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"Äh ... WAS???" oder Wie kann man nur so ein Regelbuch verbrechen?

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Auribiel:

--- Zitat von: Murder-of-Crows am 28.01.2016 | 20:49 ---Demgegenüber gibt es für DSA oder SpliMo jenseits der Regeln keine Erklärbärtexte. Trotzdem werden solche Regelkolosse als besser angesehen.
--- Ende Zitat ---

Ich bin/war ja eine große Kritikerin von DSA4, da ich die Regeln als zu aufgebläht, dazu schlecht erklärt und unübersichtlich empfinde. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich den grundlegenden Gedanken HINTER diesen Regeln verstehe - auch wenn ich diese Gedanken nicht gut finden mag.


* Baukastensystem zur Charaktererschaffung? Check! (mir hätte ein freies Erschaffungssystem mehr zugesagt - habe ich bei Fate(Core), dafür brechen meine Gruppe und ich uns immer wieder einen ab, passende Aspekte zu finden)
* Kampfsystem mit Sonderfertigkeiten, Waffenwerten usw.? Check! (Auch wenn ich es in der Fülle für erschlagend halte. Bei FateCore fehlen mir gute Beispielstunts, ins Blaue hinein komme ich mit dem Bausystem für Stunts leider nicht klar.)
* Magiesystem mit (ermüdendem) Fundus an Zaubersprüchen und Sonderfertigkeiten? Check! (Ist mir auch zu aufgeblasen, aber ich verstehe den grundlegenden Mechanismus dahinter - und würde mir auch jederzeit zutrauen, neue Sprüche, Artefakte (gut, hier ohne die verwirrenden Regeln) usw. zu bauen).
Fate(Core) bietet vieles, was mir besser gefällt als bei DSA, aber bei grundlegenden Kernelementen steh ich wie der Ochse vor dem Berg. *muuuuh*



--- Zitat ---Was mich interessieren würde: wer hat das Regelwerk denn auf Englisch und wer auf Deutsch gelesen? Oft geht ja in der Übersetzung wirklich was verloren, gerade bei einem GRW wie Fate wo es eher auf Worte denn auf Zahlen ankommt. Daher: haben Leute, die Fate Core als Zumutung betrachten nur die deutschen Regeln gelesen?

--- Ende Zitat ---

Ich kenne fast nur die deutschen Regeln. Ich habe zwar auch mal ins Englische pdf reingeschnuppert, kam aber nicht wirklich klar damit (tu mir manchmal beim Lesen von Regelwerken schwer, Romane sind besser verständlich).
Wobei ich auch sagen muss: FateCore war seit langem das erste Regelwerk, dass ich komplett und auch sehr zügig durchgelesen habe. Es liest sich leicht - vielleicht zu leicht, weil der Crunch-Anteil zu gut in den Blocktexten versteckt ist?

Chruschtschow:
Alle drei Punkte, die du nennst, sind Dinge, die DSA so ähnlich behandelt wie der allergrößte Teil an Tabletoprollenspielen. Und die behandelt Fate eben deutlich anders. Fate Core muss ja nicht nur ein System vermitteln, dahinterstehend ist auch noch eine deutlich unterschiedliche Herangehensweise an viele Dinge. Und ja, das braucht ein Weilchen. Der Mathematiker John von Neumann hat mal den Spruch gebracht: "In der Mathematik versteht man die Dinge nicht. Man gewöhnt sich nur an sie." Das passt zum Teil auch zu Fate.

Und Fate geht übrigens nicht kaputt, wenn man es klassisch spielt. Es ist dann nichts besonderes, aber man kommt so langsam rein. Dann sind Konsequenzen erst ein Mal Verletzungen, bei den Stunts schraubt man sich die 08/15-Dinger mit +2 auf Aktionen zusammen (und jetzt erzähl mir keiner, dass er diese Anleitung oder diese Anleitung nicht versteht...) Und dann wird nach und nach das stärkere Einbringen der Spieler, die freiere Spielgestaltung in Hinblick darauf, dass die Regeln der Fiktion folgen, Aspekte formulieren usw. einfacher.

Chiarina:
Ja, Auribiels Beitrag ist so einer, bei dem ich denke, vielleicht kommt es bei Fate Core auch ein bisschen auf die Fähigkeit an, sich auf irgendetwas einzulassen (und zwar auf einen Kopfsprung vom Dreimeterbrett!).

Ich habe es hier schon ein oder zweimal geschrieben: Ich leite eine Faterunde, bin Spieler in einer anderen Faterunde und habe auf Cons bisher nochmal drei andere Spielleiter erlebt. Jedesmal war das Spiel spannend, aber sehr unterschiedlich im Vergleich zu meinen anderen Erfahrungen. Es gibt zurückhaltendere Runden, bei denen die Fatepunkte nur im Showdown-Fall purzeln, dann gibt es die hysterischen Runden, die den kompletten Fatepunkte-Exchange zweimal am Abend komplett hinbekommen. Es gibt die Runden, in denen zwar hin und wieder etwas vorsichtig Player Empowerment betrieben wird, letztlich der Spielleiter aber im Großen und Ganzen doch noch den Verlauf der Handlung bestimmt und auf der anderen Seite Runden, in denen die Spieler ein paar Wünsche äußern und der Spielleiter schüttelt ein Szenario aus dem Ärmel, das diesen Wünschen entspricht und von den Spielern gesteuert wird. Es gibt Wischi-Waschi-Handwedel-Runden mit irgendnem Batzen Fatepunkten für den Spielleiter und Runden, in denen jeder Aspekt penibel auf Karteikärtchen notiert wird und der Spielleiter in jeder Szene akkurat neu Fatepunkte nimmt.

Kurz: In meinen Augen gibt es nicht "die richtige Art und Weise Fate zu spielen". Und genau deshalb denke ich auch manchmal, sind der Bedenken in Strängen wie diesem möglicherweise einfach ein bisschen viel geäußert worden. Spieler "brechen sich einen ab um Aspekte zu finden"? Mann, sagt doch einfach erstmal IRGENDWAS! Wenn´s nicht funktioniert, wird´s eben geändert! Probleme mit den Stunts? Mann, such dir halt erstmal welche bei Fate Core Stunts aus. Und wenn sie dann ein bisschen unbalanciert sind, dann hast du bei jedem kleineren Meilenstein die Möglichkeit, die Dinger wieder auszutauschen. Und Magiesysteme? Nimm einfach erstmal eins von denen, die da sind... selbst wenn es dir nicht gefällt! Letztlich bestimmt im Zweifelsfall der Spielleiter den passiven Widerstand, den ein Fertigkeiteneinsatz erreichen muss. Also nicht verzagen: Wenn der Spielleiter eine Vision von seiner Spielwelt hat, wird´s schon nicht völlig bescheuert werden.

Für mich war gerade das bei Fate das Spannende: Ich weiß nicht so ganz genau, wo die Reise hingeht! Wie scheißlangweilig ist das beispielsweise im Gegensatz dazu bei Systemen wie Midgard: Wenn du deine Kampagne, deinen Spielleiter, das Erfahrungspunkte- und Lernsystem und deine Zaubersprüche kennst, dann kannst du maximale Effektivität erzielen. Ein bisschen wie Sudoku lösen... für mich jedenfalls Ödnis ohne Ende! (Sorry... musste gerade mal sein).

Bei Fate Core musst du in meinen Augen erstmal machen... und zwar ohne zu wissen, wie´s laufen wird. Das gilt nicht nur für das Setting, das gilt auch für die Art und Weise, wie deine Spielrunde mit diesem halbwegs offenen Ansatz umgeht. Du kannst nicht von Anfang an alles klären. Es werden Unklarheiten bleiben, die erst nachträglich (wenn überhaupt) behoben werden. Aber genau das finde ich superspannend!

Von daher denke ich, beim Erstkontakt mit Fate sind vor allem zwei Dinge wichtig:
1. Fangt irgendwann an zu spielen! Ihr könnt nicht alles im Voraus ausdiskutieren!
2. Seid offen für die Richtung, in die euch das Spiel führt. Weil ihr eine interne Vereinbarung treffen müsst, ist nicht das System blöd. Wenn die Spieler irgendeine besondere Art von Spiel wollen, dann bietet Fate die Chance, mit den Regeln herumzuspielen. Und wenn die Spieler in irgendeinem Punkt ratlos sind und gar keine Entscheidung treffen wollen, dann muss vielleicht doch der Spielleiter etwas festlegen. Diese Offenheit von Fate Core bietet die Möglichkeiten, solche Vereinbarungen zu treffen (ohne hinterher behaupten zu müssen, man habe etwas falsch gemacht). Daher gibt es für mich auch nicht DAS Spiel Fate Core. Es gibt nur Interpretationen von Fate Core. Fate Core kann sehr unterschiedlich aussehen - und trotzdem funktionieren.

Nur eines funktioniert nicht: Eine Gruppe, die vom System von Anfang an Gewissheiten verlangt. Wenn ihr unbedingt das und nichts anderes wollt... naja, dann vielleicht doch besser Midgard (oder irgendein anderes traditionelles System).

Sashael:
Der Thread driftet immer mehr in Richtung "Wie spiele ich Fate".

Wenn niemand mehr was zum Thema "Das Fate Core Buch hat Macken" schreiben möchte, würde ich den Thread hier dicht machen.

Meinungen zu Spielweisen von Fate würde ich dann lieber in einem separaten Thread diskutieren. ;)

Ich persönlich danke allen Mitdiskutanten. Ich habe ein paar gute Tips bekommen und ein paar interessante Argumente gelesen. Mein persönliches Fazit ist, dass das Buch tatsächlich suboptimal geschrieben ist, aber dass das nicht schlimm ist, weil es Hilfsmöglichkeiten gibt, auf die wir uns stürzen können.

Wer sich zu Spielarten von Fate äußern möchte, darf dazu einen neuen Thread aufmachen, in dem ich mich gerne beteiligen werde, denn im vorhergehenden Post habe ich wieder ein, zwei Argumente entdeckt, auf die ich gerne näher eingehen würde, die sich aber imo zu weit vom Topic entfernen. :)

Chiarina:

--- Zitat ---Der Thread driftet immer mehr in Richtung "Wie spiele ich Fate".
--- Ende Zitat ---

Kann schon sein, dass der Strang dahin driftet. Immerhin aber: DIESE Art Fate zu spielen (die mit ungewissem Ausgang wie von mir im vorletzten Beitrag #177 beschrieben) wird in meinen Augen von DIESER Art Regelwerk sehr gut unterstützt. Und genau deshalb sind alle diese Beispiele in meinen Augen NICHT überflüssig, sondern sogar WICHTIG. Sie zeigen, dass es ´ne Menge Ermessensspielraum gibt und machen dem Leser Mut einen eigenen Zugang zu dem Spiel zu finden (Paradebeispiel: Handwedelei beim Magiesystem).

So. Jetzt habe ich alles gesagt, denke ich.

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