFs bei den bekannten Anbietern) für Legend of the Five Rings 1st bietet doch eine ganz toll aufbereitete "murder-mystery sandbox", oder nicht? Ich denke da könnte man sich sehr viel abschauen.

Einziges Problem: Man sollte für das Setting (Rokugan) schon was übrig haben, sonst wird das mit dem Lesen und Reindenken motivationstechnisch schwierig.
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Offline KhornedBeef

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #19 am: 18.10.2015 | 14:36 »
wieso Grade mit Cutulluh als System ?
Ist halt so, dass ToC (ich nehme mal an darauf bezog sich das) die aktuell wohl prominenteste GUMSHOE-Umsetzung ist, dementsprechend viel Material vorhanden ist. Die Armitage Files haben wohl tatsächlich auf Kampagnenebene die Struktur, die hier gesucht ist. Dracula Dossier für NBA soll wohl ähnlich aufgebaut sein, dann hast du auch eine nichttentakelige (naja, evtl...) Option :)
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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #20 am: 19.10.2015 | 18:53 »
wieso Grade mit Cutulluh als System ?
Kurze Antwort: weil ich das System mal Probespielen möchte, nachdem ich dem Hype um die neue Edition erlegen bin.

Lange Antwort: es war tatsächlich so, dass ich zuerst die Idee hatte, mal Cthulhu 7 zu spielen - und erst danach die Idee, ob ich das nicht mit einer Sandbox tun könnte. Ich bin mir bewusst dass ich das System mit einer Sandbox etwas gegen den Strich spielen würde (Cthulhu-Abenteuern wird ja gerne mal eine Affinität zum Railroading unterstellt). Meine Arbeitshypothese im Moment ist aber, dass das eher am Abenteuer-Design und an der Spielkultur liegt. BRP (CoC) scheint mir im Grunde ein recht "klassisches" Rollenspiel-System zu sein, welches grundsätzlich Sandbox-geeignet sein sollte. Im Gegensatz zu GUMSHOE (ToC und Co.), wo ich meine Zweifel habe ob man damit eine Sandbox bespielen kann (aus dem Grund den alexandro genannt hat).

Offline KhornedBeef

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #21 am: 27.10.2015 | 08:31 »
Kurze Antwort: weil ich das System mal Probespielen möchte, nachdem ich dem Hype um die neue Edition erlegen bin.

Lange Antwort: es war tatsächlich so, dass ich zuerst die Idee hatte, mal Cthulhu 7 zu spielen - und erst danach die Idee, ob ich das nicht mit einer Sandbox tun könnte. Ich bin mir bewusst dass ich das System mit einer Sandbox etwas gegen den Strich spielen würde (Cthulhu-Abenteuern wird ja gerne mal eine Affinität zum Railroading unterstellt). Meine Arbeitshypothese im Moment ist aber, dass das eher am Abenteuer-Design und an der Spielkultur liegt. BRP (CoC) scheint mir im Grunde ein recht "klassisches" Rollenspiel-System zu sein, welches grundsätzlich Sandbox-geeignet sein sollte. Im Gegensatz zu GUMSHOE (ToC und Co.), wo ich meine Zweifel habe ob man damit eine Sandbox bespielen kann (aus dem Grund den alexandro genannt hat).
Auch wenn ich mir damit alexandros erneute Opponenz (frei erfundenes Hipsterwort) zuziehe: Sein Grund ist mMn kontstruiert. Ich zitiere
Zitat
Außerdem gehört zu dieser Freiheit imo auch die Möglichkeit des Scheiterns (bzw. zeitweiligen aufgeben eines Handlungsstrangs, wo man erstmal nicht weiterkommt) dazu, da halte ich Ansätze wo die Autoren (wie bei GUMSHOE) nicht weiter wissen, was passiert, wenn die SC nicht alle Hinweise finden, eher kontraproduktiv.
Hier muss man unterscheiden. 1. Denn Fall "Die SC finden nicht alle notwendigen Hinweise (core clues) gibt es per Design nicht, solange sich die Spieler weiter bewegen und danach suchen. 2. Ein Scheitern ist immer möglich, nur nicht durch das Versemmeln eines Investigativ-Wurfs. Klar verleitet das System auf den ersten Blick zum Railroaden, aber die Intention ist, dass das Abenteuer zu einem Schluss kommt, die Spieler aber tatsächlich den Weg dahin bestimmen. Im einfachsten Fall wie ein PC-Rollenspiel mit mehreren Endsequenzen. Dieser Schluss kann in der Spielweltlogik ein Scheitern sein, was bei Cthulhu sogar eher üblich sein kann.
Oder um diese Abwehr gegenüber GUMSHOE mal allgemein zu relativieren,  man auch CoC spielen und für bestimmte kritische Würfe festlegt: "Ist immer ein automatischer Erfolg, erfolgreichere Würfe bringen Zusatzinfo". Zack, Kernprinzip von GUMSHOE umgesetzt. Wie viele SLs machen das ohnehin, hm?
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Offline LushWoods

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #22 am: 27.10.2015 | 09:01 »
Die GUMSHOE Kampagnen bieten genau das was du suchst.
Und bespielbar mit dem BRP sind sie auch, da in ToC hinten eine Conversion BRP/GUMSHOE drin ist.
Ich würde einen Blick riskieren.

Und damit das nicht untergeht: Ja, das Setting "Streets of BEdlam" für Savage Worlds bietet  tatsächlich eine schöne kleine Mechanik für so was.

Offline D. Athair

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Re: Investigative Sandbox, geht das?
« Antwort #23 am: 27.10.2015 | 09:45 »
Meine Arbeitshypothese im Moment ist aber, dass das eher am Abenteuer-Design und an der Spielkultur liegt. BRP (CoC) scheint mir im Grunde ein recht "klassisches" Rollenspiel-System zu sein, welches grundsätzlich Sandbox-geeignet sein sollte.
Damit liegst du meinen Augen absolut richtig. BRP/RuneQuest eignet sich sehr für Sandbox-Spiel. Dass das bei Cthulhu anders erscheint, liegt v.a. an der in Deutschland durch Laurin und v.a. Pegasus gezüchteten Spielkultur.
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