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Pen & Paper - Spielsysteme => Systemübergreifende Themen => Thema gestartet von: Little Indian #5 am 19.07.2019 | 21:54

Titel: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Little Indian #5 am 19.07.2019 | 21:54
Ohne das jetzt empirisch belegen zu können, würde ich sagen, dass du erfolgreichsten Rollenspielsysteme, die es in deutscher Sprache gibt, vermutlich die folgenden sind:

Das Schwarze Auge
Pathfinder
Dungeons & Dragons
Splittermond
Shadowrun
Cthulhu

Und das sind alles Systeme, die sehr umfangreiche (und detaillierte) Regeln mit dicken Regelbüchern haben. Damit will ich nicht sagen, dass es unbedingt schwierige Regeln sind. Cthulhu zumindest hat ja mit dem %-System ein eigentlich einfaches Regelwerk, das aber durch die große Zahl an Fertigkeiten, Berufen und Zaubersprüchen doch schnell unübersichtlich wird.

Woran liegt das eigentlich? Ist es eine typisch deutsche Eigenart, dass wir gerne detaillierte Regeln haben? Obwohl, Pathfinder und D&D sind ja auch im Ausland erfolgreich.

Dabei wären doch regelleichte Systeme sowohl für alte Spieler (die aufgrund von Familie und Beruf wenig Zeit haben, sich auf die seltenen Spielsitzungen vorzubereiten) als auch für Einsteiger ins Hobby eigentlich viel sinnvoller.

Ein Grund ist natürlich die “Vorherrschaft“ von DSA. Viele derjenigen, die ins Hobby eingeführt werden, erleben dieses System als erstes (weil es eben am häufigsten gespielt wird) und bleiben dann zumindest vorerst einmal dabei.

Und was könnte sonst noch dazu beitragen?


EDIT:
Splittermond eingefügt.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: NurgleHH am 19.07.2019 | 22:00
Ich glaube es liegt an den Verlegern. Kleine Verlage haben die leichten Systeme wie Shadow of the Demonlord, Fantasy Age, Trudvang oder Witcher veröffentlich. Eventuell setzen die großen auf schon im original erfolgreiche System. Savage Worlds ist jetzt ja auch bei Ulisses und ziemlich erfolgreich...
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: JS am 19.07.2019 | 22:04
D&D 5 zähle ich aktuell nicht zu den Regelboliden, aber unabhängig davon:
Meine Leute und mich zieht es nicht zwingend zu Regelschwergewichten, aber zwei Aspekte lassen uns mit diesen Systemen relativ glücklich sein:
- Ausgeregelte Optionsvielfalt ohne ständiges Handwelden und Diskussionen.
- Umfangreiche Möglichkeiten zur Charaktersteigerung und -gestaltung.

Bei Regelleichtgewichten - von denen wir viele kennen - haben wir bisher immer recht schnell festgestellt, daß uns viele Situationen zu erzählerisch frei und letztlich "willkürlich" waren und die Charaktere auf Dauer nur wenige Stellschrauben hatten.
Darüber hinaus muß man ja auch bei einem Schwergewicht i.d.R. nicht ständig alle Bücher durchwühlen. Viele Regeln kommen selten vor, aber wenn, dann sind sie eben auch da.

Ich bin als SL offen, aber meine Leute tendieren klar zu verregelteren Systemen.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Little Indian #5 am 19.07.2019 | 22:17
Meine Leute und mich zieht es nicht zwingend zu Regelschwergewichten, aber zwei Aspekte lassen uns mit diesen Systemen relativ glücklich sein:
- Ausgeregelte Optionsvielfalt ohne ständiges Handwelden und Diskussionen.
- Umfangreiche Möglichkeiten zur Charaktersteigerung und -gestaltung.

Diese Anforderungen kann natürlich nur ein System mit umfangreichen (wenn auch nicht unbedingt schwierigen) Regeln erfüllen.

Ist dass eine "typische" Erwartungshaltung an ein Rollenspielsystem - zumindest im deutschsprachigen Raum?

Mich selbst stört kaum etwas mehr an einem System als eine übermäßige Zahl an Talenten/Vorteilen/nennt-es-wie-ihr's-wollt, die nur ganz wenige SCs/NSCs besitzen und deren Wirkung man auch normalerweise gar nicht auf dem Schirm haben kann, weil sie sich eben nicht einfach aus der Bezeichnung ergbit. Man muss sich also die Wirkung eines jeden Talents notieren, wenn man es wirklich nutzen will. Oder Spruchlisten, die hunderte von Zaubern umfassen, von denen 90% doch sowieso in einer Kampagne nicht verwendet werden - schon gar nicht von den Spielern.
Dass so etwas für Verlage natürlich attraktiv ist, ist klar. Nicht nur kann man mehrere Bände mit Talenten/Zaubern/usw. herausbringen und das auch immer wieder (s. Pathfinder), man kann auch noch Kartensätze verkaufen, die den Spielern das Spielen erleichtern, weil sie die relevanten Informationen für jedes/n Talent/Zauber/usw. bereithalten (s. DSA).
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Crimson King am 19.07.2019 | 22:23
Sind die erfolgreichsten Systeme auf englisch keine Regelmonster?

Crunch ist meines Erachtens die zweiteinfachste Methode, mehr Bücher zu verkaufen. Die einfachste ist, alle paar Jahre eine neue Edition raus zu bringen.

DnD 5 ist unter den erfolgreichen Systemen tatsächlich die löbliche Ausnahme, die nicht so sehr auf Crunch fokussiert, und ist damit sogar am erfolgreichsten. Die verkaufen halt auch viel Quellenmaterial und Abenteuer. Beim Quellenmaterial haben sie wiederum den Vorteil, nicht settinggebunden zu sein. Warum so viele Systeme sehr settinggebunden erscheinen, erschließt sich mir auch nicht. Da geht ordentlich Potenzial verloren.

Tatsächlich mögen es die meisten Leute, mit denen ich in meiner gesamten Rollenspielzeit zu tun hatte, wenig bis mittelmäßig crunchig. DnD, DSA, Splittermond, Shadowrun, Rolemaster, GURPS, Vampire wurde und wird da nicht so furchtbar viel gespielt. Das dürfte aber eher ein Peer Group Phänomen sein.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Megavolt am 19.07.2019 | 22:24
viele Regeln = viele Bücher = viele Verkäufe

Rollenspiel auf dem Bierdeckel ist ohne Weiteres möglich, aber halt ökonomisch völlig uninteressant.

Mich wurmt eher, dass die Leute so viel Geld für Regeln ausgeben. Gute Abenteuer, ey, DAS ist doch der unbezahlbar wertvolle und nicht ohne Weiteres substituierbare Schatz der Rollenspielliteratur.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2019 | 22:34
Ich denke, die Antwort ist einfach: ein einfaches, elegantes, und kurzes Regelwerk, das keine Erweiterungen im Dutzendpack braucht, wird sich allein deswegen schon damit schwertun, im Sinne des Marktes "erfolgreich" zu sein. Da kauft die Kundschaft einmal, was da ist, ist dann damit zufrieden, und das war's auch schon wieder. Um "Erfolg" im Sinne von "massig Umsatz machen und damit ein möglichst großes Stück vom Kuchen abbekommen" zu haben, ist also ein Regel- und Settingmonster, das darauf angelegt ist, möglichst nie wirklich "fertig" zu sein, damit man eine Ausrede hat, ständig weiteres Material zu produzieren und verkaufen, praktisch schon vonnöten.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Little Indian #5 am 19.07.2019 | 22:47
Ich denke, die Antwort ist einfach: ein einfaches, elegantes, und kurzes Regelwerk, das keine Erweiterungen im Dutzendpack braucht, wird sich allein deswegen schon damit schwertun, im Sinne des Marktes "erfolgreich" zu sein. Da kauft die Kundschaft einmal, was da ist, ist dann damit zufrieden, und das war's auch schon wieder. Um "Erfolg" im Sinne von "massig Umsatz machen und damit ein möglichst großes Stück vom Kuchen abbekommen" zu haben, ist also ein Regel- und Settingmonster, das darauf angelegt ist, möglichst nie wirklich "fertig" zu sein, damit man eine Ausrede hat, ständig weiteres Material zu produzieren und verkaufen, praktisch schon vonnöten.

Natürlich ist ein solches Vorgehen für den Verlag kaufmännisch sinnvoll. Aber warum machen die Spieler das mit? Es gibt ja tatsächlich auch weniger regelintensive Systeme als Alternative.

Im Videospielbereich haben doch - vom professionellen E-Sport vielleicht mal abgesehen - die Konsolen den PC mittlerweile weit abgehängt. Und das hat ganz bestimmt auch damit zu tun, dass man seine Konsole nicht alle Nase lang soft- und hardwaremäßig nachrüsten muss, um aktuelle Spiele nutzen zu können. Warum kaufen Spieler und Spielleiter bei Rollenspielen aber Systeme, bei denen sie wissen, dass sie dafür regelmäßig Bücher nachkaufen müssen?
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Duck am 19.07.2019 | 22:54
Ein Faktor, der in die Popularität regelschwerer Rollenspiele hineinspielen könnte, ist wohl auch die Möglichkeit zum Barbiespiel. Wenn ich 3.000 verschiedene Talente oder Waffen habe, dann kann ich mir auch abseits vom Spieltisch mehr Gedanken über die genaue Ausgestaltung meines Charakters machen, und das bereitet einigen Spielern viel Freude.

Mich wurmt eher, dass die Leute so viel Geld für Regeln ausgeben. Gute Abenteuer, ey, DAS ist doch der unbezahlbar wertvolle und nicht ohne Weiteres substituierbare Schatz der Rollenspielliteratur.
Abenteuer sind halt prinzipbedingt nur für Spielleiter und Sammler interessant, während Splatbooks auch für reine Spieler einen Mehrwert bieten. :-\

Mich würde in diesem Zusammenhang mal interessieren, wie sich der Rollenspielumsatz in Deutschland zwischen Spielleitern und (vorrangigen) Spielern verteilt. Sind die Spielleiter die "dicken Fische" und alle anderen kaufen nur ab und zu mal was (wenn überhaupt) oder ist die Verteilung eher gleichmäßig? Aber ich schätze, aussagekräftige Daten dafür zu finden, ist nahezu unmöglich.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2019 | 22:58
Natürlich ist ein solches Vorgehen für den Verlag kaufmännisch sinnvoll. Aber warum machen die Spieler das mit? Es gibt ja tatsächlich auch weniger regelintensive Systeme als Alternative.

Sammlerreflex, denke ich. Wenn's mehr gibt, dann löst das bei zumindest einem guten Teil der Spielerschaft einfach den "Muß ich auch noch haben!"-Impuls aus -- je nach konkretem Produkt vielleicht nicht immer im gleichen Maß, aber immerhin. Und was den angesprochenen Videospielbereich angeht, funktioniert der modernerweise nach meinem Verständnis auch nicht wirklich anders: Abos, DLC, Mikrotransaktionen, und wie die ganzen anderen Ansätze, Spielern nach dem Erstkauf salamitaktisch geschickt weiteres Geld aus der Tasche zu ziehen, noch alle heißen mögen...gibt's da ja genauso. ;)
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Crimson King am 19.07.2019 | 22:59
Wieviele Crunchbücher gibt es denn für Cthulhu?

Bei SR, DnD 3 & 4, PF ist der Powergaming-Aspekt halt sehr ausgeprägt. Viele Spieler wollen den Crunch und den damit verbundenen Power Creep. DSA ist ein Sonderfall, das Spiel ist historisch gewachsen und den Bullshit dann nicht mehr los geworden. Splittermond ist DSA für Spieler, die mit den DSA-Regeln unzufrieden sind und das Gleiche in besser haben wollten. Ich bin mir bei DSA und Splittermond aber auch nicht sicher, dass die viel Geld mit Crunch machen. Die verdienen doch auch eher an Abenteuern und Regionalbänden, oder irre ich mich da? Da ist dann ggf. der Crunch mit drin, aber den brauchen die Spieler eigentlich nicht.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: TEW am 20.07.2019 | 02:53
Im Videospielbereich haben doch - vom professionellen E-Sport vielleicht mal abgesehen - die Konsolen den PC mittlerweile weit abgehängt.

Nicht wirklich. Die sind etwa gleichauf.

Smartphones und Tablets hingegen...
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Fnord am 20.07.2019 | 08:23
Wieviele Crunchbücher gibt es denn für Cthulhu?

viele Regeln = viele Bücher = viele Verkäufe
Mich wurmt eher, dass die Leute so viel Geld für Regeln ausgeben. Gute Abenteuer, ey, DAS ist doch der unbezahlbar wertvolle und nicht ohne Weiteres substituierbare Schatz der Rollenspielliteratur.

Private + Cthulhu sind  da wirklich die Gegenbeispiele, denn Detektivabenteuer sind schwer zu schreiben und die Handouts wchwer selber zu machen.
Cthulhu fügt in seine Quellenbücher, die kaum neue Regeln enthalten immer wieder neue Abenteuer ein.

Bei Fantasy oder auch Cyberpunk, denke ich immer, dass kann ich auch selber schreiben.

Aber wie Megavolt schon schrieb: viele Regeln = viele Bücher = viele Verkäufe
Als reiner Spieler kaufe ich mir auch auch Regeln, ggf. Quellenbände, aber Abenteuer ? Damit würde ich mir den Spass ja verderben.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Silent Pat am 20.07.2019 | 08:29
Ich bin mir bei DSA und Splittermond aber auch nicht sicher, dass die viel Geld mit Crunch machen. Die verdienen doch auch eher an Abenteuern und Regionalbänden, oder irre ich mich da? Da ist dann ggf. der Crunch mit drin, aber den brauchen die Spieler eigentlich nicht.

Ganz unabhängig von Spittermond gilt eigentlich fast immer - Crunch verkauft sich wesentlich besser als alles andere. Das gilt sogar für sowas wie FATE! ;)
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Moonmoth am 20.07.2019 | 08:36
Ich erinnere mich dunkel an ein Gespräch mit einem Händler, der betonte dass der deutsche Markt in solchen Sachen ziemlich speziell sei - die Kundschaft hierzulande würde vor allem Regeln, noch mehr Regeln und Zusatzregeln kaufen. Hintergrundbände und Abenteuer würde da erst mit großem Abstand folgen.
Wenn das allgemein so ist, verstehe ich auch warum es hier regelleichte Systeme (und D&D ist das definitiv nicht…) es so schwer haben.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Kaskantor am 20.07.2019 | 09:08
Vielleicht sollten wir DnD5 da erstmal außen vor lassen. Das Phänomen beruht wahrscheinlich nicht nur wegen dem Crunchlevel, sondern einfach deswegen weil es auch Medial so gepushed wurde.
Oder kennt ihr derzeit noch andere Spiele, die es in TV-Serien und co. schaffen?
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Woodman am 20.07.2019 | 09:34
Ich erinnere mich dunkel an ein Gespräch mit einem Händler, der betonte dass der deutsche Markt in solchen Sachen ziemlich speziell sei - die Kundschaft hierzulande würde vor allem Regeln, noch mehr Regeln und Zusatzregeln kaufen. Hintergrundbände und Abenteuer würde da erst mit großem Abstand folgen.
Wenn das allgemein so ist, verstehe ich auch warum es hier regelleichte Systeme (und D&D ist das definitiv nicht…) es so schwer haben.
Hmm sicher das das ein deustches Phänomen ist? Praktisch dieselbe Aussage habe ich auch von amerikanischen Publishern gelesen
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Xemides am 20.07.2019 | 09:44
Meine Leute und mich zieht es nicht zwingend zu Regelschwergewichten, aber zwei Aspekte lassen uns mit diesen Systemen relativ glücklich sein:
- Ausgeregelte Optionsvielfalt ohne ständiges Handwelden und Diskussionen.
- Umfangreiche Möglichkeiten zur Charaktersteigerung und -gestaltung.

Ich sehe das wie JS und seine Spieler.

Ich möchte genau so spielen.

Und vielleicht ist es einfach so, das die meisten Leute so spielen wollen. Weil man halt doch eher beim Spiel ist als beim Erzählen.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: BBB am 20.07.2019 | 09:48
Ich glaube, wie auch viele Vorschreiber, dass hier zwei Faktoren miteinander wirken, die sich gegenseitig hochschaukeln.
Zum einen, dass sich Regeln besser verkaufen als Hintergrund, weil man Regeln nunmal zum Spielen braucht. Deutschland ist ein Land mit einer sehr ausgeprägten (Brett-)Spielkultur. Und was brauchst du zum Spielen? Die Regeln und das Spielmaterial, wobei letzteres im Falle von Rollenspielen ja eigentlich nur aus Pen und Paper besteht.

Sprich: Regeln verkaufen sich gut, weil sie zum Spielen notwendig sind.

Was macht nun ein Verlag, der vom Verkauf leben muss?
Na klar, er produziert Regelschwergewichte, die er an den Mann bringen kann. Möglichst viele davon.

Damit entsteht dann der Eindruck, das Regelschwergewichte besonders gewollt sind, eben weil sie am erfolgreichsten verkauft werden. Die Triebfeder dahinter ist aber glaube ich eher ökonomischer Natur.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: tartex am 20.07.2019 | 10:31
Gute Abenteuer, ey, DAS ist doch der unbezahlbar wertvolle und nicht ohne Weiteres substituierbare Schatz der Rollenspielliteratur.

Weiß nicht. Kaufabenteuer sind für mich immer schon ein Schritt von der Idealform des Rollenspiels weg.

Je mehr ich die legendärsten Abenteuer und Kampagnen gesammelt habe, desto weniger sehe ich sie als wirklich wertvoll an. Und beim Spielen waren die tollsten Elemente dann immer doch jene, die die Gruppe selbst beigetragen hat.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: tartex am 20.07.2019 | 10:51
Tja, liegt wahrscheinlich hauptsächlich an mir, dass die Literaturform des Abenteuers (in allen Ausprägungen) nicht zündet und ich mich selbst durch die genannten Beispiele (oder meinetwegen die Enemy-Within-Kampagne durchquälen musste), selbst wenn ich bei Let's-Plays besonders zu DCC viel Spass hatte.

Mir ging es auch eher darum, was am Tisch passiert, als um den Text.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Megavolt am 20.07.2019 | 10:52
Da kann man ja auch wenig gegen sagen.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Ravenking am 20.07.2019 | 10:54
Crunch verkauft sich wesentlich besser als alles andere

Das ist wohl offenbar ein Fakt, allerdings frage ich mich wirklich, wieso das so ist.

Mich wurmt eher, dass die Leute so viel Geld für Regeln ausgeben. Gute Abenteuer, ey, DAS ist doch der unbezahlbar wertvolle und nicht ohne Weiteres substituierbare Schatz der Rollenspielliteratur.

Mir geht es da ähnlich:

Regelbücher kaufe ich mir von den Systemen, die ich spiele. Plus vielleicht mal gelegentlich ein Buch, wenn das System mich regeltechnisch interessiert o.ä. um neugierig reinzugucken, auch wenn ich es wahrscheinlich nicht spielen werde.

Aber Hintergrundbücher und Abenteuer kaufe ich mehr oder weniger querbeet von allen Systemen. Zum einen, weil es oft Spaß macht, sie zu lesen (im Gegensatz zu drögen Regeltexten). Zum anderen aber vor allem, weil das für mich als SL als wunderbarer Steinbruch und Ideengrube dient, die ich zu allen möglichen Zwecken ausschlachten und (auch für andere Systeme und Welten) weiterverwenden und bei diversen Gelegenheiten als Gedankenanregung in die Hand nehmen kann.

Da ich also da offenbar ein sehr untypischer Fall bin (weil ich definitv viel mehr Hintergrund und Abenteuerkram als Regeln kaufe) würde mich mal die Frage an die typische Mehrheit interessieren: Warum kauft ihr hauptsächlich nur regellastige Bücher? Sind das Regeln, die ihr alle zum Spielen braucht oder lest ihr Regeln nur aus Interesse?
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Megavolt am 20.07.2019 | 11:03
Warum kauft ihr hauptsächlich nur regellastige Bücher? Sind das Regeln, die ihr alle zum Spielen braucht oder lest ihr Regeln nur aus Interesse?

Regeln lese ich gerne zur Inspiration. Wenn man sich das Shadowrun- oder das GURPS-Regelkonvolut anschaut, das würde ich nie im Leben am Tisch so umsetzen (mir scheint das auch unmöglich zu sein), aber mal 40 Seiten über Biotech oder Psionik zu lesen, das ist doch einfach nur geil.

Und die Vermittlung der Inhalte als Regeltext (wenn beispielsweise drin steht: "Mit dem künstlichen Magen kann sich der Troll kostengünstig von Blumenerde ernähren und spart dadurch 50% Lebenshaltungskosten") ist jetzt auch nicht schlechter als als reiner Fluff (also wenn drin stünde: "Mit dem künstlichen Magen verträgt der Troll Blumenerde").

Insofern bin ich durchaus ein Regelkäufer, und lese mir also auch gerne hundert Statblocks über Drohnen durch oder so.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Ravenking am 20.07.2019 | 11:09
aber mal 40 Seiten über Biotech oder Psionik zu lesen, das ist doch einfach nur geil.

Ok, kann ich verstehen. Aber heißt das nicht, dass dich vor allem die Info (also die technischen Hintergründe?) interessieren und nicht die konkrete (spiel-)regeltechnische Umseztung? Will sagen: wärst du mit einem Hintergrundband über Biotech und Psionik nicht genauso glücklich? Oder geht es dir wirklich um die Regeln dazu?
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Megavolt am 20.07.2019 | 11:13
Ok, kann ich verstehen. Aber heißt das nicht, dass dich vor allem die Info (also die technischen Hintergründe?) interessieren und nicht die konkrete (spiel-)regeltechnische Umseztung? Will sagen: wärst du mit einem Hintergrundband über Biotech und Psionik nicht genauso glücklich? Oder geht es dir wirklich um die Regeln dazu?

Das ist eine gute Frage. Die crunchige Info "Für die Investition von 2000 Nuyen für einen künstlichen Magen spart der Troll zukünftig 50% Lebenshaltungskosten" gibt der Angelegenheit irgendwie zusätzliche Relevanz. Das empfinde ich als Pluspunkt gegenüber dem reinen Fluff.

Mir fällt auf, dass ich es nur so ein- oder zwei Mal geschafft habe, eine dieser Introfiction-Kurzgeschichten in den Shadowrun-Bänden zu lesen, die es da ja vor allen großen Kapiteln gibt (immer mit diesem weißen Text auf dem schwarzem Hintergrund). Keine Ahnung. Vielleicht geht es wirklich um den Eindruck der Relevanz von Texten. 
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Woodman am 20.07.2019 | 11:39
Das Abenteuer eigentlich nur für SL und Sammler wirklich als Kaufobjekte in Frage kommen, wurde ja schon erwähnt, aber auch aus der SL Sicht sind Abenteuer ja praktisch Einweg Artikel, mit der eigenen Gruppe kann man das einmal spielen, und danach steht es im Regal und sammelt Staub und die meisten Abenteuer sind zu lang um sie mal auf ner Con zu leiten. Regel- und Settingbücher dagegen kann man über Jahre immer wieder verwenden, da bekommt man gefühlt "mehr" für sein Geld.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: foolcat am 20.07.2019 | 11:41
Ok, kann ich verstehen. Aber heißt das nicht, dass dich vor allem die Info (also die technischen Hintergründe?) interessieren und nicht die konkrete (spiel-)regeltechnische Umseztung? Will sagen: wärst du mit einem Hintergrundband über Biotech und Psionik nicht genauso glücklich? Oder geht es dir wirklich um die Regeln dazu?
Zum Verständnis muss man hier anbringen, dass GURPS-Bücher wie Low-Tech, High-Tech, Ultra-Tech, Bio-Tech, etc. eigentlich beides sind: Das jeweilige Sachgebiet wird facettenreich beleuchtet (soweit existent/relevant auch in seiner realen historischen Entwicklung; oder im Fall von reiner Fiktion auch in seiner literarischen), um dann konkrete Entwicklungen regeltechnisch abzudecken. GURPS ist sprichwörtlich ein Werkzeugkasten; lernt man damit umzugehen, kann man alles damit bauen, in beliebiger oder gewünschter Detailverliebtheit.



Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: takti der blonde? am 20.07.2019 | 11:42
Warum kauft ihr hauptsächlich nur regellastige Bücher?

Weil ich mir denke, dass gute Regeln handwerklich schwieriger sind als mittelmäßiger Fluff. Dass ich dabei in der Realität häufig enttäuscht werde, ist dann eine andere Diskussion.

Grüße

Hasran
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: nobody@home am 20.07.2019 | 11:46
Da ich also da offenbar ein sehr untypischer Fall bin (weil ich definitv viel mehr Hintergrund und Abenteuerkram als Regeln kaufe) würde mich mal die Frage an die typische Mehrheit interessieren: Warum kauft ihr hauptsächlich nur regellastige Bücher? Sind das Regeln, die ihr alle zum Spielen braucht oder lest ihr Regeln nur aus Interesse?

Soweit's mich angeht: Weil es leichter ist, mir den Fluff für ein Abenteuer oder auch mal eine ganze Welt aus den Fingern zu saugen, als ein komplettes Regelsystem in Eigenregie zu entwerfen; wenn ich also die Wahl zwischen einem Regelbuch und einer regelfreien Kanonfibel habe, nehme ich ersteres. Daß ich dabei auch Bücher für Systeme mitnehme, die ich möglicherweise nie im Leben spielen werde, die mich aber trotzdem mal interessieren oder mir zumindest neue Ideen liefern könnten, steht auf einem anderen Blatt und ändert nichts an der Tatsache, daß ich auch da lieber Regel- als "nur" reines Hintergrundmaterial kaufe.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: La Cipolla am 20.07.2019 | 11:53
Es ist halt auch einfach normal.

Normal kann sich natürlich auch ändern, aber wer "objektive" Vorteile mancher Regeln (oder Produktformate) gegenüber anderen als Grund für so eine Änderung heranzieht, übergeht in meinen Augen, wie egal den meisten Rollenspielern ist, welche Regeln hinter dem Spaß stehen, den sie haben. (Und dass sie die Produkte bereits besitzen.) Und dass sie diesen Spaß definitiv haben.

Wir sind hier doch sowieso die übelste Expertenblase.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Little Indian #5 am 20.07.2019 | 12:33
Wir sind hier doch sowieso die übelste Expertenblase.

Das könnte tatsächlich ein Faktor sein.
So hat z.B. der User Braunbaer (dem es hoffentlich nichts ausmacht, dass ich ihn hier als Beispiel verwende) erzählt, dass er als Spieler seine ersten Erfahrungen mit Pathfinder gemacht hat (also einem der crunchigsten Systeme auf dem Markt) und jetzt aber für seinen Einstieg als Spielleiter Aborea verwenden will, gerade weil dies nicht so umfangreich ist. Das zeigt doch, dass der Wunsch nach viel Crunch zumindest bei Einsteigern ins Rollenspiel gar nicht so groß sind, selbst wenn sie bereits entsprechende Systeme durchaus als spielbar wahrgenommen haben.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: YY am 20.07.2019 | 12:35
Und was könnte sonst noch dazu beitragen?

1. Die Rollenspielvariante des Gear Acquisition Syndrome. Man will sich mit seinem Hobby befassen und das bedeutet u.A., dass man ständig schaut, was es so Neues gibt und am Ende viel mehr kauft, als man tatsächlich braucht. Das gibt es in unbewusster und "halb bewusster" Form; es geht auch auf die Hoffnung zurück, dass das Spielerlebnis mit mehr Regelgedöns besser wird (obwohl man kein konkretes Problem hat). Außerdem betrifft es die Selbstwahrnehmung: Ein "richtiger" Rollenspieler hat doch viel Rollenspielkram und ist auf der Höhe der Zeit, oder?

2. "Warum machen die Spieler das mit?" ist mMn keine passend formulierte Frage. Es ist ja nicht so, dass Spieler und SLs genau wissen, dass sie den ganzen Kram eigentlich nicht brauchen, aber in irgendeiner Weise gezwungen oder dazu manipuliert werden, den Kram zu kaufen.
Dahinter steht wie angesprochen die Hoffnung, mit "offiziellen" (und damit irgendwie besseren) Regelerweiterungen ein besseres Spielerlebnis zu bekommen - und (daher als getrennter Punkt) das stimmt in vielen Fällen aus unterschiedlichen Gründen auch (z.B., weil man Powercreep will oder auch "nur", weil man Inspiration für eigene Basteleien bekommt, egal ob regel- oder settingseitig).

Möglichst kompakte, vielseitige Regeln zu haben, mit denen man fast alles abdecken kann und den anfallenden Rest selbst zu erstellen, wenn der Bedarf entsteht, ist kein allgemeiner Konsens - wenn das so wäre, wären die großen Regelschwergewichte bei weitem nicht so erfolgreich, auch wenn dann immer noch genug Spieler fast jedes beliebige neue "Futter" kaufen würden.
Offizielle Regelerweiterungen haben einen viel größeren Reiz, als viele im :T: ihnen zugestehen.

Damit entsteht dann der Eindruck, das Regelschwergewichte besonders gewollt sind, eben weil sie am erfolgreichsten verkauft werden.

Betrachten wir es mal andersrum:
Wenn es ein für mich rundum gelungenes Spiel in einem einzigen Regelwerk gibt, von dem nie was anderes erscheint, kaufe ich das genau einmal.

Um wirtschaftlich erfolgreich zu sein, braucht es einen ständigen Produktausstoß - nur das kann überhaupt irgendwie tragfähig sein, unabhängig von der Qualität oder der inhaltlichen Ausrichtung dessen, was da produziert wird.

Das bedeutet aber jenseits des genannten G.A.S. nicht, dass da künstlich ein Markt geschaffen wird. Alles andere ist einfach wirtschaftlich nicht relevant.

Das zeigt doch, dass der Wunsch nach viel Crunch zumindest bei Einsteigern ins Rollenspiel gar nicht so groß sind, selbst wenn sie bereits entsprechende Systeme durchaus als spielbar wahrgenommen haben.

Die andere Art von Einsteigern gibt es genau so - also jene, die "klein" anfangen und dann aus diversen Gründen quasi crunch-süchtig werden.
Das sind nicht gerade wenige und diese Gruppe ist es, die die Schwergewichte am Laufen hält.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: AlucartDante am 20.07.2019 | 12:40
Def: Hm, also Cthulhu zähle ich zu den sehr einfachen Regelwerken. DSA, Shadowrun und Pathfinder zu den sehr komplexen. D&D und Splittermond sind für mich in der Mitte.

Wenn in Deutschland komplexere Systeme erfolgreicher sind als anderswo kann dies an folgenden Punkten liegen:
- schon vor Rollenspielen ausgewiesene Spielerkultur
- bodenständige und daher simulationistische Kultur, was schnell zu mehr Regeln führen kann
- die Entwicklung von DSA

Ich weiße aber mal darauf hin, dass die Entwicklung derzeit klar in eine Richtung geht: Vereinfachung!

Siehe DSA 5 zu 4, D&D5 statt vorherige Editionen und Pathfinder, Shadowrun 6 statt 5, 4 oder 3. Splittermond im Vergleich zu DSA. Überall wird es einfacher. Die einzige Ausnahme ist Cthulhu, wo die neue Edition mit Regeln recht lang geworden ist. Hier gilt aber die Besonderheit, dass die meisten Spieler auf Editionen gar nicht achten und einfach weiter spielen.

Edit:
2. "Warum machen die Spieler das mit?" ist mMn keine passend formulierte Frage. Es ist ja nicht so, dass Spieler und SLs genau wissen, dass sie den ganzen Kram eigentlich nicht brauchen, aber in irgendeiner Weise gezwungen oder dazu manipuliert werden, den Kram zu kaufen.
Das sehe ich anders. Werbung und Manipulation spielen im Rollenspielbereich keine große Rolle. Eher manipulieren die Käufer Verlage dazu, das zu drucken. D&D oder Shadowrun kann man super nur mit Grundregelwerk spielen. Andere Bücher sind für manche auch nur Inspiration.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Maarzan am 20.07.2019 | 12:50
Mit dem "Einsteigen". Klar kann man Leute mit zu viel am Anfang auch erschlagen. Aber nach dem passenden Köder, müssen sie aber auch so lange mit mehr bei der Stange gehalten werden, bis sie sicher infiziert sind. Das kann in Spielerlebnissen erfolgen oder in anderen Formen von Belohnungen/Spielzeug üblicherwiese dann in Kram für ihre Figur (oder die nächste).

Die Spielerlebnisse können die Verlage aber nur indirekt beeinflussen (über den Umweg Hintergründe und Abenteuer kaufende Spielleiter) und da hakt es meinem Eindruck nach massiv, da zu viele Abenteuerschreiber eigentlich lieber Romane als Spielmaterial geschrieben hätten oder das auf die Schnelle als Notwendigkeit erledigen (ggf. halt auch,weil es nicht so gut bezahlt wird) .

Auf anderer Ebene wie andererorts schon erwähnt. Abenteuer und Hintergründe erfinden sehe ich (und scheinbar auch noch ein paar andere) als den kreativen Anteil am Spiel (als SL) an. Was da ggf ärgert ist der notwendige Aufwand mit den Detailarbeiten und props um das dann hieb- und stichfest zu machen und für alles die passenden Handouts zu haben. Aber genau so etwas fehlt dann doch in den Abenteuern oft genug gerade auch oder was da ist ergibt dann bei genauerem hinschauen keinen Sinn, so dass man diese Feinschliffarbeit dann eh leisten müsste.

Wer hingegen eh tatsächlich auf der regelleichten Seite liegt, erzeugt dann ja auch keine oder kaum Nachfrage, macht damit dann eben auch kein System verlagstechnisch gesehen "erfolgreich".
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: BBB am 20.07.2019 | 12:54
Betrachten wir es mal andersrum:
Wenn es ein für mich rundum gelungenes Spiel in einem einzigen Regelwerk gibt, von dem nie was anderes erscheint, kaufe ich das genau einmal.

Um wirtschaftlich erfolgreich zu sein, braucht es einen ständigen Produktausstoß - nur das kann überhaupt irgendwie tragfähig sein, unabhängig von der Qualität oder der inhaltlichen Ausrichtung dessen, was da produziert wird.

Das bedeutet aber jenseits des genannten G.A.S. nicht, dass da künstlich ein Markt geschaffen wird. Alles andere ist einfach wirtschaftlich nicht relevant.

Genau das.

Bestes Beispiel ist für mich Fate. Es gab eine Zeit, da hörte ich an jeder Rollenspiel-Ecke Fate. Klar, meine Blase und so, aber es entstand für mich subjektiv der Eindruck, dass das momentan das meistverkaufte Rollenspiel sein müsste.
Nun hab ich keine Ahnung, wie oft Fate wirklich verkauft wurde, aber ich weiß dass es nicht ausreichte, um Evil Hat Productions ausreichend zu finanzieren. Denn außer dem Fate Grundregelwerk braucht man... nichts.

Wirtschaftlich betrachtet können nur die Regelschwergewichte erfolgreich werden, solange das ganze als Buchform und gedruckt erscheint, denn nur so kriegt man genügend Ausstoß hin, um den Verlag am Leben zu erhalten.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Crimson King am 20.07.2019 | 12:57
Genau das.

Bestes Beispiel ist für mich Fate. Es gab eine Zeit, da hörte ich an jeder Rollenspiel-Ecke Fate. Klar, meine Blase und so, aber es entstand für mich subjektiv der Eindruck, dass das momentan das meistverkaufte Rollenspiel sein müsste.
Nun hab ich keine Ahnung, wie oft Fate wirklich verkauft wurde, aber ich weiß dass es nicht ausreichte, um Evil Hat Productions ausreichend zu finanzieren. Denn außer dem Fate Grundregelwerk braucht man... nichts.

Wirtschaftlich betrachtet können nur die Regelschwergewichte erfolgreich werden, solange das ganze als Buchform und gedruckt erscheint, denn nur so kriegt man genügend Ausstoß hin, um den Verlag am Leben zu erhalten.

Außer dem DnD 5 Grundregelwerk braucht man zum DnD spielen auch nichts. Trotzdem ist es das kommerziell erfolgreichste Rollenspiel aller Zeiten. Das alleine ist es nicht. Grundsätzlich dürfte die Antwort auf die Frage, weshalb kommerziell erfolgreiche Regelwerke mindestens mittelmäßig komplex sind, nicht so einfach zu beantworten sein.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: JS am 20.07.2019 | 13:34
Außer dem kostenlosen SRD braucht man zum DnD spielen auch nichts. Trotzdem ist es das kommerziell erfolgreichste Rollenspiel aller Zeiten. Das alleine ist es nicht. Grundsätzlich dürfte die Antwort auf die Frage, weshalb kommerziell erfolgreiche Regelwerke mindestens mittelmäßig komplex sind, nicht so einfach zu beantworten sein.

Kleine Korrektur, die deine Aussage aber noch mehr unterstreicht.
 ::)
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: tartex am 20.07.2019 | 13:48
Ich bin über Spirit of the Century zu FATE gekommen, habe mir später dann noch Strands of Fate gekauft, und das sind für mich beide umdurchquerbare Crunch-Halden.

Mag aber auch zum Teil daran liegen, dass so gut wie keine Illustrationen drin sind.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Kaskantor am 20.07.2019 | 13:53
Zum SR5 GRW bräuchte man theoretisch auch nix. Aber wissen ja, dass es nicht beim GRW bleibt. Und so ist es auch bei DnD.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Crimson King am 20.07.2019 | 14:03
Zum SR5 GRW bräuchte man theoretisch auch nix. Aber wissen ja, dass es nicht beim GRW bleibt. Und so ist es auch bei DnD.

Dann stellt sich die Frage, wieso das bei FATE anders ist. Da steht zu vermuten, weil man das anders spielt.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Maarzan am 20.07.2019 | 14:08
Ist halt dann letztlich eine Frage des "Was ist erfolgreich" - Spielerzahl oder Markterfolg?

Zur Spielerzahl:
Wie viele Leute spielen noch Spiele von Anno19Xx?
Wer spielt komplett systemfrei?

Die Spielerzahlen bekommen wir wohl nie raus, da genau diejenigen, die uns so schon im Blick fehlen, im privaten Nebel bleiben.

Bliebe also der Markterfolg. Und dann ist "erfolgreich", was ausreichend Spielern ausreichend vermittelt einen Mehrwert zu bieten, dass sie für neue Produkte zahlen. Ob sie etwas "brauchen" oder nicht, entscheiden die Leute dann mit dem Geldbeutel.

Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Megavolt am 20.07.2019 | 14:11
Die Spielerzahlen bekommen wir wohl nie raus, da genau diejenigen, die uns so schon im Blick fehlen, im privaten Nebel bleiben.

Der Geheimdienst soll mal umfassend alle WhatsApp Unterhaltungen auswerten.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Caranthir am 20.07.2019 | 14:16
Die Frage ist doch, wie zugänglich ein Rollenspiel vom Thema/Setting ist. D&D ist so erfolgreich, wei es Fantasy umsetzt, mit der die meisten etwas anfangen können. Und dann sind auch noch viele von uns heiß auf neues Regelmaterial, das das weiter bedient. Neue Quellenbücher führen zu neuen Regelbüchern und die führen dann wieder zu neuen Quellenbüchern usw.

Fate bietet neben Core kaum noch Schwergewichte. Die Bücher sind alle relativ kompakt und nicht so teuer. Die Abenteuerwelten sind Pay what you want. Einzig die Toolkits zeigen, wie man die Regeln in unterschiedlichen Genres umsetzen kann, sind aber auch eher niedrigpreisiger und kleiner. Es wäre eben paradox, wenn Fate einerseits sagt "Macht eure eigenen Spiele" und dann anderseits hunderte Seite dicke Quellenbücher bringt.

Von daher muss erfogreich und gut nicht unbedingt finanziell erfolgreich heißen  ;).
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Crimson King am 20.07.2019 | 14:17
Ich vermute ja, der private Nebel verhüllt vornehmlich Mainstream-Spieler und Herzensbrecher. Man muss ja nicht darüber diskutieren, dass FATE und PbtA hier im Forum massiv überrepräsentiert sind. Trotzdem liegen die Postingzahlen der enstprechenden Subforen unter denen von DnD 5, DSA & Co, und bei den aktiven Systemen werden die Großen auch am häufigsten genannt. Außerhalb des Tanelorn-Biotops dürfte der hier erkennbare Massevorteil der Großen einer totalen Dominanz selbiger weichen.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Caranthir am 20.07.2019 | 14:22
Außerhalb des Tanelorn-Biotops dürfte der hier erkennbare Massevorteil der Großen einer totalen Dominanz selbiger weichen.

Damit hast du höchstwahrscheinlich Recht!
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: nobody@home am 20.07.2019 | 14:24
Dann stellt sich die Frage, wieso das bei FATE anders ist. Da steht zu vermuten, weil man das anders spielt.

Ein Unterschied mag darin liegen, daß sich Fate spätestens seit Core bewußt als "Baukasten" zum Selbermachen präsentiert. Da gibt's unter anderem keine großen offiziellen Listen an Feats oder Fertigkeiten oder Ausrüstung, die bitteschön genauso offiziell erweitert werden wollen, wenn man gerne mehr hätte; das sind schon ab Werk Sachen, die sich die Gruppe (und im Zweifelsfall speziell die SL) mit Unterstützung durch diverse Vorschläge und Daumenregeln selbst zurechtbasteln kann und auch ausdrücklich darf.

Was nun natürlich seinerseits auch wieder eher die Selbermacher, Bastler und Tüftler unter den Rollenspielern anspricht als die "Nur authentisches Kanonmaterial vom Originalhersteller (TM) zählt, alles andere ist übelste Ketzerei und gilt nicht!"-Fraktion...und unter anderem sind die eben schon aufgrund ihrer Vorlieben ein bißchen schwerer zu melken. ;)
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Samael am 20.07.2019 | 14:43

Das Schwarze Auge
Pathfinder
Dungeons & Dragons
Splittermond
Shadowrun
Cthulhu

Und das sind alles Systeme, die sehr umfangreiche (und detaillierte) Regeln mit dicken Regelbüchern haben.

Kann man zwar so sehen, aber zumindest D&D5 und Cthulhu haben keine Regelsplatbook-Flut.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Bilwiss am 20.07.2019 | 15:23
Warum kauft ihr hauptsächlich nur regellastige Bücher? Sind das Regeln, die ihr alle zum Spielen braucht oder lest ihr Regeln nur aus Interesse?

Mir macht es Spaß gut geschriebene Regeln zu lesen. Ich krieg da gleich neue Ideen für den nächsten coolen Character.
Das ganze muss ja nicht zwangsläufig zu super crunchige Systemen führen.
Im Schatten des Dämonenfürsten ist z.B. ein System mit sehr vielen Optionen und viel Material.
Trotzdem ist es mMn relativ regelleicht.

Und wenn ich in irgendeine neue Welt eintauchen will dann lese ich ehrlichgesagt lieber einen Roman als ein Rollenspielfluffbuch.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: BBB am 20.07.2019 | 15:36
Gut, vielleicht war Fate als konkretes Beispiel schlecht gewählt, aber damals ist es mir halt aufgefallen. Zumal es damals in meiner Wahrnehmung nur Fate Core und Turbo Fate gab, was aber zumindest in der Außendarstellung ja eher zwei miteinander kompatible aber unabhängige Systeme sind.
Ist aber auch egal, ihr wisst worauf ich hinaus wollte.

Außer dem DnD 5 Grundregelwerk braucht man zum DnD spielen auch nichts. Trotzdem ist es das kommerziell erfolgreichste Rollenspiel aller Zeiten. Das alleine ist es nicht.

Ich brauche auch bei *hier Namen eines beliebigen, in deinen Augen regelschweren Rollenspiels einfügen* nicht mehr als ein Buch, um zu spielen.
Es gibt aber wesentlich mehr zu kaufen und ich glaube bei den meisten Spielern, gerade auch in Deutschland, herrscht die schon erwähnte Grundhaltung vor: Mehr Regeln bedeutet mehr Spielspaß, also kaufe ich mir die auch noch. Auch wenn sie optional sind.
DSA5 wird ja auch nicht müde zu betonen, dass es außer dem Grundregelwerk und dem Almanach (ich glaube das waren die zwei, ansonsten korrigiert mich gern - bin weder mit D&D noch mit DSA5 wirklich vertraut) nichts weiter braucht, um DSA zu spielen.

Und trotzdem ist in nahezu jedem DSA5 Buch ein mehr oder minder großer Anteil Fokusregeln.

Ich will das auch gar nicht an einem einzelnen System fest machen, sondern nur sagen:
Ganz grundsätzlich ist es so, dass Regeln zum Spiel notwendig sind, Fluff nur in sehr geringem Maße. Das heißt Regeln verkaufen sich besser. Und das heißt, für Verlage macht es Sinn, ihren Fokus grundsätzlich auf mittel bis schwere Regelmonster zu legen, eben weil sie damit mehr Umsatz machen (können).

Grundsätzlich dürfte die Antwort auf die Frage, weshalb kommerziell erfolgreiche Regelwerke mindestens mittelmäßig komplex sind, nicht so einfach zu beantworten sein.

Kann sehr gut sein, dass da noch andere Faktoren eine Rolle spielen, das will ich gar nicht bestreiten.
Aber ich glaube einer der größten, wenn nicht gar der größte, ist ein ökonomischer Faktor.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Ein Dämon auf Abwegen am 20.07.2019 | 16:35
Ich glaub viele mögen auch einfach nicht den Hohen Abstraktionsgrad den du bei den Leichtgewichten hast.
Viele DSA4 Spieler mögen es z.B. das Geweihte nich nach den selben Regeln zaubern wie Magier und das für nahezu jeden Einwohner von Aventurien ein R/K/P-Paket gibt.

Ich persönlich finds z.B. auch ganz cool das du bei SR3 Regeln hast um Sachen wie Waffen, Fahrzeuge ect. selber zu entwerfen. Nur sind diese halt leider unnötig kompliziert (bzw. einfach unübersichtlich aufgeschrieben), z.T. unausgewogen und in manchen Fällen ist das was rauskommt leider unbezahlbar teuer.

Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Dark_Pharaoh am 20.07.2019 | 17:20
Bis auf Cthulhu kann ich mit den genannten Systemen nichts anfangen, genau aus dem Grund. Ich habe weder Zeit und Lust, mir da diverse Zusatzregelwerke anzuschauen. Die Quellenbände für Cthulhu braucht man nicht zwingend, die sind eher hilfreich, wenn man eigene Sachen machen will. Oder als Anregung für spezielle Runden, Kampagnen und Abenteuer. Stehen weitesgehend nur aus Sammlerleidenschaft im Schrank, genutzt habe ich sie wenig.

Mich holt man mit leichten Systeme ab: Wenig Regel (ich hasse es, Regel zu lesen). Gerne Fluff, den kann man immer und überall nutzen. Die Vorbereitungszeit sollte vom System her kurz sein, stecke dann lieber Zeit und Energie in die Stimmung, Audios, Handouts etc. - um das Erlebnis am Tisch vielseitig und spannend zu gestalten.

Warum das bei uns so ist, mit den großen Systemen? Ich denke einfach, für die gibt es Romane, PC Spiele, Brettspiele etc. - zudem findet man dafür leicht Runden. Die kleineren Sachen legen den Fokus oftmals eher auf Improvisation auf allen Seiten, durch das fehlende Gerüst an Regeln sind sie oft fordernder. Was kann ich in einer Szene tun? Wie bringe ich mich ein? Wie unterstütze ich die Geschichte? Zudem erfordern die kleinen Sachen mehr Aufwand (zumindest auf den ersten Blick), weil man sich mehr selbst erarbeiten muss. Das schreckt sicher auch einige Leute ab. Wobei das in meinen Augen eine Fehleinschätzung ist. Bis ich in DSA etwa wirklich drin bin habe ich 10 Abenteuer entworfen und gespielt, wenn ich etwa schlanke Sachen wir Beyond the Wall nehme.

Aber die letzten Jahre tut sich, zu meiner großne Freude, am Markt etwas. Allen voran durch System Matters mit der kleinen Reihe und den sonst auch recht schlanken Systemen. Zudem wird man hier auch mit ordentlich Abenteuern versorgt. Bin gespannt, wie sich das weiterentwickeln wird.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Boba Fett am 20.07.2019 | 17:21
Warum sind erfolgreiche Systeme immer die umfangreichen?

Weil Verlage davon existieren, Bücher zu verkaufen und weil wir Rollenspieler immer wieder was zusätzliches haben wollen, um uns damit zu beschäftigen.
Nehmen wir an, ein Verlag liefert ein Rollenspiel, das mit 200 Seiten Regelwerk und Settingbeschreibung auskommt und qualitativ wirklich gut gemacht ist. Und es unterstützt sogar mehrere Arten Rollenspiel zu machen. Jeder kauft es und der Verlag und auch jeder Shop hat genug Geld um ein Jahr lang zu existieren. Ja und dann?
Die Rollenspieler wollen wieder was zu lesen haben und die Verlage wollen was produzieren und die Händler wollen was verkaufen.
Also bringt man ein neues System raus und wieder eines und wieder eines. Und keines kann sich so richtig durchsetzen und niemand ist wirklich glücklich, weil eines der vielgepriesenen Versprechen ist dich die Kontinuität im spielen...
... und einige wenige nehmen das Spiel und bauen es selber aus, mit Hausregeln, Rulings, alternativen Settings, und so weiter (das hatten wir damals mit den ganzen Selfmade Heartbreakern vereinzelt sogar in den 80ern - nur das dieses eben meist auf einige Runden lokal beschränkt war und das meiste ganz schön unausgegoren war. Und heute hat doch niemand mehr Zeit für sowas - Facebook sei dank...).
Also bringt man ein System raus, was ordentlich viel Material hat (was kein Problem ist, weil Autoren sich ja lieber mit vielen als mit wenigen Worten verewigen) und dann Zusatzmaterial, Abenteuer, Kampagnen, Würfel, Käsenschneider mit Systemlogo und Karten und ...
...und alle sind glücklich. Der Rollenspieler kann sich ewig mit seinem System beschäftigen, bekommt Kampagnen, Metaplot, ikonische Figuren und Krimskrams und die anderen können davon existieren ohne sich immer wieder das Rad völlig neu zu erfinden.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: YY am 21.07.2019 | 10:36
Ein Unterschied mag darin liegen, daß sich Fate spätestens seit Core bewußt als "Baukasten" zum Selbermachen präsentiert. Da gibt's unter anderem keine großen offiziellen Listen an Feats oder Fertigkeiten oder Ausrüstung, die bitteschön genauso offiziell erweitert werden wollen, wenn man gerne mehr hätte; das sind schon ab Werk Sachen, die sich die Gruppe (und im Zweifelsfall speziell die SL) mit Unterstützung durch diverse Vorschläge und Daumenregeln selbst zurechtbasteln kann und auch ausdrücklich darf.

Das sehe ich als großes Problem, was Fate-Produkte angeht.
Wenn man das Ganze noch ein bisschen expliziter nicht braucht als in anderen Systemen, muss es eben schon einen deutlichen Mehrwert bieten, damit man es "trotzdem" kauft.
Das bieten viele Fate-Settings mMn nicht, während man z.B. bei D&D5 gut aufbereitete Kampagnen u.Ä. bekommt. 

Und wenn sich schon die D&D5-GRWs gut verkaufen und man damit nicht nur neue D&D5-Spieler, sondern komplett frische Rollenspieler gewinnt, wird man auch klassische Kaufabenteuer und Kampagnen besser los - davon lösen sich viele Einsteiger nur langsam.


Ich weiße aber mal darauf hin, dass die Entwicklung derzeit klar in eine Richtung geht: Vereinfachung!

Siehe DSA 5 zu 4, D&D5 statt vorherige Editionen und Pathfinder, Shadowrun 6 statt 5, 4 oder 3. Splittermond im Vergleich zu DSA. Überall wird es einfacher.

Für DSA5 wollte man das vielleicht irgendwann mal, passiert ist es aber nicht.
In Sachen Regelumfang sehe ich da keinen relevanten Unterschied zu DSA4, Fokusregeln hin oder her - weglassen konnte man früher auch.

Auch Splittermond ist recht komplex und vor Allem umfangreich. Da greifen mMn Regeln besser ineinander und sind eher aus einem Guss wie bei DSA, aber das ist in Sachen Umfang allemal in der gleichen Gewichtsklasse wie DSA. 
Wie viele Meisterschaften gibt es da noch mal? Wie viele Zauber? Wie viele Waffen und Rüstungen mit wie vielen besonderen Eigenschaften u.Ä.? Das ist doch nicht einfacher oder gar minimalistisch, sondern wie gesagt "nur" wesentlich besser aufgestellt (was eine Heidenarbeit und eine Riesenleistung ist).

Was SR6 angeht, warte ich mal noch ab. Das wird wohl nicht spürbar einfacher als SR4 zu Editionsbeginn und der weitere Verlauf wirds zeigen - ich prophezeie eine ähnliche Entwicklung wie bei DSA5.



Bleibt D&D5. Da kann ich es tatsächlich nachvollziehen, aber man muss auch sehen, dass das keine radikale, möglichst weit gehende Vereinfachung ist, sondern mehr eine bewusste Selbstbeschränkung, um die schlimmsten Wucherungen von 3 und 3.5 (teils mit 3rd party-Material) oder PF nicht zu wiederholen.
Schlank und einfach ist dennoch anders: Mit PHB, DMG und Monster Manual ist man bei ca. 1000 Seiten, ohne MM sinds immer noch 640.
 
Trotzdem ist das mMn ein guter Weg: Kaum Powercreep oder rules-bloat, sondern umfangreiche Kampagnen und ansonsten viel Drumherum und Nippes für jene, die das wollen - von schicken Würfelsets über Retro-Produkte und diversen Fluff-Guides, selbstreferentiellem Merch-Kram wie die Stranger Things-Box bis hin zur Waterdeep: Dragon Heist-Platin-Edition für 500 Schleifen...wer will, greift zu, der Rest lässt es bleiben und hat trotzdem ein gefühlt vollständiges Spiel.

Ergo 1 (D&5): Ja, damit ist endlich der "Beweis" geführt, dass steter Produktausstoß auch ohne Regelwucherung geht. Von schlank und einfach oder gar minimalistisch ist D&D5 aber immer noch Welten entfernt. Da verzerrt der Vergleich mit den absurden Auswüchsen von 3.5 oder PF die Wahrnehmung.   

Ergo 2 (Allgemein): Den großen Trend zur (möglichst weitgehenden) Vereinfachung sehe ich nicht, höchstens die versuchte, aber nicht immer geschaffte Abkehr von der willenlosen Wucherung teils undurchdachter, ungetesteter oder schlecht formulierter Regeln.
Dass man z.B. auf ein dumpster fire wie SR5 nicht noch weiter Sprit kippt, ist jedenfalls keine große Errungenschaft oder ein genialer Designansatz, sondern eine längst fällige Notwendigkeit - allerdings auch da weniger aufgrund des reinen Umfangs, sondern wegen der Inhalte, die diesen Umfang ausmachen. Blöderweise bedeutet eine Reduzierung im Umfang nicht automatisch ein handwerklich besseres Produkt, von daher bleibt das spannend.


Werbung und Manipulation spielen im Rollenspielbereich keine große Rolle.

Das habe ich doch auch geschrieben wtf?

Eher manipulieren die Käufer Verlage dazu, das zu drucken.

Indem sie sagen, was sie wollen (teils über Umwege) und das dann auch tatsächlich kaufen?
Wo ist da die Manipulation?
Das ist doch lediglich sinnvolle Kommunikation von Nachfrager und Anbieter.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Maarzan am 21.07.2019 | 10:47
Das bei Fate und ähnlichen Leichtgewichten sehe ich nicht als "Baukasten". Baukasten wäre so etwas wie Hero oder wenn es zumindest um Charaktererschaffung geht wie Gurps oder DSA4.

So lange das Gebotene eher  "diskutiert es halt am Tisch aus " ist, statt verbindliche und damit verplanbare Vorlagen, hat es eben außer als Ideenstupser gerade KEINEN Mehrwert. 

Bezahl wird primär für handfeste Vorteile und/oder Arbeitserleichterung.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Nodens Sohn am 21.07.2019 | 11:28
Ich möchte dem Grundgedanken dieses Threads widersprechen.
Ich denke nicht, dass besonders in Deutschland nur Regelmonster erfolgreich sein können. Ich glaube, dass in Deutschland nur Mainstreamprodukte erfolgreich sein können.

Cthulhu hat als 88 seitiges Softcover angefangen. Es sind keine Fertigkeiten dazugekommen, doch der Fluff-, Monster-, Sprüche- und Pseudoregelteil ist ins unermessliche gesteigert worden. Ebenso sind auch D&D und DSA und ebenso Midgard, als schlanke Softcover an den Start gegangen. Der Umfang war von unbedarften Jugendlichen gut zu bewältigen und D&D hatte sogar im schlanken Regelheft eine recht gelungene, fast schon pädagogisch durchdachte Hinführung zum Spiel (ja ich rede von den schlanken roten Heften.)

Dass diese zu dicken Regelmonstern mutierten liegt wohl daran, dass es Gründe für neue Versionen gebraucht hat. Die Spieler wollten es so - der Verlag hat geliefert, es konnten wieder Bücher verkauft werden. So langsam rudern die (Regelmonster)Systeme wieder zurück und vereinfachen ihre Systeme.

Diese Regelmonster sind also historisch gewachsen und jetzt eben mainstream.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: nobody@home am 21.07.2019 | 12:04
Das sehe ich als großes Problem, was Fate-Produkte angeht.
Wenn man das Ganze noch ein bisschen expliziter nicht braucht als in anderen Systemen, muss es eben schon einen deutlichen Mehrwert bieten, damit man es "trotzdem" kauft.
Das bieten viele Fate-Settings mMn nicht, während man z.B. bei D&D5 gut aufbereitete Kampagnen u.Ä. bekommt.

Ich sagte ja schon, daß sich Fate in der Hinsicht mMn eher an Bastler und Selbermacher wendet -- die's ja zumindest gerüchteweise in Rollenspielkreisen auch geben soll -- und dafür die "ich will aber, daß mir der ganze Regel- und Settingkanon schön einzeln vorgekaut wird!"-Fraktion (ebenso wie auf der Autorenseite vermutlich umgekehrt die Schreiber, die sich lieber gründlich selbst in "ihren" Welten lang und breit verewigen) weniger abholt. Da sind die Geschmäcker schlicht verschieden -- und meiner unbescheidenen Meinung nach ist das auch nur gut so, denn rollenspielerischen Einheitsbrei egal welcher Couleur genau wollen vermutlich die wenigsten. (Na ja, zumindest nicht selber ungefragt von anderen vorgesetzt bekommen...bei der Gegenrichtung bin ich mir manchmal nicht so sicher. 8])

Mir persönlich steht ein zu detailliert ausgetüfteltes Kanonsetting praktisch unabhängig von den damit eventuell verbundenen Regeln im Zweifelsfall eher schnell im Weg, und daß die klassischen Beispiele dafür dann tatsächlich am liebsten im Verbund mit "Regelmonstern" wie den eingangs thematisierten aufzutreten scheinen, gibt ihnen einfach nur noch schneller den Rest; besonders mögen würde ich sie auch für meine Lieblingssysteme nicht.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Megavolt am 21.07.2019 | 12:09
Diese Regelmonster sind also historisch gewachsen und jetzt eben mainstream.

Sehr guter Ansatz. In meinen Augen gab es zum Jahrtausendwechsel (also als das Internet noch jung war) eine wahrnehmbare Simulationistenbewegung, die dann zu DSA4 geführt hat. Dieser Wellenkamm war dann irgendwann auch wieder durch und die Systeme sind eher leichtgängiger geworden. DSA5 offenbar nicht, vermutlich aus den beiden Gründen, dass man hier eine Tradion weiterzuführen hatte und dass man eben viele Bücher verkaufen wollte.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Thaddeus am 21.07.2019 | 12:40
Mit tradierten Spielweisen und Dogmen lässt sich argumentieren, ich denke aber, dass Regelmonster einfach von einer bestimmten Art des Rollenspiels vorausgesetzt werden. In vielen Runden, die ich so sehe, ist Rollenspiel vom erzählerischen Tiefgang her nicht viel mehr als Kniffel + Battlemap. Kreatives Erzählen ist schwierig und erfordert oft Spontaneität, die recht viel Übung braucht. Das bringt nicht jeder an den Spieltisch mit.

Ein minutiös und kleinteilig ausgearbeitet Regelsystem nimmt mir hier sehr viel Arbeit ab und ist damit zugänglicher. Ich brauche mir keine Gedanken mehr darüber zu machen, welche Auswirkungen ein Feuerball auf mich, auf meine Umwelt und meine Gegner hat, weil das von den Regeln im Detail doch bereits vorgegeben ist. Ebenso verhält sich das in so ziemlich allen anderen Bereichen des Rollenspiels. Mein Schwert macht 1W6+4 Schaden plus ggf. Boni, die ich alle auf meinem Charakterbogen finde. Toll!

Komplexe Regelsysteme bieten aber noch einen anderen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Die klare Begrenzung der outcome authority also des Erzählrechtes bezüglich des Ausgangs einer Situation. Deswegen werden komplexe Systeme häufig dafür gelobt, verlässlich zu sein. Als Spieler kann ich mich darauf verlassen, dass der Feuerball des bösen Zauberers eben nur 4W6 Schaden macht, WEIL DAS IN DEN REGELN SO STEHT! Oder: "Bitte schön! Ich habe einen Krit gewürfelt, ich mache jetzt +2W6 Schaden!" Das kann der Spielleiter dann auch nicht weghandwedeln, nicht wegehmen. Spieler fühlen sich weniger ausgeliefert. Das ganze wird planbarer.

Ich habe gestern auf dem FeenCon eine sehr schöne Runde Splittermond gespielt. Aber mein System ist und wird das nicht. Wenn mein Charakterbogen aussieht, wie die Formblätter für meine Steuererklärung, habe ich schon keinen Bock mehr.

Übrigens Ausnahme zur Regel: Vampire ist wohl eines der erfolgreichsten Regelsystem in D und mE ein absolutes Regelleichtgewicht.


Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: YY am 21.07.2019 | 12:49
Da sind die Geschmäcker schlicht verschieden -- und meiner unbescheidenen Meinung nach ist das auch nur gut so, denn rollenspielerischen Einheitsbrei egal welcher Couleur genau wollen vermutlich die wenigsten.

Ich wollte damit auch nicht sagen, dass Fate alles ganz anders machen sollte.
Das ist schlicht ein strukturelles Problem von Fate, das man nicht weg bekommt - wenn ich keine Regelerweiterungen erstellen kann, weil das Regelwerk in sich geschlossen ist und wenn mein Spiel der Ausrichtung nach nichts von detaillierten Settings hat (oder von diesen sogar ausgebremst wird)...was kann ich dann an Erweiterungen noch sinnvoll anbieten außer möglichst cleveren Anwendungsdemonstrationen mit schickem Artwork?
Und selbst dann gibt es noch genug Leute, die es mehr oder weniger aus Prinzip selbst machen - so ging es mir lange mit Savage Worlds. Da dachte ich sehr oft bei einem der zahllosen Settings: Coole Idee...und wenn ich das selbst mache, gefallen mir sogar jenseits der Grundidee auch die Kampagne und die Settingregeln.

In meinen Augen gab es zum Jahrtausendwechsel (also als das Internet noch jung war) eine wahrnehmbare Simulationistenbewegung, die dann zu DSA4 geführt hat.

Ich erinnere mich gut daran, bei vielen "neuen" (nämlich nur neu für DSA) Regelelementen gedacht zu haben: Das wird ja auch mal Zeit.

DSA4 kam zu spät mit Sachen um die Ecke, die andere gefühlt seit Ewigkeiten gemacht haben und schon ein paar Jahre später war das so weit durch, dass die gefühlte Notwendigkeit, das alles jetzt auch so zu machen, ziemlich weg war. Da hat sich die Vorstellung davon, was modernes/zeitgemäßes Spieldesign ist, schnell (wieder) ausdifferenziert. Vielleicht ist auch nur der diffuse Eindruck verschwunden, dass es da so etwas wie einen breiten Konsens überhaupt gäbe.

Noch ein bisschen mehr Trägheit/Beharrungsvermögen hätte möglicherweise zu einem aufgeräumten, modernisierten DSA3 anstelle des großen Bruchs und des mMn recht misslungenen Neustarts geführt - das erscheint mir heute im Rückblick in sehr ähnlicher Weise reizvoller wie ein restrukturiertes SR2/3 statt des tatsächlichen SR4.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: nobody@home am 21.07.2019 | 15:36
Was mir gerade noch so durch den Kopf geht und bisher noch nicht so recht angesprochen worden zu sein scheint, ist, daß Rollenspielbücher natürlich trivialerweise immer noch offensichtlich Bücher sind und damit ganz unabhängig von der Spielfunktion an sich auch noch ihren Anteil an schlichtem Lesefutter bieten. Das scheint mir auch und gerade für Regelbücher mit zu gelten, denn der Eindruck, den ich in der Beziehung habe, ist, daß sich da zumindest ab einem gewissen Punkt hauptsächlich die Art von Material gern verkauft, das sich zum Vorbereiten und "Spielen" zwischen den einzelnen Sitzungen eignet, ohne daß man es deswegen zwingend ständig zu diesen selbst mitschleppen und dann am Tisch regelmäßig auf-, zu-, und nachschlagen müßte. Für Spieler also in erster Linie Bücher mit neuen Klassen/Feats/Zaubersprüchen/anderen Charakteroptionen, von denen man sich dann eigentlich nur die merken muß, die man selber auch tatsächlich hat oder als nächstes gerne hätte, für die SL dagegen eher (oder zusätzlich noch) Monstersammlungen und vielleicht noch diverse Regelerweiterungsanleitungen zum Abdecken von Spezialfällen in entsprechend "speziellen" Szenarien (beispielsweise nach der Art "Kauft unseren Erweiterungsband mit ausgiebigen Unterwasserregeln!")...

...was dann netto dazu führt, daß die Seitenzahl der kompletten Sammlung gar nicht so stark das während der Sitzung im Kopf zu jonglierende "Regelgewicht" wiedergibt, wie der reine Blick ins Regal vielleicht suggerieren möchte. Das bleibt die Zuständigkeit der eigentlichen "Haupt"regelwerke -- vom sonstigen Material nimmt man ja nur, was man aktuell gerade will.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Xemides am 21.07.2019 | 22:13
Zu Nobodys Gedanken über Autoren, die sich in ihren Settings gerne verewigen:

Vergessen wir mal nicht, das es nicht wenige Autoren gibt, deren Settings zuerst da waren.

Greg Stafford hat Glorantha in den 60ern angefangen zu beschreiben, dann darauf Brettspiele gemacht und dann erst Runequest.

Die Frankes hatten zuerst Magira mit gestaltet, was der Ursprung von Midgard war, dann das Rollenspiel geschrieben.

Nur so zwei Beispiele.

Natürlich geht es diesen Leuten vor allem um die Darstellung ihrer Welt.


Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: AndreJarosch am 21.07.2019 | 22:31
Ich möchte dem Grundgedanken dieses Threads widersprechen.
Ich denke nicht, dass besonders in Deutschland nur Regelmonster erfolgreich sein können. Ich glaube, dass in Deutschland nur Mainstreamprodukte erfolgreich sein können.

Cthulhu hat als 88 seitiges Softcover angefangen. Es sind keine Fertigkeiten dazugekommen, doch der Fluff-, Monster-, Sprüche- und Pseudoregelteil ist ins unermessliche gesteigert worden. Ebenso sind auch D&D und DSA und ebenso Midgard, als schlanke Softcover an den Start gegangen. Der Umfang war von unbedarften Jugendlichen gut zu bewältigen und D&D hatte sogar im schlanken Regelheft eine recht gelungene, fast schon pädagogisch durchdachte Hinführung zum Spiel (ja ich rede von den schlanken roten Heften.)

Dass diese zu dicken Regelmonstern mutierten liegt wohl daran, dass es Gründe für neue Versionen gebraucht hat. Die Spieler wollten es so - der Verlag hat geliefert, es konnten wieder Bücher verkauft werden. So langsam rudern die (Regelmonster)Systeme wieder zurück und vereinfachen ihre Systeme.

Diese Regelmonster sind also historisch gewachsen und jetzt eben mainstream.

Diesem Text nicht widersprechend nur ergänzend:

Es ist einfacher ein vollständiges Regelbuch zu haben, welches für alle Eventualitäten gerüstet ist (und dadurch auch subjektiv betrachtet zum "Regelmonster" werden kann), bei dem man nach belieben baukastenmäßig auch Regeln weglassen oder vereinfachen kann, anstatt bei einem Light-System selbst Regeln dazuzubastelt die einem als Spielleiter oder Spieler fehlen.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Anderster am 13.09.2019 | 07:08
These 1: Vielleicht liegt der Erfolg von "Regelmonstern" an der deutschen Mentalität. Deutsche bleiben bei Rot stehen, auch wenn kein Auto kommt. Perfektionismus und der Wille alles genau richtigzumachen sind sehr ausgeprägt. Regeln geben uns einen (vermeintlich) richtigen Weg zu spielen vor, denn man dann nur noch gehen muss.

These 2: Kreatives auslegen von komplexen Regelsituationen am Spieltisch ist kein leichter Job und wird oft als Handwedeln verpönt. Spieler fühlen sich womöglich unfair behandelt und der SL ist schuld. Bei Regelmonstern kann der SL immer auf das Buch verweisen und so seine Anwendung der Regeln legitimieren ("Don't blame the player, blame the game").

These 3: Spielleiter beschäftigen sich mit einem System viel mehr, als alle anderen Spieler am Spieltisch. Es gibt eine Erwartungshaltung gegenüber dem SL, dass er die Regeln am besten kennt. Je unüberschaubarer das Regelwerk, desto weniger Regelkenntnis haben die Spieler. Durch sein Expertentum kann sich der SL also mehr von den anderen Spielern abheben und erlangt dadurch eine größere Akzeptanz als Spielleiter.




Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: KhornedBeef am 13.09.2019 | 07:40
These 3, "Meister-Mystizismus" quasi, hatte ich mir noch nicht so klargemacht, weil mich das auch nicht so anspricht. Aber als Gruppendynamik bei jüngeren Einsteigern....ich glaube da ist etwas dran. Allerdings geht das natürlich auch durch den Kenntnis des Hintergrunds.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Nodens Sohn am 13.09.2019 | 10:05
Ich melde mich jetzt nochmals zu Wort:

Ist es denn in anderen Ländern anders? Wo überragen die kleinen Leichtgewichte die alteingesessenen Regelboliden? In welchem Land werden bevorzugt Regelleichtgewichte gespielt? Ich glaube, hier wird einfach eine haltlose Behauptung aufgestellt, die weder belegt oder sonstwie nachweisbar ist. Natürlich kann man allgemein darüber diskutieren weshalb man eher zu dicken Büchern greift, als zu schmalen Heftchen, aber ich wage zu behaupten, dass es in ALLEN anderen Ländern ebenso ist.

Aber weshalb greife ich bevorzugt zu dicken Regelschwarten?
Für mich ist es ganz einfach. Die Haptik ist für mich ganz wichtig. Ich liebe es ein gutes, dickes, handwerklich gelungenes Buch mit schweren Seiten und schönen Illustrationen durchzublättern. Es hat für mich ein Gefühl der Wertigkeit. Dabei geht es für mich jedoch nicht unbedingt um Regelkomplexität, denn selbst Itras By, das eigentlich lediglich 4 Seiten Regeln hat, ist insgesamt ein fantastischer Wälzer mit mehreren hundert Seiten Text. Ich liebe es zu schmökern. Und wenn ein Regelwerk komplex ist, dann sind es ja oft Zusatzregeln oder Teilregeln, die man nicht immer benötigt, die man aber mal abends gemütlich auf der Couch in Ruhe lesen kann.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: unicum am 13.09.2019 | 10:37
Ist es denn in anderen Ländern anders? Wo überragen die kleinen Leichtgewichte die alteingesessenen Regelboliden? In welchem Land werden bevorzugt Regelleichtgewichte gespielt? Ich glaube, hier wird einfach eine haltlose Behauptung aufgestellt, die weder belegt oder sonstwie nachweisbar ist. Natürlich kann man allgemein darüber diskutieren weshalb man eher zu dicken Büchern greift, als zu schmalen Heftchen, aber ich wage zu behaupten, dass es in ALLEN anderen Ländern ebenso ist.
:d
Ich denke das sind die eigentlich interressanten Fragen.

Neben der Frage was Leichtgewichte sind, wie die Umsatzzahlen wirklich sind und was wirklich am meisten gespielt wird.

Über ersteres kann man sich streiten (also was regelleicht ist) die Umstazzahlen sind auch meistens nicht öffentlich und was wirklich gespielt wird ist auch schwer abzubilden. bei lezterem kann man vieleicht argumentieren "aber auf dem Freelancer Con XYZ wurde System X häufiger angeboten als System Z" ist auch nur eine Augenblicksabbildung die verzerrt sein kann. Auf Cons biete ich auch gerne mal Systeme an welche ich daheim nie spiele, hauptsächlich mangels Spielern, oder Systeme die ich mal ausprobieren will,... (und danach meist doch in die Tonne trete).

Ach ja und was ist bitte "erfolgreich"?

(Vieleicht bin ich zu sehr Wissenschaftler,...)
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: YY am 13.09.2019 | 18:36
Ich glaube, hier wird einfach eine haltlose Behauptung aufgestellt, die weder belegt oder sonstwie nachweisbar ist.

wtf?
Es war doch eine der expliziten Fragen im OP, ob das nur hierzulande so ist oder nicht.


Ach ja und was ist bitte "erfolgreich"?

Zumindest wenn man dabei Präsenz (wird beworben und besprochen/diskutiert) und Umsatz in relevanter Weise mit einbezieht*, fängt man sich einen ordentlichen Überlebensirrtum ein.
Dann sind natürlich primär die "lebenden" Systeme erfolgreich und damit diese als lebendig gelten können, müssen sie stetig neues Futter bringen - wobei sich die wenigsten auf Kampagnen und Nippes beschränken, sondern in irgendeiner Weise auch Regelerweiterungen beinhalten.
Ein System, das langfristig Umsatz generiert und wahrgenommen wird, kann kaum anders als zumindest mittelgroß zu sein. Mit Tendenz zum Gigantismus ;)


*Und man tut sich schwer mit der Argumentation, diese Dinge außen vor zu lassen.
Freilich ist die Szene strukturell bedingt eher intransparent, aber der Gedanke, dass es ein oder mehrere nichtkommerzielle Systeme mit großer Verbreitung gibt, die wie wild im privaten Bereich gespielt werden, aber nirgends öffentlich auftauchen, ist je nach Ausprägung wacklig bis absurd.

Dazu auch:
bei lezterem kann man vieleicht argumentieren "aber auf dem Freelancer Con XYZ wurde System X häufiger angeboten als System Z" ist auch nur eine Augenblicksabbildung die verzerrt sein kann.

Das mag für eine Augenblicksaufnahme gelten, speziell bei Cons mit einer systemseitig besonderen Historie.
Aber aus vielen solcher Aufnahmen setzt sich dann über die Zeit trotzdem ein ganz gutes Bild zusammen.

Wie auch bei dir anklingt: Auf Cons sind doch eher die ungewöhnlichen, kleinen, exotischen und/oder brandneuen Systeme überrepräsentiert.
Und trotzdem findet man da im Gesamtbild vor Allem immer wieder die selben "dicken" Platzhirsche in der aktuellsten Edition und je nach Verlauf der Editionskriege ggf. noch den unmittelbaren Vorgänger.


Und bei aller Intransparenz und allen Beurteilungsschwierigkeiten:
Wenn man mit Verlagen, Händlern und Spielern spricht, in Foren und anderes soziale Gedöns sowie auf öffentlich einsehbare Spielrunden (Cons, Online-Plattformen, "private" actual plays) schaut usw., bekommt man zumindest ein Gefühl für die Größenordnungen.
Ob da jetzt das eine oder andere System aus dem Mittelfeld die Nase vorn hat, bekommt man so ggf. nicht raus, aber ob Risus oder DSA in Deutschland mehr gespielt wird...das zu bewerten traue ich mir schon zu  ;D
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Maarzan am 13.09.2019 | 18:56
Es war doch eine der expliziten Fragen im OP, ob das nur hierzulande so ist oder nicht.
Man kann auch mit entsprechend formulierten Fragen Behauptungen in den Raum stellen. Doppelt fies, dass man mit einem Widerspruch zu der Behauptung ja eigentlich "vom Thema abweichen" müsste, der Kritiker also erst einmal ein gutes Stück bergauf muss.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: YY am 13.09.2019 | 19:01
Und wenn man diese Frage direkt im Anschluss schon selbst teilweise negativ beantwortet, braucht es schon eine recht negative Lesart, um das so zu verstehen.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Maarzan am 13.09.2019 | 19:05
Und wenn man diese Frage direkt im Anschluss schon selbst teilweise negativ beantwortet, braucht es schon eine recht negative Lesart, um das so zu verstehen.
Das war primär weil du diese Technik nicht zu (er)kennen und damit den Vorposter nicht zu verstehen schienst.
Titel: Re: Warum sind die erfolgreichsten Systeme auf deutsch immer “Regelmonster“?
Beitrag von: Talwyn am 18.09.2019 | 15:34
Meine Rollenspielsammlung besteht zu ca. 50% aus D&D (alle Editionen) und zu 50% aus "andere". In der zweiten Kategorie hei