@ Boba Fett
Was ist denn der Vorteil deiner Methode? (Von häufigem Würfeldrehen rede ich ja nicht. Nur gelegentlich bis selten)
Sorry, dass ich jetzt erst antworte.
busy@job meets Treffenvorbereitung
Ich möchte nicht von Vorteil sprechen, denn es wird nicht jeder darin einen Vorteil sehen.
Bei mir fallen die Würfel und werden entsprechend angewendet.
Ich möchte einmal "Mensch-ärger-Dich-nicht!" als Vergleich nehmen.
Klebt bitte nicht zu sehr an dem Beispiel - Beispiele sind immer schlecht, und passen niemals ganz.
Aber vielleicht transportiert es den Gedanken dahinter.
Ich möchte nicht, dass jemand, der beim "Mensch-ärger-Dich-nicht!" die Gelegenheit hat, meinen Pöppel zu schmeissen, das wegen Nettigkeit unterläßt.
Wenn ich das Spiel gewinne, dann möchte ich gewonnen haben, obwohl mich jeder rausgeworfen hat/hätte, wann immer es gekonnt hat.
Ich möchte das Spiel nicht gewinnen, weil jemand nett zu mir sein wollte.
Das entwertet nämlich das "gewonnen haben" vollständig.
Darum gibt es die Regelvariante im "Mensch-ärger-Dich-nicht!", dass man selbst rausfliegt, wenn man die Gelegenheit zum Schmeissen ignoriert oder übersehen hat.
Und diese Option ist eine sehr gute. Denn sie bringt die Leute dazu, das Spiel so zu spielen, wie es gedacht ist und nicht in letzter Sekunde ein "och lass uns doch
alle lieb zu einander sein und wir sagen einfach wir haben alle gewonnen" Sozialpädagogen-Mist aus den antiautoitären Siebzigern aufzutischen.
Um es klar zu sagen: Ich verliere lieber haushoch - mit allen 4 Pöppeln im Starthaus - als dass ich gewinne, weil man mich gewinnen lassen hat.
Und genau das gilt für mich beim Rollenspiel.
Ich spiele meinen Charakter gerne am Limit. Und möchte dann das Limit auch auskosten.
Wenn der Spielleiter mir dann ein Sicherheitsnetz bastelt, in dem er die Würfel dreht, dann ist das kein Spiel am Limit, sondern ein Spiel innerhalb der als "gefährlich" angemalten Wohlfühlzone.
Die Wohlfühlzone existiert doch ohnehin schon, denn es gibt kein reales Risiko. Denn wir sitzen alle am Tisch, mit Chips und Coke und nichts ist gefährlich oder riskant (höchstens die ungesunde Ernährung, der Bewegungsmangel und der Schlafmangel - aber das macht uns kaum zu oberkrasse Gangsta-Checker, Digger!).
Das brauche und will ich dann nicht auch noch im Spiel selbst haben.
Rollenspiel ist auch ein Spiel mit Emotionen. Den geringen Einsatz, den wir (roulette mäßig) machen, ist der unserer Zeit und unseres erschaffenen Charakters (und dessen Ressourcen).
Ein Rollenspiel ohne die Chance, dass es wenigstens hin und wieder die Option gibt, dass man seinen Einsatz verliert wäre doch langweilig.
Was ist ein dramatisches Finale mit richtig gemeinen Endgegner denn wert, wenn alle wissen, dass der Ausgang in dieser Richtung ohnehin zugemauert ist.
Und andersherum: Wenn ich weiß, dass es für meinen Charakter KEIN Sicherheitsnetz namens "netter Spielleiter dreht die Würfel im Notfall" gibt, DANN wird es auch erst richtig spannend.
Im Kino, im TV, bei Netflix oder Amazon prime, im Roman kann ich mit ziemlicher Sicherheit sagen, wie die Story ausgeht, wenn man mich nicht eh schon dichtgespoilert hat.
Beim Rollenspiel will ich das nicht können. Da möchte ich, dass es wirklich spannend bleibt. Und das nicht erst im Finale, weil vorher alles in Watte gepackt wurde.
Ich will das Risiko im ganzen Spiel.
Und WENN mein Charakter erst mal hops gegangen ist, dann wird es für die verbleibenden Leute erst richtig spannend. Denn sie wissen, dass die Aufgabe, die vor ihnen liegt schwieriger wird,
weil ein Charakter an Unterstützung fehlt. Und sie haben gerade gespürt, dass es eben sein kann, dass man ex und hops geht.
Insofern kann ich nur bewerten, dass die Option auf mortalen Ausgang das Spiel in Richtung Spannung nur bereichern kann.
Ganz ehrlich: Jeder der um seinen gestorbenen Charakter trauert, der frustiert ist und am liebsten heulen möchte, hat mein echtes Mitgefühl.
Aber den darf man auch beneiden. Denn der hat die volle Bandbreite an Emotionen und Drama im Rollenspiel erlebt.
Und der, der das dann runterschluckt und weitermacht, dem kann man auch nur Respekt entgegenbringen.
Und jeder, der seinen Charakter um keinen Preis verlieren können möchte, der möchte eigentlich ein Spiel ohne jegliche Konsequenzen spielen.
Und der wird niemals das Maß an Spannung und emotionaler Bandbreite im Spiel erleben.
In Watte packen bedeutet nämlich auch, dass die Emotionen in Watte gepackt werden - auch die, die man spürt, wenn man erfolgreich war.
Es sei denn natürlich man ist richtig gut darin, sich selber was einzureden und einen gescripteten Ausgang als "verdienten Sieg" zu feiern und auch zu empfinden...
Alle wettern hier immer wieder gegen das Railroading (genug Themen dazu gibt es ja)...
Ich behaupte mal: Den Charakteren ihre Möglichkeiten zu nehmen, aus dem (virtuellen) Leben zu scheiden, ist eindeutig eine Form von Railroading.
Denn es beschneidet die Möglichkeiten, in die sich die Story entwickeln kann.
Und allen denen das Rollenspiel irgendwann zu beliebig wird, kann ich nur empfehlen, mal diese Netze und Sicherheitsleinen zu kappen.
Rollenspiel fühlt sich dann plötzlich sehr lebendig an.