Autor Thema: Der SL muss sich an die Regeln halten, weil... je nun, weil was?  (Gelesen 145578 mal)

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Online nobody@home

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Aber auch in D&D gibt es Dinge, die an bestimmte Regeln gebunden sind. Zum Beispiel können in D&D 3 nur Zaubersprüche bis zum 3. Grad in einen Trank gezaubert werden.

Wobei's da mit Sicherheit eine Möglichkeit gibt, dieses Limit zu überschreiten, weil is' ja Magie und D&D und so. Ernsthaft, ich meine mich da mindestens an so eine Art Meisteralchimisten-Prestigeklasse zu erinnern... ;)

Entkräftet natürlich nicht wirklich das Argument, daß auch der "Regelbruch" bitteschön in die Welt passen und also dort einen guten Grund haben sollte. Wenn es zur Herstellung eines Tranks, der einen Spruch der 4. Stufe "speichert", also etwa eines besonders talentierten Tränkebrauers bedarf, dann dürfen sich die Spieler auch ganz legitim Gedanken darüber machen, wer wohl diesen speziellen aus dem normalen Rahmen fallenden Trank hergestellt hat -- mit allen eventuellen spielweltlichen Konsequenzen.

Offline KhornedBeef

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Der SL sollte sich zuerst an die Fiktion halten. Wenn die von ihm beschriebenen Handlungen innerhalb der Fiktion, also dem in der Gruppe ausgemachten, mit dem Setting kompatiblen Erlebnisrahmen logisch sind, sind die Regeln die er dafür benutzt oder missachtet doch egal. Oder?
Ich glaube hier gibt es ein Missverständnis. Die Regeln sind genau wegen der Dinge da, über die man sich nicht einfach so einig ist. Z.b. weil man von einer Welt erzählt, in der wie in unsere die Physik gilt, aber man beim Spiel eine Physiksimulation im Kopf nicht leisten oder auch nur beschreiben kann. Das wird dann durch Regeln abgehandelt.
Ganz simpel gesprochen: eines der einfachsten Rollenspiele heißt Cowboy und Indianer. Und wenn da ein Kind ruft "Peng! Du bist tot!" was sagt das andere? "Gar nicht, das war daneben!" Exakt an der Stelle beginnt das Regelsystem des Pen&Paper-Rollenspiels.
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Offline Keuner

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[...]Ich kenne als einziger den Verlauf des Abenteuer und möchte, dass alles rollt.[...]

[...] Wobei der Spieler, im Gegensatz zum SL, nicht weiss, wohin das Spiel steuert. Möglicherweise bringt ja auch ein Misserfolg die Story voran. Okay. Zugegeben, das ist dünn...

[...] Es ist schliesslich seine Aufgabe das Spiel zu steuern.

Jetzt bin ich etwas verwirrt. Woher soll denn die SL wissen, was als nächstes passiert? Wir führen den ganzen Zufallsspaß doch ein, damit NIEMAND weiß, was passiert. Sind Esper anwesend?  ~;D

Spaß beiseite: Diese Haltung setzt definitiv einen Grundkonsens voraus. Nämlich, dass man ein "Abenteuer" mit "Verlauf" hat, dem man folgen soll/muss/möchte/...
Macht meine Gruppe manchmal. Ist nett. Aber eben nicht immer richtig.  ;D
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Forlorn

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Ich glaube hier gibt es ein Missverständnis. Die Regeln sind genau wegen der Dinge da, über die man sich nicht einfach so einig ist. Z.b. weil man von einer Welt erzählt, in der wie in unsere die Physik gilt, aber man beim Spiel eine Physiksimulation im Kopf nicht leisten oder auch nur beschreiben kann. Das wird dann durch Regeln abgehandelt.
Ganz simpel gesprochen: eines der einfachsten Rollenspiele heißt Cowboy und Indianer. Und wenn da ein Kind ruft "Peng! Du bist tot!" was sagt das andere? "Gar nicht, das war daneben!" Exakt an der Stelle beginnt das Regelsystem des Pen&Paper-Rollenspiels.

Puh, das ist  so eine Sache, die je nach System anders gehandhabt wird. Es gibt Systeme, bei denen der SL "Gar nicht, das war daneben!" einfach so behaupten kann, wenn er meint, dass er den Konflikt dadurch spannender machen kann (indem er z.B. Würfel dreht, das bieten viele Systeme ja an). Wenn Systeme dies anbieten (den Regelbruch), ist es eine Regel und somit kein Verstoß. Ich glaube, da liegt der Hase im Pfeffer.


Offline Zarkov

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Es gibt Systeme, bei denen der SL "Gar nicht, das war daneben!" einfach so behaupten kann, wenn er meint, dass er den Konflikt dadurch spannender machen kann (indem er z.B. Würfel dreht, das bieten viele Systeme ja an). Wenn Systeme dies anbieten (den Regelbruch), ist es eine Regel und somit kein Verstoß.

Derartiges findet man tatsächlich in einigen Regelwerken, meist im Kapitel mit den Spielleitertips. Das aktuelle SR-Regelwerk z.B. macht das so. Ein Grund, warum ich keine hohe Meinung von diesem Regelwerk habe. Ich habe oft den Verdacht, daß die Verfasser dann geistig unterscheiden in Regeln (mit Werten und Würfeln und so) und „mein Stil als Spielleiter“ (alles Andere).

Das kann man natürlich so machen, wenn das durchdacht ist und man sich bewußt ist, daß man hier letztlich mit Erzählrechten hantiert. Aber meistens scheint mir das nicht sehr durchdacht und schlicht schlechtes Spieldesign zu sein.

Ich meine, stellt euch das mal in einem beliebigen anderen Spiel vor. Etwa so:

Zitat
Gelinkt!
Ein Würfelspiel für zwei Spieler.

Regel 1: Jeder Spieler wirft einen W6. Der Spieler mit dem höheren Ergebnis gewinnt die Runde.
Regel 2: Wenn der erste Spieler mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist, kann er sich jederzeit zum Gewinner erklären, um das Spiel interessanter zu machen. Der zweite Spieler hat diese Möglichkeit nicht.
Regel 3: Es werden so viele Runden gespielt, wie der erste Spieler will.

Das ließe man nirgends sonst durchgehen. Nur, daß Rollenspiele meist nicht antagonistische Nullsummenspiele sind und durch die fiktionale Ebene erheblich komplizierter zu gestalten.

[Nachtrag: Um ganz klar zu sein, ja, ich weiß, und nein, Spielleiter und Spieler sind für mich keine Gegner am Tisch, und nein, es geht auch nicht ums Gewinnen beim Rollenspiel. Außer natürlich in den wenigen Spielen, in denen es darum geht.]
« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 08:17 von Zarkov »
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

Offline KhornedBeef

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Puh, das ist  so eine Sache, die je nach System anders gehandhabt wird. Es gibt Systeme, bei denen der SL "Gar nicht, das war daneben!" einfach so behaupten kann, wenn er meint, dass er den Konflikt dadurch spannender machen kann (indem er z.B. Würfel dreht, das bieten viele Systeme ja an). Wenn Systeme dies anbieten (den Regelbruch), ist es eine Regel und somit kein Verstoß. Ich glaube, da liegt der Hase im Pfeffer.
Dat true. Natürlich ist "der Arbiter entscheidet wie er will" auch eine Regel, oder "es wird durchgehend Kommando Pimperle gespielt, wobei jede erzählte Aktion vom aktiven Spieler als Kommando umgesetzt wird und wer patzt verliert".
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Offline Zarkov

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Rollenspiele, die das funktional handhaben, sind übrigens gar nicht selten. Fate etwa mit seinen Compels, oder viele Erzählspiele.
»… hier wirkt schon uneingeschränkt das sogenannte Lemsche Gesetz (Niemand liest etwas; wenn er etwas liest, versteht er es nicht; wenn er es versteht, vergißt er es sofort) …«*

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Rollenspiele, die das funktional handhaben, sind übrigens gar nicht selten. Fate etwa mit seinen Compels, oder viele Erzählspiele.

Ja genau. Aber damit kauft man sich andere, in vielerlei Hinsicht schlimmere Probleme ein. Erzählspiele haben für gewöhnlich einen furchtbar verengten Fokus. One-Trick-Ponies. Bei Fate kann man dem Metaspiel nicht entfliehen. Da ziehe ich einen SL, der ab und zu mal an den Würfeln dreht, jederzeit vor. Geschmackssache halt.

Generell glaube ich immer mehr, dass die Frage nach dem "Warum" die entscheidende ist. Denn natürlich ist es offensichtlich, dass ein einseitiges Regelbrechen eine unschöne Angelegenheit ist. Die Frage lautet jedoch: was sind die Alternativen? Und da gelangen nicht wenige Leute zu der Schlussfolgerung, dass freies Spiel, Erzählspiel, taktisches Spiel ebenso ihre Risiken und Nebenwirkungen haben. Je nach Gusto wählt sich dann halt jeder diejenige Spielart des Rollenspiels aus, deren Paket aus Vor- und Nachteilen am attraktivsten ist.

Was mich nervt, sind Leute mit dem - auf mich häufig unreflektiert wirkenden - Postulat der absoluten Überlegenheit eines Stils gegenüber den anderen. Im Tanelorn sind das die Anhänger des freien Spiels, bei DSA sind das die Hardcore-Railroader, der Pundit schwört auf OSR, Settembrini wollte unbedingt simulatives Spiel vorne sehen. Und so weiter. Ich finde das grauenhaft und intolerant, habe zugleich aber das Gefühl, dass das diesbezügliche Bewusstsein noch nicht hinreichend geschärft ist und sich entsprechend noch ungenügend gegenseitige Toleranz entwickeln konnte. Daher rührt mein Furor in dieser ganzen Sache.

ErikErikson

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Ja genau. Aber damit kauft man sich andere, in vielerlei Hinsicht schlimmere Probleme ein. Erzählspiele haben für gewöhnlich einen furchtbar verengten Fokus. One-Trick-Ponies. Bei Fate kann man dem Metaspiel nicht entfliehen. Da ziehe ich einen SL, der ab und zu mal an den Würfeln dreht, jederzeit vor. Geschmackssache halt.

Generell glaube ich immer mehr, dass die Frage nach dem "Warum" die entscheidende ist. Denn natürlich ist es offensichtlich, dass ein einseitiges Regelbrechen eine unschöne Angelegenheit ist. Die Frage lautet jedoch: was sind die Alternativen? Und da gelangen nicht wenige Leute zu der Schlussfolgerung, dass freies Spiel, Erzählspiel, taktisches Spiel ebenso ihre Risiken und Nebenwirkungen haben. Je nach Gusto wählt sich dann halt jeder diejenige Spielart des Rollenspiels aus, deren Paket aus Vor- und Nachteilen am attraktivsten ist.

Was mich nervt, sind Leute mit dem - auf mich häufig unreflektiert wirkenden - Postulat der absoluten Überlegenheit eines Stils gegenüber den anderen. Im Tanelorn sind das die Anhänger des freien Spiels, bei DSA sind das die Hardcore-Railroader, der Pundit schwört auf OSR, Settembrini wollte unbedingt simulatives Spiel vorne sehen. Und so weiter. Ich finde das grauenhaft und intolerant, habe zugleich aber das Gefühl, dass das diesbezügliche Bewusstsein noch nicht hinreichend geschärft ist und sich entsprechend noch ungenügend gegenseitige Toleranz entwickeln konnte. Daher rührt mein Furor in dieser ganzen Sache.

Aber es ist doch viel besser geworden, eigentlich schon fast perfekt. Vor noch wenigen Jahren wärst du hier für die obige Aussage (Railroading auch nur in die Nähe vom freien Spiel (HeligHeilig!) rücken), öffentlich gedemütigt worden. Jetzt kannst du hier relativ unbefangen Sachen sagen wie "Railroading hat auch Vorteile", und keinen scherts.

Wellentänzer

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Aber es ist doch viel besser geworden, eigentlich schon fast perfekt. Vor noch wenigen Jahren wärst du hier für die obige Aussage (Railroading auch nur in die Nähe vom freien Spiel (HeligHeilig!) rücken), öffentlich gedemütigt worden. Jetzt kannst du hier relativ unbefangen Sachen sagen wie "Railroading hat auch Vorteile", und keinen scherts.

Du hast recht. Allerdings war das ein sehr, sehr, sehr dickes Brett.

Just_Flo

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Aber es ist doch viel besser geworden, eigentlich schon fast perfekt. Vor noch wenigen Jahren wärst du hier für die obige Aussage (Railroading auch nur in die Nähe vom freien Spiel (HeligHeilig!) rücken), öffentlich gedemütigt worden. Jetzt kannst du hier relativ unbefangen Sachen sagen wie "Railroading hat auch Vorteile", und keinen scherts.

Also mich stört es, dass du HeligHeilig statt HeiligHeilig geschrieben hast :)

Offline Erg

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Da hat sich ja seit meinem letzten Besuch einiges getan. Nun denn.

Das Problem dabei ist, dass Du eine Formulierung analysierst, die jemand anderes aufgestellt hat. Damit Du sie sinnvoll analysieren kannst, musst Du auf die Begriffsdefinition desjenigen zurückgreifen, der diese Formulierung aufgestellt hat. Sonst baust Du Dir unbeabsichtigt einen Strohmann und dieser Thread bekommt 5 Seiten, in denen dann munter aneinander vorbei geredet wird.
...
Um die Begriffsdefinition sinnvoll zu analysieren, muß ich ja hoffentlich nicht auf ebendiese zurückgreifen. Zudem hat 1of3 meiner Analyse ("alle Merkmale eines Spieles sind Regeln") ja zugestimmt.

Warum habe ich ein Problem mit einem so weiten Regelbegriff ? Je weiter der Begriff, desto schwieriger ist es, allgemeine Aussagen zu den Gegenständen zu machen, die mit dem Begriff bezeichnet werden, da sich meist ein Gegenbeispiel finden läßt. Das ist ein generelles Problem mit weit gefassten Begriffen, weshalb sie meist von eher begrenzter Nützlichkeit sind.
In diesem speziellen Fall gibt es noch ein Problem: Alle Merkmale des Spiels sind Regeln (so 1of3). Und zweifelsohne sind die Regeln des Spiels Merkmale desselben. Die Begriffe sind also (auf Spiele bezogen) äquivalent. Mit anderen Worten: Es handelt sich um den selben Begriff, nur jeweils unterschiedlich benannt. Und das brauche ich schlicht nie. Eine der beiden Begriffsbezeichnungen kann ich mir getrost sparen. Und da ich den "Begriffsnamen" Regel für einen weniger weit gefassten Begriff verwenden möchte, würde ich die Merkmale eines Spiels der Einfachheit halber auch so nennen, wenn ich mich in all ihrer Allgemeinheit über sie unterhalten möchte.
Und jetzt zum eigentlichen Problem mit diesem weiten Regelbegriff: Die Frage und ein Gutteil meiner Anmerkungen dazu werden schlicht sinnlos, wenn ein zu weiter Regelbegriff verwendet wird. (Abgesehen davon, daß sie dann auch schlicht nicht wiedergeben, was ich meine)

Anmerkung: mir ist schon häufiger (unangenehem) aufgefallen, das in diesen Breiten oft mit Begriffen der Marke "sind wir nicht alle ein bißchen Bluna?" hantiert wird. Regel, Railroading, Rollenspiel: immens weitgefasste Begriffe, mit denen keine sinnvolle Diskussion mehr zu führen ist.

zu dem 3-4 Ebenen-Modell: warum muß ich all das Regeln nennen ? E0: Vereinbarungen, E1: Absprachen, E2: Regeln, E3: Übereinkünfte. Dann kann ich unkompliziert darüber sprechen.

Da es aber wohl ohne Begriffsklärung nicht geht (da war ich zu optimistisch, sorry for that): Unter Regeln verstehe ich die geschriebenen Regeln des Systems sowie deren gruppenspezifische Änderungen und Anpassungen. Sie beziehen sich meist auf die Spielmechanik. Davon Abgrenzen möchte ich Absprachen, Vereinbarungen, stillschweigende Übereinkünfte, Grundvoraussetzungen des Spiels etc., selbst wenn sie sich auf Spielinhalte und  Spielabläufe beziehen. Ein paar Beispiele: "Die Ringen-Regeln sind scheiße. Wir machen das so und so" -> Regel; "Ein Charakter stirbt nur, wenn der Spieler zustimmt" -> Vereinbarung; "Es gibt einen SL" -> Grundvorausetzung; "Die Welt soll plausibel sein" -> Vereinbarung; "Der SL soll fair sein" -> stillschweigende Übereinkunft; (ich hätte auch "Absprache" für alles schreiben können, was keine Regel ist).

So, jetzt kann ich mich den durchaus vorhandenen interessanten Beiträgen widmen. Könnte ich, wenn ich jetzt noch mehr Zeit hätte.

« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 10:26 von Erg »

Offline Sashael

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Wobei's da mit Sicherheit eine Möglichkeit gibt, dieses Limit zu überschreiten, weil is' ja Magie und D&D und so. Ernsthaft, ich meine mich da mindestens an so eine Art Meisteralchimisten-Prestigeklasse zu erinnern... ;)

Entkräftet natürlich nicht wirklich das Argument, daß auch der "Regelbruch" bitteschön in die Welt passen und also dort einen guten Grund haben sollte. Wenn es zur Herstellung eines Tranks, der einen Spruch der 4. Stufe "speichert", also etwa eines besonders talentierten Tränkebrauers bedarf, dann dürfen sich die Spieler auch ganz legitim Gedanken darüber machen, wer wohl diesen speziellen aus dem normalen Rahmen fallenden Trank hergestellt hat -- mit allen eventuellen spielweltlichen Konsequenzen.
Das kann man so machen.
Gegen eine Gruppe aus 2.-5.stufigen SCs einen 5.stufigen Schurken antreten zu lassen, und diesem dann per SL-Beschluss 3W6 Bonusschaden (Sneak Attack), massive Behinderung der Angriffe der Gruppe ("Rate erst mal, auf welchem Feld er steht") + zusätzlich halbierte Trefferchance zu verpassen und dann noch als einzige Option "Macht ihn nieder" zuzulassen und das dann nicht einmal als interessantes Plotdevice ("Woher kommt der unmögliche Trank?"), sondern einfach weil normale Unsichtbarkeit ja "viel zu schwach" wäre ... tja, das war eine Erfahrung, an die ich mich nicht so gern zurückerinnere. ;)
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


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Offline Issi

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Zitat
Okay. Ich versuche es mal.
Wenn ich die Regeln beuge oder breche, dann mache ich das als SL zum Wohl des gesamten Spiels.
Ich kenne als einziger den Verlauf des Abenteuer und möchte, dass alles rollt.
Ein Spieler, der das gleiche macht, versucht sich selbst einen Vorteil, in einer bestimmten Situation, zu verschaffen.

Der Spieler kann aus mehreren Gründen versuchen die Regeln zu brechen.
1. Er verschafft sich selbst einen Vorteil, weil er besser dastehen will, als seine Gruppenmitglieder.
2. Er verschafft sich selbst einen Vorteil, weil er besser dastehen will, als seine Gruppenmitglieder, und der Gruppe damit hilft.
3. Er verschafft sich selbst einen Vorteil,damit er der Gruppe hilft.
4. Er verschafft sich selbst einen Vorteil, damit er vor dem SL gut dasteht.
5. Er verschafft sich selbst einen Vorteil, weil er einen persönlichen Konflikt mit dem Spielleiter hat.
6. Er verschafft sich selbst einen Vorteil,weil er nicht will, dass seine Figur stirbt oder ihr etwas best.passiert.
7.Er verschafft sich selbst einen Vorteil, um das Abenteuer in eine bestimmte Richtung zu lenken.

3. ist das einzige wo es nicht um ihn geht.

Der Spielleiter kann auch aus mehreren Gründen die Regeln brechen
1. Er hat sich bei den NSCs verschätzt. z.B. zu stark zu schwach
2. Er möchte Abenteuer in eine bestimmte Richtung lenken
3. Er möchte die Figuren wieder zum Abenteuerstrang zurückführen.
4. Er möchte die Auswirkung eines Wurfes negieren.
5. Er sieht eine Regel als nicht funktional an.
6. Er möchte einen NSC anders darstellen
7. Er möchte eine bestimmte Situation kreieren....

Hier könnte der SL natürlich alles gegen die Gruppe verwenden, aber ebenso gut für.(Wovon ich ausgehe.
Und  er ist es am Ende nicht, der die Abenteuerpunkte bekommt, das Gold und die magischen Artefakte. ;)

Wobei ich mich schon frage, welchen persönlichen Vorteil ein Spielleiter daraus ziehen könnte, indem er das Spiel zu ungunsten der Spieler manipuliert? Was bringt es ihm denn eine unzufriedene Gruppe zu haben?

Ich meine, fühlt man sich als Gewinner, wenn man möglichst viele Spieler mitgenommen hat?
(Das kann er mit strengen Regeln genauso gut). Ich glaube nicht.


Wenn man sich eine Welt betrachtet, mit Meeren Bergen, Städten, Dorfern, Flora Fauna und ihren Bewohnern, Dann spiele ich als Spieler einen einzigen von ihnen. Einen Bewohner, durch dessen Augen ich die Welt sehe.
Das was ich mit den Augen der Figur sehe, was ich mit meinen Sinnen wahrnehmen kann, spiegelt mir der Spielleiter. Und das kann verdammt viel sein. Als SL bin ich der Spiegel der Charaktere. Während ich als Spieler einen Charakter lebendig werden lasse. Ist es als Spielleiter ein ganze Welt. Obwohl sie nur von einer einzigen Person dargestellt wird.
Genau deshalb braucht der SL eine Metaebene, von der er alles richtig koordnieren kann.





« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 12:47 von Issi »

Offline 1of3

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Da es aber wohl ohne Begriffsklärung nicht geht (da war ich zu optimistisch, sorry for that): Unter Regeln verstehe ich die geschriebenen Regeln des Systems sowie deren gruppenspezifische Änderungen und Anpassungen. Sie beziehen sich meist auf die Spielmechanik.

Dann hast du die selbe Extension wie ich. Allenfalls mit meinem Punkt 6 könntest du dich reiben, dass also eine Regel die niemand anwendet, keine Regel ist. Das ist aber auch ein Nebenschauplatz.

Ich erkläre gern noch einmal, warum all diese Dinge als Regeln bezeichnet werden: Man kann sie regeln. Ich kann ein Rollenspiel schreiben, wo spezifisch drin steht:

- Das Spiel wird mit exakt zwei Leuten gespielt. (Breaking the Ice)
- Am Anfang des Spiels soll jemand sagen: "Vor langer Zeit starb das Volk am Ende der Welt." (Polaris)
- In einer Szene gibt es für gewöhnlich genau einen ausgewürfelten Konflikt pro SC. Die SL und der Spieler des SC müssen dem Konfliktinhalt zustimmen. (The Pool)
- Die SL ermittelt ihre NSCs nach einem Zufallsverfahren. (Dogs in the Vineyard)
- Die SL verliert, wenn der Plan ihres Oberschurken Stresslevel 5 erreicht. (With Great Power)
- Szenen werden reih um gestartet. (Primetime Adventures)
- Bei bestimmten Ressourcenständen startet das Endgame und die Schergen lehnen sich gegen den Meister auf. (My Life with Master)

Erwiesener Maßen - denn es gibt ja entsprechende Spiele - sind all diese Dinge regelbar. Wenn sie auch gültig sind, sind es folglich Regeln.

Ich kann also als Spieldesigner diese Dinge und noch ganz viel mehr in mein Büchlein schreiben. Es ist wichtig, all diese Dinge als potentielle Regeln zu erkennen, weil sie nur dann im Designprozess greifbar werden. Die Erkenntnis, dass all dies potentiell Regeln sind und damit verfügbar im Spieldesign, hat also zu einer Vielzahl kreativer Projekte geführt.

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Das kann man so machen.
Gegen eine Gruppe aus 2.-5.stufigen SCs einen 5.stufigen Schurken antreten zu lassen, und diesem dann per SL-Beschluss 3W6 Bonusschaden (Sneak Attack), massive Behinderung der Angriffe der Gruppe ("Rate erst mal, auf welchem Feld er steht") + zusätzlich halbierte Trefferchance zu verpassen und dann noch als einzige Option "Macht ihn nieder" zuzulassen und das dann nicht einmal als interessantes Plotdevice ("Woher kommt der unmögliche Trank?"), sondern einfach weil normale Unsichtbarkeit ja "viel zu schwach" wäre ... tja, das war eine Erfahrung, an die ich mich nicht so gern zurückerinnere. ;)

Kann ich sofort nachvollziehen. Da kommt ja nun wirklich praktisch alles zusammen -- und darunter rechne ich in dem Fall schon die Plausibilität des angedeuteten "upps, ich bin ja hier im Moment nur ein einzelner Schurke ohne Verstärkung...scheißegal, ich mach' die alle kalt!"-Szenarios. :o

Offline Rhylthar

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Kann ich sofort nachvollziehen. Da kommt ja nun wirklich praktisch alles zusammen -- und darunter rechne ich in dem Fall schon die Plausibilität des angedeuteten "upps, ich bin ja hier im Moment nur ein einzelner Schurke ohne Verstärkung...scheißegal, ich mach' die alle kalt!"-Szenarios. :o
Ist denn hier nicht eh das "Regelbrechen" das geringste Problem?

Wie Crimson King schon sagte:
Wenn man es will, bringt jeder SL die SC regelkonform um.

Gibt eine "schöne" Szene aus HotDQ:
Die SC kommen durchgefroren und durchnässt in ein Gasthaus, einige Adlige benehmen sich total daneben, provozieren die Charaktere und nehmen ihnen (meine ich) auch noch die Zimmer weg. Konflikt vorprogrammiert, Gewalt definitiv ein Mittel der Konfliktlösung.

Tja, leider sind das alles keine aufgeblasenen Adligensöhne sondern ausgebildete Assassine. Vier Assassine gegen eine Gruppe mit niedriger Stufe...durchgezogen sehr sicher ein Gemetzel.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline D. Athair

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zu dem 3-4 Ebenen-Modell: warum muß ich all das Regeln nennen ? E0: Vereinbarungen, E1: Absprachen, E2: Regeln, E3: Übereinkünfte. Dann kann ich unkompliziert darüber sprechen.
Muss ich nicht. Ich kann auch sagen, dass auf all diesen Ebenen verbindliche Verträge geschlossen werden - und deine Begriffe verwenden. Ich kann aber auch die im Spielkontext sinnvolle Bezeichnung "Regeln" benutzen und E2 als Untergruppe anders benennen (z.B. "RAW - rules as written" oder "Spielmechanik").

Das Problem an Rollenspielregeln, wie sie in Büchern abgedruckt sind ist ja, dass keine bzw. zu wenige Differenzierungen angenommen werden, bzw. E0 manchmal höchstens noch als separate "Tischregeln" Erwähnung finden (z.B. in D&D Essentials: Dungeon Master's Book, p.16-19). Im selben Buch gibt es auch Aussagen über E1 (p. 71: Running the Game; p.109-112: Improvising & Troubleshooting; p.170-172: Adventure Structure) ... die sind tatsächlich hilfreich, um für D&D 4 passende, verbindliche "Absprachen" festzuzurren. Nur: Dass diese "Regeln" (denn als solche werden sie im Buch präsentiert) zusammen mit weiteren Bestimmungen zum Spielprozess, welche die Gruppe aufstellen muss, auf einer anderen Ebene spielen und ähnlich kohärent sein müssen, wie die Spielmechaniken ... darauf wird nicht eingegangen. Und: Das Spiel funktioniert auch, wenn man manches anders als in den entsprechenden Passagen regelt.
[D&D 4 habe ich als Beispiel genommen, weil das in der Hinsicht schon mal deutlich weiter als viele andere Spiele ist ... und weil dadurch die Problematik vielleicht besser auffällt.]

Unter Regeln verstehe ich die geschriebenen Regeln des Systems sowie deren gruppenspezifische Änderungen und Anpassungen. Sie beziehen sich meist auf die Spielmechanik.
Und warum benutzt du dann nicht den Begriff "Spielmechanik"? Der ist doch von allen möglichen Begriffen am wenigsten missverständlich.


Aber, wie gesagt – die schriftlichen Regeln sind ja nur ein (meist) kleiner Teil des eigentlichen Systems. Traditionellerweise hat man dann Regeln für Charaktererschaffung, Fertigkeitsproben, Kampf und Steigerung, und das war es – mit dem Rest muß man irgendwie alleine zurecht kommen. [...]

Diese Lücke zum tatsächlichen, funktionalen System kann man natürlich am einfachsten ausfüllen, indem man den SL zum Alleinverantworlichen macht und ihn mit einem vorgegebenen Plot arbeiten läßt. Dann muß er sich natürlich über die schriftlichen Regeln hinwegsetzen können. Das ist eine gangbare Lösung, die man oft antrifft. Eine gute Lösung ist es meiner Meinung nach nicht, da, wie gesagt, ich mir ohnehin ausgehebelte Regeln auch gleich sparen kann.
Hmmm ... kann mir vorstellen, dass Spieler in einer Runde keinen Einblick in die Spielmechanismen haben, keinen Charakterbogen, etc. sondern nur Würfeln und Beschreiben. Die SC-Verwaltung und die Spielregeln liegen allein bei (wahrscheinlich besser zwei) SL, die Erfolgswahrscheinlichkeiten etc. werden erzählerisch den Spielern vermitteln. Vielleicht muss man dann ähnlich wie bei Conflict Resolution, Einsätze (Chancen und Risiken für den SC) vor den Würfen verhandeln. Spieler haben einen Stichwortzettel, auf dem nur steht, was ihre SC können, gut können, worin sie schlecht sind und welche Besonderheiten die Figuren haben.
... die SL muss sich hierbei nicht an irgendwelche Spielmechanismen halten, denn: sie selbst ist zentraler Spielmechanismus und "macht" die Regeln:

Ich kann mir sowas - gerade im Horror-Bereich gut vorstellen. (Und vom Vibe her erinnert mich das sehr an Dread, das ja auch eine starke SL-Rolle hat.)
« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 12:19 von Contains Diseases »
"Man kann Taten verurteilen, aber KEINE Menschen." - Vegard "Ihsahn" Sverre Tveitan

Offline Erg

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So. Jetzt hab ich wieder ein bißchen Zeit.

Ich möchte kurz auf einige bisher in der Diskussion angeführte Punkte eingehen:

Regeltreue erleichtert die SL-Arbeit: begründet kein "muss", ist aber ein gutes Argument für "sollte". Ich breche als SL fast nie die Regeln (ich kann mich nicht erinnern, wann ich dies zuletzt getan habe). Regeln nehmen mir die Arbeit ab, mir in jeder Situation aus den Fingern zu saugen, was als nächstes passiert. Die konsistente Anwendung der Regeln sorgt (sofern sie was taugen) meist für plausible und konsistente Ergebnisse. Ich wäre ja schön blöd, wenn ich Regeln aus Jux und Dollerei bräche.

Regelbrüche führen zu Unfairness / Regeltreue schafft Fairness: Nein und nein. Fair oder unfair ist das, was passiert. Ob es durch Regeltreue oder Regelbruch so geschieht, ist nahezu unerheblich. Beim unfairen Regelbruch kommt zur Unfairness halt noch der Regelbruch (der in sich böse und verabscheuungswürdig ist) dazu, bei der unfairen Regeltreue tröstet sich vielleicht mancher damit, daß er ja den Regeln, welche die Unfairness hervorgebracht haben, zumindest implizit zugestimmt hat.  Das Beispiel mit den unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten eines Zaubers durch unterschiedliche Charaktere/Spieler zeigt sicherlich einen Akt der Unfainess. Ein anderes Beispiel: Die Charaktere haben die Möglichkeit, an einem Wettkampf teilzunehmen, bei dem es einen schicken Preis zu gewinnen gibt. Tatsächlich hat aber einer der Charaktere eine weit höhere Chance, den Wettkampf zu gewinnen, als alle Anderen. Der Wettkampf wird komplett regelkonform abgewickelt. Wird das Ganze dadurch fair ? Eher nicht.

Regelbrüche führen zu Inkonsistenz und mangelnder Plausibilität / Regeltreue schafft Konsistenz und Plausibilität: Ebenfalls nein und nein, bzw. nicht unbedingt und nicht unbedingt. Der halbverhungerte, dreibeinige, schwerverletzte Wolf, der zwei hochstufige Abenteurer umbringt, ist in einer Welt, in der wilde Tiere eigentlich keine Gefahr für hochstufige Abenteurer darstellen, weder konsistent noch plausibel. Aber Ergebnis eines regelkonform geführten Kampfes. Hätte ich in dieser Situation die Würfeln gedreht, wäre das Ergebnis (toter Wolf, lebendige Charaktere) sicherlich konsistenter und plausibler gewesen.

Warum sollten die Spieler die Regeln einhalten ? Dazu hatte ich schon einen Halbsatz im Eingangsbeitrag geschrieben. In vielen Runden gibt es verborgenes oder auch ganz offenes Konkurrenzdenken zwischen den Spielern. Die Neigung des Menschen zum sozialen Vergleich und der Wunsch, daß jener positiv oder zumindest nicht negativ ausfallen möge, macht halt auch vor dem Rollenspiel nicht halt. Und im Gegensatz zum Wetteifern mit dem SL ist Wetteifern mit anderen Spielern nicht von vorneherein völlig sinnlos. Wenn es solche Tendenzen also gibt (sie zeigen sich in Äußerungen wie: "wenn der das darf will ich das auch dürfen" und der Forderung nach grundsätzlicher Gleichbehandlung der Spieler/Charaktere im Rahmen der Fairness), ist die Übertragung der "Norm" per Analogieschluß aus den Wettkampfspielen durchaus sinnvoll. Im Übrigen ist es mir als SL völlig egal, ob die Spieler "betrügen", ich wetteifere ja nicht mit ihnen. Möglicherweise biegen sie sogar Sachen hin, die ich ansonsten selbst hätte hinbiegen müssen. Als Spieler ist es mir nicht so egal, da kommt es schon sehr auf Grund und Umfang des Betrugs an...
« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 13:24 von Erg »

Wellentänzer

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Puh. Ich halte für ziemlichen Quark, was Du da von Dir gibst. Gleichzeitig habe ich bereits inhaltlich aus meiner Sicht erschöpfend beigetragen. Insofern bleibt mir nur der Hinweis und die Bitte, lieber Erg, dass Du noch einmal etwas intensiver über das Gesagte nachdenkst. Viele clevere Leute, die sich viele Gedanken gemacht haben, werden von Dir relativ ruppig und mit für meine Begriffe dürren Argumenten beiseite gewischt. Ich halte das für vorschnell.

Offline Erg

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Puh. Ich halte für ziemlichen Quark, was Du da von Dir gibst...

Das steht Dir selbstverständlich frei. Du hättest es aber auch in zumindest neutrale Worte kleiden können.

...Gleichzeitig habe ich bereits inhaltlich aus meiner Sicht erschöpfend beigetragen...

Auch hier steht es mir nicht zu, Dir Deine eigene Sichtweise abzusprechen.

Edit: ups, vorschnell gespeichert...

...Insofern bleibt mir nur der Hinweis und die Bitte, lieber Erg, dass Du noch einmal etwas intensiver über das Gesagte nachdenkst...

Bitte, lieber Wellentänzer, erspare mir solche herablassenden Bemerkungen

... mit für meine Begriffe dürren Argumenten...

so sie dürr sind: zeige es auf, entlarve den Denkfehler, die mangelnde Logik, die unangemessene Prämisse, den untauglichen Begriff, meinetwegen auch das hirnrissige Beispiel. Die Behauptung allein zählt nicht.
« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 13:42 von Erg »

Offline Harlekin78

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Regeltreue erleichtert die SL-Arbeit: begründet kein "muss", ist aber ein gutes Argument für "sollte". Ich breche als SL fast nie die Regeln (ich kann mich nicht erinnern, wann ich dies zuletzt getan habe). Regeln nehmen mir die Arbeit ab, mir in jeder Situation aus den Fingern zu saugen, was als nächstes passiert. Die konsistente Anwendung der Regeln sorgt (sofern sie was taugen) meist für plausible und konsistente Ergebnisse. Ich wäre ja schön blöd, wenn ich Regeln aus Jux und Dollerei bräche.
Reduziert bei einer "funktionierenden" Gruppe die Diskussion... meistens...

Regelbrüche führen zu Unfairness / Regeltreue schafft Fairness: Nein und nein. Fair oder unfair ist das, was passiert. Ob es durch Regeltreue oder Regelbruch so geschieht, ist nahezu unerheblich. Beim unfairen Regelbruch kommt zur Unfairness halt noch der Regelbruch (der in sich böse und verabscheuungswürdig ist) dazu, bei der unfairen Regeltreue tröstet sich vielleicht mancher damit, daß er ja den Regeln, welche die Unfairness hervorgebracht haben, zumindest implizit zugestimmt hat.  Das Beispiel mit den unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten eines Zaubers durch unterschiedliche Charaktere/Spieler zeigt sicherlich einen Akt der Unfainess. Ein anderes Beispiel: Die Charaktere haben die Möglichkeit, an einem Wettkampf teilzunehmen, bei dem es einen schicken Preis zu gewinnen gibt. Tatsächlich hat aber einer der Charaktere eine weit höhere Chance, den Wettkampf zu gewinnen, als alle Anderen. Der Wettkampf wird komplett regelkonform abgewickelt. Wird das Ganze dadurch fair ? Eher nicht.
Nach dem Wettkampfbeispiel, sind alle Regelanwendungen "unfair"! Der "Kämpfer" ist "immer" besser im Kampf, der "Zauberer" kann eben dies, zaubern. Warum sollte ich es als Spieler eines sagen wir Schurken es unfair finden, wenn der Krieger/Ritter die Tjoste gewinnt? Oder als "Face" wenn der "Hacker/Decker" den Matrixwettkampf gewinnt? Nach dem von dir genannten Beispiel müssten alle Charaktere zumindest vom Statblock identisch sein.

Regelbrüche führen zu Inkonsistenz und mangelnder Plausibilität / Regeltreue schafft Konsistenz und Plausibilität: Ebenfalls nein und nein, bzw. nicht unbedingt und nicht unbedingt. Der halbverhungerte, dreibeinige, schwerverletzte Wolf, der zwei hochstufige Abenteurer umbringt, ist in einer Welt, in der wilde Tiere eigentlich keine Gefahr für hochstufige Abenteurer darstellen, weder konsistent noch plausibel. Aber Ergebnis eines regelkonform geführten Kampfes. Hätte ich in dieser Situation die Würfeln gedreht, wäre das Ergebnis (toter Wolf, lebendige Charaktere) sicherlich konsistenter und plausibler gewesen.
Das nenne ich ein unwahrscheinliches und überraschendes, eventuell sogar spannendes Ergebnis, aber bestimmt nicht inkonsistent! Eine einzige Ausnahme hätte ich da, wenn nahezu jede Begegnung mit dreibeinigen, ... Wölfen so ausgehen würde.

Warum sollten die Spieler die Regeln einhalten ? Dazu hatte ich schon einen Halbsatz im Eingangsbeitrag geschrieben. In vielen Runden gibt es verborgenes oder auch ganz offenes Konkurrenzdenken zwischen den Spielern. Die Neigung des Menschen zum sozialen Vergleich und der Wunsch, daß jener positiv oder zumindest nicht negativ ausfallen möge, macht halt auch vor dem Rollenspiel nicht halt. Und im Gegensatz zum Wetteifern mit dem SL ist Wetteifern mit anderen Spielern nicht von vorneherein völlig sinnlos. Wenn es solche Tendenzen also gibt (sie zeigen sich in Äußerungen wie: "wenn der das darf will ich das auch dürfen" und der Forderung nach grundsätzlicher Gleichbehandlung der Spieler/Charaktere im Rahmen der Fairness), ist die Übertragung der "Norm" per Analogieschluß aus den Wettkampfspielen durchaus sinnvoll. Im Übrigen ist es mir als SL völlig egal, ob die Spieler "betrügen", ich wetteifere ja nicht mit ihnen. Möglicherweise biegen sie sogar Sachen hin, die ich ansonsten selbst hätte hinbiegen müssen. Als Spieler ist es mir nicht so egal, da kommt es schon sehr auf Grund und Umfang des Betrugs an...
Einen Teil meiner Antwort siehe oben. Ich stehe dazu, dass es möglichst gleiche Startbedingungen (Charaktergenerierungsregeln) geben sollte und würde ein System, welches davon abweicht meiden. Diese Startbedingungen sind in letzter Konsequenz nicht genau zu vergleichen, weil die subjektive Wahrnehmung eine Rolle spielt. Ein Vergleich wie z.B. in D&D3.5 über Damage per Round und ähnliches kann je nach Spielgeschmack nicht ausreichend sein. (Hier lassen sich halt soziale Fähigkeiten oder andere Nichtkampffähigkeiten schwer messen).
“The baby has known the dragon intimately ever since he had an imagination. What the fairy tale provides for him is a St. George to kill the dragon.” - G.K. Chesterton

ErikErikson

  • Gast
Ich glaube die Idee, das sich der SL an die Regeln halten soll, kommt von der Vorstellung von Rollenspiel als Spiel. Was auch eingängig ist.

In einem Spiel muss man sich an die Regeln halten, da die Regeln das Spiel definieren. Hält man sich nicht an die Regeln, ist es kein Spiel mehr. 
Würde sich der SL also gar nicht an die Regeln halten, und z.B. sich weigern die Weltzu beschreiben, dann ist das Spiel vorbei.

Wenn der SL die Regeln nur teilweise ignoriert, dann geht das Spiel natürlich trotzdem weiter, aber nicht reibungslos.

Wenn der SL die Regeln bewusst ignoriert, um das Spiel reibungsloser zu machen ist das wieder ein anderer Fall. Das kann sinnvoll sein. Ich glaube auch, an diese mdritten Punkt wird dir niemand widersprechen.

Insgesamt würde ich sagen, hier muss man auf die Skala "Wettbewerb" schauen. Umso mehr es im Spiel um Wettbewerb (unter den Spielern, Spieler gegen das Abenteuer) geht, umso mehr gewinnt Rollenspiel "Spielcharakter", und umso wichtiger ist die Einhaltung der Regeln.

Persönliche Erfahrung: Wenn ich Cthulhu spiele soll der SL sich explizit NICHT an die Regeln (im Buch) halten. Würde ein SL tatsächlich gewisse Regeln anwenden (Fernkampf, Sanity, diverse anderen Sondersachen) würde das mega stören, mit den Erwartungen der Spieler brechen, das Spiel ewig aufhalten, und die Atmosphäre wär am Arsch. 
« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 13:54 von ErikErikson »

Forlorn

  • Gast
Was ich auch bemerkt habe: Je detaillierter ein Regelbuch ist, desto beleidigter sind die Spieler, wenn der SL tatsächlich mal eine Regel bricht. Bei OSR ist es ja hingegen irgendwie OK mit der Hand zu wedeln.

Bei freien Systemen wie Dungeon World oder Burning Wheel käme man indes kaum auf die Idee, eine Regel zu brechen, weil die Regeln fast ausschließlich den Erzählfluss der Spielrunde gewährleisten und sich nicht mit Kleinigkeiten, wie der Spielweltlogik, aufhalten.

Geht es also um Simulation, sind Regelbrüche nicht OK. Geht es um Herausforderungen, Kämpfe und Taktik, haben Regelbrüche auch einen faden Beigeschmack. Und narrative Systeme sind für Regelbrüche kaum geeignet.

Regelbrüche bedeuten nicht unbedingt einen direkten Zufluss an Dramatik, oder sogar Spielspaß. Wenn (harte) Regelbrüche notwendig sind, ist das System wahrscheinlich nicht gut genug, um die erhoffte Dramatik abzubilden. Die erdachte Geschichte passt nicht in den Rahmen der vom Spiel aufgestellten Grundsätze und hat anderswo sicherlich einen besseren Platz. Wenn Regelbrüche außerdem noch der Abwertung von Spielerentscheidungen dienen, begibt man sich in sehr flaches Wasser. Ich hätte auch keine Lust, meinen Spielern etwas vorzugaukeln und ihnen eine Geschichte aufzubrummen, die den Rahmen der gemeinsam bespielten, fiktiven Welt grundlegend bricht.

Tritt die Situation auf, dass die Spieler z.B. den Oberbösewicht stellen und dieser nur durch einen (regelseitig) sehr abwegigen akrobatischen Akt entkommen könnte, würde ich heute bei freieren Systemen eh in die Runde fragen: "Schafft er es? Schafft er es nicht, oder sollen wir würfeln?". Bei nicht freien Systemen halte ich mich in der gleichen Situation hingegen an die Logik der Spielwelt, die oft durch Regeln schon ganz gut abgebildet wird und meistens genau die Erwartungshaltung der Spieler trifft. Die Geschichte, die ich mir als SL ausdenke ist nicht besser, als die Geschichte, die Naturgesetzen (Regeln) der fiktiven Spielwelt entspricht.

Regelbrüche können allerdings kleine Stellschrauben sein. "Der Drachen kann den Zauber Monster herbeirufen IV laut Monsterhandbuch nicht, es wäre aber in dieser speziellen Spielsituation wichtig (Weil er sonst z.B. keine spannende Herausforderung bietet) und nicht völlig abwegig  , also breche ich eine Regel und dann kann er ihn.". Den Drachen allerdings durch einen Teleportationszauber (den er regelseitig nicht kann) entkommen zu lassen, weil er in der Story noch eine Rolle spielt -> Meh.
« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 13:54 von Dravoc »

Offline Issi

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  • Username: Issi
Mein Problem mit "rules as written" ist ähnlich wie mit "law as written".
Kein Regelsystem kann alle Eventualitäten zu hundertprozent abdecken. Ähnlich verhält es sich mit unserem Gesetz. Dort gibt es auch Gesetzeslücken. Obwohl sich da viele kluge Leute lange ihrenklugen  Kopf zerbrochen haben.
Durch diverse Urteile und Erfahrungen werden diese Gesetze natürlich überdacht, und falls nötig neu erlassen.
Auch ein gutes Regelsystem ändert sich mit der Zeit(nicht durch die Erfahrung von Richtern und Anwälten), sondern durch die Erfahrung der Spieler. Ein Regelsystem, welches von sich behauptet, alles und ich meine wirklich alle Eventualitäten(Und zu denen
zähle ich auch Situationen in denen der SL seine Spieler nicht zu Rate ziehen kann)abzudecken, kann ich schlicht und
ergreifend nicht Ernst nehmen.- -- Wie heißt es so schön- Recht bedeutet nicht zwingend Gerechtigkeit.
Was gerecht ist und was nicht, kann man Situationsbedingt oft viel besser erfassen. Regeln sind für mich allgemeingültige Anweisungen,
die man erst im Spiel auf die spezielle  Situation anpassen muß. Nicht immer greifen alle Regeln. Und manchmal ergeben sie einfach keinen Sinn.

Ob die Anpassung durch die gesammte Gruppe oder mal nur durch den SL erfolgt, ist für mich jetzt kurz mal sekundär.
Wichtig ist denke ich nur, dass man das überhaupt zulässt. Und anerkennt, das weder die rules noch die law die zehn Gebote Gottes sein können,sondern einfach nur ein wichtiges Spielgerüst.
Und genau deshalb muß es zumindest meiner Meinung nach auch angepasst werden dürfen.

Eine Spielmechanik funktioniert für mich nicht ohne den Menschen und seinen Verstand. Vor Allem nicht im Rollenspiel.




« Letzte Änderung: 7.09.2016 | 14:07 von Issi »