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Was ist anders als SL?

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Chruschtschow:
Übrigens KANNST du das immer noch tun.

Gerade für wichtigere Bösewichte lohnt es sich, auch mal Regeln zu wälzen im Sinne eines sinnvollen Charakterblatts. Vor allem nicht generische Stunts brauchen on the fly etwas Übung.

Ansonsten reicht es meist sich die Geschehnisse des letzten Abends zu greifen und sich was zu den Aspekten der SC für die Fortführung grob zurecht zu legen. Und vor allem: "Orte und Personen, nicht Handlung vorbereiten!" gilt für Fate, weil SC die Handlung oft schnell abservieren.

vlyrr:

--- Zitat ---Übrigens KANNST du das immer noch tun.

Gerade für wichtigere Bösewichte lohnt es sich, auch mal Regeln zu wälzen im Sinne eines sinnvollen Charakterblatts. Vor allem nicht generische Stunts brauchen on the fly etwas Übung.

Ansonsten reicht es meist sich die Geschehnisse des letzten Abends zu greifen und sich was zu den Aspekten der SC für die Fortführung grob zurecht zu legen. Und vor allem: "Orte und Personen, nicht Handlung vorbereiten!" gilt für Fate, weil SC die Handlung oft schnell abservieren.
--- Ende Zitat ---

Klar, deshalb schrieb ich mehrfach "vor der Spielgestaltung/Charaktererschaffung".
Davor macht das alles keinen Sinn, denn ich weiß ja noch gar nicht, was genau gespielt wird.
Nachdem Spielgestaltung und Charaktererschaffung abgeschlossen sind beginnt natürlich die Fleißarbeit.

Also wenn ich nun Vanilla FATE Core spielen möchte. Freilich kann ich auch in alter und gutgeprüfter Manier die Spieler an den Tisch locken und ihnen was vorschlagen "Stellt euch vor, dass..."
Doch wenn die Spieler sagen "Nö", ist alles wieder offen. Mir gefällt eigentlich das Gruppengespräch in dem sich alle Spieler darauf einigen, was man überhaupt zocken möchte. Ggf. mit einem Stichwort durch den SL.

Da ich also vor diesem ersten Gruppentreffen weder weiß, was für ein Genre, was für eine Kampagne, was für ein Thema, was für Charaktere, was für Aspekte, .. am Tisch geschehen werden, wäre jede (Vor-)Arbeit umsonst.

Und hier sehe ich den krassen Unterschied zum klassischen RPG oder zumindest zu der Art und Weise, wie ich damit verfahren bin.

haste nicht gesehen:
Ich bin mir bewusste, dass ich hier vielleicht übelste Thread-Nekromantie zu betreibe, aber das Thema passt so perfekt zu meinem eigenen Anliegen. Von daher: Ihr möget mir verzeihen.

Zunächst einmal ein Vorwort: all jene, die Fate nicht mögen, bitte ich das Thema hier einfach zu ignorieren. Peace! ;) Ich möchte ungern das Für und Wider von Fate diskutieren.


Nun zum eigentlichen Punkt und entschuldigt wenn es etwas länger wird (ich muss dass erst selbst noch etwas sortieren):

Ich habe letztes Jahr Fate kennen gelernt und dann das Glück gehabt recht schnell einen Spielleiter und weitere interessierte Spieler zu finden. Wir haben im Grunde alle bei 0 angefangen und es macht bislang auch Spaß. Das Spiel läuft jedoch weitestgehen "traditionell". Der SL hat seinen Plot und wir agieren darin. Die Mechanik haben wir so langsam verstanden, wir erschaffen Vorteile, erklären diese auch durch die Fiktion, die Fatepunkte kommen auch zum Einsatz. So weit so gut.

Ich habe mich parallel weiter mit den Regelwerken beschäftigt und einiges aus dem SRD und dem dem Book of Hanz gelesen. Außerdem habe ich mir ein paar Lets Plays angesehen (zumindest in Teilen) und Fate-Themen in Reddit verfolgt.
Daraufhin habe ich Lust bekommen selbst zu Leiten (ich war viele Jahre notorischer Dauer-SL und kann es irgendwie nicht lassen). Ein paar Spieler habe ich auch gefunden und da alle früher sehr gerne Shadowrun gespielt haben, haben wir kurzerhand ShadowCoreXP als System ausgewählt.

Wir haben dann eine schöne, wenn auch etwas lange Session 0 durchgeführt (Spark in Fate Core) und dabei sowohl das Setting, als auch die Charaktere erschaffen. Wir waren damit auch alle zufrieden.

Dann ging es für mich daran "das Abenteuer" vorzubereiten. Also habe ich mir nochmal den Artikel "How I GM Fate Core" im SRD zur Brust genommen und angefangen mir die Charakteraspekte und die Probleme des Settings anzusehen. Dazu sind mir auch ein paar Ideen gekommen und nach einiger Zeit hatte ich dann eine Reihe von NSCs/Fraktionen mit ihren Zielen und Motiven, sowie eine Eröffnungszene mit denen ich den Spielern das aktuelle Problem so auf den Kopf hauen konnte, dass sie wussten, was das Problem ist und dass es für sie Konsequenzen haben dürfte, wenn sie es ignorieren. Bis dahin habe ich das Gefühl, dass ich zumindest nicht alles falsch gemacht habe.

Die erste Spielsitzung lief super, den Spielern hat es Spaß gemacht und alles war top :D

Dann brauchte ich wieder Material für die zweite Spielsitzung. Ich habe mir angesehen, was sich geändert hat und wie die NSCs darauf reagieren. Zweite Session lief gut. Vielleicht nicht ganz so spannend wie die erste, aber ich hatte dafür am Ende einen echt guten Cliffhanger, der einiges verspricht.

Eigentlich kann ich mich also nicht beschweren. ABER... Irgendwie habe ich trotzdem das Gefühl, dass wir Fate noch nicht so spielen wie es gedacht ist. Während der Szenen läuft im Grunde vieles wie früher in anderen Spielen auch. Ich beschreibe etwas, die Spieler reagieren darauf, gelegentlich frage ich nach um die Mechanik besser beurteilen zu können. Neu ist, dass ich viele Punkte als Frage an die Spieler zurück gebe, dass ich Aspekte reize, dass ich immer versuche "Fail-Forward" anzuwenden - das macht den Spielern und mir auch Spaß. Aber im Grunde definiere ich die Szene und irgendwie auch den Plot. Ich versuche auf ihre Ideen einzugehen und so haben sich auch schon nicht geplante Szenen entwickelt, aber so ganz richtig kommt es mir noch nicht vor.

Aus diesem Gefühl heraus habe ich mich wieder versucht schlau zu machen und stoße im englischsprachigen Raum immer wieder auf die Begriffe "player agency" und die Analogie "TV-Serie" und dass die Spieler und der SL im "Writers Room" seien und der SL der "showrunner" ist. Nun habe ich zwar ungefähr eine Idee was damit gemeint ist, aber ich habe das unbestimmte Gefühl dass mir etwas entgeht.

Ich möchte es mal an einem aktuellen Beispiel verdeutlichen:

Die Charaktere befinden sich gerade in einer Stadt, die ca. 500km von ihrem Heimatort entfernt ist. Sie wurden dort zuletzt mit einem Mord verwickelt, den sie aber nicht selbst begangen haben, sie waren nur am selben Ort. Die Person hinter dem Mord versucht nun sie zum Sündenbock zu machen. Da der ermordete eine wichtige Figur der örtlichen Mafia ist, hat sich diese Organisation nun auf die Suche nach den Charakteren gemacht. Leider ist es ihnen gelungen Bilder von den Charakteren zu bekommen. Es läuft nun ein Kopfgeld gegen sie. Im Setting wurde festgelegt, dass die Polizei korrupt und in der Hand Mafia ist. Dadurch läuft nun auch eine offizielle Polizeifahndung. Im Gegenzug haben die Charaktere den eigentlichen Täter erkannt und durch ein Aspekte-Reizen ist der Täter von diesem Spieler selbst vor einiger Zeit in die Stadt geschmuggelt worden. Zudem hat sich in einer späteren Szene herausgestellt, dass es dabei auch zu einer Verfolgung durch eine mir unbekannte Gruppe gab, über die ich bislang nur weiß dass sie den Attentäter verfolgt hat, sie von dem Attentat irgendwie wussten und zudem Magieanwender sind.
Nun haben die Charaktere davon erfahren, wie schlimm es gerade um sie steht. Einer hat Familie um die er sich Sorgen macht, der andere eine Partnerin (Fernbeziehung) die gerade unerwartet zu Besuch in die Stadt gekommen ist und nun natürlich ebenfalls gefährdet ist.

Ursprünglich hatte ich vor die Familie verhaften und die Freundin entführen zu lassen und die SCs dürfen sie dann retten.

Zurück zur "Writers Room"-Analogie:
Wie läuft das ab? Soll ich nun zu Beginn der nächsten die Spielsitzung mit den Spielern gemeinsam die Situation erörtern und dann zusammen die möglichen Bedrohungen ausarbeiten? Ich könnte mir vorstellen dann eine Art Wettstreit zu veranstalten, bei der es darum geht wer die Familie/Freundin zuerst erreicht? Das ganze dann vielleicht als halbrecherische Fahrt über die Landstraße ausspielen? Und dann je nach Ergebnis dessen was wir besprochen haben die Situtaion vor Ort auspielen?

Damit würden wir quasi vorab gemeinsam eine Art grobes Skript definieren und dieses dann nachspielen. Durch die Entscheidungen in der Situation und jeh nach Würfelglück weichen wir dann davon ab. Aber wir hätten gemeinsam definiert was auf dem Spiel steht.
Spielt Ihr so? Funktioniert das? Gegenvorschläge? Wie würdet Ihr das machen?

Lord Verminaard:
Du bist nicht der erste, der versucht herauszufinden, wie FATE eigentlich gespielt werden "will". Spoileralarm: Es gibt gar nicht die eine Art, wie FATE gespielt werden will. Sondern die Stärke und Schwäche von FATE zugleich ist seine Anpassungsfähigkeit. Du kannst FATE traditioneller oder weniger traditionell, ergebnisoffener oder weniger ergebnisoffen spielen, es passt sich an, solange DU weißt, was du willst. In dem Moment, wo du selber nicht genau weißt, was du willst, darfst du allerdings von FATE keine Hilfestellung erwarten. (Disclaimer: Habe FATE Core nicht gelesen und bin auf Stand FreeFATE.)

Die Frage ist doch, was suchst du, bzw. warum willst du was anderes als das, was du momentan schon machst? Die Writer's Room Analogie ist nicht falsch aber sie ist doch eigentlich so gemeint, dass man durch das Spiel das Skript schreibt, und nicht so, dass man vorher ein Skript macht und es dann nachspielt. Erzählerisches Rollenspiel ist wie ein Tanz, mal Push und mal Pull, mal führen die Spieler und mal der SL, schlecht ist aber, wenn du als SL zuerst führst und dann plötzlich ohne Vorwarnung einfach damit aufhörst, weil du meinst, allein dadurch entsteht dann Player Agency und Empowerment und irgendwie Collaborative Storytelling. (Been there, done that.)

In den letzten Jahren bin ich zu der Einschätzung gekommen, dass oft Improvisation mit Player Agency und gute Vorbereitung mit SL-Tyrannei verwechselt wird. Dabei kann man Player Agency aber auch mit guter Vorbereitung zusammenbringen, indem man sich Input in der Vorbereitung holt. Dieser Input sollte aber nicht die eigentliche Handlung vorwegnehmen, sondern sich eher auf Hintergründe, Themen, NSCs oder einzelne Szenen, die man gerne im Spiel sehen würde, beziehen. Oft reicht hierfür eine Session Zero nicht aus und es braucht einen ausgedehnteren Dialog, in dem die Hintergründe der SCs und der Kampagne überarbeitet und verfeinert werden, man an einzelnen Punkten feilt, über Ungereimtheiten noch mal nachgrübelt, etc. Trotzdem bleibt es der Job des SL, dann auch Enthüllungen und überraschende Wendungen und ggf. geskriptete Szenen parat zu haben und die Handlung voranzutreiben. So mache ich es jedenfalls. Hoffe das trifft irgendwie das Thema?

Rollenspielotter:
Ich stimme Lord Vermindaard zu, DAS FateCore gibt es einfach nicht. Daher ist es auch schwer zu sagen, ob bzw. was das richtige Fate-Gefühl erzeugt. Ich hatte neulich noch den Fate-Cast dazugehört und stimme dem zu, dass Fate das Rollenspiel mit den Aspekten ist - and that's it. Ansonsten gilt (für mich), ähnlich wie in allen anderen Systemen, wenn es euch Spaß macht und ihr eine gute Geschichte erzählt ist doch alles gut.
Du scheinst (ist nicht als Kritik gemeint), sehr verkopft/analytisch an die Sache zu gehen. Berichte lesen, Let's plays gucken,.... Ich kenne dein Spielstil jetzt nicht und kann da nicht viel zu sagen, aber manchmal ist weniger mehr. Ich nutze manchmal nur ein ERM (Entity-Relationship-Modell) um die Charaktere oder ggf. Orte miteinander in Verbindung zu bringen (und schreibe mir ein paar Grundzüge zu den NSCs auf). Wie das ganze dann mit Leben gefüllt wird und welche Relationen tatsächlich genutzt werden entscheiden die Spieler dann selbst. Dann könnte es, bei deinem Beispiel z.B. nur belastendes Material gegen die SCs geben und die Spieler legen fest, welcher Art dieses Material ist, oder es ist der negative Effekt eines (großen) Hakens, dass der Bösewicht die Runner erkannt hat bzw. einen aus der Familie kennt und so kann man gemeinsam die Geschichte entwickeln.
Bin mir nicht sicher ob das deine Frage richtig beantwortet, da ich nicht so sehr in der Rollenspieltheorie (Player Agency,Writers Room,...) drinstecke. Ich habe es am Anfang ähnlich gemacht wie du, nachdem ich dann aber auch einige sehr unterschiedliche Runden gespielt habe bahnt sich so langsam mein eigener Fate-Stil raus und ich weiß, was für mich gut funktioniert.

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