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Feedback zu Lite

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Chiarina:
O.K., ich habe jetzt alles, was es von Lite gibt, einmal durchgelesen, außer den Beispielabenteuern.
Mal abgesehen von den Norwegischen Minimalisten ist es das abgespeckteste System, was ich kenne.

Ein paar Dinge haben mir gut gefallen:
1. Die Regeln sind so einfach, dass ich mir zutraue, das Spiel direkt nach der ersten Lektüre zu leiten. Einmal gelesen, los geht´s. Das ist schon mal nicht verkehrt.
2. Der zentrale Mechanismus (Konfliktszenen) ist mir sympathisch. Erst das Ergebnis zu bestimmen und dann gemeinsam drauflos zu fantasieren, wie dieses Ergebnis zustande kommt, finde ich ein gutes Vorgehen. In meinen Augen sind es diese gemeinsam erzählten Konfliktszenen, die Lite einen unverwechselbaren Charakter verleihen. Sollte ich das Spiel mal ausprobieren, dann wohl hauptsächlich deshalb, um diesen Mechanismus mal in Aktion zu erleben. Er lässt sich sicherlich auch nicht in jeder Lage vernünftig einsetzen, aber glücklicherweise gibt es ja die trockene Alternative (Einfache Konflikte). Also: alles richtig gemacht.
3. Obwohl ich nicht von allen Regeldetails begeistert bin, muss ich doch sagen, dass die Regeln eigentlich relativ viele Detailfragen abdecken, diese aber stets auf ähnliche minimalistische Art und Weise. Das Spiel wirkt dadurch homogen und wie aus einem Guss für mich.

Das Reduzieren eines Profils kommt mir allerdings etwas seltsam vor, weil dabei die anderen Profile unangetastet bleiben. Wenn James Montgomery im Kampf getroffen wird sinkt sein Soldaten Profil, als Pionier kann er aber uneingeschränkt weiter eingesetzt werden. Soll das so sein?

Das System braucht in meinen Augen irgendwo noch einen Satz über die weiteren Folgen von Konsequenzen. Können Lite-Charaktere sterben? Wie auch immer, es sollte zumindest mal erwähnt werden. Habe ich etwas übersehen?

Ein paar Dinge kommen mir bekannt vor (Gummipunkte, Konsequenzen nach aufgebrauchter Zähigkeit, Merkmale, "Ja, aber...", Fakten hinzufügen, eine Art Leitermechanik beim Steigern der Profile). Insgesamt ist relativ viel Fate drin. Das ist nicht schlimm, ich mag Fate. Was aber in Lite nicht drin ist, sind die Aspekte. Lite hat zwar die Merkmale, die sind aber viel weniger in die Regelmechanik einbezogen als die Fate-Aspekte. Das finde ich etwas schade... und letztendlich ist das wohl auch der Grund, warum ich bei einer längeren Kampagne eher Fate spielen würde. Ich habe auch den Eindruck, dass die Differenzen zwischen Lite und Fate sich tendenziell so auswirken, dass Lite das traditionell-bodenständigere System ist. Nur ein Beispiel: Beide Systeme kennen das "Fakten hinzufügen" durch die Spieler. Bei Fate hat der Spielleiter die Veto-Möglichkeit, fertig. Bei Lite heißt es dazu unter anderem: "Der Fakt darf weder die Szene noch das Abenteuer auflösen." Die Spieler können also Fakten schaffen, aber zum allein entscheidenden Werkzeug soll das nicht werden. Damit wird die fortschrittliche Idee grundsätzlich gedeckelt... was ich etwas schade finde (denn warum soll ein geschaffener Fakt eigentlich nicht auch mal eine Szene auflösen? Kann doch hin und wieder ganz interessant sein!). Die offene Veto-Regel von Fate gefällt mir hier besser.

Ein letzter Punkt noch, über den ich nur schlecht sprechen kann, den ich aber trotzdem erwähnen möchte: Die Sprache des Regelwerks. Lite versucht Klartext zu sprechen. Die Regeln sind so geschrieben, dass sie Eindeutigkeit vermitteln. Das ist erstmal gut so. Es fehlt in meinen Augen aber ein bisschen von der Begeisterung, die in anderen Regelwerken im Text manchmal mitschwingt. Das System regelt eine bestimmte Art von Spiel, aber will den Leser nicht davon überzeugen, dass das genau das System ist, das ihm noch gefehlt hat. Es fehlt ein bisschen Emphase und - auch das ist nicht ganz unwichtig - ein bisschen Selbstironie und Humor.

Insgesamt erscheint mir Lite zumindest ein klein wenig wie Fate mit angezogener Handbremse. Trotzdem bin ich der Meinung, dass Lite seine Existenzberechtigung hat. Ich halte es - viel stärker als Fate - als ein ideales Einsteigerrollenspiel. Es ist einfach, man kann fast sofort anfangen zu spielen und zusätzlich noch ist der erzählerische Anteil hoch. In dieser Kombination halte ich Lite derzeit für die erste Wahl. Wer also Spieler hat, die er beim Rollenspielerstkontakt zuallererst mal zum Erzählen bringen möchte, dem würde ich Lite empfehlen. Ich würde es beispielsweise für den Gratisrollenspieltag allen anderen Systemen vorziehen.

Achja... meine Stimme für den Tanelornpreis 2015 bekommt es auch.

D. M_Athair:
Neben den FATE-Referenzen:
... mich erinnert das Schema mit den Profilen stark an RISUS. (Und an anderen Stellen an das Prince Valiant Storytelling Game.)
Und die Parallele bringt mich auch zum Ersten, das ich ändern würde:

Vorgaben für Profile nur im Grob-Bereich:
Jeder braucht ein soziales, kämpferisches und fähigkeitorientiertes Profil sowie eines nach Maßgabe des Settings.
Es gibt Beispielprofile, aber die Spieler denken sich nach der Vorlage (und im Kompetenz-Umfang1 derer) selbst etwas aus.



1 das ist wichtig, weil genau das bei RISUS immer wieder zu Problemen führt.


--- Zitat von: Chiarina am 20.01.2016 | 22:43 ---Insgesamt erscheint mir Lite zumindest ein klein wenig wie Fate mit angezogener Handbremse.
--- Ende Zitat ---
Anders formuliert: ... wie Turbo-FATE mit Einflüssen von RISUS und Prince Valiant ohne deren typische Fallstricke (die mMn besonders bei FATE ins Gewicht fallen).
--- Zitat von: Chiarina am 20.01.2016 | 22:43 ---Trotzdem bin ich der Meinung, dass Lite seine Existenzberechtigung hat. Ich halte es - viel stärker als Fate - als ein ideales Einsteigerrollenspiel. Es ist einfach, man kann fast sofort anfangen zu spielen und trotzdem ist der erzählerische Anteil hoch. In dieser Kombination halte ich Lite derzeit für die erste Wahl. Wer also Spieler hat, die er beim Rollenspielerstkontakt zuallererst mal zum Erzählen bringen möchte, dem würde ich Lite empfehlen. Ich würde es beispielsweise für den Gratisrollenspieltag allen anderen Systemen vorziehen.

Achja... meine Stimme für den Tanelornpreis 2015 bekommt es auch.
--- Ende Zitat ---
+1

jcorporation:
Vielen Dank für deine ausführliche Kritik und natürlich auch für deine Stimme beim :T: Preis. Es freut mich immer sehr, wenn sich jemand mit meinen Werken auseinandersetzt.


--- Zitat ---Das Reduzieren eines Profils kommt mir allerdings etwas seltsam vor, weil dabei die anderen Profile unangetastet bleiben. Wenn James Montgomery im Kampf getroffen wird sinkt sein Soldaten Profil, als Pionier kann er aber uneingeschränkt weiter eingesetzt werden. Soll das so sein?
--- Ende Zitat ---
Es wird ja nicht das Profil selber reduziert, sondern die Zähigkeit. Aber ja, das soll so sein und war eine bewusste Entscheidung gegen eine allgemeine Zähigkeit. Der Mechanismus kommt so aus den SpacePirates Regeln, die sich viele Jahre bewährt haben und ich evtl deshalb davor zurückgeschreckt bin, das anzufassen.


--- Zitat ---Das System braucht in meinen Augen irgendwo noch einen Satz über die weiteren Folgen von Konsequenzen. Können Lite-Charaktere sterben? Wie auch immer, es sollte zumindest mal erwähnt werden. Habe ich etwas übersehen?
--- Ende Zitat ---
Du hast nichts übersehen, weitere Folgen sind nicht geregelt.

Zu den Merkmalen:
Die Merkmale sind in Lite nicht in der Regelmechanik verankert und eigentlich auch nur als reiner Fluff gedacht. Bei der Portierung des Weltenbuchs auf Lite-Regeln werden die Merkmale zu dem was im alten Regelwerk Klischees waren, beim neuen SpacePirates Regelwerk sind es die Macken der Piraten. Für mich sind Merkmale daher auch nicht mit den Aspekten von Fate vergleichbar.

Zu Fakten hinzufügen:
Die Einschränkung, dass keine Szene oder das Abenteuer damit aufgelöst werden kann, kommt ganz pragmatisch aus vielen Spieltests. Das kann natürlich auch mit einem generellen Veto-Recht des Spielleiters gelöst werden. Ich wollte dem Spielleiter da etwas mehr Regeln an die Hand geben, also "nur" das Veto-Recht. Ich denke das ist besonders bei Einsteigern wichtig.

Allgemein:
Lite ist auch eher für OneShots oder kurze Kampagnen gedacht. Es kann sein, dass irgendwann mal das "kurz" in der Beschreibung unter den Tisch gefallen ist.

Das die Lite Texte etwas trocken sind, hat auch schon mein Lektor angemerkt (besonders im Settingteil) und du hast seine Meinung bestätigt. Das liegt wohl auch daran, dass ich mich auf die Klarheit der Regeln fokusiert habe. (oder mein Humor ist nach dem Weltenbuch und SpacePirates aufgebraucht ;))

Jemand hat einmal Lite als eine Mischung aus Risus, Fate, Universalis und Fiasco bezeichnet, was es für mich eigentlich sehr gut beschreibt.

jcorporation:
Und gleich nochmal Feedback, freut mich :)


--- Zitat von: Contains Diseases am 21.01.2016 | 00:03 ---Vorgaben für Profile nur im Grob-Bereich:
Jeder braucht ein soziales, kämpferisches und fähigkeitorientiertes Profil sowie eines nach Maßgabe des Settings.
Es gibt Beispielprofile, aber die Spieler denken sich nach der Vorlage (und im Kompetenz-Umfang1 derer) selbst etwas aus.

--- Ende Zitat ---
Diese Regelvariante hatte ich in einer der ersten Testversionen genau so stehen. Was dabei herausgekommen ist, war eine extrem zähe Charaktererschaffung. Spieler tun sich erstaunlich schwer sich passende Profile auszudenken. Daher auch die Variante mit unterschiedlichen Profilnamen je Setting. Man kann das natürlich auch so umsetzen, wie du es vorschlägst. Unter https://jcgames.de/lite/rollenspiel/anpassungen/profile wird es sogar so ähnlich beschrieben.

Das Prince Valiant Storytelling Game hab ich nie gelesen, muss ich dann mal wohl reinschauen.

Chiarina:

--- Zitat von: jcorporation ---Die Einschränkung, dass keine Szene oder das Abenteuer damit aufgelöst werden kann, kommt ganz pragmatisch aus vielen Spieltests. Das kann natürlich auch mit einem generellen Veto-Recht des Spielleiters gelöst werden. Ich wollte dem Spielleiter da etwas mehr Regeln an die Hand geben, also "nur" das Veto-Recht. Ich denke das ist besonders bei Einsteigern wichtig.
--- Ende Zitat ---

Ich habe jetzt immerhin schon ein gutes Jahr Fate hinter mir und kann zumindest aus meiner Erfahrung sagen, dass die "Fakten herbeierzählen"-Regel bei uns eigentlich nur dann gut war, wenn die Spieler damit eine Szene abschließen konnten. Wenn das nämlich nicht der Fall war, waren sie oft etwas frustriert. Ist aber nicht so wichtig. Wenn du selbst sagst, dass diese Regel bei dir so aussieht, weil du Einsteigern eine konkreter definierte Handhabe auf den Weg geben wolltest, dann kann ich das nachvollziehen.

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