Pen & Paper - Spielsysteme > 7te See

Was lese ich da? 7te See kommt zurück?

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Wellentänzer:
Wie gesagt: das ist vermutlich wieder eine der Diskussionen, deren Kern sich weitab von dem abspielt, was am Spieltisch tatsächlich mattert. Ich bin wirklich weit davon entfernt, das System von 7th Sea zu verteidigen. Mit ein paar wenigen Workarounds rund um die großen Baustellen erscheint mir das aber als durchaus machbar - ohne allerdings über kampagnenweise Erfahrung zu verfügen. Dafür habe ich vielleicht andererseits aber noch einen unverstellteren Blick auf die Qualität der Mechaniken als die ganzen Leute, die sich jahrelang damit herumgeplagt haben und bei denen, so meine Hypothese, die Ärgernisse zu einem etwas irrationalen Crescendo angewachsen sind.

Bei der Welt isses vermutlich ähnlich. Es macht für die allerallerallermeisten Szenen am Spieltisch keinen großen Unterschied, ob man in das echte Europa in mystifizierter, stereotypisierter Version eintaucht oder ob man alternativ eine Welt namens Thea hat, welche quasi identisch mit der echten Welt ist und ergänzt wird um eine mystifizierte, stereotypisierte Komponenten. Wenn ich aber 30jährigen Krieg, Elisabeth I, Arthus, Konfessionskonflikt, Louis XIV, spanischen Erbfolgekrieg, Papstereithema, Napoleon, Iwan den Schrecklichen, Venedig, Zorro und karibische Piraten in einen Topf werfen möchte: warum mache ich das nicht in der "echten" Welt und scheiße auf historische Präzision? Ich halte diese wilde Mixtur ja auch für supercool. Wenn ich aber meine interne Suspension of Disbelief befrage, dann bereitet mir dabei am meisten dieser beknackte Shift, der alles Bekannte so klar vor Augen führt und nur mit neuen Namen versieht, Probleme.

Insofern: das Setting ist toll, braucht aber die Verfremdung gar nicht, sondern verliert dadurch zumindest für mich nur an Flair. Wilde, geschichtsignorierende Mixturen gut und schön, aber mir ist unklar, weshalb man das noch einmal durch die Entfremdungsunschärfe namens Thea schicken muss. Wird klarer, was ich meine?

Eventuell ist das ein ähnlicher Sachverhalt wie damals beim Shift von oWoD zu nWoD. Ich fand es total Banane, das gleiche Spiel mit enorm gut etablierten Fraktionen nur so ein Stückchen zu verrücken, dass die allermeisten Settingelemente noch erkennbar, aber eben leicht verschoben daherkamen. Ähnlich nehme ich das auch bei 7th Sea wahr, ohne das Setting selbst nicht ebenfalls für großartig zu halten, wohlgemerkt. Der Markenkern ist natürlich das Setting und das Feeling, das Regelwerk schluckt man eher.

Chiarina:

--- Zitat von: Wellentänzer ---Wilde, geschichtsignorierende Mixturen gut und schön, aber mir ist unklar, weshalb man das noch einmal durch die Entfremdungsunschärfe namens Thea schicken muss. Wird klarer, was ich meine?
--- Ende Zitat ---

Ja, geht mir ähnlich.

:

--- Zitat von: Chiarina am  6.11.2015 | 16:07 ---Ja, geht mir ähnlich.
--- Ende Zitat ---

Ah, das beruhigt mich etwas. Ich finde es, etwas zugespitzt formuliert, so viel einfacher zu sagen:

"Wir verlegen Napoleon samt dessen Russlandfeldzugs um rund 150 Jahre in die Vergangenheit und machen ihn parallel zum Rivalen des magiebegabten, französischen Kaisers Ludwig IVX am Hof in Paris."

als

"Wir verlegen Napoleon, den wir Montegue nennen, samt dessen Russlandfeldzugs (Russland ist gleich Ussuria) um rund 150 Jahre in die Vergangenheit und machen ihn parallel zum Rivalen des magiebegabten, französischen Kaisers Ludwig IVX (wobei wir Frankreich aber Montaigne und Ludwig lieber Leon Alexandre nennen) am Hof in Paris, das wir Charouse nennen."

Irgendwie ist mir immer noch nicht so ganz klar, welche Vorteile das bringen soll. Vielleicht hab ich auch einfach nur Tomaten auf den Augen. Offensichtlich hat das aber durchaus große Vorteile, weil sich viele Leute damit wohler fühlen. Die historischen Fehler werden in deren Wahrnehmung offenbar durch die leichte Entfremdung entschärft. Korrekt? Finde ich psychologisch interessant, weil das bei mir komplett anders funktioniert.

Sin:
1) Ars Magica/WoD: Keine Verfremdung und um große Peinlichkeiten zu vermeiden ist es folglich so vorgesehen, dass man die Geschichte nicht allzusehr verdreht und mit historischen Persönlichkeiten vorsichtig umgeht. Recherche im Internet über geschichtliche Gegebenheiten und Persönlichkeiten ist bei AM/Dark Ages/Requiem for Rome durchaus vorgesehen.

2) 7th Sea: Fakten sind verdrehter und es soll VIEL größere Abweichungen von historischen Tatsachen geben ohne das es peinlich wird und SL sollen nicht gezwungen sein, sich über historische Perönlichkeiten umfangreich zu informieren, damit es kein Fremdschämen gibt. > geänderte Namen und überhaupt dass es sich ausdrücklich um eine andere Welt handelt helfen ungemein. Recherchen können zur Inspiration dienen über eine thematisiertes Person/Volk, aber wenn nicht, auch egal.

3) Forgotten Realms: Die Welt ist soweit von den realweltlichen Vorbildern entfernt, dass sich selten jemand darüber aufregt, dass etwa ein Volk sich nicht wie sein historisches Vorbild verhält. Man muss sich über solche Dinge gar keine Gedanken mehr machen, die Vorbilder helfen aber trotzdem bei der Orientierung (dass FR trotzdem peinlich ist, hat jetzt nichts mit dem Thema zu tun).

Bad Horse:
Ich finde Théa gerade wegen dem angesprochenen Freiheitsgrad ganz angenehm. Wenn ich historischen Kram leite oder spiele, dann hätte ich eigentlich ganz gern auch, dass meine Fakten halbwegs passen. Und da kann ich nicht einfach gewissenlos alles zusammenwürfeln, was ich cool finde. In einer verfremdeten Version geht das super.

Außerdem finde ich die Argumentation "Vielleicht sehe ich das System klarer, weil ich es nicht intensiv gespielt habe" etwas merkwürdig. Okay, das System ist vielleicht für kurze Abenteuer noch ganz okay, aber wenn man mal mit erfahreneren Charakteren spielt, muss man es kräftig hausregeln. In einem schnellen, actionreichen System will ich eigentlich nicht genug Zeit haben, um mal gemütlich aufs Klo zu gehen und einen Tee zu kochen, bis mein Charakter dann mal dran ist.

Wir sind mit unserer 7th-Sea-Runde schon vor längerer Zeit auf PDQ# umgestiegen und haben es wirklich nie bereut.

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