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Pen & Paper - Spielsysteme => Weitere Pen & Paper Systeme => Thema gestartet von: blut_und_glas am 13.03.2004 | 15:32
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Das Warten hat sich gelohnt. Nachdem ich seit mehr als einem Jahr dem Erscheinen von a/state von Contested Grounds entgegengefiebert habe, ist es diese Woche endlich bei meinem lokalen Händler eingetroffen.
Ich bin begeistert!
Hat es sich sonst schon jemand angesehen?
mfG
jdw
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Was für ein Spiel ist das denn?
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Eine brilliante Mischung aus Cyberpunk und Charles Dickens mit eher subtilen Horror-Anklängen.
mfG
jdw
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Bei welchem Händler hast Dus gekauft?
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Bei meinem lokalen Händler, wo ich üblicherweise kaufe. http://www.serious-games.de
mfG
jdw
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Hm, Berlin ist mir ein bisschen weit weg. :-\
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@b_u_g
Klingt sehr interessant, beschreib doch bitte mal genauer.
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In meinen Augen sind es vor allem zwei Punkte, die a/state von der Masse anderer Cyberpunk- und Dark Future-Systeme abheben.
Es sind dies der "viktorianische" und/oder "dickenssche" Einschlag (wohl je nachdem, wie man es betrachten möchte) zum einen, und die wie ich finde eher dezenten Horror-Aspekte zum anderen.
Das Setting von a/state ist auf eine einzelne, weitestgehend namenlose, Metropole, "The City", Die Stadt beschränkt, welche sich auf den ersten Blick kaum von den Megastädten anderen (herkömmlicheren?) Cyberpunks untescheidet.
Von der schieren, unfassbaren Grösse der bebauten Fläche, über den angehäuften Dreck, die Kriminalität und die quasi-anarchischen Zustände, bis hin zu den paramilitärischen Sicherheitsstreitkräften der allmächtigen acht Macrocorps, findet sich alles was "typische" finstere Stadtvisionen auszeichnet.
Arbeitslosigkeit, Brutalität, Hoffnungslosigkeit, Klassenunterschiede, Krankheit, Kriminalität, Mediengläubigkeit, sind - wie so oft - bestimmende Elemente der Gesellschaft.
Betrachtet man diese vertrauten Teile allerdings genauer, beginnt sich die erste Besonderheit von a/state zu offenbaren.
Die Waffen von Banden und Paramilitärs umfassen Tentenel Gefechtspanzerungen und Gausskarabiner ebenso wie Holzknüppel und Steinschlosspistolen, Glas und Stahl der Fassaden der Macrocorp Enklaven glänzen in grellem Neonlicht, während in den Slums von Mire End trübe Gaslampen über verottenden Bohlenbürgersteigen flackern, 3d Fernsehsignale wird gemeinsam mit Dataflow Paketen durch Glasfasernetzwerke gejagt und in stinkenden Hinterhofmanufaktoren werden auf rostigen handgesetzten Druckerpressen billige Zeitungen hergestellt.
Mr Scrooge trägt einen modern geschnittenen Anzug, während der kleine Tim immer noch auf seiner Holzkrücke entlang humpelt.
Die zweite Besonderheit, der Horror ist im Vergleich dazu eher von der subtilen Art. Es ist die Stimmung absoluter Hoffnungslosigkeit in Der Stadt, der ihn prägt, weniger die umgehende Schreckgestalt eines Jack the Ripper - oder etwas, im wörtlichen Sinne, noch viel Unmenschlicherem - obwohl auch solches in den Strassen und auf den Kanaläen der verfaulenden Metropole zu finden sein mag.
Hoffnungslosigkeit und Niedergeschlagenheit prägen die Atmosphäre und verbergen vor den Augen der meisten Bewohner das Offensichtliche. Sinistere.
Niemand kann Die Stadt verlassen.
Welcome to The City.
You will never forget The City.
But The City will forget you.
mfG
jdw
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Wieso kann niemand die Stadt verlassen?
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Hi!
Interessant klingt es aber trotzdem ...
-gruß,
Arbo
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Wieso kann niemand die Stadt verlassen?
Personen, die die Stadtgrenze übertreten verschwinden, werden von grellen Blitzen erschlagen, von Feuer verzehrt - sie sind fort.
Vor allem aber, versucht niemand (oder kaum jemand) die Stadt zu verlassen. Warum auch? Die Bevölkerung weiss schließlich dass es unmöglich ist. Die Priester der Dritten Kirche Gottes des Architekten predigen es von der Kanzel, die Manager der Macrocorps lesen es in vor Jahren verfassten Berichten, Eltern erzählen es ihren Kindern im selben Atemzug wie vom Schwarzen Mann.
Die allermeisten akzeptieren es einfach als eine Tatsache, nicht bereit den täglichen Überlebenskampf zu Gunsten sinnlosen Hinterfragens des Offensichtlichen zu vernachlässigen. Wieso über die Grenzen der Stadt nachdenken, wenn man niemals dort gewesen ist? Genauso gut wie die Unmöglichkeit der Reise in die Aussenlande, könnte auch man die Unmöglichkeit des Fliegens aus eigener Kraft hinterfragen.
mfG
jdw
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Wieso über die Grenzen der Stadt nachdenken, wenn man niemals dort gewesen ist?
Wieso denken die Menschen über Flüge zum Mars nach, zum Mond, zu anderen Ländern, Kontinenten?
Weil es in der menschlichen Natur liegt, Grenzen nicht zu akzeptieren.
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Wieso denken die Menschen über Flüge zum Mars nach, zum Mond, zu anderen Ländern, Kontinenten?
Aber wie denkt man darüber nach? Und unter welchen Umständen tut man es? Denkt man noch darüber nach, wenn man sein ganzes Leben lang gehört hat, es sei unmöglich? Denkt man darüber nach, wenn man nach vierzehn Stunden knochenermüdender Schicht zu Hause ankommt und seine Wassersuppe löffelt?
Weil es in der menschlichen Natur liegt, Grenzen nicht zu akzeptieren.
Und auch in Der Stadt gibt es diejenigen, die versuchen - theoretisch oder praktisch - die Grenze des Stadtrandes zu verstehen und zu überwinden. Sie sind bloss in der Minderheit.
mfG
jdw
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Steht in der Print Version wesentlich mehr als in der Lite Ausgabe?
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Ja, auf jeden Fall.
Die Regeln (vor allem die Charaktererschaffungsregeln) sind jetzt (natürlich) komplett, und die Anzahl der beschriebenen Örtlichkeiten, Konzerne, Gruppierungen &c. hat, bei gleichem Format wie in a|state lite, deutlich zugenommen.
mfG
jdw
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Wenn niemand die Stadt verlassen kann, wo kommen denn dann die Rohstoffe für die Konzerne her?
Erinnert mich ein wenig an 13th Floor so von der Idee her.
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Wenn niemand die Stadt verlassen kann, wo kommen denn dann die Rohstoffe für die Konzerne her?
Innerhalb der Stadt Rohstoffabbau, -anbau und -wiederverwertung betrieben.
...abgesehen davon können nur Menschen die Stadt nicht verlassen. Maschinen dagegen sind dazu durchaus in der Lage. Die acht Macrocorps versorgen sich daher mit Hilfe von automatisierten Sammlern, Minenrobotern und dergleichen mehr aus den Outlands.
mfG
jdw
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Hach, meins sollte in der Post sein.
Hätte nie gedacht, dass man mit cgi-Grafiken gute Stimmung erzeugen kann.
Allerdings hätte man das Layout passender gestalten können, aber was solls.
Was ich vom Inhalt bisher gelesen habe war ziemlich gut.
Gerade die Fragen, wer sind die Shifted, was ist außerhalb der Stadt und warum kann keiner raus sind sehr interessant.
Es soll ja keinen Sinn machen, sondern definitv zeigen, dass mehr dahinter steckt...
Allerdings soll es wohl keine feste Lösung geben, sondern mehrere Vorschläge, die in komplett unterschiedliche Richtungen gehen oder es bleibt den Spielleitern überlassen, was sie draus machen.
Obwohl ich normalerweise nicht viel von Metaplots halte bin ich mir überhaupt nicht sicher, ob mir diese "Metaplot nach Wunsch"-Alternative gefällr...
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Hätte nie gedacht, dass man mit cgi-Grafiken gute Stimmung erzeugen kann.
Allerdings hätte man das Layout passender gestalten können, aber was solls.
Ja, von der Aufmachung her ist a|state meiner Meinung nach wirklich keine grossartige Offenbarung (auch deshalb, weil ich CGI in Rollenspielen auch nicht viel abgewinnen kann). Aber es ist auf jeden Fall solide. Das Layout ist ordentlich und klar, wenn auch recht einfach, und die Illustrationen sind zwar CGI, haben aber durchaus Atmosphäre und haben, da sie alle vom gleichen Künstler stammen, einen einheitlichen Stil, der dem Gesamteindruck zu Gute kommt.
Allerdings soll es wohl keine feste Lösung geben, sondern mehrere Vorschläge, die in komplett unterschiedliche Richtungen gehen oder es bleibt den Spielleitern überlassen, was sie draus machen.
Das Grundregelwerk beinhaltet zwar schon einige Ansätze, aber erst ein späterer Quellenband wird sich eingehender mit diesen verschiedenen Auflösungen beschäftigen. Interessant finde ich persönlich dabei auch, dass diese wohl so gestaltet sein werden, dass sie auch als Theorien/Glaubensgrundsätze von den Bewohnern Der Stadt selbst stammen könnten, und nicht pur/direkt an die Spieler/Spielleitung gerichtet sein sollen.
mfG
jdw
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raise thread... aber a/state ist ja noch nicht tot.
vielmehr gibt es zu diesem außergewöhnlichen setting eine menge neues als print oder pdf: quellenbücher, abenteuer.
http://www.contestedground.co.uk/astprod.html (http://www.contestedground.co.uk/astprod.html)
ich hätte nie gedacht, daß a/state sich so lange hält, aber die jungs machen immer fleißig weiter. gut so. wenn ich es jetzt noch irgendwann mal spielen könnte, wäre das glück perfekt.
:)
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Das Setting fasziniert mich ebenfalls und ich bin Besitzer der ersten Stunde. Aber ich habe irgendwie immer noch keine Idee für eine Kampagne die diesem Setting gerecht wird.
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*raise dead thread*
bin eher zufällig auf A/State gestossen...was ich bislang davon gelesen habe, macht Lust auf mehr. Hat es denn inzwischen schon jemand gespielt und kann Erfahrungen wiedergeben?
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Grundsätzlich ist es ein Prozentsystem. Damit hat es in meinen Augen bereits verloren, egal wie reizvoll die Welt ist.
Ich denke nämlich, dass Prozent-Regelsystem im 21. Jahrhundert als Faulheit beim Systemdesign gelten dürfen.
Kerngedanke: Ein Prozent-System basiert auf Scheingenauigkeit und gaukelt vor "Realität" zu simulieren. Letztlich gibt es aber im Spiel keinen Unterschied zwischen einem Wert von 55 und 56, es sei denn ich würfel 100-mal und der Spieler mit Wert 56 hat genau einen Erfolg mehr als der mit Wert 55.
Daher lege ich Systeme mit Prozentwerten recht schnell weg (es sei denn ihre Wurzeln liegen in den 80ern, da war das noch okay) ;)
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Bisher habe ich viel gemischtes über die Regeln gehört. Kann dazu jemand ein Statement abgeben? Wie sieht der grundsätzliche Mechanismus aus?
Wie Murder-of-Crows schon richtig gesagt hat, basiert der Grundregelmechanimsus in a/state auf einem W100 bzw W%-System. Ähnlich wie in Call of Cthulhu oder aber auch Warhammer FRP 2nd Edition, würfelt man mit dem W100 und muss den Zielwert erreichen oder unterwürfeln, um die Probe zu schaffen. Sonst noch Fragen zum Regelmechanismus?
Ich würde die Regeln ja gerne mal einem Test in der Praxis unterziehen, weil ich auch das Setting sehr spannend finde. Es mangelt mir einzig und allein an einer Spielrunde.
Grundsätzlich ist es ein Prozentsystem. Damit hat es in meinen Augen bereits verloren, egal wie reizvoll die Welt ist.
Ich denke nämlich, dass Prozent-Regelsystem im 21. Jahrhundert als Faulheit beim Systemdesign gelten dürfen.
Diese Ansicht teile ich nicht. Ich schätze es als leichtes, und unkompliziertes System und mag das W%-System lieber als Systeme, die z.B. mit Erfolgen arbeiten.
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Wie freingranular sind Attribute und Fertigkeiten? Ist das ganze eher regelleicht oder ein Schwergewicht?
Kann ich dir so direkt noch nicht beantworten, da ich noch dabei bin, mich einzulesen. Vom ersten Überfliegen her würde ich aber sagen: Eher regelleicht, allerdings mit leichter Komplexität versehen(wobei ich nicht weiss, was für dich regelleicht und was für dich ein Schwergewicht ist?).
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Mein Eindruck vom letzten Lesen (im letzten Jahrzehnt) war, dass gerade beim Kampfsystem etwas zuviel Simulationismus im Spiel ist.
Die Fertigkeitenliste war eher umfangreich (meine Vergleichsgröße ist hier WoD, Savage Worlds und FATE). Die Ausrüstungsliste auch.
Aber schau einfach mal auf der Homepage (wenn es die noch gibt) von Contested Grounds. Für a/state gibt es ein Quickstarter Kit, das einen recht guten Überblick gibt.