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Medien & Phantastik => Sehen, Lesen, Hören => Lesen => Thema gestartet von: flaschengeist am 27.10.2024 | 10:21

Titel: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 27.10.2024 | 10:21
Kürzlich bin ich in der hiesigen Stadtbibliothek auf das "Lovecraft Lesebuch" (Suhrkamp Ausgabe von 1987 - hier gibts noch Schätze ;D) gestoßen. Also habe ich es ausgeliehen, um einen Blick ins Werk des Vaters des Cthulhu-Mythos zu werfen. Ein großer Fehler wie sich leider herausgestellt hat: Dass der Stil notwendigerweise anders als in modernerer Literatur ist, war mir klar. Mit einem solch barocken, langweiligen und esoterischen Schreibstil, der wie eine schaurige Kreuzung von Grimmelshausen mit Erich von Däniken wirkt, habe ich allerdings nicht gerechnet - wahrlich gruselig  :ctlu:. Nachdem ich mich jetzt durch "Celephais", "Die Katzen von Ulthar" (immerhin kommen Katzen vor - der einzige Pluspunkt), "Das Grauen von Dunwich" und "Cthulhus Ruf" gequält habe, reicht es mir endgültig. 
Zum Glück hatte ich noch "Metro 2033" auf dem Schreibtisch und das bildet einen Kontrast wie er größer kaum sein könnte: Spannend von der ersten Seite an, ich kann das Buch kaum aus der Hand legen.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Irian am 27.10.2024 | 11:06
Jo, der Schreibstil des alten Rassisten ist definitiv sehr speziell, war er wohl auch schon zu seiner Zeit. Entweder man mag es (wie ich) oder man mag es, beides ist reine Geschmacksfrage und der Geschmack ändert sich halt auch gesellschaftlich mit der Zeit. Wobei man natürlich auch sagen muss, dass die Geschichten und Charakterisierungen von Lovecraft jetzt nicht unglaublich komplex sind, er ist halt eher ein "Ideen" Autor, oder vielleicht eher ein "Feeling" Autor. Lovecraft lese ich zumindest mit nem sehr bestimmten Mindset und nicht, weils halt die nächste tolle Horror-Geschichte auf der Liste ist.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: nobody@home am 27.10.2024 | 12:02
Lovecrafts Schreibe ist definitiv auch schon im englischen Original einigermaßen eigen. Keine Ahnung, inwieweit sich dann die Suhrkamp-Übersetzung darauf noch zusätzlich ausgewirkt haben mag.

Andererseits wiederum sind natürlich viele literarische Originalvorlagen von hinreichendem Alter nicht gerade das, was der moderne Leser nach Jahrzehnten einschlägiger Popkulturverwurstung erwarten würde, wenn er doch mal ausnahmsweise dazu kommt, sie sich direkt vorzunehmen -- und unter dem Gesichtspunkt reiht sich derselbe H.P. Lovecraft schon fast nur noch einfach in den Reigen anderer berühmter Schreiberlinge der Geschichte ein. Die Zeit wird kommen, in der die Leute auch über Metro 2033 gähnen, wenn sie sich denn überhaupt erinnern, daß es dieses Machwerk jemals gegeben hat... ;)
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 27.10.2024 | 12:16
Jo, der Schreibstil des alten Rassisten ist definitiv sehr speziell, war er wohl auch schon zu seiner Zeit. Entweder man mag es (wie ich) oder man mag es, beides ist reine Geschmacksfrage und der Geschmack ändert sich halt auch gesellschaftlich mit der Zeit. Wobei man natürlich auch sagen muss, dass die Geschichten und Charakterisierungen von Lovecraft jetzt nicht unglaublich komplex sind, er ist halt eher ein "Ideen" Autor, oder vielleicht eher ein "Feeling" Autor. Lovecraft lese ich zumindest mit nem sehr bestimmten Mindset und nicht, weils halt die nächste tolle Horror-Geschichte auf der Liste ist.

@Rassismus: Ja, das ist natürlich auch gewöhnungsbedürftig aber die Haltung "Kind seiner Zeit" hat es erträglich gemacht.
Fände schön, wenn du bissel was dazu schreibst, was du an seinen Geschichten magst. Klingt, als findest du sie zumindest inspirierend (z.B. für RPG Plots)?

Lovecrafts Schreibe ist definitiv auch schon im englischen Original einigermaßen eigen. Keine Ahnung, inwieweit sich dann die Suhrkamp-Übersetzung darauf noch zusätzlich ausgewirkt haben mag.

Gut zu wissen. Ist schon plausibel, dass eine 80er Suhrkamp-Übersetzung ihres dazu tut ;D. Ich hätte den Übersetzer genannt aber dieser kleine Band wurde von gleich vier Personen übersetzt.

Andererseits wiederum sind natürlich viele literarische Originalvorlagen von hinreichendem Alter nicht gerade das, was der moderne Leser nach Jahrzehnten einschlägiger Popkulturverwurstung erwarten würde, wenn er doch mal ausnahmsweise dazu kommt, sie sich direkt vorzunehmen -- und unter dem Gesichtspunkt reiht sich derselbe H.P. Lovecraft schon fast nur noch einfach in den Reigen anderer berühmter Schreiberlinge der Geschichte ein. Die Zeit wird kommen, in der die Leute auch über Metro 2033 gähnen, wenn sie sich denn überhaupt erinnern, daß es dieses Machwerk jemals gegeben hat... ;)

Yup, damit hast du en Detail ausbuchstabiert, was ich hiermit sagen wollte:

Dass der Stil notwendigerweise anders als in modernerer Literatur ist, war mir klar.



Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Irian am 27.10.2024 | 13:03
Zunächst Mal, mittlerweile lese ich das meiste eh nur in englisch, auch Lovecraft, die dt. Übersetzung habe ich schon lange nicht mehr angeschaut, wobei ich die aber auch nicht besonders negativ in Erinnerung habe (war damals aber auch deutlich jünger, mein Geschmack mag sich also auch einfach geändert haben was dt. Texte betrifft, nehmt das bitte nicht als Werbung für die Übersetzung, k.A. wie ich die heute finden würde).

Die Diskussion über Rassismus hatten wir schon anderswo (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,118526.0.html), wo man das auch gerne vertiefen kann, ich würde aber der Theorie, dass er "Kind seiner Zeit" war, widersprechen, der war schon ziemlich hart drauf, auch für seine Zeit, soooo düster war das erste Drittel des 20. Jahrhunderts nun auch nicht. Aber, wie gesagt, dazu besser evtl. mehr im passenden Thread.

Lovecraft hat halt den Cosmic Horror groß gemacht. Also Ideen wie z.B. dass der Mensch die Wahrheit über das Universum gar nicht erfassen kann, dass Wahnsinn die einzig "sinnvolle" Antwort auf die echte Realität ist, dass die Menschheit letzten Endes völlig bedeutungslos ist, dass es Dinge gibt, die von uns soweit weg sind wie wir von Ameisen (oder mehr), dass die Menschheit quasi nur als (völlig illusionäre) Insel der "Rationalität" in einem Meer des Wahnsinns existieren kann, weil die Menschen die Augen vor jenem Meer verschließen.
Das sind so Ideen und Konzepte, die in sehr viele andere Werke eingeflossen sind - die das dann übrigens teilweise auch besser gemacht haben. Zufälliges Beispiel, weil neulich gesehen, ich halte Blindsight von Peter Watts auch für Cosmic Horror was auch mit manchen Ideen in die Richtung spielt.

Da liest sich dann Lovecraft ein wenig wie die Rückkehr zu den "Ursprüngen" von manchen Ideen, mit Schwächen in der praktischen Ausführung, klar, aber insgesamt ein doch interessanter Ausflug in diese Gedankenwelt. Er hat da auch ein interessantes Universum angedeutet (Worldbuilding war imho nie so sein Steckenpferd, er hatte er große Ideen als dass er Beziehungs-Diagramme gebastelt hätte - das machten dann seine Nachfolger eher schlecht als recht).

Ideen für RPG-Plots, ehrlich gesagt, k.A., vielleicht, vielleicht auch weniger. Die wirklich tiefen Dinge sind imho schon arg harter Tobak, da braucht man schon ne sehr spezielle Runde. Einzelne zufällige Ideen, Namen, etc., klar, kann man benutzen. Das wird ja auch viel gemacht und das findet sich ja quasi überall. Wobei ich da etwas der Purist bin, zumindest was Literatur betrifft, mit der nächsten Generation wurde ich z.B. nie so richtig warm.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 27.10.2024 | 18:46
@Irian

Danke für deine ausführlichen Erläuterungen  :d. Und was das Thema Rassismus angeht, deutet der verlinkte Thread darauf hin, dass meine Einschätzung voreilig war - scheint ja ein ganz schönes Faß zu sein.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Ludovico am 27.10.2024 | 19:12
@flaschengeist
Ich fand Lovecraft in Teilen etwas langatmig bei der Szenenbeschreibung. Aber seine Geschichten haben mich dennoch gepackt. Gerade Schatten über Innsmouth, Berge des Wahnsinns und Die Farbe aus dem All fand ich super.
Aber ich verstehe, dass nicht jeder mit ihm zurechtkommt und ihn mag.

Mir geht es zum Beispiel mit Gluchowski so. Ich hab mich durch Metro 2033 gequält. Mir war das auch viel zu langatmig und vieles auch zu banal
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
und Spannung kam bei mir auch nicht so richtig auf.

Aber kann auch sein, dass ich mit osteuropäischen Autoren generell nicht klarkomme.
Sapkowskis The Witcher hab ich auch angefangen und aufgegeben.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Niniane am 27.10.2024 | 19:22
Die Kurzgeschichten fand ich tatsächlich gar nicht sooo schlimm, vielleicht, weil er da seinen aussschweifenden Schreibstil nicht ganz so auswalzt. "The Outsider" finde ich nach wie vor von der Idee her ziemlich gut.

Aber ich habe mir ja dieses Jahr "An den Bergen des Wahnsinns", oder, wie ich es auch gerne nenne "At the mountains of boredom", angetan. Ich meine, ich kannte den Plottwist schon (ich habe "The Narrative of Arthur Gordon Pym", das HPL da ja zitiert, schon gelesen), aber trotzdem. Es war eine einzige Quälerei, ich glaube, "Architektur heute" ist spannender, und "show, don't tell" war in dem Buch anscheinend aus. Gruselig ist anders. Ganz anders.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 27.10.2024 | 22:40
Gerade Schatten über Innsmouth, Berge des Wahnsinns und Die Farbe aus dem All fand ich super.

Von denen ist leider keine im Lovecraft Lesebuch von Suhrkamp, sonst hätte ich einer von denen noch eine Chance gegeben.

Sapkowskis The Witcher hab ich auch angefangen und aufgegeben.

Das Buch musste ich auch zur Seite legen, obwohl ich mich echt hart angestrengt habe.

Aber ich habe mir ja dieses Jahr "An den Bergen des Wahnsinns", oder, wie ich es auch gerne nenne "At the mountains of boredom" angetan [...]

Der Spruch hat mir gefallen  ~;D.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Edgar Allan Poe am 27.10.2024 | 22:49
Das ist ja immer irgendwie eine Geschmacksfrage ... viele Leute lieben Terry Pratchett ... ich liebe den Humor auch ... aber mit seiner Schreibe bin ich nie zurechtgekommen.

Lovecrafts Schreibe hingegen, hat mich fast immer gepackt. Natürlich nicht immer und jedes kleine Stück ... aber wenn ich so Sachen wie "Berge des Wahnsinns" lese (oder das Hörbuch höre, gelesen von David Nathan) ... dann bin ich gleich in einer völlig anderen Welt. Seine Schreibe ist natürlich hart altbacken ... und ich glaube schon zu seiner Zeit gewöhnungsbedürftig gewesen ... aber ich finds stark.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Infernal Teddy am 27.10.2024 | 22:52
Ich finde Lovecraft tatsächlich besser auf deutsch als auf englisch...
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: schneeland am 27.10.2024 | 22:58
Nur kurz eingeworfen: es gibt einen akzeptabel bepreistern Sammelband von TOR/Fischer, bei dem ich die Übersetzung als recht brauchbar empfinde - zumindest in digitaler Form.
(https://m.media-amazon.com/images/I/81F8OlPTJqL._SL1500_.jpg)
Link: Lovecraft - Das erzählerische Gesamtwerk (https://www.tor-online.de/buch/h-p-lovecraft-das-erzaehlerische-gesamtwerk-9783104914190)

Aus der Erinnerung: "Die Musik des Erich Zann" kann ich auch empfehlen.
Grundsätzlich kann ich den Eindruck aber schon nachvollziehen - gerade bei den längeren Werken empfand ich das Erzähltempo schon als arg gemächlich, daher ist der Leseversuch auch bei ungefähr der Hälfte obigen Buches stecken geblieben).

Randnotiz: ich mochte Metro 2033 (die beiden Nachfolger dann weniger) und zumindest die erste Hälfte der Hexer-Saga, und auch eine Reihe von Lukianenko-Büchern gelesen - so stark vor sich hin mäandert wie die letzten beiden Bücher der Hexer-Saga war der Großteil m.E. nicht, aber es gab schon eine Tendenz zum Einstreuen persönlicher philosophischer Überlegungen und nicht alle davon waren wirklich bahnbrechend.

Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: JAW6 am 27.10.2024 | 22:58
Ich empfehle mal vom festa Verlag den ersten Band von lovecrafts Geschichten zum cthulhu Mythos für schmale 13,95€. Da kann man nochmal anhand einer wirklich gut zu lesenden Übersetzung rausfinden, ob solche Geschichten den eigenen Geschmack treffen oder nicht.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: ghoul am 27.10.2024 | 23:12
Suhrkamp finde ich nicht so gut. In "Der Ruf des Cthulhu" fehlen sogar Passagen!  :'(
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: nobody@home am 27.10.2024 | 23:21
Yup, damit hast du en Detail ausbuchstabiert, was ich hiermit sagen wollte:

Mmm, nicht ganz. Es geht nicht einfach nur darum, daß der Stil ein anderer war; ich hatte eher in die Richtung des Unterschieds zwischen dem ursprünglichen Original und den x-fachen Kopien und Weiterverarbeitungen seither gezielt, den man bei vielen hinreichend alten und populären Stoffen findet. Und dabei schneidet das Original gerade deshalb, weil es nach all der Zeit immer noch das Original ist, nicht immer und für jeden unbedingt besser ab -- wenn das so einfach wäre, bräuchten wir hier im Tanelorn ja auch keine Editierfunktion... ;D
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 28.10.2024 | 21:42
Danke Schneeland, JAW6 und Ghoul für die Empfehlungen bzw. Info.

Mmm, nicht ganz. Es geht nicht einfach nur darum, daß der Stil ein anderer war; ich hatte eher in die Richtung des Unterschieds zwischen dem ursprünglichen Original und den x-fachen Kopien und Weiterverarbeitungen seither gezielt, den man bei vielen hinreichend alten und populären Stoffen findet. Und dabei schneidet das Original gerade deshalb, weil es nach all der Zeit immer noch das Original ist, nicht immer und für jeden unbedingt besser ab -- wenn das so einfach wäre, bräuchten wir hier im Tanelorn ja auch keine Editierfunktion... ;D

Willst du sagen, dass Lovecraft gerade deswegen besonders schlecht gealtert sein könnte, weil "sein" Genre ein populäres geworden ist? Also, dass frühe Autoren von später erfolgreichen Genres schlechter altern als frühe Autoren weniger erfolgreicher Genres (weil nach letzteren halt wenig kommt und damit auch wenig besseres)?
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Kurna am 28.10.2024 | 22:06
Danke Schneeland, JAW6 und Ghoul für die Empfehlungen bzw. Info.

Willst du sagen, dass Lovecraft gerade deswegen besonders schlecht gealtert sein könnte, weil "sein" Genre ein populäres geworden ist? Also, dass frühe Autoren von später erfolgreichen Genres schlechter altern als frühe Autoren weniger erfolgreicher Genres (weil nach letzteren halt wenig kommt und damit auch wenig besseres)?

Es geht vielleicht nicht einmal darum, ob das Nachfolgende besser ist, sondern das Thema oder der Stil abgedroschen wirkt.
Es gibt z.B. viele Menschen, die heutzutage zum ersten Mal Matrix schauen und dann sagen "Boah, schon wieder Bullet Time, so langweilig", weil ihnen nicht klar ist, dass sie durch Matrix überhaupt erst populär geworden ist. Und selbst bei Leuten, die es wissen, ist der Effekt nicht mehr so stark wie damals, als der Film rauskam.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 29.10.2024 | 18:50
Es geht vielleicht nicht einmal darum, ob das Nachfolgende besser ist, sondern das Thema oder der Stil abgedroschen wirkt.
Es gibt z.B. viele Menschen, die heutzutage zum ersten Mal Matrix schauen und dann sagen "Boah, schon wieder Bullet Time, so langweilig", weil ihnen nicht klar ist, dass sie durch Matrix überhaupt erst populär geworden ist. Und selbst bei Leuten, die es wissen, ist der Effekt nicht mehr so stark wie damals, als der Film rauskam.

Schöne Erläuterung :). Bei Lovecraft dürfte das aber nicht mein Problem gewesen sein, ich bin nämlich eher ein Horror-Abstinenzler.
Im Fall von Matrix ist es übrigens bei mir so, dass ich den Film nach wie vor feiere (habe ihn erst vor einem halbem Jahr erneut gesehen) und Bullet Time generell in Filmen mag.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Megavolt am 29.10.2024 | 19:51
Mit einem solch barocken, langweiligen und esoterischen Schreibstil, der wie eine schaurige Kreuzung von Grimmelshausen mit Erich von Däniken wirkt, habe ich allerdings nicht gerechnet - wahrlich gruselig

Wo ich mir dann endgültig dachte: "Fuck off, Lovecraft", das war die Doppelseite in Berge des Wahnsinns, die er ganz offensichtlich aus einem biologischen Lexikon abgeschrieben hat. Auch das sicherlich als Kind seiner Zeit, das hat der Karl May mit seinen Landschaftsbeschreibungen auch gemacht, aber das muss man sich einfach nicht geben.

Der Lovecraft hat immer exakt eine einzige halbseidene Idee, und die walzt er dann endlos aus. Sperrigstes Foreshadowing, staubtrocken. Kein Twist. Einfach grade drauf zu und glatt raus damit. Eine Alien-Stadt im ewigen Eis beispielsweise, eine irgendwie schon brauchbare Idee eigentlich, aber wenn man fundamental nicht in der Lage ist, das in irgendeine Art von lesenswerter Geschichte zu verpacken, dann soll man es halt bleiben lassen. Der Lovecraft kann nicht plotten, er kann kein Pacing, er kann keine Twists, er kann keine Dialoge schreiben, er kann gar nix.

Und es gibt so wiederkehrende Sachen, die einfach haarsträubend sind. Auch wenn man ein schrulliges Wort wirklich sehr, sehr gerne mag ("zyklopäisch", o.ä.), darf man es nicht einfach nonstop verwenden. Das wirkt einfach mega beknackt.
Oder: Wenn man immer sinngemäß schreibt: "Und im Schrank sah er etwas SO SCHRECKLICHES, dass sein GEHIRN IMPLODIERTE." - was soll das denn bitte sein? Echt mal jetzt, was auf der ganzen weiten Welt und jenseits davon ist denn so so so schrecklich?
Der Lovecraft hat selber keine Ahnung. Ein- zwei Mal gehe ich das mit, danach ist mir das als erzählerischer Kniff zu blöd, sorry. Was um Himmels Willen hat er denn nun gesehen? Einen W21? Einen Prototypen von DSA6?

Beides würden wir und unsere Gehirne hier locker aushalten. Dem Lovecraft fehlen einfach zu viele Eigenschaften, die man als Schriftsteller gut gebrauchen kann.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Smoothie am 29.10.2024 | 19:54
wer braucht Eigenschaften, wenn er Adjektive hat?
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Megavolt am 29.10.2024 | 20:08
Lovecrafts Schreibe hingegen, hat mich fast immer gepackt. Natürlich nicht immer und jedes kleine Stück ... aber wenn ich so Sachen wie "Berge des Wahnsinns" lese (oder das Hörbuch höre, gelesen von David Nathan) ... dann bin ich gleich in einer völlig anderen Welt. Seine Schreibe ist natürlich hart altbacken ... und ich glaube schon zu seiner Zeit gewöhnungsbedürftig gewesen ... aber ich finds stark.

Ich kann aber widerum absolut verstehen, wenn diese Fremdheit ihren Reiz hat. Also no offense please.

Ich hatte mir nur so oft Mühe gegeben, dem Lovvy eine Chance zu geben und bin zu oft zu hart enttäuscht worden.  ~;D Lass dir deine Freude daran von mir nicht vermiesen.

wer braucht Eigenschaften, wenn er Adjektive hat?

Nice!  ~;D
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Kurna am 29.10.2024 | 20:34
wer braucht Eigenschaften, wenn er Adjektive hat?

Bezieht sich das auf Lovecraft oder Midgard 6?  ~;D

(Kleiner Insider für die, die die Diskussion um die neue Midgard-Edition verfolgen. :) )
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: tartex am 29.10.2024 | 22:08
Mit einem solch barocken, langweiligen und esoterischen Schreibstil

Ging mir mit 16 auch so. Seitdem ich mit 23 Jahren nochmals reingeschaut habe, bin ich aber großer Fan. Ich habe dann auch nicht versucht das als Konkurrenz zu nahegehenden Horror zu sehen, sondern gerade das Distanzierte spiegelt meine Wahrnehmung der echten Welt außerhalb medialer Konsumation dar.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Horsinand am 29.10.2024 | 22:34
Ich fand den altertümlich anmutenden Stil von Lovecraft immer sehr passend zum Inhalt seiner Geschichten. Als Teenager bin ich an dem Englischen Original oft verzweifelt, da er Wörter benutzte, die es für mich (noch) nicht gab (und teilweise immer noch nicht gibt). Das Niveau des Originals wurde in meinem interessierten Freundeskreis durchaus anerkannt.

Ich lese Lovecraft auch heute noch sehr gerne. Es ist gerade sein Stil, der mich noch fasziniert. Der Grund hierfür ist, dass er wie jemand schreibt, dem als Literaturgattung nichts mehr zuwider wäre als das Horrorgenre - und dennoch ist er mittendrin.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: tartex am 30.10.2024 | 08:54
Also habe ich es ausgeliehen, um einen Blick ins Werk des Vaters des Cthulhu-Mythos zu werfen. Ein großer Fehler wie sich leider herausgestellt hat

Das Mindset finde ich faszinierend, in dem Erkenntnisgewinn sich als Fehler herausstellt. Im schlimmsten Fall kannst jetzt deinen eignen Eindruck zu einem Autor wiedergeben, der eindeutig Kanon ist und den man daher auf jeden Fall mal gelesen haben sollte. Die ikonischen Geschichten verlangen jetzt ja auch nicht stundenlanges Knacken. Und nebenbei hast du noch einen Stil kennengelernt, der für dich nichts ist und kannst dich literarisch besser positionieren.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Zanji123 am 30.10.2024 | 09:40
;-) einfach die Cthulhu Geschichten als Comic bzw. Manga lesen

https://www.carlsen.de/softcover/hp-lovecraft-manga-cthulhus-ruf/978-3-551-76716-5?srsltid=AfmBOop8ZN2ix__gQ-cJBiks9WUU8hxGCiX7iYIWUhkxB-OpGOi81OcA (https://www.carlsen.de/softcover/hp-lovecraft-manga-cthulhus-ruf/978-3-551-76716-5?srsltid=AfmBOop8ZN2ix__gQ-cJBiks9WUU8hxGCiX7iYIWUhkxB-OpGOi81OcA)
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: First Orko am 30.10.2024 | 12:22
Lovecraft funktioniert für mich immer dann, wenn er die Atmosphäre der Umgebung einfängt und ein Detail der Umgebung so leicht verdreht ist und das den Protagonisten in eine völlige andere, surreale Welt zieht. In der Musik des Erich Zann finde ich die Vorstellung dieser seltsamen Mauer in der Stadt und Haus zwischen den vielen Gassen so eigentümlich, wie ein Erinnerung an Etwas, was ich so nicht erlebt habe. Aber ich kenn so eine Stimmung von nächtlichen Spaziergängen in der Altstadt wo der Mond manchmal halb hinter Wolken ist und man so ganz allein auf der Straße ist... da passt es dann schon. Auch Träume im Hexenhaus kann sich vielleicht eher erschließen, wenn man sich mal mit fraktaler Geometrie befasst hat und was das in der Mathematik der damaligen Zeit so angerichtet hat. Dazu dass Gefühl der Entfremdung, wenn man nachts im Halbschlaf in einem Hotelzimmer aufwacht und das nicht einordnen kann.
Das sind für mich so eine Mischung aus Beschriebenem was einem Fremden passiert und eigenen Erinnerungen, da kann ich voll eintauchen und Lovecraft schafft da was bei mir (ähnlich wie King, der das aber imho perfektioniert hat), was ich nicht "Grusel" nennen würde sondern eine Art "angenehme Beklemmung" (angenehm durch das Distanzierte).

Dann gibt es aber andere Geschichten wie das berüchtigte Berge des Wahnsinns der Langeweile durch das ich mich gequält habe und wo ich die erste Hälfte wirklich unerträglich und überflüssig fand und das was danach kommt hat nicht gerade entschädigt.
Dann finde ich den Bodyhorrer in Das Ding auf der Schwelle sehr Cronenberg-mäßig und gelungen, weil es aus der Sicht der Person geschrieben ist, der das gerade zustößt.

Für all das muss man aber schon eine Art "literarischen Zugang" haben, um mit der altertümlichen, umständlichen Schreibe -"barock" finde ich tatsächlich sehr schön umschrieben- klarzukommen.
Ist bei zeitgenössischen Autoren aber auch nicht anders. Der Schwarm hat viele Fans - ich dagegen (und da bin ich nicht der Einzige) fand 2/3 des Buchs langatmig und überflüssig und fand die Frauenfiguren zum Fremdschämen peinlich geschrieben.


;-) einfach die Cthulhu Geschichten als Comic bzw. Manga lesen

https://www.carlsen.de/softcover/hp-lovecraft-manga-cthulhus-ruf/978-3-551-76716-5?srsltid=AfmBOop8ZN2ix__gQ-cJBiks9WUU8hxGCiX7iYIWUhkxB-OpGOi81OcA (https://www.carlsen.de/softcover/hp-lovecraft-manga-cthulhus-ruf/978-3-551-76716-5?srsltid=AfmBOop8ZN2ix__gQ-cJBiks9WUU8hxGCiX7iYIWUhkxB-OpGOi81OcA)

Tatsächlich ist das ne ziemlich gelungene Umsetzung, besitze den ersten Band und wollte da immer mal mehr von kaufen  :d
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 30.10.2024 | 12:33
Das Mindset finde ich faszinierend, in dem Erkenntnisgewinn sich als Fehler herausstellt. Im schlimmsten Fall kannst jetzt deinen eignen Eindruck zu einem Autor wiedergeben, der eindeutig Kanon ist und den man daher auf jeden Fall mal gelesen haben sollte. Die ikonischen Geschichten verlangen jetzt ja auch nicht stundenlanges Knacken. Und nebenbei hast du noch einen Stil kennengelernt, der für dich nichts ist und kannst dich literarisch besser positionieren.

Das Wort Fehler war ungünstig gewählt, gemeint war Enttäuschung. Denn du hast völlig recht, die Zeit war natürlich nicht verschwendet. Noch lieber hätte ich allerdings in der Zeit einen Autor kennen gelernt, an dem ich Freude habe.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Sashael am 30.10.2024 | 13:10
Ich oute mich mal als Weirdo:
Ich fand Berge des Wahnsinns Klasse!  ;D

Für mich war das eben kein Roman, sondern eher ein Forschungsbericht und deswegen fand ich den trockenen beschreibenden Schreibstil auch sehr passend. Dazu kam dann das, was da so nüchtern beschrieben wurde und welche Implikationen das eigentlich hat. Das verursachte bei mir ein stärkeres Gefühl der "Beklemmung" (danke, First Orko), als die Fantasygeschichte Cthulhus Ruf.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: First Orko am 30.10.2024 | 13:32
Oh die Rollenspie-namensgebende Geschichte Ruf des Chtulhus fand ich tatsächlich von allen die Enttäuschenste  :P Sogar noch unter den Bergen...
Weiß nicht, hat mir so gar nix gegeben.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Lyonesse am 30.10.2024 | 13:58
Keine Kurzgeschichte und auch eher konventioneller Horror, aber Der Fall Charles Dexter Ward hat für mich immer ganz gut funktioniert.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: nobody@home am 30.10.2024 | 14:32
Oh die Rollenspie-namensgebende Geschichte Ruf des Chtulhus fand ich tatsächlich von allen die Enttäuschenste  :P Sogar noch unter den Bergen...
Weiß nicht, hat mir so gar nix gegeben.

Mir hat sie vor allem die Erkenntnis beschert, daß (a) das bedrohlichste an Cthulhu eigentlich sein menschlicher Kult ist und (b) einige der am häufigsten hervorgeholten Mythos-Zitate eigentlich auch nur Kultistenpropaganda sind und allermindestens die meisten dieser Leute wohl auch nicht wirklich wissen, was da überhaupt abgeht. Aber sich neue Götter suchen und das tun, wovon sie sich zu wissen einbilden, daß die das wollen? Das können sie immerhin.... >;D

Wobei ich mir halt nicht sicher bin, inwieweit ich bei HPL unbedingt nach "Horror" suche. Persönlich sortiere ich sein Werk ja eher unter "Weird Fiction" ein -- Gruselelemente vorhanden, aber zumindest aus meiner Perspektive oft eher als eine Art von Nebeneffekt der Ereignisse, die sich "eigentlich" abspielen. Aber das ist natürlich subjektiv; der Original-"Dracula" beispielsweise ist ja aus meiner Sicht auch längst nicht sooo zum Bibbern geschrieben und der Vampirgraf schlechthin, wie wir ihn heute gerne im Kopf haben, recht deutlich sichtbar erst das Ergebnis jahrzehntelanger Evolution, nachdem Bram Stoker die Feder schon lange aus der Hand gelegt hatte.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: tartex am 30.10.2024 | 14:42
Für mich rockt schon der erste Absatz mehr als jedes Glibberwesen oder jeder Xenomorph.

Zitat
The most merciful thing in the world, I think, is the inability of the human mind to correlate all its contents. We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far. The sciences, each straining in its own direction, have hitherto harmed us little; but some day the piecing together of dissociated knowledge will open up such terrifying vistas of reality, and of our frightful position therein, that we shall either go mad from the revelation or flee from the deadly light into the peace and safety of a new dark age.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Lyonesse am 30.10.2024 | 16:56
... der Original-"Dracula" beispielsweise ist ja aus meiner Sicht auch längst nicht sooo zum Bibbern geschrieben und der Vampirgraf schlechthin, wie wir ihn heute gerne im Kopf haben, recht deutlich sichtbar erst das Ergebnis jahrzehntelanger Evolution, nachdem Bram Stoker die Feder schon lange aus der Hand gelegt hatte.
Der Briefroman ist dafür ja auch denkbar ungeeignet. Allerdings ist Dracula auch bei Stoker schon ziemlich übel.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Megavolt am 30.10.2024 | 19:20
Aber das ist natürlich subjektiv; der Original-"Dracula" beispielsweise ist ja aus meiner Sicht auch längst nicht sooo zum Bibbern geschrieben und der Vampirgraf schlechthin, wie wir ihn heute gerne im Kopf haben, recht deutlich sichtbar erst das Ergebnis jahrzehntelanger Evolution, nachdem Bram Stoker die Feder schon lange aus der Hand gelegt hatte.

Das ist ein wichtiger Gedanke und am Ende vielleicht auch der rettende. Diese ganzen frühen Fantastiker stecken ja unbekanntes Land ab und sind quasi literaturproduzierende Helden im entsprechenden Heldenzeitalter. Sie probieren literarische Dinge aus erleben literarische Abenteuer. Bis daraus dann mal eine literarische Klassik wird, in der die ganzen von den Helden tief im unbekannten Land gefundenen Formen aussortiert, benannt, erkannt und geschliffen werden, da brauchts halt noch viel Zeit, viel Arbeit, viel Feintuning und vor allem viele mitdenkende Hirne. Und am Ende hat man dann Cthulhu-Inszenierungen, die einfach besser on point und packender sind als das schnarchige Geschwallere vom ollen Lovecraft.

Aber das entwertet ja das Heldenzeitalter mit seinen ganzen Heldentaten nicht.

Den Übertrag in Richtung Rollenspielliteratur kann man locker machen. Die Abenteuer vom Gygax sind auch ziemliche Gurken, quasi wie rohes Erz, das noch sehr stark verarbeitet werden muss. Aber gefunden ist es halt immerhin schon einmal, diese Leistung kann man ja nicht in Abrede stellen.

DSA ist dann irgendwann rollenspiel-literarischer Barock (überbordend, kathedralenhaft, schwülstig und bleischwer), Splittermond ist Rokkoko, OSR wäre gerne Renaissance, ist aber Romantik, Fate ist neue Sachlichkeit (nüchtern & lame), ptbA ist nasse-Nudeln-an-die-Wand-werfen und darin dann lustige Muster suchen, oder sowas wie der Joseph Beuys, also dass man zwei Ecken im Wohnzimmer stundenlang mit Schmalz beschmiert und sagt, es sei Kunst, aber eigentlich ist es schamloser Betrug, der nur noch mit den Eitelkeiten der Leute spielt.  ~;D
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Sashael am 30.10.2024 | 19:50
Ich wäre ja dafür, für diese völlig unnötigen und vom Thema komplett losgelösten Spitzen eine Ermahnung zu verteilen.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Megavolt am 30.10.2024 | 19:52
Ich wäre ja dafür, für diese völlig unnötigen und vom Thema komplett losgelösten Spitzen eine Ermahnung zu verteilen.

Phänomenal! ~;D

Ermahne du mich halt?
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Sashael am 30.10.2024 | 19:59
Phänomenal! ~;D

Ermahne du mich halt?
Du hältst dich für lustig. Bist du aber nicht. Du bist beleidigend und arrogant.

Aber ich halte mich für zu befangen in Bezug auf deine Person, um da eine Entscheidung zu fällen. Also übergebe ich das an andere Mitglieder des Mod-Teams.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Megavolt am 30.10.2024 | 20:04
Ich finde das voll in Ordnung. Deine Befangenheit braucht dir keinerlei Zurückhaltung abzunötigen.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: schneeland am 30.10.2024 | 21:28
Deutlich zu negative Schwingungen hier - ich mache entsprechend mal zu, bis ich oder ein anderer Mod Zeit hatte, sich Gedanken darüber zu machen.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Timberwere am 5.11.2024 | 07:49
Nachdem das Thema im Team besprochen und moderiert wurde, mache ich hier wieder auf und bitte darum,  höflich und sachlich zu weiterzudiskutieren.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 12.11.2024 | 23:58
Ich habe einen weiteren Versuch gewagt und zusätzlich "Die Musik des Erich Zann" sowie auf besondere Empfehlung eines Freundes "Der Schatten aus der Zeit" gelesen. Dabei ist mir noch ein Aspekt klar geworden, der mir bei Lovecraft fehlt: Keine Figur wird so beschrieben, dass ich eine Bindung zu ihr aufbauen kann. Dementsprechend ist mir auch egal, was diesen Figuren geschieht. Im Schatten aus der Zeit flieht beispielsweise im letzten Abschnitt der Protagonist vor einem diffusen Schrecken. Im Grunde spannend aber halt nur, wenn einem sein Überleben (und seine geistige Unversehrtheit) nicht am Allerwertesten vorbei geht.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Irian am 13.11.2024 | 11:06
Definitiv, Lovecraft hat kaum Charaktere geschrieben, mehr... Leute, durch die man das ganze "erlebt". Also die Personen fungieren als Dinge, denen etwas zustößt. Das "zustoßende" ist das zentrale, die Personen sind austauschbare Menschen.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: First Orko am 13.11.2024 | 11:51
Ja spannend! Die Protagonisten sind tatsächlich ziemlich hohl, wie Hüllen. Ich glaube, gerade deshalb fällt es mir immer leicht, mich selbst in der Situation vorzustellen, da die Figur so leer ist, dass keine Distanz möglich ist... aber ja, wenn ich einen Schritt zurückgehe, dann ist mir das Schicksal der Personen auch total egal. Nur halt nicht, wenn ich es auf mich beziehe.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Philipp.Baas am 13.11.2024 | 12:08
Ich habe mal einen sehr intelligenten Kommentar zu den Twilight Romanen gelesen, der ungefähr so ging:

Die Hauptfigur wird nirgends beschrieben, sie hat wenige bis gar keine Emotionen und bietet generell wenig identifizierbare Fläche. Der Grund ist ganz einfach, dass das Zielpublikum, junge (in dem Fall weibliche) Teenager sich durch die Figur austauschen können. Mir wurde dort dieser literarische Trick erst bewusst, aber bei Lovecraft empfinde ich die Figuren auch als ähnlich hohl ... Menschen ohne Eigenschaften (Pun intended). Ich springe auch nicht so richtig drauf an, aber vielleicht hängt das vom Genre ab, ob ein Leser drauf anspringt. Willst du dich in dieser Figur/Situation sehen oder nicht.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: tartex am 13.11.2024 | 12:14
Ich lese ihn genau deshalb. Weil der so eine entspannende Distanz zu anderen Personen in den Stories schafft - inklusive dem Erzähler. Ich muss eh schon regelmäßig mit Leuten in Realtime reden. Da brauche ich nicht noch 'natürlichen' Dialog in der Literatur.  Es gibt viele Gespräche in den Lovecraft-Geschichten, aber auch nicht in der direkten Rede - sondern aus der Distanz

Und mein Lovecraft-Lektüre fördert eigentlich viel Action zu Tage - halt auch aus der Distanz. Es ist sehr entspannend das zu lesen.

Deshalb fand ich Lovecraft als Teenager auch nur schnarchig und habe ihn erst später zu schätzen gelernt, als ich nicht mit der Erwartung ranging mich zu gruseln, sondern einfach was altmodisches, traumartiges lesen wollte. Der Traumbezug kommt ja öfters vor. Kein Zufall würde ich behaupten.

Das ist eindeutig mit viel Talent geschrieben. Das Talent wird halt nicht dazu benutzt einen Thriller zu verfassen.

Action sieht bei Lovecraft halt so aus:

Zitat
     Actually, the horrified pause of the men was of comparatively brief duration. Duty came first; and although there must have been nearly a hundred mongrel celebrants in the throng, the police relied on their firearms and plunged determinedly into the nauseous rout. For five minutes the resultant din and chaos were beyond description. Wild blows were struck, shots were fired, and escapes were made; but in the end Legrasse was able to count some forty-seven sullen prisoners, whom he forced to dress in haste and fall into line between two rows of policemen. Five of the worshippers lay dead, and two severely wounded ones were carried away on improvised stretchers by their fellow-prisoners. The image on the monolith, of course, was carefully removed and carried back by Legrasse.

Bei anderen Autoren würde gerade der Teil über 20 Seiten gehen, mit Anschleichen und Spannungsaufbau, Heranzoomen an Gesichter und Emotionen, etc, etc. Aber sowas habe ich schon dutzendemale so ausführlich gelesen. Da habe ich lieber die elegant ausformulierte Zusammenfassung.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Horsinand am 13.11.2024 | 12:33
So hohl finde ich die Erzähler/Protagonisten bei HPL garnicht. Über den Hauptcharakter bei Schatten über Innsmouth erfährt man so einiges - später auch zur Familiengeschichte (was natürlich der Clou ist).

Bei The case of Charles Dexter Ward erfährt man auch so einiges zu den Protagonisten etc.

Die Angaben reichen mir da völlig.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Philipp.Baas am 13.11.2024 | 12:51
Die Hintergrundgeschichte ist nicht das Problem. Es ist der Blick in den Spiegel, der verhindert wird. Ebenso wie die emotionale Verdichtung, die über die Grundemotion des Genres hinausgeht. Bei Lovecraft Angst, Panik und Verwirrung. In meiner Erinnerung sind die Figuren nicht wütend, gekrängt, euphorisch, fröhlich sondern (wie hier schon mehrmals gesagt) distanziert außer es geht um die Grundemotion.
 
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Megavolt am 13.11.2024 | 19:06
Vielleicht sind die Erlebnisse mit den Texten vom Lovecraft auch deshalb so unterschiedlich, weil es so viele gibt, und weil sie schon eine erkennbar unterschiedliche Qualität haben. Es ist vermutlich relevant, ob man "die fünf besten" kennt oder "die fünf grottigsten". Vielleicht reden wir hier letztlich über unterschiedliche Texte, die erst mal nur das Label verbindet.

Vielleicht sollte jeder mal seine Lieblingsgeschichten nennen (oder sein meistgehasstestes Stück), dann könnte man auch bei einer erneuten Annäherung ein bisschen sortieren und hätte vielleicht einen insgesamt günstigeren Zugang.

Ich denke, ich mag die Farbe aus dem All am liebsten und ich halte Berge des Wahnsinns für das exemplarische Stück, an dem man Lovecrafts viele Mängel sehr klar sehen kann und sie auch ziemlich komplett und gebündelt vor sich liegen hat.

Anekdote: Ich habe letzthin (nicht zuletzt angeregt durch diesen ebenfalls sehr exemplarischen Tanelorn-Thread) mal im Hintergrund ein paar Lovecraft Geschichten in der YouTube Playlist dudeln lassen und sie semi-aufmerksam angehört. Und irgendwann dachte ich so: Okay, DAS ist aber mal eine coole Geschichte, wie heißt die denn? Und als ich nachgesehen habe, stellte sich heraus, die war nicht vom Lovecraft, der Algorithmus hat mich stattdessen zu einem besseren Schriftsteller weitergeleitet.  ~;D
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Niniane am 13.11.2024 | 21:11
Ich habe einen weiteren Versuch gewagt und zusätzlich "Die Musik des Erich Zann" sowie auf besondere Empfehlung eines Freundes "Der Schatten aus der Zeit" gelesen. Dabei ist mir noch ein Aspekt klar geworden, der mir bei Lovecraft fehlt: Keine Figur wird so beschrieben, dass ich eine Bindung zu ihr aufbauen kann. Dementsprechend ist mir auch egal, was diesen Figuren geschieht. Im Schatten aus der Zeit flieht beispielsweise im letzten Abschnitt der Protagonist vor einem diffusen Schrecken. Im Grunde spannend aber halt nur, wenn einem sein Überleben (und seine geistige Unversehrtheit) nicht am Allerwertesten vorbei geht.

Spannend, "Der Schatten aus der Zeit" war meine allererste Lovecraft-Geschichte, und ich hab mich soooo gegruselt. Dass der Protagonist so austauschbar war, hat mich gar nicht so gestört, ich fand die Beschreibung und die Auswirkungen ziemlich beklemmend.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Sashael am 14.11.2024 | 12:40
Keine Figur wird so beschrieben, dass ich eine Bindung zu ihr aufbauen kann. Dementsprechend ist mir auch egal, was diesen Figuren geschieht. Im Schatten aus der Zeit flieht beispielsweise im letzten Abschnitt der Protagonist vor einem diffusen Schrecken. Im Grunde spannend aber halt nur, wenn einem sein Überleben (und seine geistige Unversehrtheit) nicht am Allerwertesten vorbei geht.
Aber warum ist das bei dir so?

Kannst du nur mit Personnagen mitfühlen, wenn die für dich wie bekannte Freunde sind?

Ich persönlich brauche keinen Bindungsanker, damit mich das Schicksal einer Person berührt. Die darf nur kein ausgewiesenes Arschloch sein. Aber ein "leeres Blatt", dass in Panik vor etwas Unbekanntem flieht, sorgt nicht dafür, dass ich das Unbekannte als "irrelevant" und "nicht gruslig" einstufe. Was die Voraussetzung dafür ist, dass ich die Geschichte nicht unheimlich finde.
Eher so im Gegenteil. Was diesem 08/15 John Doe passiert, kann wortwörtlich jedem passieren.

Das Argument "Ich finde den Protagonisten flach und farblos und deswegen finde ich die Geschichte einfach nicht unheimlich" kann ich wirklich Null nachvollziehen.
Das Eine hat mit dem Anderen in meinen Augen nichts zu tun. Ich kann mit fortschreitender Identifizierung/Bindung mit dem Protagonisten an seinem Schicksal mehr Anteil nehmen, aber das Unheimliche, das Unbekannte, das Grauen sind davon unbetroffen.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 14.11.2024 | 18:21
Ich lese ihn genau deshalb. Weil der so eine entspannende Distanz zu anderen Personen in den Stories schafft - inklusive dem Erzähler.

Das freut mich für dich und alle anderen, denen Lovecrafts Geschichten - aus welchen Gründen auch immer - Vergnügen bereiten :). Geschmäcker sind nun einmal unterschiedlich.

Daher tut es mir sehr leid, dass hier zwischenzeitlich geschlossen wurde. Wenn man es schafft, Geschmacksfragen nicht mit Wahrheitsfragen zu verwechseln, ist ein Austausch so viel produktiver - wie dieser Faden glücklicherweise ebenfalls zeigt.


Vielleicht sollte jeder mal seine Lieblingsgeschichten nennen (oder sein meistgehasstestes Stück), dann könnte man auch bei einer erneuten Annäherung ein bisschen sortieren und hätte vielleicht einen insgesamt günstigeren Zugang.

Klingt produktiv  :d.

Kannst du nur mit Personnagen mitfühlen, wenn die für dich wie bekannte Freunde sind?

Nicht nur aber je mehr ich mich mit einer fiktiven Figur identifizieren kann, desto mehr nehme ich Anteil. Und ich habe eben bemerkt, dass mich (neben vielen anderen Dingen) auch dieser Punkt daran hindert, Lovecrafts Geschichten etwas abzugewinnen.

Aber warum ist das bei dir so?

Fragst du dich, warum ich mich nicht mit Lovecrafts Figuren identifizieren kann? Oder findest du es komisch, dass der Identifikationsgrad mit einer Figur und das Ausmaß der Anteilnahme an ihrem Schicksal zusammen hängen?
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Sashael am 14.11.2024 | 18:37
Fragst du dich, warum ich mich nicht mit Lovecrafts Figuren identifizieren kann? Oder findest du es komisch, dass der Identifikationsgrad mit einer Figur und das Ausmaß der Anteilnahme an ihrem Schicksal zusammen hängen?
In gewisser Weise das zweitere.
Ich finde es komisch, dass dir die Ursache des Schicksals einer Figur egal zu sein scheint, wenn du die Figur nicht tief genug kennst.

Ich versuche zu erklären:
Bei Lovecrafts Geschichten geht es um das Unbekannte Grauen. Und zwar ein gleichgültiges und anteilsnahmsloses Grauen aus einem Winkel des Weltraums, der zu fremd und absonderlich ist, als dass wir ihn überhaupt logisch erfassen können. Durch merkwürdige Umstände bricht es über unsere Welt herein und hinterlässt an der Stelle Tod und Wahnsinn.

Die Protagonisten sind Boten dieser Ereignisse. Klar, wenn es sich um Figuren handeln würde, die wir gut kennen und mögen, würde uns das persönliche Schicksal von ihnen näher gehen, aber es würde eigentlich nichts an der Ursache des Grauens ändern.
Die Absicht der Geschichten ist imo nicht, die Leser mit den Figuren mitleiden zu lassen, sondern ihnen einen Alptraum zu zeigen, der womöglich nur hinter der nächsten Ecke (oder in der Antarktis) auf sie wartet.

Und wenn jetzt manche sagen "Die Geschichten finde ich nicht gruslig, denn die Protagonisten find ich blass und farblos", dann fehlt da in meinen Augen der Bezug zur Geschichte. Es geht ja nicht darum, WEM etwas passiert, sondern WAS da geschieht.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: tartex am 14.11.2024 | 18:47
Vielleicht sollte jeder mal seine Lieblingsgeschichten nennen (oder sein meistgehasstestes Stück), dann könnte man auch bei einer erneuten Annäherung ein bisschen sortieren und hätte vielleicht einen insgesamt günstigeren Zugang.

Meine Lieblingsgeschichte ist Dagon (https://www.hplovecraft.com/writings/texts/fiction/d.aspx). Sozusagen Lovecraft in höchster Konzentration. Es gibt gar keine Nebencharakter, nur einen einzelnen verlorenen Menschen, der durch den Schlamm watet und ein paar Felsen anschaut. Sehr starke Atmosphäre auf sehr kleiner Fläche konzentriert.


Und zum Thema  ganzallgemein lasse ich mal den Elitisten raushängen: Lovecraft ist vielleicht so wie Musik. Klar, es gibt viele, die mögen nur die eingängigsten Songs, die ihnen regelmäßig im Radio vorgespielt werden. Aber nicht wenige wollen je nach Stimmung auch mal was anderes hören. Vieles davon ist vielleicht nicht so zugänglich, aber darum geht es ja gerade nicht. Auf einige Sachen muss man sich einlassen können oder wollen. Dass die Mitsing-Hooks fehlen ist nicht Bug, sondern Feature. Die Hooks würden dich nie das fühlen lassen, was der andere Zugang ermöglicht. Sehe ich bei Literatur sehr ähnlich.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Megavolt am 14.11.2024 | 21:33
Meine Lieblingsgeschichte ist Dagon (https://www.hplovecraft.com/writings/texts/fiction/d.aspx). Sozusagen Lovecraft in höchster Konzentration. Es gibt gar keine Nebencharakter, nur einen einzelnen verlorenen Menschen, der durch den Schlamm watet und ein paar Felsen anschaut. Sehr starke Atmosphäre auf sehr kleiner Fläche konzentriert.

Dann ziehe ich mir das bei nächster Gelegenheit mal rein und bin sehr gespannt.  :d

Ich finde es lustig, dass ich trotz eingeschränkter Textkenntnis den Lore im Großen und Ganzen doch irgendwie kenne, aber halt vermittelt durch Sekundärquellen. :) Ich bin nach wie vor der Meinung, Lovecraft profitiert immens durch die endlosen Raffinationen und Reflexionen durch andere Kreative, und das halte ich eigentlich nicht für einen Makel, sondern empfinde die Erkenntnis, dass Stoffe dadurch nicht nur runtergewirtschaftet, sondern auch stark aufgewertet werden können, als interessant und arg bedenkenswert.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Alter Weißer Pottwal am 14.11.2024 | 21:53
Bei Dagon bin ich auch dabei. Dagon und Schatten über Innsmouth sind meine Favoriten.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: First Orko am 15.11.2024 | 11:33
Und zum Thema  ganzallgemein lasse ich mal den Elitisten raushängen: Lovecraft ist vielleicht so wie Musik. Klar, es gibt viele, die mögen nur die eingängigsten Songs, die ihnen regelmäßig im Radio vorgespielt werden. Aber nicht wenige wollen je nach Stimmung auch mal was anderes hören. Vieles davon ist vielleicht nicht so zugänglich, aber darum geht es ja gerade nicht. Auf einige Sachen muss man sich einlassen können oder wollen. Dass die Mitsing-Hooks fehlen ist nicht Bug, sondern Feature. Die Hooks würden dich nie das fühlen lassen, was der andere Zugang ermöglicht. Sehe ich bei Literatur sehr ähnlich.

Bei aller Anmaßung, die bei dem Vergleich von (ich überzeichne mal:)"Ordinärer Massenkunst" und "Elitistischer Hochkultur" mitschwingt: Michael Sandel hat das in einer seiner Vorlesungen zu "Justice" mal als "Higher/Lower Pleasure" beschrieben, wobei das keine qualitative Zuschreibung sein soll sondern eher ein "Zugangsgefälle" beschreibt.  Während man sich bei genaueren Definitionen und Einordnungen in dem Bereich schnell in die Nesseln setzt, zieht er Zugänglichkeit als Maßstab heran. Die Annahme ist, dass es Werke gibt, die  eine (deutlich) höhere, meist breitere Vorbildung benötigen, als die "Massenwahre". Das ist natürlich auch subjektiv geprägt und bar jeden Absolutheitsanspruch.

Und auch wenn ich Lovecraft nun nicht als "Hochkulturelles Erzeugnis" einordnen würde: Künstlerische Werke müssen anders betrachtet werden, je weiter sie zurückliegen und erfordern immer Wissen um die Entstehungszeit. Das merkt man, wann man mit einem Menschen mit "normalen" Filmgeschmack über Filme aus den 50ern diskutieren möchte ganz gut. Die werden per se als "langweilig" wahrgenommen, weil sie mit den aktuellen Sehgewohnheiten brechen. Wer daran Genuss finden möchte, muss sich das "erarbeiten" wollen - wie Arbeit wirkt es zumindest auf Außenstehende, wenn man mal so erzählt, wie man sich damit beschäftigt. Es kann aber Genuss sein für einen, wenn sich dadurch eine ganz andere Welt erschließt: Seien es Filme aus der Frühzeit des Kinos oder eben pulpige Gruselliteratur aus einem anderen Jahrhundert. Beides erfordert bewussten Willen, sich damit auseinanderzusetzen, welcher der reinen Berieselung eher gegenübersteht.

EDIT: Die Diskussion ist jetzt ja schon von "Rant" entfernt. Ich persönlich finds gut, wenn es einem Rant was Fruchbares entsteht, aber evt sieht flaschengeist das anders und der Strang könnte mal aufgetrennt werden...?
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: flaschengeist am 15.11.2024 | 13:55
Die Protagonisten sind Boten dieser Ereignisse. Klar, wenn es sich um Figuren handeln würde, die wir gut kennen und mögen, würde uns das persönliche Schicksal von ihnen näher gehen, aber es würde eigentlich nichts an der Ursache des Grauens ändern.

Danke für deine Erläuterungen - nur das wollte ich ausdrücken. Würde Lovecraft mich an anderen Stellen abholen, könnte ich das Fehlen dieses Aspekts verschmerzen. Aber...


Die Absicht der Geschichten ist imo nicht, die Leser mit den Figuren mitleiden zu lassen, sondern ihnen einen Alptraum zu zeigen, der womöglich nur hinter der nächsten Ecke (oder in der Antarktis) auf sie wartet.

... sein Schreibstil erzeugt leider bei mir eben kein Gefühl von "Cosmic Horror" sondern vor allem Langeweile.


Auf einige Sachen muss man sich einlassen können oder wollen. Dass die Mitsing-Hooks fehlen ist nicht Bug, sondern Feature. Die Hooks würden dich nie das fühlen lassen, was der andere Zugang ermöglicht.

Mein Wollen war groß. Und ob Lovecrafts Variante von anderem Zugang Bug oder Feature ist, bleibt eine Geschmacksfrage (auch wenn das anzuerkennen, dem Elitisten in dir womöglich schwer fällt ;)).


EDIT: Die Diskussion ist jetzt ja schon von "Rant" entfernt. Ich persönlich finds gut, wenn es einem Rant was Fruchbares entsteht, aber evt sieht flaschengeist das anders und der Strang könnte mal aufgetrennt werden...?

Ganz und gar nicht: Je fruchtbarer, desto besser :d. Der Beitrag war als Rant gekennzeichnet, damit speziell Lovecraft-Freunde vorgewarnt sind. Ich wollte so das Eskalationsrisiko senken - wie gut dieser Plan funktioniert hat, haben wir ja gesehen  ;D.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Quaint am 15.11.2024 | 14:20
Also fesselnd finde ich die Orginalgeschichten auch nicht, aber ich kann sie schon ohne Qual lesen. Die sind aber auch nicht alle durchgehend gut (oder schlecht). So ganz meins isses aber nicht, auch wenn ich mal die gesammelten Werke für kleines Geld angeschafft habe - da hatten wir eine Pulp-Cthulhu Kampagne und ich dachte das Orginal wäre gute Inspiration.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: tartex am 15.11.2024 | 14:23
Mein Wollen war groß. Und ob Lovecrafts Variante von anderem Zugang Bug oder Feature ist, bleibt eine Geschmacksfrage (auch wenn das anzuerkennen, dem Elitisten in dir womöglich schwer fällt ;)).

Also ich scheitere regelmäßig an Sachen, bei denen Leuten denen ich vertraue sagen, dass sie ganz großartig sind. Auch wenn ich mich dem stundenlang aussetze und sogar auf Konzerte gehe.

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Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Megavolt am 11.03.2025 | 20:22
Mir kam der Gedanke, dass man den Lovecraft mal gegen den E.T.A. Hofmann bürsten sollte. Mir scheint, dass so ein Vergleich der Schauerliteraten produktiv wäre. Aus der Hüfte würde ich sagen, E.T.A. ist vielerlei Hinsicht um Welten besser (auch: arrivierter, insgesamt approbierter, intelligenter, usw.), leider auch nochmal 100 Jahre antiquierter und entsprechend fremder.

Ich deklariere hiermit offiziell  'shotgun' im Hinblick auf ein geerdet schwarzromantisches Rollenspiel, sollte ich tatsächlich die einzige Lücke entdeckt haben, die überhaupt noch existiert.
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Niniane am 11.03.2025 | 21:14
Mir kam der Gedanke, dass man den Lovecraft mal gegen den E.T.A. Hofmann bürsten sollte. Mir scheint, dass so ein Vergleich der Schauerliteraten produktiv wäre. Aus der Hüfte würde ich sagen, E.T.A. ist vielerlei Hinsicht um Welten besser (auch: arrivierter, insgesamt approbierter, intelligenter, usw.), leider auch nochmal 100 Jahre antiquierter und entsprechend fremder.

Ich deklariere hiermit offiziell  'shotgun' im Hinblick auf ein geerdet schwarzromantisches Rollenspiel, sollte ich tatsächlich die einzige Lücke entdeckt haben, die überhaupt noch existiert.

Das ist aber schon Äpfel mit Birnen vergleichen. E.T.A. Hoffmann war ein Romantiker und kratzt teilweise an der Gothic Novel (ich habe meine Facharbeit in Deutsch darüber geschrieben, außerdem ist der gute Ernst Theodor Amadeus einer meiner Lieblingsschriftsteller ;) ), Lovecraft ist ein Vertreter, wenn nicht sogar DER Vertreter der Weird Fiction, die literaturtechnisch ganz andere Themen behandelt.

"Besser" und "Schlechter" sind übrigens reine Geschmackssache, aber da kämen wir dann in eine ganz andere Richtung, nämlich nach Königsberg :D 
Titel: Re: [Rant] H.P. Lovecrafts Kurzgeschichten
Beitrag von: Megavolt am 11.03.2025 | 21:37
Hat mein Beitrag den Eindruck erweckt, ich hielte die beiden für Zeitgenossen und Nachbarn?

Ich vergleiche die beiden trotzdem, was willst du dagegen machen.  ~;D