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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: RackNar am 18.07.2022 | 09:40

Titel: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: RackNar am 18.07.2022 | 09:40
In diesem Talk zu EZD6 (https://youtu.be/_Tm4GFSz6yY (https://youtu.be/_Tm4GFSz6yY)) fiel sinngemäß der Satz: "Magie hat ein eigenes Minigame, damit es sich anders anfühlt."

Das find ich eine interessante Betrachtungsweise. In der Regel hat der Kampf sein eigenes Minispiel, das sich mal mehr mal weniger von allen anderen Unterscheidet. Und Magie wird mittels den Kampfregeln umgesetzt. Der Rest wird dann noch mit einem einfacheren Prinzip abgehandelt. Das wars.

Welchen Vorteil hätte es mehrere unterschiedliche Minigames zu verwenden? V.a. in welchen Bereichen? Dies würde sicher den Focus des Spiels verändern.

Als Negativbeispiel erinnere mich halt an das alte Shadowrun, das die Bereiche Kampf, Magie, Matrix und Decker sehr unterschiedlich gehandhabt hat und ich dies nicht als Bereicherung empfand. Aber waren das wirklich eigene Minigames ...

Welche Erfahrung habt ihr mit dem Thema? Und welche Systeme haben euerer Meinung gute Minigames?
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: ghoul am 18.07.2022 | 09:50
Weitere klassische Minispiele sind u.a.:
- Handelsregeln
- Anwerben (bspw. von Mietlingen oder Gefolgsleute)
- DM Tools zur zufälligen Generation von: Landschaft / Weltraum-Subsektoren, Begegnungen, Schätzen...
- Erschaffung magischer Gegenstände durch Spieler-Personnagen
- Erforschen neuer Zaubersprüche

Jüngere Minispiele:
- Ausschweifungstabellen
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: ghoul am 18.07.2022 | 10:29
Ergänzung klassisch:
- Hexcrawl, also Spieler erforschen und malen Hexagonalfeldkarten aus
- Spieler kartografieren Dungeons
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: Noir am 18.07.2022 | 10:39
In wie fern sprechen wir denn da jetzt eigentlich von Minispielen? Ist es schon ein Minispiel, wenn ich einen anderen Würfel werfen muss, als bei anderen Proben?
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: RackNar am 18.07.2022 | 10:43
Das ist eine interessante Frage. Spotan würde ich einen anderen Würfel nicht als ausreichend betrachten.

Vielleicht, wenn es einen anderen Mechanismus und / oder andere Zielvorgaben nutzt?  :think:
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: Schalter am 18.07.2022 | 11:03
Jüngere Minispiele:
- Ausschweifungstabellen

Uuuh, was sind denn Ausschweifungstabellen? Interessant! Kann man da die Art der Ausschweifungen in der durchzechten Nacht in der Taverne ermitteln?
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: Schalter am 18.07.2022 | 11:10
Welchen Vorteil hätte es mehrere unterschiedliche Minigames zu verwenden? V.a. in welchen Bereichen? Dies würde sicher den Focus des Spiels verändern.

Als Negativbeispiel erinnere mich halt an das alte Shadowrun, das die Bereiche Kampf, Magie, Matrix und Decker sehr unterschiedlich gehandhabt hat und ich dies nicht als Bereicherung empfand. Aber waren das wirklich eigene Minigames ...

Welche Erfahrung habt ihr mit dem Thema? Und welche Systeme haben euerer Meinung gute Minigames?

Als erstes fällt mir da sofort das klassische Deadlands (das Regelwerk von 1996) ein. Das wollte gerne fancy sein, auf Kosten der Geschwindigkeit des Gameplay. Es gab im Grundbuch vier verschiedene Magiesysteme, alle mit eigenen Spielregeln. Zwei davon ("klerikale" Magie und Schamanismus) haben einfach mit Skill-Würfen (und bestimmten "Punkte-Konten") funktioniert. Die beiden anderen (Hexerei und Erfinder) hatten mit Dämonenbeschwörung zu tun, und daher war Poker in deren Mini-Spiele eingebaut: Für jede Kräfte-Anwendung mussten Pokerkarten gezogen werden, und daraus ein Blatt zusammengestellt, das dann über das Ergebnis entschieden hat.
Sehr fancy, aber am Spieltisch durchaus in der Verwendung zeitintensiv, insbesondere für Neulinge.
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: ghoul am 18.07.2022 | 11:19
Uuuh, was sind denn Ausschweifungstabellen? Interessant! Kann man da die Art der Ausschweifungen in der durchzechten Nacht in der Taverne ermitteln?

Meine Ausschweifungstabelle: https://ghoultunnel.wordpress.com/2011/10/18/die-ausschweifungstabelle/

Die Original Carousing Table: http://jrients.blogspot.com/2008/12/party-like-its-999.html?m=1
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: Schalter am 18.07.2022 | 12:00
Meine Ausschweifungstabelle: https://ghoultunnel.wordpress.com/2011/10/18/die-ausschweifungstabelle/

Die Original Carousing Table: http://jrients.blogspot.com/2008/12/party-like-its-999.html?m=1

Geilo! Danke für den Link, werde ich mal verwenden. Allerdings kommen mit 1000 Gold ein bißchen viel vor, zumal es keine Einträge gibt, bei denen man Anteile davon zurück bekommen kann. Werden Deine Lankhmar-SCs so zugeschüttet mit Münzen?
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: 1of3 am 18.07.2022 | 12:25
Firebrands-Spiele haben Minigames sogar als offiziellen Regelbegriff. Da sind es letztlich Szenentypen. Also jeder Szenentyp hat seinen komplett eigenen Regelsatz, der natürlich relativ kurz ist. Historisch handelt es sich um Pbta-Moves, die zu ganzen Szenen erwachsen sind.

Original: https://lumpley.itch.io/firebrands
Abgeleitete Werke: https://itch.io/c/506864/firebrands-games

Geht also letztlich zurück zu My Life With Master, wo Moves als solche quasi erfunden wurden. Aber in gewisser Weise ist auch jeder PbtA-Move ein Minispiel/Subsystem. Letztlich kann man also eine ganze Reihe haben, so lange sie nicht all zu komplex sind und klar ist, welches gerade gespielt wird. Da kommen dann also Trigger ins Spiel.

Magie ist häufig aber etwas anderes, weil sie sich orthogonal zum gerade laufenden Subsystem verhält. Ich kann also z.B. in D&D im Explorations- und im Kampfmodus zaubern.
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: ghoul am 18.07.2022 | 12:42
Geilo! Danke für den Link, werde ich mal verwenden. Allerdings kommen mit 1000 Gold ein bißchen viel vor, zumal es keine Einträge gibt, bei denen man Anteile davon zurück bekommen kann. Werden Deine Lankhmar-SCs so zugeschüttet mit Münzen?

Lankhmar habe ich mit AD&D 2e gespielt, wo Münzen sonst weder EP bringen noch für Training erforderlich sind. Sie häufen sich also nutzlos an in einem Schurken-Setting.

Jeffs Tabelle ist für B/X (bzw. Labyrinth Lord).
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: fivebucks am 18.07.2022 | 13:00
Es gab Mal den Zwergeninstinkt.
3W6 werfen und Schätze oder Geheimtüren finden.

Besser versteckte erforderten einen höheren Wurf
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: Schalter am 18.07.2022 | 13:01
Lankhmar habe ich mit 2e gespielt, wo Münzen sonst weder EP bringen noch für Training erforderlich sind. Sie häufen sich also nutzlos an in einem Schurken-Setting.

Crazy ...! Das nenne ich mal Inflation.
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: Grubentroll am 18.07.2022 | 14:36
Könnte man die Skill Challenge in D&D4 als Mini-Spiel bezeichnen?

Wäre mir jedenfalls als erstes dazu eingefallen.
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: ghoul am 18.07.2022 | 14:53
Ganz bedeutendes Minispiel: die Personnagen-Erschaffung!
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: ghoul am 18.07.2022 | 15:01
Das waren bisher überwiegend weltmodellierende, spaßige oder einfach notwendige Minispiele.

Minispiele, die ich nicht mag, sind solche, die die Immersion massiv stören, z.B. weil sie mich auf eine Erzähler-Ebene holen oder reine Abstraktion ohne spielerischen Mehrwert erzwingen:
- Gummipunkte
- Aspekte
- abstrahierte Point Crawls (Stichwort "flux space")

Was mich seltsamerweise nicht stört sind Hexfelder, obwohl sie auch eine Abstraktion darstellen. Wahrscheinlich weil sie spielerische Elemente sind, und weil ich mir trotzdem etwas dabei vorstellen kann (Landschaft, Sternensysteme ...)
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: 1of3 am 18.07.2022 | 16:17
Könnte man die Skill Challenge in D&D4 als Mini-Spiel bezeichnen?

Unbedingt. Dabei wechselst der Spielmodus genauso wie zwischen Würfel-mal-auf-Phase und Kampf.

- Gummipunkte
- Aspekte

Sind das Minispiele? Ich meine, wenn du Fate spielst, ist das eben das Spiel und kein darin eingebettetes Subsystem. Ich kann mir tatsächlich auch nicht recht vorstellen, dass es woanders so ist. Gummipunkte gebe ich aus, wenn ich will, nicht zu bestimmten Spielphasen. Und anders als Magie oder Cyberdecks, haben diese Gummipunkte auch für gewöhnlich alle Charaktere. Also auch das passt dann nicht.
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: ghoul am 18.07.2022 | 16:25
Vielleicht sind es keine Minispiele, Definitionssache. Was ich meinte: Wenn man sich Erzählrechte kauft, ist es ein anderer Modus.
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: YY am 18.07.2022 | 16:37
Welchen Vorteil hätte es mehrere unterschiedliche Minigames zu verwenden? V.a. in welchen Bereichen? Dies würde sicher den Focus des Spiels verändern.

Genau deswegen macht man das: um den/einen Fokus drauf zu legen.

Außerdem ist es eine (recht ausgeprägte) Form von Nischenschutz.
Dabei müssen die Minispiele nicht mal unterschiedlich strukturiert sein, sondern nur verschiedene Ressourcen als Grundlage haben.

Shadowrun hat mMn kurioserweise in einigen Editionen gelungene und nicht gelungene Minispiele nebeneinander...da fragt man sich echt, wie das passiert ist.
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: 1of3 am 18.07.2022 | 16:44
Vielleicht sind es keine Minispiele, Definitionssache. Was ich meinte: Wenn man sich Erzählrechte kauft, ist es ein anderer Modus.

Gut, dann müssen wir Modus klären. Was ist Modus? Ich habe das im vorigen Beitrag für Würfelsysteme, die wirklich mattern, (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,114512.msg134854981.html#msg134854981) benutzt. Du benutzt es jetzt für... Stance? Actor Stance vs. Author Stance? OK. Ist für meinen Geschmack ein bisschen schwammig, weil mir niemand ansieht in welcher Stance ich gerade bin. Aber das taugt dann doch nicht so recht.

Denn wir wechseln ständig zwischen Stances hin und her. Fragen mal nach den Knabbereien, rechnen irgendwelche Modifikatoren aus, feiern Leute, die ne geile Aktion gebracht haben, spechen als unser Charakter, sprechen über unseren Charakter, kären Regeln, setzen irgendwelche Spielsteine usw. Es konnte noch niemand sinnvoll erklären, warum Fate-Punkte ausgeben nun ausgerechnet speziell als mit "fühlt sich für mich doof an". Das ist natürlich OK, zumal ich Fate auch nicht besonders mag, und man muss das ja halt nicht spielen. Es ist dann aber keine gute Analyse-Kategorie. "Definitionssache" heißt nicht egal. Es gibt gute und schlechte Definitionen. Gut bedeutet insbesondere intersubjektiv nachprüfbar.
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: nobody@home am 18.07.2022 | 16:57
Sind das Minispiele? Ich meine, wenn du Fate spielst, ist das eben das Spiel und kein darin eingebettetes Subsystem. Ich kann mir tatsächlich auch nicht recht vorstellen, dass es woanders so ist. Gummipunkte gebe ich aus, wenn ich will, nicht zu bestimmten Spielphasen. Und anders als Magie oder Cyberdecks, haben diese Gummipunkte auch für gewöhnlich alle Charaktere. Also auch das passt dann nicht.

Ich würde sagen, wenn man will, kann man das Einsetzen von Aspekten zum Zweck des Erlangens von Boni oder einer zweiten Würfelchance (das ja durchaus zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfindet, nämlich recht grundsätzlich nach einem Würfelwurf) schon als "Minispiel" bezeichnen -- insbesondere, wenn sich mal mehrere Seiten daran beteiligen sollten und sich dadurch im Extremfall schon eine Art kleine Auktion der Art "Wer bietet mehr für den Erfolg?" ergeben kann. Auf der anderen Seite könnte man dann auch das Aufaddieren von vielen kleinen Einzelboni und -mali vor der finalen Konsultation des Würfelorakels in einem traditionelleren System in die gleiche Kategorie stecken...der Unterschied liegt halt hauptsächlich darin, auf welcher Seite des Wurfs "minigespielt" wird. :think:
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: Colgrevance am 18.07.2022 | 17:10
Gut bedeutet insbesondere intersubjektiv nachprüfbar.

Und "intersubjektiv nachprüfbar" heißt nicht unbedingt "sichtbar". Behaviorismus ist jetzt nicht gerade State of the Art... Ob es eine sinnvollere Operationalisierung als "gefällt mir (nicht)"-Urteile gibt, hat m. W. noch niemand systematisch untersucht. Oder irre ich mich da?
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: Metamorphose am 18.07.2022 | 17:17
Wie steht ihr den zu Minispielen im regulären Sinn, beispielsweise Flippern, Pferderennen oder Zucht von Tieren neben den "normalen" Mechaniken im Regelwerk?
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: 1of3 am 19.07.2022 | 08:01
Wie steht ihr den zu Minispielen im regulären Sinn, beispielsweise Flippern, Pferderennen oder Zucht von Tieren neben den "normalen" Mechaniken im Regelwerk?

Hast du Beispiele für Spiele, wo solche Minispiele eine Rolle spielen? ;)
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2022 | 08:58
Hast du Beispiele für Spiele, wo solche Minispiele eine Rolle spielen? ;)

Na ja, es gibt ja gelegentlich Situationen, wo plötzlich ein Schachrätsel gelöst werden will oder zu einem Glücksspiel im Spiel spontan die realen Karten ausgepackt werden. Das ist dann halt in der Regel mehr abenteuer- als systemspezifisch... ;)
Titel: Re: Braucht es Minispiele? Und wenn ja wie viele?
Beitrag von: Metamorphose am 19.07.2022 | 10:58
Ich spiele eher Sandboxig, da kanns durchaus vorkommen dass SC an einem Jahrmarkt sich beschäftigen, in einem Casino ihr Geld verlieren, sich ein Reittier zur mutation züchten oder mit jemandem Kartenspielen wollen. In einem Setting gibts zum Beispiel Tiere, mit denen man Wettrennen absolvieren kann. Das ist je nachdem ein guter Geldgeber und wird nicht nur durch eine klassische Probe gehandhabt.

Edit: In einer Pathfinder-Kampagne war es Teil der (selbstgeschriebenen) Kampagne, dass alle ein Kartenspiel namens Takk spielten und die SC sich die Karten erspielen mussten. Diese hatten dann informationen für die weitere Kampagnen anhand der verwendeten Illustrationen (Sage eines Kampfes gegen einen Sanddämonen - gegen den sie dann auch schlussendlich antreten mussten) . Ich habe damals dieses kurze Kartenspiel erfunden und eingebaut. Dadurch dass es im Schnitt 30 Sekunden ging, war es nicht störend. Es gab ihnen weitere Infos  über die Sage, es war zudem fest in der Lore und in der Kampagne verankert. Je nach Rollenspiel kann ja so ein Subsystem auch eingebaut werden, wenn das Spiel fest in der Welt verankert ist.