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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspiel- & Weltenbau => Thema gestartet von: Feuersänger am 18.07.2024 | 19:03

Titel: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 18.07.2024 | 19:03
Ich habe es schon oft en Passant moniert; zuletzt im Thread über Magiebegabung:
Warum sind die meisten Fantasysettings so gut wie ausgestorben???

Viele gängige Fantasysettings sind stark entvölkert, meist ohne dass dafür irgendein Grund erkennbar wäre: vielmehr sind die Zivilisationen oft jahrtausende alt, die letzten Kataklysmen meist lange her und wahnsinnig intensive Kriege oder extreme Seuchen sind auch eher eine Seltenheit. Und das auch noch, obwohl es ja auch Magie gibt, die einem das Leben eher leichter machen sollte. Beispielsweise würde ich hier eine geringere Sterblichkeit durch Infektionen oder Missgeschicke erwarten.

Mal als realweltliche Benchmark: in Frankreich ist für 1345 (also _vor_ der Großen Pest) von 20 Millionen die Rede, oder eine Bevölkerungsdichte von ca 100/km². Die deutschen Lande etwas weniger, lass es 15 Mio sein. Großbritannien ist damals deutlich kleiner, mit nur ca 5 Millionen iirc.

Nun ein paar Gegenbeispiele aus gängiger Fantasy:

Besonders notorisch natürlich Aventurien. Schon vor Borbel hat etwa das Mittelreich nur eine Bevölkerungsdichte von 4/km². Und selbst das ach so fruchtbare Liebliche Feld dümpelt irgendwo so bei 10-15 herum. Also etwa 1/10 des mittelalterlichen Frankreich.

Auf Lorakis, der Welt von Splittermond, soll das Kaiserreich Selenia den absoluten Platzhirsch darstellen. Es hat etwa die Fläche von Deutschland und Frankreichs zusammen, und darin sagenhafte 4,5 Mio Einwohner. Ein Drittel davon in einem "Kerngebiet" von der Größe Deutschlands konzentriert.
Ich hatte da schonmal folgenden Vergleich gebracht: das ist ungefähr so, als ob man Deutschland komplett evakuiert bis auf München, und dann die Einwohner Münchens über das ganze Land verteilt. Das ist das "aufstrebende Kaiserreich".

Oder die Forgotten Realms. Ich weiss jetzt nicht mehr wo die Zahl herkommt, aber gemerkt habe ich mir, dass auf ganz Faerun etwa 65 Millionen Personen (aller Rassen iirc) leben. Verteilt auf grob 25 Millionen Quadratkilometer. Also weit unter 3/km², das entspricht ungefähr Kanada. (In RL Kanada sind 90% der Bevölkerung auf die südlichsten 50km oder so konzentriert, weiter oben kommt quasi _nichts_ mehr)

Eberron auch nicht viel besser. Immerhin, iirc ist da ein ziemlich apokalyptischer Krieg nicht allzu lange her; Details weiss ich nicht mehr. Aber jedenfalls leben dort 15 Millionen Leute (inklusive Orks, Goblins usw) auf etwa 13 Mio km². Das ist bis hierhin der Negativrekord, mit nur grob 1/km²; das ist die Hälfte der Mongolei.

Ob das alles irgendwie noch ein Reflex des Urvaters aller Fantasywelten ist, also Tolkiens Mittelerde? Da haben wir eine Gesamtbevölkerung von - nach bestmöglichen Schätzungen - 5-6 Millionen Einwohnern auf dem gesamten Kontinent, wobei alles nördlich von Rohan bis auf 2, 3 Points of Light quasi komplett entvölkert ist. Dabei liegt auch hier der letzte größere Konflikt vor dem Ringkrieg ca 500 Jahre zurück.

Wir haben hier also einen ganzen Schwung Beispiele.
Warum ist das so?

Eine gängige Apologetik beruft sich auf die gefährlichen Monster, die angeblich große Teile der Landschaft durchseuchen, und ein Ausbreiten der Zivilisation schwierig bis unmöglich machen.
Dem steht entgegen, dass zB bei Eberron die Orks und diverse andere "Monster"rassen bereits in der Angabe enthalten sind -- und so mega zahlreich sind die da auch nicht.

Vor allem aber ist bei dieser Argumentation das Problem: wenn es wirklich so sein sollte, dann sind die ganzen etablierten Reiche und insbesondere die politischen Beziehungen zwischen diesen alles Makulatur. Dann müsste nämlich die Bevölkerung in wenigen PoL komprimiert sein, und diese wären kaum untereinander verbunden. Tolles Kaiserreich, in dem man nichtmal von Frankfurt nach Köln reisen kann, ohne von Trollen gefressen zu werden.

Also: entweder, die Fauna ist so gefährlich dass es quasi keine Dörfer geben kann; jegliche Siedlungen müssen sich hinter aufwendigen und weitläufigen Steinwällen à la Pelennor konzentrieren. Dann gibt es quasi keine "Länder" und insbesondere keine nennenswerten politischen Konflikte zwischen diesen Enklaven, mangels Berührungspunkten. Ein echtes "Points of Light" Setting eben.
Oder aber Dörfer lassen sich mit Palisaden o.ä. hinreichend gegen streunende Monster befestigen,oder die Gegend gleich weiträumig von Monstern säubern -- dann gibt es keinen Grund, warum da nicht auch alle 5km ein Dorf stehen sollte, wenn das Land schon seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden besiedelt wird.

Ich glaube vor allem nicht, dass diese Zahlen aus irgendeinem logischen Kalkül kommen, und sei es das mit den Monstern. Am ehesten könnte ich mir vorstellen, dass die Autoren die "Großen Zahlen" vermeiden wollten, weil dadurch die Helden als Individuen vermeintlich weniger relevant würden.
Will sagen: wenn ich einer von 10000 Kriegern bin, kann ich ja vielleicht noch so ein ausnehmend großer Held sein, auf dessen Beitrag es ankommt. Zumal sich ja die geringe Anzahl über eine große Fläche verteilt und dann am Ende nie mehr als 1-200 Kämpfer auf einem Haufen anzutreffen sind. Wenn ich aber einer von 1 Million Soldaten bin, kann ich gar nicht so wichtig sein, dass es auf mich ankäme; egal was ich mache, es wird im Rauschen der Statistik untergehen.

Dies ist meine beste und wohlwollendste Interpretation zugunsten von "leeren Welten". Gleichzeitig wirft sie die Frage auf, wie man das umgehen könnte: wie kann ich ein Setting mit "normalen" Bevölkerungsdichten haben, und dennoch die einzelne Figur relevant halten?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 18.07.2024 | 19:37
Ich denke, die meisten Weltenbauer haben einfach von plausiblen Bevölkerungsdichten und -wachstum keinen blassen Schimmer und saugen sich einfach Zahlen aus den Fingern, die sich für sie plausibel anhören -- würde ich ja im ersten Reflex auch machen, also kann ich da nicht mal mit Steinen werfen. ;)

Aber es ist natürlich grundsätzlich richtig, daß irgendwer die ganzen "besonderen" Leute im Setting mit durchfüttern und anderweitig mit dem versorgen muß, was sie nicht für sich selbst produzieren (können), während sie ihren eigentlichen Job machen. Also brauche ich auch Bauern, Fischer, Bergwerksarbeiter, Holzfäller...eben das ganze Fußvolk, das eine Kultur überhaupt erst am Laufen hält, und das summiert sich auch dann, wenn es in der konkreten Spielsitzung nie mehr als eine kleine Nebenrolle einnimmt, weil man den meisten dieser Leute eh nie persönlich begegnet.

Gleichzeitig bedrohen diese Leute auch eine wie auch immer geartete "Heldenrolle" gar nicht besonders, weil sie schon anderweitig genug zu tun haben. Im Gegenteil gehören sie im Zweifelsfall mit zu denen, die von den Helden vor anderen Dingen beschützt werden müssen...und damit haben dann auch gleich wieder diese genug zu tun. :)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 18.07.2024 | 19:57
in Frankreich ist für 1345 (also _vor_ der Großen Pest) von 20 Millionen die Rede, oder eine Bevölkerungsdichte von ca 100/km²

1345 war eine Zeit der guten Weizenernten (da Klimaoptimum)
das Getreide war aber noch nicht durchoptimiert-gezüchtet und es wurden noch keine Kartoffeln in Europa angebaut
auch die Ertragkraft des Viehs (Gras zu Milch-Wirtschaft; Kraftfutter zu Steak ist ja blanker Luxus) war begrenzt.
dafür aber auch der Meerertrag (  ;D ) aus Stockfisch und eingesalzenen Hering...

aus einer Quelle (ich glaube Wikipedia) habe ich mal die Zahl

6300 Quadratmeter Anbaufläche brauchte um 1900 ein Mensch zu seiner Versorgung
hmmm...mit Brennholz und Baumwolle?...hmmm...erstmal egal, es beleibt pi ma Daumen (nicht zuletzt wegen der Hochseefischerei!)

ein Quadratkilometer sind 1 000 000 Quadratmeter
100 Esser mit einem Bedarf von 6300 pro Maul sind aber schon 630 000 = 63% Ausnutzunggrad!
ähhh... das ist viel.

für das 1950er Europa (ohne Sowjetunion) wurden rund 20% als Sumpf und Ödland und 25% als Wald ausgewiesen
Bebauung (Industrie/Bergbau) und Straßen abzuziehen ergab das einen Nahrungserzeugunghebesatz von rund der Hälfte...
ok, Fische aus dem Meer plus Brennholz bzw. Wild aus dem Wald sind ja noch offene Fragen an die "6300"

hmmmm...

und wenn es ein völkerwanderungszeitlich kaltes Setting ist, dann wären die Erträge nochmals geringer (oder die wenig wachsenden Weiden müssten größer sein für die Herde an Milchkühen)

Europa war aber nicht grundlos ein Auswanderungskontinent. Und von den frühe Neuzeit-Franzosen ist es überliefert, dass sie ihre Anzahl an Kindern knapp hielten, weil sie ihren Nachwuchs nicht zu ernähren wussten.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 18.07.2024 | 20:05
Bei Tolkien gab es die eine oder andere Seuche
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 18.07.2024 | 20:32
Sehr schöner Thread :d
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Shihan am 18.07.2024 | 20:38
Ich denke, die meisten Weltenbauer haben einfach von plausiblen Bevölkerungsdichten und -wachstum keinen blassen Schimmer und saugen sich einfach Zahlen aus den Fingern, die sich für sie plausibel anhören -- würde ich ja im ersten Reflex auch machen, also kann ich da nicht mal mit Steinen werfen. ;)
Das war für mich auch immer der Hintergrund, wenn solche Zahlen nicht passen. Sei es nach unten oder oben (wir hatten das mal in einem anderen Thread, dass rein rechnerisch die Bevölkerungsgröße bei WH40k auch viel zu wenig ist).

Vielleicht haut man einfach Zahlen raus, ohne sich vorher ein paar Gedanken zu machen. War das nicht in irgendeinem Cyberpunk-Setting, wo eine extrem dicht bevölkerte Stadt im Vergleich mit echten Städten auch mega ausgedünnt bewohnt war? Das war weit weg von Kowloon, was afaik die Inspiration sein sollte.

Wie dem auch sei: einige dieser Welten kommen aus Zeiten, wo Recherche noch den Gang in die Stadt-/Uni-Bibliothek bedeutete. Vielleicht war das einfach zu aufwendig, sodass sich viele Leute mit den erst besten Schätzungen zufriedengegeben haben. Und solange sich keiner beschwert...?

Gilt ja nicht nur für Bevölkerungen. Auch geographische Features sind oft reichlich daneben, weil sich halt niemand über Ausbreitungen von Gebirgen, Wind- und Wetterseiten, etc. große Sorgen gemacht hat.
War es nicht in Aventurien, wo die Gebirge bei dem Verhältnis von Höhe zur Ausdehnungsfläche wie gigantische Fertigbauwände wirken würden, die ein Riese in 90° in den Boden gerammt hat?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: manbehind am 18.07.2024 | 20:40
Ich habe es schon oft en Passant moniert; zuletzt im Thread über Magiebegabung:
Mal als realweltliche Benchmark: in Frankreich ist für 1345 (also _vor_ der Großen Pest) von 20 Millionen die Rede, oder eine Bevölkerungsdichte von ca 100/km². Die deutschen Lande etwas weniger, lass es 15 Mio sein. Großbritannien ist damals deutlich kleiner, mit nur ca 5 Millionen iirc.

Laut Wikipedia hat Frankreich in 2024 ca. 68.373.433 Einwohner und ca. 105 Einwohner pro km². Runtergebrochen auf 1345 mit ca. 20.200.000 Einwohner bedeutet das eher 31 Einwohner pro km². Offensichtlich kann man bei der Berechnung schon mal schnell um den Faktor 3 danebenliegen ^^

Aber Spaß beiseite: Wozu ist das Ganze denn wichtig? Ich behaupte, dass die Spieler ohnehin nicht mitkriegen, ob die Gegend, durch die ihre Charaktere reisen, im Mittel eine Bevölkerungsdichte von 4, 8 oder 50 Einwohnern pro km² hat.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 18.07.2024 | 20:45
Ein Meta-Grund ist vermutlich auch in Settings, wo die Leute sich ihre Schätze aus Dungeons holen sollen, die schlichte Tatsache, daß das schlecht ginge, wenn die alle in den letzten ein-, zweihundert Jahren schon ausgeräumt worden wären. Also muß es wohl auch unbevölkerte Landstriche mit Ruinen und Untergrundkomplexen geben, die schon ewig kein Außenseiter mehr auch nur gesehen hat...und die drücken dann den Durchschnitt natürlich nach unten.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: ThinkingOrc am 18.07.2024 | 20:50
Ich wusste gar nicht das Fantasy Settings so konkrete Zahlenangaben haben. Ist mir nie untergekommen.
Einzelne Städte ja, aber sonst?

Mein Argument wäre: Bildung und Wohlstand! Die durchschnittliche Fantasybevölkerung ist gebildeter und reicher als unser echtes europäisches Mittelaltervolk.
Magie ermöglicht auch zuverlässigere Verhütung.
Mehr kinderlose Partnerschaften. Wenn so viele Abenteurer unterwegs sind, die zu einem viel höheren Anteil keine Kinder kriegen (zumindest nach meiner Erfahrung), dann wirkt sich das vielleicht auch schon aus?

Ansonsten würde ich mich manbehind anschließen: Die konkrete Zahl ist doch unwichtig. Da zählt doch keiner nach oder?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: ghoul am 18.07.2024 | 20:52
Aber Spaß beiseite: Wozu ist das Ganze denn wichtig? Ich behaupte, dass die Spieler ohnehin nicht mitkriegen, ob die Gegend, durch die ihre Charaktere reisen, im Mittel eine Bevölkerungsdichte von 4, 8 oder 50 Einwohnern pro km² hat.

Es ist z.B. wichtig, wenn SC oder NSC Truppen ausheben wollen oder einen Aufstand anzetteln.
Oder wenn SC in der Wildnis eine Burg bauen und Siedler anwerben wollen, ist es gut zu wissen, wo es eine Überbevölkerung gibt.
Oder wenn es zu Flüchtlingsströmen kommt,
Usw. usf.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Quaint am 18.07.2024 | 20:55
Ich denke das hat keinen bestimmten Grund. Irgend jemand fing mal mit niedrigen Zahlen an und dann zog sich das so durch. Stört ja aber auch meistens nicht. So wie die meisten Leute Rollenspielen ist nur wichtig, dass es da z.B. ein Dorf gibt, und dass man den Leuten z.B. gegen die Ork- oder Räuberbande hilft. Wie groß das Dorf genau ist, oder wie weit das nächste Dorf entfernt ist, ist zweitrangig.
Klar wundert man sich dann wenn man abseits des Spiels Dinge in den Büchern recherchiert.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: manbehind am 18.07.2024 | 20:58
Es ist z.B. wichtig, wenn SC oder NSC Truppen ausheben wollen oder einen Aufstand anzetteln.
Oder wenn SC in der Wildnis eine Burg bauen und Siedler anwerben wollen, ist es gut zu wissen, wo es eine Überbevölkerung gibt.
Oder wenn es zu Flüchtlingsströmen kommt,
Usw. usf.

Ja. Aber: Um zu wissen, wo es "Überbevölkerung" gibt müssen sie ja nur wissen, nun ja, wo es die gibt, nicht hingegen, wie diese Größe quantifiziert wird.

Wenn Robin Hood untertauchen will, geht er nach Sherwood Forest. Wenn er was brauch, in eins der umliegenden Dörfer und wenn er den Sherif ärgern will, nach Nottingham. Um das zu verstehen, brauche ich eine Zahlen, sondern nur ein sehr ungefähres Gefühl für Mengen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Jiba am 18.07.2024 | 20:59
Aber Spaß beiseite: Wozu ist das Ganze denn wichtig? Ich behaupte, dass die Spieler ohnehin nicht mitkriegen, ob die Gegend, durch die ihre Charaktere reisen, im Mittel eine Bevölkerungsdichte von 4, 8 oder 50 Einwohnern pro km² hat.
Es ist z.B. wichtig, wenn SC oder NSC Truppen ausheben wollen oder einen Aufstand anzetteln.
Oder wenn SC in der Wildnis eine Burg bauen und Siedler anwerben wollen, ist es gut zu wissen, wo es eine Überbevölkerung gibt.
Oder wenn es zu Flüchtlingsströmen kommt,
Usw. usf.
Und das kannst du dann nicht einfach auf einer Tabelle auswürfeln?
Oder mit Größenordnungen wie "eine handvoll", "viele", "einige hundert" oder "ganze Völkerscharen" herbeierfinden?

Das
Zitat
Ansonsten würde ich mich manbehind anschließen: Die konkrete Zahl ist doch unwichtig. Da zählt doch keiner nach oder?
scheint es auf den Punkt zu bringen. Oder zählst du wirklich jeden Hansel auf, der an den Spieler:innen vorbeiläuft? Und selbst wenn die Spieler das obige vorhaben, reichen abstrakte Stand-In-Werte, wie z.B. dass das Dorf eine Magnitude von 3 hat, die Stadt aber eine Magnitude von 5. Da muss doch niemand ernsthaft mit Bevölkerungsdichtefaktoren arbeiten. Das ist doch ein völlig unvertretbarer Aufwand für eine von tausenden Spielerideen, die genausogut nicht auftreten könnten.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Mr.Misfit am 18.07.2024 | 21:00
[...]

Ich würde den Gedanken ausklammern wollen "die Zahl ist unwichtig". Sie mag inhaltlich sinnvoll als sein als Aussage, aber ihr verschließt euch den Diskussionraum damit. Feuersänger möchte offenkundig spekulativ diskutieren, also einfach mitdenken, nicht direkt abschmettern ;)

Neben dem bereits genannten Unwissen vieler Autoren was historische Zahlen angeht, und der Tatsache dass viele historische Entwicklungen auch besonderen Umständen geschuldet waren (siehe oben genannte gute Jahre) oder extrem guter Lage (die frühen proto-chinesischen Staaten sind schockierend bevölkerungsreich, das Indus-Tal schnell auch.) für ein antikes Wachstum, sehe ich aber noch eine andere, oft vllt auch noch relevantere Möglichkeit.

Das wäre für mich nämlich Cargo Culting. Sei es in Heartbreakern oder OSR-Settings, schon zu Gary Gygax wurde das Fäntelalter des Rollenspiels ja eher wie eine Art "Mittelalter-Westen" behandelt. Statt Indianer und Mexikaner hattest du Orks und Kobolde, und beides wurde so angelegt, dass sie eigentlich keine Völker waren, sondern Ausmerzungsgegner. Ihre Zahl durfte nicht zu groß sein, also mussten die Ländereien (wie aus westlicher Sicht im 17ten Jahrhundert oft geglaubt) prinzipiell leer und wild sein. Eventuelle Ansiedlungen waren Zufälle, ihre Zahlen gleichsam sehr klein, denn eine echte Zivilisation konnte, durfte hier nicht existieren. Demzufolge waren die Zahlen also auch im Verhältnis extrem winzig.

Das das, wenn man etwas darüber nachdenkt, nicht sein kann, ist halt auch eine Frage der Perspektive. Wir sind heute in der Lage, solche Informationen in Sekunden abzurufen, aber früher wäre das aufwendige Recherche, langwieriges Wühlen und auch Erarbeiten gewesen. Das wollen die wenigsten Kreativen. Die sind jetzt kreativ, die wollen "jetzt" schaffen, also wird die Welt um ihre Vorstellungen gebastelt, und das ist dann oft eine eher leere Welt.

Wobei, beim Schreiben kommt mir noch ein Gedanken...eventuell könnte es auch die romantisierende Vorstellung sein. In einer Welt, die in Ost und West gerne von den Besserlebenden als Überbevölkert beschrieben wird, ist die Idee, dass es unberührte, wunderschöne Landstriche gibt Butter und Brot jeder Fantasy-Story bzw. jedes Videospiels dieser Richtung. Natürlich darf es dann nicht alle 10km eine Dorf geben, sonst wäre die romantische Idee so schnell entzaubert, wie verflogen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: ghoul am 18.07.2024 | 21:08
@manbehind @jiba
Seid nicht albern. Natürlich gibt es verschiedenste Ansätze ein Kampagnen-Milieu zu verwalten.
Nicht jede Spielleitung muss jeden Bauern zählen.
Aber gefragt war ja eine Modellierung hoher Auflösung.
Wenn man wie die alten Wargamer um Tony Bath wissen will, wie viele Truppen ausgehoben UND versorgt werden können, dann baut man solche hochauflösenden Modelle. Ich vermute ACKS bietet solche Modellierungslösungen.
Die Tabelle, Jiba, baust du doch erst nach der Modellierung.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Maarzan am 18.07.2024 | 21:21
Ich denke man darf sich das auch nicht als hocherschlossenes Flächenland vorstellen. Da mag es nicht nur einzelne "Points of light" geben, aber das Land wird nicht in der Fläche erschlossen sein, sondern von "wertvollen" und entsprechend besiedelten und wenn auch noch landwirtschaftlich brauchbar ausgestattet dichter besiedelten Kernlanden und dann wird es außer entlang von ein paar wichtigen Verkehrswegen eben auch recht schnell einsam. 
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: ThinkingOrc am 18.07.2024 | 21:27
Stimmt, es geht ja gar nicht so sehr um eine Erklärung der niedrigen Bevölkerungszahlen (ob jetzt innerweltlich oder in Vertretung der Autoren), also den Grund, sondern eher um den Zweck, wenn denn ein solcher existiert.
Wenn ich Feuersänger richtig verstehe geht es im Kern um zwei Fragen:
Ist es fürs mögliche plausible Heldentum nötig, dass es wenig Bevölkerung gibt?
Kann ein SC Held sein / die Gruppe Heldengeschichten erzählen, auch wenn es realistische Bevölkerungszahlen gäbe?

Meine Antworten wären: Nein / Ja.

Denn am Ende sind 99% der Bevölkerung egal. Statisten. Und zwar auch innerweltlich. Klar die Bauern versorgen das Reich mit Lebensmitteln. Aber die einzelnen Bauern sind unwichtig, außer eben der eine, dessen Kind von Goblins entführt wurde.
Und dann kann die Spielergruppe eben doch zu Helden werden.
Oder in nem Twist müssen die SCs halt verhindern, dass der wütende Mob aus 100 Bauern die armen Goblins abschlachtet, die nur eine Spielkameradin für ihren Sohn gesucht haben.


Mal was anderes:
Unsere heutigen Fortbewegungsmittel sind ja auch viel schneller.

Wenn ich zu Fuß durch Brandenburg laufen würde und nicht gerade den Oder Neiße oder andere (Rad-)Wanderwege langgehe, würde ich vermutlich auch in gewissen Landstrichen den ganzen Tag niemandem begegnen können.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Chaos am 18.07.2024 | 21:33
Ob das alles irgendwie noch ein Reflex des Urvaters aller Fantasywelten ist, also Tolkiens Mittelerde? Da haben wir eine Gesamtbevölkerung von - nach bestmöglichen Schätzungen - 5-6 Millionen Einwohnern auf dem gesamten Kontinent, wobei alles nördlich von Rohan bis auf 2, 3 Points of Light quasi komplett entvölkert ist. Dabei liegt auch hier der letzte größere Konflikt vor dem Ringkrieg ca 500 Jahre zurück.

Die Kataklysmen können ruhig lange her sein. Ohne moderne Medizin (oder Magie, die ähnliche Effekte hat) geht Bevölkerungswachstum ziemlich langsam vonstatten; bis sich ein verwüsteter Landstrich erholt und wieder so bevölkert ist wie vorher, kann es mitunter Jahrhunderte dauern (dem Vernehmen nach hat sich der Iran erst im 19. Jahrhundert wirklich von den Verwüstungen durch die Mongolen unter Timur im späten Mittelalter erholt).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 18.07.2024 | 21:49
Laut Wikipedia hat Frankreich in 2024 ca. 68.373.433 Einwohner und ca. 105 Einwohner pro km². Runtergebrochen auf 1345 mit ca. 20.200.000 Einwohner bedeutet das eher 31 Einwohner pro km². Offensichtlich kann man bei der Berechnung schon mal schnell um den Faktor 3 danebenliegen ^^

Tatsache, irgendwo muss da ein Fehler passiert sein. Allerdings war das MA Frankreich noch ein gutes Stück  - ca 1/3 - kleiner als heute; die korrigierte Bevölkerungsdichte müsste also dann bei etwa 45/km² liegen.

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Stichwort "aventurische Geographie": mein absolutes Highlight und Lieblingsbeispiel ist die Erkenntnis, dass die Wüste Khom, bei einem Durchmesser von soundsoviel, und von soundso hohen Gebirgszügen umgeben, so winzig ist dass man von jedem beliebigen Punkt aus den Rand sehen kann. Man KANN sich darin also nicht verirren.  ;D
(Bei der Gorischen Wüste wäre es eigentlich noch krasser, aber da soll es ja immerhin Magiestürme geben oder sowas)

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Hauptthema:
Warum das wichtig ist?

Wie schon im anderen Thema gesagt: wem es nicht wichtig ist --> offensichtlich seid ihr nicht die Zielgruppe dieses Threads.  :hi:

Aber ja, es geht u.a. um so Fragen wie "wieviele Kämpfer könnte man unter den und den Umständen mobilisieren". Oder eben bei höherer Auflösung/Durchdringungstiefe erst recht solche Fragen wie "Wieviele Zauberer dürfte es geben" und, noch eine Stufe höher, "wieviele magische Gegenstände können pro Jahr hergestellt werden, was gibt die Wirtschaft her?"

Und eben das bereits im EB angesprochene Dilemma, dass bei so geringen Bevölkerungsdichten die wenigen Bevölkerungszentren quasi zwangsläufig voneinander isoliert sind. Was wiederum dem _dargestellten_ Settingsanspruch widerspricht, wo sich alle möglichen Königreiche um irgendwelche Landstriche kloppen oder ähnliche Konflikte zelebriert werden.

Und eben schlicht um Plausibilität. Historisch waren Menschen ziemlich effektiv darin, Siedlungsräume in relativ kurzer Zeit bis zum Anschlag aufzufüllen, je nachdem was in der Epoche eben machbar war (Erträge usw). Selbst so eine wirklich furchtbare Seuche wie die Große Pest hat zwar einen tiefen, aber nur einen relativ kurzen Einschnitt verursacht, der nach ca 100 Jahren schon wieder ausgeglichen war.

Wenn also ein Gebiet in einer Fantasywelt sich über Jahrhunderte weitgehend ungestört entwickeln konnte, hätte ich schon gerne triftige Gründe dafür, wenn die Bevölkerung nur bei ca 1/10 von vergleichbaren irdischen Epochen rumdümpelt.

Es ist ja auch völlig fein, wenn es ebensolche Gründe _gibt_. Wenn sich die Welt zum Beispiel gerade erst von einem nicht allzu lang zurückliegenden Kataklysmus erholt. Aber was das für eine unglaubliche Apokalypse gewesen sein muss, die zum Beispiel 9 von 10 Einwohnern ausgelöscht haben muss (wenn selbst die Pest "nur" ca 1/3 gekostet hat), das fänd ich dann halt schon interessant.

Ich versuche zB gerade, für mein (schon lange köchelndes) Homebrew-Setting eine passende Bevölkerungszahl herauszufinden. Da habe ich zwei Kontinente: der eine war früher zivilisiert und fiel dann einem Weltenbrand zum Opfer, der fast die komplette Bevölkerung ausgelöscht hat -- nur einige ganz wenige magisch geschützte Zentren haben dort überdauert, und einem Teil der Bevölkerung gelang die Flucht auf den anderen Kontinent (der aber auch nicht ganz unbesiedelt war).
Dies ist (nach meiner momentanen Planung) etwa 500 Jahre her. --> wie viele Nachfahren der Emigranten bevölkern jetzt plausiblerweise die Neue Welt?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Alexandro am 18.07.2024 | 22:52
Stichwort "aventurische Geographie": mein absolutes Highlight und Lieblingsbeispiel ist die Erkenntnis, dass die Wüste Khom, bei einem Durchmesser von soundsoviel, und von soundso hohen Gebirgszügen umgeben, so winzig ist dass man von jedem beliebigen Punkt aus den Rand sehen kann. Man KANN sich darin also nicht verirren.  ;D

Das sind keine punktuellen Landmarken.

Geschichtlich gesehen sind Gebirgszüge beschissen, wenn es darum ging sie als Orientierungsmarken zu verwenden, weil man Entfernungen und Relationen schlecht einschätzen kann (bestes Beispiel ist die Strecke Jalandhar-Dharamsala... eigentlich ist das (wenn man naiv die Karte studiert) nur "Geh halt geradeaus in Richtung des Gebirges", aber in der Praxis gab es etliche Abweichungen um fast 100 km in beide Richtungen, eben weil der Himalaya so ausgedehnt ist).

Selbst wenn man also (bei klarer Sicht, welche keineswegs immer gegeben ist) ringsum Berge sieht, ist es schwer einzuschätzen, welche davon die nächsten sind, geschweige denn in welcher Richtung man sich bewegen muss, um einen bestimmten Punkt aus der Wüste rauszukommen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 18.07.2024 | 23:08
Naja, ist bei dem winzigen Sandkasten ja nahezu egal. Man hat ja auch noch die Sonne zur Orientierung.

Also _wenn_ man seine reguläre Orientierung verloren hat, sodass man in einer richtigen Wüste wie zB der Sahara quasi verloren wäre -- dann muss man in der Khom nur so grob auf den mutmaßlich nächstgelegenen Rand peilen und drauflosmarschieren; irgendwo wirst du schon ankommen und kannst dich dann notfalls am Gebirge entlanghangeln. Zur Not nehme ich eben die 100km Abweichung in Kauf, besser als irgendwo in einem riesigen Sandkuchen zu krepieren.
Du darfst halt vielleicht nur nicht den absolut ungünstigsten Winkel erwischen, der dich die vollen 400km durch die Wüste führen würde, wenn du dir mit deinen Vorräten nicht ganz sicher bist.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Quaint am 18.07.2024 | 23:15
Na gut Aventurien ist aber wirklich notorisch winzig.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 18.07.2024 | 23:16
Speziell Aventurien ist ja für den Kontinent, der es sein will, meiner dunklen Erinnerung nach auch regelrecht winzig. Nett, wenn man als Abenteurer mal sämtliche Gegenden zu Fuß bewandern will, weil man für wirklich jedes andere Reisemittel zu geizig ist...aber sonst? :)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 18.07.2024 | 23:44
Geschichtlich gesehen sind Gebirgszüge beschissen, wenn es darum ging sie als Orientierungsmarken zu verwenden, weil man Entfernungen und Relationen schlecht einschätzen kann (bestes Beispiel ist die Strecke Jalandhar-Dharamsala... eigentlich ist das (wenn man naiv die Karte studiert) nur "Geh halt geradeaus in Richtung des Gebirges", aber in der Praxis gab es etliche Abweichungen um fast 100 km in beide Richtungen, eben weil der Himalaya so ausgedehnt ist).

Hast du da eine Quelle dazu? Also weil ich kenne das anderst. (also das Gebrigszüge beschissene Orientierunsgmakren sind, insbesondere auch aus eigener erfahrung)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 19.07.2024 | 09:24
auf ein neues, die 100 pro km2 fand ich ja schon viel...

aus einer Quelle (ich glaube Wikipedia) habe ich mal die Zahl

6300 Quadratmeter Anbaufläche brauchte um 1900 ein Mensch zu seiner Versorgung


Perfekto

ein liebliches Land, von der Sonne geküsst und noch gut mit Regen versorgt, seit Jahrhunderten von einer wohlmeinenden Elite zur Wohlfahrt ihrer Untertanen ausgebaut...
also nur in einem Fantasy-Setting
Hebesatz 33% der Fläche werden genutzt
10.000 m2 davon pro zu fütterndes Maul (also mit Unwirtschaftlichkeitenpuffer (grobes +die Hälfte) wegen zu viel Wein/Bier und Steak sowie Lagerverlust von Lebensmittel allgemein auf dem Techlevel)
= 33 pro km2
bei 200.000 km2 "Kernkönigreich" = 6,6 Millionen

Mediano

Hebesatz 20% der Fläche werden genutzt
10.000 m2 davon pro zu fütterndes Maul (also mit Unwirtschaftlichkeitenpuffer (grobes +die Hälfte) wegen zu viel Wein/Bier und Steak sowie Lagerverlust von Lebensmittel allgemein auf dem Techlevel)
= 20 pro km2
bei 1.000.000 km2 eines Halbkontinentraumes sind das 20 Millionen
daraus lassen sich aber schon ein paar konkurrierende nennenswerte Königreiche bilden

Friggido

durch Sümpfe, Staunässe und Urwald liegt der Hebesatz nur noch bei 5%
20.000 m2 davon pro zu fütterndes Maul (Milchviehwirtschaft auf mageren Weiden sowie Lagerverlust von Lebensmittel allgemein auf dem Techlevel)
= 2,5 pro km2
bei 500.000 km2 "unwirtliches am Arsch der Natur-Land" sind das 1,25 Millionen


Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Philipp.Baas am 19.07.2024 | 09:58
Also die historischen Zahlen, die hier bedenkenlos als Referenz genommen werden, entspringen historischen Traditionen von Schätzungen, denn Volkszählungen und solche Verwaltungsvorgänge waren mitnichten standardisiert oder sonderlich effektiv und viele haben die Zeiten auch gar nicht überdauert. In der Wissenschaft gibt es die beiden Strömungen des "High-Count" und des "Low-Count". Die hier genannten Zahlen gehören ALLE zum "High-Count". Ohne valide statistische Daten ist das Schätzen von Bevölkerungszahlen nahe an Kaffeesatzleserei.

Ein witziges Beispiel, das zeigt wie schwer das ganze ist, ist die Idee gewesen, die Lebenserwartung wenigstens der wohlhabenden Menschen anhand von Inschriften und Grabsteinen abzuschätzen. Da kamen lustige Zahlen raus, bis ein kluger Althistoriker anhand wirklich vieler Stichproben von Friedhöfen und Gräberfeldern von der röm. Kaiserzeit bis ins Spätmittelalter zeigte, dass eine krasse Häufung von Altersangaben beim Todeszeitpunkt, die durch 5 und 10 teilbar sind, auftritt. Viele Leute wussten nicht, wie alt ihre Angehörigen wirklich waren, und haben das geschätzt und da kamen gehäuft oft Zahlen, die durch 5 und 10 teilbar sind raus. "Wie alt war denn Fredrike?" - "55...60...schreib 60!"
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Nazir ibn Stonewall am 19.07.2024 | 10:40
@Aedin: Naja, anscheinend sind deine Zahlen etwas daneben. Das mittelalterliche Deutschland (um 350.000 km²) käme dann lediglich auf 1-5 Mio Einwohner, aber das waren doch etwas mehr. Naja.
Selbst wenn, käme man bei Selenia (Lorakis) entsprechend seiner Fläche (Deutschland + Frankreich, ca. 1 Mio. km²), zumindest dein Mediano, auf ca. 20 Mio. Dort hat das Reich, in dem nicht an jeder Ecke ein Monster lauert und vor allem Alltagsmagie massiv verbreitet ist, nur 4,5 Mio. Einwohner.

All das ändert aber nichts am Kern dieser Diskussion, denn die üblichen Settings liegen eben nicht bei der Hälfte, sondern drastisch unter historischen Werten. Und zwar auch dann, wenn sie explizit vergleichbar sein müsste. Das Mittelreich bei DSA ist zwar in großen Teilen Deutschland, also viel Wildnis, aber andererseits sind die zentralen / südlichen Teile als sehr viel angenehmer, kulitivierter und stärker bevölkert beschrieben. Vom Lieblichen Feld mal ganz abgesehen, das das ja als Markenzeichen hat. Hier liegt also ein direkter Widerspruch vor, der sicherlich nicht dadurch aufgelöst wird, dass der Boden nur soundso viel hergibt. ;)

Ich gehe auch stark davon aus, dass es eine Angst vor großen Zahlen ist. Vielleicht auch einfach dahingehend, dass man sich scheut, in einem Fäntelaler-Setting etwas von Einwohnern in Millionen zu schreiben. Und dabei vergisst, dass 1 Mio. auf ein ganzes Land gerechnet (das gerne dann auch mal riesig ausfällt, wie Mittelreich oder Lorakis) halt gar nicht viel ist.

In Aventurien ist ja bekanntlich immer mindestens eine 0 zuwenig, sei es bei Städten oder bei "Armeen".

Die Kataklysmen können ruhig lange her sein. Ohne moderne Medizin (oder Magie, die ähnliche Effekte hat) geht Bevölkerungswachstum ziemlich langsam vonstatten; bis sich ein verwüsteter Landstrich erholt und wieder so bevölkert ist wie vorher, kann es mitunter Jahrhunderte dauern (dem Vernehmen nach hat sich der Iran erst im 19. Jahrhundert wirklich von den Verwüstungen durch die Mongolen unter Timur im späten Mittelalter erholt).
Bestimmte Bereiche erholen sich möglicherweise auch nie. Magdeburg etwa hat sich eigentlich niemals davon erholt, dass die Kaiserlichen (*hüstel* natürlich die!) die Stadt einmal dem Erdboden gleich gemacht haben. Noch heute ist es eigentlich ein Provinzkaff. Das lag aber trotz allgemeiner Verwüstung im 30jährigen Krieg eher daran, dass dann entsprechend andere Städte aufgestiegen sind.

Große Katastrophen können auch insgesamt nachwirken, eben dieser Krieg zB. Müssen sie andererseits aber auch nicht,und gerade in Settings mit viel Magie o.ä. müsste man sich das schon genau überlegen. Aber auch hier gilt: Das kann in vielen Settings nicht der Grund sein, weil eine solche Katastrophe eben schlichweg nicht passiert ist.

Beispiel DSA: Das Mittelreich hatte vor der bespielten Zeit nur den Orkensturm, der aber keine ernsthaften Auswirkungen auf Süden, Osten und Westen des Reiches hatte. Die Dämonenschlachten sind ewig her und waren eher singuläre Ereignisse. Das Liebliche Feld war seit Bosparans Fall vor ca. 1000 Jahren von keiner ernsthaften Katastrophe mehr betroffen. Was bleibt, sind Adelsfehden, Grenzprobleme und Thorwalerüberfälle.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Matz am 19.07.2024 | 10:45
Sehr interessantes Thema. Ich finde hier zum ersten mal eine halbwegs brauchbare Antwort auf meine Frage "WIEVIEL Land brauche Ich um eine Stadt wie Tiefwasser (1.5MIO EW) zu ernähren? Antwort: VERDAMMT viel! Die Schwertküste und die Heartlands müssten eigentlich mit Feldern überzogen sein.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: ghoul am 19.07.2024 | 10:45
[nerd] Magdeburg: Das waren aber Tillys kaiserliche Truppen! [/nerd]
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 19.07.2024 | 10:46
Die hier genannten Zahlen gehören ALLE zum "High-Count". Ohne valide statistische Daten ist das Schätzen von Bevölkerungszahlen nahe an Kaffeesatzleserei.

Naja wenn man den Low Count nimmt wird es ja mit der entvölkerung noch schlimmer.

Zugestanden, einen Fehlerbalken um die Zahlen herum machen historiker dann doch recht selten. Ich komm aus der Ingenieurswissenschaft und da ist ein Wert ohne eine Fehlerabschätzung/Varianz auch argwöhnisch zu betrachten. Aber Kaffeesatzleserei, was für ein sigma nimmst du an um es so zu bezeichnen?

Und ja sicher, es sind in der Vergangenheit viele Daten verloren gegangen aber es ist jezt auch nicht so das man ganz ohne alles dasteht. Es gibt hier und da noch Kirchenbücher in denen so einiges verzeichnet wurde.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 19.07.2024 | 10:55
Sehr interessantes Thema. Ich finde hier zum ersten mal eine halbwegs brauchbare Antwort auf meine Frage "WIEVIEL Land brauche Ich um eine Stadt wie Tiefwasser (1.5MIO EW) zu ernähren? Antwort: VERDAMMT viel! Die Schwertküste und die Heartlands müssten eigentlich mit Feldern überzogen sein.

Und es ist ja nicht nur Waterdeep als große Stadt in den FR, da gibt es andere die ... gemessen an der mittelalterlichen Messlatte ... auch sehr groß sind.
Also für klassiche, europäische, mittelalterliche Masstäbe eigentlich zu groß. (China hatte das besser gemacht und das altertümliche Rom auch)

Und die Anbaufläche ist ja das eine, du brauchst auch noch Leute die das beackern. Selbst wenn du sagst es müssen zwei (drei, fünf, zehn) Leute auf den Feldern stehen damit ein Stadtbewohner was anderes machen kann,...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 19.07.2024 | 11:02
Naja, bei mittelalterlichen (und eigentlich allen vormodernen Städten) werden die Felder, die die Stadtbevölkerung ernähren, auch zum größten Teil von der Stadtbevölkerung bebaut. Deswegen haben die Städte auch niemals - wie leider immer wieder in pseudohistorischen Filmen oder Fantasy gezeigt - ein leeres Umfeld, sondern Gärten und Felder umgeben die Stadt quasi als äußersten Ring. Tolkien hat das z.B. bei Minas Tirith auch explizit beschrieben, aber die Filmemacher haben das dann in ihrer Unkenntnis gleich wieder ignoriert.

Außerdem sind Städte im Mittelater auch nicht total bebaut, da gab es auch Freiflächen innerhalb der Stadt, auf denen man Vieh halten konnte, und jede Menge Gärten zur Eigenversorgung.

Aussehen tut so eine Landwirtschaft vor den Stadttoren dann ungefähr so - das ist jetzt natürlich neuzeitlich, da ist die Stadt selber schon zugebaut:

(https://storage.tramino.net/isny/924909/800.jpg)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.07.2024 | 11:03
Ich finde die Herangehensweise über Einwohner pro Fläche etwas seltsam.

Es ist ja nicht so, als würde man ein Territorium abstecken und dann da gleichmäßig Leute drüber verteilen.

Es kommt doch darauf an, was das Land an den verschiedenen Stellen hergibt.

Und man sollte dabei auch Quellen wie Fischfang nicht vergessen.

Und ich weiß, ihr liebt eure Bezüge zum Mittelalter. Aber imo sind die völlig irrelevant. Relevant ist, was wir in unserem Fantelalter haben möchten. Das entspricht sowieso vielen Aspekten nicht der irdischen Realität.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 19.07.2024 | 11:07
Und ich weiß, ihr liebt eure Bezüge zum Mittelalter. Aber imo sind die völlig irrelevant. Relevant ist, was wir in unserem Fantelalter haben möchten. Das entspricht sowieso vielen Aspekten nicht der irdischen Realität.

Und an welchen realweltlichen Vorbildern soll man sich dann orientieren? Mit dem Argument kann man jegliche Analogie aus der gesamten Menschheitsgeschichte abschmettern.
Und so wie ich die diversen Fäntelaltersettings kenne, betreiben die alle Landwirtschaft. Mit irdischen Pflanzen. Mit irdischen klimatischen Bedingungen. Durchgeführt von menschlichen Landbebauern. Was soll da jetzt anders laufen?  ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Ainor am 19.07.2024 | 11:17
Ich finde die Herangehensweise über Einwohner pro Fläche etwas seltsam.

Das entspricht durchaus wissenschaftlichen Standards. Und 40/km2 wird häfiger als das Maximum im Mittelalter angegeben. Für Jäger und Sammler ist es 1.

Es ist ja nicht so, als würde man ein Territorium abstecken und dann da gleichmäßig Leute drüber verteilen.

Tut man ja nicht. Aber man braucht nunmal eine gewisse Fläche um Menschen zu ernähren.


Es kommt doch darauf an, was das Land an den verschiedenen Stellen hergibt.

Offensichtlich liegt der Wert für Gebirgsländer oder Wüsten viel niedriger.

Und man sollte dabei auch Quellen wie Fischfang nicht vergessen.

Naja, das spielt in der Statistik nur eine Rolle wenn das Land sehr viel Küste hat.

Und ich weiß, ihr liebt eure Bezüge zum Mittelalter. Aber imo sind die völlig irrelevant. Relevant ist, was wir in unserem Fantelalter haben möchten. Das entspricht sowieso vielen Aspekten nicht der irdischen Realität.

Es ist halt eine andere Herangehensweise. Hier geht man von einem realistischen Wert und verdoppelt dann alles weil die Druiden die Pflanzen wachsen lassen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.07.2024 | 11:28
Und so wie ich die diversen Fäntelaltersettings kenne, betreiben die alle Landwirtschaft. Mit irdischen Pflanzen. Mit irdischen klimatischen Bedingungen. Durchgeführt von menschlichen Landbebauern. Was soll da jetzt anders laufen?  ;)

Die einzige wirklich stark abweichende Ausnahme, die mir gerade einfällt, ist das Tippyverse, ein D&D 3.5 Setting. Hier wird die Nahrungsgrundversorgung durch magische Nahrungserzeugung realisiert. Regelmechanisch "automatisch resettende Fallen, die nicht mit Feuerball sondern mit Create Food and Water geladen sind". Eigentlich will das Tippyverse durchdeklinieren, wie ein konsequent hochmagisches Setting aussähe, aber in der Praxis demonstriert es in erster Linie, wie dysfunktional die D&D-Fallenregeln sind. :p
Landwirtschaft gibt es dennoch, aber in erster Linie Tiermast (mit dem magischen Brei) und Gemüsegärten.

Jedoch ist hier die Bevölkerung aus strategischen Gründen fast ausschließlich in Städten konzentriert, denn nur diese können sinnvoll verteidigt werden, mit Schutz gegen unerwünschte Teleportation, Flieger und dergleichen. Das Land zwischen den Städten liegt also weitgehend brach.

Als weniger stark abweichende Ausnahmen gibt es das eine oder andere Setting, in dem wenigstens regional Zombies oder dergleichen als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden.

Anyway, das nur so am Rande. Der Regelfall ist das nicht. Also ja, volle Zustimmung, natürlich orientieren wir uns an realweltlichen Gegebenheiten und versuchen daraus zu extrapolieren.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.07.2024 | 11:41
Das entspricht durchaus wissenschaftlichen Standards. Und 40/km2 wird häfiger als das Maximum im Mittelalter angegeben. Für Jäger und Sammler ist es 1.

Tut man ja nicht. Aber man braucht nunmal eine gewisse Fläche um Menschen zu ernähren.


Offensichtlich liegt der Wert für Gebirgsländer oder Wüsten viel niedriger.

Das finde ich widersprüchlich. Da müsste man also zuerst einen Geländemix definieren. Offensichtlich benötigt man unter günstigen Bedingungen erheblich weniger Fläche pro Mensch.

Und dann kommt es sicher auch auf den Mix dessen an, was überhaupt angebaut wird. Ich nehme an, man geht von Weizen als default aus? Würde dann aber afaik für z.B.  für Asien nicht zutreffen, da ist doch Reis die Basis?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2024 | 11:41
In den meisten Settings gehen wir ja auch davon aus, daß es zwar genug Zauberer aller Couleur gibt, daß man ihnen in seiner Eigenschaft als Spieler öfter mal als (insbesondere, aber nicht nur, feindliche) NSC begegnen kann, aber andererseits auch wieder nicht so viele und gleichzeitig mächtige, daß sie die Welt zumindest des "gemeinen Volks" gleich komplett umkrempeln.

Aber ich glaube, das ist dann schon wieder mehr der Nachbarfaden (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,128557.0.html). :)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: AlucartDante am 19.07.2024 | 11:42
Vielen Dank für das Thema. Klar kann man sich fragen, wofür man diese Überlegung anstellen sollte. Aber es geht ja um das Thema Immersion. Ich finde gute Welten sollten einfach in sich logisch sein (phantastischer Realismus). Deswegen mag ich oft Filme oder Computerspiele, die nicht auf Rollenspielen beruhen, oft weniger. Ich glaube Rollenspiele haben durch die Multiperspektivität der verschiedenen Spieler eine höhere Korrekturfähigkeit gegenüber Bullshit. Die Einwohnerzahlen sind ja nur ein Symptom dieses Problems, dass z.B. viele Fragen der Wirtschaft berührt.

Mögliche Erklärungen:

1. Mit den korrigierten Zahlen sind die Zahlen der besprochenen Fantasywelten doch näher an der Realität. Aber das Phänomen bleibt.

2. Deine Berechnungen betreffen das Mittelalter, also die Zeit nach der landwirtschaftlichen Revolution. Fantasy beinhaltet aber auch frühere Sagen vor der landwirtschaftlichen Revolution, als die Bevölkerung noch kleiner war.

3. Die Autoren hatten einfach keine Ahnung, was realistisch ist.

4. Kleinere Bevölkerung -> mehr Platz für Monster

5. Damit verwandt: Weniger Bevölkerung -> mehr Wildnis -> mehr Raum zu entdecken.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

6. Kleinere Länder wirken so idyllisch und süß. In Hobbingen ist die Welt noch in Ordnung und unsere kleine Welt wird von den Horden aus dem Osten bedroht.

7. In einem kleineren Land mit kleineren Armeen kommt dem Individuum als Krieger und nicht als Stratege mehr Bedeutung zu:
Das Zeitalter der Helden.

Finde ich aber alles nicht gut: Ich würde mich im Worldbulding eher an historischen Zahlen orientieren...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2024 | 11:47
Das finde ich widersprüchlich. Da müsste man also zuerst einen Geländemix definieren. Offensichtlich benötigt man unter günstigen Bedingungen erheblich weniger Fläche pro Mensch.

Und dann kommt es sicher auch auf den Mix dessen an, was überhaupt angebaut wird. Ich nehme an, man geht von Weizen als default aus? Würde dann aber afaik für z.B.  für Asien nicht zutreffen, da ist doch Reis die Basis?

Und überhaupt ist Ackerbau nicht gleich Ackerbau -- mit was für Werkzeugen ich ihn betreibe, was ich in welcher Folge anbaue, und wieviel Land ich zur Erholung regelmäßig mehr oder weniger brachliegen lassen muß, macht alles einen Unterschied.

(Ganz zu schweigen davon, daß ich auf ein und derselben Fläche schlecht Ackerbau für menschliche Abnehmer betreiben und gleichzeitig Nutztiere weiden lassen kann. ;) Das erhöht den Platzbedarf in der Praxis also auch noch mal.)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.07.2024 | 11:48
Finde ich aber alles nicht gut: Ich würde mich im Worldbulding eher an historischen Zahlen orientieren...

Dafür gibt es dann ja Harnworld.

Ich glaube Rollenspiele haben durch die Multiperspektivität der verschiedenen Spieler eine höhere Korrekturfähigkeit gegenüber Bullshit.

Gewagte These. Imo ist zumindest im naturwissenschaftlichen Bereich (den ich als einzigen fachlich bewerten kann) sehr viel Bullshit unterwegs.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Ainor am 19.07.2024 | 12:07
Das finde ich widersprüchlich. Da müsste man also zuerst einen Geländemix definieren. Offensichtlich benötigt man unter günstigen Bedingungen erheblich weniger Fläche pro Mensch.

Tut man ja. 40 ist für Länder wie Frankreich mit vielen Fruchtbaren Ebenen. Niemand käme auf die Idee das auf Norwegen anzuwenden. Und es ist eine ungenaue Abschätzung. 5% Seen machen da keinen Unterschied.

Und dann kommt es sicher auch auf den Mix dessen an, was überhaupt angebaut wird. Ich nehme an, man geht von Weizen als default aus?

Mittelalter = europäisches Mittelalter. Also Weizen etc.

Würde dann aber afaik für z.B.  für Asien nicht zutreffen, da ist doch Reis die Basis?

Klar, das ist anders. Mehr dazu hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Arm_und_Reich_(Diamond) (https://de.wikipedia.org/wiki/Arm_und_Reich_(Diamond))
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 19.07.2024 | 12:22
@Aedin: Naja, anscheinend sind deine Zahlen etwas daneben.

 wtf?
ich habe die drei Formeln offengelegt
ich habe Puffer eingebaut in Form von 6300 auf 10.000 und 20.000 erhöht
im ersten Beitrag habe ich Bodennutzung im Europa der 1950er mit unter 50% für Nahrungserzeugung hingewiesen.

jetzt kannst du nach deinem persönlichen Geschmack und anvisiertem Techlevel diese Formel anpassen
oder zwischen 2,5 bis 33 Einwohner pro km2 einen Wert pi ma Daumen abschätzen.
40 pro km2 sind ja auch schon in den Raum geworfen worden
kannst du bequem auch durch so welche Formeln darstellen

wenn du 40% Nutzung bei nur 6300 m2 für deine 350.000 km2 einsetzt, kommst du bei 22,2 Millionen heraus (das hatte Deutschland vor der Industriealsierung - übrigens war Deutschland dann auch von Lebensmittelimporten abhängig geworden)

oder du sagst 40 pro km2 bei 350.000 km2 sind 14 Millionen (Deutschland vor 1800 müsste in dieser Kategorie spielen)
bei "nur" 6300 m2 sind das dann 25% Nutzungsgrad des Landes für Nahrungserzeugung

wie knapp dürfen bei dir die Lebensmittel sein?
oder du nimmst 10 000 für volle Humpen & reichlich Steaks und kommst zu einem Nutzungsgrad von 40%

kann man wunderbar mit rumskalieren und hat dann auch eine Vorstellung davon, wie "ausgebaut" das Land jetzt dargestellt werden sollte.
Das Beispiel mit dem genutzen Land direkt angrenzend zur Stadt (Stadtmark!) ist ja schon gekommen 

wenn es deinem Geschmack entspricht, dann bleibt dein Lorakis da massiv drunter und wir sind da, wo Feuersänger von kleinen Siedlungsinseln in riesigen Landschaften redet.

weiteres Rechenbeispiel:
für das Mittelalter gibt es den launigen Wert von 400-500 kg Korn (Weizen vs Roggen) pro Hektar. Davon dann auch gerne 1/3 als Saatgutrücklage&Zugviehkraftfutter (die Bauern waren damals so verzweifelt über die das Saatgut fressenden Vögel, dass es Schnabelverbietungsgebete gab  ;) 9
bleiben Mittel 450 kg - 1/3 = 300 kg
es gibt ein altes Hohlmaß für den Jahres-Kornbedarf eines Mannes, sind launige 5 Zentner
300 kg Ertrag pro Hektar bei 250 kg Mampf pro Mann = 8333 m2 pro Mann (ist je egal, ob dieser Mann im Kloster oder auf der Burg sitzt und Abgaben verzehrt)

Ertragszahlen für Pastinaken, Ackerbohnen, Runkelrüben, Kohle aller Art und Erbsen fehlen. Haben auch nicht so sehr interessiert, hier könnte der Flächen-Schnitt also besser
sein. Etwa weil Gemüsesamen ungleich Saatgut beim Korn sind  ;)

Korn war ja wegen guter Lagerbarkeit, hoher Transportdichte (es muss ja mühsam gefahren werden zur Stadt/Burg/Kloster) und nicht zuletzt wegen des Bieres ein Prestigeobjekt, wo dann auch "mehr" reininvestiert wurde und die Annalisten es überhaupt "bemerkten"
Der Bauer lebte dann vom Ertrag des Gartenlands und das Korn wurde abgeliefert/verkauft  ;)

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.07.2024 | 12:22
Tut man ja. 40 ist für Länder wie Frankreich mit vielen Fruchtbaren Ebenen. Niemand käme auf die Idee das auf Norwegen anzuwenden. Und es ist eine ungenaue Abschätzung. 5% Seen machen da keinen Unterschied.

Mittelalter = europäisches Mittelalter. Also Weizen etc.

Klar, das ist anders. Mehr dazu hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Arm_und_Reich_(Diamond) (https://de.wikipedia.org/wiki/Arm_und_Reich_(Diamond))

Ok, das ist ja doch eine wichtige Diskussionsgrundlage. Wir reden also über Fantelfrankreich! (das finde ich nicht trivial...)

Danke auch für den Link!

edit:

Naja, das spielt in der Statistik nur eine Rolle wenn das Land sehr viel Küste hat.

So wie bei SchwertKÜSTE?  ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Matz am 19.07.2024 | 12:33
Und es ist ja nicht nur Waterdeep als große Stadt in den FR, da gibt es andere die ... gemessen an der mittelalterlichen Messlatte ... auch sehr groß sind.
Also für klassiche, europäische, mittelalterliche Masstäbe eigentlich zu groß. (China hatte das besser gemacht und das altertümliche Rom auch)

Und die Anbaufläche ist ja das eine, du brauchst auch noch Leute die das beackern. Selbst wenn du sagst es müssen zwei (drei, fünf, zehn) Leute auf den Feldern stehen damit ein Stadtbewohner was anderes machen kann,...

Bei einer Welt wie den FR könnte man auch sagen "OK; die Magier haben sich ein bisschen was überlegt und eine Halbebene im Astralraum erschaffen, mit idealen Bedingungen für ganzjährige Landwirdschaft... während in ländlichen Gemeinden der lokale Druide oder Kleriker die Felder segnet und die Fruchbarkeit verbessert und so.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 19.07.2024 | 12:36
Also ja, volle Zustimmung, natürlich orientieren wir uns an realweltlichen Gegebenheiten und versuchen daraus zu extrapolieren.

Naja bis auf weiteres haben wir einfach nichts anderes.

Im Star Treck Univers würde ich ins Holodeck gehen und mit solchen Fragen den Computer quälen ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.07.2024 | 12:51
Basierend auf dem Buch "Medieval Demographics Made Easy" gibt es auch ein paar Onlinetools, mit denen man sich einen Überblick über sein Phantasiekönigreich verschaffen kann:

https://www.rpglibrary.org/utils/meddemog/

Die Aufschlüsselung der Berufe in der Stadt basiert iirc auf einer Volkszählung in Paris aus dem 13.Jh oder so. Ein paar dieser Zahlen fand ich immer schon etwas merkwürdig, zB dass auf alle 150 Einwohner ein Schuhmacher kommt, aber vielleicht überschätze ich auch einfach die Haltbarkeit mittelalterlicher Schuhe. Ferner werden die Berufe offenbar nur strikt linear skaliert, ohne zu berücksichtigen dass ein kleines Dorf am Lande sicherlich andere Schwerpunkte setzen wird als eine zentrale Stadt. Ich kann mir zB nicht recht vorstellen, dass es in jedem durchschnittlichen Kuhkaff von schon einen Advokaten geben soll.

Aber zum rumspielen ist es nicht schlecht.
Interessanter für die Belange dieses Threads ist eh eher der obere Bereich, wo man das Klima auswählen kann und danach die Bevölkerungsdichte und Aufteilung in verschiedene Geländetypen vorgeschlagen wird.

--

Noch ein Wort zu weiter oben, Stichwort sehr große Städte wie Rom oder Tiefwasser:
historisch waren derart große Städte natürlich nur möglich, wenn sie von weitaus größeren Gebieten als dem direkten Umland versorgt wurden. Rom als Kapitale einer Weltmacht hatte da sicherlich weniger Probleme, die haben das Korn halt bis von Ägypten her rangeschafft. Waterdeep als Mitglied eines eher kleinen Bündnisses von Stadtstaaten sehe ich da problematischer. Große Fischereiflotten könnten eine Rolle spielen.

Ansonsten bleibt da wohl nur "A Wizard Did It". Insbesondere, und das ist auch so ein Kernproblem mit der Konistenz solcher entvölkerten Welten: es ist ja selbst im weiteren Umkreis einfach niemand DA, der notwendigen Überschüsse erwirtschaften könnte um eine Stadt mit durchzufüttern. Das hatten wir ja hier schonmal, 10:1 und so.

Ich habe mal vor vielen Jahren ausgerechnet, dass eine Stadt, die sich komplett aus dem eigenen Einzugsgebiet von wenigen Wegstunden versorgen muss, eine maximale Größe von 60.000 Einwohnern haben kann, und das ist quasi schon die ideale Lage mit sehr viel fruchtbarem Land drumherum. (Was dann wieder die Brennstoffproblematik aufwirft.) Allerdings kann ich jetzt aus dem Stand nicht garantieren, dass ich dabei keine Denk- oder Rechenfehler begangen habe, also ohne Gewähr, rechnet es lieber selber mal durch.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 19.07.2024 | 13:01
Find ich irgendwie lustig - ich hab mein Homebrew Setting ganz bewusst entvölkert. Zuerst mittels Krieg, dann eine Seuche. Und genau darauf baue ich meine Grundstimmung auf: das Überleben, wenn Nahrung mehr als knapp, Handel faktisch zum Erliegen gekommen und politische Systeme kaum noch vorhanden sind. Und dazu dann die Bedrohung von Monstern in der Wildnis, die das Reisen extrem gefährlich machen. Wenn Münzen nur in einigen Städten noch wirklich Wert besitzen, und man ansonsten mit einem gejagten Hirsch eine Woche im Gasthof übernachten kann (so man einen findet).

Nach der ersten Kampagne gab es in einigen Gebieten einen Aufschwung, in anderen hingegen ging es bergab. Allerdings kündigt sich bereits seit Jahrzehnten eine Kaltzeit an - und die trifft die Regionen im Norden dann deutlich härter, mit Missernten und extremen Wintern. Die nächste Kampagne wird dann hundert Jahre später spielen, und eine deutlich veränderte Welt zeigen. Nicht zuletzt aufgrund von Dingen, die die alten SCs angestoßen haben...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: flaschengeist am 19.07.2024 | 13:12
Find ich irgendwie lustig - ich hab mein Homebrew Setting ganz bewusst entvölkert.

Das habe ich ebenso gehandhabt: Je bevölkerungsärmer, desto unzivilisierter desto mehr Gefahren. Und Gefahren bezwingen ist wiederum der Stoff, der für mich das Abenteurerleben wesentlich ausmacht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Zed am 19.07.2024 | 13:21
Ja, und ein Atmosphäre-Faktor, der bei entvölkerten Ländern hinzukommt, sind die untergegangenen, geheimnisvollen Zivilisationen, deren Reste sich noch finden lassen. Ohne den Kontrast "Heute Wildnis, damals Kulturland" würde das Besondere des Vergangenen nicht deutlich.

Ohne, dass es weiter aufgegriffen wurde, fand ich dieses Bild im Herr-der-Ringe-Film so beeindruckend, weil es die Phantasie anpeitschte, sich zu überlegen, welche Zivilisation zu derartigen Statuen und Symbolik (https://www.reddit.com/r/lotr/comments/rye8l0/behold_the_argonath_the_pillars_of_the_kings/) fähig und willens ist:

(https://preview.redd.it/xrhn14yrxxt61.jpg?auto=webp&s=70817a556a95b51496a5d71be51981f824f70487)
Ein Bild von Juan Carlos Barquet auf Reddit  (https://www.reddit.com/r/lotr/comments/mtdnsk/argonath_the_gate_of_kings_by_juan_carlos_barquet/)gefunden)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 19.07.2024 | 13:36
Ja, und ein Atmosphäre-Faktor, der bei entvölkerten Ländern hinzukommt, sind die untergegangenen, geheimnisvollen Zivilisationen, deren Reste sich noch finden lassen. Ohne den Kontrast "Heute Wildnis, damals Kulturland" würde das Besondere des Vergangenen nicht deutlich.
Ich nutze das auch, um "Dungeons" logisch zu machen. Ruinen untergegangener Bauwerke sind deutlich logischer als irgendwelche Labyrinthe. Und bei vielen davon muss man sich den Zugang erst freischaufeln.
Dafür besteht auch die Möglichkeit, Dinge zu finden, die in der Jetztzeit überaus praktisch sein können.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2024 | 13:52
Ich nutze das auch, um "Dungeons" logisch zu machen. Ruinen untergegangener Bauwerke sind deutlich logischer als irgendwelche Labyrinthe. Und bei vielen davon muss man sich den Zugang erst freischaufeln.
Dafür besteht auch die Möglichkeit, Dinge zu finden, die in der Jetztzeit überaus praktisch sein können.

Wobei man natürlich ggf. ein bißchen aufpassen muß, denn viele stereotyp "wilde" und "unbevölkerte" Gebiete waren das zumindest im Verlauf der bekannten realen Geschichte auch schon nie so recht -- die Einwohner waren einfach aus hinreichend ausgeprägt eurozentrischer Sicht nur Leute, die "nicht zählten". Selbst durch eine ausgesprochen ungemütliche Wüste hindurch gibt's oft zumindest mal gelegentlich Verkehr, und sei er auch nur per Kamel o.ä.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.07.2024 | 13:57
Zustimmung dazu -- speziell der Argonnath war schon auch im Film ein ganz spezieller Bombast.

Überreste untergeganger Zivilisationen schön und gut. Wie oben schon gesagt, ich hab ja überhaupt keine Beschwerden, wenn es einen _Grund_ (oder mehrere) für die Entvölkerung gibt. Darum wie gesagt in meinem Setting die "Alte Welt", wo es eben genau das gibt: Überreste der alten Zivilisationen von vor dem Kataklysmus, monsterverseuchte Wildnis, und nur ganz wenige Enklaven, die mehr an die Vaults aus Fallout erinnern. In dieses Land zieht es nun Nachfahren der Emigranten, die sich in der Neuen Welt angesiedelt hatten. Schwupp können die Abenteurer sich austoben.

Mein Problem mit den meisten offiziellen Settings ist ja gerade, dass dort keine derartigen Gründe erkennbar sind. Aventurien befand sich vor der Ankunft Borbels sogar in einem "Goldenen Zeitalter" (laut Land dSA), weitgehend frei von Seuchen, Not und Krieg.

BTW finde ich auch für Faerun keine Angaben über starken Bevölkerungsschwund während der Time of Troubles. Da ist in erster Linie von toten Göttern die Rede, es heisst auch dass ganze Städte "ausgestorben" wären, aber warum letzteres finde ich nicht erklärt. Nur dass die Götter keine Zauber mehr verleihen kann ja wohl nicht der Grund für 90%igen Bevölkerungsschwund sein; das haben sie bei uns schließlich auch noch nie gemacht.

Witzigerweise hat IRL die Pest höchstens kurzfristig zu Nahrungsknappheit geführt, und danach sogar zu einer Verbesserung der Ernährungslage. Grund: da ja jetzt eine Menge Höfe frei waren, wurden weniger ergiebige Böden aufgegeben und die Überlebenden haben sich auf die fruchtbarsten Lagen konzentriert. Es kam also effektiv mehr Ertrag pro bestelltem Hektar herum.

Auch der 30jährige Krieg hat ja die Bevölkerung sehr stark dezimiert, allerdings sind wir hier schon weit vom Mittelalter entfernt. Ich kenne eigentlich kein Fantasysetting, das zentral das 17. Jh emuliert. Aber anyway. Auf Wikipedia finden wir zu lesen, "in Teilen Süddeutschlands überlebte nur 1/3 der Bevölkerung". Das ist zwar sicher sehr regional, aber schon kras.

Also okay, wenn man sowas wie eine Pest _und_ einen ultra brutalen 30jK kombiniert, könnte das in Kombination für einen 80%igen Bevölkerungsschwund verantwortlich sein. Also wer das in seinem Setting so definiert, wie gesagt: null Problemo, bin ich sofort dabei.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2024 | 14:04
Na ja, viele Fantasywelten sind ja nachgerade postapokalyptisch in dem Sinne, daß es da mal ausgesprochene Apokalypsen gegeben hat. Schwierig wird's nur, wenn die schon wieder zu lange her sind -- Krynns berühmter Kataklysmus etwa liegt ja um die Zeit, wo die Drachenlanze-Bücher einsetzen, meiner Erinnerung nach auch schon wieder drei Jahrhunderte zurück, und wenn man sich so umschaut, dann leben die Leutchen da vor dem Angriff der Drachenarmeen eigentlich schon wieder ganz gemütlich.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 19.07.2024 | 14:19
Ich denke eine der Gründe für die entvölkerten Fantasywelten dürfte einfach so sein "Weil es für die Helden interessanter ist".
Es ist aber eben auch interessanter wenn die Welten vorher mehr bevölkert waren und diese Völker eben Ruinen und Schätze hinterlassen haben.
Den Grund für den Untergang muss ich als Autor ja nicht unbeding gleich angeben.

Das ist aber zum teil recht unbefriedigend. Ich hätte da lieber Weltenbau der das besser erklärt.

Viel hängt auch an der Geburtenrate, Kindersterblichkeit und anderes derartiges.

Ich hab mir vor einiger Zeit gedanken zu Elfen gemacht gerade weil die seit kurzem exestierende Antwort für Midgard (die nicht so meins ist) im Midgard Forum auf die Frage "Warum gibt es so wenige Elfen und warum haben diese unsterblichen Wesen nicht schon die ganze Welt überbevölkert?" (Die antwort ist das Elfen eine Sturm und Drang phase haben, in der sie hohe Risiken eingehen und dabei eben viele draufgehen)

Die Kindersterblichkeit war schon krass früher und danach das krasse sterben der Frauen nach der Geburt. Wenn das beides wegfällt können auch wir Menschen die Welt überbevölkern (wir sehen es ja gerade) auf der anderen Seite haben wir ja auf der vorherigen Seite von xplummerx die schöne Statistik gesehen (die auch der einer der Gründe ist warum ich bei unsterblichen Elfen einfach davon ausgehe das die nicht karnickeln auf teufel komm raus).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Isegrim am 19.07.2024 | 14:22
Aventurien befand sich vor der Ankunft Borbels sogar in einem "Goldenen Zeitalter" (laut Land dSA), weitgehend frei von Seuchen, Not und Krieg.

Aber Aventurien ist nach keiner Darstellung entvölkert. Das  passt schlicht nicht in diesen Thread. Mag sein, dass die Bevölkerungsdichte viel zu niedrig ist, wenn man die veröffentlichten Zahlen mit realistischen vergleicht, aber nirgends wird gesagt, dass Mittelreich sei (vor Borbarad) entvölkert, oder nur extrem dünn besiedelt oä, im Gegenteil. Es gibt siche rdünn besiedelte Wildnis-Gegenden, aber die "zivilisierten" Regionen sind das definitiv nicht.

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Ainor am 19.07.2024 | 14:29
So wie bei SchwertKÜSTE?  ;)

naja, das ist ein langer Streifen mit viel Hinterland. Glaube nicht dass da Fischerei so einen grossen Unterschied macht.
Aber Getreidelieferungen nach Waterdeep entlang der gesammten Küste dürfte es wohl geben.

Wenn man weniger Leute haben will gibt es gibt natürlich viele Gründe für den Bevölkerungsverlust, aber die meisten sind kurzfristig. Wenn die Pest 1/3 erledigt aber dann die Fruchtbarkeit von 2 auf 3 steigt ist das LAnd nach einer Generation schon wieder voll. Ackerfläche ist ja dann da. Damit die Bevölkeung langfristig klein bleibt braucht man mehr, z.B:

- Klimaveränderung (Kleine Eiszeit oder so)
- Monsterausbreitung in den entvölkerten Gebieten (und damit ein Points of Light setting)
- Politische Veränderungen etc. aufgrund derer der Handel und die Nahrungsverteilung zum erliegen kommt. 

Rom hatte im Mittelalter grob 25000 Leute. Damit wurde nichtmal das halbe Kolosseum voll. Sowas macht sich gut als Abenteuersetting denn da hat man die Dungeons gleich vor Ort.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2024 | 14:46
Ich hab' mal spaßeshalber ein bißchen in "Malmsturm -- Länder des Sturms" geblättert. Nur kurz quergelesen und kein Tiefenstudium betrieben und auch keine Bevölkerungszahlen für komplette Landstriche gefunden, aber bei den erwähnenswerteren Städten stand doch so einiges dabei. Demnach hat's im eisigen Norden und der kleinstaaterisch-provinziellen Waismark schon ganz offiziell ein paar Städte mit Einwohnerzahlen in den Zehntausenden (Phanagor in der Waismark kratzt sogar an der Hunderttausend), während es im technisch fortgeschritteneren, aber auch dekadenten und stark von Wüsten geprägten Imperium durchaus die eine oder andere Millionenstadt gibt...allerdings leistet sich dann die Beschreibung der Hauptstadt Lyssa den potentiellen kleinen Schnitzer, zu behaupten, mit ihren geschätzten zehn bis zwanzig Millionen behause die schon "die Hälfte der imperialen Bürger". Wobei -- je nachdem, was zum Bürgerstatus eigentlich dazugehört, kann das wiederum durchaus stimmen und trotzdem mit deutlich mehr Bewohnern des Imperiums zusammenpassen, die dann einfach ihrerseits schlicht nicht als "richtige Bürger" zählen. Dafür gibt's ja in der irdischen Geschichte schon genügend Beispiele, und wie sich die Bevölkerung insgesamt so auf die einzelnen Gesellschaftsschichten verteilt, müßte ich noch mal nachhaken. :think:
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 19.07.2024 | 14:47
da das Stichwort mittelalterliches Rom fiel

- auch die zahn-der-zeit-zerstörte Frisch-Wasserversorgung kann eine einstmals groß&mächtige Stadt "kleinhalten"

Gründe lassen sich da schon finden, wer früher hoch hinaus war, hat natürlich eine höhere Fallhöhe  ;D
und wenn die übrig gebliebenen "dekadenten Eliten" sich um Viadukte und Co nicht kümmern (oder mangels Wissen&Ressourcen für hydraulischen Mörtel nicht mehr können), dann gehen ihnen halt die Untertanen aus bzw. werden nicht größer, als magere XYZ

dazu auch gesellschaftliche Momentume. Wenn die julianische "Pest" die Städte ausrottet, was machen dann überhaupt die versklavten "Pächter" auf den Latifundien?
ach ja richtig. Den römischen Ausbeuter-Städter gegen den frisch eingefallenen hunnischen/germanischen/piktischen/arabischen Warlord auswechseln  ;D

und wenn die neuen "Bosse" noch gar nicht alle Steuer- und Abgabenschlichen kennen, dann lebt es sich als Servant unter den Franken gar nicht mal so übel...
...wer braucht schon Städte(r), wenn er seinen Wein auch selber trinken kann?!  ;D

gleichbleibende Anzahl an Weinreben auf weniger trinkfähige Bevölkerung = Zunahme von Leberzirose -> reduzierte Lebenserwartung,
dass Land bleibt auf einem niedrigen Bevölkerungsstand, ganz von alleine  ;D
und weil alle besoffen nicht mehr Karren fahren (Zielort finden) können, bringt auch keiner mehr Korn in die verbliebenen Städte...
eine Abwärtsspirale also

ok, hat jetzt was von Asterix und Obelix in Spätantikistan  ~;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Jiba am 19.07.2024 | 14:55
Das habe ich ebenso gehandhabt: Je bevölkerungsärmer, desto unzivilisierter desto mehr Gefahren. Und Gefahren bezwingen ist wiederum der Stoff, der für mich das Abenteurerleben wesentlich ausmacht.

Wobei ich unpersönliche Gefahren ja relativ unspannend finde. Also sowas wie Witterung, Flussquerung, Bergerklimmung, Im-Wald-Verlaufen, den Proviant am letzten Lagerplatz vergessen und dergleichen. Wenn ich das haben will, dann schnappe ich mir eher noch meinen Rucksack und gehe tatsächlich in die Natur – ist dann auch erlebbarer. Ich finde das im Rollenspiel schon als Würze zwischendurch ganz nett, aber so riesige, entvölkerte Landstriche, wo man Kilometer über Kilometer hinweg nicht mal auf ein Dorf stößt, die tun eigentlich nicht viel für mich. Und da gegen wilde Tiere zu kämpfen finde ich auch recht langweilig, weil da bereits die Verhandlungsmöglichkeit wegfällt.

Ich habe gerne Gegner, die eine Motivation haben und mit denen man auch sprechen kann. Gefahren, die eine Agenda haben oder in Fraktionen und Strukturen eingebettet sind, finde ich wesentlich reizvoller als die abstrakte Gefahr, in der Wildnis ein Loch im Schlafsack zu haben. Und die Gefahr, die von Persönlichkeiten ausgeht, ist auch ungleich komplexer. Ich mag auch lieber intelligente, zivilisierte Monster als wilde Fantasytiere mit komischen Frisuren.

Ich würde daher widersprechen, wenn es heißt: Je unzivilisierter, desto mehr Gefahren. Ich sage lieber: Unzivilisierte Landstriche präsentieren andere Gefahren als zivilisierte. Und ich persönlich bin mehr ein "Men vs. Men"- oder "Men vs. Society"-Typ und weniger "Man vs. Nature". Kann als Zwischenepisode gerne rein, sollte aber nicht der Hauptdreh- und Angelpunkt sein. Auch die Zivilisation hält Abenteuer bereit.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2024 | 15:26
Und da gegen wilde Tiere zu kämpfen finde ich auch recht langweilig, weil da bereits die Verhandlungsmöglichkeit wegfällt.

Na ja, je nachdem. Die meisten Tiere greifen vorbeikommende Menschen ja nur an, wenn sie einen guten Grund dafür haben -- oft genug schlicht, daß sie sich zuerst bedroht fühlen --, und wenn man diesen Grund rechtzeitig erkennt und beseitigt, kann man mit ihnen auch ohne Kampf auskommen. Ausnahmen wie z.B. ein Nashorn, das einfach so schlecht sieht, daß es kurzerhand auf alles losstürmt, was eine gewisse Mindestgröße hat und sich bewegt, gibt's natürlich auch, die bestätigen die Regel aber letztendlich nur. :)

Aber es stimmt schon: Einöde ohne irgendwelche Gesellschaft, mit der man in Wechselwirkung der einen oder anderen Art treten kann, wird schnell langweilig, und eine Spielergruppe, die sich plötzlich nur noch gegenseitig unterhalten soll, wird das vermutlich auch bald merken.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.07.2024 | 15:38
Aber Aventurien ist nach keiner Darstellung entvölkert. Das  passt schlicht nicht in diesen Thread.

Äh, doch, grad nochmal nachgeschaut: _genau_ darum geht es in diesem Thread. Aventurien ist höchstens nicht in dem Sinne "entvölkert", dass da mal Volk war welches verschwunden wäre. Sondern es war anscheinend einfach immer schon so leer. Das ist aber eben einfach nicht plausibel, weil es dem Erfahrungswert widerspricht, dass verfügbare Siedlungsräume auch aufgefüllt werden.

Und gerade Aventurien hat ja (wie immer: vor Borbel) nur sehr wenig an Drohkulisse zu bieten. Das ganze Orkland beherbergt, wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe, zu Zeiten Hal's so um die 80.000 Orks. Und da soll ein "Orkensturm" herkommen, der das mächtige Kaiserreich beinahe in die Knie zwingt? Da lachen ja die Hühner!

--

Genauso blödsinnig sind freilich viel zu hoch angesetzte Bevölkerungszahlen. Ich kenn jetzt Malmsturm nicht, aber wenn ich nobody's Beschreibungen da so lese, gehen schon auch meine Augenbrauen über den Haaransatz. Millionenstädte in der Wüste? Und wie werden die dann versorgt?

--

Generell: glaube mein Verdacht erhärtet sich, dass da generell eine Angst vor großen Zahlen ist. Zum einen, weil man sie sich nicht mehr bildlich vorstellen kann. Zum anderen, wie gesagt, weil dann der Einzelne umso mehr darin untergeht.

Beispiel: Stell dir vor, du hast irgendein besonderes Talent oder Fachgebiet. Das ist so exklusiv, das kommt unter einer Million Leuten nur einmal vor.
Das bedeutet, es gibt auf der Welt noch 8000 Leute, die das mindestens genauso gut können wie du. Man kann eine ganze Kleinstadt mit Leuten füllen, die in deinem superseltenen Spezialgebiet genauso rocken. Also was soll's dann, wenn du aus irgendeinem Grund ausfällst, wo du herkommst gibt's noch mehr.

Analoges mag auch bei Bedrohungen für die NSC-Bevölkerung gelten. Wenn irgendeine Bedrohung 1000 hier, 2000 da auslöschen könnte ehe sie sich totläuft, ist das halt "bedauerlich", aber geht im Rauschen unter wenn dann immer noch 100 Millionen übrig sind. Wenn der Pool aber viel kleiner ist, wiegen auch solche Verluste schwerer.

Vor einigen Jahren habe ich mir ja noch ein Setting gewünscht, das eine Fantasy-Hochkultur in ihrer Blüte darstellt, also mit entsprechend hoher Bevölkerung. Dann habe ich aber festgestellt, dass auch in diesem Setting eher die Randgebiete interessant zu bespielen sind. Mittlerweile bin ich also davon wieder weg und ziele auch mehr auf "Points of Light". Aber stimmig muss es halt sein.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 19.07.2024 | 15:50
Und da gegen wilde Tiere zu kämpfen finde ich auch recht langweilig, weil da bereits die Verhandlungsmöglichkeit wegfällt.
Stadtmenschenproblem. Natürlich kann man auch mit Tieren "verhandeln" - der Bär ist z.B. einfach an deinen Vorräten interessiert, nicht an dir. Du stehst nur blöd im Weg. Das trifft z.B. auf viele Beutegreifer zu - und auch da nur, wenn der Hunger groß ist. Anders wäre es bei Tollwut, der einzige Grund, warum Wildtiere Menschen blindlings angreifen.
Richtiges Verhalten rettet da deutlich mehr Leben als der Griff zur Waffe.
Bringt dann auch mal die Chars zum Glänzen, die sonst gerne ein wenig untergehen - Waldläufer, Druiden, Barbaren, Jäger, etc.
Und der Barde muss mal die Fresse halten.  ~;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2024 | 15:52
Genauso blödsinnig sind freilich viel zu hoch angesetzte Bevölkerungszahlen. Ich kenn jetzt Malmsturm nicht, aber wenn ich nobody's Beschreibungen da so lese, gehen schon auch meine Augenbrauen über den Haaransatz. Millionenstädte in der Wüste? Und wie werden die dann versorgt?

Speziell das Imperium ist halt auch ein Land von Alchemisten, Technosophen, dekadenten Adligen, und anscheinend insgesamt tatsächlich hauptsächlich Stadtbewohnern (geht so jedenfalls aus der Beschreibung des "Sandsiedler"-Archetyps für die dortige Bauernversion hervor, der diese Leute als Ausnahme von der Regel beschreibt) -- eigentlich nur noch ein Überbleibsel einer mal deutlich mächtigeren Zivilisation und zumindest stückweise deutlich näher an der Science Fantasy als am Fäntelalter an sich, auch wenn sie die Errungenschaften ihrer Vorfahren oft selbst kaum noch verstehen. Ich werd's bei Gelegenheit noch mal genauer studieren, aber einstweilen gehe ich mal schlicht davon aus, daß man dort auf "klassische" Landwirtschaft außerhalb der Slums kaum noch angewiesen ist, weil man Nahrungsmittel auch quasi vor Ort in irgendwelchen Tanks oder unterirdischen Farmen züchten kann. Jedenfalls, solange die noch funktionieren...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 19.07.2024 | 16:18
Äh, doch, grad nochmal nachgeschaut: _genau_ darum geht es in diesem Thread. Aventurien ist höchstens nicht in dem Sinne "entvölkert", dass da mal Volk war welches verschwunden wäre. Sondern es war anscheinend einfach immer schon so leer.

Menschen waren in den vorhergegangenen Zeitaltern "Randerscheinungen"

Echsenzeitalter mit Gottdrachen Pyrdacor, rund 8000 Jahre vor Spiel
steinzeit-ler Ferkinaken (zurückgezogen im Hochgebirge) als Vorfahren der Tulamiden
Nivesen als Kältgegend Nomaden
Mohas als "edle" Wilde im Dschungel
Sumurrer als Gefolgsleute der Riesin Chalwen

und die Echsen sind dominat, versklaven Menschen (nur die Hochlagen des Gebirges sind ihnen zu kalt) und zerstören das Reich der Sumurrer

- dann gehen die Echsenreiche unter (Zweiter Drachenkrieg)

aus dominat werdenden Ferkinas (4000 Jahre vor Spiel) werden die tulamidischen Reiche mit den Auswanderungen der Norbarden (bis nach Thorwal und ins Bornland), Eroberungen im Dschungelsüden und (sehr viel später) Besiedelung Maraskans

aus dem Güldenland kommen "jetzt erst" Thorwaler und Liebfelder und besiedeln einen oger/ork/goblinverseuchten Kontinent, wo Hoch-Elfenreiche bereits zerfallen sind und die Echsen sich in den Limbus geflohen haben

Expansion der Bosparaner rund 3000 Jahre mit diversen Rückschlägen...

..........................

jüngere Mittelreichgeschichte: rund 90 Jahre vor Borbel endete die Kaiserlose-Zeit mit launigen 1/3 Bevölkerungsverlust. Damals gingen ja auch die Zorganpocken um

- Kaiser Reto führte den teuren Maraskankrieg. Hohe Steuerlasten bremsen ja auch das Bevölkerungswachstum.
- unter Kaiser Hal der Orkensturm (Greifenfurt, Weiden, Gareth) und der Zug der Tausend-Oger (Westtobrien und Warunk)
- Borbelkampagne
- Jahr des Feuers gegen die Heptarchen

da ist schon noch Luft für ein dünn besiedeltes Land, in welchem Barone auf Gemarkungen pochen, wo schon seit 918 nBF niemand mehr pflügte...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tele am 19.07.2024 | 16:43


Und gerade Aventurien hat ja (wie immer: vor Borbel) nur sehr wenig an Drohkulisse zu bieten. Das ganze Orkland beherbergt, wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe, zu Zeiten Hal's so um die 80.000 Orks. Und da soll ein "Orkensturm" herkommen, der das mächtige Kaiserreich beinahe in die Knie zwingt? Da lachen ja die Hühner!

Naja 1527 haben knapp 24.000 Söldner Italien in Angst und Schrecken versetzt und einfach mal in Rom eines der größten Blutbäder des 16. Jhd. angerichtet. Bei Crécy haben 12.000 Engländer Frankreich in eine Reichskrise gestürzt. Titus hat mir 4 Legionen Jerusalem geschliffen, was in der mittleren Republik idealerweise 24.000 Mann gewesen, aber zu Titus Zeiten eher so 12.000 waren und Rom hat riesen Landstriche allein mit einer Legion eingenommen und verheert. 1099 genügten ebenfalls 12.000 Mann, um das stark befestige Jerusalem zu erobern. William der Eroberer hatte keine 10.000 Mann und hat damit England erobert. Die Beispiele ließen sich weiter fortsetzen.

Ich glaube, du hast eine falsche Vorstellung wie groß die Heere waren.
Alleine zum marodieren reichten ein paar 1.000 Mann.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.07.2024 | 17:07
Ja schon, aber die haben sich alle nicht aus einer Bevölkerungsbasis von 80000 Individuen rekrutiert.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tele am 19.07.2024 | 17:27
Ja schon, aber die haben sich alle nicht aus einer Bevölkerungsbasis von 80000 Individuen rekrutiert.

Na gut. Ich hatte die immer als kriegerischen Nomadenvolk verstanden. Vielleicht waren das die Boomer-Jahrgänge des Orklands ....
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 19.07.2024 | 17:36
Ja schon, aber die haben sich alle nicht aus einer Bevölkerungsbasis von 80000 Individuen rekrutiert.

einmal die DSA-Quellen

der Auftakt des Orkensturms waren 10.000 + 1000 Berittene

Geographia Aventurica spricht von 100.000 Orks "im Orkland" und 3.000 im Svelttland
die RSH vom Orkland (Reich des roten Mondes) Seite 23 von 75.000 Orks

huhhhh, nicht viel, selbst wenn sonstwo orkische Yurachbanden in doppelter Zahl rumstreifen...

das ist sportlich, erst eine karge Wirtschaftsbasis im Orkland zu beschreiben und dann mal so eben ein Eröffnungsheer von 11k aus launig 80k Volk zu postulieren.
laut Lore werden ja alle schwächlichen Orks vertrieben/versklavt bzw in blutigen Rangkämpfen "ausgesiebt"

das führt erstmal zu einem Überhang an weiblichen Orks und dann zu einem kriegerischen Voll-Mobilisierungsgrad  ;D
Kinder, Halbwüchsige, orkische Arbeitssklaven, weibliche Orks = 3/4 (sparsam angesetzt!!!) und jetzt Kriegerstand mit 1/4 von 80.000 schickt 11.000 in die Eröffnungsoffensive

sieht für mich nach einem genetischen Flaschenhals aus  ~;D


Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.07.2024 | 17:49
Na gut. Ich hatte die immer als kriegerischen Nomadenvolk verstanden.

Wohl schon, aber halt größtenteils Krieger zu Fuß (und nicht beritten wie die Mongolen oder vergleichbaren nomadischen Völker die wir hier so kennen). Über die Rekrutierungsquote müsste man sich auch mal unterhalten. Aedin schreibt da ja schon einige treffende Gedanken dazu.
Ich finde leider keine vernünftigen Quellen dazu, wieviele zB Mongolen es insgesamt gab, als Dschingis Khan sein Heer aufstellte. Und: Attila oder auch Dschingis haben ihre Heere im Zuge ihrer Eroberungen sukzessive um Truppen befriedeter Feinde erweitert. Ein Vorgang, der den Orks logischerweise nicht offensteht.
Aber wie gesagt - meines Wissens haben es in der realen Weltgeschichte nicht-berittene Nomadenvölker nie geschafft, größeren Reichen so richtig einzuheizen.

Ferner - das hat sich anscheinend inzwischen geändert, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass in früheren DSA-Editionen (1-3) der einzelne Ork noch spürbar schlechtere Stats hatte als ein Mensch. Die waren eigentluch nur Kanonenfutter.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2024 | 21:41
Noch ein paar Nachsätze speziell zum Malmsturm-Imperium, die die dortigen Bevölkerungszahlen ein bißchen erklären mögen:

-- Die Wüsten gab's nicht immer, sondern sie haben sich erst im Lauf der Jahrhunderte und -tausende der imperialen Geschichte entwickelt (und breiten sich auch immer noch aus, was offensichtlich andeutet, daß es auch noch zumindest hier und da ein paar Flecken anderer Landschaften gibt).

-- Das Imperium hat aus seiner früheren Glanzzeit ein immer noch einigermaßen funktionierendes Wasserversorgungsnetz mit Tunneln, Leitungen, und Pumpstationen übrigbehalten, das auch heute noch dafür sorgt, daß das größte Problem des Lebens in so einer Gegend -- der Wassermangel -- so lange nicht wirklich eins ist, wie dieses Netz weiter funktionstauglich bleibt und man auch an einen Anschlußpunkt herankommt. Das mag zu der Neigung, lieber in Städten und anderen schon etablierten Ansiedlungen zu leben, deutlich beitragen; die hängen eben alle schon an dieser Lebensader.

-- Wen genau die Imperialen nun als "Bürger" werten und wen nicht, habe ich bisher nicht recht herausklamüsern können, allerdings gehören zur untersten Gesellschaftsschicht genug Leute wie Sklaven, Bettler, Ausgestoßene und mutierte "Irrformen", die wenige bis keine Rechte genießen, dementsprechend also vermutlich zumindest offiziell nicht groß mitzählen und die Gesamtkopfzahl wahrscheinlich noch mal deutlich erhöhen.

-- Und, wie schon mal angedeutet: das Imperium war zumindest früher mal eine regelrechte Hochzivilisation (ob nun voll durchindustrialisiert oder gesellschaftlich mehr auf Renaissanceniveau mit höher entwickelter Technik, mag eine andere Frage sein), aus deren Zeit hier und da noch ausgesprochene High-Tech bis hin zu teilweise noch funktionierenden Elektronengehirnen und Robotern übrig geblieben ist. Das kann man also, denke ich, auch in der Zeit seines absehbaren Niedergangs nicht so einfach direkt mit "typischen" Fantasyverhältnissen vergleichen; für die sind eher die anderen beiden Regionen mit ihren deutlich kleineren Städten repräsentativ.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Waldviech am 19.07.2024 | 22:04
Zitat
Und wie werden die dann versorgt?
Das wird tatsächlich mit übrig gebliebener Sci-Fi-Technologie erklärt:

https://ifyoudontlikeitfuckoff.de/malmsturm-die-fragmente-die-gaerten-des-imperiums/2014/02/13/

Darüber hinaus wurde das Malmsturm-Imperium auch (sogar explizit) mit der Prämisse geschrieben, dass dort diverse Größenverhältnisse einfach ins Monumentale überblasen sind.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 19.07.2024 | 23:07
sieht für mich nach einem genetischen Flaschenhals aus  ~;D

Ich würde es Designfehler nennen - die Welt ist einfach zu klein. Zugestanden das Problem hat nicht nur die DSA welt, das haben auch andere Welten.
Warum das wirklich so ist? Vieleicht liegt es daran wie man um die 1980 noch das Mittelalter gesehen hat als oberflächlich interessierter Laie

Zumindest für DSA war keiner der drei Paten Hirstoriker oder sowas (Kunstlehrer, Wirtschafswissenschaftler, Ingenieur).

Und zugestanden ich halte es für recht schwer aus dem Stand eine Welt zu erschaffen die groß genug und glaubwürdig ist, zugestanden Warhammer hat einfach die Erde abgekupfert und es sich damit rehct leicht gemacht aber auch da - das reich als einzige wirklich groß ausgearbeitete Region macht auch nicht den Eindruck einer dicht bevölkerten Region.

Wenn ich daran denke wie hier vor einigen Jahren die 1000 Jahr feiern in den Orten und Nachbarorten abliefen (und das ist ja auch nur die erste Schriftliche erwähnung,... bei uns hier anno 985) So weit sind bei mir die nachberdörfer jedenfalls nicht weg die es schon anno 1000 gegeben haben soll. Zu Fuß in gut zu erreichen 3-7 Km, waren aber wohl mehr Wälder und weniger Felder als Heute dazwiwschen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.07.2024 | 23:39
Jedenfalls werde ich aus diesem Faden wohl mitnehmen, daß es sich immer lohnt, auch den Unterbau mit zu betrachten. Ich meine, nehmen wir mal an, ich will in einer Stadt eine klassische Fantasy-Diebesgilde von, sagen wir mal, drei Dutzend Vollzeit-Karrierekriminellen etablieren. Dann brauchen die natürlich rein, um funktionieren zu können, vermutlich zusätzlich noch Informanten auf der Straße, ein paar zuverlässige Schmuggler und Hehler, sonstige Kontakte beispielsweise in der weniger skrupelbehafteten Gesellschaft oder der Stadtwache, Teilzeitschläger zum Schnell-mal-Anheuern...und damit habe ich die Anzahl der potentiellen Opfer, an denen sie sich überhaupt erst bereichern wollen, noch gar nicht angefangen zu erfassen, denn wenn von daher in der Stadt nicht genug zu holen ist, dann wandern früher oder später Mitglieder zu anderen Weidegründen ab. Ohne mich allzusehr auf feste Zahlen festnageln lassen zu wollen, klingt das plötzlich sehr danach, als ob sich zumindest als festes Revier für Gruppen dieser Größenordnung schon nur noch wohlhabendere Groß- und Handelsstädte lohnen, denn in einer betulichen Kleinstadt oder gar im Dorf auf dem Land gibt's sowohl weniger zu holen als auch nicht mehr die nötigen Menschenmassen, in deren Anonymität sich so viele Leute einigermaßen bequem verstecken können.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.07.2024 | 23:53
Aaah okay, Malmsturm ist also kein typisches Fäntelalter, sondern hat SF-Elemente. Got it.

Ich würde es Designfehler nennen - die Welt ist einfach zu klein. Zugestanden das Problem hat nicht nur die DSA welt, das haben auch andere Welten.

Zu klein und dabei auch noch kaum besiedelt -- am Ende kann man in einer Spielhilfe jeden Einwohner namentlich erfassen.  >;D
Ich glaube auch, den Hintergedanken beim DSA-Weltenbau zu verstehen: man definiert erstmal einen kleinen Subkontinent, damit man schnell loslegen kann mit dem Spiel, und hat ja dann hinter dem Gebirge noch ein Vielfaches der Fläche für zukünftige Erweiterungen.
Nur haben sie dann halt leider den Absprung verpasst. Statt sich mal irgendwann ums Riesland zu kümmern, wurde lieber das winzige Aventurien vom hundertsten ins tausendste ausgestaltet. Und damit nur ja niemand heimlich rübermacht, wurde der Weg in den Osten qua Beschreibung gründlich versperrt: absolut unpassierbares Gebirge, viel zu gefährliches Meer, da kommt ja keiner durch. Im Endeffekt musste Riesland dann als Fanprojekt ausgearbeitet werden.

Allerdings klingelt da bei mir jetzt ansonsten zum Thema "zu kleine Welt" nicht so viel. Faerun ist schon echt groß, iirc so grob vergleichbar mit Nordamerika. Nur halt dünn besiedelt. Der Hauptkontinent von Golarion ebenfalls. Gesamtbevölkerung hier: ca 40 Mio.

Lorakis ist auch leidlich groß -- lang nicht so groß wie Eurasien, aber größer als Westeuropa allemal. Jedoch geht da das Leid schon los: die in Lorakis als "Bedrohungsherde" reservierten Gegenden failen in dieser Rolle genauso hart wie das Orkland: zu klein, zu dünn besiedelt. Was da als "Mongolei" die Drohkulisse für "China" darstellen soll, hat irgendwie sowas um 250.000 Einwohner (wenn überhaupt). Richtiggehend lustig ist da der Text im Almanach, laut dem Gefangene "in die Tiefe der Steppe" verschleppt werden -- man möchte rufen "Wat denn für ne Tiefe, wenn de 5 Kilometer zu weit reitest biste ja schon wieder draußen!"
Auf den ersten Blick nicht ganz so schlimm ist die Blutgrasweite, weil Orks in dem Setting schon ziemliche Aliens sind und quasi nach Bedarf von Brutmüttern "gelegt" werden. Allerdings würde ich da auch mal bei Gelegenheit nachrechnen, wieviele Orks so eine Savanne denn plausibel ernähren kann.

Zitat
Wenn ich daran denke wie hier vor einigen Jahren die 1000 Jahr feiern in den Orten und Nachbarorten abliefen (und das ist ja auch nur die erste Schriftliche erwähnung,... bei uns hier anno 985)

Bei mir hier 1011. ^^
Und ja, so grob plusminus 5km war wohl durchaus die typische Distanz.  Vermutlich so austariert, dass man sich bei den Feldern und Wäldern nicht ins Gehege kam.

--

@nobody: Ja das ist echt auch mal ne interessante Frage: wieviel Bevölkerung braucht man, damit Berufsverbrecher ihr Auskommen finden?  ;D Ich hab echt keine Ahnung, aber mein Gefühl ist, dass drei Dutzend für eine Stadt schon echt viel ist.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 20.07.2024 | 08:27
Wohl schon, aber halt größtenteils Krieger zu Fuß (und nicht beritten wie die Mongolen oder vergleichbaren nomadischen Völker die wir hier so kennen). Über die Rekrutierungsquote müsste man sich auch mal unterhalten. Aedin schreibt da ja schon einige treffende Gedanken dazu.
Ich finde leider keine vernünftigen Quellen dazu, wieviele zB Mongolen es insgesamt gab, als Dschingis Khan sein Heer aufstellte. Und: Attila oder auch Dschingis haben ihre Heere im Zuge ihrer Eroberungen sukzessive um Truppen befriedeter Feinde erweitert. Ein Vorgang, der den Orks logischerweise nicht offensteht.
Aber wie gesagt - meines Wissens haben es in der realen Weltgeschichte nicht-berittene Nomadenvölker nie geschafft, größeren Reichen so richtig einzuheizen.
Zum einen gibt es weder die "Hunnen", noch die "Mongolen" oder früher die "Skythen". Die Namen wurden von zeitgenössischen (und späteren) Autoren geprägt, umfassen aber eine Vielzahl an Volksstämmen. Eine Zählung ist daher schonmal fast unmöglich. Noch dazu darf man sich das nicht als ein geeintes Heer vorstellen, sondern als viele kleinere, manche davon unter dem Befehl eines Khans, andere durch dessen Bewegungen zur Wanderschaft getrieben - und diese kommen dann in Konflikt mit Rom.

"Beritten" ist auch relativ, da da auch jede Menge Fußvolk dabei war. Reiter nehmen keine befestigten Stellungen ein.  ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 20.07.2024 | 09:52
Und ja, so grob plusminus 5km war wohl durchaus die typische Distanz.  Vermutlich so austariert, dass man sich bei den Feldern und Wäldern nicht ins Gehege kam.

ihr müsst das einfach nur als "Pendlerstrecke" sehen, schon wird das eine runde Sache.

ab wieviel Zeit im Bus/Bahn/Fahrrad/Auto/Schuhen wird die Arbeitsstätte unattraktiv? typische Pendlerzeiten (NUR EIN WEG) sind kleiner 3/4 Stunde, alles darüber wird von den betroffenen als Bürde empfunden.

wie weit kommt ihr in einer 3/4 Stunde mit der Hacke auf der Schulter, wenn ihr zur Feldarbeit in die Rüben geht?


also, bevor man vor lauter Hin&Rücklauferer seine Arbeit uff de Fäldde nitt maer schaffet (auch muss eine Ernte ja zurück gefahren werden), gründet man einen neuen Weiler und bei viel gutem Boden im "Outerrim" gleich ein neues Dorfe

als die Wege besser wurden (damit auch die zumutbare Zeit zur Arbeitsstätte), wurden dann diese "Weiler" - Einzelgehöfte auch schon wieder aufgegeben

auch "darüber" kann die Landschaft stimmig dargestellt werden. Irgendwann weidet "hier draußen, 1,5h vom Ort" nur noch Vieh (Schafe) für den kompletten Sommer bzw. die klassische Schweineherde, welche "im Herbst" zur mast in die Wälder getrieben wird, was ja auch weiter weg vom Ort war als die Felder.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 20.07.2024 | 10:43
Zugestanden das Problem hat nicht nur die DSA welt, das haben auch andere Welten.
Warum das wirklich so ist? Vieleicht liegt es daran wie man um die 1980 noch das Mittelalter gesehen hat als oberflächlich interessierter Laie

Zumindest für DSA war keiner der drei Paten Hirstoriker oder sowas (Kunstlehrer, Wirtschafswissenschaftler, Ingenieur).

Habe irgendwo gelesen, dass Aventurien so klein angelegt wurde, damit man schneller von einem Abenteuer(heft) zum nächsten kommt.

Und damit die Abenteuer auch leicht unterschiedliche Klimazonen abdecken können.

Das mag einige schocken, aber bei mir ist es auch so, dass ich die Settings so zusammenbaue, damit ich das Spielerlebnis und die Atmosphäre habe, die ich darstellen will.  Die Logik leite ich basierend auf diesen Faktoren ab und nicht umgekehrt.

Es sieht z.B. einfach toll aus und gibt mir ein Kribbeln im Bauch, wenn ich riesige, verlassene Landschaften sehe und mit vorstelle, wie einsam das ist. Diese Emotion macht mir mehr Spaß als mir vorzustellen, dass das jetzt alles mit Feldern und blärrenden Bauernkindern zugepflastert sein sollte.

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 20.07.2024 | 10:57
Es sieht z.B. einfach toll aus und gibt mir ein Kribbeln im Bauch, wenn ich riesige, verlassene Landschaften sehe und mit vorstelle, wie einsam das ist. Diese Emotion macht mir mehr Spaß als mir vorzustellen, dass das jetzt alles mit Feldern und blärrenden Bauernkindern zugepflastert sein sollte.

Ich vermute, das können viele von uns durchaus nachvollziehen. :) Auf der anderen Seite allerdings gibt's eben auch Dinge zwischen den beiden Extremen -- auch ein "unwegsamer" Dschungel kann ja seine Einwohner haben, die dann einfach nur nicht Ackerzucht und Viehbau streng nach europäischem Vorbild betreiben, und auch in der trockensten Wüste kann man zumindest mal anderen Durchreisenden begegnen.

Soll heißen: damit eine riesige Landschaft buchstäblich einsam und verlassen sein und auf längere Sicht auch bleiben soll, muß schon ein bißchen was zusammenkommen. Daß da nicht gleich Ackerland von solchen Dimensionen ist, daß man's auch noch aus der Erdumlaufbahn sofort sehen könnte, besagt allein für sich noch nicht viel.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 20.07.2024 | 12:44
Zugestanden meine eigenbau Fantasywelten haben auch entvölkerte Landschaften, Wüsten etwa, große Sumpfgebiete, Gebirge. Aber in der Zivilisation hat man rings um eine passabel große niederlassung eben auch Genuzte Landwirtschaftsflächen. Wälder in denen das Unterholz klein gehalten wird, ein passables Wegesysstem, etc.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 20.07.2024 | 13:00
ein passables Wegesysstem, etc.
Das wird auch gerne vergessen: Straßen brauchen eine Menge Arbeitskraft, um sie instand zu halten. Nur weil manche römischen Straßen abschnittsweise super erhalten sind, trifft das ja auf den Großteil der Strecke nicht zu. Ungepflegte Wege wachsen zu, werden von Baumwurzeln zerstört, oder fallen einfach der Erosion zum Opfer.
Fällt jetzt die Arbeitskraft massiv weg, können auch die Straßen nicht mehr gepflegt werden. Damit wird der Handel schwieriger, Handelsgüter werden teurer.
Ebenso müssen Straßen bewacht werden. Ohne Patroillen machen Wegelagerer (oder Monster) Jagd auf Reisende -> Reisen werden gefährlicher und weniger unternehmen sie.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: AlucartDante am 20.07.2024 | 13:28
Letztlich sorgen vielleicht auch Fantasyvölker für eine Lösung irdischer Probleme der Entvölkerung:

1. Die Robustheit von Orks verringert das Problem des genetischen Flaschenhalses. Übrigens gab es ja auch mal Zeiten vor 40 bis 80.000 Jahren mit nur 1.000 bis 10.000 Homo Sapiens. Ich habe gehört, dass man bei Orks ohne Abstoßungsreaktion Gewebe  übertragen kann, was bei Menschen nur eineiige Zwillinge können, aber auch alle Geparden.

2. Mehrlingsgeburten unter Orks sorgen für größere Raubzugherde. 80.000 Orks könnten 11.000 Krieger losschicken, weil jede Orkfrau jedes Jahr vier Junge wirft. Dadurch ist das Heer prozentual zu den Müttern zuhause auch vier mal so groß wie es bei Menschen üblich wäre. Übrigens gibt es aber auch historische Vorbilder für ähnliche Größenordnungen. Der Vandalenkönig Geiserich soll im Jahr 429 die Vandalen mit rund 15.000 bis 20.000 Krieger bei insgesamt 80.000 Menschen insgesamt nach Nordafrika geführt haben.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 20.07.2024 | 14:26
Ich habe gehört, dass man bei Orks ohne Abstoßungsreaktion Gewebe  übertragen kann, was bei Menschen nur eineiige Zwillinge können, aber auch alle Geparden.

Naja da stellt sich mir eben die frage wo du das gehörst hast. ich kenne jedenfalls kein Regelwerk das mit so detailierten Genetikregeln daherkommen. Es spricht ja auch nichts dagegen das in Fanataswelten das einfach alle können, oder eben keiner.

"Bei mir" wäre es jedenfalls schon so das die meisten Orks die so eine Transplantation brauchen würden einfach sterben, weil es ist ja auch keiner da der sowas transplantieren kann.

2. Mehrlingsgeburten unter Orks sorgen für größere Raubzugherde. 80.000 Orks könnten 11.000 Krieger losschicken, weil jede Orkfrau jedes Jahr vier Junge wirft. Dadurch ist das Heer prozentual zu den Müttern zuhause auch vier mal so groß wie es bei Menschen üblich wäre. Übrigens gibt es aber auch historische Vorbilder für ähnliche Größenordnungen. Der Vandalenkönig Geiserich soll im Jahr 429 die Vandalen mit rund 15.000 bis 20.000 Krieger bei insgesamt 80.000 Menschen insgesamt nach Nordafrika geführt haben.

Mehrlingsgeburten sind nur dann ein wirklicher Vorteil für eine Spezies wenn es potentiell auch genügend Futter gibt. Wenn ich nur mit diesem Aspekt eine Spezies betrachten würden,... wir wären schon alle lange tod weil uns die Stechfliegen ausgesaugt hätten, die bekommen 1000 Nachkommen,... Auch Orks müssen erst mal groß werden bis sie eine Gefahr darstellen. Das mag je nach Welt deutlich schneller gehen als bei Menschen, aber eben nicht instantan und eben "Jedes Pfund muss durch den Mund". Woher bekommen Orks ihr essen? In den wenigsten Settings wird detailiert beschrieben von was gewisse Spezies eigentlich leben. Was essen Zwerge? Was Drow? (gut bei lezterem hat sich Salvatore einiges an gedanken gemacht) also insbesondere die unter der Erde lebenden Wesen haben hier und da ein echtes erklärungsproblem bezüglich Ernährung.

Und darüber wieviel Leute man braucht um eine Großstadt zu ernähren hat man sich ja schon gedanken gemacht.

Im übrigen bin ich der Meinung das, wenn ich morgen eine einzige person mit etwas Ausrüstung in die römische Antike schicken könnte mit dem Auftrag möglichst viel Unfug mit der Zeitlinie anzurichten, sicher ein Scharfschütze könnte Juluis Cäsar im Alter von 10 Jahren umbringen, das würde schon Wellen schlagen. Aber ein Agraringenieur der den Leuten zeigt wie man maximalen ertrag aus dem Land rausholt (und dessen richtige Ausrüstung wäre etwas Saatgut, ein paar Kartoffeln und Mais ;) ) (zweite Idee wäre natürlich ein Hygienemediziner, aber der kann auch wenig machen wenn die Leute verhungern) dritte erst ein Ingenieuer/Techniker auf einen Soldaten/Militärtechniker würde ich wirklich erst spät kommen. Latein und ein paar kentnisse in Pädagogik sollte man natürlich auch haben.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 20.07.2024 | 14:49
Mehrlingsgeburten sind nur dann ein wirklicher Vorteil für eine Spezies wenn es potentiell auch genügend Futter gibt. Wenn ich nur mit diesem Aspekt eine Spezies betrachten würden,... wir wären schon alle lange tod weil uns die Stechfliegen ausgesaugt hätten, die bekommen 1000 Nachkommen,... Auch Orks müssen erst mal groß werden bis sie eine Gefahr darstellen. Das mag je nach Welt deutlich schneller gehen als bei Menschen, aber eben nicht instantan und eben "Jedes Pfund muss durch den Mund". Woher bekommen Orks ihr essen? In den wenigsten Settings wird detailiert beschrieben von was gewisse Spezies eigentlich leben. Was essen Zwerge? Was Drow? (gut bei lezterem hat sich Salvatore einiges an gedanken gemacht) also insbesondere die unter der Erde lebenden Wesen haben hier und da ein echtes erklärungsproblem bezüglich Ernährung.

Und darüber wieviel Leute man braucht um eine Großstadt zu ernähren hat man sich ja schon gedanken gemacht.

Wenn man jetzt davon ausgeht, dass Orks Carnivoren sind und Menschen potenzielle Beute sind, dann passt das ja. Dann würden sich Menschen- und Orkpopulation ganz klassisch im Gleichgewicht halten. Was auch erklären würde, warum die menschliche Besiedlung gehemmt ist. Regelmäßige Orc-Raids führen zu geringem Bevölkerungswachstum.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 20.07.2024 | 15:06
In einer Fantasywelt kann ich natürlich auch mit Fantasybegründungen dafür hantieren, warum eine bestimmte Gegend unbewohnt bleibt. Vielleicht ist sie beispielsweise aus diesem oder jenem Grund einfach handfest verflucht, und solange niemand herausklamüsern kann, wie man diesen Fluch loswird, zieht da eben auch freiwillig keiner hin...natürlich sollte dann auch irgendwo stehen, wie sich dieser Fluch bemerkbar macht, wenn es die SC doch mal dorthin verschlägt. Und so was wie eine größere Drachenkolonie, in der man's nicht bequem mit nur einer einzigen großen fliegenden Eidechse zu tun hätte, sondern gleich mit drei oder vier ausgewachsenen und zumindest provisorisch verbündeten Familien, die sich einen Gebirgszug o.ä. teilen, ist vermutlich für die meisten Zweibeiner auch eher etwas, dem man weiträumig aus dem Wege geht...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 20.07.2024 | 19:37
Das Empire in WFRP 1sted scheint mir IIRC ein Web of lights Setting zu sein, die PoL sind mittels Areas of light miteinander Verbunden
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 20.07.2024 | 21:45
Inspiriert von den Ork-Rechnungen habe ich mal eben überschlagen, wie schnell sich auch eine menschliche Bevölkerung vergrößern kann, wenn die Sterblichkeit (speziell von Kindern und Müttern) gering ist und (bis zu einem gewissen Punkt) immer genug Nahrung erzeugt werden kann und Lebensraum vorhanden ist.

Man spricht ab einer Wachstumgsrate von 2.5%/a von einer Bevölkerungsexplosion. Klingt erstmal nach nicht viel, aber in klaren Zahlen heisst das, dass die Population sich alle 30 Jahre verdoppelt.

Das könnte zB so vonstatten gehen: Frau wird erwachsen, und bekommt dann bis zu ihrem 30. Lebensjahr 4 Kinder. Also ca alle 3 Jahre ein Kind, ist jetzt nicht völlig abseitig. (Denkt nur mal an eure eigenen Großeltern. Meine Großmutter hatte insgesamt 7 Kinder bekommen, von denen 1 als Kleinkind starb.)
Wir sehen also: 2.5%/a ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange.

Wenn also ZB in meinem Setting, welches ich oben erwähnt habe, zum Zeitpunkt des Kataklysmus nur 100.000 Personen den Exodus in die Neue Welt geschafft haben sollten... dann bei dieser Wachstumsrate wären nichtmal 300 Jahre später bereits 50 Millionen daraus geworden, wenn keine größeren Katastrophen dazwischen gekommen sind. Ich habe jedoch postuliert, dass seit dem Exodus schon 500 Jahre vergangen sind... das heisst, es sollte sich irgendwann im Lauf der Zeit das Niveau stabilisiert haben, sonst wären wir mittlerweile bei 6.5 Milliarden.

Daraus ziehe ich nun also folgende Konsequenzen für das Setting: ob 200.000, 100.000 oder gar nur 10.000 Leute den Exodus geschafft haben, ist für die Gegenwart so gut wie irrelevant. Es ist so oder so genug Potential da, dass ich für die Gegenwart quasi jede beliebige Zahl als aktuelle Bevölkerung festlegen kann (und ich will bestimmt keine Milliarden setzen). Man hat sogar "Puffer" für noch einige Seuchen, Kriege und andere Katastrophen, alles kann im gesetzten Zeitrahmen wieder ausgeglichen werden.

Wenn wir zB mal setzen, dass die Bevölkerung sich vor 200 Jahren bei 50 Millionen eingepegelt (oder das Wachstum stark reduziert) hat, folgt daraus auch, dass seitdem nur noch relativ wenige neue Siedlungen entstanden sein dürften bzw bestehende nicht mehr nennenswert gewachsen. Ein paar Verschiebungen kann es natürlich immer mal geben. Die meisten Ortschaften dürften hingegen 2-500 Jahre alt sein.
Und diese Ergebnisse helfen mir bei meinem Weltenbau doch schonmal deutlich weiter.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: YY am 20.07.2024 | 22:27
Will sagen: wenn ich einer von 10000 Kriegern bin, kann ich ja vielleicht noch so ein ausnehmend großer Held sein, auf dessen Beitrag es ankommt. Zumal sich ja die geringe Anzahl über eine große Fläche verteilt und dann am Ende nie mehr als 1-200 Kämpfer auf einem Haufen anzutreffen sind. Wenn ich aber einer von 1 Million Soldaten bin, kann ich gar nicht so wichtig sein, dass es auf mich ankäme; egal was ich mache, es wird im Rauschen der Statistik untergehen.

Dies ist meine beste und wohlwollendste Interpretation zugunsten von "leeren Welten". Gleichzeitig wirft sie die Frage auf, wie man das umgehen könnte: wie kann ich ein Setting mit "normalen" Bevölkerungsdichten haben, und dennoch die einzelne Figur relevant halten?

Um beim militärischen Kontext zu bleiben:
Runterrechnen kann man das doch quasi beliebig - wo es um hinreichend spezialisierte Kräfte geht, kennen sich die Betroffenen einerseits quasi alle untereinander und haben andererseits einen enorm großen potentiellen Einfluss auf das Gesamtgeschehen.

Und allgemeiner: selbst aus den industrialisierten Massenkriegen des 20. Jahrhunderts kann man doch aus der hohlen Hand ein paar bekannte Namen "kleiner" Soldaten nennen.

Vor einigen Jahren habe ich mir ja noch ein Setting gewünscht, das eine Fantasy-Hochkultur in ihrer Blüte darstellt, also mit entsprechend hoher Bevölkerung. Dann habe ich aber festgestellt, dass auch in diesem Setting eher die Randgebiete interessant zu bespielen sind. Mittlerweile bin ich also davon wieder weg und ziele auch mehr auf "Points of Light". Aber stimmig muss es halt sein.

Njoah, das hängt doch weniger an der reinen Zahl als am Zivilisationsgrad. Wo alles seine Ordnung hat, ist eben nur noch der Job des Ordnungshüters interessant.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 20.07.2024 | 22:41
Njoah, das hängt doch weniger an der reinen Zahl als am Zivilisationsgrad. Wo alles seine Ordnung hat, ist eben nur noch der Job des Ordnungshüters interessant.

Spielt man halt mal CSI: Baldur's Gate. :)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 21.07.2024 | 10:10
Und allgemeiner: selbst aus den industrialisierten Massenkriegen des 20. Jahrhunderts kann man doch aus der hohlen Hand ein paar bekannte Namen "kleiner" Soldaten nennen.

Joar, klar. Die heute noch bekanntesten haben halt zB jeder das Äquivalent von mehreren Panzerdivisionen oder vielen Flugzeuggeschwadern vernichtet. Aber das ist ja der Punkt: was hat's gebracht? In Relation zu den genannten Massen von Menschen und Material war das ja alles nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Gewonnen haben die, die mehr Zeug produzieren konnten und ihre erfolgreichsten Soldaten rausrotiert haben, um andere auszubilden.

Okay, zwar ist es in direkter Relation auch nicht viel anders, wenn man in Helms Klamm 10000 Orks gegenübersteht und 43 davon erschlägt. Aber in so einem Maßstab kann eine beherzte Einzelaktion na noch die ganze Schlacht (mit) entscheiden und dann kaskadierende Auswirkungen auf den ganzen Krieg haben. Das kann ich bei hypothetischen 10.000.000 Orks nicht mehr so richtig sehen, selbst wenn man 43.000 davon erschlüge, was aber schon ein Stretch ist.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 21.07.2024 | 10:38
Joar, klar. Die heute noch bekanntesten haben halt zB jeder das Äquivalent von mehreren Panzerdivisionen oder vielen Flugzeuggeschwadern vernichtet. Aber das ist ja der Punkt: was hat's gebracht? In Relation zu den genannten Massen von Menschen und Material war das ja alles nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Gewonnen haben die, die mehr Zeug produzieren konnten und ihre erfolgreichsten Soldaten rausrotiert haben, um andere auszubilden.

Okay, zwar ist es in direkter Relation auch nicht viel anders, wenn man in Helms Klamm 10000 Orks gegenübersteht und 43 davon erschlägt. Aber in so einem Maßstab kann eine beherzte Einzelaktion na noch die ganze Schlacht (mit) entscheiden und dann kaskadierende Auswirkungen auf den ganzen Krieg haben. Das kann ich bei hypothetischen 10.000.000 Orks nicht mehr so richtig sehen, selbst wenn man 43.000 davon erschlüge, was aber schon ein Stretch ist.

Na ja, die Frage "Was kann eine Handvoll Spielercharaktere überhaupt bewegen?" stellt sich ja eigentlich immer, und die Antwort hängt dann auch mit davon ab, wer die SC nun eigentlich genau sind. In "Red Hand of Doom" für D&D3 beispielsweise, was ja durchaus ein Kriegsabenteuer oder auch schon eine Kampagne ist, in deren Verlauf die SC mehrfach hochleveln sollen, besteht ihre Hauptaufgabe weniger darin, sich hinzustellen und die gesamte Monsterarmee persönlich wegzuschnetzeln, als in einzelnen Missionen erst mal herauszufinden, was überhaupt Sache ist, dann nach Möglichkeit Verbündete zu finden und geeignet anzuheuern, und natürlich peu a peu die einzelnen feindlichen Anführer auszuschalten. Für meinen rein persönlichen Geschmack hängt in diesem konkreten Fall immer noch zu viel an den Spielern, weil die "befreundeten" NSC während all dem als viel zu passiv beschrieben werden, aber grundsätzlich sind das alles durchaus passende Aufgaben für einen kleinen Kommandotrupp, wie eine typische D&D-Abenteurergruppe ihn nun mal darstellt, und können den Ausgang des Szenarios glaubhaft beeinflussen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Nazir ibn Stonewall am 21.07.2024 | 10:57
[nerd] Magdeburg: Das waren aber Tillys kaiserliche Truppen! [/nerd]
Argh. Natürlich.  8) Die armen Schweden waren unbeteiligt... ein paar Tage zu spät. ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Nazir ibn Stonewall am 21.07.2024 | 11:05
Gewonnen haben die, die mehr Zeug produzieren konnten und ihre erfolgreichsten Soldaten rausrotiert haben, um andere auszubilden.
Global betrachtet ja, aber irgendwer musste den Sieg dann ja aber auch umsetzen. ;) Sprich: Wenn die SC in unserem Setting am 05.06.1944 das HQ der x. SS-Panzerdivision in einen Dimensionsvortex werfen, um zu verhindern, dass diese Panzer am nächsten Tag die Strände der Normandie verteidigen können, dann hatte das gewaltige Auswirkungen. Denn es kommt ja oft auf relativ kleine Operationen an. Wenn dann diverse tausend Soldaten am Strand landen, ist es im Einzelnen recht egal, wer unter exakt wie hohen Verlusten wie viele Gegner ausschaltet, solange das am Ende des Tages ein Ergebnis erzielt. Sodass das Handeln von SCs am Strand in der Masse untergeht, bei Schlüssel-Kommandooperationen nicht.
Kann man dann aber auch weiter runterbrechen. Am Strand allgemein ist es belanglos und austauschbar, aber der Angriff auf diese eine Geschützbatterie oder diesen Bunker kann interessant sein, und dort können wieder 5 Leute einen Unterschied machen, der sich auf Tausende auswirkt. Was sich wieder auf den ganzen Tag auswirkt. Was sich dann auf den gesamten europäischen Kriegsschauplatz auswirkt, bis hin zur Ostfront. Usw.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 21.07.2024 | 11:44
Eine kleine Gruppe mag auf den ersten Blick nicht besonders viel Impact haben - aber sie kann etwas in Gang setzen.

Beispiel gefällig? Nun, in der abgeschlossenen Kampagne hat die Gruppe (damals noch Level 3) sich mit der einzigen (Pseudo-)Religion angelegt und einen der Ihren aus deren Kerker befreit. Dabei stießen sie auf einen Nekromanten, der in der Katakomben unter dem Tempel hauste - geduldet vom Oberhaupt besagten Tempels. Sie haben ihren Freund befreit, den Nekromanten gekillt, und auch ein hochrangiges Mitglied eines der Vebrechersyndikate der Stadt rausgeholt. Die Beweise für das unangenehme Geheimnis hat dieser dann an sich genommen - und dem Proconsul (weltlicher Herrscher) überreicht. Soweit der Einfluss der SCs.

Einige Zeit später marschierte ein Heer, angeführt von einem Drachen auf die Stadt zu (das passierte gleichzeitig an mehreren Orten). Es kam zu einem Zerwürfnis zwischen Proconsul und Hohepriester, und letzterer wurde unter Hausarrest gestellt, mit den Beweisen erpresst und faktisch entmachtet.
Dies führte nun dazu, dass die beleidigte Leberwurst über Jahre intrigierte, selbst zum Nekromanten wurde und schließlich (nach dem Tod des Proconsul) die Untoten in der Kanalisation dazu benutzte, zu putschen. Jetzt haben wir dort also eine Stadt, in der Untote und Nekromaten leben.

Ich habe hier also das, was die SCs in Gang gesetzt haben, auf Basis der Charaktere weitergesponnen. Sie hatten die ganze Organisation der Kirche blamiert, den ohnehin größenwahnsinnigen Hohepriester angreifbar gemacht und somit "over the edge" gestoßen. Was folgte war eine Abwärtsspirale - die sie, wären sie vor Ort gewesen, vielleicht wiederum hätten stoppen können. Waren sie aber nicht.

Ich bin ein großer Fan von Ursache und Wirkung. Und die SCs sind eine ausgezeichnete Quelle von Ursachen.  ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Issi am 21.07.2024 | 12:43
Denke, Weiße Flecken in der Welt, haben mehrere Vorteile/Gründe:
1. Platz für Phantasie der Spieler
Wenn alles dicht besiedelt ist, und ausgearbeitet, können keine eigenen Ideen dort verwirklicht werden.

2. Weniger Lese und Lernaufwand für Spielleiter
Wer hat denn die Lust und vor allem die Zeit dieses Quellenmaterial durchzulesen?
Die Angst irgendwo mit dem Kanon zu brechen ist dann allgegenwärtig.

3.Wildnisabenteuer und Wildlife
Exploration von Gebieten macht ein Großteil der Abenteuer aus.
Unerforschtes Gebiet gibt's in Sci Fi Welten ja genug. Bei Mittelalter Welten ist das aber ebenfalls sehr beliebt.
Große Wälder, Wüsten und Co.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: YY am 21.07.2024 | 19:06
Die heute noch bekanntesten haben halt zB jeder das Äquivalent von mehreren Panzerdivisionen oder vielen Flugzeuggeschwadern vernichtet. Aber das ist ja der Punkt: was hat's gebracht? In Relation zu den genannten Massen von Menschen und Material war das ja alles nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Gewonnen haben die, die mehr Zeug produzieren konnten und ihre erfolgreichsten Soldaten rausrotiert haben, um andere auszubilden.

Ich muss sagen, ich verstehe den Anspruch nicht, als Kombattant quasi im Alleingang den Krieg gewinnen zu können. Auch das Zünglein an der Waage ist man unterm Strich nur dann tatsächlich, wenn die Waage ansonsten austariert ist.

Entweder kneift man da alle Hühneraugen zu, wenn es um die erzählerischen Grundlagen geht - sprich: man simuliert dann schlicht nicht und in dem Moment ist auch egal, welche Zahl man an Truppenstärken oder Bevölkerungsgrößen schreibt - oder man muss bereits die Anfangsbedingungen in Spielerhand legen. Hier kann man sich noch überlegen, ob Spielerhand dann bedeutet, alles auf einem SC pro Spieler zu vereinen oder ob mehrere SC pro Spieler auf verschiedenen Ebenen des Krieges auch noch genehm wären.

Tendentiell braucht es dafür dann auch Kriegsformen, die das begünstigen, d.h. es sollte dann eben nicht etwa der o.g. industrialisierte Massenkrieg sein, der primär in den Fabriken und an den Reißbrettern gewonnen wird.
"Passende" Kriegsformen sind aber insbesondere in High Fantasy-Settings auch mit großen Bevölkerungszahlen ohne Weiteres denkbar.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 21.07.2024 | 19:18
Man kann ja auch mal ein paar ausdrückliche Fantasykriege als Vergleich heranziehen, wobei ich ebenfalls den Verdacht hege, daß die normalerweise keine kleine Heldentruppe in Alleingang "gewinnt". Selbst im Ringkrieg war ja die Tatsache, daß der mit der Zerstörung des Einen Rings und dem Fall Saurons ganz plötzlich vorbei war, eher eine Art von Deus ex Machina...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 21.07.2024 | 19:29
Ich muss sagen, ich verstehe den Anspruch nicht, als Kombattant quasi im Alleingang den Krieg gewinnen zu können. Auch das Zünglein an der Waage ist man unterm Strich nur dann tatsächlich, wenn die Waage ansonsten austariert ist.

Ich verstehe allerdings sehr wohl das Gedankenspiel sich jene Momente der Weltgeschichte rauszusuchen, wo in einem Moment wirklich die Weichen anders gelegt worden zu sein schienen.

Klar, ich teile die Kritik des Konzepts das Geschichte von großen Köpfen gemacht und bestimmt wird, aber ein, zwei Attentate zur richtigen Zeit am richtigen Ort, können trotzdem einen gewaltigen Unterschied machen - für den Fall, dass auch getroffen wird - oder halt nicht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: YY am 21.07.2024 | 21:14
Joah, weniger Attentate und mehr sonstige Terroranschläge, aber ja, da kann man sich zumindest für einige prominente Beispiele ohne große geistige Verrenkung einreden, dass sie einen großen Einfluss hatten - und für sehr wenige lässt sich ein konkretes Erreichen des beabsichtigten Verlaufes feststellen. Das ist dann auch oftmals nicht so narrativ befriedigend, wie man es gerne hätte, aber immerhin.

Man kann ja auch mal ein paar ausdrückliche Fantasykriege als Vergleich heranziehen, wobei ich ebenfalls den Verdacht hege, daß die normalerweise keine kleine Heldentruppe in Alleingang "gewinnt".

Nicht unbedingt Fantasykriege, aber zumindest entschieden "unmoderne" Kriege und Konflikte. Da lässt sich dann immer noch diskutieren, ob der große Einfluss einzelner Akteure nicht eher der gängigen Geschichtsschreibungsmethode geschuldet ist und ob man das nicht ebenso - siehe oben - für zeitgenössische Konflikte machen könnte. Wirkt dann eben schnell wie eine wirre Mischung aus Ilias und Landserheftchen ;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 21.07.2024 | 21:25
Joah, weniger Attentate und mehr sonstige Terroranschläge, aber ja, da kann man sich zumindest für einige prominente Beispiele ohne große geistige Verrenkung einreden, dass sie einen großen Einfluss hatten - und für sehr wenige lässt sich ein konkretes Erreichen des beabsichtigten Verlaufes feststellen. Das ist dann auch oftmals nicht so narrativ befriedigend, wie man es gerne hätte, aber immerhin.

Nicht unbedingt Fantasykriege, aber zumindest entschieden "unmoderne" Kriege und Konflikte. Da lässt sich dann immer noch diskutieren, ob der große Einfluss einzelner Akteure nicht eher der gängigen Geschichtsschreibungsmethode geschuldet ist und ob man das nicht ebenso - siehe oben - für zeitgenössische Konflikte machen könnte. Wirkt dann eben schnell wie eine wirre Mischung aus Ilias und Landserheftchen ;D

Wie gesagt -- da hängt dann schnell viel daran, wen man eigentlich spielt, und daran sollten sich mMn auch die Herausforderungen messen. Eine Gruppe von SC-Feldherren, von denen jeder über ein eigenes verbündetes NSC-Heer gebietet, wird nun mal normalerweise schlicht andere Probleme haben als ein kleines Trüppchen versprengter Abenteurer, die in einer belagerten Burg festsitzen, während draußen die feindliche Armee ihre Kriegsmaschinen aufbaut und der ganz große Krieg zwischen mindestens drei verfeindeten Reichen irgendwo weiter weg im Hintergrund abläuft...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 21.07.2024 | 23:05
In diesem Thread wird überraschenderweise ziemlich der Realismus-Schiene entlanggerummpelt.

Wir sind ja alle tolle Worldbuildung- und Geschichtsexperten, aber beim Rollenspielen geht es doch schon noch ein wenig mehr um Helden-Narrative und Spielern Entscheidungen mit spürbaren Konsequenzen anzubieten?

Vielleicht können wir uns nicht alle auf ein Primat des Spieldesigns einigen, aber mitdenken sollte man es doch immer, finde ich.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Trollkongen am 21.07.2024 | 23:24
Wenn ich daran denke wie hier vor einigen Jahren die 1000 Jahr feiern in den Orten und Nachbarorten abliefen (und das ist ja auch nur die erste Schriftliche erwähnung,... bei uns hier anno 985) So weit sind bei mir die nachberdörfer jedenfalls nicht weg die es schon anno 1000 gegeben haben soll. Zu Fuß in gut zu erreichen 3-7 Km, waren aber wohl mehr Wälder und weniger Felder als Heute dazwiwschen.

Es gab nach dem Mittelalter kaum noch Neugründungen von Orten in Deutschland. Gerade fast alle Dörfer bestanden schon. Das heißt also: Es gab auch um, sagen wir: 1200 herum alle paar (wenige!) Kilometer ein Dorf oder zumindest ein Weiler. Halt wie heute: Von dem einen Dorf konntest Du mehrere weitere meist sehen.

Und mehr Wälder: Es gibt heute meines Wissens nach in Deutschland mehr Wald als im Spätmittelalter. Weil man den exzessiv genutzt (und d. h. oft: gefällt) hat und Wiederaufforstung war halt noch nicht recht ein Thema. (Andere Gegenden in Europa haben sich ja bis heute nie wieder vom Kahlschlag in Mittelalter oder Altertum erholt.)

Will sagen: Deutschland (und Frankreich & Co.) waren halt bereits sehr "zivilisiert", hier im Sinne von erschlossen und besiedelt. Richtige Wildnis gab es auch damals kaum mehr, vielleicht irgendwo mal ein großes, urtümliches Waldstück oder vor allem Moore. Stattdessen überall Dörfer, Weiler, Höfe und bereits auch dichte Straßennetze.

Das reichte, um mal einer Räuberbande einen Rückzugsort zu gewähren, vielleicht gab es auch ein paar düstere Wälder, in die man ein paar Sagengestalten hineindenken konnte, aber im Prinzip war halt eine Menge Mensch los - und sonst halt wenig. Wölfe, Bären und dergleichen wurde intensiv bejagt und stark dezimiert.

Also für eine Welt der Abenteuer, in der an jeder zweiten Ecke ein Ork lauert und an jeder dritten irgendwas weitaus Schlimmeres, wo es überall irgendwas zum (Wieder-)Entdecken gibt, wo irgendein Nekromant in seiner versteckten, düsteren Festung eine Untotenarmee züchtet ... - für so eine Welt wurd's im Spätmittelalter schon verdammt eng.

Für Aventurien mögen die Bevölkerungszahlen letztlich noch etwas gering sein, aber im Prinzip hat man das da schon gut gemacht, finde ich. Wenn man sich die Karten anschaut, ist da schon eine Menge los an Ortschaften - da unken manche ja schon, dass das zu viel ist. (Und mitunter finde ich es auch schwer, ein geeignetes, abgelegenes Plätzchen zu finden.)

Bei den Forgotten Realms hat einen sowas wie Plausibilität ohnehin nicht gestört, da sind die Städte und anderen Orte tatsächlich bloß Inseln inmitten der Wildnis. Das hat mich schon früh irritiert, ist aber hinsichtlich des Ansatzes durchaus plausibel: Zumindest klassischerweise stehen ja weniger gesellschaftliche Intrigen im Fokus, sondern vielmehr das Bestehen in unbekannter, feindlicher Umgebung. Goblinstämme, Drachenhorte etc. brauchen halt viel verwilderten Platz.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Torsten (Donnerhaus) am 2.08.2024 | 03:58
Etwas, dass ich bei vielen unterbevölkerten Welten sehr spannend finde: Im Gegensatz zum historischen Analogzeitalter existieren in vielen Fantasywelten Dinge, die realhistorisch relevante Beförderer von Bevölkerungsexplosionen waren. Zum Beispiel die scheinbar harmlose und banale Kartoffel. Aventurien hat beispielsweise Kartoffeln, Mais und Zuckerrüben, nebst so ziemlich jeder anderen Nutzpflanze in ihren hochentwickelten und domestizierten Formen. Auch in Mittelerde gibt es Kartoffeln. Klingt erstmal harmlos, hat aber eigentlich gravierende Folgen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 2.08.2024 | 06:39
Das kann man verallgemeinern auf die Verfügbarkeit von Nahrungsquellen als ein wesentlicher Parameter für Populationswachstum.

Wobei mir da eine ganz andere Frage in den Sinn kommt: im OP werden Einwohnerzahlen angeführt, und dann auf die Dichte umgerechnet. Sind da auch z B. die üblicherweise sehr zahlreichen Goblins etc. mit drin? Denn das müssten sie. Wo Goblins  leben ist der Lebensraum ja weitgehend schon besetzt und die Populationen treten in Konkurrenz.

Imo betrachten diese Zahlen Populationen wie Goblins nicht und zählen diese zur "Wildnis".

Edit: da will ich den OP nochmal aufgreifen.

Ich habe es schon oft en Passant moniert;
Eine gängige Apologetik beruft sich auf die gefährlichen Monster, die angeblich große Teile der Landschaft durchseuchen, und ein Ausbreiten der Zivilisation schwierig bis unmöglich machen.
Dem steht entgegen, dass zB bei Eberron die Orks und diverse andere "Monster"rassen bereits in der Angabe enthalten sind -- und so mega zahlreich sind die da auch nicht.

Vor allem aber ist bei dieser Argumentation das Problem: wenn es wirklich so sein sollte, dann sind die ganzen etablierten Reiche und insbesondere die politischen Beziehungen zwischen diesen alles Makulatur. Dann müsste nämlich die Bevölkerung in wenigen PoL komprimiert sein, und diese wären kaum untereinander verbunden. Tolles Kaiserreich, in dem man nichtmal von Frankfurt nach Köln reisen kann, ohne von Trollen gefressen zu werden.

Also: entweder, die Fauna ist so gefährlich dass es quasi keine Dörfer geben kann; jegliche Siedlungen müssen sich hinter aufwendigen und weitläufigen Steinwällen à la Pelennor konzentrieren. Dann gibt es quasi keine "Länder" und insbesondere keine nennenswerten politischen Konflikte zwischen diesen Enklaven, mangels Berührungspunkten. Ein echtes "Points of Light" Setting eben.
Oder aber Dörfer lassen sich mit Palisaden o.ä. hinreichend gegen streunende Monster befestigen,oder die Gegend gleich weiträumig von Monstern säubern -- dann gibt es keinen Grund, warum da nicht auch alle 5km ein Dorf stehen sollte, wenn das Land schon seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden besiedelt wird.

Ich denke, die "Säuberung" denkst du hier zu einfach. Die RL Erde hat den Menschen wenig an feindlichen Aggressoren entgegen zu setzen, außer anderen Menschen. Der Mensch ist ja quasi Spitzenpredator. Was ansatzweise gefährlich war, hat Mensch in seinem Revier annähernd ausgerottet, wie Wölfe und Bären.

Nun wehren sich Wolfsrudel aber nicht besonders aggressiv dagegen, dass Menschen in ihrem Revier ein Dorf errichten und von dort die Wölfe jagen.

Das sieht bei Monstern dann doch anders aus. Fraglich vor allem, wie nah der Mensch/Elf/Zwerg da der Spitze im Vergleich kommt. Schreckenswölfe, Goblins, Orks, Riesen, ja selbst Riesenratten und Riesenspinnen sind halt ein ganz anderes Kaliber.

Insofern tendiere ich dazu, dass man irgendwo zwischen deinen beiden Setzungen landet. Ausbreitung in und Befestigung neuer Reviere ist möglich, aber deutlich aufwändiger als auf der Erde. Unbefestigte Dörfer und einzelne Höfe kann man sich da nur leisten, wenn die "Wildnis" weit genug weg ist. Also keine flächige Besiedlung aber auch keine PoL, sondern eher Netzwerke zusammenhängender gesicherter Gebiete.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 2.08.2024 | 08:44
@Monsterpopulation

hier darf auch gerne berücksichtigt werden: wie sieht das mit

- geboren und aufgezogen in der Ogerhöhle bis welche Größe (Monsterklasse)?
- aus der Höhle vertrieben zu welcher Jahreszeit?
- daraus folgt die Wanderungszeit der Jungmonster
- bis die ein Revier begünden
- wann sind sie in ihrem Revier "ausgewachsene" Monster?

kurzum, "in den Ogerhöhen, da reiht sich von extrem gefährlichen Adulten-Veteranen-Oger Revier an Revier" - da will keiner ein Dorf gründen  ;)
zum Herbst werden die Höhlen gesäubert und das Ogerjungfolks vertrieben
den ganzen Winter über streunen diese 3/4 gefährlich Oger herum, bis sie verhungert, erschlagen oder Neu-Revierbegründer sind
(Quasi die Gegenbesiedelung des Kontinentes zu der menschlichen Bemühung)

- schlaue Dorfgemeinschaften an "der Front" machen jetzt gezielt Jagd auf die hungergeschwächten 3/4-Monsterklasse, wohlwissend, dass die 100Pointer ein echtes Problem werden, welche das Dorf auch plätten können.
- heldige Gesellschaften hätten hier "Ritter" als sinnvollen Wehr-Stand etabliert
- Zurückdrängen der Ogerfront erfolgt dann generalstabsmäßig geplant, wo das "Neue-Wehrdorf" expedtionsmäßig aufgebaut wird und erst dann "mit Zivilisten" bezogen wird, wenn Schutzvorrichtungen hochgezogen sind  ;)

hat den Vorteil, dass während der Sommerbauzeit ja schon alle neugierig-hungrigen Bestandsoger "angelockt" werden und auf der gerodeten Freifläche der Baustelle von einer wehrhaften Gruppe systematisch abgefrühstückt werden können. Läuft besser als darauf zu warten, alleine im Wald vom hungrigen Oger überfallen zu werden  ;)

- natürlich lehnt man sich bei der Ausformung der Ogerabwehrfront an natürliche Hindernisse an. Wenn Pässe und Furten gesperrt werden, dann wandern weniger Jungfolksoger "in die hintere Operationszone" nach. Dann kann man im "abgeriegelten" Abschnitt die "alten" Adult-Oger Reviere Zug um Zug säubern.

und immer dann, wenn Kaysars Familienangelegenheiten im großen Vasallenkreise zu regeln haben, bröckelt es halt an der Ogerfront mangels Manpower und Gebiete gehen verloren

wie point of light das werden muss ist jetzt "nur" die Frage:
- wie viele menschliche Veteranen(Reiter) machen einen Jungfolksoger ohne eigenen Todesfall fertig
- wie "uber" ist der Jungfolksoger gegen eine Palisade/Holztor/Haus

wenn der Jungoger "draußen" gehalten wird und das 4er Gespann "Reiter" die offene Landschaft souverän dominiert, dann geht schon was in Richtung größere besiedelte Räume.
halt keine frei kampierenden Schaffsherden im Sonstwo, aber halt verrammelte Dörfer "auf Sichtweite" und das noch mit Holzaussichtsturm für die eigene Feldmark, um auf dem Felde nicht überrascht zu werden.

kann für reisende Heldengruppen trotzdem noch anspruchsvolle Wandertage geben  :)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 2.08.2024 | 09:25
Ich denke, die "Säuberung" denkst du hier zu einfach. Die RL Erde hat den Menschen wenig an feindlichen Aggressoren entgegen zu setzen, außer anderen Menschen. Der Mensch ist ja quasi Spitzenpredator. Was ansatzweise gefährlich war, hat Mensch in seinem Revier annähernd ausgerottet, wie Wölfe und Bären.

Nun wehren sich Wolfsrudel aber nicht besonders aggressiv dagegen, dass Menschen in ihrem Revier ein Dorf errichten und von dort die Wölfe jagen.

Das sieht bei Monstern dann doch anders aus. Fraglich vor allem, wie nah der Mensch/Elf/Zwerg da der Spitze im Vergleich kommt. Schreckenswölfe, Goblins, Orks, Riesen, ja selbst Riesenratten und Riesenspinnen sind halt ein ganz anderes Kaliber.

Womit wir eigentlich schon an die Grenze zu der Art von Fantasywelt kommen, die man merkwürdigerweise (?) eher selten sieht: die, in der die Menschen eben nicht den Ton angeben. Eine Menschheit im Schatten der scheinbar allmächtigen Drachen-Overlords etwa, oder als bequem kurzlebiges und auch nicht so schnell ausgehendes Dienervolk im Rahmen einer fäntelalterklassisch schon viel früher dagewesenen elfischen Hochkultur...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 2.08.2024 | 09:53
Die RL Erde hat den Menschen wenig an feindlichen Aggressoren entgegen zu setzen, außer anderen Menschen. Der Mensch ist ja quasi Spitzenpredator. Was ansatzweise gefährlich war, hat Mensch in seinem Revier annähernd ausgerottet, wie Wölfe und Bären.

Der Mensch ist des Menschen Wolf.

Etwas das man nicht vergessen sollte bei einem vergleich etwa des relativ dicht besiedelten mittelalterlichen Europas und den Fantasywelten,...
Wir hatten doch hier in europa eigentlich laufend Krieg. Ich was mich immer wieder verblüfft ist das man heute (also nicht damals) Kriege mit "30 Järhiger Krieg" "100 Järhirer Krieg,.." usw tituliert. Wir mitteleuropäer vergessen das leider nur immer wieder, seit 1945 kein Krieg mehr,... das ist aus der sicht des Mittelalters "echt nicht normal".
Und naja in Rollenspiel Fantasywelten sind "echte" Kriege doch eher eine Seltenheit.

So ein echter Krieg, aus dem Land heraus geführt mit Plünderungen der Felder durch marodiernde Kombatanten - das hält die Bevölkerungszahlen schon unten glaube ich.

Und wie schon im Regelnwerk "Phoenix Command" (oder dessen anhängseln) steht: "You can kill some of the people all oft the time and you can kill all of the people some of the time - but you cant kill all of the people all of the time, because who will then grow the food?"
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 2.08.2024 | 10:06
Womit wir eigentlich schon an die Grenze zu der Art von Fantasywelt kommen, die man merkwürdigerweise (?) eher selten sieht: die, in der die Menschen eben nicht den Ton angeben. Eine Menschheit im Schatten der scheinbar allmächtigen Drachen-Overlords etwa,

Imo eine Frage der Perspektive. Zumindest für FR und ähnliche kann man das ja so sehen, weil die Menschheit insgesamt halt doch nicht so viel kontrolliert; lediglich ihre Zentren. Da kann man schon sagen, dass das so wenige Einwohner sind, WEIL die Monster in weiten Bereichen die Oberhand haben, wenn man mal ehrlich ist.

Und naja in Rollenspiel Fantasywelten sind "echte" Kriege doch eher eine Seltenheit.

So ein echter Krieg, aus dem Land heraus geführt mit Plünderungen der Felder durch marodiernde Kombatanten - das hält die Bevölkerungszahlen schon unten glaube ich.

Ist das wirklich so? Imo befinden sich Fantasyreiche oft mehr oder weniger permanent im Krieg mit "der Wildnis", wenn man darauf schaut. Das sind halt eher so kalte Kriege mit häufigen aber sehr kleinen Gefechten, wenn die herzogliche Patrouille mal wieder auf marodierende Goblins trifft.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 2.08.2024 | 10:17
Imo eine Frage der Perspektive. Zumindest für FR und ähnliche kann man das ja so sehen, weil die Menschheit insgesamt halt doch nicht so viel kontrolliert; lediglich ihre Zentren. Da kann man schon sagen, dass das so wenige Einwohner sind, WEIL die Monster in weiten Bereichen die Oberhand haben, wenn man mal ehrlich ist.

Kann man sicher, wird halt nur eher selten wirklich so präsentiert. Was wohl mit daran liegen wird, daß man eben doch gängige Klischees bedienen will, und das geht mit "die Monster haben längst gewonnen" generell eher schlecht zusammen...

Zitat
Ist das wirklich so? Imo befinden sich Fantasyreiche oft mehr oder weniger permanent im Krieg mit "der Wildnis", wenn man darauf schaut. Das sind halt eher so kalte Kriege mit häufigen aber sehr kleinen Gefechten, wenn die herzogliche Patrouille mal wieder auf marodierende Goblins trifft.

Oder die Goblinspäher auf die eiskalten Vollstrecker des herzoglichen Regimes, je nachdem. ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 2.08.2024 | 10:25
Oder die Goblinspäher auf die eiskalten Vollstrecker des herzoglichen Regimes, je nachdem. ;)

Ja, wenn ich dich jetzt richtig verstehe. Aus Goblinsicht sind wohl die Menschen Invasoren, die Teile ihres rechtmäßigen Territoriums besetzt halten. Aus Goblinsicht marodiert die herzogliche Patrouille.

Falls Goblins denn überhaupt so denken.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 2.08.2024 | 12:01
Was "scheinfriedliche" Fantasysettings allgemein angeht, gibt's mMn drei Punkte zu bedenken:

1.) Verglichen mit der realen Geschichtsschreibung und -forschung ist die Hintergrundgeschichte auch der detailverliebtesten fiktiven Welt zwangsläufig nicht mal ein Fliegenschiß. Die einzelnen Kriege und Schlachten, die allesamt im Kanon mit keiner Silbe erwähnt werden, aber eigentlich stattgefunden haben "müßten", muß man sich im Bedarfsfall also schlicht selbst dazudenken.

2.) Auch in der realen Geschichte war nicht in jeder Gegend der Welt in jedem Jahr (oder auch nur in jedem zweiten) gleich wieder Krieg, insbesondere kein "großer", wie wir uns das als moderne Menschen so vorstellen; Dinge wie örtliche Fehden, gelegentliche Raubzüge, und was solcher Dinge mehr sein mögen, bleiben dabei natürlich vorbehalten, aber auch das dürfte nur für Teile der Bevölkerung regelmäßig "Alltag" gewesen sein.

3.) Speziell im Rollenspiel dauern viele Kampagnen in der Praxis, in Spielweltjahren ausgedrückt, gar nicht mal so lange. Da ist es also schon aus reinen Wahrscheinlichkeitsgründen gar nicht mehr so unglaubwürdig, daß eine typische SC-Gruppe während ihrer aktiven Spielzeit höchstens einen "nennenswerten" Krieg erlebt, wenn überhaupt -- so lange, wie es bräuchte, um tatsächlich in mehr als das verwickelt zu werden, sind die Spieler dann einfach nicht dabei.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 2.08.2024 | 12:45
https://acoup.blog/2024/07/12/fireside-friday-july-12-2024/?sn=c&c=68625#comment-68625

könnte fürs Thema interessant sein
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Darilon am 2.08.2024 | 13:37
Mir sind mal Leute über den Weg gelaufen, die waren der Meinung Aventurien sei zu dicht bevölkert. Deren Argumentation ging so (soweit ich das aus dem Gedächnis rekonstruiert bekomme):

Zitat
Soviele Leute pro qm? Das heißt doch ein kleines Dorf pro qm!
Dann kann ich ja von jedem Kirchturm aus, in jede Richtung schon den nächsten in nur 1 km sehen. und wahrscheinlich die nächsten 5-20 Kirchtürme auch.
Und es ist von jedem Punkt maximal 500m bis zum nächsten Dorf!
Wie sollen denn da noch Monster überlebt haben? Geschweige denn Drachen und verwunschene Magiertürme existieren?

Und da haben wir sie wieder: Die Monster als Ursache. Aber weniger, dass die die Bevölkerung so stark dezimieren, als dass man eine geringe Bevölkerung ansetzt, um genug Platz zu haben, dass genug Monster überlebt haben, dass die Helden an jeder Ecke Eins erschlagen können.

Ich kann jetzt natürlich nicht sagen, ob die Autoren der Zahlen ähnliche Überlegungen angestellt haben, aber ich fände es nicht unplausibel.

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: bobibob bobsen am 2.08.2024 | 13:59
Wenn man den blick in andere Regionen der Welt schweifen läßt haben wir aber durchaus sehr niedriege Bevölkerungszahlen um das Jahr 1000 herum.
Afrika 1/km
Amerika 0,2 pro km
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 2.08.2024 | 14:39
Kleiner Einwurf hierzu, muss auf den Rest später eingehen:

Der Mensch ist des Menschen Wolf.

Das ist leider wahr. Allerdings ist historisch die komplette Ausrottung einer Population nur sehr selten auf der Agenda gestanden. Und was da am nächsten rankommt, war eigentlich alles in der Neuzeit. Als beispielsweise die Angelsachsen Britannien erobert haben, haben sie auch mitnichten die (romano-)britische Bevölkerung ausradiert, sondern ziemlich erfolgreich unterworfen und absorbiert.
Insofern fehlt uns da ein bisschen der Vergleich für "Was machen wir wenn wir mit einer anderen intelligenten Spezies um Territorium konkurrieren".

Zitat
So ein echter Krieg, aus dem Land heraus geführt mit Plünderungen der Felder durch marodiernde Kombatanten - das hält die Bevölkerungszahlen schon unten glaube ich.

Auch wieder: du hast insofern recht, als früherTM Kriege ziemlich häufig waren, und eine 77 Jahre währende weitgehende Friedensperiode (mit Ausnahmen; Nordirland, Yugoslawien..) wirklich erstaunlich ist.
ABER die mittelalterlichen Kriege wurden nicht mit einer derartigen Totalität geführt wie die Kriege jüngerer Vergangenheit. Diese verschieben unsere Wahrnehmung bzw Vorstellung davon, was ein Krieg ist, schon sehr erheblich. Da lag nach dem jeweiligen Krieg eben _nicht_ das ganze Land in Schutt und Asche.

Zumal es im MA ja sowieso Arbeitskräftemangel gab. Wenn sich da irgendwelche Prätendenten um Land stritten, hatten sie meist ü-ber-haupt kein Interesse daran, die Bevölkerung zu dezimieren. Wenn dann wollte man diese möglichst intakt übernehmen.

Jedoch, um es mit Crash Course World History zu sagen: Except for... the Mongols.

So, Mittach, später mehr.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: ghoul am 2.08.2024 | 14:59
Naja, Felder abbrennen, um den Feind aus seiner Burg zu locken, war Standard im Mittelalter, in der Spätantike etc.

Fieser in der griechischen Antike: Olivenhaine abholzen. Neue Setzlinge brauchen 10 Jahre, um Ertrag abzuwerfen, damit sind 10 Jahre Wirtschaft vernichtet (sagt zumindest dieser englische YouTuber mit dem Strickpulli).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 2.08.2024 | 15:21
IIRC gab es das im Spätmittelalter auch mal in Deutschland mit IIRC Kastanienbäumen oder sowas

@Feuersänger

Massaker von Jerusalem, Jacquerie und Chevauchee
dem anderen die Bauern umbringen kostete dem Geld
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 2.08.2024 | 20:20
Mir sind mal Leute über den Weg gelaufen, die waren der Meinung Aventurien sei zu dicht bevölkert. Deren Argumentation ging so (soweit ich das aus dem Gedächnis rekonstruiert bekomme):

Die von dir zitierte Rechnung ist aber schon rein mathematisch falsch.
Wie gesagt, Aventurien hat eh schon eine im Vergleich zum realen MA extrem, wirklich EXTREM niedrige Bevölkerungsdichte. Wie weiter vorn im Thread schon ausgeführt, zum Beispiel Mittelreich ca 4/km². Das ist echt nicht viel.

Da wüsste ich schon gerne, wie die auf so eine Rechnung à la

Soviele Leute pro qm? Das heißt doch ein kleines Dorf pro qm!
Dann kann ich ja von jedem Kirchturm aus, in jede Richtung schon den nächsten in nur 1 km sehen. und wahrscheinlich die nächsten 5-20 Kirchtürme auch.
Und es ist von jedem Punkt maximal 500m bis zum nächsten Dorf!


kommen. Völliger Schwachsinn! Rechnen Note 6!

Wenn wir das typische mittelreichische Dorf mal mit 300 Einwohnern ansetzen, kommt da also - ohne Berücksichtigung von Städten! - ein solches Dorf auf 75km²! Bei gleichmäßiger Verteilung betrüge dann der Abstand zwischen zwei Käffern ziemlich genau ZEHN Kilometer! WIE UM HIMMELS WILLEN kommt man da auf 500 Meter??
Selbst wenn man aufgrund eines Rechenfehlers solche Zahlen rausbekommt, müssen da doch sofort alle Alarmglocken klingeln, dass da was nicht stimmen kann.

--

Zugegeben: die Bevölkerungszahl und -dichte lässt sich logischerweise historisch nicht präzise bestimmen, und Schätzungen können immer nur punktuell gelten, zumal die Bevölkerung ja ab der Spätantike bis in die Neuzeit weitgehend stetig anstieg.

Ich tu mich auch etwas schwer, für die deutschsprachigen Gebiete belastbare Zahlen zu finden; auf https://www.mittelalter-lexikon.de/wiki/Bev%C3%B6lkerungs-_und_Einwohnerzahlen werden zwar Zahlen genannt aber komplett ohne jede Quellenangabe, somit nicht zuverlässig:

"Für die Bevölkerungszahlen des Gebietes des späteren Deutschlands liegen geschätzte Angaben vor: 2 Millionen um das Jahr 650, 4 Millionen um 1000, 8 Millionen um 1200, 14 Millionen um 1340 und 10 Millionen um 1470 (der Rückgang war durch Hungersnöte und Epidemien bedingt). Erst Ende des 15. Jh. erreicht die Bevölkerung wieder den Stand der Zeit um 1340. Die Gesamtbevölkerung Europas (einschließlich Ungarns und der slaw. Länder) wird geschätzt auf 18 Mio. um 650, 38,5 - 42 Mio. um 1000, 61 Mio. um 1200, 73 Mio. um 1300, 73,5 Mio. um 1340, 53 - 55 Mio. um 1450 und 76 - 80 Mio. um 1500."

Wenn diese Zahlen so korrekt sein sollten, könnte man freilich gut damit arbeiten. Wenn wir für das "spätere Deutschland" (eh schon super vage) mal das Gebiet der heutigen BRD einsetzen, kommen da ungefähr folgende Bevölkerungsdichten raus:
650: 5,5
1000: 11
1200: 22
1340: 40
1470: 28

Da mutet es schon sehr strange an, wenn ein Fantasy-Reich, dessen kultureller Stand und Techlevel etwa dem 14.-15.Jh entspricht ("Garetik"), dies mit einer Bevölkerung Stand Spätantike erreichen und erhalten soll.

--

Somit schlage ich wieder den Bogen zu Tudors Beitrag von heute morgen:
Zitat
Insofern tendiere ich dazu, dass man irgendwo zwischen deinen beiden Setzungen landet. Ausbreitung in und Befestigung neuer Reviere ist möglich, aber deutlich aufwändiger als auf der Erde. Unbefestigte Dörfer und einzelne Höfe kann man sich da nur leisten, wenn die "Wildnis" weit genug weg ist. Also keine flächige Besiedlung aber auch keine PoL, sondern eher Netzwerke zusammenhängender gesicherter Gebiete.

Ist vielleicht denkbar, allerdings geht das mE mit dem Staatswesen, das in typischen Fäntel-Reichen kolportiert wird, auch nicht viel besser zusammen als der PoL-Ansatz. Was du da beschreibst, klingt für mich eher nach über die Landkarte gesprenkelten Stadtstaaten. Wenn ich dich da richtig verstehe -- was nicht 100% gesagt ist, da ich mir grad auch nicht so recht vorstellen kann, wie diese Gebiete denn gesichert sein sollen?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 3.08.2024 | 00:02
Somit schlage ich wieder den Bogen zu Tudors Beitrag von heute morgen:
Ist vielleicht denkbar, allerdings geht das mE mit dem Staatswesen, das in typischen Fäntel-Reichen kolportiert wird, auch nicht viel besser zusammen als der PoL-Ansatz. Was du da beschreibst, klingt für mich eher nach über die Landkarte gesprenkelten Stadtstaaten. Wenn ich dich da richtig verstehe -- was nicht 100% gesagt ist, da ich mir grad auch nicht so recht vorstellen kann, wie diese Gebiete denn gesichert sein sollen?

Ich bin ja FR sozialisiert und da hat man imo kaum Flächenstaaten und Stadtstaaten dominieren da tatsächlich, v.a. an der Schwertküste. Siedlungen liegen in erster Linie entlang der Handelswege und werden durch ständige Patrouillen gesichert. Echte gemeinsame Grenzen sind selten. Auch hier lesen sich die FR vielmehr wie antike Stadtstaaten. Feudalismus mit Lehndienst ist mir kaum begegnet. Cormyr sticht da natürlich heraus, in der Ecke gibt es ja den Konflikt mit Sembia, wenn man politische Grenzkonflikte haben möchte.

Macht die Ansiedlung einzelner Bauernhöfe natürlich schwierig. Die sind dann entweder wehrhaft befestigt oder liegen geschützt und nahe einer irgendwie gearteten Schutzmacht.

Aber die FR haben m.E. auch kaum Feudalismus mit Königen und Baronen etc., mir scheinen rätische Republiken bzw. ähnliche Formen zu dominieren. Sowohl Waterdeep als auch Baldurs Gate werden z.B. durch gewählte Räte regiert, wenn auch sehr unterschiedliche.

Imo dehnen sich Territorien auch nicht einfach so aus. Da sind Push und Pull Faktoren am Werk. Push z.B. weil das erschlossene und gesicherte Land nicht mehr genug Nahrung, Wasser oder Unterkunft hergibt, entweder wegen wachsender Population oder abnehmender Ressourcen, oder auch Vertreibung. Pull sind meist Bodenschätze und andere Ressourcen, z.B. günstigeres Gelände.

Ich habe mir auch gerade mal eine Detailkarte des Lieblichen Feldes angesehen und frage mich, ob die Zahlen und Karten zusammen passen. Da liegen mittelgroße Städte (1000-2000 E) ca. 30 km auseinander, zumindest entlang der Straßen. Das ist ja ein knapper Tagesmarsch. Dann liegt da ggf. ein größerer Ort (mehrere Hundert E) auf halbem Weg. Bleiben 15 km um dazwischen Dörfer und Höfe zu verteilen. Scheint mir jetzt nicht völlig daneben zu sein. Kommt halt sehr darauf an, welche Ortsgrößen man so annimmt.

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 3.08.2024 | 00:27
Ist das wirklich so? Imo befinden sich Fantasyreiche oft mehr oder weniger permanent im Krieg mit "der Wildnis", wenn man darauf schaut. Das sind halt eher so kalte Kriege mit häufigen aber sehr kleinen Gefechten, wenn die herzogliche Patrouille mal wieder auf marodierende Goblins trifft.

Zugestanden ich hab nicht wirklich alles auf dem Blick aber einige Dinge kahmen für mich schon sehr "statisch" rüber. da änderte sich lange zeit nichts, ein Redakteuer aus der deutschen RSP Szene mit dem ich mal darüber sprach meinte auch das es sicher hier und da probiert wurde und wird aber meist eben nicht gar so gut ankommt.

Als gründe nannte er das man probleme hat dann kanon zu sein (ist ja für manche wichtig, ich kann das auch nachvollziehen aber ich sag mir da 'ist nicht so wild'). Wenn Abenteuer in einer Region spielen und man dann diese region mit einem Krieg überzieht dann ... ändert sich eben zu viel. Man hat vieleicht dann Autoren verprellt die in dieser Region was fast vertrig geschrieben hat und nun alles in die tonne werfen.

Ein unterschied mag vieleicht die Drachenlanze sein da ist ja fast ständig krieg,...

Im typischen RSP halte ich aber den eigentlichen Krieg für meistens uninteressant .
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 3.08.2024 | 18:00
Die FR sind ja ein sehr großer Kontinent, und da gibt es auch einige Gegenden die logisch stimmiger sind als andere.
Wobei ich jetzt die Einwohnerzahlen der Schwertküste und des Nordens nicht im Kopf habe. Aber grundsätzlich scheinen die da ja mit der Darstellung als Stadtstaaten so einigermaßen auf dem richtigen Weg zu sein.
Ich mag zB an sich auch die Talländer recht gern, aber wie schon weiter oben im Thread beschrieben ist es da schon ein Problem, überhaupt offizielle Zahlen zu finden. Und die, die wir damals gefunden haben als das Thema aufkam, kamen uns wirklich lächerlich niedrig vor.

Ich versuche das gerade mal anhand verschiedener Karten zu rekonstruieren: der Komplex Dalelands/Cormanthor dürfte so ganz grob 100,000km² groß sein. Also ungefähr so die Größenordnung von Ungarn oder Bulgarien.
Gesamtbevölkerung: 750.000. (Davon 150.000 in Cormanthor) Das dürften 2E Quellen sein.

Also im Schnitt wieder so grob 7-8/km². Okay, ich hatte ehrlich gesagt wesentlich Schlimmeres befürchtet. Das ist ja immerhin doppelt so viel wie das aventurische Mittelreich, aber halt immer noch eher mit "Deutschland" zur Zeit Karls des Großen vergleichbar. Und da finden wir durchaus vornehmlich unbefestigte Dörfer und Einsiedlerhöfe, passt also auch nicht so ganz zu der Apologetik dass es an den vielen streunenden Monstern läge. Dann gäbe es auch diese Siedlungen nicht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Mr. Ohnesorge am 3.08.2024 | 18:23
Welche Bevölkerungsdichte wären denn für Aventurien (Weiden, Bornland) oder FR (Schwerküste, Dalelands) oder Eriador plausibel?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Fuchs am 3.08.2024 | 18:25
Die Dalelands sind allerdings nicht ganz als Beispiel geeignet, da die Bevölkerung sich auf die gerodeten Gebiete in den Dales beschränkt. Die bewaldeten Gebiete fallen als Siedlungsgebiet raus. Zumindest zu 2e Zeiten.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 3.08.2024 | 18:41
Welche Bevölkerungsdichte wären denn für Aventurien (Weiden, Bornland) oder FR (Schwerküste, Dalelands) oder Eriador plausibel?

Ah, die Gretchenfrage.  ;D

Darüber ließe sich sicherlich trefflich streiten. Ich finde, man sollte erstmal als Richtschnur die Bevölkerungsdichte der Zeit und Region wählen, die das betreffende Fäntelalter-Gebiet imitiert. Das wäre für Weiden und Bornland vermutlich so etwa Hochmittelalter (vielleicht auch SpäMi), während die FR in weiten Teilen (und auf jeden Fall an der Schwertküste) schon einen Renaissance-Anstrich haben.

Eriador (im späten 3ZA) ist nochmal was anderes, da ist es mE so gewollt, dass es weitestgehend entvölkert ist und man das auch überall spürt. Generell glaube ich eh, dass Tolkien beim LOTR ein Flair der VöWa-Zeit im Sinn hatte. Da ist dann so eine extrem niedrige Bevölkerungsdichte in einem nicht politischen organisierten Gebiet auch plausibel.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 3.08.2024 | 18:54
Eriador (im späten 3ZA) ist nochmal was anderes, da ist es mE so gewollt, dass es weitestgehend entvölkert ist und man das auch überall spürt. Generell glaube ich eh, dass Tolkien beim LOTR ein Flair der VöWa-Zeit im Sinn hatte. Da ist dann so eine extrem niedrige Bevölkerungsdichte in einem nicht politischen organisierten Gebiet auch plausibel.

Klingt für mich plausibel. Mittelerde zu der Zeit ist auch aus meiner Sicht definitiv noch höchstens frühmittelalterlich angehaucht -- man sieht insbesondere nicht wirklich viele mächtige Reiche mit Zentralregierung (Mordor nach Saurons Wiedererstarken offensichtlich ausgenommen), und was gelegentlich mal nebenher an Technik, Ausrüstung, und Taktik erwähnt wird, sind auch eher Dinge, bei denen beispielsweise ein Richard Löwenherz wahrscheinlich schon gestutzt und "wer macht das denn noch so?" gedacht hätte. :)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: dwian am 20.09.2024 | 02:00
Vorweg: Vielen Dank für diesen Thread!
Wenn ich es richtig verstanden habe, müsste man in einer Spielwelt als allererstes festlegen, welchen potentiellen Ertrag einzelne Gebiete haben. Danach betrachtet man die Keimzellen aller Kulturen (SC-Spezies, Flora, Fauna *und* Monster) und deren Reproduktionsrate. Nun lässt man einen Wachstumsautomaten laufen und schaut, was passiert. Dazu muss man vorher noch festlegen, welche Kollisionsregeln gelten sollen. Das wäre zumindest die simpelste Variante - würde aber wohl allen hier widerstreben. Der Grund dafür ist, dass wir alle wissen, wie solche Automaten in aller Regel enden: Exodus für fast alle Spezies.
Zudem gibt es neben Kollisionen auch viele weitere Faktoren und einige von euch haben den ein oder anderen eingebracht: Techlevel (technisch und/oder magisch), Aggressionspotential, Resilienz, Seuchen, innere Konflikte etc. In anderen Worten: Es ginge um eine hochkomplexe Simulation, bei der wir uns schon über die Parameter nicht einig würden. Gründe dafür sind wiederum verschiedene Vergleichsszenarien: Antike bis SF, Low oder High Fantasy usw.
Ich würde deshalb vorschlagen, das Thema von einer anderen Seite anzugehen: Welchen Zweck hat die Spielwelt?
Meine Antwort darauf ist: Sie dient den Spielern als Orientierung, einem (einigermaßen) kalkulierbaren Erwartungshorizont. Die ganzen Parameter dieser Welt müssen weder "historisch korrekt" noch bis zur Genesis rückverfolgbar sein, sondern lediglich zur Spielzeit konsistent. Die Nebendiskussion, dass verschiedene Weltenbauer sich in ihrer Geschichtsschreibung dabei selbst ein Bein gestellt haben, ist mEn ein separates Thema und müsste bei Bedarf pro Spielwelt besprochen werden.
Ob eine Welt "entvölkert" ist oder nicht ist damit Entscheidung eines Weltenbauers. Je mehr Bevölkerung es allerdings gibt, desto mehr hat der Erschaffer zu tun und desto mehr hat die SL zu lesen. Eine Landfläche ähnlich unserem Planeten wird damit wahrscheinlich zu einer nicht zu bewältigenden Aufgabe - für Erbauer und SL. Unsere Kulturen zu kopieren und zu modifizieren erleichtert die Aufgabe des Erschaffers, führt aber zu skurilen Ergebnissen oder schlimmerem.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Eleazar am 20.09.2024 | 10:06
Da wir ja auf Fantasywelten spielen, tue ich mich etwas schwer mit allzu realistischen Überlegungen. Warum soll alles grundsätzlich so funktionieren wie auf der Erde?

Für mich hat die geünschte Bevölkerungsdichte erst mal eine dramaturgische Funktion. Und wahrscheinlich will ich da einfach beides haben: Wildnisse und Metropolen. Ich will keine durchzivilisierte Welt, nicht mal ganze Länder, in denen man vollkommen sorglos von jedem A zu jedem B reisen kann. Und ich will auch keine so mickrige Bevölkerung, dass die Abenteurer sich irgendwann langweilen. Dann aber frage ich mich: Wie kriege ich das hin?

Am einfachsten geht das über die Nahrung: Wo Menschen sich nicht ausreichend ernähren können, da werden sie auch nicht in großer Zahl wohnen. Daher ist eine ganz einfache Stellschraube die Fruchtbarkeit des Bodens. Weite Strecken unfruchtbaren, sandigen Bodens, kleine Inseln, auf denen auskömmliche Landwirtschaft möglich ist. Also habe ich Dörfer und dazwischen Wildnisse. Oder aber regelmäßige Überflutungen: Bis ins 19 Jahrhundert standen im Wendland ein Drittel des Landes ein Drittel des Jahres unter Wasser. Da wird sich keine Pracht entfalten. Oder nehmen wir Schädlinge wie den Kartoffelkäfer: In Irland sind viele verhungert und sehr viele ausgewandert. Nehmen wir klimatische Bedingungen oder Lagen, die immer mal wieder zu Dürren oder späten Frösten führen. Ein paar Jahre geht das gut, dann bricht die Population zusammen. Gehen wir einfach mal davon aus, dass eine Species wie die Orcs mit Mangelsituationen besser zurecht kommen. Es gibt Indianerstämme in öden Gegenden, die evolutionär auf sehr effektive Nährstoffverarbeitung eingestellt waren. Seit man sich aus Supermärkten ernährt, bekommen sie verstärkt Übergewicht und Diabetes. Was wenn Orks Hungerzeiten gut überstehen und Menschen schlapp machen? Wenn nur alle 10 Jahre mal ein paar harte Jahre kommen, wird ein Landstrich quasi von alleine orkisch.

Es gibt also genügend Gründe, sich die Welt so zu machen widewidewie sie einem gefällt und ein gute Bühne für die Abenteurer darstellt.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 20.09.2024 | 10:56
Da wir ja auf Fantasywelten spielen, tue ich mich etwas schwer mit allzu realistischen Überlegungen. Warum soll alles grundsätzlich so funktionieren wie auf der Erde?

Weil das erst mal der angenommene Normalfall ist: soweit nicht anders erwähnt, funktioniert auch eine fiktive Welt natürlich wie die reale, die wir kennen. An welchem Bezugspunkt sollten wir uns auch sonst orientieren?

Das heißt jetzt weder, daß es keine anderen Elemente geben darf (die müssen dann dem Publikum nur auf geeignete Weise nahegebracht werden), noch, daß das, was Hinz und Kunz gerade für "realistisch" halten, zwingend auch nur unsere Realität selbst tatsächlich schon abbildet (da gibt's nun wirklich genügend Gegenbeispiele ;)). Aber als gemeinsame Grundlage, auf der wir eine Fantasiewelt überhaupt aufbauen können, ohne erst jedes winzige Detail noch mal eigens erörtern zu müssen ("Bist du sicher, daß wir mit 'unten' dieselbe Richtung meinen?" "Wieso Richtung, und was war das doch noch mal gleich?"), werden wir so schnell nichts Besseres als eben die vertraute Wirklichkeit finden.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 20.09.2024 | 12:28
Weil das erst mal der angenommene Normalfall ist: soweit nicht anders erwähnt, funktioniert auch eine fiktive Welt natürlich wie die reale, die wir kennen. An welchem Bezugspunkt sollten wir uns auch sonst orientieren?

Du sagst es ja: soweit nicht anders erwähnt. Ich formuliere um: soweit nicht anders festgelegt.

Und da ist genau der Punkt. Offensichtlich ist es bei der Bevölkerungsdichte vielfach anders festgelegt. Da dann mit "das ist unrealistisch, weil entspricht nicht irdischen Gegebenheiten" zu kommen, ist halt seinerseits unfantastisch.

Abgesehen davon geht und ging es m.E. auf der Erde viel zufälliger zu, als es viele nach mriner Wahrnehmung zu glauben scheinen. An der Entwicklung der Erde ist in meinen Augen über viele Strecken nichts "logisch" (im Sinne von zwingend so).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 20.09.2024 | 12:42
Abgesehen davon geht und ging es m.E. auf der Erde viel zufälliger zu, als es viele nach mriner Wahrnehmung zu glauben scheinen. An der Entwicklung der Erde ist in meinen Augen über viele Strecken nichts "logisch" (im Sinne von zwingend so).

Das wäre dann der Punkt "was Hinz und Kunz für realistisch halten", ja. :) Und tatsächlich ist aus meiner Sicht auch eine Fantasywelt nicht gegen entsprechende Zufälle immun -- wie be- oder entvölkert ein bestimmter Landstrich ist, wird sicher auch von Landschaft, Klima, Ernteerträgen usw. usf. abhängen, aber da braucht nur einmal eine anständige Katastrophe oder umgekehrt ein Wunder im positiven Sinn dazwischenzugrätschen und schon sind alle vorherigen Trends und Berechnungen Makulatur. (Tatsächlich gilt das auch wieder schon auch im richtigen Leben, eine wie auch immer geartete "fantastischere" Welt hat einfach nur eine noch größere Auswahl an Möglichkeiten.)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 20.09.2024 | 13:06
Ich habs bestimmt schonmal geschrieben, aber der Thread lag ja jetzt ne Weile brach.

Also: natürlich ist nirgends in Stein gemeißelt, dass im Fäntelland alles genauso funktionieren muss wie im spätmittelalterlichen Europa. Natürlich darf Fäntelland auch ganz anders funktionieren.

Aber dann bitte ich auch darum, dass dieses "ganz anders" Hand und Fuß hat und bereits in der offiziellen Weltbeschreibung erfasst ist. Wenn das so ist, alles tutti. Ist es aber meistens nicht. In den üblichen Weltbeschreibungen steht keine Silbe von "vor allem sandige Böden mit wenigen fruchtbaren Inseln", und wenn solche Erklärungen nachträglich von der Community ausgedacht werden müssen, um irgendeine Logik und Stringenz ins Worldbuilding zu bekommen, gibt es dafür ein Wort: Apologetik. :p

Insofern, großer Respekt an alle Demiurgen, die ihre Welt intern logisch durchdeklinieren und auf Inkonsistenzen abklopfen, statt einfach mit dem lapidaren Hinweis "Ist doch Fantasy" irgendeinen unplausiblen Rotz rauszuballern.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: dwian am 20.09.2024 | 14:39
[...]
Insofern, großer Respekt an alle Demiurgen, die ihre Welt intern logisch durchdeklinieren und auf Inkonsistenzen abklopfen, statt einfach mit dem lapidaren Hinweis "Ist doch Fantasy" irgendeinen unplausiblen Rotz rauszuballern.
Wenn ich mir viele Spiele so ansehe, dann sind die Spielwelten nur Vorschläge. Die Entwickler haben in aller Regel viel Zeit auf die Balance der Spielmechaniken verwendet; andererseits floppen die Systeme. Die Welt und die Abenteuer liegen dann in der Verantwortung der SL.
Alte Systeme haben auch mal so angefangen, dann aber AddOns als Markt entdeckt. Die Grundanlage der Welt war da aber schon versaut.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 20.09.2024 | 16:48
Apropos Zufälle in der Spielwelt: beim Noch-mal-Durchblättern des Fadens beschleicht mich so ein wenig der Eindruck, daß wir möglicherweise in etwas zu großen räumlichen und zeitlichen Dimensionen denken. Ich meine, Entwicklungen über Jahrhunderte und mindestens einen halben Kontinent hinweg? Schön und gut als Zusammenfassung für Geschichtskundler, aber wie oft werden die konkret bespielt oder anderweitig (gerne auch in ganz anderen Medien) für die "eigentliche" Handlung relevant?

Für ein fiktives Setting brauche ich vor allem eins, nämlich einen anständigen aktuellen Ist-Zustand, in und auf den ich meine Protagonisten dann loslassen kann. Erklärungen, warum die Teile der Welt, in die sie kommen, gerade jetzt so sind, wie sie sind, kann ich mir dann immer noch aus der Nase ziehen (Ostkaff am Biberweiher steht deswegen teilweise leer, weil das halbe Mannsvolk aus dem letzten Feldzug des Herzogs vor zwei Jahren nicht lebend zurückgekommen ist und einige Familien es im Ort danach nicht mehr ausgehalten haben...das wird sich im Lauf der Zeit wieder ändern, aber gerade hier und jetzt ist es so und nicht anders), und auch für die muß ich mir keine tausend Jahre Simulation antun -- Hauptsache ist doch, daß meine Ausreden auch dann noch einigermaßen standhalten, wenn doch mal so ein Skeptiker daherkommt und das Zeigefingerchen hebt, und das sollte auch ohne drei Professorentitel und mindestens zwei Supercomputer allemal machbar sein. ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Nazir ibn Stonewall am 23.09.2024 | 08:47
Ja, das ist schon sinnvoll und auch gut machbar, und es reicht für das eigene Spiel wahrscheinlich sehr lange aus.

Allerdings ging es hier eher um Welten, weil Rollenspiele dazu neigen, komplette Welten oder Kontinente als Setting anzubieten. Entsprechend war das Thema dann auch nicht, dass eine kleine Gegend unterbevölkert wäre, sondern, dass die Gesamtzahl auf eine entsprechende Fläche nicht passt.

Auch die Frage, ob etwas unrealistisch ist, ist wahrscheinlich nicht die richtige. Tudor hat zwar recht, wenn ein Setting sagt, dass die Bevölkerung so und so ist, kann das nicht "unrealistisch" sein, weil es eben die Setzung eines Fantasy-Settings ist. Ungeschickt und laienhaft kann es aber sehr wohl sein, und die Welt dadurch "entvölkert" wie in diesem Thread behauptet. Denn diese Setzungen passieren ja selten in ingame-Texten, sondern werden als OT-Beschreibung (etwa des Horasreiches bei DSA, "der dicht besiedelte Kern des...") aufgestellt. Ein Aventurier wird das Horasreich als dicht besiedelt ansehen, weil es das im Vergleich zum Rest ist, das wäre ok. Aber ein Mensch des realen 21 Jahrhunderts wird sich fragen, ob diese Beschreibung nicht quatsch ist, weil das Setting ideale Bedingungen definiert und dann eine objektiv für eine vergleichbare historische Epoche nicht nur etwas niedrige, sondern eine absurd kleine Zahl nennt. ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 23.09.2024 | 09:14
Apropos Zufälle in der Spielwelt: beim Noch-mal-Durchblättern des Fadens beschleicht mich so ein wenig der Eindruck, daß wir möglicherweise in etwas zu großen räumlichen und zeitlichen Dimensionen denken. Ich meine, Entwicklungen über Jahrhunderte und mindestens einen halben Kontinent hinweg? Schön und gut als Zusammenfassung für Geschichtskundler, aber wie oft werden die konkret bespielt oder anderweitig (gerne auch in ganz anderen Medien) für die "eigentliche" Handlung relevant?
Kommt drauf an, worum sich deine Abenteuer drehen, oder?
Wenn ich z.B. gern mal ein Dungeon habe, sind versunkene Zivilisationen ein deutlich besserer Grund für deren Existenz als der drölfzigste verrückte Magier.
Ebenso sind "Geheimnisse der Vergangenheit" auch immer sehr gute Mittel, die SCs in der Welt selbst zu verankern. Sie stoßen z.B. auf Dinge, die Fakten, die sie seit ihrer Kindheit zu wissen glaubten, plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Oder sie kommen einer Sache auf die Spur, die zwar weit zurück liegt, deren Auswirkungen aber immer noch spürbar sind.

Ich bin ja ein großer Freund von Konsequenzen und Kausalketten. Weit zurückliegende Ereignisse sind für mich tolle Aufhänger für Dinge, die in der aktuellen Zeit zu Abenteuern führen, eben weil sie nicht einfach an Punkt X aufhören, sich auszuwirken. Allerdings darf das alles dann nicht zu detailliert festgeschrieben sein. Lücken sind wichtig, weil sie Ansatzpunkte bieten und andererseits das Ganze auch glaubhafter machen (man betrachte die Lücken in unserer Geschichtsschreibung).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 23.09.2024 | 09:58
Ich meine, Entwicklungen über Jahrhunderte und mindestens einen halben Kontinent hinweg? Schön und gut als Zusammenfassung für Geschichtskundler, aber wie oft werden die konkret bespielt oder anderweitig (gerne auch in ganz anderen Medien) für die "eigentliche" Handlung relevant?

"...einst lebten hundertausende Menschen in den paradisischen Oasen-Plantagen-künstlichen-Bewässerungslanden von Merw inmitten der roten Ebene.
Unendlich ihre Reichtümer...
...dann kammen die Mo´ghul und metzelten alles nieder, aßen jedes lebende Fleisch und ließen nur Pyramiden abgenagter Schädel zurück...
...die Kanäle verfielen, die Plantagenhaine vertrockneten, die menschengemachte Klimakatrastrophe im Bewässerungsbinnenklimakosmos von Merw aktivierte den Dünensand und all die bauliche Pracht von Merw wurde verweht, verschüttet...
...das ist jetzt so lange her, dass alle Reichtümer in Merw herrenlose Besitztümmer nach §8 der bürgerlich-hadrianischen Aneignungsgesetzgebung ist...
...als auch, dass die fürchterlichen Kannibalenreiterhorden der Mo´ghul seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen waren..."

das goldene Haus von Dagh`uhl`Berth wartet auf Tresoraufbrecher...
...die mystischen Gelehrtinnen der Wa´Rum haben ihre Schriften der ersten Dinge in Felshöhlen wohl verborgen...
...und sind die Mo ´ghul wirklich vom Treibsand der Roten Wüste verschluckt worden?
...bewachen nicht Greife das Gold von Merw, hausen nicht Sandwürmer in den Dünen und Lur´ka´ierer in den letzten Wasserstellen? (gab zu dem Thema mal einen Bericht über die letzten Krokodielle in einer abgelegenen Saraha-Wasserstelle)

folge einen mächtigen Strom in eine unbewohnte Wüste, er verrinnt in einem Geflecht aus Kanälen, Sand und zerstörten Bewässerungsbauten.
etwas Wasser&Früchte wird es also immer noch geben, es ist also nicht komplett unmöglich, dorthin zu kommen.

Reichtümer, magische Artefakte und altes Wissen locken
vielleicht auch gebundene Dschinnendiener unbeschreibliche Genüsse verheißen
(irgendetwas halt, was diese Bande hier am Tisch locken kann  >;D )

so lange schon "nur ein Märchen", dass kein gestandener Karawanenführer "dafür" eine lukrative profane Tour ausfallen lassen würde.
genügend Gefahren, dass Taschenlampenfallerchars es auch nicht zurück schaffen

echte Helden können hingegen...ein paar Spielstunden ihren Spaß haben und sich an XP&loot erfreuen, bevor es aufgeht, zu neuen Taten  :D

auch Skull Island muss mal jemand mit Bauten überzogen haben und dann muss "irgendetwas" passiert sein, dass das kein Touri-Hotspot drauß wurde  ;)

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 23.09.2024 | 10:30
Für ein fiktives Setting brauche ich vor allem eins, nämlich einen anständigen aktuellen Ist-Zustand, in und auf den ich meine Protagonisten dann loslassen kann. Erklärungen, warum die Teile der Welt, in die sie kommen, gerade jetzt so sind, wie sie sind, kann ich mir dann immer noch aus der Nase ziehen (Ostkaff am Biberweiher steht deswegen teilweise leer, weil [...]"

Ich würde es ja feiern, wenn ich sowas in einem Settingband lesen würde. Aber das geht ja am Kern des Threads vorbei: meine Grievance ist ja nicht, dass irgendwo auf der Spielwelt ein Kaff unerklärlich teilweise leer steht, sondern dass meist _die ganze [bespielbare] Welt_ zwar  mit einer Bevölkerung wie nach Zombieapokalypse und Atomkrieg aufwartet, aber dieser Zustand als völlig normal dargestellt wird und eben nicht haufenweise verlassene Höfe und Häuser in der Gegend rumstehen.

Wie gesagt, wenn eine Begründung für ein nach historischen Maßstäben extrem niedriges Bevölkerungsniveau geliefert wird und die Konsequenzen logisch durchdekliniert sind, bin ich ja schon zufrieden und halte meine große Klappe. Also wenn in jüngerer Vergangenheit Ereignisse wie extrem tödliche Seuchen oder extrem brutale Kriege große Teile der Bevölkerung dahingerafft haben, okay. Aber gerade dann müsste es ja genau solche Artefakte wie verlassende Dörfer etc geben, und _genau sowas_ kann ich mich nicht erinnern, jemals in einer Settingbeschreibung gelesen zu haben. Stattdessen kommt eben so ein Schmonz wie von Nazir genannt, wo etwa das Horasreich als klimatisch und geographisch besonders günstig ("lieblich") beschrieben und die Bevölkerung "dicht" genannt wird, aber die genannten Zahlen dann eher Finnland entsprechen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 23.09.2024 | 11:47
Klingt für mich stark nach Spielleiter-Solitär: "Pfeif drauf, was wir als Gruppe überhaupt davon haben, meine Welt soll gefälligst global perfekt sein, weil ich das so will!"

Ich meine, klar: "unterbevölkerte" Welten kann ich erst mal einfach dadurch vermeiden, daß ich entweder die Zahlen entsprechend höher ansetze (solange ich mich auch nur innerhalb der ungefähr passenden Größenordnung bewege, sollte es ja reichen, an feineren Unterschieden stört sich eh keiner außer vielleicht Leute mit passenden Neurosen) oder tatsächlich eine entsprechende Katastrophe einbaue, an die sich zumindest die Großeltern der aktuellen SC-Generation noch erinnern und deren Nachwirkungen man bis heute noch spürt. Aber je mehr ich mich dann in den Rattenschwanz von Begründungen für Begründungen für Begründungen usw. usf. verbeiße, um so mehr entferne ich mich vom Rollenspiel "an sich" und wandere ab ins Hobby "Weltenbau als Selbstzweck".

Und, das sollte ich wohl nicht vergessen: ich persönlich betrachte das Thema in erster Linie aus dem Blickwinkel des potentiellen Privatkampagnensetting-Selberbastlers, weniger als jemand, der das Produkt dann auch vermarkten will, vom Profi-Lehnstuhlkritiker von Kanonwelten ganz zu schweigen. ;) Mich interessiert also erst einmal einfach nur, welche offensichtlichen Klopfer ich selbst beim Basteln am besten vermeide -- wieviele Säcke Reis währenddessen in der Spielwelt umfallen, wird erst dann relevant, wenn wenigstens ein halbwegs anständiges Erdbeben herauskommt, und selbst dann brauche ich keine exakten Zahlen. (Vielleicht ist der Hauptfehler, der da gerne begangen wird, ja gerade der Versuch, überhaupt offizielle Bevölkerungszahlen angeben zu wollen, die innerhalb der Spielwelt selbst so ohnehin praktisch niemand hätte... :think:)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 23.09.2024 | 11:57
Klingt für mich stark nach Spielleiter-Solitär: "Pfeif drauf, was wir als Gruppe überhaupt davon haben, meine Welt soll gefälligst global perfekt sein, weil ich das so will!"
Die Umkehr davon ist die George Lucas Prämisse: "Ich hab da ein Storyboard gezeichnet, das muss jetzt in der Story vorkommen, egal ob's Sinn macht!"  ~;D

Bei einem Setting, das in sich schon riesige Logiklöcher hat, passiert irgendwann das, was mit Star Wars passiert ist: es wird geretconned, was das Zeug hält. Und plötzlich quietscht es an allen Ecken und Enden.

Nö, da versuche ich lieber gleich, die gröbsten Löcher zu vermeiden - oder ich lasse auch bewusst Löcher, die ich später füllen möchte. Dann aber eben auch absichtlich.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 23.09.2024 | 12:16
Die Umkehr davon ist die George Lucas Prämisse: "Ich hab da ein Storyboard gezeichnet, das muss jetzt in der Story vorkommen, egal ob's Sinn macht!"  ~;D

Bei einem Setting, das in sich schon riesige Logiklöcher hat, passiert irgendwann das, was mit Star Wars passiert ist: es wird geretconned, was das Zeug hält. Und plötzlich quietscht es an allen Ecken und Enden.

"Irgendwann" ist gut -- glaubt irgendjemand ernsthaft, George selbst hätte beim Drehen des ersten Films (also zu einem Zeitpunkt, wo er noch gar nicht absehen konnte, ob ihm jemals irgendwer auch nur eine einzige Fortsetzung finanziert) schon gewußt, daß sich Luke später als Vaders Sohn und Leias Bruder herausstellen würde? ~;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 23.09.2024 | 12:27
Die ganze Debatte wozu das alles gut sein soll hatten wir schon vor 2 Monaten auf Seite 1 des Threads, das will ich jetzt wirklich nicht nochmal von Adam und Eva an aufdröseln, ist alles mit einem Klick nachzulesen.

Ein Erkenntnisgewinn aus diesem Thread ist zB: wenn es in der zivilisierten Welt erst relativ kürzlich - etwa wie von dir vorgeschlagen zu Großelterns Zeiten - eine derartige Katastrophe gab, der zB 80% der damaligen Bevölkerung zum Opfer fielen, sollte das auch in der Welt noch entsprechend spürbar sein, etwa durch haufenweise verlassene, verödete und im Verfall begriffene Dörfer.

Wenn hingegen von vornherein bzw seit langer Zeit keine höhere Bev.D. möglich war, weil die Spielerrassen in Konkurrenz zu Monsterpopulationen stehen, sollte sich das wiederum in der Art und Architektur der Siedlungen niederschlagen. Also keine kleinen Dörfer, die im Wortsinn ein gefundenes Fressen für die nächste Monsterhorde darstellen, sondern befestigte Siedlungen und womöglich umfriedete Gebiete Marke Pelennor.

Wenn aber die Bev.D. so niedrig ist weil einfach das Land klimatisch und geographisch nicht mehr hergibt, müsste sich das schon in den Landschaftsbeschreibungen niederschlagen. Steppen, Urwälder, Gebirge usw über weite Strecken leer, aber alle idyllischen Auenländer dürften bis zum Anschlag besiedelt sein.

Und umgekehrt, wenn man sich an historischen Maßstäben unter Zuhilfename des Techlevel orientiert, und die Bevölkerungen entsprechend groß ausfallen, bringt das wieder seine eigenen Implikationen mit sich. Insbesondere was die Bedeutung der SC-Helden für die Spielwelt angeht. Gerade dies stellt sich mir als das gewichtigste Argument für sehr niedrige Bev.D. dar. Wenn ich nur 10.000 Leute habe, die vielleicht 2-300 Bewaffnete aufstellen können, macht ein einzelner Held mit dem Kampfwert von 100-1000 Normalos locker einen gewaltigen Unterschied. Wenn ich 10 Millionen Leute habe und aus diesen 200.000 Berufskrieger rekrutieren kann, spielt der einzelne Held wahrscheinlich nur noch für Propagandazwecke eine Rolle. Es sei denn wir reden von Bedrohungen mit völlig anderem Powerniveau, das ist dann aber quasi zwangsläufig ein Superheldenspiel ("Godzilla vs Superman").

Fazit: es ist eben nicht egal, welche Bevölkerung eine Fantasywelt hat und warum.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 23.09.2024 | 13:07
Es sei denn wir reden von Bedrohungen mit völlig anderem Powerniveau, das ist dann aber quasi zwangsläufig ein Superheldenspiel ("Godzilla vs Superman").

Also von so was wie D&D & Co., wo das Ziel ja gerade ist, Superman zu werden, damit man's mit uralten roten Drachen und anderem Gesocks aufnehmen kann? ;)

Was, nebenbei bemerkt, für mich tatsächlich ein Beispiel für Settings wäre, in denen die Glaubwürdigkeitskrise schon viel früher anfängt: wenn sich da draußen wirklich alle diese Monster schon immer herumgetrieben haben sollen, wie haben es die Menschen und anderen Zweibeiner jemals geschafft, aus der nomadisierenden Jäger-und-Sammler-Nische herauszukommen und feste Siedlungen und sogar eigene Reiche zu errichten, alles natürlich mit entsprechenden schön aufgemalten Zielscheiben für überlegene (gerne auch mal Freß-)Feinde? Und wenn die Monster nicht schon immer da waren, wann sind sie dann zum ersten Mal aufgetaucht und wo kamen sie her? Steht das jemals irgendwo? Zumindest ich könnte mich gerade nicht erinnern...

Und solange nicht mal so etwas geklärt ist, können mir gelehrte Abhandlungen über gleichermaßen "exakte" wie abstrakte Bevölkerungsdichten in irgendeinem fiktiven Quasi-Mittelalter gerne gestohlen bleiben. Zieht erst mal die Balken aus euren eigenen Augen, ihr Heuchler! ;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 23.09.2024 | 13:14
@Helden vs. Bevölkerungszahl: Das ist ja auch ein Teil dessen, wie Sagas funktionieren. Man hat kleine Gemeinschaften, deren Kontakt untereinander eingeschränkt ist, und wo der Austausch vor allem über Skalden und Dichter läuft. In solchen Gemeinschaften ist der Einzelne noch von Bedeutung, kann und soll sich auszeichnen. Der Ruf, der einem vorauseilt, ist ebenso wichtig wie die Fakten.
Ein Beowulf hätte in späteren Zeiten, mit größeren Reichen und Heeren deutlich weniger Berühmtheit erlangt.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 23.09.2024 | 14:02
Klingt für mich stark nach Spielleiter-Solitär: "Pfeif drauf, was wir als Gruppe überhaupt davon haben, meine Welt soll gefälligst global perfekt sein, weil ich das so will!"

Ehrlich gesagt habe ich die forderung nach einer zumindest im ansatz glaubhaften welt auch schon oft von Spielern gehört.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 23.09.2024 | 14:43
Ehrlich gesagt habe ich die Forderung nach einer zumindest im Ansatz glaubhaften Welt auch schon oft von Spielern gehört.

 :d

irgendwie sollen die Spieler ihre Chars ja auch auftreten lassen
an irgendetwas für ein stimmiges Verhalten müssen sie sich ja orientieren

- alles ist bestens geordnet im Reiche Dekadentiana. Wären da nicht die Kabalen im Hintergrund...

Spieler: wir wollen Unterschichtler spielen, die als Gauner&Diebe&Schurken&Straßenhexen Stadt-Abenteuer gegen finstere Kultisten erleben.

SL: gut, Basisszene: ihr wollt in die große Stadt Capitalia hinein. Die Königsgarde steht am Tor und kontrolliert.
Spielerin A: stopp, Königsgarde ist zu hochwertig nur für Stadttor - da muss was passiert sein. die suchen jemanden!
Spieler B: mein Schurke hört sich erstmal in der Vorstadt um
Spielerin C: meine Diebin nutzt ihre Connection zur Diebesgilde
SL: die Krönungsinsignien wurden gestohlen
Spieler C: mein Gauner fragt rollengercht dreist seine Connection bei der Nachtwache in der Vorstadt, wie hoch die Belohnung für die Wiederbeschaffung ist   
...

in Hyberborea gibt es nur das Krönungsschwert als Insigne der königlichen Macht. Je kraftvoller geschwungen, desto krönlicher...
im Zweifel wird flugs es durch das "neue" Schwert des durchreisenden Eroberers erfolgreich substituiert. Man klammert sich hier nicht so sehr an verstaubte Traditionensartefakte, müsst ihr wissen. Progressives Setting und so.
Kronjuwelen als Krönungsinsignien setzen hingegen schon etwas mehr an Konservativität voraus.

etwas Plan sollte das schon haben, damit die Spieler nicht passiv abwarten.

will man ausufernde Unterstädte vor der hochbürgerlichen Oberburg, dann brauchen die was zu essen.
Und plötzlich braucht es Dörfer/Felder/Weiden drumherum, die das liefern.
und dort leben dann auch Kräuterhexen-Verbünde, etablierte Rückzugsräume für gesuchte Diebe und Schurken
Hehler und Schmugglerbasare
Kultistenverstecke

Kanalisation ist auch nicht einfach mal so da, aber gut integrierbar in die obrige Setzung, da ja etwas mehr Zivilsation gesetzt ist...  ;)



Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 23.09.2024 | 14:49
Also von so was wie D&D & Co., wo das Ziel ja gerade ist, Superman zu werden, damit man's mit uralten roten Drachen und anderem Gesocks aufnehmen kann? ;)

Davon abgesehen, dass wir die Diskussion wirklich schon oft genug hatten und es mittlerweile eigentlich echt auch beim Letzten angekommen sein dürfte, dass D&D sich vom Superheldengenre stark unterscheidet, wäre selbst WENN es so wäre immer noch ein Nonsequitur. Ist aber echt eine derartige Nebelkerze, dass ich das hier nicht wieder diskutieren will.

Nebenbei geht mir auch so langsam die Geduld aus mit deinen ad hominem Sticheleien ("Neurosen", "Heuchler"), irgendwann helfen da auch keine Smileys mehr darüber hinweg.

--

@Raven:

Beowulf ist ein schönes Beispiel. Spielt ja zu einer Zeit, in der die Bev.Dichte wirklich noch ziemlich niedrig war. Da werden im Prinzip alle Knöpfe gedrückt: geringe Bevölkerung (bedingt durch die vergleichsweise unwirtliche Gegend und niedriges Techlevel), gefährliches Monster gegen das die wenigen normalen Kämpfer nichts ausrichten können --> da braucht es schon _den einen Helden_, um es mit Grendel aufzunehmen. Andererseits ist freilich Grendel ein Einzelfall, es hat also keine evolutorische Anpassung an permanente Monsterbedrohungen stattgefunden.

Das ist halt immer so die Crux mit den alten Sagenstoffen, die Dichter waren völlig rücksichtslos gegenüber den Erfordernissen einer ordentlichen Rollenspielkampagne!  ;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 23.09.2024 | 14:56
Das ist halt immer so die Crux mit den alten Sagenstoffen, die Dichter waren völlig rücksichtslos gegenüber den Erfordernissen einer ordentlichen Rollenspielkampagne!  ;D

Hat die ganzen LARPler im Hochmittelalter, die einen auf Artus & Lanzelot gemacht haben, aber auch nicht groß abgeschreckt.  ^-^
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 23.09.2024 | 15:08
Davon abgesehen, dass wir die Diskussion wirklich schon oft genug hatten und es mittlerweile eigentlich echt auch beim Letzten angekommen sein dürfte, dass D&D sich vom Superheldengenre stark unterscheidet, wäre selbst WENN es so wäre immer noch ein Nonsequitur. Ist aber echt eine derartige Nebelkerze, dass ich das hier nicht wieder diskutieren will.

Ich - und viele - widerspreche dir bei dem Thema schon von Beginn und immer noch. Wir haben nur erkannt, dass es Zeitverschwendung ist das mit dir zu diskutieren.  :korvin:

 :btt:
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 23.09.2024 | 15:14
Zeig mir EINEN Superhelden, nur EINEN, der seine erschlagenen Gegner bis auf die Unterhose lootet. I dare you. Einen.

Edit:
sorry, ich bin unaufrichtig. Ich ergänze: und selbst wenn du einen findest, erkläre mir wie dies das Zentralthema des Lootens zwecks Verbesserung der eigenen Ausrüstung typisch für das Superheldengenre macht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Irian am 23.09.2024 | 15:21
Zeig mir EINEN Superhelden, nur EINEN, der seine erschlagenen Gegner bis auf die Unterhose lootet. I dare you. Einen.

Also ich würde meine Hand für Deadpool diesbezüglich nicht ins Feuer legen wollen...  ~;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 23.09.2024 | 15:25
das Zentralthema des Lootens zwecks Verbesserung der eigenen Ausrüstung typisch für das Superheldengenre macht.

Das Argument war doch immer anders rum gemeint: dass Looten zwecks Verbesserung der eigenen Ausrüstung eben kein zentrales Definitionsmerkmal von D&D ist.

Gegner bis auf die Unterhose zu Looten kenne ich eigentlich nur aus der ersten Sessionhälfte mit Leuten, die gerade das erste Mal vom Computer-Rollenspiel zu Pen&Paper gewechselt sind.

In nehme mal an du verbringst viel Zeit mit Computer-RPGs?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Mouncy am 23.09.2024 | 15:27
Mittelalter ist halt einfach das falsche historische Vorbild für klassische D&D Fantasy. Eine mystisch und romantisch verklärte Antike ist einfach viel besser. Stadtstaaten. Polytheismus. Viel unzivilisiertes Grenzland und barbarische, raubende Stammesvölker (Orks etc.). Eventuell schafft es ja sogar die eine oder andere Großmacht (Rom) für ein paar Jahrhunderte zu bestehen, zerfällt dann aber sowohl im Äußeren als auch im Innreren. Und lässt Ruinen zurück, die es zu erkunden gibt, mit sagenhaften Schätzen. Atlantis, Pompeji usw. D&D spielt sich halt am besten, wenns Dungeons gibt, und die muss ja irgendjemand mal gebaut haben. D.h. Bevölkerungszahlen wie in der Völkerwanderungszeit / sehr frühes Mittelalter machen denke ich Sinn. Mit Abweichungen nach unten und oben, je nach Zivilisationsgrad der Region innerhalb der Welt.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 23.09.2024 | 15:38
Das Argument war doch immer anders rum gemeint: dass Looten zwecks Verbesserung der eigenen Ausrüstung eben kein zentrales Definitionsmerkmal von D&D ist.

Sag das den Schatztabellen A - I.

Und ich finde es völlig normal, auch auf Level 10 noch 100 erschlagenen Hobgoblins ihre Kettenhemden auszuziehen und in die BoHs zu stopfen, warum sollte man 10.000GM Verkaufswert liegen lassen?
(Edit: im Gegenteil mache ich das gerade in CRPGs eher _nicht_, aber in P&P schon, weil ich da eben nicht dreihundertmal klicken muss sondern einmal eine Ansage machen.)

Anyway, wenn ihr ums Verrecken dieses Fass nochmal von vorne durchdiskutieren wollt, bitte, macht nen neuen THread auf, hier aber BTT. :btt:

--

@Mouncy: ja das könnte man so verstehen und würde sicher auch funktionieren; allerdings beisst sich das für mich mit der Ästhetik, die ja nicht nur in den Illustrationen dargestellt sondern auch durch den eigenen Charakterbogen evoziert wird. Gotischer Plattenpanzer und Zweihandschwert passt halt nicht zur Antike.

Und in zweiter Durchdringungsebene spielt da halt auch das Techlevel mit rein: es hat ja historisch auch _Gründe_, warum die genannten Waffen und Rüstungen erst so am Spätmittelalter aufkamen, und nicht die Bohne in der Antike oder Spätantike/FrüMi. Und diese hängen dann irgendwo eben auch an der Wirtschaftsleistung, für die man wiederum eine gewisse Bevölkerung braucht, weil sonst die Industrie nicht in die Gänge kommt.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 23.09.2024 | 16:44
Mittelalter ist halt einfach das falsche historische Vorbild für klassische D&D Fantasy.

Denke ich auch. Für andere Spiele geht's ja mitunter noch, aber speziell D&D postuliert eigentlich eine Welt, in der es zu einem "Mittelalter", wie es unsere Geschichtsbücher präsentieren, gar nicht erst hätte kommen können -- es sei denn natürlich, die Welt hätte sich erst mal jahrtausende-bis-millionenlang recht genau wie unsere entwickelt und der Umbruch von "realistischen" auf D&D-Verhältnisse wäre dann zu Mittelalter-Vergleichszeiten ganz plötzlich eingetreten. Beispielsweise Shadowrun-mäßig mit einem Erwachen der Magie und Monster, aber dann auch von jetzt auf gleich und auf weitgehend zivilisationsauslöschendem Superniveau...

Und ja, im Prinzip läßt sich auch eine Spielwelt, die dieses Szenario vor vergleichsweise kurzer Zeit erst durchgemacht hat, leicht genug stricken. (Da ist dann beispielsweise auch leicht erklärt, warum viele Kreaturen und andere Dinge noch weitgehend unbekannt sind -- die sind einfach noch zu neu, als daß sich Wissen um sie weit hätte herumsprechen können!) Von den Kanonsettings, in denen besagte Magie und Monster generell durch die Bank schon seit Jahrtausenden fest etabliert sind, passen aber nicht gerade viele in diese Kategorie.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 23.09.2024 | 17:05
Äh ja, das ist dann freilich nochmal ne komplett andere Frage, wie es zum Status Quo kommen könnte. So eine Fantasy-Welt muss ja nicht unbedingt über 4 Milliarden Jahre evolviert sein, im Gegenteil sind da doch Schöpfungsmythen à la "und dann erschuf Brimborium die Zwerge" als Setting-Wahrheit gängige Praxis.

Auch denkbar, dass die einzelnen Spezies durch irgendwelche Dimensionstore von anderen Welten in die eine Welt gespült wurden, aus welchem Grund auch immer, und jdf so erklärt wird warum auf einmal mehrere Apex-Spezies um einen Kontinent konkurrieren.

Oder etwas mundaner, mehr so wie bei iirc Warhammer: auf jedem Kontinent evolviert eine Spezies, und irgendwann fangen die halt an aus ihrem natürlichen Habitat zu expandieren und dann staubts.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 23.09.2024 | 20:15
Also ich würde meine Hand für Deadpool diesbezüglich nicht ins Feuer legen wollen...  ~;D

Deadpool ist ziemlich sauer wenn du ihn als Superhelden bezeichnest,... das will er nämlich so gar nicht sein.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Skaeg am 23.09.2024 | 23:53
"Looten bis auf die Unterhose" (oder auch einschließlich die Unterhose) passt aber zum Mittelalter ganz gut... 
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 24.09.2024 | 08:24
Wie ich schonmal angemerkt habe, ist das typische D&D-Setting ja nicht Mittelalter, sondern Renaissance. Es kommt ja auch von den US Renaissance-Faires, die eben nicht gleichbedeutende mit den deutschen Mittelalterfesten sind.
Ich weiß schon, dass die Deutschen ein Problem mit Renaissance haben, weil sie die halt so spät und so kurz hatten, während die Italiener da schon 200 Jahre drin steckten.  ~;D
Also nicht Fäntelalter, sondern Fäntaissance.

Und gewisse Settings dürften wohl sogar schon in Richtung Barock gehen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 24.09.2024 | 10:03
@Helden vs. Bevölkerungszahl: Das ist ja auch ein Teil dessen, wie Sagas funktionieren. Man hat kleine Gemeinschaften, deren Kontakt untereinander eingeschränkt ist, und wo der Austausch vor allem über Skalden und Dichter läuft. In solchen Gemeinschaften ist der Einzelne noch von Bedeutung, kann und soll sich auszeichnen. Der Ruf, der einem vorauseilt, ist ebenso wichtig wie die Fakten.
Ein Beowulf hätte in späteren Zeiten, mit größeren Reichen und Heeren deutlich weniger Berühmtheit erlangt.

...genau genommen, denke ich, läßt sich der Anspruch, daß einzelne Helden ganze Kriege entscheiden oder auch nur größer beeinflussen sollen, ohnehin für keine verbriefte historische Epoche halten. Einzelne "Heldenszenen" wie die mit dem unbekannten Norweger, der bei der Schlacht von Stamford Bridge allein vorübergehend die ganze englische Armee aufgehalten soll, hatten möglicherweise etwas Einfluß auf den Verlauf der jeweils aktuellen Schlacht (der ja ohnehin schon immer von allen möglichen Unwägbarkeiten mit abhängt), aber auf den Krieg insgesamt...ich denke, das findet man so nur in Märchen und Legenden. Die zugegebenermaßen gerade für Fantasy (und den einen oder anderen Superhelden ;)) auch als dankbare Inspiration dienen können, sich dann aber eben nicht mit einer nüchternen Lesart historischer Quellen zusammenbringen lassen.

(Nachtrag: Nebenbei, die meisten Märchenwelten fühlen sich auch ganz schön unterbevölkert an. Daß der Protagonist auch nur mal in eine richtige Stadt kommt, hat da schon einen gewissen Seltenheitswert, königliche Schlösser stehen scheinbar oft genug einfach irgendwie allein für sich in der Gegend, relevante Figuren mit Sprechtext gibt's ohnehin nur begrenzt, und wenn gereist wird, dann generell auch eher durch menschenleer wirkende Landschaften. :))
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 24.09.2024 | 11:05
Einzelne "Heldenszenen" wie die mit dem unbekannten Norweger, der bei der Schlacht von Stamford Bridge allein vorübergehend die ganze englische Armee aufgehalten soll, hatten möglicherweise etwas Einfluß auf den Verlauf der jeweils aktuellen Schlacht (der ja ohnehin schon immer von allen möglichen Unwägbarkeiten mit abhängt)
Wobei man hier auch beachten muss, dass Schlachten im jeweiligen Kontext deutlich anders abgelaufen sind, als wir uns das heute oft vorstellen. Das Duell als Einleitung einer Schlacht war - je nach Zeit und Kultur - durchaus üblich und konnte die Schlacht einen Tag lang verzögern. Einfach, weil es kulturelle Regeln gab, die einzuhalten waren (dass sie dann oft gebrochen wurden, steht auf einem anderen Blatt).
Schlachten waren häufig stark ritualisiert, weit weg von taktischen Überlegungen.
Innerhalb des Rituals kann ein Einzelner also durchaus einigen Einfluss ausüben, auch wenn das aus rein taktischen Überlegungen niemals der Fall wäre.

Und innerhalb einer Saga gelten sowieso noch ganz andere Regeln für den Protagonisten.  ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 24.09.2024 | 13:38
Wie ich schonmal angemerkt habe, ist das typische D&D-Setting ja nicht Mittelalter, sondern Renaissance.

Jjjein. Ich würde es eher so sagen: Renaissance ist meistenteils der Endpunkt und das "State of the Art" in typischen D&D-Settings (wie etwa FR). Aber es wird ja praktisch nie eine reinrassige Ren-Ästhetik gepflegt, sondern auch wild mit anderen Phasen wie zB HoMi gemischt. Das haben wir zum einen in Illustrationen, wo beispielsweise Krieger in langen Ringpanzern mit Tabard rumlaufen, und dann gerne auch mit Helmen die nochmal 1-200 Jahre älter zu sein scheinen. Und natürlich andererseits in der berüchtigten "Rüstungspyramide", wo selbst bei wohlwollendster Interpretation immer noch über mehrere Jahrhunderte gemischt wird und dazu noch ein gerüttelt Maß Unsinn reingequirlt (zB "Studded Leather" statt Brigandine). Aber wohlgemerkt, das ist ja absolut typisch für so ziemlich jedes Fantasy-RPG und mitnichten eine reine D&D-Sünde.
Naja und andererseits werden halt Feuerwaffen meist komplett ausgeklammert, obwohl die schon ab dem SpäMi zunehmend präsent und in der Renaissance völliger Standard waren.

Also kurz, D&D so pauschal als Renaissance zu bezeichnen tu ich mich schwer mit. Aber die "High-Tech" ist durchaus renaissancezeitlich (fehlende Feuerwaffen hin oder her), da gehe ich voll mit; und da wiederum bleibe ich dabei, dass das nicht mit spätantiker Bevölkerungsdichte zusammenpasst, siehe oben.

Welche Konsequenzen lassen sich nun daraus ableiten?
--> Wenn wir ein "entvölkertes" Setting haben, müsste das Konsequenzen auf die verfügbare Technologie haben, je nachdem _warum_ die Bevölkerung so klein ist:
- wenn sie immer schon so klein war, aus welchem Grund auch immer, sollte auch das maximale Techlevel entsprechend niedriger sein, also zB "keine Plattenharnische"
- ist sie erst durch eine Katastrophe zusammengebrochen, kann es sein dass man diese High-Tech nur noch als Relikte findet, aber nicht neu herstellen kann, da die industrielle Basis fehlt (verlorenes Know-How ist auch nochmal ein eigenes Problem)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 24.09.2024 | 13:51
- ist sie erst durch eine Katastrophe zusammengebrochen, kann es sein dass man diese High-Tech nur noch als Relikte findet, aber nicht neu herstellen kann, da die industrielle Basis fehlt (verlorenes Know-How ist auch nochmal ein eigenes Problem)

im DSAverse gab es bei den Angroschim (Zwergen) mal einen Geoden (Zwergendruiden), der ein zurück zur Natur predigte (und den Hochkönig verhexte), damit die zwergische Industriebasis zerstört wurde (erfolgte, nachdem die Zwerge den Drachenkrieg gegen Pyrdacor gewonnen hatten)

so eine Deindustralisierung ist also auch durch Weltanschauungsprediger darstellbar, ganz ohne vorherige Bevölkerungsschwundkatastrophe
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 24.09.2024 | 15:03
--> Wenn wir ein "entvölkertes" Setting haben, müsste das Konsequenzen auf die verfügbare Technologie haben, je nachdem _warum_ die Bevölkerung so klein ist:
- wenn sie immer schon so klein war, aus welchem Grund auch immer, sollte auch das maximale Techlevel entsprechend niedriger sein, also zB "keine Plattenharnische"
- ist sie erst durch eine Katastrophe zusammengebrochen, kann es sein dass man diese High-Tech nur noch als Relikte findet, aber nicht neu herstellen kann, da die industrielle Basis fehlt (verlorenes Know-How ist auch nochmal ein eigenes Problem)

Machen wir mal zum Spass ein neues Fass auf: wie sieht es mit Geburtsrate und Säuglingssterblichkeit aus? Wenn man von einer stabilen Gesellschaft ausgeht, könnte die Geburtenrate nicht wie in der echten Welt einfach langsam immer weiter nach unten gehen? Das mag auch die Stagnation des Technologie-Levels erklären. Nur weil es Renaissance-Tech ist, heißt es ja nicht, dass im Setting schon seit Jahrhunderten in dieser Form existiert.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 24.09.2024 | 15:11
Welche Konsequenzen lassen sich nun daraus ableiten?
--> Wenn wir ein "entvölkertes" Setting haben, müsste das Konsequenzen auf die verfügbare Technologie haben, je nachdem _warum_ die Bevölkerung so klein ist:
- wenn sie immer schon so klein war, aus welchem Grund auch immer, sollte auch das maximale Techlevel entsprechend niedriger sein, also zB "keine Plattenharnische"
- ist sie erst durch eine Katastrophe zusammengebrochen, kann es sein dass man diese High-Tech nur noch als Relikte findet, aber nicht neu herstellen kann, da die industrielle Basis fehlt (verlorenes Know-How ist auch nochmal ein eigenes Problem)

 :d

Verloren gegangenes Know-How ist echt immer eine Sache. Ich denke bei sowas immer an den "Mechanismus von Antikythera" oder griechisches Feuer,... schiften haben da sicherlich viel gebracht doch - naja papier war teuer lesen konnten wenige,... (naja im Fäntelalter kann ja fast jeder lesen, also zumindest die Abenteurer) und einiges wurde einfach nicht aufgeschrieben sondern starb mit dem wissenden,...

Man muss auch bedenken das Leute die etwa solche Sonderfähägkeiten haben auch angewiesen sind auf Vorarbeiten, ohne Eisenerz kein Eisen, ohne Eisen kein Stahl, ohne Stahl kein Plattenharnisch. bis der Harnisch am Soldaten hängt haben da sicherlich unzähliche Menschen wochenlang arbeiten müssen. Und diese Menschen haben nichts wirklich "prdouktives" getan, also kein Essen beigeschafft.

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 24.09.2024 | 15:35
@Aedin:

Okay, aber das wäre ja eher den Karren vor's Pferd gespannt. Eigentlich wollen wir ja Renaissance-Tech haben (jedenfalls wenn wir mit D&D-artigen Ausrüstungslisten spielen wollen), und das Problem ist dass dies bei sehr geringen Bevölkerungszahlen unplausibel ist. Du beschreibst gerade eher das Gegenteil, nämlich wie man mit hoher Bevölkerungsdichte einen niedrigen Techlevel erzwingen kann.

(Wobei das ja auch wieder so nicht stimmt, da ja Aventurien das _Paradebeispiel_ für entvölkerte Settings darstellt, und von den Zwergen gibt es afaik nochmal weniger. Aber die typischen Fantasyzwerge entziehen sich eh jeder Logik, so unterirdisch ohne Landwirtschaft usw...)

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Machen wir mal zum Spass ein neues Fass auf: wie sieht es mit Geburtsrate und Säuglingssterblichkeit aus? Wenn man von einer stabilen Gesellschaft ausgeht, könnte die Geburtenrate nicht wie in der echten Welt einfach langsam immer weiter nach unten gehen? Das mag auch die Stagnation des Technologie-Levels erklären. Nur weil es Renaissance-Tech ist, heißt es ja nicht, dass im Setting schon seit Jahrhunderten in dieser Form existiert.

Denkbar, aber auch nicht so ganz ohne. Historisch kam ja der Einbruch der Geburtenraten erst einige Jahrzehnte zeitversetzt nach dem starken Rückgang der Kindessterblichkeit _und_ mit dauerhaft erst mit Einführung von zuverlässigen Verhütungsmethoden, und in der Zwischenzeit ist die Bevölkerung erstmal explodiert. In Deutschland ist die Fruchtbarkeitsziffer erst ca 1970 (ungefähr ab da gab es die Pille) nachhaltig und deutlich unter 2.0 gefallen, in den vorhergehenden 70 Jahren (also seit 1900) ist die Bevölkerung um 40% gewachsen.

Leichter fällt die Betrachtung vielleicht mit Japan, wo es eine ähnliche Entwicklung gab aber praktisch ohne Migration. Dort ist die Bevölkerung von 1900 bis 2010 um fast 200% gewachsen (also viel stärker als in D), und seither rückläufig. Dennoch wird es da laut den aktuellen Prognosen nochmal 50 Jahre dauern, bis die Bevölkerung wieder auf den Stand von 1950 geschrumpft ist, und so weiter.

WENN denn die Prognosen sich bewahrheiten, denn um es mit Volker Pispers zu sagen "Ich wollt auch immer schonmal wissen, wie lange meine Zehennägel werden wenn ich sie nie wieder schneide". Ich habe auch mal ein Buch aus UK von ca 1935 gelesen, wo der damalige negative Bevölkerungstrend als unverrückbarer Fakt dargestellt wurde, der dazu führen würde, dass es im Jahr 2000 nur noch 10 Millionen Briten geben würde (damals lag die Fertilität dort bei ca 1,75). Kam ja dann auch etwas anders.

Also kurz, _das_ alles dann auf ein vormodernes Setting zu transponieren, das halte ich dann schon für eher beliebig.


Zitat
Man muss auch bedenken das Leute die etwa solche Sonderfähägkeiten haben auch angewiesen sind auf Vorarbeiten, ohne Eisenerz kein Eisen, ohne Eisen kein Stahl, ohne Stahl kein Plattenharnisch. bis der Harnisch am Soldaten hängt haben da sicherlich unzähliche Menschen wochenlang arbeiten müssen. Und diese Menschen haben nichts wirklich "prdouktives" getan, also kein Essen beigeschafft.

Korrekt, genau das ist ja mein Argument, warum ich meine, dass ohne ausreichend große Bevölkerungsbasis auch keine derartige Industrie existieren kann.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 24.09.2024 | 15:38
Machen wir mal zum Spass ein neues Fass auf: wie sieht es mit Geburtsrate und Säuglingssterblichkeit aus? Wenn man von einer stabilen Gesellschaft ausgeht, könnte die Geburtenrate nicht wie in der echten Welt einfach langsam immer weiter nach unten gehen? Das mag auch die Stagnation des Technologie-Levels erklären. Nur weil es Renaissance-Tech ist, heißt es ja nicht, dass im Setting schon seit Jahrhunderten in dieser Form existiert.

Die mathematik kennen wir doch seit Corona - den R Wert der anzeigt wie schnell sich etwas vermehrt.

Die Statistik ist auch schon hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bev%C3%B6lkerungsentwicklung#Historische_Entwicklung

Ich glaube auch nicht das der unterschied zwischen Renaissance und Mittelalter so signifikant ist das er wirklich etwas in der Diskussion hier bringen würde. Eigentlich richtig los ging die Bevölkerungsentwicklung erst nach der Renaissance. (wird abgelöst duch den Barock anfang 17 Jahruhnudert).

ps: Würde ich eine (und nur genau eine) Person in die menschliche Vergangenheit schicken können um die Welt möglichst stark zu verändern würde ich mich wohl für einen Agraringenieuer entscheiden (oder einen Arzt).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 24.09.2024 | 15:41
Machen wir mal zum Spass ein neues Fass auf: wie sieht es mit Geburtsrate und Säuglingssterblichkeit aus? Wenn man von einer stabilen Gesellschaft ausgeht, könnte die Geburtenrate nicht wie in der echten Welt einfach langsam immer weiter nach unten gehen?

dafür reichen Ärzte  ;)

Statistisches Faktum der spätmittelalterlichen Städte war, dass in ihnen mehr gestorben wurde als geboren.
einige der herumkursierenden Horrorzahlen über die Müttersterblichkeit stammen aus den Städte - für das platte Land fehlen hingegen (kriegsbedingt) Taufbücher und Sterbebücher, so dass halt nur dieser Binnenkosmos ausgewertet werden konnte.

jetzt ist es aber auch eine harte Tatsache, dass die Städte nicht leerstarben - weil sie halt den (erfolgreich aufgezogenen) Geburtenüberschuss des Bauernlandes aufsogen.
auf dem fruchtbaren platten Land gab es nur (Kräuterhexen)Hebammen, in den morbiden Städten hingegen das Monopol der studierten Ärzte (und deren Hygiene(un)verständnis ist auch heute noch ein Killer)

angewandte Statistik  ;), besser noch als Storchenzählerey  ~;D

auf dem Höhepunkt der fäntelrene-Kultur gab es eine Ärzteschwemme bis in das letzte Kuhdorf hinein und ZACK,
plötzlich bricht valides Bevölkerungswachstum (Geburtenüberschuss) zu einer Stagnation ein
noch ein paar Hexenverbennungen (Ärzte erweitern die Reichweite ihrer Geldbeutel) später dann die Schrumpfung der Bevölkerung (Sterbeüberschuss)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: KWÜTEG GRÄÜWÖLF am 24.09.2024 | 16:01
Also an dem da eben mit den Ärzten und Kräuerweiblein ist so ziemlich alles falsch, was erzählt wird.

Mittelalterliche Medizin ist nicht so schlimm, wie es seit Jahrzehnten populär immer wieder behauptet wird, und dass die Ärzte den Hexenwahn aus Konkurrenzneid angefeuert hätten, ist ein Esoterikmythos.
Dass in den Städten Infektionen häufiger vorkamen, das ist rein durch das engere Aufeinanderwohnen bedingt, aber dramatisch erhöhte Sterblichkeit dadurch in mittelalterlichen Städten ist mir noch nirgends begegnet, und ich habe auch noch nirgends Quellenbelege für eine solche Behauptung gesehen. Lediglich der Zuzug vom Land, der für ein positives Wachstum gesorgt hat, ist nachgewiesen, aber die Ursachen liegen nun mal nicht in der Ärzteschaft.

Stand des Wissens nach Lexikon des Mittelalters mal hier:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 24.09.2024 | 16:03
Ich glaube auch nicht das der unterschied zwischen Renaissance und Mittelalter so signifikant ist das er wirklich etwas in der Diskussion hier bringen würde. Eigentlich richtig los ging die Bevölkerungsentwicklung erst nach der Renaissance. (wird abgelöst duch den Barock anfang 17 Jahruhnudert).

Die hatten halt keine Kleriker und Magie.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Chaos am 24.09.2024 | 16:04
- ist sie erst durch eine Katastrophe zusammengebrochen, kann es sein dass man diese High-Tech nur noch als Relikte findet, aber nicht neu herstellen kann, da die industrielle Basis fehlt (verlorenes Know-How ist auch nochmal ein eigenes Problem)

Nur wenn die Katastrophe wirklich alle getroffen hat.

Wieviel Bevölkerung an einem Fleck bräuchte es, um die typische D&D-Technologiestufe aufrecht zu erhalten?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 24.09.2024 | 16:19
Die hatten halt keine Kleriker und Magie.

Soll das ein Argument sein?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 24.09.2024 | 16:39
Soll das ein Argument sein?

Ja. Historische medizinische Versorgung auf ein Setting mit übernatürlicher Heilung anzuwenden, scheint für mich wenig sinnvoll.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: dwian am 24.09.2024 | 17:31
Wobei das, wie oben schon erwähnt, wieder die Frage der Verfügbarkeit solcher Dienstleistungen aufwirft. Und selbst wenn es solche Möglichkeiten gibt. Wäre der Einsatz der Magie nicht viel sinnvoller für die Steigerung der Erträge der Landwirtschaft eingesetzt?
Statt 20 Bauern hat man dann 5 und 8 Korn-Magier, die sie Ernte um hunderte Prozent steigern. Da bleibt dann auch noch was für den Heiler über.
Diese Gesellschaft sieht dann aber völlig anders aus und wird binnen weniger Generationen von den (Monsanto-)Magiern beherrscht. Der Heiler kümmert sich primär um die G!sundheit der Magier. Für Normalsterbliche könnte das dann teuer werden

Kurz gesprochen: Solche Optionen sind möglich. Sind sie aber mehr als eine unbedeutende Randerscheinung, werfen sie alles um, was eine Vergleichbarkeit zur MA oder Renaissance sinnvoll macht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 24.09.2024 | 17:43
Ja. Historische medizinische Versorgung auf ein Setting mit übernatürlicher Heilung anzuwenden, scheint für mich wenig sinnvoll.

Na ja, dann haben wir aber vermutlich auch Zauberer aller Art, die zumindest ihren "Feinden" gegenüber in die entgegengesetzte Richtung arbeiten -- von dem, was in einem hypothetischen Setting mit aktiven Göttern und Dämonen ein von entsprechend hoch in der Autoritätsskala ausgesprochener Fluch möglicherweise anrichten kann, ganz zu schweigen.

Oder vielleicht, wenn wir uns eh schon im klassischen Rollenspiel-Polytheismus befinden, kann die Bevölkerung auch einfach nie schneller wachsen, als die zuständige Gottheit der Geburtshilfe gerade noch mithalten kann. Ohne geht's halt nicht, und leider ist sie nicht allmächtig. :)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Isegrim am 24.09.2024 | 17:47
Sichere und verfügbare magische Verhütungsmittel; ändern die ganze Gleichung. Wenn ihr weiter diskutieren wollt... ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 24.09.2024 | 18:21
Sichere und verfügbare magische Verhütungsmittel; ändern die ganze Gleichung. Wenn ihr weiter diskutieren wollt... ;)

Gerne. Macht allerdings nur wirklich Sinn, wenn wir ein Setting haben, wo solche Sprüche auch tatsächlich mitgeliefert werden.

(Und ja, ich weiß welche Sprüche es z.B. in Testament für d20 gibt.)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 24.09.2024 | 18:39
Das mit Verbreitung und Auswirkungen von Magie hatten wir gerade erst in eigenen Threads, da würde ich drum bitten diese Themen auch dort zu diskutieren, sofern noch nicht geschehen.

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,128594.0.html

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,128557.0.html

Für diesen Thread sei vielleicht folgende Unterscheidung getroffen:

- niedrige Bevölkerung passt mE zu Settings, in denen Magie düster, bedrohlich und insgesamt gefährlich ist. Eben wo sich die Magie nicht dazu eignet, die Lebensbedingungen allgemein zu verbessern.
- in D&D und vielen anderen Spielen ist aber Magie deutlich gutartiger, und da würde ich eher erwarten dass sie unterm Strich für geringere Sterblichkeit etc sorgt.

--

Noch ein Wort zu weiter oben von wegen Bevölkerungsrückgang durch Wohlstand und Fortschritt: schaut man sich die heutigen Länder mit Reproduktionsraten unter 2 an, weisen diese dennoch Bevölkerungsdichten auf, die _meist_ deutlich über denen von vorindustriellen Zeiten liegen. Und die Ausnahmen davon wiederum sind meist klimatisch-geographisch bedingt, etwa Kanada und Australien, die größtenteils aus quasi unbewohnbarem Ödland bestehen.
Also da zum Beispiel einen Vergleich zum heutigen Deutschland anzustrengen, geht halt irgendwo fehl, weil unsere Bevölkerungsdichte mit ca 200/km² halt immer noch um ein Vielfaches über dem mittelalterlichen/frühneuzeitlichen Wert liegt.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Nazir ibn Stonewall am 25.09.2024 | 10:34
Das gilt für Kanada natürlich erst recht. Auch deren Bevölkerungsdichte ist auf einem historischen Hoch. ;)

Ein Erkenntnisgewinn aus diesem Thread ist zB: wenn es in der zivilisierten Welt erst relativ kürzlich - etwa wie von dir vorgeschlagen zu Großelterns Zeiten - eine derartige Katastrophe gab, der zB 80% der damaligen Bevölkerung zum Opfer fielen, sollte das auch in der Welt noch entsprechend spürbar sein, etwa durch haufenweise verlassene, verödete und im Verfall begriffene Dörfer.
Absolut. Eine derartige Katastrophe (viel schlimmer als WK2 oder die Pest) muss sich über Generationen ins kollektive Gedächtnis eingraben. Weiter muss sie entsprechende Spuren hinterlassen, eben die verlassenen Dörfer und leere Stadtteile (das tut etwa Space 1889 auf dem Mars, wo die marsianischen Städte zu 2/3 leer sind). Außerdem dürfte es dadurch, dass die 80 % nicht gleichmäßig verteilt sind, massive Lücken bis völlige Leere in einzelenen Bereichen geben (hier gibts weit und breit keine Schuster und Sattler mehr, vor 60 Jahren sind die alle gestorben und niemand weiß mehr, wie das geht).

Und zuletzt ändert eine Erklärung nichts daran, dass eine objektive Beschreibung dann immer noch falsch wäre. Ein blühendes, dicht besiedeltes Kulturland mit zu wenig Einwohnern ist nicht dicht besiedelt, egal, ob es vor einiger Zeit eine Katastrophe gab oder nicht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 25.09.2024 | 11:00
(https://www.wesleyjohnston.com/users/ireland/charts/population_1700_2000.gif)

Für ein Fantasy-Setting ist es doch auch schön, wenn überall ein paar Ruinen rumstehen, oder?

Ansonsten war Irland nach 1860 auch nicht unbedingt postapokalyptisch im nerdischen Sinn.

Zitat
Für das Jahr 2024 wird die Bevölkerungsdichte in Irland auf rund 76,9 Einwohner:innen pro Quadratkilometer prognostiziert. Verglichen mit der frühesten hier dargestellten Aufzeichnung aus dem Jahr 1950 ist dies ein gesamtheitlicher Anstieg um geschätzt rund 34,3 Einwohner:innen pro Quadratkilometer.

(Hervorhebung durch mich.)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 25.09.2024 | 12:40
Das gilt für Kanada natürlich erst recht. Auch deren Bevölkerungsdichte ist auf einem historischen Hoch. ;)

Nur für den Fall dass ich mich nicht klar ausgedrückt habe, "Ausnahme" bezieht sich darauf, dass wir hier einen modernen Staat mit niedriger Reproduktionsrate, bei gleichzeitig einer Bevölkerungsdichte deutlich unterhalb des Benchmarks von "Europa um 1500" haben.

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Insofern verstehe ich auch nicht so recht, was das Irland-Beispiel damit zu tun haben soll; da war die Bevölkerungsdichte 1845 über 100/km² und sank durch Tod und Auswanderung wieder auf ca 70 und langfristig dann auf ca 60, also alles weit über mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Referenzwerten.

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Und wie gesagt, dass ich so auf "Europa um 1500" rumreite liegt daran, dass die typischen Fantasysettings halt etwa diese Epoche nachahmen; wenn ein Setting meinetwegen eher an China um 300 oder Arabien um 1000 orientiert ist, sollte sich durchaus auch die Bevölkerungsdichte an deren entsprechenden historischen Benchmarks orientieren (die ich freilich nicht auswendig parat habe).

Zugegeben wird dabei das Vorhandensein von Magie meist nicht berücksichtigt, aber wie gesagt: meines Erachtens dürfte sich weit verbreitete Magie eher positiv auf die Bevölkerungsdichte auswirken, statt diese auf einem frühmittelalterlichen Niveau festzunageln.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Philipp.Baas am 25.09.2024 | 12:53
Also durch die gescheiterte Landreform der 1950er in Italien und Deindustralisierung des italienischen Südens gibt es unzählige Ruinen (Bauernhäuser und Fabriken) abseits der Städte. Ich war viel beruflich im ländlichen Italien unterwegs: Das wirkt schon an manchen Stellen postapokalyptisch. Dazu kommen auf Sizilien noch die offen gelassenen Bunkeranlagen aus dem 2. WK. Bei einer archäologischen Prospektion haben sich mal 2 Studenten mit Karte und Kompass verlaufen (sie konnten keine Geländekarten lesen, wie sich dann herausstellte). Wir haben die erst gefunden, als ich mit Feldstecher auf einen Berg gelatscht bin und die beiden dann entdeckt habe. Es gab so wenige "zivilisatorische" Landmarken wie Straßen, Dörfer etc., dass die beiden wirklich verloren gegangen sind.

Du kannst im ländlichen Italien ganze Tage durch die Pamper wandern und findest keine Menschenseele, sondern nur Ruinen. Trotzdem entspricht die Bevölkerungsdichte einem typischen europäischen Land. Bevölkerungsdichte sagt gar nichts aus.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 25.09.2024 | 12:57
Insofern verstehe ich auch nicht so recht, was das Irland-Beispiel damit zu tun haben soll; da war die Bevölkerungsdichte 1845 über 100/km² und sank durch Tod und Auswanderung wieder auf ca 70 und langfristig dann auf ca 60, also alles weit über mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Referenzwerten.

Es geht darum, dass man die Bevölkerungsdichte wohl verdoppeln oder halbieren kann, ohne dass das jetzt aus der historisch-distanzierten Perspektive direkt zum offensichtlichen Zusammenbruch führt.

Gleichzeitig gibt das ein paar Denkanstöße: in Irland wurde zu der Zeit wohl technologisch wenig selbständig entwickelt, gleichzeitig wurden aber z.B. State-of-the-Art-Werften betrieben. Scheint also zu reichen, wenn es irgendwo weiter entfernt eine Kolonialmacht oder meinetwegen Magiokratie gibt, die eine solche Gesellschaft aufrecht erhalten kann und Technologie transferiert.

Und weltweiten Technologietransfer gibt es wohl auch ohne so direkten Einfluss. Die Eliten kaufen ihre Renaissance-Tech halt im Ausland, auch wenn der gewöhnliche Bauer auf niedrigsten Niveau weitermacht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 25.09.2024 | 14:34
Du kannst im ländlichen Italien ganze Tage durch die Pamper wandern und findest keine Menschenseele, sondern nur Ruinen. Trotzdem entspricht die Bevölkerungsdichte einem typischen europäischen Land. Bevölkerungsdichte sagt gar nichts aus.

Ich glaube du vergleichst gerade äpfel mit Birnen,...
Nämlich Italien von 1950 mit Italien von 1500 (und früher).
Bevölkerungsdichte ist nicht alles, das stimmt aber das es nichts aussagen würde stimmt genauso wenig.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Chaos am 25.09.2024 | 14:40
Das gilt für Kanada natürlich erst recht. Auch deren Bevölkerungsdichte ist auf einem historischen Hoch. ;)

Außerhalb der Region an der Grenze zur USA ist Kanada ja quasi ein "Points of Light"-Setting, mit weit verstreuten Ansiedlungen, die von jeder Menge Wildnis umgeben sind. Die Ork- und Drachendichte lässt ein wenig zu wünschen übrig, aber Grizzlies und Elche sind auch nicht gerade harmlos.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Philipp.Baas am 25.09.2024 | 14:45
Ich glaube du vergleichst gerade äpfel mit Birnen,...
Nämlich Italien von 1950 mit Italien von 1500 (und früher).
Bevölkerungsdichte ist nicht alles, das stimmt aber das es nichts aussagen würde stimmt genauso wenig.

Worum es mir ging: Hier wird schön theoretisiert mit irgendwelchen Zahlen und gesagt, dass die Zahlen für "entvölkert" viel zu hoch sind. Ich sage, dass das nicht stimmt. Ein weltweit von der Fläche her kleines Land und von der Bevölkerungsdichte durchschnittliches wie Italien (und ich meine übrigens heute, nicht 1950!), ermöglicht es, einem ein Gefühl von entvölkert sehr gut zu vermitteln. Der Schlüssel ist nämlich die Frage nach der Landflucht und der Verteilung der Menschen. Jede Millionenstadt entkräftet den Wert solcher Zahlen für diese Frage.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 25.09.2024 | 15:22
Ich glaube ich bin dann wohl nicht der einzige, der nicht versteht worauf du überhaupt hinaus willst.
Millionenstädte gab es im MA/FNZ Europa überhaupt nicht, also entfallen diese derartigen Konzentrationen, die weite leere Flächen rechnerisch ausgleichen könnten. Die mit Abstand größte Stadt um 1500 war Paris mit sagenhaften 200.000 Ew, dann noch ganze 3 Städte mit 100.000 Ew (Neapel, Venedig, Mailand), und ansonsten in ganz Europa noch ganze 15 Städte mit 50-70k Ew, und fast alle davon wiederum in Frankreich und Italien. Das ist schon echt überschaubar. (Quelle: Statista)

Was ja auch logisch ist in Abwesenheit einer imperialen Maschinerie einerseits, die von weitem Umkreis (zB Ägypten) die benötigten Lebensmittel rankarrt um eine Millionenstadt zu versorgen, und modernen Anbaumethoden andererseits.

Ist aber freilich auch nochmal ein guter Aufhänger, um die Stadtgrößen in Fantasysettings nochmal kritisch zu betrachten. Als Negativbeispiel fällt mir zum Beispiel diese Orakelstadt Ioria in Lorakis (Splittermond) ein. Eine Millionenstadt auf einer Insel in einem Binnenmeer eines ohnehin quasi entvölkerten Kontinents. Da gibt es nichtmal in den umliegenden Ländern genug Landbevölkerung, um die notwendigen Überschüsse zu erzeugen, um so eine Stadt durchzufüttern (zumal es ja auch noch andere Städte gibt).
Das Thema hatte ich schonmal im SpliMo-Board zur Sprache gebracht, aber außer "A Wizard Did It" kam da nichts - die Plausibilität war den Autoren schlicht egal.
(Zur Erinnerung, in SpliMo gibt es zwar wirklich sehr weit verbreitete Alltagsmagie, aber "Nahrung Erschaffen" ist als Zauber nicht überliefert, außer vielleicht dass man eine einzelne Pflanze wachsen lassen kann.)

Auch in D&D-Settings würden Millionenstädte allgemein keinen Sinn machen. Hier gibt es zwar im Prinzip die Möglichkeit, magisch Nahrung zu erschaffen, aber die entsprechenden Zauber stehen nur einem winzigen Bruchteil der Bevölkerung zur Verfügung. Imperien à la Rom, die es sich leisten könnten aus einem riesigen Reich Nahrung ranzukarren, kommen in den gängigen Settings eher selten vor.
Hier wurde leider in jüngerer Zeit auch einiges verschlimmbessert; Waterdeep etwa wird klassischerweise mit durchaus plausiblen 130.000 Ew angegeben, und jetzt neulich lese ich da was von 2 Millionen, wtf wtf??

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 25.09.2024 | 15:44
Waterdeep etwa wird klassischerweise mit durchaus plausiblen 130.000 Ew angegeben, und jetzt neulich lese ich da was von 2 Millionen, wtf wtf??
Stimmt nicht ganz. Waterdeep wurde schon in der 2e-Box mit 1 Mio beschrieben (daran erinnere ich mich nur deshalb, weil die Review damals in der Zauberzeit sich genau darüber mokiert hatte).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 25.09.2024 | 16:16
Ich hab das so in Erinnerung, dass die Stadt selber 130k hat, und halt mit dem unter ihrer Herrschaft stehenden Umland auf 1M kommt. Geht vermutlich zahlenmäßig auch nicht richtig auf, aber da kann man leichter drüber hinweg handwedeln.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 25.09.2024 | 16:59
Worum es mir ging: Hier wird schön theoretisiert mit irgendwelchen Zahlen und gesagt, dass die Zahlen für "entvölkert" viel zu hoch sind. Ich sage, dass das nicht stimmt. Ein weltweit von der Fläche her kleines Land und von der Bevölkerungsdichte durchschnittliches wie Italien (und ich meine übrigens heute, nicht 1950!), ermöglicht es, einem ein Gefühl von entvölkert sehr gut zu vermitteln. Der Schlüssel ist nämlich die Frage nach der Landflucht und der Verteilung der Menschen. Jede Millionenstadt entkräftet den Wert solcher Zahlen für diese Frage.

Ich überspitze mal: die Bevölkerungdsichte in der Milchstrasse ist: 0,... der kleine blaue Planet namens Erde ist ein statistischer ausreiser der innerhalb der nächsten paar Millionen Jahre sich wieder zu 0 nivelieren wird.

Um es auf den Punkt zu bringen: eine Zahl wie Bevölkerungsdichte ist immer an Regionen und Zeiten gebunden. Mit den Methoden des Mittelalters oder der Antike ist es zwar möglich so eine große Stadt zu ernähren aber extrem schwierig. Alternativ: Nenne mir doch bitte 3 Städte in Italien die mehr als 1 Mio Einwohner haben. Das wird dir für heute noch gelingen (wenn du tricks wie "metropolregion" benuzt aber etwa um 1000 AD? 1200 AD? oder das ende der renaisance?

Landflucht gab es schon immer irgendwie seitdem man angefangen hat die Urbanisierung voranzutreiben, mal mehr und mal weniger.

Das Saatgut ist im Laufe der Jahre immer besser geworden (auch durch Gentechnik: denn natürliche Mutation und Selektion ist auch nichts anderes als das nur eben nicht so eklatant auf den Kopf geknallt), die Erträge pro m² sind im laufe der leztzen hundert Jahre exorbitant gestiegen, Mineraldünger mit dem Haber Bosch verfahren herszustellen hat nochmal einen Schub geleistet. Agrarmaschienen stellen immer mehr Leute frei die andernorts arbeiten können. Haben in der Steinzeit 10 Leute Nahrungsmittel Produzieren müssen um einen Durchzufüttern der dann "Schamane" sein durfte, so ernährt heute ein Landwirt in Europa 190 andere Menschen. Der große Kipppunkt war da tatsächlich die Erfindung des Traktors und das oben genannte Haber Bosch verfarhen zur Herstellung von Kunstdünger. Alles jezt nichts was ich mit "fanatsywelten" in verbindung bringen würde.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Chaos am 25.09.2024 | 17:07
Der große Kipppunkt war da tatsächlich die Erfindung des Traktors und das oben genannte Haber Bosch verfarhen zur Herstellung von Kunstdünger. Alles jezt nichts was ich mit "fanatsywelten" in verbindung bringen würde.

Kunstdünger gibt´s in der Fantasywelt zwar nicht, aber der Segen einer Landwirtschafts- oder Fruchtbarkeitsgottheit könnte ähnliche Effekte haben.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: JollyOrc am 25.09.2024 | 17:14
Kunstdünger gibt´s in der Fantasywelt zwar nicht, aber der Segen einer Landwirtschafts- oder Fruchtbarkeitsgottheit könnte ähnliche Effekte haben.

ich würde sogar weiter gehen: Magie und (natur-)göttlicher Einfluss können in zwei Richtungen interpretiert werden:

Positiv: Dank Naturgeister / mit der Scholle verbundener Bauern etc. sind die Erträge trotz "primitiven" Anbaupflanzen und auch ohne Kunstdünger ausreichend, um große Mengen von Menschen zu ernähren.

Negativ: Es braucht eine verbundenheit von Menschen und Scholle. Es müssen also relativ viele Leute sich intensiv spirituell um das Land kümmern, damit da überhaupt etwas wächst. Das hält die Bevölkerung a) auf dem Land und b) eben auch klein.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: schneeland am 25.09.2024 | 17:16
Kunstdünger gibt´s in der Fantasywelt zwar nicht, aber der Segen einer Landwirtschafts- oder Fruchtbarkeitsgottheit könnte ähnliche Effekte haben.

Den Gedanken hatte ich auch gerade. Neben der Verfügbarkeit von besseren Heilmethoden wäre das schon ein merklicher Faktor - je nachdem, wie viele Druiden/Kleriker/Geweihte pro Einwohner denn so zur Verfügung stehen. So eine mittelgroße Menge Klerikernovizen, die regelmäßig Create Food and Water wirken dürfte schon ganz gut zur Versorgungssicherheit beitragen. Wenn man das also nicht möchte, müssen die entsprechenden Personen entweder generell selten sein oder sie werden halt oft genug vom Eulenbären gefressen  >;D (alternativ: ein Großteil ihres Outputs wird zum Füttern dekadenter Adeliger verwendet).
Wenn natürlich die Chance bei einem Zauberspruch/Ritual zufällig einen Chaosdämonen zu beschwören einigermaßen hoch ist, würde das die Sache auch limitieren. Aber zumindest bei modernen D&D-artigen Spielen ist das ja eher nicht gegeben.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 25.09.2024 | 17:22
Kunstdünger gibt´s in der Fantasywelt zwar nicht, aber der Segen einer Landwirtschafts- oder Fruchtbarkeitsgottheit könnte ähnliche Effekte haben.

Ganz davon abgesehen, daß Chemie und Alchemie ja in gewisser Hinsicht nur zwei Seiten derselben Medaille sind und letztere in Fantasywelten tatsächlich gerne mal die Wunder vollbringt, die man ihr in der Realität oft nur gerüchteweise zugeschrieben hat. Kurz gesagt, ähnlich wie schon das Schießpulver ist die eine oder andere Form von quasi-"magischem" Dünger durchaus auch etwas, was sich da potenziell schon erfinden ließe...wie schnell sich der dann aus den Privatschrebergärten experimentierlustiger Spezialisten tatsächlich in die Landwirtschaft allgemein verbreiten mag, ist ggf. noch mal eine andere Frage, aber daß zumindest das eine oder andere Reich unwahrscheinlich scheinende Ernten einfährt und über die dazu nötigen Methoden so gut wie möglich das Mäntelchen der Geheimhaltung breitet, klingt sooo unwahrscheinlich für eine hinreichend "fantastische" Welt tatsächlich nicht und könnte allein für sich schon sogar Material für das eine oder andere Abenteuer abgeben, in dem die SC entweder hinter das Geheimnis kommen oder aber es vor einer Gegenpartei beschützen sollen...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Chaos am 25.09.2024 | 17:26
Negativ: Es braucht eine verbundenheit von Menschen und Scholle. Es müssen also relativ viele Leute sich intensiv spirituell um das Land kümmern, damit da überhaupt etwas wächst. Das hält die Bevölkerung a) auf dem Land und b) eben auch klein.

Es ist nicht nur eine Frage, wie intensiv man sich spirituell kümmern muss, sondern auch, was es bringt.

Wenn man zum Beispiel ein Drittel seiner Arbeitszeit (beziehungsweise der Energie/des Aufwands, den man pro Tag in Arbeit stecken kann) mit spirituellen Pflichten verbringen muss, aber damit den Ertrag pro geleisteter Stunde Feldarbeit verdoppelt, hat man immer noch 50% mehr Ertrag pro Arbeitsstunde insgesamt, sprich ein Drittel der Leute, die sonst auf dem Feld schuften müssten, können sich anderen Dingen widmen.

Solange diese "Bauernkleriker" nur eine graduelle, aber durchaus spürbare Verbesserung der Situation erwirken, so wie in meinem Beispiel, und ihre Kräfte sehr auf ihre Tätigkeit in der Landwirtschaft spezialisiert sind, sollte es die Spielwelt auch nicht aus den Angeln heben, wenn es sehr viele davon gibt - oder vielleicht sogar jeder Bauer im Wirkungsbereich der Gottheit auch Teilzeit-Bauernkleriker ist.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 25.09.2024 | 17:30
Kunstdünger gibt´s in der Fantasywelt zwar nicht, aber der Segen einer Landwirtschafts- oder Fruchtbarkeitsgottheit könnte ähnliche Effekte haben.

Ja und daraus dann die Frage: warum sind die Fantasyswelten so entvölkert?

btw:
Hexen können mit bösem Blick ganze Ernten vernichten. Untote machen die Milch sauer. Bierhexen (den brgiff gibt es wirklich) machen das Bier untrinkbar.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 25.09.2024 | 17:32
By the Way:

Das mit Verbreitung und Auswirkungen von Magie hatten wir gerade erst in eigenen Threads, da würde ich drum bitten diese Themen auch dort zu diskutieren, sofern noch nicht geschehen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: schneeland am 25.09.2024 | 17:43
Ok, wenn wir die Magierdichte mal für den Moment außen vor lassen, dann müssen die Positivfaktoren quasi anderweitig negiert werden: neben den bereits genannten Flüchen und Plagen (Forbidden Lands hat ja für sowas z.B. den erst kürzlich verschwundenen Blutnebel) bieten sich da natürlich regelmäßige "Besuche" der lokalen Monsternachbarn an; und ab und zu kann auch mal ein Heer durchziehen, entweder wegen besagter Monster und Hexenmeister, oder einfach weil sich der zuständige Fürst mit seinem menschlichen Nachbarn um irgendwas prügeln möchte. Was da genau dominiert wird sicher ein bisschen von der gewünschten Stimmung abhängen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 25.09.2024 | 17:46
Ich meine, schön, natürlich können wir theoretisch Magie komplett ausklammern. Dann fällt aber auch eins der Hauptkriterien weg, die Fantasywelten überhaupt zu Fantasywelten machen...wenn hier natürlich, leicht überspitzt, eh nur eine Diskussion zum Thema laufen soll, warum Fantasyschreiber eigentlich die Bevölkerungsverhältnisse der realen Geschichte "falsch" darstellen, gerne, aber dann sollte vielleicht auch der Titel entsprechend angepaßt werden.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 25.09.2024 | 17:55
... bieten sich da natürlich regelmäßige "Besuche" der lokalen Monsternachbarn an; und ab und zu kann auch mal ein Heer durchziehen, entweder wegen besagter Monster und Hexenmeister, oder einfach weil sich der zuständige Fürst mit seinem menschlichen Nachbarn um irgendwas prügeln möchte. ...

Ist ja nicht so das wir das auf der Erde nicht auch gehabt hätten,... ich meine nur wenn man solche Bezeichnungen "erfindet" wie "30/100 Jähriger Krieg"

Wenn das thema so einfach wäre hätten wir nicht schon 8 seiten gefüllt ;)

Ich meine für mich reicht hauptsächlich die Erklärung: "Die Welt ist so wenig besiedelt weil es die Geschichte dann interessanter macht" - trozdem wäre ein plausiebler Grund sehr schön. Die ein oder andere Welt kommt ja durchaus auch mit Erklärungen, meistens Apokalyptischer Art. (Krieg / Naturkatastrope / Seuchen) dann hat man Entvölkerte Landstriche und Ruinen zu hauf,... und findet auch mal das Wrack eines Atomubootes unter einer gotischen Kathedrahle,...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 25.09.2024 | 17:59
Erträge in Relation zu der Aussat (und was dementsprechend nicht zum Aufessen zur Verfügung steht) ist ebenfalls ein Faktor

es gibt Chroniken, die nennen Verhältnisse, damit kann man eigentlich nicht wirtschaften (1 Korn Aussaat für 3 Körner Ernte - wenn kein jagdgeiler Adliger durch den Weizen geritten ist, kein Spätfrost zuschlug, kein Hagel, keine Wildschweine, kein Krieg...)
da bleibt Kornanbau nur als Prestigeprodukt für die sauffreudigen Herrschaften, weil dann sind "Kosten" relativ.
Die Menschen leben dann vom Gartenland (mit dem Kohl, Rüben und Bohnen)

im Gegenzug kommen dann Zahlen aus sonnverwöhnten Landen, die viel mehr Körner Ernte nennen
- oder vielleicht nur weniger Saatgutfresser?
vielleicht eine Liturgie, die den Vögeln den Schnabel verbietet (Gebete in diese Richtung sind verbürgt) bzw. Mäuse, Hamster und Ratten vertreibt?

was hätten wir noch im Esoterik-Angebot für eine bessere Welt:
eine Windliturgie, die mineralisch wertvollen Sand(staub) herbeiweht?
Hagelstoppdschinen?
lassen sich Frostschildmaiden besingen?
Regenpferde anlocken?

ein Fäntelgetreide, dass die Vegetationszeit besser ausnutzt, also länger Fotosynthese betreibt?
bessere Adaption auf nordalpine Fäntel-Gefilde, sprich die Staunässe-Toleranz wird vergrößert, was ja auch ein Getreideproblem ist.

eine mehrjährige Pflanzen, die tiefer wurzeln (Trockenheit also überbrücken) und statt Winter/Sommergetreide Unterschied in 1.Jahr "Kleine" Ernte, 2. Jahr "Große" Ernte geht?
wenn weniger Land mühsam pro Periode X umgebrochen werden muss (etwa nur alle zwei-drei Jahre), dann können eine gleichbleibende Anzahl an Bauern&Gespann eine größere Fläche für Ackerbau nutzen als mit drei-Felderwirtschaft
Außerdem gibt es eine letzte "Waisenernte", falls zu viele Adulte im Krieg erschlagen wurden und daher die Neuausaatfelder einen Volumenabriss zu verzeichen haben.
Die auf Saatstörung erfolgende Hungersnot als Killer würde dadurch "etwas" milder ausfallen.

ein Fäntelaufgebohrtes-Weidenfettykraut mit Luftstickstoffbinder-Symbionten, welches erst bei den Kühen viel fette Milch und beim Switch zurück zum Getreide den nötigen Stickstoffdünger gibt?

oder

...nur damit es nicht zu bierernst, gar sinnvoll wird, sondern seine Scheibenweltabsurdität behält... ~;D

regelmäßige Orkinvasionen, deren Leichenberge die Felder düngen?  >;D
(die Römer schrieben zu dem Thema etwas über die Kimber&Teutonenschlachtfelder)

uhhh...das war jetzt darkside  >;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 25.09.2024 | 18:05
- oder vielleicht nur weniger Saatgutfresser?
vielleicht eine Liturgie, die den Vögeln den Schnabel verbietet (Gebete in diese Richtung sind verbürgt) bzw. Mäuse, Hamster und Ratten vertreibt?

Nein, die werden einfach fast alle von den Kobolden und Schleimmonstern gefressen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: schneeland am 25.09.2024 | 18:23
Ist ja nicht so das wir das auf der Erde nicht auch gehabt hätten,... ich meine nur wenn man solche Bezeichnungen "erfindet" wie "30/100 Jähriger Krieg"

Wenn das thema so einfach wäre hätten wir nicht schon 8 seiten gefüllt ;)

Ok, war vielleicht ein wenig arg knapp formuliert. Nochmal anders: wenn ich so auf die vergangenen Seiten schaue, dann spricht eigentlich Einiges dafür, dass die Bevölkerungsdichte in einem fantastischen Mittelalter höher sein sollte als in der real-geschichtlichen Entsprechung (sprich: Spätmittelalter/Renaissance), eben weil Magie dafür sorgt, dass es Zauberäquivalente zu technischen Fortschritten gibt, die erst deutlich später stattfanden.
Man kann sich jetzt einfach damit arrangieren und beschließen, fortan mehr Stadtabenteuer mit politischen Intrigen zu spielen. Will man aber dafür sorgen, dass die Besiedlungsdichte trotzdem dünn ist, bleiben m.E. schwerpunktmäßig nur die drei bereits andiskutierten Strategien:
1) regelmäßig ordentlich "draufzuhauen" - und zwar tendenziell fester und/oder häufiger als in der echten Geschichte. Mit Pest und 30-jährigem Krieg hat man ja schon brauchbare Vorlagen dafür und dann muss man das Ganze eben noch auf 11 drehen. Und in der Tat ist es ja - zumindest meiner Erinnerung nach - in den Vergessenen Reichen so, dass quasi alle 3 oder 4 Generationen alles so richtig den Bach runtergeht. So richtig befriedigend finde ich diese Großkatastrophen aber auch nicht
2) für kontinuierliche Gefährdung auf niedrigem Niveau sorgen (Goblinbanden, böse Hexen im Sumpf, Nekromanten in der Burgruine um die Ecke), damit trotz verbesserter Ausgangslage noch "oft genug" gestorben wird
3) das Thema Magie (Risk/Reward, Magierdichte, etc.) nochmal aufrollen und schauen, dass die Positivfaktoren gar nicht wirklich stark greifen - da hattest Du aber korrekt festgestellt, dass Feuersänger das in diesem Thread nicht weiterverfolgen möchte
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 25.09.2024 | 18:44
Okay, also zum Thema Magie revidiere ich ein Stück weit und sag mal so:
Da hängt es halt einfach extrem vom einzelnen Setting / System ab, was da überhaupt möglich ist und auch tatsächlich umgesetzt wird.
Daher bringt es halt mE nicht viel, einfach so ganz grob mit der Hand zu wedeln und zu sagen "Mit dem Zauber des Klerikers wird das alles in Ordnung kommen".

Darum bitte neue Setzung für diesen Thread: wenn ihr mit dem Einfluss von Magie argumentiert, dann bitte jeweils unter Nennung von Ross und Reiter, also was möglich ist, wieviele Leute das können und regelmäßig machen, und was es bringt.

Wir hatten ja bspw in für D&D im anderen Thread herausgearbeitet, dass Kleriker der 5. Stufe und drüber eigentlich doch relativ selten sein dürften. Selbst wenn wir da eine Quote von 1:1000 annehmen (d.h. jeder Marktflecken hat so einen als Priester), spielt das für die Ernährungslage überhaupt keine Rolle, weil der halt dann pro Tag vielleicht 10 Leute durchfüttern kann und die anderen 990 gehen leer aus. Und soweit ich mich erinnere, ist in der Praxis eher mit einer noch geringeren Quote zu rechnen, eher sowas wie 1:5000; spielt aber an diesem Punkt auch keine Rolle mehr.

Das wäre halt was anderes, wenn ein Priester einige 100 Leute ernähren könnte oder wenn praktisch jeder einen Volkszauber beherrscht mit dem er sich was zu Essen herbeizaubern kann; das ist aber wirklich sehr unkonventionell; mir fällt jetzt außer Tippyverse (welches auf einem Exploit dysfunktionaler Fallenregeln basiert) kein Beispiel ein.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 25.09.2024 | 19:31
spielt das für die Ernährungslage überhaupt keine Rolle, weil der halt dann pro Tag vielleicht 10 Leute durchfüttern kann

sicherlich, für die Darstellung einer ganzen Landschaft wäre das zu "klein"

ein "Guru" zaubert für seine 10 Kinderschüler das Essen herbei und kann so in der "asketischen Waldeinsamkeit" seine "Schule" betreiben (am Leben halten)
aus "Abenteuergrund" suchen die Chars ihn auf. Und weil der Guru genau auf der Astralrisskante sitzt, können die Chars da nicht einfach hinteleportieren (weil ihnen die Matrixaklimatisierung-Brimborium noch fehlt) und nehmen daher klassisch die Füße in die Hand

bei einem "Kloster" auf einer echt kalten Insel im Nordmeer (so ganz ohne jedes die Meditationen störendes Möwenkreischen, so kalt und weit draußen liegt das Kloster)
dann halt ein paar "Smutjemagosi" mehr.
was die wohl für (ansonsten indizierte) Zauberformeln preisgeben würden im Tausch für die Biroherbayo-Thesis?  ~;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Managarmr am 25.09.2024 | 19:34
..... Oder nehmen wir Schädlinge wie den Kartoffelkäfer: In Irland sind viele verhungert und sehr viele ausgewandert.

[Nerd] das war Phytophtora infestans, ein Eipilz[/Nerd] ;)

Und noch eine Korrektur, die Hexenverfolgungen waren teilweise eine Konsequenz der Pest. Der Adel brauchte Bevölkerungszuwachs um die wirtschaftliche Basis wieder aufzubauen (all die leeren Bauernhöfe). Die "Hexen" waren da ein Hinderniss weil die sich natürlich mit Empfängnisverhütung auskannten., also weg mit denen.
Das könnte man als Faktor in einer Fantasywelt heranziehen, die Geburtenrate ist aus irgendeinem Grund niedrig
(z.B. -weise Kräuterpersonen, ruhig auch nichtmagisch;
-im Boden vorhandene/ausgewaschene Gifte im Nahrungskreislauf etc)

Ein weiterer Faktor der Bevölkerungsdichte begrenzt, sind die Zugtiere. Londons Bevölkerung explodierte in dem Moment wo man Kohle für Eisenbahnen hatte, plötzlich konnte man jede Menge Pferde (extrem schlechte Futterverwerter, da Nicht-Wiederkäuer) ersetzen, und die Anbauflächen stattdessen für menschliche Ernährung benutzen.

Noch ein begrenzender Faktor ist die Bürokratie. Einer der Gründe für Roms Zusammenbruch war dass es sich überdehnt hatte. Mit rein manueller Bürokratie erreicht man schnell einen Status, wo man sehr viele Bauern braucht um all die Administratoren zu ernähren.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Talasha am 25.09.2024 | 20:31

Und noch eine Korrektur, die Hexenverfolgungen waren teilweise eine Konsequenz der Pest. Der Adel brauchte Bevölkerungszuwachs um die wirtschaftliche Basis wieder aufzubauen (all die leeren Bauernhöfe). Die "Hexen" waren da ein Hinderniss weil die sich natürlich mit Empfängnisverhütung auskannten., also weg mit denen.

Nur lagen zwischen Schwarzen Tod und Hexenwahn 200 Jahre. ;-)

Empfängnisverhütung würde ich nun nicht als Grund für mangelndes Bevölkerungswachstum nutzen. Das würde nur funktionieren wenn es sowas wie ein Rentensystem gibt welches die Eltern im Alter finanziert, sonst müssen sie Kinder kriegen um nicht zu verhungern.

Oder nehmen wir Schädlinge wie den Kartoffelkäfer: In Irland sind viele verhungert und sehr viele ausgewandert.

Allerdings hat Irland während fast der ganzen Zeit Weizen exportiert. Da war gründliche Menschenverachtung seitens der Grundeigentümer im Spiel.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 25.09.2024 | 20:47
Allerdings hat Irland während fast der ganzen Zeit Weizen exportiert. Da war gründliche Menschenverachtung seitens der Grundeigentümer im Spiel.

Zumal die ja meist in England saßen...wer mehr nachlesen will, kann schnell mal auf Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fe_Hungersnot_in_Irland) nachschlagen und sich danach ggf. weiter mit dem Thema befassen. Ein offensichtlicher Knackpunkt findet sich allein schon im ersten Absatz von "Ursachen und Vorgeschichte";

Zitat
Irland stand seit dem Jahr 1541 völlig unter englischer Herrschaft. Der Boden in Irland gehörte überwiegend englischen Großgrundbesitzern. Die irischen Bauern bearbeiteten das Land als Pächter, bauten darauf Getreide und Kartoffeln an und hielten kleine Mengen Vieh. Getreide und tierische Produkte dienten zur Pachtzahlung an die Großgrundbesitzer und wurden nach England verbracht, wohingegen die Kartoffeln, die einfach, billig und schnell anzubauen waren, das Grundnahrungsmittel der irischen Bevölkerung darstellten. Schon ein kleines Stück Land reichte, um eine Großfamilie mit Kartoffeln zu ernähren. Da etwa die Hälfte der acht Millionen Iren sich ausschließlich von Kartoffeln ernährte, entstand eine Abhängigkeit von dieser Nahrungsquelle, die Volkswirtschaftler schon vor der Hungersnot als große Gefahr erkannt hatten.[2]

Da kann man sich leicht ausrechnen, wozu ein paar Jahre an katastrophalen Kartoffelmißernten ja geradezu führen müssen, insbesondere, wenn die hungernden Pächter gefälligst immer noch liefern sollen wie gehabt...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 25.09.2024 | 21:11
Empfängnisverhütung würde ich nun nicht als Grund für mangelndes Bevölkerungswachstum nutzen. Das würde nur funktionieren wenn es sowas wie ein Rentensystem gibt welches die Eltern im Alter finanziert, sonst müssen sie Kinder kriegen um nicht zu verhungern.

Jou guter Punkt. Allerdings gab es durchaus schon Rentensysteme im MA, halt eben keine staatlichen sondern quasi privatversichert. Da hast du dich dann auch eher gegen eine Einmalzahlung in die Rente eingekauft, und dafür standen dir dann ein Dach über dem Kopf, Nahrung (mit festgelegtem Fleischanteil) und sonstige Güter des täglichen Bedarfs bis hin zur Kerzenration zu. Das war wenn ich das richtig verstanden habe eine gängige Alterssicherung für Handwerker, und wurde uU von den Gilden getragen, das weiß ich grad nicht mehr.
Aber ja anyway, klar, Bauern hatten diese Option wohl eher nicht, die mussten also zusehen ihre eigene Alterssicherung zu produzieren.

(Erinnert mich an so einen Film, der allerdings im 19.Jh spielte. Ein Tagelöhner kommt zu Tode, weil der Grundbesitzer ihn zwingt den Schlitten mit einer zu schweren Holzladung den Berg runterzufahren. Dann geht der Herr zur frischgebackenen Witwe nach Hause und überbringt die böse Nachricht. Großmütig legt er ein paar Münzen auf den Tisch und erklärt "Das ist der Lohn für den ganzen Tag" und schiebt ab.)

Zitat
Allerdings hat Irland während fast der ganzen Zeit Weizen exportiert. Da war gründliche Menschenverachtung seitens der Grundeigentümer im Spiel.

Wie heisst es in Irland, "Die Fäule kam vom Herrgott, die Hungersnot kam von den Briten".
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Managarmr am 25.09.2024 | 22:24
Nur lagen zwischen Schwarzen Tod und Hexenwahn 200 Jahre. ;-)
Du denkst nur an die zweite Pestwelle (Justinian war die erste). Bei der zweiten fielen hauptsächlich Auswärtige und Juden den Progromen zum Opfer, noch nicht die "Hexen". Aber die Pest war damit ja nicht aus der Welt, sondern kam danach noch in mehreren Wellen mit geringerer Letalität, zeitlich zusammenfallend mit den Hexenverfolgungen.

Und ja, Kinder waren für Bauern eine Sicherheit. Aber zuviele waren ein Problem, v.a. weil die Geburten eben auch ein sehr hohes Risiko für die Mutter waren. Die damit auch eine "gewisse" Motivation hat beim Kräuterweib vorbeizuschauen, um überhaupt ins Alter kommen zu können und nicht schon im .Kindbett draufzugehen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Talasha am 25.09.2024 | 22:38
Du denkst nur an die zweite Pestwelle (Justinian war die erste). Bei der zweiten fielen hauptsächlich Auswärtige und Juden den Progromen zum Opfer, noch nicht die "Hexen". Aber die Pest war damit ja nicht aus der Welt, sondern kam danach noch in mehreren Wellen mit geringerer Letalität, zeitlich zusammenfallend mit den Hexenverfolgungen.
Allerdings hat es da jeden erwischt nicht nur die Kräuterweiblein. Vom Stadtkämerer bis zum Bettler konnte es jeden erwischen, die Hexenverfolgung war eher ein Symptom von Unsicherheit, siehe auch Salem.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2024 | 00:09
Wie dem auch sei!
 :btt:

Bisher sehe ich jedenfalls noch nicht so richtig, wie das Vorhandensein von Magie im Sinne der üblichen Fantasy-systeme zu einer drastischen Reduktion der Bevölkerungszahlen führen soll. Eher im Gegenteil.

Und wie weiter vorne im Thread schonmal vorgerechnet: wenn man erstmal so weit ist, dass Frauen nicht massenweise im Kindbett krepieren und auch die Kindersterblichkeit gering ist, kann, solange es genug zu fressen gibt, eine Population von Menschen _ohne weiteres_ ihre Größe alle 30 Jahre verdoppeln.

Bei nichtmenschlichen Rassen mag das wieder was anderes sein, was wissen wir schon über Brunft- und Tragzeiten bei Elfen, Zwergen, Gnomen und so weiter. Klar, wenn zB ein Elfenweibchen erst mit 100 geschlechtsreif wird und dann nur alle 7 Jahre einmal einen Tag rollig ist, sind signifikante Populationseinbrüche freilich nur sehr, sehr langwierig wieder auszugleichen. Aber auch das ist ja ein altbekanntes Problem, dass so extrem langlebige Rassen immer irgendwelche Plausibilitätsprobleme aufwerfen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Talasha am 26.09.2024 | 00:21
Wie dem auch sei!
 :btt:

Bisher sehe ich jedenfalls noch nicht so richtig, wie das Vorhandensein von Magie im Sinne der üblichen Fantasy-systeme zu einer drastischen Reduktion der Bevölkerungszahlen führen soll. Eher im Gegenteil.

Was eine Möglichkeit wäre, wäre das weder Mutter noch Kind mit Magie zwar nicht mehr im Kindbett stirbt aber dafür halt nur noch im Schnitt die 2*X Kinder drin sind die für den Bevölkerungserhalt notwendig sind.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2024 | 00:32
Naja, warum sollte das so sein? Will sagen: sowas fände ich schon extrem konstruiert. Es hat ja einen Grund, warum biologische Spezies _potentiell_ viel mehr Junge kriegen können als für den Arterhalt im Regelbetrieb notwendig ist; sonst könnte sie ja eine einmalige Katastrophe nie wieder ausgleichen.

Was ich mir uU vorstellen könnte, wäre eine Art Ritual, welches für eine (1) reibungslose Schwangerschaft und Geburt sorgt, aber im Anschluss unfruchtbar macht. Aber wenn man da mal vergleicht, was für ein Heckmeck selbst in unserer heutigen vermeintlich aufgeklärten Zeit eine Frau im gebärfähigen Alter erdulden muss, wenn sie sich sterilisieren lassen will - bis hin zur glatten Weigerung durch die Ärzte - könnte ich mir vorstellen dass man eine solche Behandlung auch in Fantasyland den Frauen vorenthält, die ihr "Soll" noch nicht erfüllt haben.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Talasha am 26.09.2024 | 01:05


Was ich mir uU vorstellen könnte, wäre eine Art Ritual, welches für eine (1) reibungslose Schwangerschaft und Geburt sorgt, aber im Anschluss unfruchtbar macht.
Jap, an so etwas in der Art habe ich auch gedacht, was natürlich wieder anders herum dazu führt, das Seuchen usw. usf. nicht mehr wirklich ausgeglichen werden können. Selbst wenn man die unfruchtbaren Frauen einrechnet die mit dem Ritual doch noch Kinder bzw. ein Kind bekommen können.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Eismann am 26.09.2024 | 01:25
Da bleiben dann ja nur ein paar Erklärungsmodelle übrig:
Entweder haben sich die Leute mal sehr vermehrt und ausgebreitet und irgendetwas hat dazu geführt, dass viele von ihnen vor kurzer Zeit umgekommen oder geflohen sind.
Oder die bespielte Region ist erst vor kurzem "entdeckt" worden und die Besiedlung bereitet sich nach und nach aus.
Die Region ist ausgesprochen gefährlich, weshalb das Wachstum an Leuten wortwörtlich "weggefressen" wird.
Oder die Region ist so unwirtlich, dass sie selbst mit magischen Mitteln nur wenigen Leuten eine Lebensgrundlage bietet.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2024 | 01:55
Jap, an so etwas in der Art habe ich auch gedacht, was natürlich wieder anders herum dazu führt, das Seuchen usw. usf. nicht mehr wirklich ausgeglichen werden können. Selbst wenn man die unfruchtbaren Frauen einrechnet die mit dem Ritual doch noch Kinder bzw. ein Kind bekommen können.

Jo das meine ich. Also, dass man dieses Ritual im Allgemeinen nur Frauen gestattet, die schon mindestens 1 oder besser 2 Kinder bekommen haben. Wäre dann wohl ein gezielt eingesetztes Mittel zur Eindämmung des Bevölkerungswachstums, wenn dieses nicht mehr gewünscht ist. Und wenn doch mal größere Verluste eintreten, setzt man halt bei der aktuellen Generation die Durchführung des "Last Orders" Rituals aus, bis die Bevölkerung wieder auf dem gewünschten Niveau ist.

Da bleiben dann ja nur ein paar Erklärungsmodelle übrig:
Entweder haben sich die Leute mal sehr vermehrt und ausgebreitet und irgendetwas hat dazu geführt, dass viele von ihnen vor kurzer Zeit umgekommen oder geflohen sind.
Oder die bespielte Region ist erst vor kurzem "entdeckt" worden und die Besiedlung bereitet sich nach und nach aus.
Die Region ist ausgesprochen gefährlich, weshalb das Wachstum an Leuten wortwörtlich "weggefressen" wird.
Oder die Region ist so unwirtlich, dass sie selbst mit magischen Mitteln nur wenigen Leuten eine Lebensgrundlage bietet.

Wie du es schon formulierst: das sind alles prima Ansätze für regionale Phänomene. Wenn aber quasi die ganze bekannte Welt so wenig bevölkert ist, wird es schon schwieriger. Und das ist ja in vielen veröffentlichten Settings der Fall.

Also, jetzt mal ganz offiziell postapokalyptische bzw postkataklysmische Welten aussen vor gelassen. Wenn zB die Welt aufgrund von Vulkanausbruch oder Chicxulub-Meteoriteneinschlag in eine Aschewolke eingehüllt und in jahrelangem Winter gefangen ist, ehe mal irgendwo wieder die Sonne durchkommt, würde das beliebig massive Verluste erklären -- es wäre dann auch aber auch ein derart signifikantes Merkmal, dass quasi zwangsläufig das ganze Setting davon dominiert würde. Muss man wollen; mit einer Standard-Fantasywelt hätte das nichts mehr zu tun.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Eismann am 26.09.2024 | 02:17
Nuja, Earthdawn ist in dem Zusammenhang ja schonmal genannt worden. Und irgendwelche zerstörerischen Götterkriege oder andere erzählerischen Kniffe gibts ja doch öfter mal. Meist, um Überbleibsel magischer Hochkulturen zu erklären, durch deren Ruinen man dann streifen und fiese Monster verwämsen kann.
Ansonsten, wie gesagt, gefährliche oder karge Welt. Wird dann halt schwierig, wenn man gleichzeitig Fäntelalter mit Dörfern und Wäldern haben will.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: ThinkingOrc am 26.09.2024 | 09:02
Die Frage nach warum lässt Magie nicht die Bevölkerung explodieren lässt sich doch mit kosmischer Balance beantworten. Also wenn durch Magie ein Leben gerettet wird, wird die Person eben unfruchtbar.
D.h. die Lebenserwartung kann steigen, ohne dass es zur Bevölkerungsexplosion kommt. Tod durch Altersschwäche kann "normale" Magie dann nicht ausgleichen.
Noch perfider: Es gibt "Verhütungsmagie" aber die ist permanent und ansteckend. Da reichen ein paar unmoralische Lebeleute und es gibt sehr viele unfruchtbare Personen...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: gunware am 26.09.2024 | 10:09
Es hat ja einen Grund, warum biologische Spezies _potentiell_ viel mehr Junge kriegen können als für den Arterhalt im Regelbetrieb notwendig ist; sonst könnte sie ja eine einmalige Katastrophe nie wieder ausgleichen.
Wieso biologische Spezie? Wird hier nicht über von Göttern erschaffen, aus der ersten. Welt eingewandert u. ä. gesprochen? Es geht doch um Fantasywelten.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 26.09.2024 | 10:15
Ich würde gerne nochmal zurück zum OP. Feuersänger macht seine Kritik ja an Einwohnerdichten fest. Die Zahlen scheinen mir aber noch nicht ausreichend gesichert und diskutiert.

Die FR enthalten z.B. riesige Gebiete, die gar nicht besiedelt sind. Für das liebliche Feld habe ich keine Angabe zu Einwohnerdichten gefunden. Herleitungen anhand von Einwohnerzahlen und Fläche sind imo mit Vorsicht zu betrachten, weil der Bezug der Zahlen entscheidend ist.

Wollen wir das nochmal etwas genauer aufdröseln? Also Zahlen und Quellen?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 26.09.2024 | 10:37
das liebliche Feld

Geographia Aventurica DSA4; S58 mit "geschätzt 600.000 (Horasier)"
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Colgrevance am 26.09.2024 | 11:08
Gerade die Einwohnerzahlen wurden in DSA 5 teilweise deutlich verändert (ich vermute, durchaus als Reaktion auf die Kritiken bzgl. Realismusgrad). Das/die(?) Wiki Aventurica liefert da eine gute Übersicht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 26.09.2024 | 11:19
Geographia Aventurica DSA4; S58 mit "geschätzt 600.000 (Horasier)"

Hm...geschätzt von wem, und wieviele Nicht-Horasier gibt's da eventuell, die nicht erfaßt sein mögen? :think:

Das ist mit Bevölkerungsangaben in Fantasysettings ohnehin so ein Problem -- akkurate und immer schön auf dem neuesten Stand gehaltene Volkszählungen kriegen wir doch anscheinend selbst in unserem modernen Deutschland bestenfalls nur acho krachoque hin, so ein Fantasyherrscher müßte also innerweltlich erst recht außerhalb seines ganz persönlichen Einflußbereichs (Hauptstadt oder so, wobei die wahrscheinlichen Menschenmengen dort schon wieder ein eigenes Problem sind) bestenfalls Schätzwerte haben, die vor ein paar Jahren noch halbwegs gepaßt haben mögen. Nachrichten reisen ja in so einem Setting allgemein (und dann bei solchen Entwicklungen oft mangels subjektiver Dringlichkeit -- "Was schert es seine Majestät schon, daß die Bäuerin XY dieses Jahr Zwillinge geworfen hat? Laß die erst mal ins wehrfähige Alter kommen, dann können wir reden!" -- gleich nochmal) hinreichend langsam, daß sie schon wieder veraltet sein dürften, bis sie sich überhaupt bis zum königlichen Demographen durchgesprochen haben...alle Angaben, die nominell aus der Spielwelt selbst kommen und sich nicht strikt auf überschaubare Verhältnisse direkt vor Ort beziehen, sind also von vornherein mit Vorsicht zu genießen.

Zahlen aus der "Metaperspektive" können da theoretisch die innerweltliche Wirklichkeit besser abbilden, weil sie ja aus der Position des allwissenden Erzählers kommen, sind dann aber immer noch anfällig für irgendwelche Mißverständnisse der Schreiber oder, wenn man wirklich mal so weit gehen wollte, Fehler in der Simulation wie falsche Grundannahmen oder schlicht unberücksichtigte Faktoren.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2024 | 11:23
Naja komm das ist Kasperkram, wenn du nichtmal die offiziellen Zahlen aus den offiziellen Quellenbüchern anerkennen willst, was denn dann? Per Dimensionstor hinterportieren und persönlich nachzählen?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 26.09.2024 | 11:28
Naja komm das ist Kasperkram, wenn du nichtmal die offiziellen Zahlen aus den offiziellen Quellenbüchern anerkennen willst, was denn dann? Per Dimensionstor hinterportieren und persönlich nachzählen?

Also, jetzt weiß ich nicht mehr, was du eigentlich noch willst. Hat der ganze Faden seinen Ursprung nicht gerade darin, daß du die offiziellen Zahlen aus den offiziellen Quellenbüchern in Zweifel ziehst? wtf?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2024 | 12:19
Oh, da liegt ein Missverständnis vor. Ich ziehe die offiziellen Zahlen ja nicht in Zweifel, ich finde sie nur schlecht gesetzt.

Im offiziellen Lieblichen Feld leben halt in der Settingrealität nur grob 570-630.000 Leute,auch wenn's beknackt ist. Würde ich ein Spiel in dieser Welt leiten, würde ich es vielleicht anders machen, aber das ändert ja nichts daran was in den offiziellen Büchern steht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 26.09.2024 | 12:53
Oh, da liegt ein Missverständnis vor. Ich ziehe die offiziellen Zahlen ja nicht in Zweifel, ich finde sie nur schlecht gesetzt.

Im offiziellen Lieblichen Feld leben halt in der Settingrealität nur grob 570-630.000 Leute,auch wenn's beknackt ist. Würde ich ein Spiel in dieser Welt leiten, würde ich es vielleicht anders machen, aber das ändert ja nichts daran was in den offiziellen Büchern steht.

Die Lösung ist, will mir scheinen, aus Spielleitersicht in beiden Fällen dieselbe: "Meine Kampagne, meine Zahlen." In einer komplett eigenen Welt kann und muß ich die sowieso selbst festlegen, wenn mir also die "offiziellen" Angaben zu einem Setting aus dritter Hand partout nicht in den Kram passen, steht mir derselbe Weg immer noch offen.

Für unser Fallbeispiel gilt bei allem dicken Fell meinerseits, daß das Liebliche Feld in der Tat nach einer Gegend klingt, deren Einwohnerzahl sich problemlos spontan verfünf- bis -zehnfachen lassen sollte -- je nachdem, wie groß sie auf dem Minikontinent Aventurien nun genau ausfällt. Für die Spielercharaktere wird das keinen Riesenunterschied machen, die sehen so oder so nie die Gesamtbevölkerung auf einem einzigen großen Haufen vor sich.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Mouncy am 26.09.2024 | 13:02
Ich denke das liegt halt an der Herangehensweise, wie solche Welten entstehen. Da wird nicht von Anfang an simuliert und mit der Plausibilitätsbrille drauf geschaut, sondern in erster Linie mit der Spielbarkeits- und Abenteuerbrille.

How to Fantasy Welt in 3 Schritten:
1. Erstmal muss ne Map her, is klar. Damit die auch schön abenteurlich mit viel Sense of Wonder und fäntelalterlich aussieht bietet es sich an so eine tolkienesque stilisierte Map zu nehmen.
2. Die Map braucht Content. Damits abwechslungsreich wird packen wir jetzt also alle realweltlichen Biome drauf, die wir kennen. Wüste unten, kalt und Schnee oben, klar, wir denken ja eurozentrisch, also Nordhalbkugel. Wasser druff, paar Inseln, irgenwo müssen ja die Piraten hin geparkt werden. Und das Vikinger-Äquivalent. Ohne die geht ja mal gaaaar nicht.
3. Weil man ja nicht bevormundend sein will und fixe spielbare und unspielbare Regionen vordefinieren will, sorgt man halt dafür, dass egal wo auf der Karte man seine Stufe 1 SC los laufen lässt, es nach Abenteuer aussieht. Nach der Prämisse werden dann auch die Stadt und Regionbeschreibungen gebaut. Resultat: Viel zu große Städte (im Verhältniss zum Umland) die eigentlich gar nicht supported werden können, über die ganze Map verteilt + viel zu viel Wildniss überall drum rum wo eigentlich die Städte supportende Dörfer und Landwirtschaft stehen müsste.

Die Lösung liegt eigentlich auf der Hand: Man definiert halt nen nicht für Abenteurer bespielbares Kernland, mit tausenden von Quadratikilometern Weide und Ackerland, ohne Monster und raubenden Humanoiden. Gespielt wird dann halt nur in den Grenzregionen und Wildniss. Kernland: Dont touch this. (MC Hammer). Grenzland: Get rich or die trying. (50 Cent)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Isegrim am 26.09.2024 | 13:07
Das ist mit Bevölkerungsangaben in Fantasysettings ohnehin so ein Problem -- akkurate und immer schön auf dem neuesten Stand gehaltene Volkszählungen kriegen wir doch anscheinend selbst in unserem modernen Deutschland bestenfalls nur acho krachoque hin (...)

Was daraus übrigens zuerst folgt: Wir haben gar keine wirklich belastbare Vorlagen, weils real keine glaubwürdigen Volkszählungen im 14. Jh. gab. Das sind auch alles Schätzungen.

Wenns tatsächlich einen Widerspruch zwischen Beschreibung (ungefähr "Das Liebliche Feld entspricht Renaissance-Italien") und Zahlenagaben wie Becölkerunsdichte gibt, würd für mixh primär die Beschreibung gelten. Auch wenn ich nicht glaube, dass das iwann im Spiel etwas ausmachen würde.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 26.09.2024 | 13:37
Zahlenangaben wie Bevölkerungsdichte gibt, würd für mixh primär die Beschreibung gelten. Auch wenn ich nicht glaube, dass das iwann im Spiel etwas ausmachen würde.

Bevölkerungsdichte ist ja eine abgeleitete Größe.

Städte, Straßen und Entfernungen = Reisezeiten; das kommt aus der "Map"
habe ich eine Map, habe ich auch eine "Fläche"
heißt es jetzt, dass in der Fläche "nur" 600.000 Horasier leben, dann lande ich irgendwann auf Straßen, wo weit und breit keiner mehr leben kann, weil die 600.000 schon woanders definiert "leben"
wenn jetzt aber bereits 2 Wandertage von pulsierender Hauptstadt (viele 10.000 Einwohner) und 1 Wandertage von florierender Handelstadt (doch schon mehr als 10.000 Einwohner) keine Bewohner mehr sein können, der Boden aber lieblich fruchtbar sein soll + eine gepflasterte Straße hier durchläuft; dann empfinde ich das als Lücke.
vorallem, da 3 Wandertage als Lasttransport mit Ochsenkarren für 40 Zentner Korn wirtschaftlich darstellbar sind. Mit guten Zugpferden sogar nochmals besser, weil die schneller ziehen.

es geht ja auch um das Flair am Tisch und um Rollengerechtes-Verhalten. Nur, wenn schon die Welt voller Lücken gebaut ist, wie sollen dann die Spieler auftreten?
liebliches Feld, Musketiersettingselemente. Zivilisation. Handel&Fortschritt, höfische Intrige, mehr soziale Talente als Wolfs_aufs_Maul-Fertigkeiten.
und dann muss ich mir die Arbeitskräfte für die wogenden Weizenfelder und Weinberge "selbst" herbeischreiben, weil hinten runtergefallen.
will ich die Herbeischreiben, dann hilft natürlich ein Faden wie dieser, wo es auch um so welche hin und her Rechnungen mit benötigten Äckern geht.
wer will ein Loch schon mit einem nächsten Loch stopfen? sind wir etwa HW-Drehbuchschreiber?!

die vielzitierte "Landflucht" ist kein Selbstläufer. Wenn keine Kornladungen "hinterhergeschickt" werden, hat sich dass mit der Stadt ganz fix "gegessen"
es geht also eher um eine gut laufende Landwirtschaft im lieblichen Felde, wo ein paar Dutzend Bauern auch ein paar Dutzend Städter durchfüttern können.
es gibt zu dem Thema: Stadtarbeiter muss X Stunden für ein Brot arbeiten Vergleiche, aus denen sich der Umkehrschluss zu "dem Wert" der Arbeiterkraft erschließen lässt.
Überschwemmen Arbeiter die Städte, so hat der Tag sehr schnell nicht mehr genügend Stunden, um sich das tägliche Brot zu verdienen  ;D
Auswanderung in Räume, wo Landwirtschaft schon läuft, aber (hoch)spezialisierte Handwerker (noch) rar sind, ist belegt.
 
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 26.09.2024 | 13:57
Was daraus übrigens zuerst folgt: Wir haben gar keine wirklich belastbare Vorlagen, weils real keine glaubwürdigen Volkszählungen im 14. Jh. gab. Das sind auch alles Schätzungen.

Naja ist aber jezt auch nicht so das man garnichts aus der Zeit hat.

So etwas wie Volkszählungen hat es schon früher gegeben, sicher fehlerbehaftet und eben auch mit starken Lücken.

https://www.statistik-bw.de/Service/Veroeff/Monatshefte/20140207
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Isegrim am 26.09.2024 | 14:06
Bevölkerungsdichte ist ja eine abgeleitete Größe.

In der Realität sicher, aber in nem RPG-Band? Keine Ahnung, wie die Zahlen zustande kommen. Die (ja recht detailierten) DSA-Karten sehen jetzt nicht nach Wüste aus; aber ich werd den Teufel tun, die jetzt zu checken, ob sie a) zur iwo anders angegebenen Bevölkerungsdichte oder b) zu Renaissance-Italien passen... sry... ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 26.09.2024 | 14:14
Ich denke das liegt halt an der Herangehensweise, wie solche Welten entstehen. Da wird nicht von Anfang an simuliert und mit der Plausibilitätsbrille drauf geschaut, sondern in erster Linie mit der Spielbarkeits- und Abenteuerbrille.

How to Fantasy Welt in 3 Schritten:
1. Erstmal muss ne Map her, is klar. Damit die auch schön abenteurlich mit viel Sense of Wonder und fäntelalterlich aussieht bietet es sich an so eine tolkienesque stilisierte Map zu nehmen.
2. Die Map braucht Content. Damits abwechslungsreich wird packen wir jetzt also alle realweltlichen Biome drauf, die wir kennen. Wüste unten, kalt und Schnee oben, klar, wir denken ja eurozentrisch, also Nordhalbkugel. Wasser druff, paar Inseln, irgenwo müssen ja die Piraten hin geparkt werden. Und das Vikinger-Äquivalent. Ohne die geht ja mal gaaaar nicht.
3. Weil man ja nicht bevormundend sein will und fixe spielbare und unspielbare Regionen vordefinieren will, sorgt man halt dafür, dass egal wo auf der Karte man seine Stufe 1 SC los laufen lässt, es nach Abenteuer aussieht. Nach der Prämisse werden dann auch die Stadt und Regionbeschreibungen gebaut. Resultat: Viel zu große Städte (im Verhältniss zum Umland) die eigentlich gar nicht supported werden können, über die ganze Map verteilt + viel zu viel Wildniss überall drum rum wo eigentlich die Städte supportende Dörfer und Landwirtschaft stehen müsste.

Die Lösung liegt eigentlich auf der Hand: Man definiert halt nen nicht für Abenteurer bespielbares Kernland, mit tausenden von Quadratikilometern Weide und Ackerland, ohne Monster und raubenden Humanoiden. Gespielt wird dann halt nur in den Grenzregionen und Wildniss. Kernland: Dont touch this. (MC Hammer). Grenzland: Get rich or die trying. (50 Cent)

Na ja, Abenteuer kann man im Prinzip überall erleben. Nur ihre Art wird sich halt je nach Lage ändern -- in der ausgesprochenen Zivilisation braucht das Auftauchen von "Monstern" eben ein gewisses Mehr an Begründung, also werden SC, die sich in diesen Gegenden herumtreiben, zwangsläufig mehr in Kabbeleien zwischen "richtigen" Leuten verwickelt werden.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Isegrim am 26.09.2024 | 14:16
Naja ist aber jezt auch nicht so das man garnichts aus der Zeit hat.

Auch Schätzungen, so von iwelchen Experten, sind ja schon mal was.  :)

Aber durch die Unsicherheit, stat. Abweichung etc isses nur sehr beschränkt belastbar, wenns zm Vergleiche geht.

Wär ja wirklich interessant zu wissen, wie so Zahlen in RPG-Büchern zustande kommen. Meine Vermutung: So genau wurd das dann doch nie durchgerechnet...
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 26.09.2024 | 14:20
How to Fantasy Welt in 3 Schritten:
1. Erstmal muss ne Map her, is klar. Damit die auch schön abenteurlich mit viel Sense of Wonder und fäntelalterlich aussieht bietet es sich an so eine tolkienesque stilisierte Map zu nehmen.

Tatsächlich ist das nur eine der möglichen herangehensweisen. Eine andere ist erstmal ein Niederlassung zu erschaffen und davon ausgehend alles weitere zu machen wenn es notwendig wird. Ist auf jeden fall weniger Arbeit.

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Mir fällt gerade ein das ich tatsächlich zuhause ein paar Bücher zu dem Thema habe in denen das Thema auch vorkommt wenn auch nur als kleines Nebenthema.
Müsste ich aber zuhause nochmal nachsehen und warscheinlich sind die passenden Bücher noch in Umzugsboxen weggepackt.

Eigentlich waren das hauptsächlich Bücher die eher in die richtung "schreiben" gehen "How to write Fanatsy & SF" wie etwa das hier:
https://www.amazon.de/-/en/How-Write-Science-Fiction-Fantasy/dp/158297103X
Das hab ich tatsächlich aber glaube das ich es damals nicht so toll gefunden habe

Bücher zum Thema Worldbuilding gibt es jedenfalls zu hauf,..
https://www.amazon.de/s?k=worldbuilding&i=digital-text&crid=1FMK68SQY3570&sprefix=worldb%2Cdigital-text%2C82&ref=nb_sb_ss_ts-doa-p_1_6

Irgendwie die zwei Bücher die ich zuhause habe finde ich gerade nicht und der Titel fällt mir auch nicht ein,...

das thema der Bevölkerungsdichte ist da aber auch ... ziemlich unterrepresentiert.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 26.09.2024 | 14:27
Auch Schätzungen, so von iwelchen Experten, sind ja schon mal was.  :)

Da sind wohl auch durchaus Zahlenwerte darunter, natürlich immer nur für einen begrenzten Zeitraum in einem begrenztren Bereich.

Vieleicht verstehe ich auch falsch was du unter "Schätzung" verstehst. Schätzung ist für mich ein ziemlich weit gefasster Punkt. Etwa wenn Donald Trump sagt das bei seiner Amtseinführung mehr Leute da waren als bei allen anderen jemals zuvor. Dann ist das auch eine "Schätzung" aber eben eine an den Haaren eines Glatzköpfigen herbeigezogene. Oder dann die Fiktive Schätung in Star Treck IV wo Kirk zu Spok so etwas in der Art sagt "Ihre Schätzungen sind mir lieber als die Berechnungen mancher anderer"
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Isegrim am 26.09.2024 | 14:41
Ne, ich meint schon, was heutige Fachleute schätzen, wieviel Einwohner Renaissance-Italien oder andere historische Vorbilder hatten. Eben was man bekommt, wenn man googelt und aufs erste Ergebnis aus halbwegs glaubwürdiger Quelle guckt... So echte Recherche-Arbeit fürs RPG, you know?  ;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 26.09.2024 | 16:00
Ne, ich meint schon, was heutige Fachleute schätzen, wieviel Einwohner Renaissance-Italien oder andere historische Vorbilder hatten. Eben was man bekommt, wenn man googelt und aufs erste Ergebnis aus halbwegs glaubwürdiger Quelle guckt... So echte Recherche-Arbeit fürs RPG, you know?  ;D

Naja ich verbinde mit "schätzen" einen Wert der möglicherweise eine extremorbitant hohe unsicherheit hat und das verbinde ich dann nicht mit "Fachleute" und "halbwegs glaubwürdiger Quelle", also wenn mein Chef zu mir sagen würde das meine Messwerte "schätzungen" sind würde ich mich fragen was ich überhaupt noch arbeiten sollte. Will sagen ich finde den Begriff "schätzung" etwas abwertend.

Und ich brauche auch nicht unbedingt für alles&immer eine Zahlenwert.

Wenn ich für einen (zeitlich, räumlich oder auch anderweitig) variireenden Zahlenwert habe und die Grenzen kenne in denen sich die Zahlen verändern können dann brauche ich auch eigentlich nur ein paar Punkte um extrapolieren zu können. Ich denke das geben die historischen Quellen schon gut genug her um nicht absoluten Mist abzuliefern.

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 26.09.2024 | 16:42
heißt es jetzt, dass in der Fläche "nur" 600.000 Horasier leben, dann lande ich irgendwann auf Straßen, wo weit und breit keiner mehr leben kann, weil die 600.000 schon woanders definiert "leben"
wenn jetzt aber bereits 2 Wandertage von pulsierender Hauptstadt (viele 10.000 Einwohner) und 1 Wandertage von florierender Handelstadt (doch schon mehr als 10.000 Einwohner) keine Bewohner mehr sein können, der Boden aber lieblich fruchtbar sein soll + eine gepflasterte Straße hier durchläuft; dann empfinde ich das als Lücke.
vorallem, da 3 Wandertage als Lasttransport mit Ochsenkarren für 40 Zentner Korn wirtschaftlich darstellbar sind. Mit guten Zugpferden sogar nochmals besser, weil die schneller ziehen.

es geht ja auch um das Flair am Tisch und um Rollengerechtes-Verhalten. Nur, wenn schon die Welt voller Lücken gebaut ist, wie sollen dann die Spieler auftreten?

Ich empfinde diese Lücke als Spielleiter gut. Wenn ich im lieblichen Feld mal verlorene Ebenen unterbringen will, weil mein letzter Italien-Urlaub mich inspiriert hat, ist doch schön, wenn ich die Bevölkerung auf der einen Seite der Karte verdichte und dazwischen dann mehr Freiraum habe.

Die Fantasywelten dienen mir hauptsächlich zum Abenteuerspiel. Für wirtschaftshistorische Nerderei gibt die echt Welt sowieso viel mehr her.

Ich konnte noch jede "Lücke" als Abenteueraufhänger nutzen. Als Grundlage meiner Aventurien-Abenteuer verwende mindestens die halbe Zeit irgendwelche Widersprüche in den Settingangaben, die in den Abenteuern dann mit ein wenig Einfallsvermögen angegangen werden.

Mache auch gerne ein Abenteuer zum Thema "Wo ist eigentlich die Bevölkerung des lieblichen Feldes heute?"
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 26.09.2024 | 18:07
Ah, zu lange nicht geschaut...

Also @Feuersänger: du schreibst in OP für Frankreich in 1345 eine Bevölkerung von 20 Mio bzw. 100 / km². Die 20 Mio finde ich auch in Wikipedia, sogar relativ konstant über mehrere Jahrhunderte.

Frankreich hat eine Fläche laut Wikipedia von ca. 633 000 km² (schwankt interessanterweise, wenn man googelt, Statista 644 000). Mit 20 Mio / 633 000 komme ich auf eine Bevölkerungsdichte von 32 / km². Selbst wenn man sagt, dass Frankreich im MA etwas kleiner war, war es niemals nur die 200 000 km² groß, die man rechnerisch für die Zahl bräuchte... Mag sein, dass man mit 450 000 km² oder so bei irgendwie 40-50 / km² landet. Immernoch deutlich mehr als 15 / km², klar, aber wo ziehst du denn die 100 her? Denn daran hängst du ja deine Argumentation so ziemlich auf...

Für die Zahlen vom lieblichen Feld finde ich es schwierig, da brauchbare Zahlen rauszuziehen. In der Wiki Aventurica beziehen sich die 300 000 auf das "Kernland", exklusive Küsten und und und; da müsste man erstmal irgendwie sauber die Fläche ermitteln. Flächenangaben habe ich nirgendwo gefunden...? Nimmt man die Küste (diese Septimana) noch dazu sind es eher so 500 000 Einwohner verteilt auf ca. pi mal Lineal 22 000 km² (120 km x 180 km), also irgendwas jenseits der 20 / km². Immernoch keine 50, aber der Gap ist dann nicht sooo riesig.

Das meinte ich im letzten Post damit, die Zahlen zu diskutieren... wenn man so abgeleitete Größen wie Einwohnerdichten vergleicht, kriegt man da je nach Grundlage halt imo riesige Fehlerbereiche rein.

Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Chaos am 26.09.2024 | 18:25
Frankreich hat eine Fläche laut Wikipedia von ca. 633 000 km² (schwankt interessanterweise, wenn man googelt, Statista 644 000). Mit 20 Mio / 633 000 komme ich auf eine Bevölkerungsdichte von 32 / km². Selbst wenn man sagt, dass Frankreich im MA etwas kleiner war, war es niemals nur die 200 000 km² groß, die man rechnerisch für die Zahl bräuchte... Mag sein, dass man mit 450 000 km² oder so bei irgendwie 40-50 / km² landet. Immernoch deutlich mehr als 15 / km², klar, aber wo ziehst du denn die 100 her? Denn daran hängst du ja deine Argumentation so ziemlich auf...

Ich kenne für Frankreich im Mittelalter den Wert von 100 pro Quadratmeile, also nicht ganz 40 pro Quadratkilometer. Da reicht es dann, Frankreich auf gut 500.000 Quadratkilometer "runterzuschrumpfen", um auf 20 Millionen zu kommen.

(Quelle: "Medieval Demographics Made Easy" von S. John Ross)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 26.09.2024 | 18:29
Ich kenne für Frankreich im Mittelalter den Wert von 100 pro Quadratmeile

Ok, so können natürlich auch schnell falsche Zahlen entstehen. Fragt sich aber auch noch, welche Meile gemeint ist  ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 26.09.2024 | 20:21
Das mit den 100 hatte ich schon ziemlich am Anfang revidiert, aber halt im OP nicht editiert. Immerhin, das mit den Quadratmeilen dürfte der Ursprung des Fehlers gewesen sein. In der Folge habe ich für Frankreich mit 45/km² gerechnet. Und ja, Frankreich war vor der Neuzeit wirklich noch deutlich kleiner als heute, da hat quasi das östliche Drittel (oder zumindest Viertel) gefehlt:
(https://images.gutefrage.net/media/fragen/bilder/kann-mit-jemand-den-ursprung-mit-dem-hundertjaehrigem-krieg-erklaeren/0_big.jpg?v=1641500327000) (das ist jetzt glaub ich so etwa Stand 1280 ebbes)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 26.09.2024 | 23:24
Das mit den 100 hatte ich schon ziemlich am Anfang revidiert, aber halt im OP nicht editiert.

Ah, sorry, ich sehe es. Mea Culpa.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 27.09.2024 | 08:58
Naja ich verbinde mit "schätzen" einen Wert der möglicherweise eine extremorbitant hohe unsicherheit hat und das verbinde ich dann nicht mit "Fachleute" und "halbwegs glaubwürdiger Quelle", also wenn mein Chef zu mir sagen würde das meine Messwerte "schätzungen" sind würde ich mich fragen was ich überhaupt noch arbeiten sollte. Will sagen ich finde den Begriff "schätzung" etwas abwertend.
In vielen Bereichen der Geschichtswissenschaft kann auch der Experte nur Schätzungen liefern, weil die Quellenlage entweder zu schlecht, zu ungenau oder zweifelhaft ist. Bevölkerungszahlen unterliegen grundsätzlich zum einen mal dem Faktor, dass sie überhaupt erhoben wurden, zum anderen, zu welchem Zweck und von wem. Zumeist ging's um Steuern, und da wurden gerne mal geringere Zahlen pro Haushalt angegeben. Beim militärischen Zensus wiederum fielen alle Frauen, Kinder und Greise raus.
Dazu kommt, dass es selten ein zentrales Register gab, sondern das lokal verwaltet wurde.

Daraus dann wirklich belastbare Zahlen abzuleiten ist extrem schwierig und selten auf Dauer haltbar. Je weiter man in der Geschichte zurück geht, umso schlimmer wird das. Da lassen sich Fakten oft kaum von Erzählungen unterscheiden.
Da braucht es dann die Archäologie, die Sachbeweise liefert - soweit solche vorhanden sind.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 27.09.2024 | 10:20
In vielen Bereichen der Geschichtswissenschaft kann auch der Experte nur Schätzungen liefern, weil die Quellenlage entweder zu schlecht, zu ungenau oder zweifelhaft ist. Bevölkerungszahlen unterliegen grundsätzlich zum einen mal dem Faktor, dass sie überhaupt erhoben wurden, zum anderen, zu welchem Zweck und von wem. Zumeist ging's um Steuern, und da wurden gerne mal geringere Zahlen pro Haushalt angegeben. Beim militärischen Zensus wiederum fielen alle Frauen, Kinder und Greise raus.
Dazu kommt, dass es selten ein zentrales Register gab, sondern das lokal verwaltet wurde.

Daraus dann wirklich belastbare Zahlen abzuleiten ist extrem schwierig und selten auf Dauer haltbar. Je weiter man in der Geschichte zurück geht, umso schlimmer wird das. Da lassen sich Fakten oft kaum von Erzählungen unterscheiden.
Da braucht es dann die Archäologie, die Sachbeweise liefert - soweit solche vorhanden sind.

Das illustriert ganz gut ein Grundproblem, das zur "Entvölkerung" von Fantasywelten mit beitragen mag, ohne daß es auch nur jemand bewußt merkt: jede Beschreibung kann immer nur eine Zusammenfassung sein (denn es ist ja nicht nur, daß ein einzelner Mensch gar nicht alles auf einmal wissen und bedenken kann, sondern auch, daß der Platz und die Zeit für die Wiedergabe dessen, was erzählt oder beschrieben werden soll, grundsätzlich begrenzt sind), und was nicht direkt erwähnt wird, dessen bloße Existenz ist später leicht zu übersehen oder zu vergessen. Und das fängt schon bei den "reinen" Tatsachenberichten an und wird im Reiche der Fiktion, wo die "interessanten" Sachen alle erst noch kreativ erfunden werden wollen, bestimmt nicht besser...

Habe ich also z.B. jemanden, dessen Mittelalterbild in erster Linie von Filmen und Romanen geprägt ist -- was erstens wahrscheinlicher ist als das ausgiebige Wälzen von historischer Fachliteratur, insbesondere nach Ende der Schulzeit, und zweitens ja auch direkt viele Vorbilder fürs Fantasy-Rollenspiel liefert --, dann unterschätzt der die Bevölkerungszahlen möglicherweise einfach schon deswegen, weil ihm die Welt von damals dort praktisch immer schon so präsentiert worden ist! Es gibt halt nur so-und-so-viele Rollen mit Sprechtext (zumal der Verfasser sich die erst mal alle aus den Fingern saugen muß), größere Menschenmassen findet man nur zu seltenen Anlässen und dann ohne Zahlenangaben (schnell, wieviele Zuschauer hatte das Bogenschützenturnier, zu dem sich Robin Hood in Maske Zutritt verschafft hat, und wieviele Komparsen können wir dafür finden?), und Leute, die eigentlich auch existiert haben müßten und vermutlich auch gleich den größten Teil der Bevölkerung stellen, aber für die Handlung schlicht keine Rolle spielen, fallen gerne mal komplett unter den Tisch...und so addieren sich die möglichen Fehlerquellen fröhlich auf.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Nazir ibn Stonewall am 27.09.2024 | 10:24
Für unser Fallbeispiel gilt bei allem dicken Fell meinerseits, daß das Liebliche Feld in der Tat nach einer Gegend klingt, deren Einwohnerzahl sich problemlos spontan verfünf- bis -zehnfachen lassen sollte -- je nachdem, wie groß sie auf dem Minikontinent Aventurien nun genau ausfällt.
Ich hab das mal kurz mit Reich des Horas (von 2010, hatte die Einwohnerzahlen bereits drastisch erhöht) nachgesehen. Das Liebliche Feld wird dort mit ca. 800.000 EW angegeben. Dieses Gebiet umfasst auf der Karte grob eine Fläche von 140 x 180 km = 25.200 km². Das macht etwa 32 EW/km².
Chababien, das eher so Süditalien entsprechen mag, hat dann nochmal so 6000 km², aber nur noch 110.000 EW, also noch 18 EW/km².
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 27.09.2024 | 11:44
Zitat
[...] unterschätzt der die Bevölkerungszahlen möglicherweise einfach schon deswegen, weil ihm die Welt von damals dort praktisch immer schon so präsentiert worden ist!

Da ist sicherlich was dran. Das betrifft ja auch nicht nur MA; spontan denke ich da an die itv-Serie "Sharpe", in der Schlachten aus den napoleonischen Kriegen mit sowas wie 100 Komparsen nachgestellt werden, wo real bis zu 100.000 Soldaten involviert waren. Das ist schon irgendwie niedlich wenn so ein kleines Fähnlein aus 20, 30 Leuten ein ganzes Regiment darstellen dürfen. Und in Zeiten vor CGI gilt das ja für Fantasy-, Sandalen- und Mittelalterfilme erst recht. Ich kenn nun freilich nicht jeden einzelnen dieser Filme, aber würde mich nicht wundern, wenn LOTR der erste war, der wirklich (dank CGI) abertausende von Kämpfern aufs Schlachtfeld gesetzt hat.

Vergleicht man das mit historischen Schlacht-Größen, geht es freilich wild durcheinander. Eine römische Legion der hohen Kaiserzeit hatte eine Sollstärke von 4800 (da natürlich eine Zenturie 80 Mann stark war, logisch, wie könnte es anders sein), und es waren zT mehrere Legionen an einer Schlacht beteiligt (siehe Teutoburger Wald).
In spätrömischer Zeit dann nur noch mobile Einheiten mit 1000 Mann pro Legion, aber 451 auf den Katalaunischen Feldern ist die Rede von 40.000 auf Weströmischer Seite (Achtung: "Schätzung").
Dann 732 bei Poitiers laut Wikipedia 15.000 vs 20.000 (Ende der islamischen Expansion).
Zeitsprung nach 1066, das Schicksal Englands wurde in zwei Schlachten mit wohl jeweils 7-10.000 Mann pro Seite entschieden.
1346 Crécy wohl so ungefähr 10.000 vs 20.000.

Naja so geht das halt die ganze Zeit so hin und her. Die berühmtesten Schlachten sind natürlich auch meistens die größten ihrer Zeit. Es ist aber schon auffällig, dass viele dieser Schlachten einen Maßstab hatten, gegen den sich die Schlacht auf den Pelennorfeldern wie ein Kindergeburtstag ausnähme, und da wurde nicht das Schicksal der ganzen Welt entschieden (und oft nichtmal dieser eine jeweilige Krieg).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 27.09.2024 | 12:18
Naja so geht das halt die ganze Zeit so hin und her. Die berühmtesten Schlachten sind natürlich auch meistens die größten ihrer Zeit. Es ist aber schon auffällig, dass viele dieser Schlachten einen Maßstab hatten, gegen den sich die Schlacht auf den Pelennorfeldern wie ein Kindergeburtstag ausnähme, und da wurde nicht das Schicksal der ganzen Welt entschieden (und oft nichtmal dieser eine jeweilige Krieg).
Die Schlacht auf den Pelennorfeldern ist in die selbe (historische) Kategorie zu tun wie Hastings. Und das passt dann auch in etwa wieder.

Die Schlachten des 2. ZA müssten in etwa denen von Rom entsprechen. Ist ja nicht so, als hätte Tolkien bei der realen Geschichte geklaut...  ;)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 27.09.2024 | 12:36
Nuja. LOTR ist ja meines Erachtens eher an die Völkerwanderungszeit oder FrüMi vllt so bis 800 angelehnt. Auch wenn es da logischerweise keine 1:1 Entsprechung geben kann. Der Vergleich Hastings/Pelennor geht mE ein wenig fehl, weil es halt bei dem einen um die Herrschaft über ein kleines Inselchen in der Nordsee ging und beim anderen um das Schicksal zumindest von ganz "Europa", auch was Kultur und Lebensweise angeht (im Falle von Saurons Sieg wäre es ja nicht damit getan dass jetzt jemand anders die Steuern einsammelt).

Ich war kurz versucht, Pelennor eher mit Tours/Poitiers zu vergleichen, da könnte man auch sicher Argumente für finden, aber wenn ich weiter drüber nachdenke, gelange ich eher zu dem Eindruck, Tolkien hat bei Pelennor eher an Châlons gedacht. Da ist die Bezeichnung der Schlacht - "Pelennor Fields" - "Katalaunische Felder" mE schon mehr als nur ein Hinweis. Auch erinnert Tolkiens Beschreibung der Orks eher an zeitgenössische Beschreibungen der Hunnen, nicht aber der Mauren.

Und da ist dann halt wieder, wie gesagt, der Maßstab der Fantasyschlacht nur ca 1/4 bis 1/3 der historischen Vorlage.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 27.09.2024 | 13:52
Nuja. LOTR ist ja meines Erachtens eher an die Völkerwanderungszeit oder FrüMi vllt so bis 800 angelehnt.
Kommt drauf an, welche Zuordnung du nimmst. FrMA wird von ca. 650 - 1066 angesetzt.  ;)
Und damit ist Hastings auch ein perfekter Kandidat für das Vorbild, denn es markiert tatsächlich ein neues Zeitalter. Hier stirbt mit Harald Hardrada der letzte Wikingerkönig an der Stanford Bridge, und mit William kommt das kontinentale Königstum in England an die Macht. Bedenke hierbei auch, dass Tolkien seine Saga ja als Mythos für England konzipiert hatte.

Für die Hunnen haben mir die Orks eindeutig zu wenig Reiterei, im Übrigen. Das waren schon die Wagenfahrer lange davor.

Tut aber nicht viel zur Sache.  :btt:
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 27.09.2024 | 14:31
...der Maßstab...

oder halt ein herodotisches Zahlenverständnis  ~;D

aufbauend auf den kleinteiligen Truppen-Abrechnungen der Truppenstellenden-Gefolgsleute, welche als Einzelzettel "mal" überlebt haben darf man davon ausgehen, dass die Hofkanzlei eine sehr genau Vorstellung davon hatte, wie groß die Armee bei X oder Y war
wieviele eingebüsste Pferde zu ersetzen waren
wieviele zehntausend Pfeile gekauft wurden
wieviele Zentner Korn Nachschickware aus Dover der Feldzug verschlungen hat
wieviele gefangene Franzosen für wie viel Lösegeld gehandelt wurden

"überliefert" ist aber nur das, was es nachher in die Annalen von Klosterwinifried geschaft hat.
welche Quelle hat aber der gute Winifried? direkte Unterrichtung aus der Hofkanzlei oder vielmehr aus der Taverne durch "Augenzeugen":
"joah, 40.000 waren wir! gegen 200.000 Heiden! Ist noch Wein da? der ist so lecker...gluckgluck...also, und die Leibwache vom dem Kalifen, die hatten sie eingegraben rund ums Zelt, damit die Burschen nicht wegrennen, wisset ihr, Hochwürden. Ist noch mehr Wein da?...gluckgluck... dann erzählich ich noch was vom des Kalifen Harems, da würdet ihr staunen, so als Geistlicher, höhö...Wein???"
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Ainor am 27.09.2024 | 14:50
Also ich würde sagen Schlachtgrössen und Bevölkerungsdichten sind nur recht lose korelliert. Die Römer (und einige ihrer Konkorenten) hatten halt die Logistik so dass Schlachten mit 50-100000 Soldaten pro Seite zustandekamen, währen wir im gesammten Mittelalter eher bei 10000 sind. Dazwischen gab es aber keinen entsprechenden Bevölkerungsverlust. Politik und Organisation sind wichtiger als reine Bevölkerungszahlen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Chaos am 27.09.2024 | 15:07
Also ich würde sagen Schlachtgrössen und Bevölkerungsdichten sind nur recht lose korelliert. Die Römer (und einige ihrer Konkorenten) hatten halt die Logistik so dass Schlachten mit 50-100000 Soldaten pro Seite zustandekamen, währen wir im gesammten Mittelalter eher bei 10000 sind. Dazwischen gab es aber keinen entsprechenden Bevölkerungsverlust. Politik und Organisation sind wichtiger als reine Bevölkerungszahlen.

Die Römer hatten auch buchstäblich halb Europa plus Nordafrika und den Nahen Osten als Bevölkerungsbasis. Nimmt man alle mittelalterlichen Reiche in demselben Gebiet zusammen, hätten die sicher auch ähnliche Truppenstärken aufbieten können, wenn sie nur gewollt hätten (und es geschafft hätten, sich zusammenzuraufen).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Ainor am 27.09.2024 | 15:12
Nimmt man alle mittelalterlichen Reiche in demselben Gebiet zusammen, hätten die sicher auch ähnliche Truppenstärken aufbieten können, wenn sie nur gewollt hätten (und es geschafft hätten, sich zusammenzuraufen).

Eben. Es kommt auf die politische Organisation an.

Aber auch die Belagerung Jerusalems im 1. Kreuzzug (was ja am ehesten als Zusammenraufen mehrerer Reiche gesehen werden kann) war ein Kaffekränzchen im Vergleich zur römischen Belagerung 1000 Jahre zuvor.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Managarmr am 28.09.2024 | 23:47
"überliefert" ist aber nur das, was es nachher in die Annalen von Klosterwinifried geschaft hat.
welche Quelle hat aber der gute Winifried? direkte Unterrichtung aus der Hofkanzlei oder vielmehr aus der Taverne durch "Augenzeugen":
Das braucht es nicht mal. Es gibt in der Geschichte mehr als genug Beispiele wo Schreiber gnadenlos unter- oder übertreiben, um dem Auftraggeber zu schmeicheln (schliesslich bezahlt der ja) und/oder den Gegner zu schmähen. U.a auch zeitlich um Hastings herum (habe da gerade eine Zusammenfassung von einem bekannten Historiker gelesen, der sich u.a. dazu ausliess).   
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 29.09.2024 | 10:54
Eine römische Legion der hohen Kaiserzeit hatte eine Sollstärke von 4800 (da natürlich eine Zenturie 80 Mann stark war, logisch, wie könnte es anders sein),
vergisst du da die erste Kohorte, die Legions reiter und dazu kamen de facto noch mal so AFAIK IIRC 5000 Auxiliarsoldaten so grob über den Daumen ca 10.000
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Streunendes Monster am 17.02.2025 | 16:47
Zur Eingangsfrage: warum ist meine Fantasywelt eigentlich so gut, wie entvölkert?

Da gibt es einige Gründe, die ich gern einmal niederschreiben mag:

1) Faulheit - ich kann und will mir gar nicht so viel ausdenken, wie eine plausible, realistische Welt abbilden müsste.
2) Zeit - ich hab gar nicht die Zeit, mir sooooooooooooooooooooooooo viele Gedanken zu machen. Also lieber kurz und dafür kreativ und gut.
3) Kreativität - ich kann mir gar nicht so viele coole Namen, Orte und Geschehnisse ausdenken, als dass das irgendwie mit der geschichtlichen Realität konkurrieren könnte.
4) Gefahr - entvölkerte Landstriche sind viel gefährlicher und man kann dort so viel miesen Scheiß platzieren, ohne dass die Rollenspielpolizei wegen Verstoßes gegen das Plausibilitäts- oder das Realitäts-Gesetzt vorbeikommt.

Ich mag es einerseits nicht so "dicht", wie in spielen a la Skyrim, wo in zwei Minuten Wegstrecke das nächste Dorf mit 6 Hütten, 12 Bewohnern, 2 Vampiren und einbem Drachen vorkommen.
So kann eine Reise zum nächsten sicheren Unterschlupf auch gern einige Tage andauern. Ressourcen wollen geschont und sorgfältig genutzt werden.

Für mich also viele Pros zu entvölkerten Welten  :d
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Nazir ibn Stonewall am 17.02.2025 | 18:56
Und das ist ja auch alles gut und plausibel. Solange dann nicht "dicht" bevölkerte Staaten mit "Groß-" Städten auftauchen. Das wird bei dir ja eher nicht so sein, denke ich.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 17.02.2025 | 21:46
@Streunendes Monster: das sind ja durchaus alles valide und nachvollziehbare Argumente. Aber das sind halt alles externe Gründe: die Welt soll entvölkert sein, _damit_ du das Spiel so-und-so gestalten kannst. Seh ich ja alles ein.
Mein Kernproblem mit den entvölkerten Welten im Sinne dieses Threads ist aber umgekehrt die _interne_ Betrachtung:
1. welche Umstände innerhalb dieser Welt führen dazu, dass dort so wenige Leute leben?
2. besteht diese entvölkerte Welt den Plausibilitäts-Check? ZB was die industrielle Kapazität angeht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 18.02.2025 | 11:18
Mein Kernproblem mit den entvölkerten Welten im Sinne dieses Threads ist aber umgekehrt die _interne_ Betrachtung:
1. welche Umstände innerhalb dieser Welt führen dazu, dass dort so wenige Leute leben?
2. besteht diese entvölkerte Welt den Plausibilitäts-Check? ZB was die industrielle Kapazität angeht.

Ich habe den Eindruck du gehst halt immer davon aus, dass entvölkerte Welten ein ausbalanciertes Ökosystem sind oder sein sollen.

Ich behaupte einfach, dass solche ausbalancierten zivilisatorischen Ökosysteme in der Menschheitsgeschichte der letzten 2000 Jahre wohl eher eine Rarität waren, und in den meisten Fällen, wo wir den Eindruck haben, es wäre so gewesen, wir einfach zu wenig Wissen über alles jenseits des Makrolevels haben.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Streunendes Monster am 18.02.2025 | 11:42
Mein Kernproblem mit den entvölkerten Welten im Sinne dieses Threads ist aber umgekehrt die _interne_ Betrachtung:
1. welche Umstände innerhalb dieser Welt führen dazu, dass dort so wenige Leute leben?
2. besteht diese entvölkerte Welt den Plausibilitäts-Check? ZB was die industrielle Kapazität angeht.

Granted.
Gesetz dem Falle, dass (zumindest Volks-)Magie jedweder Couleur halbwegs alltäglich ist und so Kinkerlitzchen, wie Hygiene, Geburtssterberate und kleinere Seuchen somit nicht zum primären Gefahrenherd für Entvölkerung herhalten könnte, dann unterhalten wir uns mal wieder (oder lieber nicht) über plausible Umsetzung von magie in Settings ;)

Also, das vorausgeschickt, gibt es jede Menge Gründe, dass Landstriche aus innerweltlicher Plausibilität heraus entvölkert sind.

Monster durchstreifen das Land, organisiert und/oder unorganisiert.
13th Age hat so Koru Behemoths, die regelmäßg durch (!) Landstriche ziehen.
Kriege verheeren ganze Landstriche.
Dürreperioden durch Einsatz mächtiger Magie.
Fehl"zündung" magischer Macht bei Benutzung führt zu hohen Kollateralschäden.
Hohe Geburtenrate bei Goblins, Orks und anderen intelligenten Menschenfressern.
Durch geographische Begebenheiten wenig urbares Land.
Kindersterberate durch andere Gründe hoch (Magie ...).
Magische Krankheiten/Seuchen.
Untotenplage.


Plausibel wird es doch wieder, wenn der gleiche Anspruch wie in anderen Fantasywelten gilt: bitte nicht allzu genau hinschauen.
Industrialisierung bleibt aus, trotz hochentwickelter Magie und Gesellschaftsformen? Hmm ...  8]
Mit dieser Prämisse wäre es einfach zu sagen, dass die Gesellschaft einer entvölkerten Welt auch in Microlagen sehr organisiert, gebildet und ausgerüstet ist.
Bildung ggfs durch umherziehende Lehrer (auf meiner Welt bspw durch 13 Orden abgebildet).
Generell Orden-/Gilden-Systeme etablieren, um auch über längere Strecken hinweg Wissen und Waren auszutauschen.
Organisationen, die für die Sicherheit Reisender sorgen.
Bünde, die Grenzen sichern und Jagd auf Menschenfresser machen. Ergo der Gefahr einer Ausrottung entgegenstehen.




so, muss jetzt arbeiten - gerne später mehr  :headbang:
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Torsten (Donnerhaus) am 19.02.2025 | 00:23
Magie hat, setting-agnostisch, absolut nichts mit Hygiene, Kindersterblichkeit und dergleichen zu tun. Um die spezifischen Auswirkungen von Magie zu diskutieren, muss man sich schon auf ein konkretes Setting festlegen. Und mit Volksmagie hat das eigentlich auch nichts zu tun.

Alltägliche Volksmagie kann auch bedeuten, dass die Rüben schneller wachsen und die Zwiebeln besser schmecken. Oder das einen die Feen in Ruhe lassen, die sonst die Möhren stehlen.

Das Vorhandensein von Magie in einer nicht genauer definierten Welt, steht kataklysmischen Ereignissen nicht im Weg. Aus sich selbst heraus nimmt sie nichts vom Tisch und legt das Potential von tausenden neuen Problemen auf den Tisch. Mit dem richtigen Setup kann man mittels paranormaler Elemente sogar weite entvölkerte Landstriche und riesige Metropolen innerhalb der gleichen Region erklären.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Mr. Ohnesorge am 19.02.2025 | 07:31
Wie würde ein solches Setup aussehen?
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Streunendes Monster am 19.02.2025 | 08:31
Magie hat, setting-agnostisch, absolut nichts mit Hygiene, Kindersterblichkeit und dergleichen zu tun. [snip]

So wie Du gerade eine Settingprämisse zur alltäglichen Magie machst, kann man die doch einfach umdrehen und sagen, dass das Vorhandensein von Magie (Volksmagie, Tricks, Cantrips, whatever) für mehr Hygiene, bessere Heilung von Krankheiten oder Seuchen sowie bei der Geburt helfen kann. Wäre ja nicht auszudenken, wenn man Magie für das Alltägliche nutzte, wofür man Jahrhunderte an Medizin geforscht hat  ;)
Mir liegt die Anwendung solcher "banalen" Problemstellungen mittels Magie zu bekämpfen viel näher, als Feuerkugel, Feuerball, Spätzündender Feuerball, Superspätzündender Meteorschwarmfeuerball und Feuerkreis, Feuerring, Feuerwand, Feuerfinger, Feuerlanze, Feuerstrahl, Feuerdings und FeuerBUMMS.
Das ist gesellschaftlich, mMn, auch plausibler.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Chaos am 19.02.2025 | 08:35
Magie hat, setting-agnostisch, absolut nichts mit Hygiene, Kindersterblichkeit und dergleichen zu tun. Um die spezifischen Auswirkungen von Magie zu diskutieren, muss man sich schon auf ein konkretes Setting festlegen. Und mit Volksmagie hat das eigentlich auch nichts zu tun.

Alltägliche Volksmagie kann auch bedeuten, dass die Rüben schneller wachsen und die Zwiebeln besser schmecken. Oder das einen die Feen in Ruhe lassen, die sonst die Möhren stehlen.

Das Vorhandensein von Magie in einer nicht genauer definierten Welt, steht kataklysmischen Ereignissen nicht im Weg. Aus sich selbst heraus nimmt sie nichts vom Tisch und legt das Potential von tausenden neuen Problemen auf den Tisch. Mit dem richtigen Setup kann man mittels paranormaler Elemente sogar weite entvölkerte Landstriche und riesige Metropolen innerhalb der gleichen Region erklären.

Ich würde auch, ohne die Details bestimmter Welten zu betrachten, erst einmal davon ausgehen, dass das Vorhandensein von Magie sich insgesamt nicht großartig auf Bevölkerungswachstum und dergleichen auswirkt. Klar, verschiedene Aspekte von Magie wirken sich positiv aus, aber man hat in der Regel eben nicht nur diese Aspekte - man hat auch magische Krankheiten/Epidemien, magische Monster (allen voran Untote und Dämonen!), magische Katastrophen, man hat Leute, die mit Magie bewusst Schaden anrichten...

Für jede Welt, die mit Magitech und Heilmagie in ein goldenes Zeitalter geführt wird, gibt es mindestens eine andere, die ganz ohne Magie wesentlich besser dran wäre - die Welt von Earthdawn fällt mir da ganz spontan ein.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: tartex am 19.02.2025 | 09:47
So wie Du gerade eine Settingprämisse zur alltäglichen Magie machst, kann man die doch einfach umdrehen und sagen, dass das Vorhandensein von Magie (Volksmagie, Tricks, Cantrips, whatever) für mehr Hygiene, bessere Heilung von Krankheiten oder Seuchen sowie bei der Geburt helfen kann. Wäre ja nicht auszudenken, wenn man Magie für das Alltägliche nutzte, wofür man Jahrhunderte an Medizin geforscht hat  ;)

Es weiß doch wohl jeder, dass die Dunkle Seite Machgie viel einfacher zu nutzen ist, als alles andere.  ::)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Torsten (Donnerhaus) am 19.02.2025 | 09:55
So wie Du gerade eine Settingprämisse zur alltäglichen Magie machst, kann man die doch einfach umdrehen und sagen, dass das Vorhandensein von Magie (Volksmagie, Tricks, Cantrips, whatever) für mehr Hygiene, bessere Heilung von Krankheiten oder Seuchen sowie bei der Geburt helfen kann. Wäre ja nicht auszudenken, wenn man Magie für das Alltägliche nutzte, wofür man Jahrhunderte an Medizin geforscht hat  ;)
Mir liegt die Anwendung solcher "banalen" Problemstellungen mittels Magie zu bekämpfen viel näher, als Feuerkugel, Feuerball, Spätzündender Feuerball, Superspätzündender Meteorschwarmfeuerball und Feuerkreis, Feuerring, Feuerwand, Feuerfinger, Feuerlanze, Feuerstrahl, Feuerdings und FeuerBUMMS.
Das ist gesellschaftlich, mMn, auch plausibler.

Was du praktisch fändest, spielt aber gar keine Rolle. Letztendlich hängt das nicht an irgendeiner Wunschliste, sondern an der Metaphysik der Welt.
Wenn die einzige Form von Magie irgendwas damit zu tun hat, wie man Feuer herbeirufen, formen und kontrollieren kann, dann führt das zwar zu einer Menge Annehmlichkeiten, sorgt aber vermutlich nicht für eine bessere Gesundheitsversorgung. Du setzt voraus, dass man sich einfach ausdenken könnte, was Magie kann. Das kann man zwar aus der Position des Weltenbauers heraus, aber die Lebewesen innerhalb der fiktiven Welt können das nicht. Und ein Teil jedes holistischen Weltenbaus, entsteht aus der Welt selbst, nicht aus der Realität heraus. Wenn der Weltenbau eine Metaphysik produziert, in der bestimmte Dinge leicht sind, andere schwer und wieder andere überhaupt nicht möglich, dann ist es egal ob sich ein Zauberer in der Welt wünschte, es wäre anders.

Die Metaphysik einer Welt kann Magie auch mit vielen Nachteilen ausstatten. Wie nützlich wäre es beispielsweise, wenn du bakterielle Krankheiten heilen könntest, die praktische Anwendung von Magie aber irgendwann unweigerlich zu bösartigen Tumoren auf Seiten des Zauberers führt? Schon wäre Magie Fluch und Segen und jeder Zauberer würde sich sehr genau überlegen, wie viel er zaubert und für welche Dinge er Magie anwendet. Dann wären vielleicht zahllose Dinge möglich, aber nicht sinnvoll. Vermutlich würden dann nur Kaiser, Könige und Kirchenfürsten nie krank werden, während sich für 99% der Bevölkerung nichts ändern würde.

Ich würde auch, ohne die Details bestimmter Welten zu betrachten, erst einmal davon ausgehen, dass das Vorhandensein von Magie sich insgesamt nicht großartig auf Bevölkerungswachstum und dergleichen auswirkt.

Ja, Magie ist ein gewaltiger Chaosfaktor. Magie verändert (potentiell) eine Unmenge Dinge in einem Ausmaß, wie es in anderen Bereichen das metallurgische Zeitalter tut, die Existenz von Zug- und Reittieren oder die Erfindung des Rads. Nur kann man weltagnostisch eben nicht sagen WIE sich Dinge ändern. Das kann von nahezu gar nicht bis absolut gewaltig schwanken. Und wie du ja selbst sagst, gibt es dabei dann sicher eine Menge Welten, die ohne Magie besser dran wären. Spontan fiele mir da Berserk ein. Ich glaube die meisten Menschen in der Welt wären sehr glücklich, wenn es nichts magisches gäbe. Und auch Conan fände es gut, wenn es von Göttern abgesehen, keinerlei Zauberei gäbe. Und keine Riesenschlangen.

Wie würde ein solches Setup aussehen?

Nehmen wir zum Beispiel das Konzept der Heimschwelle. Bzw. des befriedeten Gebiets. Beispielsweise auch in Form des russischen Zwiebelschalenmodells der magischen Welten.
Du hättest dann Siedlungsgebiete, die sicherer werden, je dichter sie besiedelt sind. Viele überlappende Heimstätten, die womöglich mit weiteren Schutzvorrichtungen zu einem Netzwerk magischer Sicherheit ausgebaut werden können. Die Stadt als Festung gegenüber einer feindseeligen, magisch durchdrungenen Umwelt, die unmittelbar außerhalb der Stadt beginnt.
Man könnte von der Stadt aus Wälder roden und Land kultivieren und man könnte es ggf. auch tagsüber sicher beackern. Sobald es aber dunkel wird, sollte man hinter den Mauern der Stadt sein.
Da man nicht mal eben so eine Stadt mitten ins Nirgendwo setzen kann, wäre das Land jenseits der Städte wild und unbevölkert. Nur sehr kauzige Typen würden in der Wildnis leben, womöglich können das sogar nur Magierinnen, Hexer, Druiden, etc.
Das Wachstum der Städte wiederum wäre stark beschränkt durch die Menge an Lebensmitteln, die sich um die Stadt herum produzieren lässt, unter Einberechnung der Reisewege von der Stadt zum Acker.

Das ist umfassend modifizierbar, je nachdem welches Maß an Schutz notwendig ist. Reicht ein befestigter Hof mit Götterschrein? Braucht es ein Wehrdorf? Kann man mobile oder temporäre Schutzzonen erzeugen?

Und nichts davon muss schon immer so gewesen sein. Wenn die Welt erst vor einigen Generationen derart magisch feindseelig geworden ist, gäbe es überall da draußen Häuser, Dörfer, Bergwerke, sogar Städte, die untergegangen sind, weil sie nicht schnell genug gerafft haben, wie sie sich schützen.

Der Grund für so ein Setup kann ja vielseitig sein. Das Tor der Hölle hat sich geöffnet, zwei magische Welten sind metaphysisch miteinander verschmolzen, kollidiert oder kurzzeitig verschränkt, der Zyklus der Magie steht im Zeichen des Xorklovoch,…

Oder mal was ganz anderes: Überall in der Welt gibt es magische Portale, die von einem Ort zum anderen führen. Weit verteilt. Niemand weiß mehr, woher die kommen. Wer auch immer sie erbaute ist weg. Das ist ein paar hundert oder tausend Jahre her. Nun breitet sich eine neue Population aus. Natürlich benutzt sie dafür die Portale. Und wo ein Portal ist, entsteht schnell eine größere Siedlung. Aber zwischen den Siedlungen ist völlig unerschlossenes Wildland. Das kann man zähmen, man kann darin vordringen, aber das ist alles noch nicht abschließend passiert. Die große Expansion ist in vollem Gange.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Paßwächter am 19.02.2025 | 10:14
Letztendlich hängt das nicht an irgendeiner Wunschliste, sondern an der Metaphysik der Welt.
Aber wenn die Metaphysik der beschriebenen Welt nun eben eigentlich nicht so ist, daß Magie nicht für das alltägliche Klein-Klein etwas hergäbe, daß sie ausreichend verbreitet ist usw., und die Welt trotzdem entvölkert ist, und zwar seit "Menschen"gedenken (oder wessen Gedenken auch immer)... warum wäre eine solche Welt dann so, wie sie ist?
Man kann bei der Weltgestaltung einer eigenen Welt Elemente einbauen, die eine weniger dichte Besiedelung plausibel machen. Aber bei beschriebenen Welten, die nicht um diese Prämisse herum gebaut wurden, und die trotzdem dünn besiedelt sind, fehlt halt irgendwie eine solche Plausibilität.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.02.2025 | 10:27
Aber wenn die Metaphysik der beschriebenen Welt nun eben eigentlich nicht so ist, daß Magie nicht für das alltägliche Klein-Klein etwas hergäbe, daß sie ausreichend verbreitet ist usw., und die Welt trotzdem entvölkert ist, und zwar seit "Menschen"gedenken (oder wessen Gedenken auch immer)... warum wäre eine solche Welt dann so, wie sie ist?
Man kann bei der Weltgestaltung einer eigenen Welt Elemente einbauen, die eine weniger dichte Besiedelung plausibel machen. Aber bei beschriebenen Welten, die nicht um diese Prämisse herum gebaut wurden, und die trotzdem dünn besiedelt sind, fehlt halt irgendwie eine solche Plausibilität.

Da stochern wir halt im Nebel. Ohne im Vorfeld zumindest unbewußt und reflexartig gemachte Annahmen zur Metaphysik des Settings wissen wir darüber genau gar nichts und können diesbezüglich also auch keine Aussagen tätigen.

Zum Henker, eine Fantasywelt könnte dünn besiedelt sein, weil die Metaphysik sagt, daß die Lebensenergie zu vieler Leute auf einem Haufen miteinander interferiert und sie sich also instinktiv möglichst weit übers Land verstreuen, weil sie sich dadurch einfach besser fühlen und es auch tatsächlich ihrer Gesundheit zuträglicher ist (müßte eventuell ein wenig modifiziert werden, damit wenigstens Familieneinheiten und kleine Gemeinschaften noch funktionieren können wie gehabt)...aber auch das ist nicht mehr als müßige Spekulation.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Streunendes Monster am 19.02.2025 | 10:58
Was du praktisch fändest, spielt aber gar keine Rolle. Letztendlich hängt das nicht an irgendeiner Wunschliste, sondern an der Metaphysik der Welt.
Wenn die einzige Form von Magie irgendwas damit zu tun hat, wie man Feuer herbeirufen, formen und kontrollieren kann, dann führt das zwar zu einer Menge Annehmlichkeiten, sorgt aber vermutlich nicht für eine bessere Gesundheitsversorgung. Du setzt voraus, dass man sich einfach ausdenken könnte, was Magie kann. Das kann man zwar aus der Position des Weltenbauers heraus, aber die Lebewesen innerhalb der fiktiven Welt können das nicht. Und ein Teil jedes holistischen Weltenbaus, entsteht aus der Welt selbst, nicht aus der Realität heraus. Wenn der Weltenbau eine Metaphysik produziert, in der bestimmte Dinge leicht sind, andere schwer und wieder andere überhaupt nicht möglich, dann ist es egal ob sich ein Zauberer in der Welt wünschte, es wäre anders.

Die Metaphysik einer Welt kann Magie auch mit vielen Nachteilen ausstatten. Wie nützlich wäre es beispielsweise, wenn du bakterielle Krankheiten heilen könntest, die praktische Anwendung von Magie aber irgendwann unweigerlich zu bösartigen Tumoren auf Seiten des Zauberers führt? Schon wäre Magie Fluch und Segen und jeder Zauberer würde sich sehr genau überlegen, wie viel er zaubert und für welche Dinge er Magie anwendet. Dann wären vielleicht zahllose Dinge möglich, aber nicht sinnvoll. Vermutlich würden dann nur Kaiser, Könige und Kirchenfürsten nie krank werden, während sich für 99% der Bevölkerung nichts ändern würde.

Ich kann Deiner Argumentation strukturell und inhaltlich nicht folgen.  8]

Du hast ne abweichende Meinung und die sei Dir unbenommen  :d das einmal grundsätzlich vorausgeschickt.

Aber ...

"Was du praktisch fändest, spielt aber gar keine Rolle."
Was ich praktisch finde habe ich gar nicht geschrieben. Ich schreibe von innerweltlicher Logik und Plausibilität.
Und wenn das keine Rolle spielt, brauchen wir uns hier gar nicht auszutauschen.

"Letztendlich hängt das nicht an irgendeiner Wunschliste, sondern an der Metaphysik der Welt."
Wunschliste? Schrieb wer denn genau wo? wie kommst du darauf? Und warum bestimmst Du über die Metaphysik einer Welt?

"Wenn die einzige Form von Magie irgendwas damit zu tun hat, wie man Feuer herbeirufen, formen und kontrollieren kann, dann führt das zwar zu einer Menge Annehmlichkeiten, sorgt aber vermutlich nicht für eine bessere Gesundheitsversorgung."
Verstehe ich nicht. Gar nicht.
Gegenfrage: was soll diese Art der Argumentation? Ist doch Kokolores, eine dergestaltete Kausalität zwischen meinen Beispielen Feuerbeherrschung und Gesundheitsvorsorge herzustellen. Meine Argumentatin ist doch, dass es unplausibel ist, zweiunddrölfzig Feuerzauber zu entwickeln, während die Basisversorgung der Völker nicht gewährleistet sein soll. Und diesen Bruch in der Plausibilität vieler gamistisch geprägter Systeme kritisiere ich.

"Das kann man zwar aus der Position des Weltenbauers heraus, aber die Lebewesen innerhalb der fiktiven Welt können das nicht."
Schon wieder: was ist das für eine Argumentation? Ich bin verwirrt und es stößt mir sauer auf.
Fiktive Wesen in einer fiktiven welt können gar nichts. Punkt.
Aber wir sprechen hier über Plausibilität in fiktiven Welten.

"Und ein Teil jedes holistischen Weltenbaus, entsteht aus der Welt selbst, nicht aus der Realität heraus. Wenn der Weltenbau eine Metaphysik produziert, in der bestimmte Dinge leicht sind, andere schwer und wieder andere überhaupt nicht möglich, dann ist es egal ob sich ein Zauberer in der Welt wünschte, es wäre anders."
Danke für die Erleuchtung  ;D
Deiner Argumentation zufolge sind einundelfzig Kampfzauber also plausibler, als ne große Handvoll Gemeinwohlzauber. da kommen wir nicht zusammen.

"Die Metaphysik einer Welt kann Magie auch mit vielen Nachteilen ausstatten. Wie nützlich wäre es beispielsweise, wenn du bakterielle Krankheiten heilen könntest, die praktische Anwendung von Magie aber irgendwann unweigerlich zu bösartigen Tumoren auf Seiten des Zauberers führt?"
Was du praktisch fändest, spielt aber gar keine Rolle. Letztendlich hängt das nicht an irgendeiner Wunschliste, sondern an der Metaphysik der Welt.

"Vermutlich würden dann nur Kaiser, Könige und Kirchenfürsten nie krank werden, während sich für 99% der Bevölkerung nichts ändern würde."
Sehe ich komplett anders.



Wir kommen hier inhaltlich und kommunikativ nicht auf eine Linie.
Daher nimms mir nicht übel, aber ich schließe das hier für mich ab.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.02.2025 | 11:23
Zum Henker, eine Fantasywelt könnte dünn besiedelt sein, weil die Metaphysik sagt, daß die Lebensenergie zu vieler Leute auf einem Haufen miteinander interferiert und sie sich also instinktiv möglichst weit übers Land verstreuen, weil sie sich dadurch einfach besser fühlen und es auch tatsächlich ihrer Gesundheit zuträglicher ist (müßte eventuell ein wenig modifiziert werden, damit wenigstens Familieneinheiten und kleine Gemeinschaften noch funktionieren können wie gehabt)...aber auch das ist nicht mehr als müßige Spekulation.

Mega  :d

Ich kann Deiner Argumentation strukturell und inhaltlich nicht folgen.  8]
 
[...]

Verstehe ich nicht. Gar nicht.
Gegenfrage: was soll diese Art der Argumentation? Ist doch Kokolores, eine dergestaltete Kausalität zwischen meinen Beispielen Feuerbeherrschung und Gesundheitsvorsorge herzustellen. Meine Argumentatin ist doch, dass es unplausibel ist, zweiunddrölfzig Feuerzauber zu entwickeln, während die Basisversorgung der Völker nicht gewährleistet sein soll. Und diesen Bruch in der Plausibilität vieler gamistisch geprägter Systeme kritisiere ich.

[...]

Wir kommen hier inhaltlich und kommunikativ nicht auf eine Linie.

Ich glaube tatsächlich, ihr redet aneinander vorbei. Ich kann Torsten (Donnerhaus)s Argumentation folgen. Der Haken in der Differenz liegt imo hier:

Zitat
zweiunddrölfzig Feuerzauber zu entwickeln

--> hat man Kontrolle bei der "Steuerung" von magischen Effekten? Um etwas gezielt zu entwickeln, benötigt man Kontrolle. Da ist die grundlegende Frage, wie sehr die Kenntnis über die Magie - ingame - unserer Vorstellung von F&E folgt. Wenn in Torsten (D.)s Beispiel die Magie experimentell immer nur Feuereffekte produziert, sind die Anwendungsmöglichkeiten halt entsprechend beschränkt. Wir müssten erstmal setzen, was Magie im Setting eigentlich kann, z.B. die Frage beantworten: gibt es Heilungsmagie überhaupt - das ist ja kein Automatismus, auch wenn die meisten Settings das als gegeben voraussetzen - und wenn ja, welche Grenzen sind ihr gesetzt? Erst dann kann man die Auswirkungen auf Hygiene und Sterberaten grob bestimmen.

Vielleicht ist die Kenntnis von Zaubern auch völlig zufallsbasiert oder gar abhängig von bestimmten Entitäten.  "ich habe unsere Gottheit jetzt um 5 verschiedene Zauber gebeten, und jedesmal ist es etwas mit Feuer..." "naja, was erwartest du von einem Feuergott?  ;) "
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Streunendes Monster am 19.02.2025 | 11:48
Vielleicht ist die Kenntnis von Zaubern auch völlig zufallsbasiert oder gar abhängig von bestimmten Entitäten.  "ich habe unsere Gottheit jetzt um 5 verschiedene Zauber gebeten, und jedesmal ist es etwas mit Feuer..." "naja, was erwartest du von einem Feuergott?  ;) "

"ich habe unsere Gottheit jetzt um 5 verschiedene Zauber gebeten, und jedesmal ist es etwas mit Heilung und Gesundheit..."
"naja, was erwartest du von einem Gott der Heilung, Gemeinschaft und des Herdfeuers?"

Was die Kontrolle der Magie angeht, so kann man diese Begründung natürlich als Totschlagargument immer anführen. Ist mir ehrlich gesagt zu dünn ;)
Wenn man also zweiundhuffzig Schutzzauber gegen zufälligerweise alle elementaren Angriffe der werten Gegnerschaft lernen (!) kann, warum sollte man sich nicht um die gesundheitliche Grundversorgung kümmern? ZUMAL wir über entvölkerte und demnach gefährliche Fantasywelten unterhalten. Dann doch erst recht. Da sind Zauber(-tricks) für jegliche Gesundheitshygiene doch obligatorisch. Verstehe nicht, warum das nun unplausibler sein sollte, als Heilzauber, Heiltränke, Wiedererweckung oder Regeneration.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.02.2025 | 11:52
Du scheinst davon auszugehen, dass "man" sich nur ein Thema aussuchen müsste, um dafür einen passenden Zauber bekommen zu können. Das funktioniert out of game, also beim Design, aber nicht unbedingt ingame. Das ist ja mit der Setzung gemeint.

Dass man die "zweiundhuffzig Schutzzauber gegen zufälligerweise alle elementaren Angriffe der werten Gegnerschaft" überhaupt lernen KANN, muss ja ingame erstmal durch irgendwelche "Magie-Forschende" ermöglicht worden sein.

edit:
Verstehe nicht, warum das nun unplausibler sein sollte, als Heilzauber, Heiltränke, Wiedererweckung oder Regeneration.

es ist nicht unplausibler. Aber auch nicht plausibler. Magie ist ja per Definiton keine Wissenschaft - da ist Plausibilität ohnehin kein Kriterium.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Paßwächter am 19.02.2025 | 11:54
Da stochern wir halt im Nebel. Ohne im Vorfeld zumindest unbewußt und reflexartig gemachte Annahmen zur Metaphysik des Settings wissen wir darüber genau gar nichts und können diesbezüglich also auch keine Aussagen tätigen.
Wenn wir (was mE eigentlich nicht sinnvoll anders zu handhaben ist) annehmen, daß eine Weltbeschreibung Annahmen über das "darüber hinaus" zulassen muß, kann man auch einen gedanklichen "Überbau" zumindest in groben Umrissen aus der Weltbeschreibung entnehmen. Und dann kann man die im Eingangsbeitrag genannten Beispiele (oder später genannte Beispiele) entsprechend daraufhin anschauen. Wenn nicht erwähnt wird, daß größere Menschenansammlungen zu einer gesundheitlichen Verschlechterung bei den Beteiligten führt, kann man davon ausgehen, daß es keine solche gibt - auch nicht zur Erklärung für dünne Besiedelung.

Zitat
Wenn die einzige Form von Magie irgendwas damit zu tun hat, wie man Feuer herbeirufen, formen und kontrollieren kann, dann führt das zwar zu einer Menge Annehmlichkeiten, sorgt aber vermutlich nicht für eine bessere Gesundheitsversorgung.
Ich erlaube mir, das anders zu sehen. Mit ausreichend kontrollierbarem Feuer hat man zusätzlich über das "reale" hinaus Desinfektionsmöglichkeiten, um z.B. Entzündungen zu verhindern - also keinen Wundbrand. Man kann sich gegen Erfrierungen schützen. Je nach Möglichkeit kann man sogar die Ernte gegen Frostschäden schützen, was zu einer besseren Ernährungslage und mithin verbesserter Gesundheit führt.
Wenn es Optionen gibt, und sei deren Erklärbarkeit noch so schlecht, werden Wesen in der Art von Menschen doch immer versuchen, sie in eine praktisch einsetzbare Form zu bringen. Und weil in der Regel deutlich mehr Lebenszeit auf dem Acker, in der Küche und im Stall verbracht wird als auf dem Schlachtfeld, dürfte die Entwicklungszeit und die "Probenhäufigkeit" für entsprechende "Haushaltszauber" die für "Kampfzauber" übersteigen. Das kann natürlich wiederum kompensiert werden, weil es im Kampf ja nur auf "rumms" ankommt und nicht darauf, daß der Rest der Welt möglichst unbehelligt bleibt - aber dann wäre von den Kampfzaubern wiederum plausiblerweise ein hoch chaotisches Verhalten zu erwarten.

Man muß in einer fiktiven Welt halt von dem, was man hat, auf anderes schließen können - sonst gäbe es keine Möglichkeit, über die direkte Beschreibung hinaus weitere Dörfer und Städte zu entwerfen, NSCs zu gestalten usw.
Aber das verlangt dann eine gewisse Konsistenz innerhalb der Fiktion sowie zwischen der Fiktion und der "Wirklichkeit".
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Streunendes Monster am 19.02.2025 | 11:59
Du scheinst davon auszugehen, dass "man" sich nur ein Thema aussuchen müsste, um dafür einen passenden Zauber bekommen zu können. Das funktioniert out of game, also beim Design, aber nicht unbedingt ingame. Das ist ja mit der Setzung gemeint.

Dass man die "zweiundhuffzig Schutzzauber gegen zufälligerweise alle elementaren Angriffe der werten Gegnerschaft" überhaupt lernen KANN, muss ja ingame erstmal durch irgendwelche "Magie-Forschende" ermöglicht worden sein.

Na dann können wir auch alles infrage stellen, oder?  >;D

Und nein, ich gehe nicht davon aus, dass man sich ein Thema aussucht und dann einen Zauber "bekommt". Ich gehe davon aus, dass arkane Wissenschaften erforscht und erprobt werden müssen. Bin mir ziemlich sicher, dass das in meiner Argumentation durchklingt.

Grundsatzfrage:
Warum also sollte überhaupt irgendein Zauber entwickelnt worden sein?

Antwort:
Weil er nützlich ist.

Ergo kompensieren Zauber das, was an Bedarf existiert.
Und man möchte mir hier ernsthaft weismachen, dass Kampf- und oder Schutzzauber plausibler sind, als basisversorgende Gesundheitszauber?
Für mein Dafürhalten: nein.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Raven Nash am 19.02.2025 | 12:09
Und man möchte mir hier ernsthaft weismachen, dass Kampf- und oder Schutzzauber plausibler sind, als basisversorgende Gesundheitszauber?
Für mein Dafürhalten: nein.
Plausibler? Nein. Verfügbarer? Ja.
Wer würde denn von solchen Zaubern profitieren? Natürlich die, die es sich leisten können.
Würden die alle anderen daran teilhaben lassen? Sicher nicht.

Und damit hast du eine Oberschicht, die gesund ist und bleibt, und eine Unterschicht, die immer noch unter den selben Krankheiten leidet.

Hingegen sind Kampf- und Schutzzauber genau wie Waffen und Rüstungen im militärischen Bereich nützlich. Und da will sich besagte Oberschicht die Hände nicht schmutzig machen. Das dürfen dann die anderen machen.

Der Darksword-Zyklus von Weis & Hickman zeigt auch schön eine Welt, in der alle Magie beherrschen, aber eben zu unterschiedlichen Graden. Da arbeiten welche auf den Feldern, unter schlimmsten Bedingungen - halt mit Magie statt Hacke. Und Zugang zu Heilmagie haben nur die, die weiter oben in der Hierarchie stehen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.02.2025 | 12:15
Hmm, ich denke, wir haben sehr unterschiedliche Ansichten davon, wie Wissenschaft überhaupt funktioniert. Der Nutzen kommt meistens erst irgendwann am Ende, manchmal auch nie. Vorher kommt immer ein "Fund", den man versucht zu verstehen. Die wenigsten Dinge sind entstanden, weil jemand genau so etwas haben wollte. Man hat etwas herausgefunden, und irgendwann später hatte einer eine Idee, wie man das nutzen könnte.

Grundsatzfrage:
Warum also sollte überhaupt irgendein Zauber entwickelnt worden sein?

Antwort:
weil man es kann.

edit: es gibt aber noch ein anderes Argument: militärische Anwendungen von Forschungsergebnissen waren historisch gesehen immer - oft weit - im Vordergrund (leider).
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: bobibob bobsen am 19.02.2025 | 12:22
Zitat
Und nein, ich gehe nicht davon aus, dass man sich ein Thema aussucht und dann einen Zauber "bekommt". Ich gehe davon aus, dass arkane Wissenschaften erforscht und erprobt werden müssen. Bin mir ziemlich sicher, dass das in meiner Argumentation durchklingt.
Für mich hat Magie so gar nichts mit Wissenschaft zu tun. Ein Setting in dem man für beides die gleichen Maßstäbe ansetzt würde ich grauenhaft finden.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: unicum am 19.02.2025 | 12:43
Es gibt so viele Stellschrauben an denen man drehen kann, Magie ist sicherlich die nahelegenste aber nicht unbedingt die einzige.

Wenn ich an "entvölkerte Welt" denke im zusammenhang mit unsere eigenen denke ich etwa an die großen Kataklysmen die über diese unsere Erde hinweggelaufen sind und sie "entvölkerten" - masgeblich etwa das aussterben der Dinosaurier, größere Eiszeiteinbrüche, etc.

Wenn ich historisch etwas zurück gehe sehe ich das die Geburtenrate bei uns deutlich eingebrochen ist - wer kennt noch Familien mit ... 10+ Kindern? und Ja es gibt auch heute noch todgeburten und Kindstote aber es sind weniger als ... früher.

Ein teil des "Plausibilitätsprobelmes" ist doch das wir uns vorstellen "Eigentlich könnten Menschen(wie wir sie kennen) innerhalb von x Jahren ein Land das ausreichend Resourcen hat bevölkern". Also ja klar, wir gehen von der "Reproduktionsrate" aus die wir von Menschen kennen, gerade auch wenn die Kinder- und Frauensterblichkeit bei Geburten radikal zurückgeht. Das sehen wir ja gerade in unserer Welt. (bei uns ist es Medizin und Hygiene, in einer Fantasywelt kann ich das auch durch Magie erklären).

Was ist aber wenn in der Fantasywelt diese Reproduktionsrate geringer ist? Vieleicht hat Fantasywelt-Mensch doch nicht die biologische Möglichkeit 10+ Kinder in die Welt zu setzen?

Klar es spielen da viele Dinge mit rein, unter anderem das "früher" "Kinder" eben auch die Altersvorsorge waren - wer pflegt dich wenn du alt bist? Wer ernährt dich wenn du nicht mehr arbeiten kannst? (Kranken und Rentenversicherung von früher (oder anderenorts auf der Welt): Eigene Kinder).

Also nur so um eine weitere Stellschraube mal anzumerken und nicht immer gleich auf Magie kommen zu müssen.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.02.2025 | 13:56
Wenn nicht erwähnt wird, daß größere Menschenansammlungen zu einer gesundheitlichen Verschlechterung bei den Beteiligten führt, kann man davon ausgehen, daß es keine solche gibt - auch nicht zur Erklärung für dünne Besiedelung.

Wobei es so etwas ironischerweise ja historisch tatsächlich gegeben hat -- so furchtbar gesund war beispielsweise das Leben in der Stadt verglichen mit dem auf dem Land oft genug gar nicht. Das hatte dann zwar durchaus natürliche Ursachen durch die örtliche Quasi-Überbevölkerung mit allem, was dazugehörte, aber die Symptome waren in erster Näherung vergleichbar.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Maarzan am 19.02.2025 | 13:59
Nur "es ist halt Magie" geht halt immer und erscheint entsprechend ohne weitere Verwurzelung und Ausführung der angedachten Grundlagen billig, faul und letztlich für viele unbefriedigend.

Und um genau dieses (fehlende) Magiekonzept geht es oben denke ich:
Es gibt Magie reicht nicht als Erklärung, da Magier in verschiedensten Formen vorkommen kann.
Und nur wenn die Welt passende Magie kennt, sprich vom Designer ins Magiekonzept geschrieben bekommen hat, kann ein potentieller Bewohner sie dann auch entdecken und im gewünschten Sinne verwenden.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.02.2025 | 15:17
Himmel, ihr wart ja fleissig! Da komme ich ja mit dem Lesen gar nicht hinterher.

Also um es kurz zu machen: surprise, da es Magie IRL nicht gibt kann man hier nicht mit universellen Gesetzmäßigkeiten argumentieren. Die Magie funktioniert in einer Welt immer so, wie es der Demiurg definiert. Das ist natürlich absolut banal.

Die Magie könnte zB einzig ermöglichen, eine Leitung zu einer der 4 hermetischen Elementarebenen zu öffnen und dadurch elementare Energie (Feuer, Wasser etc) zu kanalisieren. Da ist es dann sehr leicht, diese rohe Energie quasi ungezügelt als Waffe einzusetzen, schon ein Stück schwieriger sie in Arbeit umzuwandeln (vgl Fusionsbombe vs Fusionskraftwerk), und unmöglich damit Lebewesen zu beeinflussen oder zu teleportieren oder Nahrung zu erschaffen oder sonst etwas.
Immerhin wäre bei so einem Modell der allererste Utility-Zauber, der mir dazu einfällt, "Einheizen". Wärme von der Feuerebene heranholen, presto. Gerade in einer mittelalterlichen Gesellschaft würde das wahnsinnig viele Ressourcen sparen und Manpower für andere Tätigkeiten freigeben.

Oder Magie könnte auch ausschließlich über und durch das Ki eines Lebewesens wirken, und somit ist alles was man damit machen kann, Wunden und Gebrechen zu behandeln und Fertigkeitswerte mit einem magischen Bonus auszustatten.

Oder oder oder. Ich erinnere mich da bspw an die Zauberwerkstatt von Shadowrun, wo sehr klar definiert wird was Magie potentiell kann und was nicht. Zu den absoluten, unverhandelbaren No-Gos gehören zB Teleportation und Zeitreisen.

Dagegen ist halt zB die D&D-Magie extrem weit gefasst und ultra flexibel; die kann quasi alles obige und noch viel mehr, von Create Water bis Time Stop. Nur einen Einschürzauber sucht man vergebens, worüber ich mich ja schonmal der Breite nach ausgelassen habe. :6

Wie dem auch sei: bei den gängigen veröffentlichten Welten ist ja meist schon ein System vorgesehen, sei es Aventurien oder Toril. Wir wissen also hier schon, was Magie kann oder nicht kann und was für Auswirkungen sie hat. Daher kann man in diesen Einzelfällen durchaus schlüssig argumentieren, ob die Magie der jeweiligen Welt nun Bevölkerungswachstum eher stützen oder hemmen sollte. Im Worldbuilding korrekt berücksichtigt ist es jedoch meistens nicht.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.02.2025 | 15:50
Was ist aber wenn in der Fantasywelt diese Reproduktionsrate geringer ist? Vieleicht hat Fantasywelt-Mensch doch nicht die biologische Möglichkeit 10+ Kinder in die Welt zu setzen?

Der Gedanke war ja hier im Thread schonmal angesprochen worden. Ich finde es halt schwierig an den biologischen Eigenschaften von Menschen herumzudoktern; wenn die Körper der Bewohner der Fantasywelt andere Dinge können oder nicht können als wir, sind es eigentlich keine Menschen. (Warum es in so gut wie jedem Fantasysetting Menschen gibt, ist zwar designtechnisch völlig klar, aber ist Welt-intern nochmal eine sehr lustige Frage. Die wiederum meistens mit "Weil die Götter..." beantwortet wird.) Was anderes ist das freilich wenn wir von anderen Rassen reden, z.B. Elfen, Zwerge, Goliaths...

Das zum einen. Zum anderen ist es ja auch gar nicht notwendig, dass die Fantasywelt-Frau 10+ Kinder rausschiebt. Siehe Potenzfunktion: wenn die Bevölkerung netto nur um 1% pro Jahr steigt, haben wir nach 300 Jahren die Ursprungsbevölkerung verzwanzigfacht. Und dabei reden wir IRL erst ab 2,5% Wachstum von einer Bevölkerungsexplosion ( = Verdoppelung alle 30 Jahre).

In meinem Homebrew-Setting fand zB ein Exodus von einem Kontinent auf einen anderen statt. Da hatte ich zunächst Bedenken, ob das plausibel ist, und wieviele Flüchtlinge es geschafft haben müssen um 4-500 Jahre später eine Gesamtbevölkerung von ein paar 10 Millionen Menschen zu rationalisieren. Aber meine Sorgen waren unbegründet: selbst wenn nur 100.000 Leute überlebt haben, wären das bei 2.5% Wachstum nach 100 Jahren schon wieder 1.1 Millionen und nach weiteren 100 Jahren 140 Millionen, also schon viel, viel mehr als ich nochmal 300 Jahre später im Setting "brauche". Kurz, die Leute müssen überhaupt nicht karnickeln sondern können es, zumindest ab dem 2. Jahrhundert, viel gemächlicher angehen lassen, und es ist immer noch mehr als genug Luft für Rücksetzer durch Seuchen, Kriege, Pillenknicke...
Und hier schließt sich eben wieder der Argumentationskreis, ich hätte eher Schwierigkeiten, da eine _kleine_ Bevölkerung plausibel zu machen, zumal das Vorhandensein gutartiger Magie ein zentrales Settingelement ist.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: nobody@home am 19.02.2025 | 15:57
Zumal dann bei der Magie auch wieder die seinerzeit hier (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,128557.0.html) schon mal angesprochene Verteilung mit hineinspielt. :) In vielen (nicht unbedingt allen, aber eben doch vielen) Settings ist Magie praktisch nur etwas für einigermaßen seltene Spezialisten, deren Einfluß auf die Welt schon allein durch ihre Anzahl ein Stück weit eingeschränkt ist; kommt dann gegebenenfalls noch dazu, daß sich die konventionell Reichen und Mächtigen die Dienste dieser seltenen Vögel möglichst gleich als Erste sichern (und warum sollten sie auch nicht, wenn sie die Mittel dazu haben?), dann nützen ihre Kräfte möglicherweise dem "gemeinen Volk" tatsächlich nicht viel, wenn nicht gerade ausdrücklich ein entsprechender Auftrag von ihren jeweiligen Bossen kommt.
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Streunendes Monster am 19.02.2025 | 16:28
Idee, um mal diese ausufernde und erkennstnislose Magiediskussion abzuschließen:

Wenn die Prämisse eine stark entvölkerte Welt ist und man sich darauf verständigt, dass die wilde Natur auch entsprechend gefährlich für die Durchschnittbürger ist, dann wären doch wenige, aber dafür größere Communities sehr plausibel.
Man lässt sich an neuralgischen Punkten mit einer diversen, teils aus hochspezialisierten Profis bestehenden Community nieder und gründet große Dörfer. Diese wären von der wo-/manpower stark genug, sich gegen die Widrigkeiten "da draußen" zu verteidigen. Auch ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich seltenere Spezialisten unter den Bürgern finden (Zauberer, Kleriker, Waldläufer, etc). Eine solche Community wäre wehrhaft und überlebensstark.

Das könnte erklären, warum nur alle zwei, drei oder vier Tagesreisen klassische Fantasy-Siedlungen existieren.
Kleine Dörfer, Weiler oder Gehöfte wiederum hätten Seltenheitswert.

..und Bauer wäre eine veritable Charakterklasse  ~;D
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Feuersänger am 19.02.2025 | 20:39
Jap, ungefähr so dürfte oder müsste das aussehen, wenn es glaubhaft sein soll. Diese müssten vor allem an gut zu verteidigenden Lagen eingerichtet sein. Zum Beispiel Höhensiedlungen, um eine gute Übersicht nach allen Seiten und eine klare Befestigungslinie zu haben. Oder umgekehrt in irgendwelchen tiefen Talkesseln, Klammen oder wie auch immer, dass man weiß es gibt nur genau einen Zugang und den können wir (hoffentlich) dicht halten. Und maximal noch Stadtstaaten mit befestigten Städten.

Umgekehrt dürfte man in so einem Setting eher keine größeren zusammenhängenden politischen Strukturen ("Staaten", man verzeihe mir den Begriff) haben. Und genau das ist ja das Problem mit den von mir kritisierten offiziellen Settings, dass es da trotz post-pest-zombie-atomkrieg-apokalyptischer Bevölkerungsdichte haufenweise Flächen-Königreiche gibt, die idealerweise noch miteinander im Clinch liegen und sich um ihre Grenzen streiten, obwohl sie nichtmal ihr Kernland besiedelt bekommen. Und auch sonst eben in ihrer ganzen Gesellschaftsstruktur sich verhalten, als hätten sie 5-10x so viel Bevölkerung.
(Ich weiss, hab ich in diesem Thread alles schon mehrmals gesagt.)
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Aedin Madasohn am 19.02.2025 | 21:08
an gut zu verteidigenden Lagen eingerichtet sein

in einer solchen Lage (auf festem Boden/Steppe waren die Daeodons fürchterliche Raubtiere) hatte ich einmal die klassischen Pfahldörfer an einem See gesetzt.
einfach designt, das die Daeodons in diese sumpfige Wasserzone nicht wollen (zu großer Bodendruck, drohende Huffäule) und das man dann dort sicher Rast machen konnte, bevor die nächste Etappe kam

also nichts mit Präriemaisfeldern und endlosen Schafherden, dafür aber Fischerei und dementsprechend nur am See ein paar Menschen als Siedler
Titel: Re: "Anybody home?" - von entvölkerten Fantasywelten
Beitrag von: Managarmr am 23.02.2025 | 11:11
Dann doch erst recht. Da sind Zauber(-tricks) für jegliche Gesundheitshygiene doch obligatorisch. Verstehe nicht, warum das nun unplausibler sein sollte, als Heilzauber, Heiltränke, Wiedererweckung oder Regeneration.
Da braucht man nicht mal zur Fantasy gehen. Es dauerte Ewigkeiten bis in Europa sich grundlegende Ideen zur Hygiene durchsetzten, obwohl völlig logisch. Pioniere wie Ignaz Semmelweiss hatten extrem zu kämpfen um sich gegen die vorherrschende (falsche!) Meinung der etablierten Mediziner durchzusetzen. Statt Hände zu waschen und damit vorzubeugen, dokterte man an den Folgesymptomen herum oder schlichtweg akzeptierte die (eigentlichen einfach zu vermeidenden) hohen Sterberaten.