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[Cypher System] Smalltalk

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Achamanian:
Ich hab neulich mal mit einem Spieler aus meiner Numenera-Runde (die immerhin bis Tier 6 und über mehrere Jahre lief) über die Erfahrungen mit dem System geredet, und er hat erwähnt, dass er es eigentlich nicht gerne wieder spielen würde, weil er die Poolverwaltung nach einer Weile gehasst hat und frustriert davon war, dass man ewig rumrechnet, wie man jetzt seinen Effort z.B. auf Erfolgschance und Schaden verteilt, um dann eh danebenzuhauen.

Ich war nicht wirklich überrascht, habe aber auch festgestellt, dass ich als SL, dem es das System so schön einfach macht, nie groß über dieses Problem nachgedacht hat. Mich hat bzgl. des Cypher-Systems allerdins das Universalregelwerk schwer desillusioniert, das für mein Gefühl außerordentlich schlecht dazu geeignet ist, eigene Settings damit umzusetzen, weil es voller "Wundertüten" steckt, d.h. Klassen und Foki, die irgendwelche, oft nicht zu erwartenden und alles andere selbsterklärende Fähigkeiten verleihen, die einem jede Settingkonsistenz konsequent zerschießen.

Kurz: Nach durchaus anhaltenden guten Erfahrungen ist das System für mich etwas entzaubert, und ich habe inzwischen das Gefühl, dass es zwar für den SL flott von der Hand geht, aber insgesamt doch nicht so wahnsinnig gut durchdacht ist. Geht es jemandem ähnlich?

Lord Kagrenac:
Mir ging es schon sehr früh so, im Augenblick bin ich aber mit dem System (noch) zufrieden. Die gleichen Kritikpunkte (Rechnerei, Pools, Eigenheit/Unzulänglichkeit des Systems als Universalsystem) haben wir auch bei uns festgestellt, allerdings passt es trotzdem für unser jetziges Numenera sehr gut, weil das auf dem Chaotischen, dem Zufallsprinzip und der Freiheit/Schwammigkeit des Systems aufbaut.

Tatsächlich hab ich als SL gemerkt, dass mir das vermeintlich einfache Stufensystem für alles vom NPC bis hin zur Tür mehr Probleme bereitet, als es mich erleichtern würde. Liegt vielleicht an mir, aber mir plötzlich Gedanken zu machen, welches Level an Hindernis praktisch jede Entität in dem Setting darstellt und mich daran entlang zu hangeln ist für mich einfach immer noch nicht intuitiv. Ganz im Gegenteil, es fällt mir wirklich schwer, da Konsistenz reinzubringen. Das widerum führt dazu, dass ich mich weniger auf die wichtigeren/spaßigeren Teile des Leitens konzentrieren kann und strengt einfach auf Dauer an.

Ich liebe zwar auf der anderen Seite die Freiheit in der Charaktergestaltung und hänge ein wenig an dem ganzen Konzept "Numenera" (Artwork, Publikation, Setting, System, Community), aber es kann durchaus sein, dass uns das System irgendwann so fuchst, dass wir einfach das Setting mit einem anderen System benutzen.

Darunter fallen übrigens nicht die SL-Eingriffe und das Ganze technische Cypher-Gedöhns (also die Einmal-Wegwerf-Fähigkeiten). Das macht uns soweit eigentlich nur Laune.

aikar:

--- Zitat von: Rumpel am 28.01.2018 | 19:52 ---Ich war nicht wirklich überrascht, habe aber auch festgestellt, dass ich als SL, dem es das System so schön einfach macht, nie groß über dieses Problem nachgedacht hat. Mich hat bzgl. des Cypher-Systems allerdins das Universalregelwerk schwer desillusioniert, das für mein Gefühl außerordentlich schlecht dazu geeignet ist, eigene Settings damit umzusetzen, weil es voller "Wundertüten" steckt, d.h. Klassen und Foki, die irgendwelche, oft nicht zu erwartenden und alles andere selbsterklärende Fähigkeiten verleihen, die einem jede Settingkonsistenz konsequent zerschießen.

Kurz: Nach durchaus anhaltenden guten Erfahrungen ist das System für mich etwas entzaubert, und ich habe inzwischen das Gefühl, dass es zwar für den SL flott von der Hand geht, aber insgesamt doch nicht so wahnsinnig gut durchdacht ist. Geht es jemandem ähnlich?
--- Ende Zitat ---
Du triffst es auf den Punkt.

Zwei Punkte waren (für mich) damals wirklich revolutionär: "Der Spielleiter würfelt nicht" und "Die Regeln des SLs sind viel schlichter als die der Spieler".
Das kannte ich vorher noch nicht, das hat mich begeistert und tut es immer noch und ich suche inzwischen bei neuen Systemen gezielt nach diesen Kriterien. Auch den Ansatz der GM-Intrussions finde ich super und das kam und kommt auch bei meiner Gruppe gut an. Der Punktefluss führt auch zu weniger Meta-Gaming und Diskussonen als bei Fate.

Aber in letzter Zeit (Wir haben nach unserer abgeschlossenen Numenera-Kampagne momentan noch eine Space Opera - Kampagne mit dem Cypher System Rulebook laufen) bin ich von gewisse Teilen des Cypher-Systems verstärkt genervt.

Manche Spezialfähigkeiten sind so schwammig formuliert, dass man mit den Spielern Vereinbarungen treffen muss, sie nicht für jede Situation auszunutzen.
Die Rechnerei mit den Pools (3 fürs erste mal, zwei für jedes weitere, abzüglich Edge) und der dreistufigen Schwierigkeit sind auch eher lästig.

Das Fass voll laufen lassen hat dann die (berechtigte) Frage eines Spielers warum sein (auf dem Adept basierender) Techniker VIEL weniger neue Fähigkeiten erhält als der Explorer der Gruppe. Ich hatte trotz mehrfachem Drüberlesen und Nachfragen in Foren keine Antwort die über "wahrscheinlich soll es irgendwelche Überfähigkeiten des Adepten ausgleichen" rausging. Solche habe ich aber auch (auf den unteren Stufen) nicht finden können.
Ich verstehe gerne die innere Logic der Balance eines RPs, die ist beim Cypher System einfach nicht mehr erkennbar. Dabei könnte das durchaus ein Problem des generischen Rulebooks sein, bei Numenera wäre mir das nie so schlimm aufgefallen. Vielleicht war ich da aber auch einfach noch nicht so tief im System drin.

Bin daher gerade am Überlegen mit einem anderen System (Dungeonworld mit einigen Addons) zu Numenera zurückzukehren (Ich LIEBE diese Welt). Die Space Opera-Kampagne wird noch mit dem Cypher System und ein paar Hausregeln fertig gespielt (so schlecht ist es nicht, dass ich sofort raus müsste), aber danach wars das dann wohl.

Achamanian:

--- Zitat von: aikar am 29.01.2018 | 07:48 ---Das Fass voll laufen lassen hat dann die (berechtigte) Frage eines Spielers warum sein (auf dem Adept basierender) Techniker VIEL weniger neue Fähigkeiten erhält als der Explorer der Gruppe. Ich hatte trotz mehrfachem Drüberlesen und Nachfragen in Foren keine Antwort die über "wahrscheinlich soll es irgendwelche Überfähigkeiten des Adepten ausgleichen" rausging. Solche habe ich aber auch (auf den unteren Stufen) nicht finden können.
Ich verstehe gerne die innere Logic der Balance eines RPs, die ist beim Cypher System einfach nicht mehr erkennbar. Dabei könnte das durchaus ein Problem des generischen Rulebooks sein, bei Numenera wäre mir das nie so schlimm aufgefallen. Vielleicht war ich da aber auch einfach noch nicht so tief im System drin.

--- Ende Zitat ---

Wir hatten das Balancing Problem so etwa ab Tier 4 auch deutlich bei Numenera, allerdings insofern, dass die Fähigkeiten des Nano einfach alles andere weit aus dem Feld geschlagen haben. Glaives bekamen irgendwelche popligen Boni darauf, einen Gegner zu treffen oder dürften auch mal zwei auf einmal angreifen, der Nano konnte plötzlich tonnenweise Gestein versetzen (und damit locker ganze Gegnerscharen ausschalten). Ein bisschen hatte ich das Gefühl, dass hier eine (für mich) nicht funktionierende Unterscheidung zwischen Kampf- und Nicht-Kampf-Fähigkeiten hintersteckt, dass also vom System eigentlich nicht vorgesehen ist, dass Fähigkeiten, die nicht ausdrücklich dafür gedacht sind, im Kampf eingesetzt werden.

aikar:

--- Zitat von: Rumpel am 30.01.2018 | 07:28 ---Wir hatten das Balancing Problem so etwa ab Tier 4 auch deutlich bei Numenera, allerdings insofern, dass die Fähigkeiten des Nano einfach alles andere weit aus dem Feld geschlagen haben.
--- Ende Zitat ---
Das mag ja sein und ich weiß, dass es gerade in OSR-Spielen üblich war/ist, den Magier zu Beginn zu benachteiligen, weil er dafür am Ende deutlich mehr Wumms hat als die anderen.
Aber das Cypher System schreibt sich ja auf die Fahne ein Universalsystem zu sein, kein OSR.
Ich habe den Adept gemäß den Regeln als Basis für unseren Techniker genommen (Mit Technik-Flavor). Die meisten extrem-Fähigkeiten sind durch Flavor-Fähigkeiten ersetzt worden. Außerdem spielen wir wahrscheinlich nur bis Tier 4, es ist mir also egal, wie mächtig der Charakter auf Tier 5 oder 6 sein würde.
Ein Universalsystem mit Baukasten, wie es das Flavor-Konzept vorgibt, darf Balancing nicht nur als Schnitt über die gesamte Lebenszeit eines Charakters betrachten, sondern muss das individuell zu jedem Zeitpunkt der Kampagne tun.
Dann sollen mächtige Fähigkeiten von mir aus mehr Pool-Punkte oder auch zwei "Fähigkeiten-Slots" kosten, aber sie dürfen nicht inherent angenommen und durch allgemeine Einschränkungen "ausgeglichen" werden. Wenn ich Fähigkeiten nicht nach Belieben austauschen oder die Kampagnenlaufzeit variieren kann, ohne die Balance zu gefährden, ist es kein Universalsystem.

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