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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Jestocost am 5.04.2004 | 16:47

Titel: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Jestocost am 5.04.2004 | 16:47
Ich verfolge seit längerem einen Thread in einem anderen Forum*, der sich um das Thema Verantwortung im Rollenspiel und die Frage, ob Rollenspiel nur(?) Unterhaltung sind oder nicht.

* Quelle: http://drosi.tuts.nu/wbboard/thread.php?threadid=575&boardid=2&styleid=2

Angefangen hat das mit einer Diskussion, ob das Rollenspiel 'Kleine Ängste' nun potenziell schädlich sein kann oder nicht, da es unter anderem das Thema Kindermissbrauch behandelt.

Wir haben ja öfters auch schon solche Diskussionen gehabt (Vergewaltigung im Rollenspiel, böse Gruppen etc.) - aber ich selbst störe mich daran, dass man Rollenspiel nur als leichte Unterhaltung abtut. Klar - it's just Rock'n'Roll and I like it - aber auch gute Unterhaltung kann klug und tiefsinnig sein, zum Denken und Empfinden anregen, wie uns Shakespeare zeigt.

Ich bin im Rollenspiel auch gelegentlich an Themen vorbeigeschlittert, wo ich jetzt vorsichtiger wäre, weil das Hobby die Möglichkeit bietet, bestimmte seelische Abgründe auszuloten unter dem Deckmantel der Lustangst - und ich würde mittlerweile auch bei manchen Themen vorsichtiger sein.

Aber ich möchte kein zahnloses Traumweltrollenspiel haben, das die Realität außen vor lässt - Realität verpackt in den Schutzmantel der Fiktion - Lügen, die wahrhafter als die Wirklichkeit sind.

Das gefällt mir. Also: Wie ernst nehm ihr dieses Hobby? Ist es nur Unterhaltung? Muss man als Spielleiter Verantwortung zeigen, übernehmen - und gilt das auch für die Verlage? Sollen für die Rollenspielverlage andere Regeln als für Buchverlage gelten? Denn die Rezipienten lesen ja nicht nur, sie probieren es ja aus.

Wo ist die Grenze? Gibt es überhaupt eine? Die Diskussion ist eröffnet.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: 1of3 am 5.04.2004 | 17:14
Rollenspiel kann durchaus nicht ganz jugendfrei werden. Aber anders als z.B. bei einem Film, können die Teilnehmer steuern, was sie benutzen wollen. Man sollte sich ggf. vorher über entsprechend Themen unterhalten.

Was die Verlage angeht: Degenesis hat ja z.B. eine Altersempfehlung ausgesprochen. Allerdings wird das entsprechende Nicht-Zielgruppen genausowenig abhalten wie in der Filmindustrie und ist wohl entsprechend sinnlos. Aber der Wille ist dennoch zu loben.

Und ich kann eigentlich nicht sagen, dass bei Rollenspielen größere Gefährdungen auftreten als bei anderen Büchern. Klar. Man probiert es aus. Aber ob ich entsprechende Szenarien am Spieltisch oder im Kopf durchprobiere, macht wohl kaum einen Unterschied. Im Gegenteil. Am Spieltisch sitz ich nicht alleine.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 5.04.2004 | 17:14
Naja, die Frage ist, ob sich überhaupt eine verallgemeinernde Aussage treffen lässt.

Zum einen ... Ja! ... Ich will tiefgründiges RS und zwar auch, weil mir die 0815-Hacken-und-Schlachten-Runden bzw. ~Auslegungen so ziemliche auf den Docht gehen.

Zum anderen ... Ich will vor allem eines: Spaß haben und Spaß bereiten. Zu viel Ernsthaftigkeit kann den Spaß töten.

Bzgl. Verlage ... Ja! ... Eigentlich haben die eine Verantwortung.  Die Frage ist, ob sie dem gerecht werden, wenn sie darauf hinweisen. Zum anderen wären sie auch schön blöd, würden sie auf sowas wirklich hinweisen. Hätte nämlich was mit Verantwortung zu tun und wäre u.U. einklagbar bzw. würde diesen Eindruck erwecken.

Außerdem gibt es da auch noch sehr "seltsame" Entwicklungen. Nehmen wir mal WoD ... eigentlich, rein für sich, sehr ernsthaftes Rollenspiel. Praxis: (Ich bediene mich mal des Stereotypes. In Wirklichkeit ist D&D wirklich toll und ich mag es  ;D ) Über typisches [A]D&D-Geschlachte geht das nicht hinaus. Folge: Div. Dinge werden immer abstruser, punschen sich auf, dass Genre wird nach Ansichten mancher "richtigen" Rollensspieler unspielbar usw.

Eine andere Tendenz ... Rollenspiel wird tlw. zu ernst gesehen ... hier nur auf Gothic-Vampire-Verbindungen hingewiesen ... Im Bezug mit erst genannter Tendenz wird das wirklich zum absoluten Nerv- und Spaßtöter.

Was konkret die Verantwortung als SL betrifft ... da muss ich ehrlich zugeben, dass mir noch kein Fall untergekommen ist, wo ich wirklich mit diesem Problem konfrontiert worden wäre. Somit ist mir dieser letzte Punkt (Verantwortung) zu theoretisch - gewichtiger sind mir die ersten beiden Punkte.

-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 5.04.2004 | 17:22
Verantwortung im Rollenspiel, großartiges Thema.

Ich stimme dir völlig zu, Jestocost. Meiner Meinung nach können Rollenspiele sehr wohl einen tieferen Sinn über die blöße Unterhaltung hinaus haben. Ich habs sogar lieber so. Ich kenne jemand, der Rollenspiel dazu benutzt Freunden bei ihren persönlichen Problemen zu helfen. Ich gebe meinen Spielen gern eine Bedeutung, wenn man so will auch eine "Moral", obwohl dieses Wort eher einen negativen Beigeschmack für mich hat.

Nun ist das aber verständlicherweise nichts für jeden und so muß man sich vorher absprechen was für Themen in einer solchen Runde behandelt werden. Es gibt heikle Themen die manche Leute einfach nicht in ihrer Runde haben möchten, egal ob das jetzt Gewalt, Politik, Sex im allgemeinen oder im speziellen ist. Als Spieleleiter muß man die Reife besitzen die Spieler vorzuwarnen und als Spieler muß man auch die Reife besitzen zu sagen "Du, das stört mich, da spiel ich vielleicht lieber nicht mit.".

Wenn das funktioniert kann man sehr sinnvolle und interessante Rundne haben.

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Gast am 5.04.2004 | 17:22
(1) Wie ernst nehm ihr dieses Hobby? (2) Ist es nur Unterhaltung? (3) Muss man als Spielleiter Verantwortung zeigen, übernehmen - und (4) gilt das auch für die Verlage? (5) Sollen für die Rollenspielverlage andere Regeln als für Buchverlage gelten? Denn die Rezipienten lesen ja nicht nur, sie probieren es ja aus.
(6) Wo ist die Grenze? Gibt es überhaupt eine?
(1) So ernst wie alles andere auch. Klar muss man aufpassen was man macht.
(2) was bitte ist "nur Unterhaltung"? Mir fällt auf Anhieb nichts ein. Hinzu kommt noch, das es ja schon dadurch etwas besonderes ist, dass ich meine Freizeit darauf verwende, mir also wichtiger als bspw. Videospiele.
(3) selbstverständlich, genauso wie als Spieler. Nur weil jetzt gerade RSP ist kann ich nicht plötzlich jeden Mist daherreden der mir gerade in den Sinn kommt. Ich trage für das, was ich tue oder sage im RSP genausoviel Verantwortung wie ausserhalb.
(4) klar.
(5) andere Regeln? Nö, halte ich nicht für nötig. Den Unterschied zwischen "lesen" und "ausprobieren" finde ich recht künstlich, weil man in seiner Phantasie in ein Buch ebenso wie im Rollenspiel eintauchen kann. Das manche RSP evtl. erst ab 18 zu haben sein sollten und entsprechende Warnhinweise tragen sollten ist wieder eine andere Sache. Aber um auf LF/KÄ zurückzukommen: wenn es in einem Buch um Kindesmisshandlung geht, dann will ich auch vorher gewarnt werden und wenn das Buch detalierte Beschreibungen enthält gehört es nicht in die Hände von Minderjährigen (IMHO). Beispiel aus dem Buchbereich wäre American Psycho.
(6) Abgesehn vom Prinzip des Jugendschutzes sollte jedem in seiner Freizeit erlaubt sein, sich geistig "anzutun" was ihm oder ihr gefällt.

Vielleicht würde es der Diskussion helfen, wenn du den Ursprungsthread mal angibst, sonst wird das hier fürchte ich nur ein "ich seh' die Sache so" thread.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Bad Horse am 5.04.2004 | 17:24
"Spaß" ist in diesem Zusammenhang ein interessanter Begriff, oder?

Wenn ihr ernsthafte, dramatische Filme anseht - habt ihr dann "Spaß"? Bei "Schindler´s Liste"? Oder "The Green Mile"? "Sleepers"? Ist es denn der primäre Zweck eines solchen Filmes, "Spaß" zu machen?

Ich habe auch keine patente Antwort drauf. Aber mir scheint, "Spaß" ist nicht alles. Auch nicht im Rollenspiel... aber das hängt stark von der Gruppe ab.

Letztes Wochenende hat mein UA-Char versucht, sich umzubringen. War das "spaßig"? Ich fand die Diskussionen zwischen den anderen Chars in der Runde sehr interessant, und gewissermaßen durchaus "spaßig". Aber eigentlich war das keine lustige Situation.

Rollenspiel muß nicht nur seichte Unterhaltung sein. Man kann an Grenzen gehen und ausloten, wie man auf Situationen reagieren kann. Grade das Medium "Rollenspiel" ist dafür besonders interessant, denn - im Gegensatz zu anderen Medien wie Literatur oder Schauspiel - der Konflikt wird, mit alle seinen Konsequenzen, sehr unmittelbar erlebt. Man hat eine viel direktere Verbindung dazu, als wie wenn man es nur im Fernseher gesehen hätte.
Ich denke, das ist auch das Problem mit der Vergewaltigung: Man hat eine unmittelbare Beziehung dazu. Wenn der Charakter stirbt, dann endet ja eben die Beziehung, die man zu ihm hat - man ist nicht mehr in dem Geschehen gefangen. Bei einer in-play-Vergewaltigung ist das anders.

Altersbegrenzungen? Das wird nichts helfen. Sicherlich haben alle Spieler in einer Gruppe die Verantwortung, die Sache in einem Rahmen zu halten, der für alle erträglich und zu verarbeiten ist - nicht nur der Spielleiter.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 5.04.2004 | 17:25
Axo, weil 1of3@aera es angesprochen hat.

Der Hinweis auf das Alter hat m.E. sehr zweitrangig damit zu tun, seiner Verantwortung als Autor/Verlag nachzukommen und womöglich "gefährdete" Spieler (wie auch immer das aussehen mag) zu schützen. In erster Linie ist es eine PR-Maßnahme, um zu zeigen, dass man sich des Problemes wohl bewusst ist. Zweitens ist es sicherlich eine gute Sache für Eltern, welche vielleicht die ein oder andere Orientierung benötigen. Mit dieser Art selbstkreierter Seriösität ist drittens der Weg für bestimmte Bereiche geebnet, welche sonst nicht so einfach zu erreichen wären (Schulen, Eltern usw.). Viertens hat es einen Werbeeffekt ... P:18 verspricht Splatten ohne Ende ;)

Wer als Autor/Verlag wirklich Verantwortung tragen möchte, der sorgt entweder dafür, dass bestimmte Themen unterbleiben (auch graphisch gemeint), oder sorgt für einen angemessenen Umgang mit diesen Themen (Gewaltdarstellung vs. Gewaltverherrlichung z.B.).

-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Jestocost am 5.04.2004 | 17:26
Link zum Ursprungsthread:

http://drosi.tuts.nu/wbboard/thread.php?threadid=575&boardid=2&styleid=2
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Jestocost am 5.04.2004 | 17:32
Ich habe beispielsweise selbst die Altersbeschränkung bei Degenesis nicht besonders ernst genommen. Bis zu dem Moment als ein potenzieller Spieler mit 14 oder 15 Jahren gefragt hat, ob das Spiel okay für ihn wäre.

Und dann ist mir klar geworden, dass es gut war, eine 'Warnung' auf das Buch zu schreiben. Weil die Welt von Degenesis wirklich unangenehm ist - und die Konflikte genauso brutal und sinnlos/sinnvoll sind, wie die, die wir leider jeden Tag in der Tagesschau sehen.

@Leonie
So ähnliche Erfahrungen wie du in UA gemacht hast, machen für mich das Rollenspiel aus - Szenen, die an die Substanz gehen, weil es um wirkliche Entscheidungen gehen - und wo man am Ende glücklich ist, dass man in der Realität und nicht in der Fiktion lebt.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Bad Horse am 5.04.2004 | 17:36
Rollenspiel ist für mich durchaus die Chance, mit Möglichkeiten zu spielen... grade UA gefällt mir dafür sehr gut, weil wir eigentlich normale Menschen spielen, die versuchen müssen, mit Sachen klarzukommen, die einfach völlig außerhalb ihres Erfahrungsbereichs liegen. Das ist - im Moment noch - der zentrale Punkt unserer Kampagne... Ich mag diese emotionalen Extremsituationen - wenn die Chars bis zum Äußersten getrieben werden.  ;)
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Ahasverus am 5.04.2004 | 17:37
Wir alle haben uns selber entschieden Rollenspiele zu spielen. Wir suchen uns unsere Spieler oder unseren Spielleiter aus und wählen das System sowie die Art der Kampagnen/Abenteuer die gespielt werden.

Ich sehe nicht wo Spielleiter eine besondere Verantwortung wahrnehmen sollten, wenn es um den Inhalt der Rollenspiele geht.
Wo der SL in Abenteuern Themenkreise antippt, die für die Spieler wirklich ein Problem darstellen, da werden diese das sagen/zeigen und im schlimmsten Fall wohl aussteigen.

Was genau sollte man in einem Rollenspiel denn verantworten? Gewalt ist grundsätzlich des öfteren ein Thema in Rollenspielen und wird selten als sehr problematisch angesehen, um es vorsichtig auszudrücken. Zudem wird oftmals vereinfacht zwischen Böse und Gut unterschieden.
Beides ist für sich ethisch gesehen nicht unproblematisch, aber beides ist oft Bestandteil von Cyberpunk-, Horror- und Fantasygeschichten.

Ich glaube nicht, dass man sich als Spielleiter (immer Vorausgesetzt, dass die Spieler einverstanden sind) irgendwelche Beschränkungen auferlegen müsste, was Jugendfreiheit, Tabubereiche oder Gewaltdarstellungen angeht. Solange es den beteiligten Spass macht fällt es mir schwer ein Problem zu sehen.
(Würde aber gerne mit jedem darüber diskutieren, der dies anders sieht...)

Ebensowenig halte ich eine Zensur bei den Verlagen für sinnvoll. Was nützt Zensur oder Altersbeschränkung?

Der einzige Bereich in dem sich SL's meiner Meinung nach in Verantwortung üben müssen, wäre die Macht die sie über gewisse Spieler gewinnen können. Dies ist aber wohl nur bei jüngeren Spielern relevant und scheint mir auch nicht Ziel der eingangs gestellten Frage zu sein.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Sara Pink [DA] am 5.04.2004 | 17:50
In meinen Augen habe ich allen Beteiligten gegenüber Verantwortung zu tragen. Es fängt bei meinen Mitspielern an und endet bei mir und meinem Charakter.
Wenn ich mich zum Rollenspiel treffe um "nur" Dungeons zu erforschen und Orks zu meucheln, dann fehlt für mich eine mögliche Identifikation mit meinem Charakter und dem Spiel.
Sobald ich allerdings Herzblut an meinen Charakter und an das Spiel vergossen habe, sobald ich anfange, mich damit weitläufig zu identifizieren, da fange ich auch an Verantwortung zu tragen. Aber das auch in gewissem Maße automatisch, denn schliesslich liegt mir in diesem Moment etwas daran. Zumindestens ist das bei mir so.
Dieser Punkt jedoch, widerspricht nicht der Tatsache, dass Rollenspiel Spaß ist, ein Hobby. Ich verbinde nicht unbedingt etwas schlechtes damit, Verantwortung zu tragen.

Bspw. so eine Situation, die Leonie erlebt hat, die dem Spiel Tiefe und Ernsthaftigkeit gibt, kann doch Spaß machen. Nur ist es eben kein "hahahaha - ich lach mich halb tot" - Spaß. Gefallen tut mir so etwas trotzdem und eigentlich sind es auch solche Situationen, die mich am Rollenspiel fesseln.

Ich glaube, am Ende kommt man wieder bei der Antwort raus: "die Grenzen sind fliessend" und "jeder muss das eben nach seinem Geschmack machen" ;)

Eine Altersgrenze find ich nicht immer sinnvoll. Junge Menschen machen aus einem Spiel eben etwas anderes, als Ältere. Wenn 15 jährige bei Kult nur Hack&Slay betreiben, dann nutzen sie in meinen Augen eben nicht alle Möglichkeiten, die ihnen der Hintergrund gibt. Jedoch ein 15 Jähriger, der für mich Kult leitet und mir richtig Angst macht, den kann ich mir nicht vorstellen. Verantwortung etc. sind glaube ich Dinge, die in einem gewissen Alter noch keine echte Aufmerksamkeit bekommen (meine Erfahrung)....
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 5.04.2004 | 17:51
Ich fuehle als Spielleiter eine besondere Verantwortung, die individuellen Grenzen meiner Mitspieler zu respektieren. Das bedeutet, dass Themen, von denen ich schon weiss, dass meine Spieler negativ vorbelastet sind, im Spiel nicht oder nur nach Absprache auftauchen. Wenn eine Mitspielerin eine Spinnenphobie hat, verkneife ich mir die Riesenspinnen als Gegner, mal platt gesagt.

Ausserdem gibt es Themen, bei denen ich einfach nicht sicher sein kann, ob Spieler damit Probleme haben. Da Jestocost Kindesmissbrauch anspricht: Auch guten Bekannten oder Freunden erzaehlt man sicherlich nicht zwangslaeufig, dass man ein Missbrauchsopfer ist. Deshalb wuerde ich ein solches Thema grundsaetzlich vermeiden, es nur nach vorheriger Absprache mit der Gruppe einbringen, und beim Spiel besonders "in die Gruppe hineinfuehlen", um zu sehen, ob Unbehagen aufkommt, und gegebenenfalls abbrechen. Wenn ein Spieler sagt "Ich will das nicht!", wuerde ich das ohne weitere Nachfrage akzeptieren.

Dann gibt es Dinge, die ich im Spiel einfach nicht behandeln will: Vor allem reale kriegerische Konflikte und  sadistische Gewaltverbrechen von Seiten der Charaktere mag ich mir nicht geben (ausgenommen das Metzeln von gesichtslosen Fantasykreaturen, die eh nur aus Punkten bestehen). Da bin ich persoenlich empfindlich und ausserdem piekst mich mein Gewissen, wenn ich Dinge, unter denen echte Menschen ganz real leiden fuer meine persoenliche Unterhaltung missbrauche.

Aber: Das alles vorausgesetzt kann man prinzipiell auch heikle Themen im Rollenspiel behandeln, denken ich. Mir kaeme es darauf an, welche Funktion das Thema im Spiel erfuellt. Spiele ich Vampire, um meine Gewaltphantasien auszuleben oder um den inneren Konflikt zwischen Menschlichkeit und Monster darzustellen? Dient mir Nazideutschland als Hintergrund, um mich an grossdeutschen Trauemen zu erfreuen, oder geht es um individuelle Verantwortung und Schuld?

Als Verlag sollte man noch groessere Vorsicht walten lassen, weil man letztendlich keinen Einfluss darauf hat, in welche Haende das Material geraet. Man sollte den Spielern schon zutrauen, dass sie muendig und klug genug sind, um zum Beispiel Kriegsszenarien selbst richtig einordnen zu koennen, obwohl ich als Autor trotzdem auf ein Vorwort mit einem klaren Disclaimer gegen Gewaltverherrlichung und Kriegsgeilheit Wert legen wuerde.

Beim persoenlichen Horror (Kindesmissbrauch, andere Sexualverbrechen, Geisteskrankheit usw.) habe ich ein ganz schlechtes Gefuehl. Eine Gruppe von Leuten, die sich gut kennen, kann das vielleicht zum Spielthema machen, aber ein Verlag spricht eine viel zu grosse Gruppe an, und kann niemals vorhersehen, wer mit welchem speziellen persoenlichen Problem mit dem Material konfrontiert wird.

Keine noch so vorsichtige Ausdrucksweise, und kein Aufruf zum verantwortungsvollen Umgang kann Spieler und Spielleiter in die Lage versetzen, mit diesen Themen kompetent umzugehen. Bei Rollenspielen ist der Grad der Identifikation doch wohl hoeher als bei einem Buch oder einem Film, und die Konfrontation mit deratig dunklen Seiten der eigenen Persoenlichkeit sollte Psychologen ueberlassen bleiben, die dafuer ausgebildet sind. Da kann durch den falschen Umgang einiger Schaden angerichtet werden, glaube ich.

Eine Frage noch zu Kleine Aengste: Soweit ich weiss, ist das Thema Missbrauch doch nur eine vage Meoglichkeit im Spiel oder? Geht es da nicht um Kindheitsaengste ganz allgemein? Das wuerde ich naemlich fuer ein Rollenspiel vertretbar finden, Missbrauch im speziellen aber nicht.

Edit: Speziell zu kleine Aengste hab ich mich in dem Thread beim drosi geaussert. Siehe obigen Link.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 5.04.2004 | 18:48
@ Jestocost:

Naja ... auf was ich hinaus will. Wenn wirklich jemand Verantwortung zeigen möchte, dann entschuldigt er sich nicht vorab dafür, dass er "womöglich" unverantwortliches Zeug publiziert, sondern veröffentlicht halt anders. Mal als Beispiel ... wer der Meinung ist, dass Vergewaltigungsszenen nichts für Minderjährige sind, aber weiß, dass sein Produkt auch ohne Probleme in die Hände von Minderjährigen fallen kann, der verzichtet auf sowas (bildlich wie textlich). Oder ... stellt sich offensiv der Diskussion. Allerdings läuft Letzteres eh auf die Frage hinaus, was sich ein Autor/Zeichner bei bestimmten Dingen gedacht hat. Und dies ist dann wieder eine Geschmackssache bei der jeder selbst bestimmt, was für ihn verkraftbar ist oder nicht. Und eben ... es ist eine Geschmackssache - also streitbar.

-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Jahleesu am 5.04.2004 | 21:09
Ich persönlich denke, dass der Spielleiter eine Verantwortung hat, jedoch genau so auch die Spieler...

Ich leite (noch) nicht, und kann deshalb im Moment nur aus der Sicht des Spielers schreiben.

Wenn ich mit einer Gruppe von Leuten spiele, die ich besser kenne, so lasse ich oft bewusst Themen oder Tätigkeiten aus, von denen ich weiß, dass Anwesende damit ein Problem haben könnten. Spiele ich mit einer Gruppe von Leuten, die ich nicht kenne, lasse ich Themen die heikel sein könnten, von vornherein gleich weg. Ich beschneide mich lieber selbst ein bisschen im Spiel, als jemand anderen mit etwas unbedachtem vielleicht sehr zu verletzen oder zu treffen.

Und so erwarte ich es eigentlich auch von einer SL. Kenne ich die Spieler nicht, sollte ich so etwas weglassen, oder zumindestens vorher fragen, ob die Spieler mit so etwas einverstanden sind. (Und wichtig: Ein nein eines Spielers zu einem Thema auch akzeptieren, und dann nicht einfach trotzdem weitermachen oder auf dem Spieler rumhacken!)
Kenne ich meine Spieler so gut, dass ich von manchen Sachen weiß, dass sie Probleme bereiten könnten, lässt man sie weg. Auch bei Spielern die man kennt, schadet eine Nachfrage nicht. Besser einmal nachfragen und vielleicht ein Abenteuer leicht abändern, als einen Spieler kurz vor dem Nervenzusammenbruch dort sitzen zu haben.

Ich hatte es bereits einmal, dass ein SL ein Nein von mir zu einem Thema (es ging um eine Vergewaltigung meines Charakters) nicht akzeptiert hat und dann auch noch deswegen auf mir rumhackte. Ich bin gegangen und habe seither nie wieder mit dieser SL gespielt. Wer solche Grenzen nicht akzeptieren kann, mit dem kann ich nicht spielen. (Man kann mich in dieser Hinsicht ruhig zickig nennen, aber so etwas ist ein rotes Tuch für mich)

Grüße

Jahleesu

PS.: Weil es auch um "Kleine Ängste" ging: Als ich zum ersten Mal von diesem Spiel hörte, hat es mich sehr interessiert und ich wollte es unbedingt spielen. Ich besorgte Buch, SL und Gruppe. Beim ersten Mal lesen des Buches wich die Begeisterung dann schon sehr. Ich finde das Buch sehr hart, unglaublich hart. Ich machte mit der SL verschiedene Grenzen aus, die er zum Glück auch einhielt.
Aber jetzt, nachdem ich es einmal gespielt habe, weiß ich genau, ich will es nie wieder Spielen. Irgendwie glaube ich, es gibt Dinge, die in einem Spiel nicht unbedingt vorkommen sollten, und die ich auch nicht "spielen" möchte.

edit:

PPS: Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich will keinem vorschreiben wie er zu spielen hat und habe auch kein Problem mit Kleine Ängste und dessen Spielern. Jeder muss seine eigenen Grenzen kennen und ich habe meine hier erkannt. Gegen Leute die es trotzdem spielen hab ich natürlich nichts, warum auch.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: 1of3 am 5.04.2004 | 21:12
Ich hab mal sporadisch den Faden beim Drosi und eine Abenteuer-Idee für kleine Ängste durchgelesen und möchte mein Statement teilweise relativieren.

Es gibt scheinbar doch Rollenspiele, bei denen für mich eine Grenze überschritten wird.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Gast am 5.04.2004 | 21:31
@Jestocost
Danke für den Link, jetzt wird mir einiges klar ;)

Also ich würde Little fears ohne Zögern mit meiner Gruppe spielen, wenn ich mir sicher wäre, das alle anderen das auch wollen und damit klarkommen. Wenn allen klar ist, dass es dabei zu Szenen kommen kann, bei denen irgendwer am Spieltisch das Bedürfnis hat zu kotzen (inklusive mir) und dass sofort abgebrochen wird wenn jemand aus irgendwelchen Gründen nicht mehr will sehe ich – eine ausführliche Nachbesprechung vorausgesetzt – kein grundsätzliches Problem.
Es ist auch völlig klar, dass man sich damit auserhalb des herkömmlichen "lustigen Spieleabends" bewegt, ich finde es allerdings etwas nervig, wenn die selbsternannte Rollenspielpolizei mir vorschreiben will, wie ich mein Hobby zu gestalten habe. 
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 6.04.2004 | 00:24
Hmmm.

Ich hab mich ein bißchen in die Diskussion um Kleine Ängste hineingelesen, aber irgendwie hatte ich schnell das Gefühl das sich die deutsche Version "Kleine Ängste" (die ich nur vom durchblättern kenne) doch sehr von der englischen Version die bei mir zuhause im Regal steht unterscheidet.

(Jetzt wirds OT, aber bitte nicht schlagen.) Ich weiß sie haben den mythologischen Background sehr verändert (Was zB die Könige und so angeht), aber inwiefern wurde das  eigentliche Spiel geändert. Ich habe LF (Also das Original) nie also so ... furchtbar empfunden. Klar, es ist SEHR düster und SEHR schecklich, aber vor allem das oft zitierte Kindesmißbrauchsthema (Zumindest in sexueller Hinsicht) war meines Erachtens nur ein Thema am Rande, ausgedrückt durch ein paar kurze Absätze und einen König. (Mit einem Kasten der darauf hinwies, das besagtes Thema nur mit Vosicht und Einverständnis der Spieler zu benutzen ist.)

Also keine Ahnung, liegt das nur an mir oder wurde da tatsächlich einiges verändert?

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Jahleesu am 6.04.2004 | 00:35
Ich kenne die englische Fassung nicht, besitze nur die Deutsche... so wie du das beschreibst, wurde nichts an dieser Thematik verändert.

Ich muss auch ganz ehrlich sagen, dass in dieser Diskussion meiner Meinung nach etwas übertrieben wird und KÄ auch ein bisschen unrecht getan wird, da es nur auf dieses Thema, das nicht so viel des Spiels ausmacht, reduziert wird. Lässt man diese Kapitel weg, finde ich eigentlich nichts wirklich anstössiges an KÄ. Es ist halt nur nichts für 'dünnhäutige' wie mich, denen ihre Kindheitsängste noch allzu bewusst sind...

Jahleesu
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 6.04.2004 | 01:17
Naja, vielleicht ist das die Nachwirkung meines außergewöhnlich-angenehmen Elternhauses, wer weiß.

Falls du recht hast und anscheinend nicht viel geändert wurde, dann verstehen ich die Problematik um LF/KÄ eigentlich nicht. Natürlichgibt es Leute die sich durch gewisse Dinge in einem Spiel gestört fühlen, aber die wird es immer geben. Ich bin der Meinung wenn einen etwas stört, vor allem an einem Spiel, dann soll man es nicht spielen, das ist für alle besser. Aber zu behaupten das es sowas in einem Spiel nicht geben darf, vor allem wenn es nur ein Randthema ist wie in LF, ist IMO vollkommener Blödsinn.

Und ob "Alterempfehlungen" tatsächlich etwas bringen bzw "gut" sind ist auch fraglich. Wer es tatsächlich haben will bekommt es auch so, egal woher. Klar hat es eine informative Funktion, aber man kann es IMO auch übertreiben. Man will ja nicht auf jeden Kaffebecher "heiß" draufschreiben, nur damit nachher ja keiner behaupten kann er hätte es nicht gewußt. Und ja, ich weiß das das bei diversen fast Food ketten gang und gebe ist. Aber muß man auf dieser Seite des Atlantiks den selben Blödsinn anfangen?

Ich denke nicht.

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Jestocost am 6.04.2004 | 09:37
Ich habe die englische und die deutsche Fassung von LF/KÄ. Die Adaption auf europäische Verhältnisse und die Ersetzung von 'Fantasy-Königen' durch mythologische Figuren ist klasse gemacht.

Klar kann man das Spiel verurteilen, da es das Thema Kindesmissbrauch auch anschneidet, aber ich hatte nie das Gefühl, dass es die Thematik reißerisch in den Mittelpunkt stellt. Was mir auch sauer aufstößt, ist die Tatsache, dass das Böse 'auch' von außen kommt - weil es so den Menschen die Verantwortung für ihre Taten nimmt. Aber das ist halt ein Topos, der im Horror-Genre weit verbreitet ist - und wenn's mir nicht gefällt, ändere ich es halt.

Aber die Diskussion im Drosi-Forum war für mich ein Sturm im Wasserglas. Aber es ist halt auch ein prekäres Thema und man darf unterschiedlicher Meinung sein. Aber bei LF/KÄ glaube ich halt nicht, dass es viele 16-jährige geben wird, die einen 8-kährigen spielen...
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Gast am 6.04.2004 | 12:57
Entschuldigt bitte den etwas trockenen Riesenpost.  :-[

Ich glaube, darüber dass jeder für sich eine Grenze zieht, und dass diese Grenze respektiert werden soll, herrscht wohl ein gewisser gemeinsamer Konsens.

Mich würde aber interessieren, wie ich eine Aussage wie z.B. "Ich ziehe meine Grenze bei Vergewaltigung" zu interpretieren habe. Diese Aussage lässt mir nämlich noch etwas viel Inmterpretationsraum frei. Ist damit die explizite Darstellung sexueller Gewalt gemeint? Oder allgemein schon die Existenz (im Rollenspiel) selbiger?

Beispiel: wäre Euch eine Darstellung sexueller Gewalt zuviel, aber eine Frau mit zerrissenen Kleidern im Räuberlager zu finden, jeder weis was geschehen ist, nicht? Oder "NAME hat meine Tochter geschändet, bringt ihn mir, aber lebendig", wäre das noch OK? Oder existiert sexuelle Gewalt schlicht nicht?
Mir wird eben mit einer Aussage "Ich ziehe meine Grenze bei Vergewaltigung" nicht klar genug, wo die Grenze denn nun wirklich liegt.

Oder unterscheidet ihr nur schlicht zwischen SC und NSC?

PS: Wäre euch das (http://tanelorn.net/index.php?topic=10220.0) schon zuviel? Soll übrigens keine Eigenwerbung sein, es interessiert mich. Die Darstellung selbst kommt bei mir nicht vor, zudem sind SC, außer nach Absprache, Tabu. Und ich würde so etwas nie mit Fremden spielen.

Gibt es noch andere Reizthemen, die so hervorstechend sind wie sexuelle Gewalt?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Dash Bannon am 6.04.2004 | 13:05
...
Beispiel: wäre Euch eine Darstellung sexueller Gewalt zuviel, aber eine Frau mit zerrissenen Kleidern im Räuberlager zu finden, jeder weis was geschehen ist, nicht? Oder "NAME hat meine Tochter geschändet, bringt ihn mir, aber lebendig", wäre das noch OK? Oder existiert sexuelle Gewalt schlicht nicht?
...

ich denke, so kann man dieses Thema schon darstellen, vielleicht auch noch, dass die Spieler Zeuge werden, wie irgendjemand über diese Frau herfällt, aber das ganze bis ins Detail zu beschreiben, also den genauen Vorgang zu beschreiben...ginge mir zu weit.
Sexuelle Gewalt ist leider immer ein Thema und man kann das durchaus auch im Rollenspiel thematisieren, aber alzusehr ins Detail gehen, sollte man meines Erachtens bei der Beschreibung nicht..
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Gast am 6.04.2004 | 13:07
@ Dorin
Dann sehen wir das im Großen und Ganzen gleich. Unterscheidest Du noch zwischen SC und NSC?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Bad Horse am 6.04.2004 | 13:09
@Bandracon: Für mich liegt die "Vergewaltigungs"- Grenze eindeutig da, wo einer meiner SCs durch einen NSC oder einen anderen SC vergewaltigt wird, ohne daß das vorher abgesprochen ist. Das fände ich zu hart.

Ansonsten habe ich kein größeres Problem, wenn so etwas am Rande vorkommt (plakativ beschriebene Szenen nun mal ausgenommen) - das heißt, wenn der Schurke am laufenden Band Frauen vergewaltigt, habe ich kein Problem, mich mit denen auseinanderzusetzen.

Gerade bei so einem heiklen Thema hängt viel von der Spielgruppe ab. In manchen Gruppen sind Sachen okay, die mir in anderen das kalte Kotzen bringen würden...

Mal ein anderes Beispiel: Selbstmord eines Chars. Das würde ich nicht in jeder Runde machen, denn wirklich blöde "Ey, spring doch"-Kommentare könnte ich da echt nicht ab. Wenn ich aber weiß, daß die anderen Mitspieler und ihre Charaktere darauf "sinnvoll" reagieren, dann habe ich kein Problem damit...
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Dash Bannon am 6.04.2004 | 13:14
@ Dorin
Dann sehen wir das im Großen und Ganzen gleich. Unterscheidest Du noch zwischen SC und NSC?

ja eindeutig, einer SC würde ich soetwas nicht antuen ohne vorher wenigstens mit ihr gesporchen zu haben. Meinen Spielern mute ich nur das zu, zu dem sie sich auch einverstanden erklärt haben.
Allerdings gehe ich davon aus, dass meine einzige Spielerin (ist leider nur eine) weiss, was ihrem Char droht, wenn sie von einer Bande Räuber gefangen genommen werden würde.
also im Prinzip unterscheide ich da sehr wohl, bei den NSCs muss ich mich fragen, ob das in Ordnung ist, bei den SCs frage ich den Spieler/die Spielerin wie weit ich mit ihrem Char gehen darf.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Gast am 6.04.2004 | 13:29
Es, freut mich, bestätigt zu bekommen dass ich noch nicht zu weit gegangen bin, was ich auch nicht vorhabe.
Zum Thema Vergewaltigung an SC: würde es bei mir, wenn der/die Spieler/in nein gesagt hätte, auch nicht geben wenn er/sie in die Hände von Räubern, Söldnern etc. fallen würde. Im Notfall würde ich da auch zur wenig eleganten Deus Ex Machina greifen, wie schon geschehen in einer SR-Runde.

Seltsamerweise habe ich bei männlichen Spielern eine andere Hemmschwelle als bei weiblichen. Ist das bei anderen hier ähnlich?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Fredi der Elch am 6.04.2004 | 13:42
Ein Elch-Thread. Wie nett! :)

Also wie ich das sehe (und einige sehen das imo zwischen den Zeilen auch so):
Das ganze ist doch ein reines OOC-Thema. Im Rollenspiel kann prinzipiell alles vorkommen. Alles. Einem Charakter kann auch prinzipiell alles passieren. Denn der Charakter existiert nicht. Ein Charakter ist nur ein Blatt Papier (wenns hochkommt)!
Das Problem besteht erst in der Wahrnehmung durch die Mitspieler. Und zwar bei allen dargestellten Inhalten. Eine Vergewaltigung tut dem SC nicht weh. Der existiert nicht. Aber man kann durchaus den/die SpielerIn damit verletzen. Ein SC kann von Riesenspinnen verschleppt und langsam gefressen werden. Dem SC tuts nicht weh. Aber der Spinnenphobiker in der Gruppe kann damit durchaus ein Problem haben.

Die Frage nach den Inhalten des Mediums Rollenspiel ist also allein auf das Medium selbst bezogen irrelevant. Interessant ist erst die Auswirkung des Mediums auf REALE MENSCHEN. Also z.B. die Spieler.

Und bezogen auf reale Menschen gelten beim Rollenspiel dieselben Regeln wie auf einer Party, einem Kaffeklatsch, einem Firmenmeeting: Man sollte nichts tun, was a) anderen Beteiligten unangenehm wäre und b) dem vereinbarten Zweck der Veranstaltung zwiederläuft.

Und so kann ein Thema für ein Gruppe ok sein, für eine andere nicht. Wobei ich durchaus dafür bin, dass sich erwachsene Spieler selbst für oder gegen bestimmte Themen entscheiden dürfen. In einem Horrorfilm wird auch nicht vor jeder Szene gefragt, ob jeder Zuschauer im Raum auch mit dem Inhalt einverstanden wäre. Am Anfang ist klar: Ketensägenmassaker= viel Blut. Jeder, der reingeht, weiß das auch. Und wenn es zu viel wird, kann er ja auch gehen.
Ähnlich würde ich es bei einem Rollenspiel sehen: Am Anfang wird besprochen was geht und was nicht. Wenn die Gruppe sich darauf einigt, dass es hart werden kann, dann kann es eben hart werden. Wobei eben immer klar sein muss: Sobald es einem der Spieler mitten im Spiel zu viel wird ist Schluss! Und da halte ich Rollenspiel sogar für viel netter als einen Horrorfilm, da die visuellen Reize fehlen und man den Film eben nicht innerhalb von Sekunden stoppen kann.

Äh, wie war jetzt noch die Frage?

Fredi
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 6.04.2004 | 13:55
Nun, "Kleine Ängste" ist wohl ein Rollenspiel,dass nun wirklich eine ziemliche Gradwanderung macht und ich muss sagen, ich würde mich wohl nicht trauen es mit jemandem zu spielen... interessant fände ich das aber dennoch.

Algemein bin ich einer der Typen, die dazu neigen das Rollenspiel als eine Spielart zu betrachten, die durchaus auch als "Kunst" im weitesten Sinne gesehen werden kann. Es gibt, und diese einteilung halte ich, auch wenn die Grenzen enorm fließend sind, für sehr wichtig, drei grundlegende Spielarten: Den Gewinnspieler, den Simulationsspieler und den Kunstspieler. Ich weiß, hier mag niemand wirklich so einteilen - ich auch nicht - aber nach Jahren von Rollenspielen die alle gut waren, aber doch sehr verschieden, kann ich doch sagen, dass eben die letzte Spielart tatsächlich jedwede Thematik, die in der Kunst (sprich: Literatur, Malereri, Musik, Aktionskunst, Schauspiel und alles andere - der Kunstbegriff ist seeeeehhhr weit zu fassen!) behandelt wird. Und da einige Künstler oder Kunstfreunde sogar behaupten, in der Kunst gäbe es keine Regeln, vor allem keine moralischen (das will ich jetzt weder bestreiten noch bestätigen), könnte man eben auch gefährliche, nicht jugendfreie und evtl. sogar verfassungsfeindliche Inhalte zulassen. Man muss nur acht geben, wem man diese "Kunst" (ich erdreiste mich nun diesen Begriff einfach weiter zu verwenden) präsentiert und wem nicht. Es gibt Bücher, die behandeln Kindesmißbracuh und werden nicht verboten und auch nicht von allen Menschen verabscheut. Es ist nichteinaml so, dass alle Opfer solcher Taten fortan dem Thema nur mit Hilfe eines Psychologen entegentreten können... es kommt aber durchaus vor.
Alles in allem ein sehr heikles aber wie ich finde höchst interessantes Thema.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 6.04.2004 | 14:11

http://tanelorn.net/index.php?topic=10609.0

ich habe noch nen weiteren thread inspiriert zu diesem thema eröffnet. Wäre schön, wenn ihr euch dazu auch auslassen könntet...
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Bad Horse am 6.04.2004 | 14:13
Ich hab grad die LF-Diskussion auf der Drosi gelesen (naja, die ersten 10 Posts oder so), und ich finde, man sollte das Rollenspiel nicht nur auf diesen Kindermißbrauch-Kram reduzieren... schließlich geht es ja nicht primär darum.

Sicherlich ist das ein sehr schwieriges Thema, das man auch im Rollenspiel äußerst behutsam anschneiden sollte (wenn überhaupt - sicherlich nicht mit jeder Gruppe). Aber man sollte ein Rollenspiel nicht einfach nur deswegen verreißen, weil es ein heikles Thema nicht außen vor läßt..
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Ludovico am 6.04.2004 | 14:19
Rollenspiel ist meiner Meinung nach einfach nur Unterhaltung und nichts anderes.
So wie jedem anderem Unterhaltungsmedium, sei es nun Film oder Buch oder Comic, gibt es auch hier verschiedene Genres, die verschiedene Geschmäcker bedienen.
Es gibt Leute, die mögen Komödien und können Horrorfilme nicht vertragen und dann gibt es wiederum die, für die ein Film nicht genug Blut beinhalten kann.
Andere lesen Pratchett lieber als Kant.

Das alles ist Geschmackssache.
Gerade in Filmen aber auch in Büchern geht es oftmals ziemlich heftig zu (Ich denke da nur an 8mm oder American Psycho oder Clockwerk Orange) und es gibt ja immer wieder Leute, die danach schreien, daß so etwas verboten wird (was aber dann doch nicht passiert).

Mir stellt sich aber nun die Frage, wo denn der große Unterschied zu einem Rollenspiel wie Little Fears ist?
In Filmen und Büchern sind Vergewaltigungen und Mord auch nicht gerade selten (auch wenn Kinder recht selten sterben. Das hat mir auch Episode 1 und Jurassic Park 2 sehr madig gemacht.).
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Bad Horse am 6.04.2004 | 14:23
Der Unterschied ist eben die persönliche Verbindung, das persönliche "Erleben". Deshalb ist es auch etwas anderes, einen Char zu spielen, der irgendwann in seinem Hintergrund mal vergewaltigt worden ist, und eine Vergewaltigung quasi "life" mitzuerleben - selbst wenn das nur ein Satz ist.

Der Unterschied ist auch, daß da eben nicht nur derjenige ist, der die Rolle des Opfers hat, sondern auch noch derjenige, der die Rolle des Täters hat. Und der "Täter" ist doch in den meisten Fällen jemand, mit dem man dauernd rumhängt.
Wie würdest du dich fühlen, wenn du einen deiner Kumpels in einem Film als grinsenden Vergewaltiger sehen würdest? Das wäre doch irgendwie komisch (nicht lustig), oder?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Ludovico am 6.04.2004 | 14:39
Der Unterschied ist eben die persönliche Verbindung, das persönliche "Erleben". Deshalb ist es auch etwas anderes, einen Char zu spielen, der irgendwann in seinem Hintergrund mal vergewaltigt worden ist, und eine Vergewaltigung quasi "life" mitzuerleben - selbst wenn das nur ein Satz ist.

Aber denkt man sich nicht auch in einen Film in die Hauptperson?
Oder wie ist es mit einem Buch, vor allem, wenn es aus der Ich-Perspektive geschrieben wurde (deswegen hat mir das Buch "Im Westen nichts Neues" richtig böse Schauer über den Rücken gejagt)?

Zitat
Der Unterschied ist auch, daß da eben nicht nur derjenige ist, der die Rolle des Opfers hat, sondern auch noch derjenige, der die Rolle des Täters hat. Und der "Täter" ist doch in den meisten Fällen jemand, mit dem man dauernd rumhängt.
Wie würdest du dich fühlen, wenn du einen deiner Kumpels in einem Film als grinsenden Vergewaltiger sehen würdest? Das wäre doch irgendwie komisch (nicht lustig), oder?

Hmm...Nun ja, es gibt auch Leute, die Bücher und Filme zu nah an sich rankommen lassen.
Mich persönlich würde es nicht stören, da ich weiß, daß es ein Film ist.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Bad Horse am 6.04.2004 | 14:45
Aber denkt man sich nicht auch in einen Film in die Hauptperson?
Oder wie ist es mit einem Buch, vor allem, wenn es aus der Ich-Perspektive geschrieben wurde (deswegen hat mir das Buch "Im Westen nichts Neues" richtig böse Schauer über den Rücken gejagt)?

Sicher, wenn es ein guter Film oder ein gutes Buch ist. Aber für mich ist die Identifikation mit meinem Charakter höher als die mit einer Figur, die ich mir nicht ausgedacht habe und deren Handlungen und Reaktionen ich nicht steuern kann/muß.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 6.04.2004 | 15:54
Naja, ich denke der Elch hat hier den Nagel auf den Kopf getroffen. Es ist eine Sache zwischenden einzelnen Mitgliedern der Gruppe was geht und was nicht. Alles andere hat nur bedingt Sinn.

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 6.04.2004 | 17:28
*grübel, grübel*

Ein gewisses Geschick im Umgang mit Menschen sollte zwar jeder Spielleiter aufweisen bzw. ausbilden (entsprechend gibt es sicherlich auch Defizite, die normal sind), aber Rollenspiele, die eine psychologische Grundschulung voraussetzen, machen irgend etwas falsch!

Was konkret "Little Fears" betrifft ... nachdem, was ich lesen konnte, ein billiger Aufguss von "Changelings", was jenes Thema in etwa auch, aber wesentlich schöner und einfallsreicher zum Inhalt hatte ... leider aber an der WoD-Spielerschaft scheiterte ... wo wir wieder beim "splatten" wären ... Naja :'(

-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 6.04.2004 | 17:41
Bei der Diskussion um Kleine Aengste geht es aber speziell auch um die Verantwortung eines Verlages. Ich finde auch, dass unter Spielern, die sich gut kennen, die persoenliche Absprache gelten sollte. Ich schliesse zwar fuer mich persoenlich einige Themen aus, moechte das aber anderen nicht vorschreiben.

Wie sieht es aber bei einem Verlag aus, der sich ja in ganz anderer Form aeussert, naemlich unpersoenlich, an eine grosse Masse gerichtet? Das ist meiner Ansicht nach eine vollkommen andere Situation als die Absprache unter ein paar Spielern. Eine gedruckte Publikation ist ja eine oeffentliche Aeusserung mit einer viel groesseren Breitenwirkung und  einer viel groesseren Repaesentationsmacht. Gelten da nicht andere Masstaebe? Ich weiss nicht genau, was ich davon halten soll.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 6.04.2004 | 17:48
dabei sollte man aber auch den vergleich zum Medium Buch nicht vergessen. Wenn "normale" Verläge Bücher und Romane veröffentlichen dürfen, die sich in einer ähnlich krassen Art und Weise mit diesem Thema beschäftigen, dann müsste eigentlich ein Rollenspiel-Verlag das gleiche Recht haben.
Dies wird Feder & Schwert (ist das nun nur das Label oder der Verlag?) aber abgesprochen, da man ja nicht weiß, was die Spieler/Spielleiter daraus machen...

Es ist in etwa die selbe Frage, ob nun die Waffenproduzenten oder die Nutzer schuld an Toten durch Schußverletung haben.

Um es noch krasser auszudrücken: es ist auch die Frage, ob Gott oder die Menschen schuld sind an der Atombombe...

aber ich komme vom Thema ab.

Nur noch eines: Bitte nehmt das Gesagte nicht als meine Meinung oder Position auf und auch nicht das Gegenteilige! thx!
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Ludovico am 6.04.2004 | 17:53
Wenn sich jemand ein Rollenspiel wie "Kleine Ängste" anschafft und andere zusagen, bei einer Runde mitzumachen, dann ist es für mich schon eine Selbstverständlichkeit, daß man halbwegs weiß, worum es geht.
Hey, wer leiht sich denn auch eine DVD aus, ohne vorher auf die Rückseite zu schauen, um zu sehen, worum es geht?
Oder wer kauft sich ein Buch, ohne, daß er etwas davon gehört hat?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 6.04.2004 | 17:58
@ wjassula:

Stimmt irgendwie. Wenn man bedenkt, dass Feder&Schwert in Deutschland mit "Changelings" ein ännliches Produkt vertreibt/verlegt, das diese Problematik aber etwas anders umsetzt, erscheint das Ganze in einem anderen Licht ...

-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 6.04.2004 | 17:59
Das ist ein weiterer Punkt. Den Vergleich mit anderen Medien, wie Buch oder Film kann ich nur begrenzt nachvollziehen. Intuitiv wuerde ich sagen, dass Rollenspiel eine staerkere Identifikation mit dem Geschehen bedeutet, obwohl ich noch nie eine Studie o. ae. zu dem Thema gelesen habe.

Es geht mir keinesfalls darum, irgend was zu verbieten. Ich finde, dass Erwachsene lesen koennen sollen was sie wollen. Ab wann ist eine Einschraenkung nach Altersgruppen angebracht? Gibt es ueberhaipt einen moeglichen Schaden durch 'Kleine Aengeste', der eine solche Massnahme rechtfertigen wuerde? Was ist mit vorbelasteten Spielern? Traumatisierte Menschen wissen nicht immer, was ihnen geschehen ist. So ein Trauma kann natuerlich prinzipiell staendig zufaellig angesprochen werden, aber 'Kleine Aengste' greift das Thema bewusst auf.

Und nochmal naeher an Jestocosts Ursprungsfrage: Muss ein Verlag so ein Thema behandeln, wenn doch von vornherein klar ist, dass es so schwierig ist, dass es in einem Rollenspielregelwerk nicht angemessen behandelt werden kann? Wenn jeder sich sofort denken kann, dass die Gefahr des Missverstehens so hoch ist? Was verliert 'Kleine Aengste', wenn die Passagen ueber Missbrauch nicht mehr vorkommen?

Das sind ernstgemeinte, offene Fragen. Ich bin mir selbst nicht sicher, und hoere mir gern jede Meinung an.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 6.04.2004 | 18:04
@ wjassula:

Zitat
Wenn jeder sich sofort denken kann, dass die Gefahr des Missverstehens so hoch ist?

Hm, ich glaube, wenn es sich nur um "Missverstehen" handeln würde, wäre das kein Problem. Es scheint hier offensichtlich aber eher die Grenze zum Missbrauch zu verschwimmen.

Zitat
Was verliert 'Kleine Aengste', wenn die Passagen ueber Missbrauch nicht mehr vorkommen?

Den Unterschied zu Wechselbalg und den "EXTRApseudoerwachsenen" Touch ...
-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 6.04.2004 | 18:06
Zitat
Es scheint hier offensichtlich aber eher die Grenze zum Missbrauch zu verschwimmen.

Was genau meinst Du damit?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Jestocost am 6.04.2004 | 18:08
[Blabla gelöscht]

Aber LF/KÄ hat schon auf den ersten paar Seiten einen deutlichen Disclaimer, der sagt, um was es geht. Und dann regt man sich auf, dass man nicht "Achtung: Dieses Spiel handelt von Kindesmissbrauch" hinten rauf gedruckt hat. Tut mir leid: Natürlicher haben Kritiker das Recht, die Behandung des Themas in einem Buch zu kritisieren, aber die Aufgabe eines Künstlers (und Rollenspielautoren sind das ja auch, irgendwie) ist es, sein Thema so zu behandeln, wie er es für richtig hält..

Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 6.04.2004 | 18:12
Wenn Du jemandem wirklich "etwas" antuen kannst, ist das m.E. nicht mehr mit "Missverstehen" zu erklären - klingt nämlich dann stark nach Ausrede. So wie es sich hier darstellt, legt das Spiel Wert darauf, mit eigenen Ängsten zu spielen. Nicht, dass dies in anderen Rollenspielen vielleicht nicht auch eine Rolle spielen würde. Hier ergibt sich aber der Eindruck, dass dies das Hauptelement sei ... das Spielen mit Ängsten und Gefühlen.

-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 6.04.2004 | 18:18
@ Jestocost:

Naja, aber mir erscheint es oft eher so, dass diese "Disclaimer" nur vorgeschoben sind und damit ein "Schockeffekt" erklärt entschuldigt wird.  Es macht m.E. schon ein Unterschied, ob ich nur eine "düstere" Rollenspielwelt rausbringe, wo div. Elemente nun einmal drin sind, oder ob ich diese Elemente in den Vordergrund stelle und dann eine Welt drumbastle.

Es fehlt da die Glaubwürdigkeit.

-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 6.04.2004 | 18:31
@Jestocost:

Ich sehe da eben einen Unterschied. Bei einem Roman wuerde ich Dir sofort zustimmen. Da gilt m.M.n. Kunst vor Moral - "American Psycho" ist zwar abstossend, aber genial, und ich waere entruestet, wenn man es verbieten wollte, oder irgendwelche "parental advisory"-Sticker darauf anbringen wollte.

Aber Rollenspiele werden anders rezipiert als Romane. Sie richten sich an ein anders gelagertes Publikum, das eine andere "Leseausbildung" hat. Das gilt nicht fuer alle, aber muss ein Verlag nicht diejenigen mitbedenken, die die Kompetenz zur Unterscheidung nicht haben? Eltern zum Beispiel? Leute machen mit Rollenspielen andere Sachen als mit einem Buch. Nicht zuletzt sind Rollenspiele auch ganz eindeutig ein Jugendmarkt...'Kleine Aengste' wird wohl nicht von 13jaehrigen gespielt, aber vielleicht von 16jaehrigen. Und ob jeder 16jaehrige die symbolische Verlagerung des Missbrauchs in ein "Anderes" dechiffrieren und einordnen kann weiss ich nicht. Ob jeder Leser 'Kleine Aengste'  in amerikanische Repraesentationspraxen einordnen kann, das wage ich zu bezweifeln.

Ein Autor muss auf die Interpretationspraxis seiner Leser keine Ruecksicht nehmen. Spieleautoren und Verlage, deren Ideen von einem anderen Publikum ganz  anders angewendet, umgesetzt, nachgestellt werden....vielleicht schon?

Dieses Argument mit "Rollenspiele sind ja auch nur Kunst" blendet mit zuviel aus. Ja, sie koennen es sein - in der Spielpraxis aller Beteiligten. Und dass die nach anderen Masstaeben gemessen werden sollte, habe ich ja schon klargestellt. Aber wer eine Aeusserung in die Oeffentlichkeit hinein macht, sollte der sich nicht anders verhalten? Jestocost, hast Du nicht selbst  mal geschrieben, wer Autor werden wolle, der sei im Rollenspielbereich falsch und moege Romane schreiben? Rollenspielautoren seien Dienstleister? Haben Dienstleister nicht eine andere Verantwortung als Kuenstler?

Abgesehen davon frage ich nochmal: Was ist die Funktion des Missbrauchsthemas im Spiel? Verliert das Spiel so drastisch, wenn man das Thema nicht ins Regelwerk aufnimmt?

Und Jestocost, was waere so schlimm an irgend einem Coverhinweis? Das Spiel koennte immer noch verkauft und gespielt werden, unzensiert und uneingeschraenkt (und nochmal: Zensur zu fordern kommt mir gar nicht in den Sinn - das waere schaedlicher als 'Kleine Aengste' je sein kann).

Und Arno hat Recht, was den Disclaimer angeht. Das ist eine Scheinloesung. Erst kuendigt man an, dass man alles nicht so meint, und schreibt dann doch drauflos. Das erinnert mich immer so ein bisschen an Leute, die erst sagen "Also, ich hab zwar nix gegen Auslaender, und meine Frau ist aus XY...", und dann trotzdem rassistisch vom Leder ziehen. Deshalb wird doch das, was eventuell nach dem Disclaimer falsch ist, nicht besser. Wenn man "es nicht so meint", soll man es auch nicht so sagen.

Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 6.04.2004 | 18:38
die Frage ist wohl ob Rollenspielautoren leider oder gott sei dank Dienstleister und keine Künstler sind...

Aber die Kunst oder keine Kunst - Frage würde ich in diesem Zusammenhang durchaus als wichtig bezeichnen... benso aber auch, ob LF/KÄ als Kunst oder als Unterhaltungsmedium präsentiert wird.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Gast am 6.04.2004 | 20:56
Nun, ich gehöre zu den Leuten, die da sagen: Erlaubt ist, was Spaß macht. Alles (von Konzentrationslagern bis zu Vergewaltigungen etc.) ist in einem fiktiven Medium umsetzbar So lange ein angemessener Umgang mit dem Thema herrscht.
Das ist vor allem eine Frage des Spieleiters: Kannst DU eine Vergewaltigung angemessen darstellen? Wenn nicht, LASS ES. Wenn doch: Klasse, ich zweifele da, ob ich es hin kriegen würde
Es ist auch eine Frage der Runde. Ich kenne die Leutz mit denen ich zusammen spiele relativ gut und weiß, was ich mit ihnen machen kann, und was nicht, und wenn ich unsicher bin frage ich nach! (revolutionäres Konzept, ich weiß).
Ich finde ein Spiel wie Kleine Ängste oder die diversen härteren Gangarten der WoD (die Black Dog Publikationen) wesentlich harmloser als die standarisierten D&D-Genozide so locker-flockig über die Bühne zu bringen, wie es normalerweise der Fall ist. Im normalen Heldenrollenspiel wird gemetzelt und gemordet, und KEINE SAU (gut, ein oder zwei Leutz wie mich...) interessiert das. Wirklich die tiefsten Abgründe des Rollenspiels aus moralischer Sicht sehen für mich eher so aus:  "Es ist eine heile wunderschöne Welt in der blonde, (optional blauäugige) Recken die bösen Monster schlachten und die heißen Bräute kriegen. Es ist nicht wichtig, was für böse Monster es sind, oder was sie sonst sind. Sie sind da und sie haben nur einen Trefferwürfel und detect evil gibt den strahlenden Helden jede moralische Rechtfertigung, die sie brauchen, um ein kleines Gemetzel an zu veranstalten. Auf jede Form der Gewaltdarstellung wird verzichtet, die Helden bleiben klinisch weiss, sauber, rein. Es sind die Monster, die häßlich und dreckig sind und stinken. Aber dafür sind sie ja jetzt tot, und mit heroisch-pathetischer Musik kehren die Helden heim, unbefleckt, losgelöst von der Gewalt, rein und gut. Mit tollen neuen Schätzen, um mehr Wochenendmassenmorde zu begehen."
Sorry, aber dass finde ich zum Kotzen. Diese schöne Welt-Idylle gepaart mit ein bisschen Allmachtsphantasie hier und etwas Alltagsrassismus da, diese Aufhebung von Ursache und Wirkung, die Reduzierung der Gewalt auf einen "Sport der Könige", ein Szenario ohne Schmerz und Verlust (und die die leiden haben es offensichtlich verdient).
Das ist in meinen Augen furchtbar, darüber könnte man sich aufregen, das ist eine Idealisierung und Glorifizierung von Gewalt.
Dagegen sind Krams wie Little Fears oder Freak Legion richtig harmlos.

Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Dash Bannon am 6.04.2004 | 21:08
@Satyr:
ich denke man muss, wie so oft, nen Mittelweg gehen.
Auch ich bin gegen klinisch saubere Helden ohne moralische Zwickmühlen, aber ich bin auch gegen exesive Gewaltdarstellung.
Auch ich beschreiben meinen Spielern durchaus, das da Blut fliesst (sprizt) Knochen brechen und der 'Gegner' vor Schmerzen und Todesangst brüllt wenn er getroffen wird. Aber extrem ins Detail gehe ich nicht (ok, extrem ist ne Definitionssache...hängt von der Gruppe ab).
Man sollte auch mit diesem Thema 'vernünftig' umgehen, d.h. niemand sollte, ausserhalb des Spieles, dadurch 'verletzt' werden (mitgerissen, berührt...ja, aber nicht verletzt).
Und gerade Kindesmissbrauch und Vergewaltigung sind da sehr heikle Themen, bei dennen ich NIE ins Detail gehen würde.
Wenn soetwas Teil des Spieles würde, würde ich schon klar machen, was da passiert, mehr aber auch nicht.
Aber im Grunde stimme ich dir zu...solche 'reinen' Helden sind echt zum kotzen...wenns dreckig ist, wird das auch gesagt und Schwerter (Äxte,Musketen,Pistolen oder Plasmakanonen) machen hässliche Löcher und sterben ist schmerzhaft
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 6.04.2004 | 22:00
Oh Backe...

Na Gut hier mal meine 20 Groschen (Ich trauere heute dem Schilling nach):

Zum Thema "Little Fears" im speziellen:

Etwas das zwar bereits mehrmals angesprochen wurde aber IMO etwas untergegangen ist, ist die Tatsache, das das Mißbrauchsthema in LF in etwa 2 Seiten des ganzen Buchs belegt, also bestenfalls ein Randthema ist!!! Also warum schießen sich hier alle darauf ein? LF ist ein Buch über Horror in der Kindheit, aufgebaut nach neu-interpretierten Mythen. Ja, es gibt einen bösen Herscher, dessen Thema der sexuelle Mißbrauch ist. zumindest im Original ist die Beschreibung in keinster Weise grafisch und es wird nirgendwo tatsächlich beschrieben, wenn man mal vom Kasten mit dem Hinweis auf die schwerwiegende Natur dieses Herschers und den Tips für den Spieleleiter absieht. (Die dem SL noch dazu eher abrät sowas in sein Spiel zu bringen.)
Es ist also Unsinnig LF so zu behandeln, als ob der sexuelle Mißbrauch Minderjähriger tatsächlich das Haupthema des Buches wäre.

(Als kleine Randnote: Ich persönlich sehe eigentlich keinen näheren Zusammenhang zwischen LF und Changeling, im Gegenteil. IMO behandeln die beiden Spiele nichteinmal wirklich das selbe Thema.)

Zum der Frage ob bzw wie solche Bücher wie "LF" behandelt/gekennzeichnet/verkauft werde sollten:

Auf der Mikroebene der Spielerunde hängt es von den Spielern selbst ab was sie sich zumuten wollen und können, da sind wir uns glaub ich einig.

Was die Verlagsseite angeht und ein paar Fragen die Wjassula und Arbo aufgeworfen haben angeht, so bin ich der Meinung das Rollenspiele wie Bücher oder Filme zu behandeln sind. Klar, sie werden anders konsumiert, aber ich bin nicht der Meinung, daß das tatsächlich einen Unterschied macht. Wie sich aus diesem (http://tanelorn.net/index.php?topic=10609.0) Thread zu sehen ist sind die meisten Rollenspieler durchaus fähig die Trennung zwischen fiktionaler Realität und tatsächlicher Realität durchzuführen. Klar gibt es Leute die das nicht können, aber das sind Leute mit psychischen Problemen die, zum Glück, eine Randerscheinung sind und darum nur bedingt eine Rolle spielen.

Das Problem mit der Argumentation "Was wenn jemand der früher mal mißbraucht wurde sowas liest?" ist, das sie demjenigen grundsätzlich die Fähigkeit abspricht intelektuelle Entscheidungen zu machen. Menschen sind fähig überlegungen durchzuführen und durch diese Fähigkeit und die damit einhergehende Fähigkeit Entscheidungen zu treffen müssen sie auch für ihre Entscheidungen selbst Verantwortung übernehmen. Wenn sie also Buch kaufen, das klar sagt worum es in ihm geht, dann müssen sie sich auch der möglichen Trageweite, die diese Netscheidung mit sich bringt, bewußt sein. Wenn sie das nicht können dann kann man sie nicht als Zurechnungsfähig zählen.

Autoren, ob sie jetzt Rollenspielbücher oder Sachbücher schreiben haben natürlich eine gewisse Verantwortung, was den Inhalt ihrer Publikationen angeht. Sie müssen sich bewußt sein, das die Bearbeitung eines kontroveriellen Themas gewisse Folgen mit sich bringt, das man sie Fragen wird weshalb sie so etwas bearbeiten etc. Wofür man sie aber nicht verantwortlich machen kann sind die Gefühle und Taten ihrer Leser. Als Author muß man davon ausgehen, das diejenigen, die das Buch lesen auch fähig sind Realität von Fiktion zu trennen und daraufhin ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Genausowenig wie die Metal Band, die von Selbstmord singt schuld ist, wenn sich ein psychisch kranker Fan umbringt, so ist auch ein Rollenspielauthor der ein Spiel für Erwachsene (!!!) mit dem Thema "Childhood horrors" schreibt nicht schuld, wenn jemand, der das Buch gekauft hat und in seiner Kindheit mißbraucht wurde, sich durch die Themen in dem Buch gestört fühlt.

Wenn es denn sein muß kann man durchaus eine Altersfreigabe dranpappen, aber alles wasdarüber hinausgeht liegt außerhalb des Einflußbereichs der Macher. IMO sollten sehr viele Leute endlich mal anfangen etwas mehr Verantwortung für sich und ihre Entscheidungen zu treffen, schließlich besitzen sie die Fähigkeit selbst freie Entscheidungen zu treffen.

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 7.04.2004 | 04:11
Hi Minx, danke fuer den Beitrag.

Zitat
die Tatsache, das das Mißbrauchsthema in LF in etwa 2 Seiten des ganzen Buchs belegt, also bestenfalls ein Randthema ist!!! Also warum schießen sich hier alle darauf ein?

Das weiss ich doch. Vielleicht mache ich wirklich zuviel aus einem Detail in einem Spiel, dessen Idee ich ansonsten ziemlich genial finde. Ich bin mir absolut klar darueber, dass man das Spiel ganz und gar ohne die Missbrauchsthematik spielen kann, und vielleicht werde ich das sogar tun, wenn ich wieder in Deutschland bin. Aber es ist ein wichtiges Detail, finde ich. Und Jestocosts Frage war ja etwas weiter gefasst. Wenn es so aussieht, als wuerde ich mich auf K.Ae. "einschiessen", das war nicht gewollt.

Zitat
Auf der Mikroebene der Spielerunde hängt es von den Spielern selbst ab was sie sich zumuten wollen und können, da sind wir uns glaub ich einig.

Jupp.

Zitat
bin ich der Meinung das Rollenspiele wie Bücher oder Filme zu behandeln sind. Klar, sie werden anders konsumiert, aber ich bin nicht der Meinung, daß das tatsächlich einen Unterschied macht

Naja, das seh ich halt anders. Buecher werden zumeist nach Altersgruppen geordnet verkauft, die Wachhundfunktion des Verkauspersonals ist relativ hoch, fast jeder lernt grundsaetzliche Lese/Interpretationsfaehigkeiten in der Schule...das sieht bei Rollenspiellaeden und der Faehigkeit, Rollenspiel zu hinterfragen anders aus.

Zitat
Das Problem mit der Argumentation "Was wenn jemand der früher mal mißbraucht wurde sowas liest?" ist, das sie demjenigen grundsätzlich die Fähigkeit abspricht intelektuelle Entscheidungen zu machen. Menschen sind fähig überlegungen durchzuführen und durch diese Fähigkeit und die damit einhergehende Fähigkeit Entscheidungen zu treffen müssen sie auch für ihre Entscheidungen selbst Verantwortung übernehmen

Dem letzten Teil stimme ich absolut zu, dem ersten nur bedingt. Ich weiss tatsaechlich einfach nicht, wie sehr traumatisierte Menschen ihr Trauma souveraen unter Kontrolle haben, wie erwachsen und zurechnungsfaehig sie sonst auch immer sein moegen. Zumindest halte ich die Ueberlegung bei einem Thema wie Kindesmissbrauch fuer wichtig genug, als dass ein Verlag sie anstellen sollte.

Zitat
Genausowenig wie die Metal Band, die von Selbstmord singt schuld ist, wenn sich ein psychisch kranker Fan umbringt, so ist auch ein Rollenspielauthor der ein Spiel für Erwachsene (!!!) mit dem Thema "Childhood horrors" schreibt nicht schuld, wenn jemand, der das Buch gekauft hat und in seiner Kindheit mißbraucht wurde, sich durch die Themen in dem Buch gestört fühlt.


Das sind aber zwei Paar Schuh. Einmal macht angeblich einer was nach - das halte ich auch fuer absoluten Quatsch, und das ist auch nach allem, was ich ueber Medientheorie weiss, nicht haltbar - ein anderes Mal fuehlt sich jemand gestoert. A) glaube ich, dass Opfer sich etwas mehr als nur gestoert fuehlen koennten (sich gestoert fuehlen ist etwas rationales) und B) wird hier dem Medium nicht unterstellt, dass es 1:1 zur Nachahmung fuehrt, sondern dass es durch unsensiblen Umgang unnoetig verletzt. Ich bin mir immer noch nicht sicher, dass das nicht so ist. Die reale Anzahl der Missbrauchsopfer unter den paar tausend Kaeufern von K.Ae. duerfte ziemlich klein sein. Aber das weiss ich nich 100%...und ausserdem ist das auch eine prinzipielle Frage, oder?

Zitat
Wenn es denn sein muß kann man durchaus eine Altersfreigabe dranpappen

Mehr wuerd ich ja vielleicht auch gar nicht wollen.

Zitat
IMO sollten sehr viele Leute endlich mal anfangen etwas mehr Verantwortung für sich und ihre Entscheidungen zu treffen, schließlich besitzen sie die Fähigkeit selbst freie Entscheidungen zu treffen.
Stimme ich zu. Ich denke nur, dass es in diesem speziellen Fall etwas anders gelagert ist.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Jestocost am 7.04.2004 | 09:46
Ich sehe auch nur sehr begrenzt einen Unterschied zwischen Rollenspielen, einem Film, einem Buch oder einem Theaterstück - denn die Rezeption ist im großen und ganzen die gleiche - bis auf einen Unterschied:

Rollenspiel ist ein Gruppenspiel - und das bedeutet, dass bei der Manifestation eines prekären Themas Gruppendruck-Effekte auftreten, die wohl gegebenfalls durch einen 'sozialen Vertrag' gelöst werden können, aber nur in den wenigsten Fällen existiert so ein Vertrag explizit. Und - wie wir aus der einen oder anderen Diskussion hier im Forum gemerkt haben - können daraus unangenehme Sachen entstehen, vor allem wenn man mit mehr oder minder fremden Menschen spielt (was ja auch ein großer Faktor in der ganzen Diskussion ist). Wie Freunde und Bekannte miteinander umgehen, und wie sie ihren jeweiligen Knacks offenlegen, ist ja nicht eine Sache des Rollenspiels, auch wenn es in diesem Rahmen geschehen kann.

Selbstverständlich glaube ich, dass ein Autor (frag mich nicht, wo Künstler aufhört und Dienstleister aufhört - irgendwo an den Grenzen des eigenen Egos) Verantwortung für sein Werk tragen muss. Aber nicht für mögliche Misinterpretationen.

Am Beispiel von LF/KÄ stellt sich die Frage, ob der Autor nicht eine Diskussion vorwegnehmen wollte - denn leider sind in der Realität Menschen für das Grauen verantwortlich, das aus dem Land unter dem Bett hervorkriecht. Hätte er das Thema unter das Bett kehren sollen, ignorieren?

Wenn sich jemand durch LF/KÄ aufgrund eigener Erfahrungen oder Traumata gestört fühlt - dann hat er jedes Recht, sich an den Verlag zu wenden. Aber gekauft wird das Teil doch eher von älteren Semestern - und ich bin auch sicher, dass ich das Buch ohne Probleme einer Bekannten schenken könnte, die selbst missbraucht wurde: Weil es Fiktion ist. Und gute Fiktion braucht nun mal einen wahren, menschlichen, schmerzhaften Kern.

Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.04.2004 | 10:30
Und gute Fiktion braucht nun mal einen wahren, menschlichen, schmerzhaften Kern.
Amen, Bruder! :D Das ist doch genau der Punkt.

@wjassula
Und da ist doch der Punkt. Es geht darum, Geschichten zu erzählen. Menschliche Geschichten. Und die haben immer was mit Problemen zu tun, sonst sind sie langweilig (schon mal eine Geschichte aus diesem Realismus gelesen, wo sie einfach haarklein über 50 Seiten beschreiben, wie sie morgens aufstehen? Furchtbar!).

Und da sehe ich eben das Problem: Ich kann nicht jedes Thema aussparen, bei dem evtl. irgendwer mal ein Trauma gehabt haben könnte. Denn dann würde jedes menschliche Konfliktthema wegfallen.
Jegliche Art von Gewalt (vielleicht hat ein Spieler ein Trauma dazu), jegliche Liebesbeziehung (vielleicht hat seine Freundin gerade mit ihm Schluss gemacht), jegliche Familiäre Beziehung (Tod von Verwandten), alle Unfälle (Autounfälle lösen gerne mal ein Trauma aus)... Es bleibt einfach nichts übrig.

Deswegen sehe ich es eher wie Minx (toller Post, hätte ich nicht so gut formulieren können): Man sollte es doch den einzelnen Spielern überlassen, was sie sich zumuten wollen und was nicht (Volljährigkeit vorausgesetzt).

Zum Gruppendruck: Das ist tatsächlich ein Problem. Aber nicht schlimmer als bei einem Film (wer will schon das Weichei sein und nicht mit in "Blut, Ekel & Massaker (jetzt noch härter) Teil 14" gehen?) Das soll das Problem nicht verharmlosen, sondern eher zeigen, dass es kein Problem des Rollenspiels an sich ist, sondern ein Problem der sozialen Gruppe.
Und damit bin ich wieder bei meiner Standardpredigt: Redet miteinander! Es gibt viele Probleme beim Rollenspielen und alle davon sind Probleme zwischen den Spielern und nicht zwischen den Charakteren. Deswegen ist ein Sozialer Vertrag (wenigstens implizit) Pflicht!
Und wenn eine Gruppe von Menschen aus irgendeinem Grund nicht miteinander reden kann und dies zu einer irgendwie gearteten Verletzung eines Mitglieds der Gruppe führt, dann ist das furchtbar, aber sicher nicht die Schuld des Mediums Rollenspiel oder der Autoren von Little Fears. Das muss die Gruppe dann schon selbst verantworten.

Fredi
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 7.04.2004 | 11:36
... ähm, ich möchte noch auf einen kleinen, aber sehr feinen Unterschied bzgl. der Vergleiche von Rollenspiel mit Büchern/Filmen/Musik hinweisen ... Rollenspielbücher sind streng genommen "Anleitungen". Es geht in erster Linie darum, Leuten ein "Instrumentarium" zu bieten. Und  das ist m.E. etwas ganz anderes, als z.B. einen Roman zu schreiben. Dies hat, und darauf möchte ich auch ausdrücklich hinweisen, auch nichts damit zu tun, wie Rollenspiel in der Praxis tatsächlich umgesetzt wird ... wohl aber, welchen Einfluss die Regelwerke/~systeme auf die Praxis haben können (siehe diesen Beitragsstrang zum Hauch des Offiziellen ...).

Insofern stehen Verlage/Autoren von Rollenspielen doch irgendwie in einer  Art Verantwortung. Insgesamt besteht für mich diesbezüglich aber vor allem ein Glaubwürdigkeitsproblem ...

-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 7.04.2004 | 12:45
das, was den meisten bei dem Gedanken an solch ein Rollenspiel aufstößt ist wohl der zweite Teil des Begriffs:
Man nimt das "Spiel" als "Gesellschaftsspiel" und nicht als "Schauspiel" auf... das ist wieder eine Frage der Empfindung von Rollenspiel...

@Altersbeschränkung: Es stimmt, dass das RSP-Publikum ein völlig anderes ist, als das literarische. Allerdings hat sich die Literatur und Leserschaft solcher mit der Zeit auch in verschiedene Gruppen eingeteilt. Jemand der ernsthaft Bücher von Modern Talking Sängern liest, wird von Werther keine Ahnung haben.
 
Stellt sich also die Frage: Alterskontrolle einführen, ein solches Rollenspiel gar nicht erst veröffentlichen, oder die Perspektive auf das Medium Rolenspiel und somit das Publikum verändern?

Soweit die Provokation. Jetzt stürtzt euch drauf!
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 7.04.2004 | 12:47
(toller Post, hätte ich nicht so gut formulieren können)

Aber bitte, ich werd noch rot.  ;D

@Jestocost, Fredi: Gute Punkte. Hab ich auch nicht drangedacht.

@Wjassula: Zumindest meiner Erfahrung nach (Ich kenne ein paar) sind ehemalige Mißbrauchsopfer in den meisten Fällen durchaus fähig solche Unterscheidungen zu treffen. Mißbrauchsopfer denen geholfen wurde mit dem Geschehenen fertig zu werden (Und sei es nur im Freundeskreis.) können ohne weiteres auch zu reifen, verantwortungsbewußten Erwachsenen heranwachsen. Klar kann der "Konsum" von einem Buch über Mißbrauch Erinnerungen wachrufen, aber das kann auch ein Film, ein Comic oder auch nur ein Bild, ein Geruch oder Geräusch.

Zitat
(...), sondern dass es durch unsensiblen Umgang unnoetig verletzt. Ich bin mir immer noch nicht sicher, dass das nicht so ist. Die reale Anzahl der Missbrauchsopfer unter den paar tausend Kaeufern von K.Ae. duerfte ziemlich klein sein. Aber das weiss ich nich 100%...und ausserdem ist das auch eine prinzipielle Frage, oder?

Naja, ist es eine prinzipelle Frage? Wenn ja, dann darf, wie bereits an anderer Stelle prinzipell nichts angesprochen werden, das irgendjemanden verletzten könnte, was IMO unangebrachte "political corectness" ist. Auch ist die Frage was heißt für dich "unsensibler Umgang", denn darauf kommt es an. Wird deiner Meinung nach in LF unsensibel damit umgegangen? Wer kann sagen was "unsensibler Umgang" bedeutet? Wer darf das sagen? Soll es eine Kommission geben, zusammengesetzt aus Eltern, Literaturprofessoren und ehem. Mißbrauchsopfer, die jedes Buch, jeden Film und jedes Spiel zu dem Thema auf ihren Umgang mit dem Thema heraus prüfen und bestimmen, ob sowas jetzt gesagt werden darf oder nicht? Denn darauf würde es womöglich hinauslaufen.

Und das sollte meiner Meinung nach nicht sein, sorry.

... ähm, ich möchte noch auf einen kleinen, aber sehr feinen Unterschied bzgl. der Vergleiche von Rollenspiel mit Büchern/Filmen/Musik hinweisen ... Rollenspielbücher sind streng genommen "Anleitungen". Es geht in erster Linie darum, Leuten ein "Instrumentarium" zu bieten. Und  das ist m.E. etwas ganz anderes, als z.B. einen Roman zu schreiben. Dies hat, und darauf möchte ich auch ausdrücklich hinweisen, auch nichts damit zu tun, wie Rollenspiel in der Praxis tatsächlich umgesetzt wird ... wohl aber, welchen Einfluss die Regelwerke/~systeme auf die Praxis haben können (siehe diesen Beitragsstrang zum Hauch des Offiziellen ...).

Ein Instrumentarium, ok, da stimme ich dir zu, Rollenspielbücher sind Werkzeuge. Aber worin der Unterschied liegt, der es Rollenspielen nicht erlauben sollte sich mit Mißbrauch zu beschäftigen ist mir nicht klar.  Auch ist mir nicht klar welchen schlechten Einfluß ein Rollenspielbuch auf die Praxis haben könnte? Willst du dagen das das Instumentarium Rollenspiel auf perfide Art und Weise Enfluß darauf nimt wie sich die Leute die es spielen verhalten? Wenn es das ist was du sagen willst (ich bin mir da nämlich nicht sicher, was du genau aussagen willst), dann sind wir wieder bei dem "CS macht aus unserer Jugend Killer"-Argument, was, da sind wir uns wahrscheinlich einig, Blödsinn ist.

Falls du etwas ganz anderes sagen wolltest korrigier mich bitte.

Zitat
Insofern stehen Verlage/Autoren von Rollenspielen doch irgendwie in einer  Art Verantwortung. Insgesamt besteht für mich diesbezüglich aber vor allem ein Glaubwürdigkeitsproblem ...

1. Verantwortung: Natürlich haben sie eine Verantwortung, aber keine andere als ein normaler Autor, der ein Buch über ein kontroversielles Thema schreibt. Er muß dazu stehen, er muß begründen, weshalb er die Entscheidungen getroffen hat die ergetroffen hat, aber thats it.

2. Glaubwürdigkeitsproblem: Hä, das musst du mir erklären, denn ich sehe es nicht. Meinst du damit, das du nicht glaubst, das ein Rollenspiel bzw sein Autor sich reif und überlegt mit schwierigen Themen auseinandersetzen kann?

@Gaukler: Wenn du mich fragst ist eine Altersfreigaben auf bestimmte Rollenspiele, die sich mit heiklen Themen auseinander setzen, in keinster Weise notwendig. Denn das würde zu der Doppelmoral führen Rollenspiele, die sich mit Gewalt auseinandersetzen und das Teilweise recht infantil (was IMO schlimmer ist und unter Wjassulas "unsensibler Umgang" fallen könnte) weiterhin frei zugänglich zu lassen und IMO intelligentere Rollenspiele wegzusperren. Und nein, ich bin auch nicht der Meinung das es eine allgemeine Altersfreigabe für Rollenspiele geben sollte.

Gerade im Rollenspiel ist zwischen veröffentlichtem Inhalt und dem was die Runde draus macht so eine Kluft, das das nicht notwendig ist und keinen Sinn macht. Man verbietet ja auch nicht alle Hämmer, nur weil man damit AUCh jemandem den Schädel einschlagen kann.

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Boba Fett am 7.04.2004 | 12:55
Ich stimme mit der Meinung des Elchs 100% überein. 8)
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: 6 am 7.04.2004 | 13:34
Ich stimme mit der Meinung des Elchs 100% überein. 8)
X X X
  ;)
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.04.2004 | 13:55
Ich stimme mit der Meinung des Elchs 100% überein. 8)
Wasn hier los? ;)


... ähm, ich möchte noch auf einen kleinen, aber sehr feinen Unterschied bzgl. der Vergleiche von Rollenspiel mit Büchern/Filmen/Musik hinweisen ... Rollenspielbücher sind streng genommen "Anleitungen". Es geht in erster Linie darum, Leuten ein "Instrumentarium" zu bieten.
Dem würde ich erst einmal widersprechen. Das mag obeflächlich betrachtet erst einmal richtig sein, aber wenn man mal ganz genau hinschaut, sieht man: Ein Rollenspiel ist erst einmal ein Buch. Und wenn in einem Buch direkte Aufrufe zu Straftaten vorkommen, gehört es weg. Aber das gilt für jedes Buch, nicht nur für Rollenspiele. Das ist aber bei Little Fears nicht so.

Und um jetzt zur Praxis zu kommen: Ich habe RPGs im Regal stehen, die ich nicht mal zur Hälfte gelesen habe. Von gespielt ganz zu schweigen. Ich habe Romane da stehen, über die ich mehr nachgedacht habe als über viele Rollenspiele, die ein Brett weiter stehen. Ich habe Filme gesehen, nach denen ich (kleiner Weichelch) drei Nächte nicht richtig schlafen konnte (beim Rollenspielen ist mir das nie passiert, da war es maximal eine Nacht ;) ).
Was will ich damit sagen? Ganz einfach: der Eindruck, den etwas bei einer Person hinterlässt, ist nicht prinzipiell beim Rollenspielen stärker als bei Filmen oder Büchern. Weswegen sollte also die Verantwortung eines RPG-Autors größer sein als die eines Filmemachers?

Fredi
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 7.04.2004 | 15:14
ich frage mich von welcher Autoren/Verlags-Verantwortung hier gesprochen wird:

Von der Verantwortung sich selöbst gegenüber, weil man, wenn man etwas ungewöhnliches und provokantes veröffentlicht von anderen zerissen werden könnte, oder der Verantwortung den anderen ganz allgemein gegenüber.

In dieser Diskussion kann nur letzteres in Frage kommen und da hat der Elch einen interessante Aussage gemacht:

Zitat
der Eindruck, den etwas bei einer Person hinterlässt, ist nicht prinzipiell beim Rollenspielen stärker als bei Filmen oder Büchern

wenn dem so ist, stellt sich tatsächlich die Frage, wo das Problem an LF ist...

Also nochmal: was würdet ihr sagen? Soll das Medium Rollenspiel endlich (=letzten Endes) anders wahrgenommen werden, oder soll man Kontrollmechanismen einführen, oder soll man so ein RPG vom Markt nehmen?
Hier würden mich vor allem die Kritiker interesseieren... von den Pros wäre aber auch noch gut zu hören, welche Methode sie vorziehen würden.

Ich finde es ehrlich gesagt enorm faszninierend was dieses Rollenspiel nun ausgelöst hat: Eben diese Grundsatzfrage "Was ist Rollenspiel?" und "Für wen ist Rollenspiel?"

Das Publikum ist eine wichtige Sache, aber ebenso die Frage ob sich das Publikum oder das Medium anpassen sollte.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Boba Fett am 7.04.2004 | 15:18
Es gibt in deutschland ganz klare Richtlinien, wann ein Produkt indiziert oder verboten wird.
Rollenspiel kann genau nach diesen Kriterien bewertet werden.
Wenn ein Rollenspiel Gewalt verherrlicht oder dazu aufruft gehört es auf den Index.

Ich sehe da immer noch kein Problem.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Jestocost am 7.04.2004 | 15:30
Boba - was wäre aber, wenn ich Godlike auf Deutsch herausbringen würde - und den Spielern explizit die Möglichkeit geben würde auch deutsche "Übermenschen" zu spielen?

Natürlich würde ich den Disclaimer aus "Will to Power" übernehmen, dass jeder, der einen SS Mann spielen möchte, ein kompletter Idiot ist - aber dennoch ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass jemand genau das tun wird (genauso wie jemand Get of Fenris-Naziwerwölfe in Werwolf spielen könnte).

Wäre das dann ein Kandidat für den Index, selbst wenn ich es schaffen würde, alle in Deutschland verbotenen Nazi-Insignien aus den Bildern zu entfernen?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Boba Fett am 7.04.2004 | 15:44
@Jesto:
Kann ich nicht sagen, bin weder Jurist, noch Fachkundiger in diesem Gebiet.
Letztendlich sind die Grenzen aber doch klar gesteckt.
Wenn Godlike indiziert oder verboten würde, dann müsste man das akzeptieren.
Oder sich engagieren, die Kontrollinstanzen über die legislativen Methoden abzuschaffen.

Wobei ich über die Existenz einer Kontrollinstanz eigentlich ganz froh bin.
Auch wenn ich nicht mit allen Entscheidungen konform gehe, finde ich es besser, dass es diese gibt, als wenn wirklich alles frei erhältlich ist.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 7.04.2004 | 16:17
Zitat
Es geht darum, Geschichten zu erzählen. Menschliche Geschichten. Und die haben immer was mit Problemen zu tun, sonst sind sie langweilig


Wer wollte das bestreiten? Ich habe doch auch an keiner Stelle gesagt, dass man keine Geschichten erzaehlen darf, die sich mit Problemen befassen. Ich habe speziell nicht gesagt, dass Rollenspiele das nicht duerfen. Vielleicht glaube ich nichtmal, das K.Ae. das nicht darf. Im Gegenteil, ich wuerde dieser Aussage des Elchs auch absolut zustimmen.

Fredi und Minx, ihr habt wirklich gute Argumente, aber ihr holt die Diskussion immer wieder auf die Spielerebene zurueck. Ihr kommt immer wieder auf die Frage: "Was darf man spielen" ? Und da waren wir uns ja schon einig: "Alles" (mit allen Einschraenkungen bezueglich Gruppenvertrag usw.)

Wie weit aber geht die Verantwortung von Verlagen und Autoren?

Die Mehrheit scheint der Meinung  zu sein, dass Rollenspielautoren an den gleichen Masstaeben zu messen seien wie andere Kuenstler. Ausserdem wird zwischen Rollenspiel und anderen Medien kein Unterschied gesehen.
Zitat
Ein Rollenspiel ist erst einmal ein Buch. Und wenn in einem Buch direkte Aufrufe zu Straftaten vorkommen, gehört es weg. Aber das gilt für jedes Buch, nicht nur für Rollenspiele.
Also gut. Ausser der Behauptung, dass das das gleiche sei, habe ich dafuer noch kein ueberzeugendes Argument gehoert. Ich finde den Begriff des Instrumentariums schon ganz passend.Aber ich habe das leise Gefuehl, dass das so eine Sabine Christiansen-Frage ist, wo man stundenlang unterbeschaeftigte Experten befragen koennte, die sich gerne reden hoeren. Und dann wuesste man es immer noch nicht. Allright.

Ein bisschen hab ich das Gefuehl, wir argumentieren in diesem Forum eher aus der "Verletzter-Fan" - Perspektive, waehrend beim drosi mehr so diese moralische-Entruestungs-Schiene gefahren wird. Da finde ichs hier schon mal sympathischer. Aber trotzdem sehe ich da auch einen Reflex : "Argh, unser Hobby wird von Sittenwaechtern angegriffen.Schnell dagegenhalten. Freiheit der Kunst, Freiheit der Kunst. Lalala, ich hoer dich nicht." Solidaritaet ist ja was schoenes, aber ich zumindest bin noch nicht ueberzeugt, dass ein paar unangenehme Argumente aus Ecken, die man eigentlich lieber ignorieren wuerde, nicht doch einen wahren Kern haben.

Ich weiss nicht...ich bewege das mal in meinem Herzen. Der Gedanke, dass ein paar Deppen bei godlike SS-Offiziere spielen, laesst mich erstaunlicherweise voellig kalt. Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen. Zumal godlike eigentlich ein ganz anderes Thema hat. Aber ein Spiel, bei dem die Spieler aufgefordert wuerden, SS-Offziere zu spielen, das wuerd ich nicht nur scheisse finden, das wuerd ich sogar verbieten wollen.Sexuelle Gewalt, mit der Steigerung "Kinder als Opfer" empfinde ich irgendwie als problematischer. Aber vielleicht mach ich die Gewissenserforschung lieber zuhause. Ich melde mich wieder, wenn ich mehr dazu weiss.

Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.04.2004 | 16:37
Die Mehrheit scheint der Meinung  zu sein, dass Rollenspielautoren an den gleichen Masstaeben zu messen seien wie andere Kuenstler. Ausserdem wird zwischen Rollenspiel und anderen Medien kein Unterschied gesehen.
Zitat
Ein Rollenspiel ist erst einmal ein Buch. Und wenn in einem Buch direkte Aufrufe zu Straftaten vorkommen, gehört es weg. Aber das gilt für jedes Buch, nicht nur für Rollenspiele.
Also gut. Ausser der Behauptung, dass das das gleiche sei, habe ich dafuer noch kein ueberzeugendes Argument gehoert.
Schön, aber DU bist der, der seine Position erst einmal begründen muss. Ein Rollenspiel ist ein Buch. Fertig. Daran besteht erst einmal kein Zweifel. Es liegt da, hat bedrucktes Papier, gebunden, ... usw. Eben ein Buch.

Wenn Du das anders siehst, bring die überzeugenden Argumente. Nicht wir müssen beweisen, dass Rollenspiele Bücher sind, sondern Du musst darlegen, warum sie es trotz so offensichtlicher Ähnlichkeit NICHT sein sollten! Na dann mal los! 8)

Fredi
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 7.04.2004 | 17:52
Zitat
Ein Rollenspiel ist ein Buch. Fertig. Daran besteht erst einmal kein Zweifel. Es liegt da, hat bedrucktes Papier, gebunden, ... usw. Eben ein Buch.

Das ist doch jetzt doofstellen um der Diskussion willen, oder? Klar werden Rollenspiele in Buchform veroeffentlicht. Aber darum geht es doch nicht. Ich hatte die Vermutung, dass unterschiedliche Arten von Buechern unterschiedlich verwendet und wahrgenommen werden, sich an unterschiedliche Kaeuferschichten wenden, die unterschiedlich vorgebildet sind. Steht alles oben.

Im Uebrigen bleibt es ja nicht beim "lesen" (auch wenn das schon bei einem normalen Buch ein aktiver Vorgang ist), sondern mit dem Buch wird ja was gemacht, naemlich gespielt, und das Spiel richtet sich zu einem grossen Teil nach dem Buch. Und das ist eine andere Auseinandersetzung (und ich behaupte: eine intensivere, na gut, eine aktivere) als in anderen Medien.

Dass diese Behauptung stimmt, das kann ich dir nicht beweisen. Begruendet hab ich sie schon, weiter oben. Ich kenne unterschiedliche Arbeiten zum Thema "Medienrezeption" und "Rezeptionsgruppen", aber kram ich die jetzt raus und diskutier die mit dir? Noe. Weil sich dann der Talkshow-Effekt ergibt: Zeigst Du mir Deinen Experten, zeig ich Dir meinen. "Das ist so" - "Glaub ich nicht".
Offenbar findest Du meine Vermutung nicht intuitiv einleuchtend, und kannst meine Begruendung nicht nachvollziehen. So be it.

Nachtrag beim nochmaligen Lesen des Threads, bevor endgueltig Schluss ist:

Gut, sagen wir, Rollenspiele sind Kunst, die Kunst ist frei und die Rezipienten sind selbst dafuer verantwortlich, was sie mit einem Spiel anstellen. Beim Thema Missbrauch ist klar, dass es Empoerung gibt. Man muss jetzt zwar die Reaktion auf die Kritik nicht vorwegnehmen, denn man ist ja als Kuenstler frei. Man koennte aber, mit etwas mehr als einem lauen Disclaimer. Ohne sich was abzubrechen und dem Spiel zu schaden. Macht man aber nicht. Stattdessen regt man sich auf, wenn andere Leute sich aufregen und malt den Zensurteufel an die Wand. Ist das nicht so ein bisschen kuenstlich? "Herrlich, ich bin wichtig und zeige den ganzen pc-Hanseln endlich mal, wo der Hammer haengt? Ich bin ein Opfer der Moralapostel?". Ich finde das unsouveraen.

Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.04.2004 | 18:11
Offenbar findest Du meine Vermutung nicht intuitiv einleuchtend, und kannst meine Begruendung nicht nachvollziehen. So be it.
Stimmt. :)
Ich denke immer noch, dass manche Romane, Dramen, Computerspiele oder Filme (besonders Filme) deutlich intensiver wirken können als Rollenspiele. Eine echt fiese Zerschnetzelung auf der Leinwand zu sehen ist doch irgendwie was anderes, als sie nur zu Beschreiben.
Deswegen bleibe ich dabei: Jedes Buch kann zu starken emotionalen Effekten führen. Aber das gilt für Rollenspiele genauso wie für Romane oder Dramen. Nach dem Erscheinen von Goethes Werther haben sich jede Menge Jugendliche umgebracht! Hätte er es jetzt nicht schreiben sollen oder was?
Und weiterhin bleibe ich dabei: der Konsum von Filmen (und evtl. auch von Computerspielen) hat einen viel stärkeren Einfluss auf emotionale Reaktionen als Rollenspiel. Wenn wir also irgendwo mit Verantwortung ansetzen wollen, dann bitte dort.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 7.04.2004 | 18:16
Hargh!

Leute, ihr bombadiert euch mit dem Thema nicht zuträglichen Vorweürfen und nehmt den anderen unnötig auseinander.

Ziehen wir doch wieder an einem Strang.
Ordnung jetzt! ;)

Also:

Wir sind uns wohl einig in folgendem (bitte um korrektur und weiterführung der liste!):

- Rollenspiel ist ein eigenes Medium, das zwar an andere Medien (Theater, Literatur) anlehnt, aber letzten endes ein eigenes dasrtellt.

- das Publikum für Rollenspiele ist ein anderes als für höhere Literatur

Fragen, die daraus resultieren:

- Inwiefern unterscheidet sich Rollenspiel, nimmt man das Publikum außer Acht, noch so von anderen Medien, als dass dessen Inhalte andere Konsequenzen tragen könnten?

- Wie ist dem Publikumsproblem gegenüber zu treten? Publikum ändern? Sicht auf Medium ändern?

Mir drängt sich noch die Frage auf: Inwiefern ist übetrhaupt auf das bestehende Publikum zu achten, wenn man durch eine Publikation evtl. selbiges erweitern/ verändern will?

(Irgendwei habe ich das Gefühl ich wiederhole mich ständig... aber auf mich geht ja uch keiner ein *snief*)
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.04.2004 | 18:37
Wir sind uns wohl einig in folgendem (bitte um korrektur und weiterführung der liste!):

- Rollenspiel ist ein eigenes Medium, das zwar an andere Medien (Theater, Literatur) anlehnt, aber letzten endes ein eigenes dasrtellt.
Eben nicht ganz...
Also: Rollenspiel (der Vorgang, beim dem wirklich gespielt wird) ist natürlich ein eigenes Medium. So in der Art Improvisationstheater oder so.
Aber: Ein Rollenspielbuch (ein System / Quellenband, das ich im Laden kaufen kann) ist ein Buch! Und damit überhaupt kein eigenes Medium sondern ein Buch. Es mag sich inhaltlich von Romanen, Sachbüchern, Anleitungen, Selbsthilfebüchern, Bildbänden usw. unterscheiden. Aber es bleibt ein Buch.
Und da bleibe ich dabei: ein Autor hat nicht mehr Verantwortung als der Autor eines Do-It-Yourself Heimwerkerbuchs. Also dranschreiben wo die Gefahren (Rumspielen an elektrischen Leitungen ist gefährich und nicht für jeden! bzw. Rumspielen mit Kindheitstraumata ist nicht für jeden!) und Möglichkeiten sind.

Zitat
- das Publikum für Rollenspiele ist ein anderes als für höhere Literatur
Ok, gebongt.

Zitat
- Inwiefern unterscheidet sich Rollenspiel, nimmt man das Publikum außer Acht, noch so von anderen Medien, als dass dessen Inhalte andere Konsequenzen tragen könnten?
Wie gesagt: Gar nicht. Ohne den tatsächlichen Vorgang des Spielens an sich ist es nur ein Buch wie jedes andere.

Zitat
- Wie ist dem Publikumsproblem gegenüber zu treten?
Wo ist denn das Problem? Ein anderes Publikum ist doch an sich noch kein Problem, oder?

Zitat
(Irgendwei habe ich das Gefühl ich wiederhole mich ständig... aber auf mich geht ja uch keiner ein *snief*)
Sorry. Ich versuche mein Bestes. :)
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 7.04.2004 | 18:53
Oh man, das ist was weitergegangen. Naja...

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Wjassula, bis jetzt hast du nicht gesagt was für Befürchtungen ob der Wirkung von solchen Rollenspielen du eigentlich genau hast.

Im Uebrigen bleibt es ja nicht beim "lesen" (auch wenn das schon bei einem normalen Buch ein aktiver Vorgang ist), sondern mit dem Buch wird ja was gemacht, naemlich gespielt, und das Spiel richtet sich zu einem grossen Teil nach dem Buch. Und das ist eine andere Auseinandersetzung (und ich behaupte: eine intensivere, na gut, eine aktivere) als in anderen Medien.

Dass diese Behauptung stimmt, das kann ich dir nicht beweisen. Begruendet hab ich sie schon, weiter oben. Ich kenne unterschiedliche Arbeiten zum Thema "Medienrezeption" und "Rezeptionsgruppen", aber kram ich die jetzt raus und diskutier die mit dir? Noe. Weil sich dann der Talkshow-Effekt ergibt: Zeigst Du mir Deinen Experten, zeig ich Dir meinen. "Das ist so" - "Glaub ich nicht".
Offenbar findest Du meine Vermutung nicht intuitiv einleuchtend, und kannst meine Begruendung nicht nachvollziehen. So be it.

Wjassula, das Problem hier ist folgendes:

Gut, sagen wir mal das Rollenspielen eine aktivere Auseinandersetzung mit einem Thema ist als Lesen. (Bin ich persönlich nicht der Meinung, aber das tut hier nichts zur Sache) Und? Was genau ist daran schlimm? Bis jetzt hast du Befürchtungen geäußert, das das schlimm sein könnte, aber was daran schlimm ist hast du noch nicht klar gemacht.

Du sagst, das sich hier "enttäuschte Fans" zu Wort melden. Würd ich nicht sagen, tatsächlich ist mir LF recht egal. (Der einzige Grund warum ich es mir gekauft habe waren die Illustrationen der englischen Ausgabe.)  Ich finde allerdings sehr wohl, das Autoren das Recht haben sollten zu schreiben was sie wollen, solange sie damit gegen kein Gesetz verstoßen, unabhängig ob das jetzt ein Rollenspiel ist oder nicht. Und ja, das ist eine grundlegende Diskussion um das Thema, denn es geht um eine grundlegende Frage. "Wem ist ein Autor Rechenschaft schuldig?" Darf man einen Autor dafür verantwortlich machen, das sich jemand, der sein Buch gekauft und gelesen hat, verletzt fühlt?

Ich finde immer noch: Nein.

Zitat
Gut, sagen wir, Rollenspiele sind Kunst, die Kunst ist frei und die Rezipienten sind selbst dafuer verantwortlich, was sie mit einem Spiel anstellen. Beim Thema Missbrauch ist klar, dass es Empoerung gibt. Man muss jetzt zwar die Reaktion auf die Kritik nicht vorwegnehmen, denn man ist ja als Kuenstler frei. Man koennte aber, mit etwas mehr als einem lauen Disclaimer. Ohne sich was abzubrechen und dem Spiel zu schaden. Macht man aber nicht. Stattdessen regt man sich auf, wenn andere Leute sich aufregen und malt den Zensurteufel an die Wand. Ist das nicht so ein bisschen kuenstlich? "Herrlich, ich bin wichtig und zeige den ganzen pc-Hanseln endlich mal, wo der Hammer haengt? Ich bin ein Opfer der Moralapostel?". Ich finde das unsouveraen.

Sorry, aber da interpretierst du ein bißchen viel hinein. Reg dich erst mal etwas ab.

Was genau stört dich eigentlich? Wenn man mal davon absieht, das der einzige, der sich immer wieder auf das Kunst-Thema festlegt du bist, hat das hier nichts mit der Frage was darf Kunst zu tun.

Du sagst man sollte mehr machen als einen lauen Disclaimer draufpappen. Ok, was soll man deiner Meinung nach machen? Denn das hast du ebenfalls noch nicht gesagt. Auch hast du noch nicht gesagt was dich eigentlich tatsächlich am Verhalten der LF-Macher stört. (Denn davon reden wir hier immer noch zum Teil.) Ist es das sie "nur" eine Warnung im Buch stehen haben? Ist es das das Buch frei erhältlich ist? Oder ist es das es dieses Buch überhaupt gibt?

Was ist es was dich jetzt genau stört, denn vorher reden wir nur aneinander vorbei.

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 7.04.2004 | 19:27
Zitat
Reg dich erst mal etwas ab.


Ich war gar nicht aufgeregt, nur engagiert. Aber ich bemuehe mich, etwas sachlicher zu schreiben.


Zitat
Wenn man mal davon absieht, das der einzige, der sich immer wieder auf das Kunst-Thema festlegt du bist, hat das hier nichts mit der Frage was darf Kunst zu tun.

Das Argument mit dem Vergleich zwischen Rollenspiel und anderen Medien und die Frage nach der Freiheit der Kunst kamen  doch schnell auch von anderen. Ich finde nicht, dass ich der einzige bin, der darauf rumreitet. Und die Frage ist schon wichtig, wenn man den Vergleich zieht.

Zitat
Du sagst, das sich hier "enttäuschte Fans" zu Wort melden

Nein, ich sage, dass sich Rollenspieler zu Wort melden, die vielleicht eine reflexhafte Abwehr gegen bestimmte Vorwuerfe haben, unabhaengig vom Spielsystem. Wobei ich nicht ausschliesse, dass ich auch eine reflexhafte Abwehr gegen das Thema "Missbrauch" habe.

Zitat
Sorry, aber da interpretierst du ein bißchen viel hinein
Ich hab's bewusst ueberzogen formuliert, um deutlich zu machen, wie unsouveraen ich die angesprochene Haltung finde.


Zitat
Was genau stört dich eigentlich?Ist es das sie "nur" eine Warnung im Buch stehen haben? Ist es das das Buch frei erhältlich ist? Oder ist es das es dieses Buch überhaupt gibt?Ok, was soll man deiner Meinung nach machen?

Dass es das Buch gibt, stoert mich sicherlich nicht. Dass es frei erhaeltlich ist, auch nicht. Was getan werden soll, weiss ich nicht.  Ich habe offene Fragen und suche Antworten. Wenn ich alles schon wuesste, muesste ich hier ja nicht diskutieren.

Zitat
Darf man einen Autor dafür verantwortlich machen, das sich jemand, der sein Buch gekauft und gelesen hat, verletzt fühlt?

Darf man die Verfasser einer Spielanleitung dafuer verantwortlich machen dafuer nur noch mit gerunzelter Stirn ansehen, dass sie reales Leid anderer dazu benutzen, Vorschlaege zu einer Freizeitgestaltung zu machen, in der dieses Leid fuer andere zum Vorwand wird, sich angenehm zu gruseln, und aufstehen zu koennen, wenn's denn doch zuviel wird?
 
Um mal wieder von der Kunstfrage wegzukommen.


Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 7.04.2004 | 19:44
Darf man die Verfasser einer Spielanleitung dafuer verantwortlich machen dafuer nur noch mit gerunzelter Stirn ansehen, dass sie reales Leid anderer dazu benutzen, Vorschlaege zu einer Freizeitgestaltung zu machen, in der dieses Leid fuer andere zum Vorwand wird, sich angenehm zu gruseln, und aufstehen zu koennen, wenn's denn doch zuviel wird?

Wenn du tatsächlich dieser Meinung bist, dann müsstest du auch mit ALLEM sonst ein Problem haben. ZB Gewalt, Krieg, Schimpfwörter, Messer, Ehekrach, Tiere, Gerichte, Revolutionen, Autos, etc. Denn all diese Dinge haben Leuten furchtbares angetan und verursachen immer noch, jeden einzelnen Moment, einer Menge Menschen Leid und Schmerzen. Inwiefern ist da der Unterschied?

Wjassula, ich Moment kommt es mir sehr so vor, als ob du ein persönliches Problem damit hättest, das jemand ein Rollenspiel schreibt, in dem Kindesmißbrauch angesprochen wird, und zwar nur auf der Basis das sowas existiert und gespielt wird. Solange du dir nicht mehr überlegt hast, zB was getan werden sollte oder was dich tatsächlich daranb stört solltest du dich von der Diskussion vielleicht etwas zurückziehen, da es ansonsten nichts bringt. Im Moment ist, etwas übertrieben, alles was du sagst das:

"Das stört mich, da muß man was machen."
Was?
"Keine Ahnung. Es stört mich."
Warum stört es dich?
"Weils mich stört. Bäh, ich mag das nicht. Mach es weg."

Nimm es mir nicht übel, aber das bringt sich nix.

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 7.04.2004 | 19:45
ich denke auch nicht, das wjassula der einzige ist, der in den Vergelich und die Fragestellung Kunst oder nicht fällt.

Wir müssen ernsthaft acht geben, dass wir sachlich bleiben. sonst artet das hier wirklich aus. Und ich würde durchaus behaupten, dass ich eher dazu tendiere das Rollenspiel allgemein bzw. jegliche Art von Medium, dass ich als künstlerisch wertvoll erachte, zu verteidigen, Ich versuche allerdings hier sachlich zu bleiben, da ich ebenfalls unsicher bin.

und minx, ich habe auch das gefühl dass du doch sehr emotional argumentierst... (nicht bös gemeint)

Zitat
Darf man die Verfasser einer Spielanleitung dafuer verantwortlich machen dafuer nur noch mit gerunzelter Stirn ansehen, dass sie reales Leid anderer dazu benutzen, Vorschlaege zu einer Freizeitgestaltung zu machen, in der dieses Leid fuer andere zum Vorwand wird, sich angenehm zu gruseln, und aufstehen zu koennen, wenn's denn doch zuviel wird?

Und da zeigt sich wieder, dass du dich lediglich auf den Freizeit-Aspekt des RSPs konzentrierst. Das ist völlig in Ordnung, erklärt aber gleich, das Problem, das du mit dem Mißbrauchs oder Traumata-Thema hast.
Und eben da liegt eben das von mir schon am Anfang dieser Diskussion angesprochene Problem: Man ist sich nicht einig was Rollenspiel ist. Denn ich behaupte einfach mal, dass Kunst solcherlei Themata behandeln darf und sogar soll, bloße Unterhaltungsmedien nicht. (Das ist nicht meine Meinung sondern allgemein angenohmene und praktizierte Ethik)
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 7.04.2004 | 19:54
Zitat
Solange du dir nicht mehr überlegt hast, zB was getan werden sollte oder was dich tatsächlich daranb stört solltest du dich von der Diskussion vielleicht etwas zurückziehen, da es ansonsten nichts bringt

Ja, ich habe auch das Gefuehl, dass wir grade total aneinander vorbeireden. Zum Besipiel finde ich auch Deine Reaktion auf meine -sicherlich provokante-Frage nicht sehr logisch. Klar finde ich Streit und Leid ganz allgemein doof, aber darueber lohnt es sich nicht zu diskutieren, weil alle Versuche, Streit und Leid allgemein abzuschaffen wahrscheinlich muessig sind, oder? In einem Spiel wird das aber zu irgendwas verwendet. Dabei hab ich ein schlechtes Gefuehl. Und sexueller Missbrauch an Kindern ist eine besondere Form von "doofen Sachen, die die Welt schlechter machen".

Und bitte: Du sagst ja selbst dass es ueberspitzt formuliert ist, aber ich sage doch noch ein wenig gehaltvolleres als : Baeh, doof. Hoffe ich zumindest. Wenn mir zu dem Thema nicht mehr einfaellt, dann sollte ich wirklich besser gar nichts sagen.

Minx, ich sag Dir was. Ich mach das Grofafo jetzt fuer heute zu, und les mir morgen den Thread noch mal in Ruhe durch. Vielleicht sieht dann alles anders aus, vielleicht sehen wir dann beide klarer.

@Gaukler: Findest Du, dass ich so dermassen unsachlich bin? Minx denkt, dass ich vom Thema abweiche. Vielleicht stimmt das, aber ich hoffe, ich verletze niemanden, oder?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 7.04.2004 | 20:13
Ok, ich muß mich hier tatsächlich entschuldigen, das war nicht sonderlich sachlich: Tut mir leid.

Ich denke nicht, das du vom Thema abweichst. Ich glaube aber das die Basis auf der du im Moment diskustierst nicht diskutierbar ist.

Zitat
Klar finde ich Streit und Leid ganz allgemein doof, aber darueber lohnt es sich nicht zu diskutieren, weil alle Versuche, Streit und Leid allgemein abzuschaffen wahrscheinlich muessig sind, oder? In einem Spiel wird das aber zu irgendwas verwendet. Dabei hab ich ein schlechtes Gefuehl. Und sexueller Missbrauch an Kindern ist eine besondere Form von "doofen Sachen, die die Welt schlechter machen".

Ich verstehe, das du ein schlechtes Gefühl dabei hast Mißbrauch im Rollenspiel zu verwenden. Ist verständlich und dein gutes Recht. Ich denke aber, das es unsinnig ist Spiele aufgrund persönlicher Präferenz grundsätzlich abzulehnen, und genau das hab ich das Gefühl tust du. Natürlich ist sexueller Mißbrauch schlecht. Und es ist nochmal schlimmer wenn man das einem Kind antut, aber das heißt nicht, das man das nicht in reifer Art und Weise in einem Rollenspiel behandeln kann.

ich rede hier ja nicht von "Rape: Die Mißhandlung", wo man seinen Charakter dadurch steigert, das man kleine Kinder vergewaltigt, sondern von einem Spiel, das sich zwar mit diesem Thema befasst, aber auf eine intelektuell ansprechende, es in keinster Weise verharmlosesten, Weise. Das sowas immer noch nicht für jeden ist ist klar, aber es ist nicht grundlegend zu verdammen, weder das Spiel selbst, noch die Leute die sowas spielen.

Und ja, ich glaub ich werd, nachdme ich mir das von der Brust geredet hab, auch mal Schluß machen. Essen ist (hoffentlich) auch bald fertig, und dann werd ich mir den Thread mal in Ruhe nochmal ansehen.

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 7.04.2004 | 20:28
@wjassula: nein, ich denke nicht dass du allzu unsachlich bist. Du betonst ja sogar stets wenn du aus einem Gefühl heraus argumentierst und wenn nicht...

Das Problem, dass ich sehe ist nur, dass wir irgendwie ganz allgemein von den grundlegenden Fragen abkommen.

Ich finde es schon allein daher interessaant, weil dieses RPG soviele Leute so sehr berührt. Ich würde mich, wäre ich der Autor, sehr darüber freuen. Leute zu berühren (wie auch immer) ist toll. Aber nur, wenn es sich um mehr als eine Unterhaltung (also mit dem Zweck: Spaß) handelt.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Arbo am 7.04.2004 | 21:05
<grummel> verdammt, da bin ich mal "kurz" draußen, komme rein, will was posten und dann ist diese Diskussion soweit forgeschritten ... </grummel>

Beim Durchlesen ist mir aufgefallen, was eigentlich das Problem mit dem Vergleich ist. Sicherlich, ein Rollenspielbuch ist ein Buch. Da stehen Buchstaben drin. Die können gelesen werden und fertig. Aber es gibt verschiedene Bücher. Ein Kochbuch ist auch ein Buch. Nun werde ich aber nicht davon satt, dass ich das Kochbuch lese. Im Gegenteil. Ich schlage mein kleines Halblingskochbüchlein auf und habe a) Appetit und b) werde ich aktiv ... ich koche.

Der Unterschied zwischen verschiedenen Romanen und Rollenspielbüchern ist, dass letztere dazu da sind, andere zu aktivieren und beim Aktivsein zu helfen.

Ohne Zweifel, ein Roman will seine Leser auch bewegen, dies kann sogar sein Sinn sein. Aber Rollenspiel ist in dieser Hinsicht viel stärker auf eine aktive Tätigkeit gerichtet. Es steht außer Zweifel, dass Rollenspieler das, was im Buch steht, umsetzen.

Nun halte ich die überwiegende Mehrheit der RollenspielerInnen für klug genug, nicht irgendwelchen Blödsinn zu machen. ABER ... es gibt einen Trend, dass Rollenspielsysteme div. Dinge wie Gewalt (besondere Arten von Gewalt) als Stilmittel für ein ernstes und düsteres RS verkaufen nach außen auch so wirken wollen. Die Spieler aber setzen das Ernsthafte nicht so um. Und genau das wissen die Hersteller. Die düsteren Elemente werden ausgebaut oder vertieft, ggf. mit Hintergründen unterlegt, womit eigentlich ein falscher Anreiz gegeben wird. Die Ernsthaftigkeit, die der Umgang mit div. Themen m.E. erfordert, verkommt nur zu einer Hülle. (Man bedenke diesbezüglich auch die Wirkung des Hobbys Rollenspiel nach außen.)

In gewisser Weise stellt sich auch die Frage nach dem, was eigentlich "dark" ist. Haben wir zwar auch schon ausführlich im Grofafo abgehandelt, aber ich habe den Eindruck, dass hier bestimmte Elemente hervorgehoben werden, die eigentlich mit jedem Genre bedient werden sollten. Warum also etwas, was in einem richtig gutem Szenario vorkommen kann, auf einmal als das Hauptelement in den Mittelpunkt stellen? Wie oben schon angedeutet wurde ... wenn es zu div. Handlungen (Vergewaltigung, Massenmord usw.) in einem Spiel kommt, weil es sich zwangsläufig als Konsequenz ergibt, ist das durchaus O.K. Aber wenn es zu solchen Handlungen kommen soll (!), dann erhält das für mich eine recht fragwürdige Färbung. Letztlich müsste ich dann nämlich fragen, was denn so toll daran ist, einen Char spielen zu wollen (!), der eben diese üblen Dinge erlebt oder ausübt ... Ab einem gewissen Grad hinterlässt dies nämlichen einen außergewöhnlich negativen Eindruck.

-gruß,
Arbo
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Gast am 7.04.2004 | 22:42
Ohne Zweifel, ein Roman will seine Leser auch bewegen, dies kann sogar sein Sinn sein. Aber Rollenspiel ist in dieser Hinsicht viel stärker auf eine aktive Tätigkeit gerichtet. Es steht außer Zweifel, dass Rollenspieler das, was im Buch steht, umsetzen.
Sorry, nein. Jedenfalls nicht einfach so, pauschal über den Daumen.
Ein Rollenspielbuch mag eine Anleitung sein, aber wenn dann ist es eine Anleitung, wie man sich gemeinsam etwas vorstellen kann, bzw. etwas in der Vorstellung tun. Ein Roman ist in vielen Fällen – nicht immer – auch eine Anleitung, wie der Leser sich die Ereignisse vorzustellen hat. Insofern besteht da ein großer Unterschied zu einer Bastelanleitung, die konkrete Handlungen an Objekten "vorschreibt". Und mit dem Begriff "umsetzen" würde ich ebenfalls etwas sorgsamer umgehen wollen, sonst stehen wir nämlich gleich ganz schön blöd da, wenn der nächste christliche Fundi Rollenspiel und Götzendienst verbindet. (Es sei denn, du willst argumentieren es gäbe eine solche Verbindung, aber dann ... naja, lassen wir das.)
Zitat
Nun halte ich die überwiegende Mehrheit der RollenspielerInnen für klug genug, nicht irgendwelchen Blödsinn zu machen. ABER ... es gibt einen Trend, dass Rollenspielsysteme div. Dinge wie Gewalt (besondere Arten von Gewalt) als Stilmittel für ein ernstes und düsteres RS verkaufen nach außen auch so wirken wollen.
Ja, es gibt auch einen Trend zum Einsatz von Gewalt als Stilmittel in Filmen, Büchern etc. Verkauft sich halt, scheiß Kapitalismus.;) Die Alternative heißt Zensur, mit anderen Worten, irgendwer entscheidet, was Kunst/Ernsthaft ist und was nur verkaufsförderndes Stilmittel ist. Wenn – alternativ – der mündige Konsument entscheidet, wird man damit leben müssen, dass der MK manchmal "falsch" liegt oder einen schlechten Geschmack hat. Anyway, wenn du Zensur willst, dann sag's, kann man drüber reden.
Zitat
Die Spieler aber setzen das Ernsthafte nicht so um.
Moment mal: "Die Spieler"? Wohl eher "ich kenne Spieler, die". Nun, ich kenne Leute, die keine Horrorfilme vertragen und wenn sie doch mal einen schauen zwei Wochen lang davon Alpträume haben. Ich kenne auch Leute, die über bestimmte (relativ normale) Themen kein vernünftiges Gespräch führen können, da gehen einfach die Scheuklappen runter und Schluß ist. Nicht jedes Angebot wird wahrgenommen und es gibt jede Menge Deppen da draussen. Aber folgt daraus irgendwas? Meiner Meinung nach zumindestens nichts, was spezifisch für RSPs wäre.
Zitat
Und genau das wissen die Hersteller. Die düsteren Elemente werden ausgebaut oder vertieft, ggf. mit Hintergründen unterlegt, womit eigentlich ein falscher Anreiz gegeben wird. Die Ernsthaftigkeit, die der Umgang mit div. Themen m.E. erfordert, verkommt nur zu einer Hülle. (Man bedenke diesbezüglich auch die Wirkung des Hobbys Rollenspiel nach außen.)
hä? Sorry, keine Ahnung was du sagen willst. "Mit Grusel werden Geschäfte gemacht", "Ja der Verlag gibt sich ernsthaft, aber _ich_ weis ganz genau, dass die das nicht so meinen und nur ein Deckmäntelchen suchen." Mal ehrlich, wie sieht deine Alternative aus? Schwierige Themen nur dann im RSP, wenn ein dickes Psycho-Selbsthilfebuch beiliegt? Alles reinwaschen, damit die Fundis keinen Angriffspunkt haben? RSP-Verlage, die sich im Gegensatz zum Rest der Welt nicht um ihre Profite kümmern?
Vor allem die unbewiesene Behauptung "die machen das für's Geschäft" finde ich etwas schwierig, es sei denn du kennst die entsprechenden Autoren und die haben das dir gegenüber so gesagt. (Selbst wenn, wäre die Frage, warum RSP-Verlage sich nicht am Markt orientieren sollten.)
Zitat
---SNIP---
Wie oben schon angedeutet wurde ... wenn es zu div. Handlungen (Vergewaltigung, Massenmord usw.) in einem Spiel kommt, weil es sich zwangsläufig als Konsequenz ergibt, ist das durchaus O.K. Aber wenn es zu solchen Handlungen kommen soll (!), dann erhält das für mich eine recht fragwürdige Färbung. Letztlich müsste ich dann nämlich fragen, was denn so toll daran ist, einen Char spielen zu wollen (!), der eben diese üblen Dinge erlebt oder ausübt ... Ab einem gewissen Grad hinterlässt dies nämlichen einen außergewöhnlich negativen Eindruck.
Nun, manche Leute haben das Bedürfnis, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen. Gerade weil sie verstörend sind, und eine rein intellektuelle Diskussion über so ein Thema unter Umständen recht steril bleibt, vor allem weil sich sowieso alle einig sind, dass gewissen Sachen halt einfach Scheiße sind. Rollenspiel ist auch eine Möglichkeit mit solchen Themen umzugehen.
Diese Auseinandersetzung kann einerseits durch Einfühlen in den Char, (den man sich ausgedacht hat) erfolgen, d.h. man beschäftigt sich mit der Frage, wie man in dieser Situation, mit dieser oder jener Biographie handeln würde. Die meisten Leute die ich kenne, haben sich bspw. schon mal gefragt, wer oder wie sie im 3. Reich gewesen wären, unabhängig vom RSP. RSP ist eine Möglichkeit, für sich eine Antwort auf diese Frage zu finden, oder zumindest die Frage besser zu verstehen.
Der zweite Grund, aus dem so etwas interessant sein kann, ist der, dass man im Spiel eine Geschichte erzählen möchte, in der eben auch ein solcher Charakter vorkommt. Es kommt dann natürlich keine Geschichte nach dem Muster "Held rettet Drachen vor böser Prinzessin" raus, sondern eher ein Drama um menschliche Schwächen, Ängste etc. Wenn ich sowas im RSP haben will, spiele ich halt auch einen Charakter der mich ankotzt, bzw. Sachen macht, die mich ankotzen.
Hilft das?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Boba Fett am 8.04.2004 | 11:29
@Montag:
- Es gibt eine Diskussion, dass einige Rollenspiele durchaus dem Christlichen Glauben widersprechen. Und ich meine jetzt nichts in Richtung "in Nomine". Allein das Christliche Gebot "Du sollst keine Götter haben, neben mir."
Was ich davon halte, ist nebensächlich, aber es gibt eine Diskussion in dieser Richtung.
Generell hat die katholische Kirche deswegen eine sehr ablehnende Haltung gegenüber Rollenspiel.
- Es gibt in Deutschland auch eine Zensur. Es gibt Inhalte deren Veröffentlichung verboten ist.

abgesehen davon:
(@alle:)
Worüber reden wir hier.
Jemand kauft sich ein Regelwerk und bietet an, es zu spielleitern, bzw. sucht sich Spieler.
Was da als erstes stattfindet ist ein Gespräch mit dem Thema "Um was geht es hier...".
Vielleicht fängt man bei Neulingen an, zu erklären, was Rollenspiel ist, ansonsten redet man über Genre, Setting und was man mit dem Spiel machen möchte.
Es findet also ein Sondierung statt. Die Spieler (und auch der Spielleiter) wissen also in den meisten Zügen, auf was sie sich einlassen.
Natürlich kann man überrascht werden, weil sich das Spiel anders entwickelt.
Natürlich kann es zu Situationen kommen, wo man plötzlich im Spiel Szenen mitbekommt, die einem an die Nieren gehen. Aber genau das gleiche kann einem tagtäglich passieren.
Im Kino, im TV, in der Zeitung, in der S-Bahn
Man kann den TV einschalten, weil ein guter Thriller kommt und wird mit Gewalt oder Vergewaltugungszenen konfrontiert.
Und genauso kann es beim Rollenspiel passieren, weil man nicht in aller kleinstem Detail prognostizieren kann welche Toleranzgrenzen der andere hat oder auch, welche der eigenen Toleranzgrenzen der Gegenüber überschreiten wird.
Man kann es nicht vorhersagen und man kann auch nicht alles ins kleinste Detail diskutieren, denn das würde jedes realisierbare Maß an Vorbereitung sprengen.

Es gibt nur zwei Dinge, die man tun kann:

- darauf vertrauen, dass die Mitspieler einen gut genug kennen, um zu wissen, wo die Grenzen des Erträglichen sind und auch die nötige Rücksicht nehmen.

- die Notbremse ziehen, wenn es doch zum GAU kommt.

Ganz ehrlich: Wenn ich im TV etwas sehe, was mich anwidert, schalte ich ab (oder ich schalte gar nicht erst ein). Wenn ich in der SBahn etwas sehe, dass ich nicht ertrage, schreite ich ein oder wechsel das Abteil (oder steige bei nächster Gelegenheit aus).
Und genauso würde ich beim Rollenspiel "Halt" rufen, oder gehen, wenn etwas meine Toleranzgrenze überschreitet. Als Spieler und auch als Spielleiter.
Und wenn das ein Mitspieler von mir machen würde, wäre ich auch nicht erbost, sondern würde die Situation klären und danach Rücksicht nehmen.

Ich kann nicht alles vorausberechnen, also muss ich mich ein gewisses Vertrauen entwickeln und im Ernstfall die Notbremse ziehen.

Die Ganzen extremen Beispiele in Themen wie "Vergewaltigung" oder "Kindesmisshandlung" finde ich stark übertrieben. Jemand, der mit solchen Dingen konfrontiert wurde und es deswegen nicht wieder damit in Kontakt kommen will, wird sofort die Notbremse ziehen. Sie oder er wird sofort "halt!" rufen oder das Zimmer verlassen. Solche Extremszenarien hier aufzubauen halte ich für Effekthascherei.

Fakt ist: Man kann nicht alles vorausberechnen und wissen, was der gegenüber als tolerierbar erachtet oder nicht. Man weiss auch niemals, was jemand beim Rollenspiel einbringt oder nicht. Auch wenn man sich Jahrelang kennt, kann man das nicht wissen.
Natürlich ist es besser, wenn man gewisse Grenzen absteckt. Aber man kann nicht jede einzelne abstecken. Dazu sind es zu viele.
Also vertraut man darauf, dass das Rollenspiel von den anderen Mitspielern in den gleichen Grenzen betrieben wird, die man selbst setzt. Wenn man sich lange kennt, fällt das meist leichter. Wenn die Gruppe frisch zusammengesetzt wird, ist es wahrscheinlicher, dass jemand andere Moralvorstellungen hat und Grenzen nicht einhält.

Wer das nicht akzeptieren kann, wird nicht Rollenspieler.
Wenn ich kein Vertrauen zu meinen Mitspielern habe, oder zum Spielleiter, kann ich nicht spielen. Wenn ich kein Vertrauen zum Busfahrer habe, steige ich nicht in den Bus.

Meine Persönliche Einstellung:
Rollenspiel soll unterhalten und Spaß machen. Vergewaltigung, Tierquälerei oder Kindesmisshandlung sind keine Themen, die mich unterhalten oder die mir Spaß machen.
Für mich ist da eine Grenze überschritten. Ich betone: für mich
Ich würde die Notbremse ziehen und wenn eine Gruppe auf dieser Thematik besteht, wäre ich kein Mitspieler, einfach weil ich dort keinen Spaß hätte.
In den 20 Jahren Rollenspiel habe ich solche Runden oder Spieler kennengelernt und meistens habe ich mich schnell von diesen getrennt. Ich (wieder Betonung: meine Meinung!) glaube auch, dass diese Themen oft eine "Alterserscheinung" sind.
Sprich: Mit Alter <20 stösst man öfter auf diese Thematik als mit Alter > 25.
Warum? Keine Ahnung? Vielleicht weil man im Teenage Alter noch sexuelle Sturm und Drang Zeit hat?
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 8.04.2004 | 11:35
Word...

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Gast am 8.04.2004 | 12:03
@Boba: danke für die Belehrung zum Thema Kirche und Rollenspiel und Zensur. Wär ich alleine nie drauf gekommen  ::)
(Falls ich mich wirklich zu kompliziert ausgedrückt haben sollte: wer LF/KÄ zensiert haben will, soll es sagen, gibt es Richtlinien für, kann man drüber reden. Wer sich im Bezug auf RSP zur katholischen Kirche oder den religiösen Fundis in USA ins Boot setzen will, soll es auch sagen, kann man vielleicht auch noch drüber reden. Soweit kein Problem. Ein Problem wird's für mich, wenn man sich mal eben der Argumente aus dem gerade erwähnten Fundus bedient, und dann aber nicht bereit ist, in dieser Haltung auch konsequent zu sein. Deswegen hab ich nachgefragt.)

Ansonsten volle Zustimmung, naja mit Ausnahme des letzten Satzes zum Alter, da hättest du die Pop-Psychologie vielleicht besser zuhause lassen sollen.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Boba Fett am 8.04.2004 | 12:18
Zitat
Ansonsten volle Zustimmung, naja mit Ausnahme des letzten Satzes zum Alter, da hättest du die Pop-Psychologie vielleicht besser zuhause lassen sollen.
@Montag:
Ich sagte explizit: "keine Ahnung" und formulierte es als Frage!
Es war eine Überlegung, keine Behauptung.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Gast am 8.04.2004 | 13:07
@Boba
schon klar ... nuhr ... ;)
*scnr*

FWIW, das mit Pubertät/Adoleszenten/Jugendliche = Sturm und Drang stimmt so nicht. Ist ein Mythos (Offer, D. & Schonert-Reichl, K. A. (1992). Debunking the Myths of Adolescence: Findings From Recent Research. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry. 31 (6), 1003-1014 ) Womit jetzt nicht gesagt sein soll, dass es da gar keine Probleme gibt, aber das würde jetzt zu weit off-topic gehen.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Boba Fett am 8.04.2004 | 13:34
Wie dem auch sei...

Meine Meinung dazu ist jedenfalls: Man kann nicht alles voraussehen. Rücksichtnahme und Gespräche können die Wahrscheinlichkeit eines Problems minimieren. Vertrauen ist notwendig. Notbremse ist im GAU Fall möglich.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: wjassula am 8.04.2004 | 21:37
So, jetzt hab ich mir den Thread noch mal in Ruhe durchgelesen.

Minx, ich moechte mich erstmal auch bei Dir entschuldigen, dass ich auf Deine Frage, was ich den eigentlich wolle, so kurz angebunden reagiert habe. Ich glaube, dass hat zu einigen Missverstaendnissen gefuehrt. Wenn ich Deine Reaktion richtig deute, warst Du veraergert darueber, dass ich hier den Mund so weit aufmache, aber andererseits sage, dass ich halt auch nicht so genau weiss, was mich eigentlich stoert, oder was man eigentlich besser machen sollte. Das haette ich wirklich noch etwas erklaeren sollen.

Mein Ausgangspunkt in dieser Diskussion ist, dass ich zwei widerstreitenden Positionen habe. Einmal glaube ich genau wie Du und viele andere hier, dass erwachsene Menschen selbst entscheiden sollen duerfen, was sie sich zumuten und was nicht. Und wenn diese muendigen Leser/Spieler dann entscheiden, dass sie Kleine Aengste inklusive des Missbrauchsthemas spielen wollen, sollte niemand ihnen was anderes vorschreiben. Autoren sollten sich ausdruecken koennen, wie sie wollen, und Zensur finde ich furchtbar.

Aber trotzdem habe ich das Gefuehl, dass bei Kleine Aengste irgend was nicht stimmt. Und das irgendwas an den Argumenten, die hier gebracht werden nicht stimmt. Dieser Meinung bin ich auch immer noch, und ich finde, dass viele meiner Argumente treffen, wenn sie auch etwas ungeordnet dastehen.

Das geht nun aber a) schlecht zusammen und b)ist ein Gefuehl allein noch keine Rechtfertigung dafuer, Kleine Aengste oder irgend ein anderes Spiel anzugreifen.

Ich habe deshalb die Diskussion hier benutzt, um mir selber auf die Schliche zu kommen, und verschiedene Argumente auszutauschen und zu sehen, ob ich mir so vielleicht eine genauere Meinung bilden kann.
Ich habe tatsaechlich keine fest gefuegte Meinung zu dem Thema. Das finde ich auch gar nicht weiter schlimm. Ich formuliere oft meine Gedanken waehrend des Sprechens und wechsle meine Meinung in einer Diskussion. Wofuer waere eine Diskussion auch sonst da?

Wenn man das aber nicht erklaert, wirkt das auf andere oft wirr, unklar, und vielleicht sogar ueberheblich.

Ich stelle beim nochmaligen Lesen fest, dass Du, ich und viele andere uns eigentlich immer dasselbe sagen. Ich lasse es jetzt erstmal gut sein, und warte ab, ob zu dem Thema hier noch jemand was bahnbrechend neues schreibt oder ob mir selbst noch neue Gedanken kommen. Ausserdem steht mein Entschluss jetzt fest, Kleine Aengste auf jeden Fall mal selbst zu spielen.

Bis hierhin erstmal Dank an alle fuer die spannende Diskussion. Ich hab mich selten durch ein Thema in einem Forum so herausgefordert gefuehlt. Eigentlich sollte ich ja schon dadurch beruhigt sein, dass es in der Szene offenbar so viele Leute gibt, die sich zu Kleine Aengste vernuenftige Gedanken machen.

Daumen hoch , Grofafo  :d.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Monkey McPants am 9.04.2004 | 00:09

Kein Problem. Schön zu sehen das wir eigentlich eh das gleiche meinten. :)

Aber mal so aus Neugierde:

Du hast echt keine Ahnung was dich an LF stört?

Faszinierend.

Aber ich kenn sowas selber. (Obwohl es dann meistens mit meiner Freundin zu tun hat.)

M
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Der Gaukler am 9.04.2004 | 01:27
ich denke er hat durchaus ein rect, nicht zu wissen, was ihn stört, solang er eben dies auch so formuliert und auch von mir ein

 :d Daumen hoch!  :d

War eine wirklich schöne Diskussion mit interessanten Blickwinkeln.

Wir sollten sie aber nicht kategorisch als beendet betrachten... sonst schlucken Leute, die noch was zu sagen haben, Dinge runter, die noch interessant werden könnten...

Für mich recicht es aber zunächst.

*verbeugt sich*

Vielen Dank nochmal!
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Lord Verminaard am 12.04.2004 | 01:51
Ich geb mal noch ein kurzes Statement, auch wenn die Diskussion schon ziemlich fertig ist. Interessantes Thema, anhand der "Vergewaltigungs"-Problematik auf der personellen Ebene ähnlich bereits mehrfach erörtert. Neu ist der Gesichtspunkt der Verantwortung der Verlage. Da kann ich mich nur Minx anschließen:

Zitat
Natürlich haben sie eine Verantwortung, aber keine andere als ein normaler Autor, der ein Buch über ein kontroversielles Thema schreibt. Er muß dazu stehen, er muß begründen, weshalb er die Entscheidungen getroffen hat die ergetroffen hat, aber thats it.

Wenn ich ein Rollenspiel mit problematischen Inhalten herausbringe, sollte ich das entsprechend deutlich machen und erklären, wie ich mir die Umsetzung vorstelle. Der Rest ist Eigenverantwortung der Spieler. Altersbeschränkungen halte ich für ebenso wünschenswert wie aussichtslos. Das ist dasselbe in grün wie bei den Videospielen.
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Boba Fett am 13.04.2004 | 13:54
Altersbeschränkungen stehen aber normalerweise immer dabei.
So war KULT beispielsweise auch für 16+ empfohlen...
Oder sogar 18+ ???
Titel: Re: Rollenspiele, Unterhaltung, Verantwortung
Beitrag von: Bad Horse am 13.04.2004 | 17:43
Bei den WW-Produkten steht immer ein "Suggested for mature readers" dabei, was eigentlich nicht so schlecht ist. Schließlich weiß Tante Magda, die ihrem Neffen Fritzi zum 13. Geburtstag so ein "Rollenspiel" schenken will, nicht unbedingt Bescheid, was da toll wäre. Nicht, daß ich glaube, daß Fritzi durch das falsche Buch einen Schaden davonträgt - es wird ihn einfach nicht interessieren, und er wirft das Buch (und vielleicht auch das Hobby) in die Ecke. ;)

Ansonsten sehe ich durchaus einen Unterschied zwischen einem Roman und einen Rollenspiel-Buch - letzteres bietet ein Instrumentarium, eine Gebrauchanweisung also. Und wenn ich ein Kochbuch schreibe, dann gehört der Hinweis, das man sich nach dem Chili-Schneiden nicht in die Augen langen soll, eigentlich auch dazu.