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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Fredi der Elch am 5.05.2006 | 11:42

Titel: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 5.05.2006 | 11:42
Schon wieder ein Manifest (na ja, das letzte ist über 6 Monate her). Aber ich wollte mir einfach mal von der Seele schreiben, wie ich spiele und was ich am Spiel gut finde. Vielleicht finden das ja andere Leute auch. Es ist (natürlich) mal wieder etwas länger geworden (ich feile da schon ein paar Tage dran). Ich hoffe auch, dass ich mich nicht zu oft wiederhole, ich wolle meinen Standpunkt einfach ausreichend verdeutlichen. Here goes…


Vorneweg

Vermi ist schuld (das wollte ich schon immer mal sagen)! Naja, wenigstens ein bisschen. Seine neue Ablehnung von „pervy“ und seine (Wieder-)Entdeckung des SIS und seine Suche nach dem Kern, der ihm eigentlich gefällt, haben mit noch mal deutlicher vor Augen geführt, was ich eigentlich gut finde. Weil es nicht das ist, wonach Vermi sucht. ;)

Diese „Sinnsuche“ zusammen mit dem Post von TonyLB (schlauer Kerl) hier:
http://www.indie-rpgs.com/forum/index.php?topic=19706.0
haben bei mir eine Art Groschen fallen lassen. Kondensiert ist das dann tatsächlich an einem Ausspruch von Bitpicker:
Ich kann kein 'care about it' ohne 'feel like I live there' erreichen.
Das führte bei mir zu der Frage, wie ich eigentlich „Care“ ohne „Live There“ haben kann. Und ich denke, dass ich es nun in halbwegs verständlicher Form präsentieren kann. Was jetzt folgt, ist meine Sicht meines Stils. Ich lasse deswegen alle IMOs und mMns weg. Denkt sie euch dazu und so.

Ich werde erst einmal mit der Vorstellung der Kernidee meines Spielstils beginnen und dann auf die Bereiche „SIS“ und „kreativer Input“ vertiefend eingehen.


Kernidee

Es geht um die Spieler und ihre Ideen und um nichts anderes. Das ist auch der Grund, warum bei mir die Forge-Idee so extrem eingeschlagen hat: dort wurde (und wird) immer propagiert, dass es um die realen Spieler am Tisch geht. Mir geht es um nichts anderes.

Es geht also um die Spieler und ihre Ideen. Und damit sich die Ideen auch zwischen den Spielern bewegen können, geht es natürlich auch ganz zentral um die Kommunikation zwischen den Spielern. Kommunikation von Ideen, das ist der Kern.

Inhaltlich interessiert mich also der kreative Input (die Ideen) der anderen Spieler. Und davon besonders (aber nicht ganz ausschließlich) der moralische Standpunkt der Spieler. Und wie immer hört sich „moralischer Standpunkt“ so großartig an, meint aber nichts anderes als die Meinung der Spieler zu menschlichen Grundthemen wie Liebe, Loyalität, Gewalt, Job usw. Ich will wissen, wo die Spieler stehen. Ich will wissen, was den Spielern wichtig ist, wo sie emotional involviert sind. Ich will es durch das Spiel erfahren.

Da ich beim Rollenspiel aber nicht nur Zuschauer, sondern auch Autor bin, will ich noch mehr: ich will meinen eigenen kreativen Input geben und meinen eigenen Standpunkt vermitteln. Und ich will, dass die anderen meinen Standpunkt respektieren. Am Besten sollen sie natürlich sagen: „Mensch, sehe ich genau so!“ Aber mindestens sollte ein „Sehe ich zwar anders, aber ich kann verstehen, warum du das so siehst“, bei rausspringen. Und diesen Respekt will ich nicht geschenkt, ich will ihn mir erarbeiten, mich damit auseinandersetzen.

Soviel zur Kernidee, die ich jetzt in den nächsten Teilen noch weiter erläutern werde


Die Bedeutung des SIS (Where I don’t live)

(SIS = Shared Imagined Space, also das, was die Spieler sich gemeinsam vorstellen. Quasi die „In-Game Ebene“)

Welche Bedeutung hat nun der SIS bei dieser Art zu spielen? Der SIS bildet die Basis für die Kommunikation zwischen den Spielern. Der SIS ist sozusagen das Medium der Kommunikation. Die Spieler stellen ihren kreativen Input (der den moralischen Standpunkt enthält) als mögliche Addition zum SIS vor. Somit bildet der SIS den Raum, in dem (oder besser: auf dem Weg zu dem) alle Ideen der Spieler zusammentreffen. An der Schwelle zum SIS und im SIS kann man ablesen, welche Ideen die Spieler haben und hatten und welche von den anderen Spielern akzeptiert wurden.

Es geht also nicht um a abstrakte philosophische Ideen, sondern um konkrete Ideen in konkreten Situationen. Also nicht „Liebe vs. Karriere“ sondern ganz konkret: „In dieser Situation, mit diesem Charakter, was wäre da die Entscheidung?“ Der SIS bildet also auch einen Anker, der die von den Spielern geäußerten Ideen mit konkreten Situationen verankert. Man könnte quasi sagen: Philosophical Ideas battle it out through hard and gritty SIS.

Wichtig ist hierbei, dass der SIS keinen eigenen Wert, losgelöst von den Spielern, hat. Kurz: der SIS kann mich mal gepflegt am *beeeeep*! Der SIS hat nur eine Funktion als Kommunikationsmedium für die Ideen der Spieler, als Arena der Ideen. Nur solange durch ihn Ideen geäußert werden ist er interessant. Teile des SIS, die nicht mehr „heiß“ sind, die also nicht mehr „umkämpft“ sind, hinter denen keine Ideen eines Spielers mehr stehen, sind wertlos. Der SIS hat nur so lange einen Wert, solange ein Spieler ihm mit seinen Investment, mit seinen Ideen einen Wert verleit. Danach ist er uninteressant.


Die Ideen der Spieler (What I care about)

Den einzigen Wert im Spiel haben also für mich die Ideen der Spieler. Und zwar meine ich Ideen, die die Spieler emotional berühren (emotionales Investment). Das kann Color sein („Schau mal, was ich für eine tolle Idee habe!“), aber am liebsten ist mir der moralische Standpunkt („Sieh mal, was ich zu dem Dilemma meine:…“). Für diese Ideen „care“ ich.

Kommunikation der Ideen ist das Zentrum. Der SIS ist (wie gesagt) das Medium, durch das diese Kommunikation stattfindet (allerdings nicht das einzige Medium).

Durch diese Kommunikation will ich herausfinden, wie die anderen Spieler etwas sehen. Und ich bewerte ihren Input und ihren Standpunkt. Und ich will ausdrücken, wo mein Standpunkt ist und ich will, dass meine Spieler ihn bewerten. Dadurch kann und soll auch ein Kampf der Ideen entstehen, denn ich will mich mit den wirklichen Überzeugungen der Spieler befassen, will wirklich meine Ansichten mit den anderen abgleichen, will vielleicht sogar etwas lernen, meine Ansichten ändern.

Im Spiel wird durch den SIS oft versucht ein gemeinsamer Standpunkt zu erreichen. Man schaut, wo man steht, wo die anderen stehen und nähert sich evtl. teilweise an. Man versucht andere vom eigenen Standpunkt zu überzeugen. Man versucht den Standpunkt der anderen ernst zu nehmen und zu bedenken. Als mindestes soll aber ein gewisser Respekt für den Standpunkt des anderen erreicht werden. Man respektiert sich und akzeptiert den Standpunkt, auch wenn man ihn nicht teilt.

Wie gesagt ist der SIS nicht das einzige Medium in dieser Kommunikation (wenn auch ein wichtiges). Mindestens genau so wichtig ist die Kommunikation, die auf das Spiel bezogen direkt zwischen den Spielern abläuft, also verbale und vor Allem nonverbale Kommunikation den SIS oder den direkten Spielablauf betreffend. Besonders das Feedback zu Input in den SIS bzw. zu den Standpunkten der Spieler ist sehr wichtig. Im Optimalfall besteht diese „Nebenkommunikation“ (die aus meiner Sicht eher eine „Hauptkommunikation“ ist) hauptsächlich aus positivem Feedback, also dem Verstärken der anderen Spieler für ihren Input und ihren Standpunkt. Die Spieler versichern sich gegenseitig ihres jeweiligen Standpunkts. Kommt es zu Auseinandersetzungen über einen Standpunkt, wird Vorzugsweise ein gemeinsamer Standpunkt erreicht oder der andere Standpunkt akzeptiert.

Diese Kommunikation am SIS vorbei ist deswegen so besonders wichtig, weil ein Spieler so im SIS Aussagen machen kann, die von seinem Standpunkt abweichen und durch zusätzliche OOC-Kommunikationskanäle trotzdem seinen eigentlichen Standpunkt verdeutlichen kann. Ein Spieler kann also seinen Charakter etwas Furchtbares tun lassen, kann aber nonverbal (z.B. durch Verziehen des Gesichts) oder verbal (z.B. durch „Mein Char ist ja so ein Schwein“) deutlich machen, dass er als reale Person die Handlung der fiktiven Figur nicht gutheißt.

Besonders diese Beispiel der Kommunikation „am SIS vorbei“ macht deutlich, das der SIS für mich ein Kommunikationskanal ist, der wie die anderen beiden Kanäle „verbal am SIS vorbei“ und „nonverbal am SIS vorbei“ eingesetzt wird. Und genau wie in normaler Kommunikation kann besonders die Inkonsistenz zwischen Kanälen interessante sprachliche Muster erzeugen (z.B. Ironie, Sarkasmus usw.). Nur ein Spieler, der alle drei Kanäle verwendet, nutzt das Medium „Rollenspiel“ als Medium der Kommunikation zwischen den Spielern komplett aus. So werden die Ideen der Spieler und ihre Bewertung im Optimalfall auf allen drei Ebenen hin und her geworfen.


Spielgefühl (Caring without Living There)

Ich hoffe, dass durch die bisherigen Ausführungen deutlich geworden ist, wie für mich Care (also eine emotionale Anteilnahme) ohne Live There (also das Gefühl in einen imaginierten Raum „einzutauchen“) möglich ist.

Da der SIS nur ein Kommunikationskanal ist, interessiert er mich nur so lange, wie ich durch ihn (evtl. zusammen mit den anderen Kanälen) etwas über die Ideen (kreativen Input oder moralischen Standpunkt) der anderen Spieler erkennen kann. So lange der SIS „heiß“ ist, also Ideen und emotionales Investment hinter den aktiven Elementen stehen, interessiert er mich. Sobald dies wegfällt, verfestigt sich der SIS und wird zu etwas, was „der Spieler vorhin mal gedacht hat oder vorhin mal interessant fand“. Die Ideen wandern weiter zu neuen SIS-Elementen oder wechseln zu anderen Kommunikationskanälen. Der SIS „gerinnt“ und wird zu einer leeren Hülle, die mich keinen Meter mehr interessiert. Die emotionale Bindung zu den Ideen aber bleibt.

Deswegen geht für mich Care (für die Ideen der Spieler) ohne Live There (starkes Gefühl für den SIS) sehr gut.


Ideen vs. SIS (Don’t make me feel like I live there)

Es ist nicht nur so, dass der SIS keine weitere Bedeutung außer der des Kommunikationskanals hat. Ein besonderer Bezug auf den SIS kann sogar störend wirken, wenn durch diesen Bezug keine Idee eines Spielers transportiert wird.

Deswegen empfinde ich es auch als so besonders störend, wenn ein Spieler ausschließlich aus dem SIS argumentiert und dabei keine eigene Idee vermittelt. Die „geronnenen“ Teile des SIS zu verwenden ist für mich nicht nur völlig uninteressant, sondern lenkt auch noch davon ab, die wichtigen Ideen zu kommunizieren. Sowohl Zeit wird aufgefressen als auch wird es mir schwierig gemacht, wichtige von unwichtigen Teilen des SIS zuunterscheiden.

Ein „das würde mein Charakter eben tun“ ist für mich dementsprechend das Worst-Case-Szenario. Zum einen wird aus dem SIS argumentiert, zum anderen wird durch diese Argumentation die Bewertung des Spielers verdeckt und die Kommunikation gestört. Anders sieht es aus, wenn gleichzeitig auf anderen Kanälen eine Idee des Spielers (oder die Bewertung der In-Game Aktion) kommuniziert wird. Aber eine reine Argumentation aus dem SIS ohne Kommunikation eine Idee ist furchtbar.

Ein kleines Beispiel dazu:
Bei Dogs in the Vineyard erschießt ein Charakter einen kleinen Jungen, weil er seine kleine Schwester „unsittlich berührt“ hat.
Direkt bei der Aktion rufe ich „Boah, wie hart“. Ich verdeutliche dadurch meinen eigenen Standpunkt: Ich finde so etwas als reale Person schlecht, widerlich, usw.
Ich erwarte durch diesen Start der Kommunikation jetzt eine Antwort darauf vom agierenden Spieler. Durch die Aktion des Charakters im SIS ist sein Standpunkt als reale Person nämlich nicht ganz klar. Also soll er mir seinen Standpunkt zu der Aktion verdeutlichen. Dazu kann er z.B. mir einfach nur zunicken und sein Gesicht verziehen, um seinen Ekel auszudrücken. Oder er kann „Mein Char ist echt ein Schwein“ murmeln. Wie auch immer, ich erwarte eine Aussage von ihm.
Antwortet er nun einfach: „Mein Charakter würde das eben tun“, dann argumentiert er allein aus dem SIS und gibt mir keine Antwort auf meine implizite Frage. Er lässt seinen Standpunkt unklar und mich vor die Wand laufen. Zusätzlich weiß ich nicht einmal, ob er überhaupt emotionales Investment in diese Idee hat oder ob ich der einzige bin und er die Szene eigentlich uninteressant findet. Statt durch den SIS zu kommunizieren, versteckt er sich hinter dem SIS, indem er ausschließlich daraus argumentiert.

Wird also zu stark (oder ausschließlich) aus dem SIS argumentiert, stört das die Kommunikation der Ideen zwischen den Spielern. Eine Auseinandersetzung über die Ideen ist nicht mehr möglich. Und das nervt mich ungemein.


Implikationen für das Spiel

Aus dieser Sicht meiner Prioritäten im Spiel lassen sich einige Beobachtungen von Techniken und Vorlieben erklären. Es wird, denke ich, leichter zu verstehen, warum ich so spiele, wie ich spiele.

Color und Setting werden überbewertet. Da der SIS selbst für mich uninteressant ist, sind alle Zusätze zum SIS, die nur seiner „Verschönerung“ oder „Vergrößerung“ um ihrer selbst willen dienen, für mich überflüssig. Color und Setting interessieren mich nur so lange, wie sie Ideen der Spieler transportieren oder dies wenigstens direkt vorbereiten. Wenn mir also jemand mit einem Setting-Teilchen oder eine Color-Stück vermitteln will: „Hey, ich habe hier diese tolle Idee, das finde ich super, da bin ich heiß drauf! Wie findest du das?“, dann finde ich das interessant, denn das sagt mir etwas über den Spieler hinter dem SIS und seine Vorlieben. Auf fein ziselierte Beschreibungen und kunstvoll hergestellte Atmosphäre hingegen kann ich gut verzichten (bzw. sie stört mich sogar).

Der handwerkliche Aspekt der Erzählung ist mir unglaublich schnurz (so lange dadurch nicht ein „Hey, ich kann was, schaut mal her“ vermittelt wird). Ich brauche keine sprachlich gewandte Erzählung, keine geschliffene Beschreibung. Ich brauche Ideen. Es ist die rohe emotionale Kraft der Ideen der anderen Spieler, die mich begeistert. Und ich will begeistern und begeistert werden! Direkt auf der Ebene der Spieler durch die Ideen der Spieler. Alles andere ist nur Verpackung (und eine schöne Verpackung kann zwar nett sein und einem etwas geben, aber in erster Linie kommt es auf den Inhalt an).

Ich kann mit Logik-Fehlern leben. Da der SIS mit im „geronnenen Zustand“ wie gesagt herzlich egal ist und er mir deswegen auch nicht immer so präsent ist, fallen mit Fehler in der Konsistenz der Erzählung oft nicht so auf. Natürlich versuche ich sie zu vermeiden, da bei grober Inkonsistenz der SIS seien Wert als Kommunikationskanal verlieren würde. Aber kleiner Fehler (wenn sie mir denn auffallen) nehme ich nicht so schwer. Ich muss nicht jeden SIS-Input akribisch auf Passung mit dem bisherigen SIS-Inhalt prüfen. So lange es für alle Spieler halbwegs konsistent erscheint und man mit dem SIS zur Kommunikation der Ideen arbeiten kann, bin ich zufrieden.

Die Meta-Ebene ist genauso spannend wie der SIS. Ich mag die Meta-Ebene. In meinem Spiel findet sehr viel auf der Meta-Ebene statt. Für mich ist die Meta-Ebene mit ihren Kommunikationskanälen mindestens so spannend wie der SIS als Kanal. Und nicht nur das: gerade der Punkt, an dem Ideen für den SIS vorgeschlagen sind, aber noch nicht wirklich akzeptiert sind, ist der Punkt, an dem die Ideen „heiß“ sind, an dem „gekämpft“ wird. Der Punkt, der mich am meisten interessiert (deutlich mehr als der „geronnene“ SIS). Und dieser Punkt liegt oft auf der Meta-Ebene oder wenigstens an der Grenze zu ihr. Deswegen kommt so viel Meta in meinen Spielen vor und deswegen macht mir die Meta-Ebene so viel Spaß und deshalb kann ich mein emotionales Investment (in die Ideen) auch auf der Meta-Ebene so gut aufrechterhalten. Denn die Meta-Ebene ist heiß!


Abschluss

Die Ideen der Spieler und deren Kommunikation und Bewertung sind also der Grund für mich zu spielen. Und alles andere wird diesem Ziel untergeordnet. Ich hoffe, dass ich das ein wenig verdeutlichen konnte. Und dass ich wenigstens einen kleinen Eindruck davon vermitteln konnte, warum ich davon nicht genug kriegen kann.


Was mich jetzt interessieren würde, ist, ob das jemand nachvollziehen kann. Ist verständlich, was ich sagen will? Denkt jemand „Komische Sicht, aber ich kann wenigstens in etwa verstehen, wo Fredi seinen Spaß draus zieht“? Trifft meine Sicht den Nerv bei jemand anderem?

Auch würde ich natürlich um allgemeine Verständnisfragen bitten, und um Fragen, die inhaltlich mit dem Thema zu tun haben. Bitte kein reines Bashing, kein reines „Die Stil ist doof, den mag ich nicht“, kein „das ist ja dann kein Rollenspiel“, usw. Bitte, bitte, versucht konstruktiv zu diskutieren.

Ich danke euch für’s Lesen. Die Diskussion / Fragestunde / Feedbackrunde ist eröffnet.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Suro am 5.05.2006 | 12:08
Ja, durchaus, ich glaube ich kann dich verstehen.
Sowas in der Art dachte ich mir auch schon, ergab sich so aus dem was ich so von dir gelesen/gesehen/gehört habe, nur dass da wirklich das "moralische Standpunkt diskutieren" dahinter steht, (natürlich nicht überall) ist mir eher jetzt durch deinen "essay" klargeworden.
Ist sicher eine interessante Art zu spielen (müsste man fast mal ausprobieren), und ich sehe auch, dass man damit vermutlich Spaß haben kann.
Ich frage mich nur, wozu du überhaupt den "SIS" brauchst, und wieso du nicht direkt mit den Spielern kommunizieren kannst...gibt der "SIS" dir möglichkeiten, Standpunkte "abstrakt" zu formulieren, und Ideen zu konkreten Situationen zu bekommen, die normalerweise nicht existieren?
Oder ist der "SIS" für dich wirklich nur "Abfall" und du brauchst Rollenspiel deswegen als Kommunikationskanal, weil die Mechanismen (Techniques? Omg, ich sollte das mit diesen Big Model sachen lassen ;) ) dir bei deinem Ideenaustausch helfen?

Also wiegesagt, interessant, interessant - aber so spiele ich (zzt.) nicht.Aber wirklich eine Ebene, die ich so noch nicht direkt betrachtet habe. (Bin ja auch kein Nar(r) , ne ;) ?)

Gruß,
der Suro.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Thalamus Grondak am 5.05.2006 | 12:10
Was mich jetzt interessieren würde, ist, ob das jemand nachvollziehen kann. Ist verständlich, was ich sagen will? Denkt jemand „Komische Sicht, aber ich kann wenigstens in etwa verstehen, wo Fredi seinen Spaß draus zieht“? Trifft meine Sicht den Nerv bei jemand anderem?
Color und Setting werden überbewertet
Der handwerkliche Aspekt der Erzählung ist mir unglaublich schnurz
Die Meta-Ebene ist genauso spannend wie der SIS
Bei diesen 3 Punkten kann ich deine Sicht der Dinge nachvollziehen, finde sie aber komisch, weil sie meiner Idee von Rollenspiel quasi diametral entgegengesetzt sind. Den Grund hast du ja aber klar erläutert, deshalb kann ich die Schlußfolgerung nachvollziehen.

Ich kann mit Logik-Fehlern leben.
Dem kann ich beipflichten, nur kann ich aus einem ganz anderen Grund mit Logik-Fehlern leben.
Ich sehe die Story, oder die Welt schlicht nicht so plastisch, sondern konzentriere mich als Spieler eher auf das Erlebnis an sich, und weniger auf die Konsistenz. Wobei ganz grobe Patzer mich doch aus meiner Immersion reißen können.

Als Fazit würde ich sagen, ist deine Art zu spielen so weit weg von meiner, wie es wohl weiter nicht geht.(Wer hätte auch anderes erwartet)
Ich bin begeistert vom Rollenspiel weil ich dort frei spielen kann, ohne dabei auf in der Realität existierende Konflikte eingehen zu müssen.
Was nicht heißt, das ich folternd und mordend durch die RPG-Welt laufe, ich bin sogar eher ein moralischer Spieler. Aber von den grauen Facetten des Realen Lebens möchte ich im RPG nicht viel wissen.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Dash Bannon am 5.05.2006 | 12:20
mmh also wenn du sagst
Die Welt in der gespielt wird spielt nur solange eine Rolle solange die Charaktere involviert sind, kann ich das absolut nachvollziehen oder hab es einfach nur falsch verstanden ;)

Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Tele-Chinese am 5.05.2006 | 12:28
Was mich jetzt interessieren würde, ist, ob das jemand nachvollziehen kann. Ist verständlich, was ich sagen will? Denkt jemand „Komische Sicht, aber ich kann wenigstens in etwa verstehen, wo Fredi seinen Spaß draus zieht“? Trifft meine Sicht den Nerv bei jemand anderem?

Das schreit ja förmlich nach einer Antwort. Auf deine Frage ob das jemand nachvollziehen kann, antworte ich mit einem dicken, fetten, JAAAAAA. Aber sonst würde ich wahrscheinlich auch nicht in deiner Gruppe spielen. Auch mich interessieren - wie hätte es anders sein können - die menschlichen Grauzonen. Die Erklärung "Es ist die rohe emotionale Kraft der Ideen der anderen Spieler, die mich begeistert." finde ich super. Das trifft in etwa meinen Kern. Doch bei mir gibt es noch einen weiteren Antrieb: Ich will daran wachsen.
Ich will, wenn mich die "rohe emotionale Kraft der Ideen" gepackt hat entweder durch das Scheitern wachsen, oder aber durch das Gelingen. Wobei ich persönlich mehr aus dem Scheitern ziehen kann (deswegen hat mir WGP soviel Spass gemacht. Superhelden bekommen am Anfang auch immer auf die Fresse und wachsen...am Ende sind sie nicht nur der moralische Sieger...). Also von daher trifft deine Sicht der Dinge meinen Nerv. Allerdings find ich Story auch noch wichtig. wenn an die ganzen Problemchen noch in eine gute Story verpacken kann, dann bin ich vollends zufrieden.

So jetzt bin ich mit meinem allgemeinen Zustimmungspost fertig.

Toastbrot
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Lord Verminaard am 5.05.2006 | 12:31
Wobei meine "Ablehnung von pervy" ja keine 180°-Wendung ist, sondern nur so ein bisschen das Zurückschwingen eines Pendels. Schließlich biete ich auf dem Großen Treffen auch wieder PtA an! Ansonsten sollte jeder, der Fredis Manifest für sich unterschreiben kann, sich unbedingt mal EGO anschauen, da ist das nämlich als Spiel umgesetzt. Aber jetzt muss ich still sein, bin ja schließlich in der Jury. ;)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Vanis am 5.05.2006 | 12:41

Ideen vs. SIS (Don’t make me feel like I live there)

Deswegen empfinde ich es auch als so besonders störend, wenn ein Spieler ausschließlich aus dem SIS argumentiert und dabei keine eigene Idee vermittelt. Die „geronnenen“ Teile des SIS zu verwenden ist für mich nicht nur völlig uninteressant, sondern lenkt auch noch davon ab, die wichtigen Ideen zu kommunizieren. Sowohl Zeit wird aufgefressen als auch wird es mir schwierig gemacht, wichtige von unwichtigen Teilen des SIS zuunterscheiden.

Ein „das würde mein Charakter eben tun“ ist für mich dementsprechend das Worst-Case-Szenario. Zum einen wird aus dem SIS argumentiert, zum anderen wird durch diese Argumentation die Bewertung des Spielers verdeckt und die Kommunikation gestört. Anders sieht es aus, wenn gleichzeitig auf anderen Kanälen eine Idee des Spielers (oder die Bewertung der In-Game Aktion) kommuniziert wird. Aber eine reine Argumentation aus dem SIS ohne Kommunikation eine Idee ist furchtbar.

Ich denke nicht, dass durch die Argumentation aus dem SIS die Argumentation des Spielers verdeckt wird. Ich mache das jetzt mal an meiner Art fest, wie ich mir einen Charakter erschaffe. Ich baue in den Charaktere immer einen großen Teil meiner eigenen Persönlichkeiten mit ein. Konflikte, die mich im wirklichen Leben beschäftigen, tun dies auch im Rollenspiel. Konflikte, die ich im wirklichen Leben nicht lösen kann, will ich vielleicht im Rollenspiel lösen. Das heißt, sobald ich mit meinen Char auf SIS Ebene argumentiere, hättest du, Fredi(als SL oder Spieler), es mit einem Teil meiner eigenen Persönlichkeit zu tun, mit einem Teil meiner Konflikte und moralischen Sichtweisen.

Ich vertrete für das Rollenspiel bzw. Literatur im Allgemeinen die These: So gut wie alles, was man schreibt, schreibt man über sich selbst. Das heißt, ein Rollenspielchar, der einigermaßen ausgearbeitet ist (mit Hintergrund, Konflikten usw.) hat zwangsläufig einen großen Teil meiner eigenen Persönlichkeit, vielleicht mit Teilen, die nicht immer offen liegen, aber das macht das ganze ja nur noch interessanter.

Wenn sich nun Chars untereinander auf SIS Ebene über ihre Konflikte und moralischen Werte unterhalten, schafft das nach Meiner Ansicht einen etwas freieren Raum, da hier die Konflikte ausgelebt werden können. Im wirklichen Leben können sie das meist nicht.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Dom am 5.05.2006 | 13:14
Vanis, ich glaube nicht, dass du da Recht hast. Meinungen der Spieler können durch den SIS verdeckt werden.

Beispiel: Ich kann meinen Charakter als Riesenarsch konstruieren, also in einer Art, dass ich ihn für ein Riesenarsch halte und er genau das tut, was ich für falsch halte. Klar, da steckt meine Persönlichkeit drin. Und die kann man auch wiederfinden, wenn man weiß, dass ich meinen Charakter nicht besonders schätze.

Und hier steckt das Problem in dem "wenn man weiß": Wie Fredi geschrieben hat, ist für ihn eine Aussage "Mein Charakter ist ein Riesenarsch" ok, weil das eine Aussage über den Menschen transportiert. Der Charakter handelt im SIS, der Spieler bezieht dazu Stellung und dadurch (indirekt) zum Thema des Spieles. Wenn aber nur ich weiß, dass mein Charakter das Gegenteil von dem tut, was ich tun würde und ich nur kommentiere "Mein Charakter ist eben so.", dann verdeckt das meine Sicht auf die Dinge.

Ansonsten: Fredi, ich kann dir folgen, auch wenn ich nicht glaube, dass das mein Grund ist rollenzuspielen.

Dom
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: 6 am 5.05.2006 | 13:37
Fredi, ich kann Dir folgen (und jetzt sogar verstehen, wieso Du so rollenspielst, wie ich ich Dich erlebt habe.

Jetzt nachdem ich Deinen Essay gelesen habe, muss ich sogar sagen, dass diese Art des Rollenspiels für mich einen größeren Reiz hat, als das normale immersive Rollenspiel. :d
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Catweazle am 5.05.2006 | 13:49
Hmmm...
ich kann dich verstehen. Teilweise haben wir ähnliche, teilweise sehr unterschiedliche Arten zu spielen und vor allem ziehen wir den Reiz des Spiels aus völlig unterschiedlichen Ecken.

Aber so genau aufzuführen, wie Rollenspiel erlebst, ist sicher hilfreich. Es hilft dir selbst zu wissen, was du eigenlich willst. Es hilft deinen Mitspielern und deinem Spielleiter.

Daher  :d
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 5.05.2006 | 14:29
Ich frage mich nur, wozu du überhaupt den "SIS" brauchst, und wieso du nicht direkt mit den Spielern kommunizieren kannst...gibt der "SIS" dir möglichkeiten, Standpunkte "abstrakt" zu formulieren, und Ideen zu konkreten Situationen zu bekommen, die normalerweise nicht existieren?
Wozu SIS? Das ist eine gute Frage! :)

Ich sehe da mehrere Punkte, die mir der SIS gibt (und weswegen er ein wichtiger – vielleicht sogar der wichtigste – Kommunikationskanal ist):
- Zum einen sind mehr Kommunikationskanäle immer besser. Der SIS verleit der Kommunikation mehr Tiefe, man kann zwischen den Kanälen springen, kann durch Inkonsistenzen zwischen den Kanälen Spannung (oder Ironie) erzeugen usw. Das ist einmal ein Fall von „Mehr ist hier wirklich mal mehr“.
- Zum anderen soll es ja nicht um abstrakte Idee gehen, sondern um ganz konkrete Situationen. Ich will nicht den politischen Stammtisch, bei dem abgehoben über Für und Wider von Ideen diskutiert wird. Ich will ganz konkrete Situationen mit ganz konkreten Charakteren, die ganz konkrete Entscheidungen treffen. Und da gibt mir der SIS die Möglichkeit genau das zu behandeln.
- Durch diese „Konkretheit“ der Situationen und Charaktere fällt es mir außerdem leichter emotionales Investment in die Ideen zu erzeugen (bei mir und bei anderen). Man kann sich einfach besser vorstellen, was eine konkrete Entscheidung auf den menschlichen Ebene für Auswirkungen hat, wenn man den SIS verwendet. Und das bringt mir die Ideen und Standpunkte der anderen Spieler viel näher als eine abstrakte Diskussion das könnte. Der SIS (so lange er „heiß“ ist) kann als zusätzlicher Kanal tatsächlich mein „Care“ für die Idee verstärken, indem er sie für mich zugänglicher macht. Das ist vermutlich mein wichtigster Punkt für den SIS
- Und zuletzt lockert der SIS das Ganze etwas auf. 4 Stunden hardcore über Ethik zu diskutieren ist sogar mit zu hart. Der SIS ermöglicht dann wechselnde Spannung, einen Storyverlauf usw. Und das macht die ganze Veranstaltung dann etwas „verdaulicher“.


Ich bin begeistert vom Rollenspiel weil ich dort frei spielen kann, ohne dabei auf in der Realität existierende Konflikte eingehen zu müssen.
Was nicht heißt, das ich folternd und mordend durch die RPG-Welt laufe, ich bin sogar eher ein moralischer Spieler. Aber von den grauen Facetten des Realen Lebens möchte ich im RPG nicht viel wissen.
Dass wir unterschiedliche Stile haben, war ja klar. ;) Ich bin eben begeistert, weil ich im Rollenspiel frei auf (tatsächlich existierende) menschliche Konflikte eingehen kann. Was ich eben in der Realität nicht kann. Und von den grauen Facetten der Realität habe ich auch genug im Büro. Aber die absoluten Höhen und Tiefen des Menschen – jaaa, die interessieren mich! (bin wohl doch zu Recht Psychologe geworden ;) )


mmh also wenn du sagst
Die Welt in der gespielt wird spielt nur solange eine Rolle solange die Charaktere involviert sind
So lange die Spieler involviert sind! Die Charaktere hab ich aus 'nem Kaugummiautomaten. ;)


Doch bei mir gibt es noch einen weiteren Antrieb: Ich will daran wachsen.
Den kann ich gut nachvollziehen. Das geht mir auch so. Wobei ich immer hoffe, dass man schon allein durch die Beschäftigung mit den Themen „wächst“. :)

Allerdings find ich Story auch noch wichtig. wenn an die ganzen Problemchen noch in eine gute Story verpacken kann, dann bin ich vollends zufrieden.
Auch das kann ich nachvollziehen. Eine gute Story macht das ganze einfacher zu verstehen und einfacher zu „verdauen“. Für mich entsteht eine gute Story (für mich eine, die sich mit menschlichen Konflikten befasst) allerdings bei der Art zu spielen fast von alleine. Es entsteht eine Geschichte, die aus vielen kleinen Konflikten und Entscheidungen besteht und im besten Fall ein übergreifendes Thema hat.


Ich denke nicht, dass durch die Argumentation aus dem SIS die Argumentation des Spielers verdeckt wird.
Eine interessante Diskussionsgrundlage. Aber vielleicht lieber in einem anderen Thread. Vanis, mach doch einfach einen auf, wenn du das genauer diskutieren möchtest. :)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Preacher am 5.05.2006 | 14:42
Also ich kann dich verstehen Fredi und ich kann das auch zum Teil nachvollziehen. Kacke, so unterschiedlich sind unsere Ansichten da gar nicht.

Allerdings gibt es mindestens einen GANZ wesentlichen Unterschied:

Wenn ich den Post nicht komplett mißverstanden habe, dann geht es dir beim Rollenspiel primär darum, dich selbst und deine Mitspieler kennenzulernen - Ihre Ansichten, Ihre Reaktionen auf verschiedene Situationen etc. - deswegen willst Die harten Konflikte. Die Story entsteht mehr oder weniger als nette Nebensach dazu.

Bei mir steht das Erleben (oder Erzählen) der Story klar im Vordergrund. Ich will eine interessante Geschichte, und die interessantesten Geschichten sind eben Gecshichten, in denen Konflikte vorkommen, moralische Entscheidungen getroffen werden müssen, Protagonisten ihre Herausforderungen meistern oder daran scheitern und dann daran wachsen oder zerbrechen.
Daß ich dabei was über mich selbst und meine Mitspieler lernen kann ist dann für MICH die nette Nebensache, die man von alleine mitbekommt ;D
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 5.05.2006 | 16:55
Hallo Fredi,
erstmal danke für Deine ausführliche Darstellung. Einige Punkte Deines Manifestos stehen in ähnlicher Form auch in meinem, andere dagegen unterscheiden sich grundlegend. Hier meine Anmerkungen:

Zitat
Kernidee

Es geht um die Spieler und ihre Ideen und um nichts anderes. Das ist auch der Grund, warum bei mir die Forge-Idee so extrem eingeschlagen hat: dort wurde (und wird) immer propagiert, dass es um die realen Spieler am Tisch geht. Mir geht es um nichts anderes.

Erster Unterschied. Dir geht es um die Spieler, um die Personen am Tisch. Mir geht es natürlich auch um die Menschen, mit denen ich spiele, aber mir geht es darum, mit Menschen, die ich interesant finde, Verhaltensweisen und Weltbilder auszuprobieren, die sich von den unsrigen unterscheiden – und somit einen starken Kontrast zwischen den beiden herzustellen. Der wiederum legt die Einstellungen der Spieler deutlich offen.

Und: Meine Gründe, rollenzuspielen, sind vielfältig. Nicht nur das Erfahren neuer Zustände, sondern vieles andere ist, mal gleichzeitig, mal einzeln, der Grund, warum ich rollenspiele: Ich spiele aus Spaß. Ich spiele, um Dinge auszuleben, die ich sonst nicht ausleben darf. Ich spiele, um für die Zeit des Spiels zu einer anderen Person zu werden.

Zitat
Es geht also um die Spieler und ihre Ideen. Und damit sich die Ideen auch zwischen den Spielern bewegen können, geht es natürlich auch ganz zentral um die Kommunikation zwischen den Spielern. Kommunikation von Ideen, das ist der Kern.

Verstehe. Dir geht es darum, Deine Mitspieler und ihre Positionen kennenzulernen. Meine Gründe sind viel breiter gefächert (siehe oben). Wenn ich aber meine Mitspieler und ihre moralischen Positionen kennenlernen möchte, dann ist Rollenspiel für mich nur bedingt geeignet.

Zitat
Die Bedeutung des SIS (Where I don’t live)

(SIS = Shared Imagined Space, also das, was die Spieler sich gemeinsam vorstellen. Quasi die „In-Game Ebene“)

Welche Bedeutung hat nun der SIS bei dieser Art zu spielen? Der SIS bildet die Basis für die Kommunikation zwischen den Spielern. Der SIS ist sozusagen das Medium der Kommunikation. Die Spieler stellen ihren kreativen Input (der den moralischen Standpunkt enthält) als mögliche Addition zum SIS vor. Somit bildet der SIS den Raum, in dem (oder besser: auf dem Weg zu dem) alle Ideen der Spieler zusammentreffen. An der Schwelle zum SIS und im SIS kann man ablesen, welche Ideen die Spieler haben und hatten und welche von den anderen Spielern akzeptiert wurden.

Es geht also nicht um a abstrakte philosophische Ideen, sondern um konkrete Ideen in konkreten Situationen. Also nicht „Liebe vs. Karriere“ sondern ganz konkret: „In dieser Situation, mit diesem Charakter, was wäre da die Entscheidung?“ Der SIS bildet also auch einen Anker, der die von den Spielern geäußerten Ideen mit konkreten Situationen verankert. Man könnte quasi sagen: Philosophical Ideas battle it out through hard and gritty SIS.

Wichtig ist hierbei, dass der SIS keinen eigenen Wert, losgelöst von den Spielern, hat. Kurz: der SIS kann mich mal gepflegt am *beeeeep*! Der SIS hat nur eine Funktion als Kommunikationsmedium für die Ideen der Spieler, als Arena der Ideen. Nur solange durch ihn Ideen geäußert werden ist er interessant. Teile des SIS, die nicht mehr „heiß“ sind, die also nicht mehr „umkämpft“ sind, hinter denen keine Ideen eines Spielers mehr stehen, sind wertlos. Der SIS hat nur so lange einen Wert, solange ein Spieler ihm mit seinen Investment, mit seinen Ideen einen Wert verleit. Danach ist er uninteressant.

Hier teile ich Deinen Standpunkt. Für mich ist der SIS nur dann wertvoll, wenn die Spieler in irgendeiner Form was darin einbringen.

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Die Ideen der Spieler (What I care about)

Den einzigen Wert im Spiel haben also für mich die Ideen der Spieler. Und zwar meine ich Ideen, die die Spieler emotional berühren (emotionales Investment). Das kann Color sein („Schau mal, was ich für eine tolle Idee habe!“), aber am liebsten ist mir der moralische Standpunkt („Sieh mal, was ich zu dem Dilemma meine:…“). Für diese Ideen „care“ ich.

Das ist eine Unterscheidung, die mir überhaupt nicht einleuchtet.
Moralische Themen berühren mich immer auch emotional. Was mir auf gut bayerisch „wurscht“ ist, das ist nicht in meinem moralischen Rahmen verankert. Andersrum: Dinge, die ich mit meiner Moral belege, sind mir nicht egal. Somit ist Moral nur einer von vielen emotionalen Anknüpfungspunkten im Rollenspiel. Mir liegt im Spiel das am Herzen, was mich emotional berührt, und das ist viel mehr als nur das, was mich moralisch berührt.

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Kommunikation der Ideen ist das Zentrum. Der SIS ist (wie gesagt) das Medium, durch das diese Kommunikation stattfindet (allerdings nicht das einzige Medium).

Für mich ist der SIS der diegetische Raum, in dem ich mich in Form meines Charakters bewege. Der SIS ist nicht nur ein Spielfeld für die Darstellung unserer Ideen, sondern er ist für die Dauer des Spiels tatsächlich auch die (zwar nicht im dreidimensionalen Raum greifbare, dennoch aber existente) Welt, in der ich mich bewege – als Charakter, nicht als Spieler.

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Diese Kommunikation am SIS vorbei ist deswegen so besonders wichtig, weil ein Spieler so im SIS Aussagen machen kann, die von seinem Standpunkt abweichen und durch zusätzliche OOC-Kommunikationskanäle trotzdem seinen eigentlichen Standpunkt verdeutlichen kann. Ein Spieler kann also seinen Charakter etwas Furchtbares tun lassen, kann aber nonverbal (z.B. durch Verziehen des Gesichts) oder verbal (z.B. durch „Mein Char ist ja so ein Schwein“) deutlich machen, dass er als reale Person die Handlung der fiktiven Figur nicht gutheißt.

Und da bin ich grundsätzlich anderer Meinung. Du bist ebenso wie ich ein Freund harter (fairer?) Worte, deshalb schreibe ich's geraderaus: Diese „Kommunikation am SIS vorbei“ ist für mich eines der Elemente, die am zerstörerischsten für mein Rollenspiel sind. Wenn ich in character etwas Furchtbares, etwas Grausames tue, dann mache ich es in character. Kein Kommentar, ob verbal oder mimisch, wie schrecklich ich diese Tat finde. Ich bin für die Dauer des Spiels eine andere Person. Deshalb ist es für mich ein Bruch des Spielkontinuums, wenn ich die Handlungen eines Charakters OOC kommentiere. Vor allem in moralischen Fragen kommt für mich diese Art zu spielen der Feigheit nahe. Aus Angst, Emotionen in sich selbst aufzuwühlen, die nicht angenehm sind, vielleicht weil Du sie noch nie erlebt oder zugelassen hast, ziehst Du Dich auf die Meta-Ebene zurück und schaffst sichere Distanz. Das ist diametral entgegengesetzt zu meinem Verständnis von Rollenspiel.

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Besonders diese Beispiel der Kommunikation „am SIS vorbei“ macht deutlich, das der SIS für mich ein Kommunikationskanal ist, der wie die anderen beiden Kanäle „verbal am SIS vorbei“ und „nonverbal am SIS vorbei“ eingesetzt wird. Und genau wie in normaler Kommunikation kann besonders die Inkonsistenz zwischen Kanälen interessante sprachliche Muster erzeugen (z.B. Ironie, Sarkasmus usw.). Nur ein Spieler, der alle drei Kanäle verwendet, nutzt das Medium „Rollenspiel“ als Medium der Kommunikation zwischen den Spielern komplett aus. So werden die Ideen der Spieler und ihre Bewertung im Optimalfall auf allen drei Ebenen hin und her geworfen.

Das gilt natürlich nur, wenn Du Rollenspiel als Kommunikationsspiel ansiehst. Für mich ist es das Eintauchen in einen fremden (oder nicht so fremen) Charakter, ein Ausprobieren alternativer Lebenssichtweisen.

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Spielgefühl (Caring without Living There)

Ich hoffe, dass durch die bisherigen Ausführungen deutlich geworden ist, wie für mich Care (also eine emotionale Anteilnahme) ohne Live There (also das Gefühl in einen imaginierten Raum „einzutauchen“) möglich ist.

Nicht wirklich; ich verstehe nicht, wie Du emotionale Anteilnahme ohne Eintauchen in eine wie auch immer geartete Spielwelt (und sei es ein Abbild der unseren) erreichen kannst. Das widerspricht so ziemlich allem, was ich bisher über Schauspielern selbst erfahren und gelesen habe. Ich stelle die These auf, dass das, was Du als „emotionale Anteilnahme“ bezeichnest,  nur eine intellektuelle Anteilnahme ist – weil Deine Distanz zum Thema ein tieferes Eintauchen verhindert.

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Da der SIS nur ein Kommunikationskanal ist, interessiert er mich nur so lange, wie ich durch ihn (evtl. zusammen mit den anderen Kanälen) etwas über die Ideen (kreativen Input oder moralischen Standpunkt) der anderen Spieler erkennen kann. So lange der SIS „heiß“ ist, also Ideen und emotionales Investment hinter den aktiven Elementen stehen, interessiert er mich. Sobald dies wegfällt, verfestigt sich der SIS und wird zu etwas, was „der Spieler vorhin mal gedacht hat oder vorhin mal interessant fand“. Die Ideen wandern weiter zu neuen SIS-Elementen oder wechseln zu anderen Kommunikationskanälen. Der SIS „gerinnt“ und wird zu einer leeren Hülle, die mich keinen Meter mehr interessiert. Die emotionale Bindung zu den Ideen aber bleibt.

Hier wieder Zustimmung. Solange die Spieler Elemente des SIS am Leben halten, sind sie interessant (und wenn vielleicht auch nur für sie).

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Deswegen geht für mich Care (für die Ideen der Spieler) ohne Live There (starkes Gefühl für den SIS) sehr gut.

Wie gesagt, verstehe ich überhaupt nicht. Um Emotionen zu spüren, muss ich mich zu einem relativ tiefen Grad in ein Thema fallenlassen. Wenn ich das nicht tue, ist es keine Emotion, sondern mehr oder minder kühle, rationale Betrachtung und Wägung.

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Ideen vs. SIS (Don’t make me feel like I live there)

Es ist nicht nur so, dass der SIS keine weitere Bedeutung außer der des Kommunikationskanals hat. Ein besonderer Bezug auf den SIS kann sogar störend wirken, wenn durch diesen Bezug keine Idee eines Spielers transportiert wird.

Deswegen empfinde ich es auch als so besonders störend, wenn ein Spieler ausschließlich aus dem SIS argumentiert und dabei keine eigene Idee vermittelt. Die „geronnenen“ Teile des SIS zu verwenden ist für mich nicht nur völlig uninteressant, sondern lenkt auch noch davon ab, die wichtigen Ideen zu kommunizieren. Sowohl Zeit wird aufgefressen als auch wird es mir schwierig gemacht, wichtige von unwichtigen Teilen des SIS zuunterscheiden.

„Ausschließlich“ geht natürlich nicht. Aber das machen auch die wenigsten Spieler, würde ich mal behaupten. Wie in allen Belangen im Leben, gilt auch hier: Die Mischung macht's. Möglichst viel IC, im SIS, und bei Bedarf (Richtungsklärung: Wo wollen wir hin mit unserem Abenteuer) findet dann OOC-Kommunikation statt.

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Ein „das würde mein Charakter eben tun“ ist für mich dementsprechend das Worst-Case-Szenario. Zum einen wird aus dem SIS argumentiert, zum anderen wird durch diese Argumentation die Bewertung des Spielers verdeckt und die Kommunikation gestört. Anders sieht es aus, wenn gleichzeitig auf anderen Kanälen eine Idee des Spielers (oder die Bewertung der In-Game Aktion) kommuniziert wird. Aber eine reine Argumentation aus dem SIS ohne Kommunikation eine Idee ist furchtbar.

Ist mir ein bisschen zu sehr schwarzweiß gemalt hier, aber Du darfst das; schließlich bist Du unsere Forge-Fanboy, und außerdem ist das hier Dein Manifest :)
Ernsthaft: Ich habe Spieler erlebt, die sich hinter diesem Satz „das würde mein Charakter eben tun“ versteckt haben und zu feige waren, sich wirklich fallen zu lassen, eine andere Persönlichkeit anzunehmen. Das ist dann einfach SCHLECHT. Ich hatte aber auch Spieler, die eben so tief IC waren, dass sie teilweise nicht mehr reagiert haben, wenn wir sie bei ihrem echten Namen gerufen haben; die geweint haben, als die Mutter ihres Charakters gestorben ist, die vor Wut gezittert haben, weil ihnen Ungeheuerliches erfuhr – alles in character. Wenn so ein Spieler mir sagt „das würde mein Charakter eben tun“, ist das für mich völlig in Ordnung.

Und warum?

Weil ich weiß, dass dieser Spieler nach dem Spiel mit einer ganzen Schubkarre von neuen Gefühlen und Gedanken nach Hause gehen wird. Ziel erreicht.

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Ein kleines Beispiel dazu:
Bei Dogs in the Vineyard erschießt ein Charakter einen kleinen Jungen, weil er seine kleine Schwester „unsittlich berührt“ hat.
Direkt bei der Aktion rufe ich „Boah, wie hart“. Ich verdeutliche dadurch meinen eigenen Standpunkt: Ich finde so etwas als reale Person schlecht, widerlich, usw.
Ich erwarte durch diesen Start der Kommunikation jetzt eine Antwort darauf vom agierenden Spieler. Durch die Aktion des Charakters im SIS ist sein Standpunkt als reale Person nämlich nicht ganz klar. Also soll er mir seinen Standpunkt zu der Aktion verdeutlichen. Dazu kann er z.B. mir einfach nur zunicken und sein Gesicht verziehen, um seinen Ekel auszudrücken. Oder er kann „Mein Char ist echt ein Schwein“ murmeln. Wie auch immer, ich erwarte eine Aussage von ihm.
Antwortet er nun einfach: „Mein Charakter würde das eben tun“, dann argumentiert er allein aus dem SIS und gibt mir keine Antwort auf meine implizite Frage. Er lässt seinen Standpunkt unklar und mich vor die Wand laufen. Zusätzlich weiß ich nicht einmal, ob er überhaupt emotionales Investment in diese Idee hat oder ob ich der einzige bin und er die Szene eigentlich uninteressant findet. Statt durch den SIS zu kommunizieren, versteckt er sich hinter dem SIS, indem er ausschließlich daraus argumentiert.

Natürlich würde ich auch so reagieren wie Du. ABER: Nicht weil ich damit eine Diskussion anstoßen möchte (die findet bei uns nach dem Spiel statt), sondern weil es mir ein menschliches Bedürfnis ist. Was ich vom Spieler erwarte, ist, dass er sich mit allen Konsequenzen, nochmal: mit allen Konsequenzen, in diesen Drecksau-Charakter einlebt. Danach wird er, und das kann ich aus langjähriger Erfahrung sagen, danach wird er erstmal eine Weile dran zu knabbern haben. Und das finde ich gut. Grenzerfahrungen in einem sicheren Umfeld zu machen. Gut.


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Color und Setting werden überbewertet. Da der SIS selbst für mich uninteressant ist, sind alle Zusätze zum SIS, die nur seiner „Verschönerung“ oder „Vergrößerung“ um ihrer selbst willen dienen, für mich überflüssig. Color und Setting interessieren mich nur so lange, wie sie Ideen der Spieler transportieren oder dies wenigstens direkt vorbereiten. Wenn mir also jemand mit einem Setting-Teilchen oder eine Color-Stück vermitteln will: „Hey, ich habe hier diese tolle Idee, das finde ich super, da bin ich heiß drauf! Wie findest du das?“, dann finde ich das interessant, denn das sagt mir etwas über den Spieler hinter dem SIS und seine Vorlieben. Auf fein ziselierte Beschreibungen und kunstvoll hergestellte Atmosphäre hingegen kann ich gut verzichten (bzw. sie stört mich sogar).

Hier kann ich keine generelle Aussage treffen. Color und Setting sind solange gut, wie sie für einen Spieler Bedeutung haben. Jemand spielt Rollenspiele, weil er damit Bedürfnisse befriedigen möchte. Wenn es ihm, aus welchem Grund auch immer, ein Bedürfnis ist, Color und Setting zu betonen, dann ist das gut, weil es eben seine Bedürfnisbedfriedigung ist.

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Der handwerkliche Aspekt der Erzählung ist mir unglaublich schnurz (so lange dadurch nicht ein „Hey, ich kann was, schaut mal her“ vermittelt wird). Ich brauche keine sprachlich gewandte Erzählung, keine geschliffene Beschreibung. Ich brauche Ideen. Es ist die rohe emotionale Kraft der Ideen der anderen Spieler, die mich begeistert. Und ich will begeistern und begeistert werden! Direkt auf der Ebene der Spieler durch die Ideen der Spieler. Alles andere ist nur Verpackung (und eine schöne Verpackung kann zwar nett sein und einem etwas geben, aber in erster Linie kommt es auf den Inhalt an).

Ideen alleine sind mir wurscht.
Mich begeistert, wenn eine Idee IC umgesetzt wird. Das heißt nicht, dass wir nicht OOC drüber reden, sondern dass ich die Idee IC sehen will. Für mich bedeutet Rollenspiel das Spiel einer Rolle, die Verwandlung in einen anderen Menschen = Emotionen, pure, reine, rohe Emotionen. Eine Idee ohne entsprechende Umsetzung geht mir komplett am **** vorbei.

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Ich kann mit Logik-Fehlern leben. Da der SIS mit im „geronnenen Zustand“ wie gesagt herzlich egal ist und er mir deswegen auch nicht immer so präsent ist, fallen mit Fehler in der Konsistenz der Erzählung oft nicht so auf. Natürlich versuche ich sie zu vermeiden, da bei grober Inkonsistenz der SIS seien Wert als Kommunikationskanal verlieren würde. Aber kleiner Fehler (wenn sie mir denn auffallen) nehme ich nicht so schwer. Ich muss nicht jeden SIS-Input akribisch auf Passung mit dem bisherigen SIS-Inhalt prüfen. So lange es für alle Spieler halbwegs konsistent erscheint und man mit dem SIS zur Kommunikation der Ideen arbeiten kann, bin ich zufrieden.

Zustimmung. Logikfehler sind mir so was von egal. Für mich zählt das emotionale Erlebnis. Auch unser „reales“ Leben ist voll von Widersprüchlichkeiten.

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Die Meta-Ebene ist genauso spannend wie der SIS. Ich mag die Meta-Ebene. In meinem Spiel findet sehr viel auf der Meta-Ebene statt. Für mich ist die Meta-Ebene mit ihren Kommunikationskanälen mindestens so spannend wie der SIS als Kanal. Und nicht nur das: gerade der Punkt, an dem Ideen für den SIS vorgeschlagen sind, aber noch nicht wirklich akzeptiert sind, ist der Punkt, an dem die Ideen „heiß“ sind, an dem „gekämpft“ wird. Der Punkt, der mich am meisten interessiert (deutlich mehr als der „geronnene“ SIS). Und dieser Punkt liegt oft auf der Meta-Ebene oder wenigstens an der Grenze zu ihr. Deswegen kommt so viel Meta in meinen Spielen vor und deswegen macht mir die Meta-Ebene so viel Spaß und deshalb kann ich mein emotionales Investment (in die Ideen) auch auf der Meta-Ebene so gut aufrechterhalten. Denn die Meta-Ebene ist heiß!

Für mich ist die Meta-Ebene die rationale, intellektuelle Ebene, auf der Ideen ausgetauscht werden. Diese Ideen sind nur Hohlkörper, die mit Emotionen gefüllt werden. Eine Idee wird erst dann heiß, wenn IC mit ihr gespielt wird. Die Idee alleine ist langweilig und neutral – sie wird erst ein emotionales Thema, wenn sich die Spieler IC drauf einlassen und sie, gewissermaßen als fremde Personen, betrachten.

So. Das war nun hoffentlich kein Bashing, sondern eine lange Stellungnahme von jemandem, der nach 22 Jahren „traditionellen“ Rollenspiels einige Forge-Spiele ausprobiert und als für sich nicht dienlich erkannt hat :)

Norbert
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 5.05.2006 | 17:10
Preacher,

du hast mich da ganz schön zum Nachdenken gebracht. Verdammt! ;) Folgendes ist dabei rausgekommen:

Ich glaube nicht, dass wir uns so stark unterscheiden, auch nicht in dem Punkt, den du ansprichst. Das ist so eine Art Huhn/Ei-Frage. Was ist wichtiger, Story oder Standpunkte?

Wenn ich (Also ich persönlich jetzt) eine interessante Geschichte lesen (oder sehen) will, also eine, in der Konflikte vorkommen, moralische Entscheidungen getroffen werden müssen, Protagonisten ihre Herausforderungen meistern oder daran scheitern und dann daran wachsen oder zerbrechen, was will ich da? Ich mache das ja nicht, weil gerade nichts Langweiliges im Fernsehen läuft. Ich will mich mit den entsprechenden (menschlichen) Themen befassen. Ich will mit meinen Standpunkten konfrontiert werden. Ich will andere mögliche Standpunkte sehen (den des Autors zum Beispiel), will meine Standpunkte überdenken und sie ändern oder festigen. (Ich gebe zu, das ist molto episches Theater)

Und ich spekuliere jetzt mal wild, dass du bei einer „interessanten“ Geschichte ähnliches willst (mag völlig daneben sein). Sonst könntest du ja eine spannende Geschichte komplett ohne menschliche Themen erzählen. Das willst du aber nicht, du willst dich bewusst mit solchen Themen konfrontieren. Und deswegen behaupte ich mal ganz frech, dass es dir eben doch wichtig ist, dich selbst kennenzulernen. Und weil du eben nicht nur ein Buch liest, sondern aktiv mit anderen zusammen eine Geschichte erzählen willst, möchtest du auch etwas über die anderen erfahren. Durch das Vehikel des Rollenspiels (d.h. durch die Exploration des SIS – das ist er wieder, der Kommunikationskanal).

Ich Frechelch würde nun also behaupten, dass du dich von meiner Position maximal ein klitzekleines Bisschen im Fokus unterscheidest, aber sonst genau das Gleiche willst, wie ich. ;D

Wobei du mit der Story natürlich Recht hast. Die ist für mich auch wichtig. Ihre Rolle ist im Manifest etwas untergegangen, weil sie für mich so völlig selbstverständlich geworden ist. Ich möchte natürlich nicht einfach mit den anderen Spielern diskutieren, ich möchte sie durch die Story kennenlernen. Exploration ist eben doch der Kern jedes Rollen… pardon, Erzählspiels. ;)

Es gibt nur einen Grund, warum ich die Spielerebene so viel mehr betone als die Storyebene: weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass Spielerebene ohne Storyebene beim Spiel niemals vorkommt (sonst ist es eben eine Stammtischdebatte), Storyebene ohne Spielerebene aber eben schon. Und dieselbe Story im SIS (Dog erschießt kleinen Jungen) kann für mich einmal völlig unbefriedigend sein (wenn kein Bezug zur Spielerebene stattfindet) und einmal ein tolles Spielerlebnis (wenn dieser Bezug stattfindet).

Aber natürlich ist für mich sowohl Spielerebene als auch Storyebene wichtig und ich möchte nicht ohne eine der beiden spielen. Und die Huhn/Ei-Frage ist, wenn man das weiß, gar nicht mehr so relevant. :)


@MoZ: Wir sprechen uns noch! ;D Ich antworte dir, sobald ich etwas mehr Zeit habe. :)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 5.05.2006 | 20:57
Hi MoZ,

ich habe mir das mal genau durchgelesen. Und es geht mir für diesen Thread einfach viel zu weit bzw. schweift ab. Du beschreibst fast ausschließlich deinen eigenen Stil. Und da würde ich dir empfehlen: mach doch am Besten deinen eigenen Thread dazu auf. Da rede ich dann gerne mit dir darüber. :)

Nur eine einzige Anmerkung habe ich:
Vor allem in moralischen Fragen kommt für mich diese Art zu spielen der Feigheit nahe. Aus Angst, Emotionen in sich selbst aufzuwühlen, die nicht angenehm sind, vielleicht weil Du sie noch nie erlebt oder zugelassen hast, ziehst Du Dich auf die Meta-Ebene zurück und schaffst sichere Distanz.
[...]
Nicht wirklich; ich verstehe nicht, wie Du emotionale Anteilnahme ohne Eintauchen in eine wie auch immer geartete Spielwelt (und sei es ein Abbild der unseren) erreichen kannst. Das widerspricht so ziemlich allem, was ich bisher über Schauspielern selbst erfahren und gelesen habe. Ich stelle die These auf, dass das, was Du als „emotionale Anteilnahme“ bezeichnest,  nur eine intellektuelle Anteilnahme ist – weil Deine Distanz zum Thema ein tieferes Eintauchen verhindert.
Mensch, bin ich froh, dass es mit den PSI-Kräften noch nicht so weit ist und ich genau weiß, wie ich mich fühle und du eben nicht. Du brauchst mir also nicht zu erzählen, wie ich mich fühle, das weiß ich selber schon ganz gut.

Ich habe selber schon immersiv gespielt und würde tatsächlich sagen, dass es sich anders anfühlt. Dass es aber alleine eine intellektuelle Anteilnahme ist, kann ich so nicht bestätigen. Das mag bei dir so sein (und es tut mir dann leid für dich, wenn du in solchen Fällen keine emotionale Anteilnahme erreichen kannst - du verpasst echt was), aber meine eigene Gefühlswelt kenne ich doch ganz gut und bei mir ist das nicht so.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 5.05.2006 | 21:48
Hi MoZ,

ich habe mir das mal genau durchgelesen. Und es geht mir für diesen Thread einfach viel zu weit bzw. schweift ab. Du beschreibst fast ausschließlich deinen eigenen Stil. Und da würde ich dir empfehlen: mach doch am Besten deinen eigenen Thread dazu auf. Da rede ich dann gerne mit dir darüber. :)

Seltsam. Diskussionen, zumindest habe ich das so gelernt, bestehen aus einem Austausch von Meinungen. Du hast Deine Meinung ausführlich dargestellt und hast sogar um unsere Meinung gebeten. Ich habe sie Dir dargestellt, als konträre Position zu der Deinigen. Und nun teilst Du mir mit, dass ich mich fast ausschließlich auf meinen Stil beschränken würde? Wie soll eine Diskussion funktionieren, wenn nicht im Austausch unterschiedlicher Positionen?


Zitat
Nur eine einzige Anmerkung habe ich:Mensch, bin ich froh, dass es mit den PSI-Kräften noch nicht so weit ist und ich genau weiß, wie ich mich fühle und du eben nicht. Du brauchst mir also nicht zu erzählen, wie ich mich fühle, das weiß ich selber schon ganz gut.

Stop. Fredi. Stop. Ich habe nirgendwo behauptet, ich wüsste, wie Du Dich fühlst. Nirgendwo. Ich habe meine Meinung zu Deiner Aussage geschrieben, nicht mehr, und nicht weniger.

Zitat
Ich habe selber schon immersiv gespielt und würde tatsächlich sagen, dass es sich anders anfühlt. Dass es aber alleine eine intellektuelle Anteilnahme ist, kann ich so nicht bestätigen. Das mag bei dir so sein (und es tut mir dann leid für dich, wenn du in solchen Fällen keine emotionale Anteilnahme erreichen kannst - du verpasst echt was), aber meine eigene Gefühlswelt kenne ich doch ganz gut und bei mir ist das nicht so.

Jetzt mal runter vom Gas, Fredi.
Ich habe lediglich genauso hart formuliert wie es Du meistens tust (siehe Deine Meinung zu Hartwurstern), und ich bin nun mal in diesem Punkt völlig anderer Meinung als Du. Was soll das? Willst Du nun eine Diskussion anstoßen oder möchtest Du Dir Weihrauch um die Nase fächeln lassen? Gesetzt den Fall, das Du Ersteres willst, dann gehe mit sachlich vorgetragenen Meinungen gefälligst sachlich um. Du brauchst Dich wirklich überhaupt nicht angefasst fühlen. Ich habe Dir meine Meinung zu Deiner Ausführung mitgeteilt. Nicht mehr, nicht weniger. Also komm' mal wieder runter.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 5.05.2006 | 23:07
Ok, MoZ, ich dachte, ich hätte irgendwie deutlich gemacht, was ich hier besprechen möchte (war wohl ein Irrtum). Also nochmal:

Was mich jetzt interessieren würde, ist, ob das jemand nachvollziehen kann. Ist verständlich, was ich sagen will? Denkt jemand „Komische Sicht, aber ich kann wenigstens in etwa verstehen, wo Fredi seinen Spaß draus zieht“? Trifft meine Sicht den Nerv bei jemand anderem?

Auch würde ich natürlich um allgemeine Verständnisfragen bitten, und um Fragen, die inhaltlich mit dem Thema zu tun haben.

Vor Allem möchte ich mich hier nicht für meinen Stil rechtfertigen müssen. Und da sind solche Aussagen:
Vor allem in moralischen Fragen kommt für mich diese Art zu spielen der Feigheit nahe.
nicht besonders hilfreich. Wenn du also noch zu dem was beizutragen hast, was ich oben grob umrissen habe, dann würde ich mich freuen. Ansonsten: hey, neue Threads sind hier kostenlos.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 5.05.2006 | 23:17
... und dann nochmal, konstruktiver... ;)

Die narrativistische Position im Rollenspiel ist ja nichts anderes die Forderungen, die schon Brecht mit seinem "epischen Theater" vertrat: analytisches Spiel, das die Zuschauer zum Nachdenken anregt -- und nicht zum Mitfühlen.

Brecht forderte von den Schauspielern, dass sie analysieren sollten. Sie sollten von außen an ihre Rolle herantreten, dabei aber jedes sich-Einleben vermeiden -- nur so, meinte Brecht, sei eine klare Synthese, ein "objektives" Ergebnis herauszufinden.

Die Narrativisten verkaufen nun diesen alten Wein in neuen Schläuchen (Vorsicht, Seitenhieb). Dabei hätte ein Blick in den guten alten Brecht genügt.

Kommen wir zum Thema "moralische Entscheidungen" zurück, die Dir beim SPiel sehr am Herzen liegen, Fredi. So ein NAR-"moralisches Spiel" hat natürlich manchmal seinen Reiz. Trotzdem gebricht es an einem Fehler: Es ist ein Spiel -- und kann deshalb ganz unmöglich echte moralische Entscheidungen abbilden. NAR-Moralspiel ist nur ein Abklatsch echter moralischer Entscheidungen. Damit werden auch die Entscheidungen, die der Spieler im Spiel trifft, substanzlos -- es ist nur ein Spiel, gespielt mit analytischer Distanz. Deshalb sind die Entscheidungen des Spielers auch eher auf der intellektuellen Ebene befriedigend, ein Spiel mit Sentimentalitäten.

Verstehst Du meinen Kritikpunkt?

Deswegen betrachte ich NAR-Spiel, weil es eben Brechtschen Maßgaben folgt, als analytisch und intellektuell. Wenn ich nun die mofralische Belanglosigkeit (siehe oben) des NAR-Spiels in ein Erlebnis umwandeln will, das wirklich für mich als Spieler Bedeutung hat, emotional wie intellektuell, ist (für mich) der einzige Ausweg die Immersion. Somit werden aus NAR-gespielten moralischen Entscheidungen echte moralische Entscheidungen; die Distanz zwischen mir und dem Charakter bricht zusammen. Wenn ich als Immersionist zu meinem Charakter werde, dann bin ich, so gut es geht, eine andere Person in einer anderen Welt, und die moralischen Entscheidungen sind plötzlich keine distanzierten Spiele mehr, sondern real und greifbar.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 5.05.2006 | 23:33
Verstehst Du meinen Kritikpunkt?
Ja. Ich kann durchaus verstehen, warum du solche Vermutungen hast. Und ich kann dir sagen, dass es sich bei mir eben nicht so anfühlt. Und bis du mir in den Kopf sehen kannst, haben wir, denke ich, keine gemeinsame Diskussionsgrundlage was meine subjektive Empfindung von intellektueller oder emotionaler Anteilnahme angeht. Da kannst du noch so viel mit Brecht argumentieren, gegen die subjektive Realität in meinem Kopf kommst du leider nicht an.

Mehr fällt mir dazu auch nicht ein. :)

(Und über die Vor- und Nachteile von Immersion und ihre Unterschiede zu meinem Stil unterhalte ich mich gerne mit dir. Nur nicht jetzt und hier. Hier hat das nichts zu suchen.)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Eulenspiegel am 6.05.2006 | 00:49
@ Mann ohne Zähne
Beim Speaker Corner wird auch ausschließlich über Sachen diskutiert, ohne sich immersiv darin hineinzuversetzen. Trotzdem wurde es recht häufig auch sehr emotional, wie man an einigen Beiträgen feststellen konnte.

Ich glaube also durchaus, dass ein Thema Emotionen wecken kann, ohne dass man Immersion betreibt.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 6.05.2006 | 07:53
Hallo Eulenspiegel,
wenn Du jetzt behauptest, dass die Diskussionen in der Speaker's Corner, in denen es hoch herging, nicht immersiv waren, dann verwendest Du den Ausdruck völlig anders als ich. Es ist schlichtweg unmöglich, gefühlsmäßig in ein Thema einzusteigen, ohne sich hineinzuversetzen. Was da rauskommt, ist höchstens ein emotionales Kratzen an der Oberfläche, aber keine echten Gefühle. Deshalb habe ich auch geschrieben, dass moralische Entscheidungen im NAR-Spiel keine Relevanz für den Spieler (im Sinne von: Kennenlernen der Mitspieler) besitzen.

Und wenn mir jemand da was anderes erzählt, glaube ich ihm einfach nicht. Ich war selbst als Seminarleiter für Persönlichkeitsentwicklung tätig, und wir hatten viele Kunden, die genau so argumentierten. Das Erstaunen derjenigen, die bereit waren, sich wirklich zu öffnen, war jedesmal groß: ohne Immersion keine echten Gefühle. Warum, glaubst Du, dass Schauspieltrainer, die Impro oder Method lehren, so viel Wert auf eine "sichere" Umgebung legen? Weil die Schüler sich nur dort fallen lassen können, weil ihnen dort nix passiert.
Von manchen Method Actors ist bekannt, dass sie teilweise wochenlang in der Umgebung leben, in der ihr nächster Film/Stück spielen wird -- das alles machen sie, um möglichst große Immersion zu erreichen. Wegen allen diesen Gründen glaube ich einfach nicht, dass man durch distanziertes, analytisch-OOC-geprägtes Spiel am Tisch echte Gefühle erleben kann. Sentimentalitäten ja, echte Gefühle nein.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 6.05.2006 | 08:55
Ok, Schluss jetzt. Das Thema hat hier nichts zu suchen. Neuer Thread, falls ihr Lust drauf habt. Sonst: Ruhe!
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 6.05.2006 | 09:27
Aye, aye, captain.
Sorry.

(Ich bitte aber um Deine Kommentare, wenn ich demnächst meinen Alles-nix-ohne-Immersion-Faden ins Forum stelle, okay?)

Liebe Grüße und nochmal: sorry.

:)
Norbert
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Bitpicker am 6.05.2006 | 22:26
@ Fredi: Ich kann das, was du da beschreibst, durchaus nachvollziehen, und bin mir sicherer denn je, dass wir uns niemals am gleichen Spieltisch wiederfinden werden. Meinen Stil brauche ich hier ja nicht schon wieder zu beschreiben, da hast du schon mehr als genug von gehört, aber eine Sache fällt mir noch auf: du sagst, dass du deine Art zu spielen bevorzugst, weil du etwas über deine Mitspieler erfährst. Gehe ich Recht in der Annahme, dass du oft und gerne mit neuen Spielern spielst?

Das ist nämlich sicher einer der Gründe, warum mich diese Art zu spielen kein bisschen reizt: ich bin mit allen meinen Spielern schon seit langem befreundet, in einem Fall sogar verheiratet, und ich weiß ziemlich genau, wie sie ticken. Ich brauche überhaupt keine Reaktion außerhalb des Charakterspiels, um zu wissen, welche Haltung meine Spieler zu bestimmten Themen haben. Und weil ich meine Spieler gut kenne, weiß ich auch, mit was für Konflikten ich als SL ihnen gelegentlich interessante Probleme bereiten kann, die sie wirklich vor ein persönliches Dilemma stellen. Dass meine Spieler selbst das Kind nicht erschießen würden, weiß ich auch so. Mich interessiert, ob sie sich so weit in ihren Charakter hineinversetzen können, dass sie es trotzdem tun. Es geht also gerade um 'mein Charakter würde es tun', aber eben nicht als bloße Ausrede, sondern als Ergebnis der Identifizierung mit dem Charakterkonzept.

Robin
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 8.05.2006 | 08:51
Gehe ich Recht in der Annahme, dass du oft und gerne mit neuen Spielern spielst?
Ja und Nein. Ich spiele im Moment (gezwungenermaßen) fast ausschließlich mit neuen Spielern, da sich meine alte Gruppe aufgelöst hat. Nur einer meiner „alten“ Spieler spielt noch mit. Insofern kann ich schon verstehen, dass man meinen könnte, diese Art zu spielen sei primär was für das neue „Kennenlernen“. Sehe ich aber nicht so.

Den einen „alten“ Spieler kenne ich nun auch schon seit 13 oder 14 Jahren. Und dennoch spiele ich meinen Stil unglaublich gerne mit ihm – er überrascht mich noch immer. Und auf bestimmten Gebieten lernt man eben Leute nicht so kennen, wie man Leute im Rollenspiel kennen lernt. Ich würde z.B. furchtbar gerne mit meiner Frau mal solche Systeme spielen, obwohl ich sie ja nun doch eher gut kenne (leider ist sie für RPG nicht so zu begeistern). Menschen ändern sich, man kennt ihr Standpunkte oft nicht so gut, wie man meint, man kann gerade durch das Spiel Standpunkte ändern (oder wenigstens mal anzweifeln lassen). Für mich alles gute Gründe auch mit Leuten zu spielen, die man schon etwas besser kennt.

Gerade damit:
Und weil ich meine Spieler gut kenne, weiß ich auch, mit was für Konflikten ich als SL ihnen gelegentlich interessante Probleme bereiten kann, die sie wirklich vor ein persönliches Dilemma stellen.
lieferst du mir einen interessanten Punkt. Ein Dilemma ist ja gerade eine Situation, in dem eben nicht genau weiß, wie jemand reagieren wird. Sonst wäre es ja kein Dilemma. Und die Tatsache, dass solche Situationen auch dann noch möglich sind, wenn man jemanden schon lange kennt, zeigt mir, dass man auch dann noch etwas über jemanden lernen kann. Deswegen ist das Dilemma (oder etwas allgemeiner: der Bang) mein Lieblingsinstrument im Spiel.


Etwas wollte ich noch allgemein sagen, um Verwirrungen auszuschließen: es ist nicht so, dass ich mit anderen Spielstilen keinen Spaß haben kann. Der beschriebene Stil macht mir nur (im Moment und in den meisten Situationen) den größten Spaß. Und wegen mangelnder Freizeit usw. kommen deswegen andere Stile zur Zeit etwas weniger oft dran. Trotzdem freue ich mich z.B. sehr auf „Worlds Largest Dungeon“ auf dem Sommertreffen. :D
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Bitpicker am 8.05.2006 | 11:06
Ich meinte mit dem Dilemma eher, dass ich weiß, wo ich einen Spieler verlocken, reizen, packen kann. Praktisches Beispiel: ein früherer Spieler neigte dazu, seine Charaktere ziemlich zu optimieren und war sehr hinter zusätzlichen Fähigkeiten her (Setting zu der Zeit war Vampire). Im Spiel bot ich ihm die Möglichkeit, bewusst eine dämonische Besessenheit einzugehen und damit in Abhängigkeit von einer bestimmten Machtgruppe (Pentex) zu geraten, dafür aber Cool Powerz zu erlangen. Ich hatte durchaus damit gerechnet, dass er es tun würde, er hat aber zunächst aus seinem Charakter heraus zu argumentieren versucht, konnte damit aber kein Ergebnis erreichen; also hat er auf einen passenden Wert gewürfelt; das Ergebnis war, dass er es nicht tun würde. Er hat sich als Spieler dann aber doch darüber hinweggesetzt und ist den Pakt eingegangen.

Natürlich hast du Recht, dass einen Spieler immer noch überraschen können; aber es sind meist eher Überraschungen im Kleinen. Vielleicht war das Beispiel mit dem erschossenen Jungen krass, aber was Leute darüber denken, weiß man auch ohne offensichtliche Reaktion, nicht wahr?

Letztendlich ist es die Frage, wer da argumentiert: ist es der Charakter, bleibt das Ganze im fiktiven Rahmen und man kann mit allem davonkommen. Ist es der Spieler, argumentiert er vermutlich mit seiner persönlichen moralisch-ethischen Haltung, die sich aber in vielen Fällen mehr oder weniger mit der des Charakters deckt (schließlich halte ich die Charaktererschaffung ja betont offen, die Spieler haben also viel Kontrolle darüber, wie ihr Charakter ist).

Um entfernt bei dem Beispiel von DitV zu bleiben: würde ich einen religiösen Fanatiker spielen, gäbe es für mich zwei Möglichkeiten, nämlich entweder, die Rolle zu akzeptieren und eben einen religiösen Fanatiker zu spielen, was absolut konträr zu meiner Persönlichkeit steht, oder ich betone meine eigene absolut religionsfeindliche Persönlichkeit und lasse den Charakter bei der ersten Gelegenheit die Seiten wechseln. Tue ich Ersteres, argumentiere ich komplett aus diesem Charakter heraus, ich kann auch aus ihm heraus über Theologie philosophieren (anscheinend definiert man den Glauben und seinen Ethos bei DotV in seinen Details ja selbst, wie ich irgendwo gelesen habe), aber zu keiner Zeit bin das ich, der da spricht. Ich würde dir vermutlich gar nicht viel Kommunikation über die meta-game-Kanäle liefern, weil ich eben gerade ein religiöser Fanatiker bin, der von dem, was er tut, überzeugt ist.

Robin
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Bad Horse am 8.05.2006 | 16:45
Okay, nach deiner Beschreibung weiß ich auch, was in unserer DitV-Runde beim Großen schiefgelaufen ist...  ;)
Ich werde das Innenleben meines Chars - sollten wir je wieder zusammenspielen - auf jeden Fall plastischer machen.  :)

Irgendwie steigt in mir aber schon das Gefühl auf, daß du deine Mitspieler analysieren möchtest - und natürlich auch möchtest, daß sie dich analysieren. Dich interessiert, wie sie ticken, und wie sie Ereignisse, Entscheidungen etc. bewerten, weil du dir dadurch Rückschlüsse auf ihren eigentlichen Charakter erhoffst. Die Ereignisse im Rollenspiel interessieren dich nur als Rahmen.

Übrigens, zum Thema Emotionen und so: Ich hatte bisher immer das Gefühl, daß du eine gewisse ironische Distanz zu den Chars wahrst. Von echten Emotionen - Freude, Wut, Trauer - habe ich nicht viel gemerkt (na gut, wir haben auch nur zweimal miteinander gespielt, und du hast beidesmal geleitet). 'Boah, ist das hart' und ein verzogenes Gesicht hat für mich auch nicht die gleiche emotionale Intensität wie der nachempfundene Ekel und die Wut eines Chars, der in der beschriebenen Situation in der Nähe steht und das Geschehen fassungslos betrachtet. Hast du schon mal aus Betroffenheit wegen einer Entscheidung geweint? Oder jemanden vor lauter Begeisterung umarmt?
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 8.05.2006 | 17:35
Okay, nach deiner Beschreibung weiß ich auch, was in unserer DitV-Runde beim Großen schiefgelaufen ist...  ;)
Ich werde das Innenleben meines Chars - sollten wir je wieder zusammenspielen - auf jeden Fall plastischer machen.  :)
Das Innenleben von Chars finde ich durchaus interessant. Was mich aber noch viel mehr interessieren würde ist dein Innenleben. ;) Insofern hast du Recht, auch wenn ich „analysieren“ viel zu weit gegriffen finde. Ich möchte Menschen kennen lernen, mich mit ihnen durch die Geschichte über bestimmte Themen austauschen, meinen Standpunkt überdenken, sie zum nachdenken anregen und einen gemeinsamen Standpunkt finden. Und das alles natürlich im ganz Kleinen, im Spiel, in ganz konkreten Spielsituationen. Ich würde mir nie anmaßen, da etwas über „wahren Charakter“ oder so was rausfinden zu wollen. Nein, klein, konkret, spielerisch (aber dabei doch mit ernstem Hintergrund), das ist mein Ansatz.

Hast du schon mal aus Betroffenheit wegen einer Entscheidung geweint? Oder jemanden vor lauter Begeisterung umarmt?
Nein und nein. Weder in meiner alten Spielweise, noch jetzt in der neuen. Wenn ich heulen will, gehe ich ins Kino. ;)

Tatsächlich werden sich in meiner jetzigen Runde schon die Köpfe heiß geredet / gespielt. Aber über den begeisterten High-Five (incl. „YESSSS!!“ zum Nachbarn-Wecken) sind wir bisher noch nicht rausgekommen. Was da nun intensiver oder „echter“ ist, ist sicher ein interessantes Thema – für einen anderen Thread! (<- und das meine ich auch so)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Tele-Chinese am 8.05.2006 | 18:17
Ich möchte Menschen kennen lernen, mich mit ihnen durch die Geschichte über bestimmte Themen austauschen, meinen Standpunkt überdenken, sie zum nachdenken anregen und einen gemeinsamen Standpunkt finden. Und das alles natürlich im ganz Kleinen, im Spiel, in ganz konkreten Spielsituationen.

Dazu ist es ja da. Hier kann man "gefahrlos" bestimmte Verhaltensweisen ausprobieren. Hat auf jedenfall etwas von Adoleszenz (ich muss morgen ein Referat halten) im Sinne von Experimentierphase. Wie ich bereits schon angeführt habe, kann man hier im Rahmen eines Spiels Positionen erproben und an ihnen wachsen. wer erlebt gerne echte Tragödien, aber das Spiel macht es erfahrbar - wenn auch aus einer distanzierten Perspektive heras. Und das ist eben "unser" Stil (Ich beschreibe das mal als unseren Stil, denn WIR spielen ja konkret so wie du es beschrieben hast.).

Was du, Leonie, beschreibst wäre für mich unvorstellbar. Ersteinmal käme für mich heulen am Tisch nie in Frage (ich bin doch kein Weichei - Männlichkeitskonstruktion lässt grüßen), zweitens habe ich noch nie, also wirklich noch nie im Leben, eine solche Immersion am Tisch erlebt. Vielleicht sei dihr einfach nur mit guten Spielleitern gesegnet, oder könnt euch entsprechend fallen lassen. Für mich wäre das nichts. Ich will gar nicht diese tiefen erleben. Wenn ich Drama will schau ich mir einen Film an. Da werden die Grenzen meines Selbst aufgeweicht und ich kann "berührt" werden bzw. lasse mich von meinen emotionen leiten. Aber da ist es gewollt. Im Rollenspiel will ich das nicht, noch kann ich mir vorstellen, dass ich dazu fähig wäre. Denn ich bin der Meinung, dass nicht jeder zum "Schauspielern" bzw. Rollenspielen geboren ist. Und eure Form des Spielens (soweit man darauf aus deinen Post schließen kann) kommt für mich eher einem Schauspil gleich. Ich will eben gerade diese "Distanz", weil ich dann die Probleme für mich selbst (ab-)handelbar mache und damit umgehen kann. Bei einer Immersion (wie du sie beschreibst mit "hast du schonmal wegen einer Entscheidung geweint...") würden mir die Grenzen meines Ichs zu sehr aufgeweicht und ich wüsste nicht wie ich damit umgehen soll...aus diesem Grund lehne ich das ab.
Ich will damit nicht sagen, dass ich Rollenspiel hauptsächlich spiele um Probleme zu lösen, aber ich kann mich gerade durhc diese Distanz wunderbar mit bestimmten Themen beschäftigen ohne zu sehr in sie hineingezogen zu werden. Denn dafür habe ich nich immer den Kopf frei genug. ausserdem soll Rollenspiel ja auch Spas machen und Spass habe ich nicht, wenn ich weinen muss ;D

So mal meine zwei Gedanken dazu...auch wenn es vielleicht ein wenig an Fredis Manifest vorbeigeht. Na dann ist die Entführung halt schiefgelaufen >;D

Toast
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Bad Horse am 10.05.2006 | 16:50
Okay, ich schätze, das gehört eigentlich nicht so ganz hierhin, aber letzten Endes vielleicht doch - es geht ja um Fredis Spielstil und was ihn von anderen unterscheidet. Oder nicht?

@Toastbrot: Um das klarzustellen: Ich hab noch nicht wegen eines Chars geweint, aber ich kenne Leute, die es getan haben. Aus ähnlichen Gründen, wie wenn jemand im Kino weint. Diese Leute als "Weicheier" zu bezeichnen, finde ich ein bißchen daneben. Stehen sie halt mehr im Kontakt mit ihren Gefühlen als ich oder du. Oder haben weniger Angst, ihre Gefühle zu zeigen.  ;)

@Fredi: Mein Innenleben - also was ich mir bei irgendwelchen Entscheidungen gedacht habe - bestimmt das Innenleben meines Chars. Schließlich gibt es meinen Char gar nicht...  ;)  Das nächste Mal sage ich aber dazu, daß mein Char so handelt, weil ich einen Konflikt in der Gruppe haben will.  ;)
Ich meinte 'analysieren' auch nicht negativ (auch wenn das manchmal so belegt wird). Nenn es meinetwegen 'kennen lernen'.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Joerg.D am 10.05.2006 | 22:48
Zitat
Das Innenleben von Chars finde ich durchaus interessant. Was mich aber noch viel mehr interessieren würde ist dein Innenleben. Wink Insofern hast du Recht, auch wenn ich „analysieren“ viel zu weit gegriffen finde. Ich möchte Menschen kennen lernen, mich mit ihnen durch die Geschichte über bestimmte Themen austauschen, meinen Standpunkt überdenken, sie zum nachdenken anregen und einen gemeinsamen Standpunkt finden. Und das alles natürlich im ganz Kleinen, im Spiel, in ganz konkreten Spielsituationen. Ich würde mir nie anmaßen, da etwas über „wahren Charakter“ oder so was rausfinden zu wollen. Nein, klein, konkret, spielerisch (aber dabei doch mit ernstem Hintergrund), das ist mein Ansatz.

Wow, wäre dieses Post nicht gewesen, hätte ich Dich als absoluten Spinner angegangen, der versucht seine Freunde zu "therapieren" und zwischen Beruf und Privatleben nicht trennen kann.

Aber on Topic:
Ich kann hoffentlich absolut nachvollziehen, was das Ganze so erhebend für Dich macht. Es ist IMHO die Sucht nach dem Drama, dem Neuen und Unverbrauchten. Grenzen Kennenlernen und zu sehen wie sich bestimmte Personen in Extremsituationen verhalten. Quasi Fredis Real Soap im Rollenspiel. Nur viel besser als der ganze Kram im TV, weil der Plott und die Konflikte etwas taugen.

Es ist also IHMO wie bei Telenovelas, viel Identifikation, Konflikte und ein echt hartes Spiel. Und das kann ich absolut nachvollziehen (auch wenn ich keinen Fernseher habe).

Nun habe ich aber mit emotional zu intensiv agierenden Spielern meine schlechten Erfahrungen gemacht und bevorzuge im Gegensatz zu Dir eher das Popcorn Kino/Fernsehen.

Warum?

Weil ich der Meinung bin das gutes Rollenspiel unterhalten soll und nicht für tagelange schlechte Laune verantwortlich sein darf, oder gar für Nervenzusammenbrüche. Es geht mir also um eine gute Zeit und nicht nur darum die anderen persönlicher und besser kennen zu lernen. Die von Dir gewählten Werkzeuge sind ein Teil dessen mit dem ich eine für mich gute Geschichte bauen kann. Denn eine gute Geschichte braucht für mich viele Charakter-Konflikte und Dramen. Aber sie braucht IMHO auch Color und Platz für Exploration. Genau wie einen guten Schuss Gamism.

Wenn alle diese Werkzeuge zusammen eingesetzt werden entsteht hoffentlich eine Shared Creativ Agenda.

Denn meine Gruppen und auch ich selber sind vielschichtig und wollen weder nur das Eine noch das Andere.

Also spiele ich lieber eine Spielstil, der meine Spieler und mich in unsere "Charaktere" versetzt, aber immer klar lässt das das ganze ein Spiel ist. Damit vermeide ich Heulerein, mir angedrohte körperliche Züchtigung und Freude die zu Feinden werden, weil ich Ihren Charakter gequält und verstümmelt habe. Eine gweisse Distanz erleitert das ganze  und ermöglicht es mir auch mal böse Kampanjen zu spielen, ohne in moralische Konflikte zu kommen.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 11.05.2006 | 11:56
Wow, wäre dieses Post nicht gewesen, hätte ich Dich als absoluten Spinner angegangen, der versucht seine Freunde zu "therapieren" und zwischen Beruf und Privatleben nicht trennen kann.
Da bin ich ja echt froh, dass ich das noch dazu geschrieben habe. ;)

Quasi Fredis Real Soap im Rollenspiel. Nur viel besser als der ganze Kram im TV, weil der Plott und die Konflikte etwas taugen.

Es ist also IHMO wie bei Telenovelas, viel Identifikation, Konflikte und ein echt hartes Spiel.
Das trifft, denke ich, meinen Stil ganz gut. Ich habe ja schon immer gesagt, dass NAR das GZSZ im Rollenspiel ist (und besonders meine Unterform von NAR). ;) Und mir gefällt es eben besser als Fernsehen, weil tatsächlich die Story (meist) besser ist. Aber das ist nur ein Nebenaspekt: wichtiger ist, dass ich selber an der Erschaffung beteiligt bin. Deswegen kann ich mich z.B. besser mit den Charakteren identifizieren. Und weil ich die Spieler auch kenne bzw. mehr mit ihnen anfangen kann als mit Soap-Sternchen im Fernsehen, ergibt sich fr mich ein sehr schönes Gesamterlebnis, das ich so weder durch Fernsehen noch durch "reine" Diskussionsrunden allein erreichen kann.

Weil ich der Meinung bin das gutes Rollenspiel unterhalten soll
Der Meinung bin ich zu 100% auch. Denn sonst könnte ich ja, wie schon angedeutet, auch einfach eine trockene Podiumsdiskussion führen. Rollenspiel hat für mich einen sehr hohen Unterhaltungswert. Ich mag die Spannung, die Story, die Action. Ich will eben auf eine für mich inhaltlich auch in gewisser Form relevante Art unterhalten werden (bzw. mich selbst und andere unterhalten). Ich möchte eben noch etwas mehr als Popcorn-Kino.

Wobei ich absolut verstehe, dass ich mich damit in zum Teil gefährliche Gewässer begebe. Wenn es um die Personen selber und ihre fundamentalen Standpunkte geht, kann es auch schnell zum Konflikt zwischen den Spielern kommen. Und deswegen kann ich vollkommen verstehen, wenn man sagt: "Ich kenne meine Gruppe, das ist mit mit denen zu gefährlich, das ist es mir nicht wert". Und dann eben Popcorn-Kino macht, weil das eine Menge Spaß ohne das unnötige Risiko bringt.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Joerg.D am 11.05.2006 | 23:27
Ja, wenn Du weisst das Du sich in gefährlichen Gewässern befindest, dann kannst du das ganze entsprechend händeln. Und ich gehe jetzt eunfach mal davon aus, das Du einfülsamer bei solche Sachen bist als ich.

Aber ich spiele nicht nur anders, weil ich Angst davor habe das meine Spieler durchdrehen.

Ich spiele anders weil ich ein sehr emotionaler Mensch bin und mein Spiel und Leitstil sich mit meinen Launen extrem ändert.
Da ist es besser, wenn man notfalls auch mal den Dungeon rausholen und Leuten in den Arsch treten kann.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Ancoron Fuxfell am 6.06.2006 | 15:47
@ Fredi

Warum diskutierst du nicht einfach mit Leuten über deren moralische Einstellungen oder philosophische Fragestellungen?
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 6.06.2006 | 16:07
Ancaron,

wie ich schon (im anderen Thread) sagte: lies bitte erst den ganzen Thread! Wenn du dann immer noch Fragen haben solltest, beantworte ich sie gerne. (Tipp: genau auf die Frage, die du jetzt stellst, habe ich schon mal geantwortet, wenn sie auch etwas anders formuliert war - wenn du also die Antwort nicht verstehst, helfe ich dir da gerne weiter)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Tele-Chinese am 6.06.2006 | 16:12
Da bin ich ja echt froh, dass ich das noch dazu geschrieben habe. ;)
Das trifft, denke ich, meinen Stil ganz gut. Ich habe ja schon immer gesagt, dass NAR das GZSZ im Rollenspiel ist (und besonders meine Unterform von NAR). ;) Und mir gefällt es eben besser als Fernsehen, weil tatsächlich die Story (meist) besser ist. Aber das ist nur ein Nebenaspekt: wichtiger ist, dass ich selber an der Erschaffung beteiligt bin. Deswegen kann ich mich z.B. besser mit den Charakteren identifizieren. Und weil ich die Spieler auch kenne bzw. mehr mit ihnen anfangen kann als mit Soap-Sternchen im Fernsehen, ergibt sich fr mich ein sehr schönes Gesamterlebnis, das ich so weder durch Fernsehen noch durch "reine" Diskussionsrunden allein erreichen kann.

Ich bin mal ein netter Dienstleister und gebe Ancoron die Antwort in dem obigen Zitat. Bitte beachte den letzten Satz.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 6.06.2006 | 16:18
Es gibt sogar noch eine viel, viel ausführlichere Erklärung auf Seite 1 des Threads. ;)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Preacher am 6.06.2006 | 16:22
Es gibt sogar noch eine viel, viel ausführlichere Erklärung auf Seite 1 des Threads. ;)

Hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,26150.msg515073.html#msg515073) zum Beispiel.

Insbesondere dieser Abschnitt:
- Und zuletzt lockert der SIS das Ganze etwas auf. 4 Stunden hardcore über Ethik zu diskutieren ist sogar mit zu hart. Der SIS ermöglicht dann wechselnde Spannung, einen Storyverlauf usw. Und das macht die ganze Veranstaltung dann etwas „verdaulicher“.

Wobei das hier nicht der lustige "Such die Antwort"-Thread ist. Ein Link oder quote zum entsprechenden Post macht vieles einfacher, mein lieber Elch ;)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 6.06.2006 | 16:32
Ich dachte eigentlich, man könne einen Text einfach erst lesen (!), bevor man Fragen zu ihm stellt. Ist das wirklich so viel zu viel verlangt? Egal, auf jeden Fall danke für die Links. :)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Arkam am 6.06.2006 | 17:43
Hallo zusammen,

große Erleichterung macht sich bei mir breit. Ich hatte schon befürchtet das ich mich um die Details vieler seltsamer Regelwerke kümmern müßte um den Elch zu verstehen.
Aber hier findet man Antworten auf die Fragen die ich mir schon häufig gestellt habe. "Wie spielt Fredi eigentlich und warum nutzt er dazu immer diese seltsamen Systeme?"

Ich finde nämlich auch Spiele bei denen man seine realen Mitspieler etwas besser kennen lernt sehr interessant.

Da ich einen Teil meines Spaßes am Rollenspiel auch über gefundene Lösungen ziehe und gerade in der Anfangszeit des Rollenspiels viele Abenteuer Spielerwissen zur Lösung dieser Aufgaben vorraussetzten stört mich die analytische Metaebene weniger.

Was den SSI angeht so sehe ich ihn als SAicherheitsnetz für die Spieler, Spielleiter natürlich inklusive. Es war eben doch der Charakter und seien Handlungen zu denen man Stellung genommen hat und nicht man selbst. Ich habe zur Zeit des Nato-Nachrüstungsbeschlusses Mal einer Freundin militärische Taktiken und Strategien auseinandergesetzt. Anschließend war sie der Meinung ich sei eine Bestie. Da wurde eben das was ich weitergegeben habe und meine Persönlichkeit in einen Topf geworfen. Bei einem Charakter kann das ohne große Konsequenzen passieren.

Interessieren würde mich wie krass die Konflikte sind die du wählst. Denn jemanden zu erschießen ist für mich schon sehr krass und die Option wäre für die Leute in meiner Runde gar keine Option. Der kleinere Konflikt ob man einen ertappten und für die Charaktere hilfreichen Schmuggler jetzt an die Ordnungshüter ausliefern sollte hat in meiner Runde für viel meht Zündstoff gesorgt obwohl er deutlich weniger krass war.

Gruß Jochen

PS: Der Fredi ist verheiratet, mit einer Nichtrollenspielerin! - Dinge die ich nicht erwartet hätte und mich tatsächlich überraschen.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Ancoron Fuxfell am 6.06.2006 | 22:27
@ Fredi

Du hast im anderen Thread geschrieben, ich soll hier meine Fragen posten und dann habe ich das gemacht...  ::) ;D

Also ist thematisches Spiel für dich eine Möglichkeit, über moralische Themen zu diskutieren, eingebettet in eine vorbereitete Veranstaltung mit zu einer Geschichte verknüpten Beispielen in denen jeder Teilnehmer in einer Rolle eine gewisse Grundhaltung auf die Problematik übernimmt, die auch generell eher beibehalten werden soll (bzw. beim nächsten Problem wieder verwendet werden soll), um alle Aspekte des Problems zu zeigen?
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 6.06.2006 | 22:49
Also ist thematisches Spiel für dich eine Möglichkeit, über moralische Themen zu diskutieren, eingebettet in eine vorbereitete Veranstaltung mit zu einer Geschichte verknüpten Beispielen in denen jeder Teilnehmer in einer Rolle eine gewisse Grundhaltung auf die Problematik übernimmt, die auch generell eher beibehalten werden soll (bzw. beim nächsten Problem wieder verwendet werden soll), um alle Aspekte des Problems zu zeigen?
Nein, auch nicht. Weder ist da etwas vorbereitet (es wird immer deutlich weniger vorbereitet als beim klassischen Spiel, oft sogar gar nichts) und es übernimmt auch niemand vorgefertigte Rollen, um verschiedene Positionen auf ein Problem oder Aspekte "abzudecken". Auch sollen die Positionen nicht beibehalten, sondern dürfen durchaus geändert werden (wenn es zum Punkt, den der Spieler machen will, und zum Charakter passt). Also ein ziemlich deutliches "Nein" zu deiner  Frage.


Was den SSI angeht so sehe ich ihn als SAicherheitsnetz für die Spieler, Spielleiter natürlich inklusive.
Ok, dazu habe ich ja schon geschrieben, dass mich das unglaublich nervt. Es gibt für mich im Spiel kaum etwas schlimmeres, als wenn sich ein Spieler hinter seinem Charakter (oder sonstigen Aspekten der Welt) versteckt. Schließlich will ich an den Kern des Spielers und wenn die blocken, nervt mich das.

Zitat
Interessieren würde mich wie krass die Konflikte sind die du wählst. Denn jemanden zu erschießen ist für mich schon sehr krass und die Option wäre für die Leute in meiner Runde gar keine Option.
Ich wähle sie krass. So krass wie möglich (ok, Pausen sowie Steigerungen müssen natürlich auch drin sein).

Und solche Spieler, für die "Leute erschießen" keine Option wäre, würde ich lieben!! Und sie dann immer wieder in Situationen bringen, wo erschießen eben vielleicht doch eine Option wäre. 7ter Fredi-Himmel! ;D "So, du bist Pazifist? Und wenn der Typ, der deine Tochter brutal vergewaltigt und dann im Wald verscharrt hat, dir nach seiner Freilassung wegen eines Verfahrensfehlers leise zuraunt: 'Du hast ja noch eine Tochter. Und ich weiß, wo sie wohnt...'? Na, immer noch Pazifist? Und wenn die Polizei all dein Flehen ignoriert und sagt, dass sie leider nichts tun können, weil er ja freigesprochen wurde? Na, immer noch? Und wenn er deiner zweiten Tochter den Rock runterreist, ein Messer an ihrer Kehle, eine lüsternen Blick in den Aagen? Naaaaa...?"

Wie gesagt: so krass wie möglich. :)

Zitat
PS: Der Fredi ist verheiratet, mit einer Nichtrollenspielerin! - Dinge die ich nicht erwartet hätte und mich tatsächlich überraschen.
Ich bin auch immer wieder fasziniert davon, warum sie so einen Freak wie mich genommen hat. ;)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Ancoron Fuxfell am 7.06.2006 | 16:34
@ Fredi

Wenn alle Spieler der gleichen Meinung sind, ist das dann nicht ungünstig? Wenn also alle SCs/Spieler dem gleichen Moralkodex folgen und nicht nur halbherzig? Wenn das Spiel nicht vorbereitet wird, wieso kommt es dann zu gehäuften Konflikten?


Ansonsten ist mir schon mal klar, dass ich gerne beim Rollenspiel die anderen kennen lernen würde, aber nicht auf diese Weise.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Alrik am 7.06.2006 | 16:42
Wenn das Spiel nicht vorbereitet wird, wieso kommt es dann zu gehäuften Konflikten?

Das klappt ganz hervorragend ohne Vorbereitung. Die Charaktere werden ja schon darauf hin erschaffen, dass möglichst viel Konfliktpotential da ist. Da ergibt sich so einiges allein nach einem kurzen Blick auf den Charbogen! Der kreative Input muss natürlich vorhanden sein. Mit sehr passiven Spielern, die nicht aus ihrer Ecke rauskommen, wird das ganze nix. Aber spiel mal mit Fredi und sieh, wie viele "fett geile" Konflikte da zustande kommen! :)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Boba Fett am 7.06.2006 | 17:17
@Fredi:
Ohne auf den ganzen Sermon dieses Threads im Detail einzugehen (denn die Bekehrungs- und ad absurdum Führungsversuche erachte ich mal also solchen):
Ich habe Deinen Eingangspost gelesen.
Ich glaube, ich habe ihn und damit Deinen Standpunkt verstanden!
Er hat was!
Ich teile ihn nicht. Aber ich kann Dinge daraus entnehmen...
Meistens wird Kommunikation auf der Metaebene verteufelt, wiel sie die Immersion stört.
Du bringst mich zu der Überlegung, dass Kommunikation auf der Metaebene hilfreich sein kann...

Ich will jetzt gar nicht weg von der klassischen Art des Abenteuer-Rollenspiels (mit vom Spielleiter diktierten thematischen Inhalten, aber das nur nebenbei).

Aber auch da kann diese Kommunikation helfen. Sie kann zeigen was die Spieler dabei empfinden.
Sie kann Langeweile wegen Ereignislosigkeit, Frust wegen empfundener Erfolgslosigkeit und all die anderen negativen Empfindungen wegen mangelnder Kommunikation vermeiden.
Sie kann zeigen "hey, das finde ich toll!" und sie kann zeigen "nicht noch mal!".

Vor allem kann sie mir zeigen: Das habe ich grade gut hinbekommen, denn das Feedback war mehr als positiv.
Und das nicht erst am Ende des Spiels, wenn alle nochmal Resümee ziehen (und das meiste vergessen wurde), sondern gleich mitten im Spiel. Ich kann gleich dieses unmittelbare Feedback umsetzen und reagieren.
Ich kann bei guten Dingen noch einen oben drauf setzen, weil ich weiss, das kommt an und ich kann bei schlechtem Feedback die Bremse ziehen, weil ich merke, damit liege ich falsch.
Ob ich dabei Spieler oder Spielleiter bin ist egal.
Ob ich thematisches, abenteuerliches, dramatisches oder traumatisches Rollenspiel mache ist egal.
Es ist sogar egal, ob überhaupt ein SpL am Tisch sitzt.

Ich muss dazu auch nicht das Interesse haben, etwas über meine Leute erfahren zu wollen (die Leute meiner Stammrunde gehören zu meinen besten Freunden, seit 10-20 Jahren, da kennt man sich. Interessant wäre dies [für mich!] nur bei Spielen auf Treffen oder Cons.), was die bewegt oder welche moralischen Standpunkte die vertreten.
Es geht viel simpler...
Ich muss dazu nur daran interessiert sein, zu erfahren, wie meine Entscheidungen, was im Rollenspiel (durch meine Handlungen, bzw. die Handlungen unter meiner Kontrolle stehenden Instanzen (z.B. Spielercharakter oder NSCs) geschehen soll von den anderen bewertet werden. Dann bereits ist die Kommunikation auf der Metaebene wertvoll.
Wenn ich dann noch weiss, dass das den anderen auch so geht, dann weiss ich, dass ich durch mein feedback sogar Einfluss nehmen kann. Und dadurch wird die Kommunikation noch wertvoller, denn sie gibt mir Gelegenheit, die Entscheidungen, die sich auf das Geschehen im Rollenspiel auswirken, zu beeinflussen.

Wir werden trozdem unterschiedliche Arten haben, zu kommunizieren. Meine Meta-Ebenen Kommunikation wird geringer ausfallen als Deine. Sie hat andere Zwecke und deswegen auch andere Formen.

Aber zumindestens ist mir das bewusst geworden.
Es ist falsch, Metaebenen Kommunikation zu unterbinden. Sie kann sehr wertvoll sein. (Das Maß der Dinge ist auch da wieder relevant!)
So, kein Versuch, Dich zu konvertieren. Auch kein Versuch, Deine Einstellung als falsch zu beweisen.
Nur eine kurze Erklärung, was mir zu Deinem Post bewusst geworden ist.
Bei Gelegenheit dazu gerne mehr in einem separaten Thema.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.06.2006 | 17:21
Wenn alle Spieler der gleichen Meinung sind, ist das dann nicht ungünstig? Wenn also alle SCs/Spieler dem gleichen Moralkodex folgen und nicht nur halbherzig?
Erst einmal: Die Vorstellungen der Spieler und der Charaktere können sich durchaus stark unterscheiden (und tun das üblicherweise auch). Die Vorstellungen der Spieler untereinander unterscheiden sich auch, wir sind ja alle unterschiedliche Personen (sicher nicht so verschieden wie zwischen Spieler und Charakter, aber doch unterschiedlich).

Zweitens: Moralkodex. Wie süß! ;D Neee, im Ernst: wir spielen eigentlich immer normale Menschen mit normalen Problemen. Und normalen Menschen haben keinen strengen „Kodex“, sie handeln nach ihren Überzeugungen. Aber Menschen sind eben inkonsistent, sie bewerten und interpretieren. Und das macht es spannend. So kann es eben auch bei Dogs, wo ja alle Charaktere eigentlich die gleiche moralische Grundlage haben (das Book of Life), trotzdem zu wunderbaren Konflikten zwischen den Charakteren kommen (ein Beispiel dafür: [Dogs] Entscheidung in Small Creek (http://tanelorn.net/index.php/topic,22190.0.html))

Wenn das Spiel nicht vorbereitet wird, wieso kommt es dann zu gehäuften Konflikten?
Ohne Vorbereitung klappt es eigentlich gut, wie Alrik schon sagt. Zum einen gehören gute Charaktere dazu, die schon auf Konflikte ausgelegt sind. Zum anderen braucht man ein gewisses „Auge für Konflikte“, also die Fähigkeit, Konflikte im Spiel zu erkennen, anzustoßen und darauf hin zu arbeiten. Das bekommt man aber mit der Zeit. Die Übung macht da (wie sonst auch) den Meister. Ein Beispiel für Konflikte ohne Vorbereitung ist unsere PtA-Sitzung ([PTA] Nam’Š’Ilik: Lügen, Sex und Gewalt – in Space (http://tanelorn.net/index.php/topic,26717.0.html)). Außer den Charakteren hatten wir nichts, aber auch rein gar nichts für die Sitzung vorbereitet. Und trotzdem gab es ohne Ende Konflikte. Weil die Charaktere es hergaben und die Spieler inzwischen auf Konflikte „geschult“ sind.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Ancoron Fuxfell am 7.06.2006 | 18:11
@ Fredi

Macht die Spielweise auf Cons genau so viel Spaß?


Ansonsten werden die Charaktere gemeinsam vorgefertigt (wobei ich übrigens vorher nie von vorgefertigt gesprochen habe).
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.06.2006 | 18:21
Macht die Spielweise auf Cons genau so viel Spaß?
Ich hab da nicht so den Vergleich, da ich quasi nie auf Cons gehe. Aber auf dem Großen Treffen macht es immer einen Heidenspaß und wenn ich mir die Spielberichte auf The Forge so ansehe, scheint es auch auf Cons viel Spaß zu machen. Aber wie gesagt: Persönliche Erfahrung habe ich damit nicht.

Zitat
Ansonsten werden die Charaktere gemeinsam vorgefertigt (wobei ich übrigens vorher nie von vorgefertigt gesprochen habe).
Ist das eine Frage? Oder eine Feststellung?
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Ancoron Fuxfell am 7.06.2006 | 18:30
Bezug:
Zitat
Nein, auch nicht. Weder ist da etwas vorbereitet (es wird immer deutlich weniger vorbereitet als beim klassischen Spiel, oft sogar gar nichts) und es übernimmt auch niemand vorgefertigte Rollen, um verschiedene Positionen auf ein Problem oder Aspekte "abzudecken". Auch sollen die Positionen nicht beibehalten, sondern dürfen durchaus geändert werden (wenn es zum Punkt, den der Spieler machen will, und zum Charakter passt). Also ein ziemlich deutliches "Nein" zu deiner  Frage.


Ansonsten zu Cons:
Was habe ich davon, etwas über jemanden herauszufinden, den ich eh nie wieder sehe?
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.06.2006 | 18:34
Ansonsten zu Cons:
Was habe ich davon, etwas über jemanden herauszufinden, den ich eh nie wieder sehe?
Och, ich lerne gerne neue Leute kennen, selbst wenn ich sie später nicht wieder sehe. Und im Zeitalter des Internet und Teamspeak kann man viele Leute doch später "wiedersehen" also mit ihnen kommunizieren.

Aber wie gesagt: ich mache mir nicht so viel aus Cons, kann also da nicht viel zu sagen.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Ancoron Fuxfell am 7.06.2006 | 19:23
Für mich ist die Frage:
Wenn ich die Meinungen meiner Freunde zu moralischen Themen kenne und es mir nichts bringt, bei einem Fremden zu erfahren, welche Meinung er hat, weil ich mir ja eh denken kann, dass es diese Meinung gibt und die Tatsache, dass gerade diese Person sie hat, mir egal ist, weil sie fremd ist, dann wäre an dieser Stelle das Potenzial ausgeschöpft?

D.h. die Spielweise hat Potenzial, wenn ich Leute besser kennen lernen möchte, aber ansonsten nicht?
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Alrik am 7.06.2006 | 19:29
@Ancoron
Ich antworte jetzt mal nur für mich: Mir geht es nicht primär darum, Leute besser kennen zu lernen. Mir macht es schon einfach Spaß überhaupt die Reaktionen der Mitspieler auf die Konflikte zu beobachten (so wie: "Na? Wie gefällt dir das?" oder "Suck this!") Dabei will ich nicht unbedingt meinen Gegenüber besser kennenlernen. Ich spiele das ja auch mit Leuten die ich schon ewig kenne. Ich weiß ungefähr, wie sie ticken. Aber die Reaktionen direkt im Spiel zu verfolgen, das hat für mich noch einen ganz anderen Reiz.

So seh ich das, hoffe, dass es verständlich ist!
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Ancoron Fuxfell am 7.06.2006 | 20:04
Aber funktioniert das nicht auch beim Abenteuerspiel?
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.06.2006 | 20:13
Ancoron, ich würde dich bitten, deine albernen Kreuzverhörfragen einzustellen. Du möchtest hier nichts verstehen oder lernen, du möchtest alberne Spielchen spielen. Wenn du noch was Sinnvolles zum Thread beizutragen hast, bitte, ansonsten spiel doch in der Wörterkette weiter. Danke.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Alrik am 7.06.2006 | 20:15
Äh, ja, genau...
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Ancoron Fuxfell am 7.06.2006 | 20:42
Falls es dir nicht aufgefallen ist, habe ich bereits festgestellt, dass deine Spielweise Potential hat und mich interessiert. Wenn ich auch sicherlich nicht einfach darauf umsteigen werde. Mir ist z.B. die Idee gekommen, einfach beim gewöhnlichen Abenteuerspiel thematische Elemente einzubauen. Und damit ich dich nicht ins Kreuzverhör nehme, stelle ich jetzt keine Frage. Du solltest du dir überlegen, ob du ab und zu zu empfindlich auf interessierte Fragen reagierst.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 7.06.2006 | 20:54
Du bist interessiert. Genau. Und ich bin der Kaiser von China.  ::)  Danke für's mitspielen.
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 8.06.2006 | 16:47
Hey Boba,

Ich habe Deinen Eingangspost gelesen.
Ich glaube, ich habe ihn und damit Deinen Standpunkt verstanden!
Er hat was!
Ich teile ihn nicht.
Cool. Mehr kann ich echt nicht verlangen. Dass du es nachvollziehen kannst, freut mich. :)

Aber zumindestens ist mir das bewusst geworden.
Es ist falsch, Metaebenen Kommunikation zu unterbinden. Sie kann sehr wertvoll sein. (Das Maß der Dinge ist auch da wieder relevant!)
Naja, Kommunikation ist immer gut, denke ich. Unter Rollenspielern wird sowieso viel zu wenig über die wirklich wichtigen Dinge geredet: über die real existierenden Spieler am Tisch und ihre Probleme und Wünsche! Insofern ist mehr Kommunikation (fast) immer gut.


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Was ganz anderes:
Mir geht es nicht primär darum, Leute besser kennen zu lernen. Mir macht es schon einfach Spaß überhaupt die Reaktionen der Mitspieler auf die Konflikte zu beobachten (so wie: "Na? Wie gefällt dir das?" oder "Suck this!") Dabei will ich nicht unbedingt meinen Gegenüber besser kennenlernen. Ich spiele das ja auch mit Leuten die ich schon ewig kenne. Ich weiß ungefähr, wie sie ticken. Aber die Reaktionen direkt im Spiel zu verfolgen, das hat für mich noch einen ganz anderen Reiz.
Dieser kleine Absatz von Alrik hat mich auch wieder zum Nachdenken gebracht. Es ist ja schließlich so, dass ich mir selber und meinen Vorlieben noch auf der Spur bin. Und dazu kommt, dass mein Eingangspost sicher alles andere als optimal formuliert ist. Zwei meiner eigenen Absätze fallen mir dazu ein:
Den einzigen Wert im Spiel haben also für mich die Ideen der Spieler. Und zwar meine ich Ideen, die die Spieler emotional berühren (emotionales Investment). Das kann Color sein („Schau mal, was ich für eine tolle Idee habe!“), aber am liebsten ist mir der moralische Standpunkt („Sieh mal, was ich zu dem Dilemma meine:…“). Für diese Ideen „care“ ich.

[…]

Ich brauche Ideen. Es ist die rohe emotionale Kraft der Ideen der anderen Spieler, die mich begeistert. Und ich will begeistern und begeistert werden! Direkt auf der Ebene der Spieler durch die Ideen der Spieler.

Was bedeutet das nun (in Verbindung mit dem Absatz von Alrik)? Es bedeutet, dass ich es im Endeffekt genauso sehe, wie er. Alrik sagt doch aber gerade, dass er nicht etwas über seine Mitspieler lernen möchte. Was denn nun, Fredi? Jaaaaa, ist nicht so leicht.

Also: die Idee, dass es um das Kennenlernen der Ideen der Mitspieler geht (um die Ideen mit emotionalem Investment) war mir vor dem Schreiben gerade neu in den Kopf geschossen. Vermutlich habe ich sie deswegen überbetont. Und so kommt es, dass ich in meinem Text und in meinen Antworten stärker darauf Bezug genommen habe, als das meinen tatsächlichen Vorlieben entspricht. Das „neu Kennenlernen“ ist also nicht so zentral, wie es mir zunächst schien und wie ich es deswegen beschrieben habe.

Wichtig sind die Ideen. Die Ideen der Mitspieler und meine eigenen. Die Ideen mit emotionalem Investment. Die Reaktionen der wirklichen Spieler auf die Ideen der anderen wirklichen Spieler. Das heißt auch, dass der Rest meines Texts so bestehen bleibt: Die Kommunikation der Ideen und Reaktionen ist wichtig. Der SIS ist ein Kommunikationskanal und ist nur so lange wichtig, wie er „heiß“ ist, also Ideen kommuniziert.

Was ist nun mit dem „Kennelernen“? Wie gesagt, war wohl nicht so wichtig, wie ich zuerst gedacht hatte. Aber einiges davon stimmt schon:
1. Wenn man Leute gut kennt, meint man zu wissen, wie sie ticken. Wenigstens so ungefähr. Aber manchmal überraschen sie einen. Und genau solche Momente finde ich unglaublich gut (siehe meine jetzige PtA-Runde mit einem Spieler, mit dem ich schon ca. 14 Jahre spiele – er hat mich dennoch überrascht und das war ein wirklich, wirklich tolles Erlebnis). Gerade, wenn man vor Augen geführt bekommt, dass Leute sich verändern und entwickeln, wenn man merkt, dass man sie vielleicht doch nicht so gut kannte, wenn sie sich ein wenig mehr öffnen als sonst – DAS sind rockende Momente. Und da lernt man schon noch was über seine Mitspieler.
2. Man muss mit den Ideen tatsächlich nicht immer was neues Lernen. Manchmal ist es auch einfach nur eine Art „Rückversicherung“. So in der Art „Findest du das nicht auch völlig fies?“ - „Klar, finde ich fies, fiiees!“ – „Cool, dann sind wir ja immer noch der gleichen Meinung“. Auch noch mal zu merken, dass jemand sich nicht verändert hat, dass man immer noch dieselben Ideen teilt, schweißt die Gruppe zusammen. Menschen mögen gegenseitige Bestätigung. Ich auch. :) Aber das bringt mich direkt zum wohl wichtigsten Punkt:
3. Man darf nie 100% sicher sein. Wenn ich zu 100% weiß, wie die Mitspieler reagieren werden, ist es langweilig. Ich kann maximal ziemlich sicher sein – die Möglichkeit, dass mich ein Mitspieler überrascht, muss aber immer noch gegeben sein. Ich muss mich also schon immer fragen: „Findet er die Idee jetzt gut (kreativer Input)? Wir er auf die Idee mit einsteigen (emotionales Investment)? Teil er meinen Standpunkt dazu? Das ist es, was ich im Kern meinte. „Kennenlernen“ ist vielleicht zu hoch gegriffen (und kling wie „moralisch“ wahrscheinlich hochtrabender, als es gemeint ist). Aber es muss immer eine gewisse Unsicherheit und eine Möglichkeit zur Überraschung gegeben sein. Nur dann bleibt der Austausch der Ideen spannend. Denn wenn ich alles schon vorher weiß, brauche ich die Ideen tatsächlich nicht mehr austauschen.

Dieses abgeschwächte „Kennenlernen“ ist alles, was mich von Alriks Standpunkt unterscheidet (wenn überhaupt, vielleicht sieht er das ja ähnlich). Ansonsten ist das emotionale Investment in die Ideen der Spieler, das von allen Spielern geteilt und kommuniziert wird, der Kern.

So. Wollte ich einfach nur mal hinzugefügt haben. Ist ja alles „Work in progress“ hier. :)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Preacher am 8.06.2006 | 17:48
Wenn ich mal ein Zitat aus einem anderen Thread aufgreifen darf:

Monkey hat schon Recht - es geht mir nicht um die Geschichte. Die thematische Geschichte ist ein Epiphänomen des Prozesses des thematischen Spiels. Und das will ich. Dass dabei eine Geschichte entsteht, lässt sich quasi nicht vermeiden und ist ein netter, aber nicht notwendiger, Nebeneffekt.

Und DA unterscheiden sich unsere Positionen im Fokus eben doch, mein lieber Elch. Wie ich hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,26150.msg515077.html#msg515077) hier schon schrieb, ist für mich die Geschichte der Hauptaspekt am Rollenspiel. Das für mich ist kein "netter Nebeneffekt", sondern DAS zentrale Element, der Grund, weshalb ich spiele. Allerdings bin ich der Ansicht, daß "menschliche Themen", böse Konflikte und fiese Dilemmata die interessantesten Geschichten ergeben.

Teflon-Tommy, der den Bösewicht verfolgt, weil es eben sein Job ist, dem besagter Bösewicht einen harten Fight liefert, der den besiegten Gegner aber ohne mit der Wimper zu zucken abknalt, weil er ja schließlich gewonnen hat mag zwar cool sein, aber interessant ist das für mich nicht wirklich.

Weichei-Willi, der den Bösewicht dagegen verfolgt, weil er am Tod seiner Frau schuld ist, der nach zähem RIngen den Gegner endlich überwinden und demaskieren kann - und dann feststellt, daß besagter Bösewicht aus (aus seiner Sicht) edlen Motiven gehandelt hat (der Tod der Frau rettete 20 anderen das Leben) und sich noch als sein lange verschollener Bruder herausstellt - das mag zwar kitschig sein, aber solche Konflikte geben imho der Geschichte erst die richtige Würze.

Für mich ist das Kennenlernen der anderen Spieler bzw. ihres Standpunktes hier völlig untergeordnet - der Konflikt dient für mich nur als Vehikel, eine für mich interessantere Geschichte zu erschaffen. Immerhin ist dann auch der Ausgang völlig offen - ich meine, Teflon-Tommy legt den Villain um, kassiert seine Gage und geht nach hause. Aber was macht Weichei-Willi? Tötet er den Gegner? Tut er es nicht? Wie verändert ihn die getroffene Entscheidung und welche Ausgangsbasis für weitere Geschichten haben wir dadurch?

Die Konflikte machen den Char und damit die Geschichte interessanter und plastischer. Von daher: Wir mögen uns zwar nur im Fokus unterscheiden (unterschiedliche Intentionen haben, aber ähnliche Ergebnisse erzielen) - das aber dafür doch recht stark.

Zumal bei mir der Identifikationsaspekt mit dem Char, das Eintauchen in den SIS eine größere Rolle spielt als bei dir - das sind auch Elemente, die für mich die Geschichte plastischer und interessanter machen. Und zu guter Letzt benutze ich einen anderen Weg, um dahin zu kommen: Ich neige in letzter Zeit immer stärker zu Freeform-Spiel. System in den Hintergrund, Charaktere samt Macken, Vorlieben, Schwächen und eben Konflikten in den Vordergrund stellen. Wobei ich das wahrscheinlich auch tue, weil ich kein einziges Forge-System besitze (Dogs sollte die Tage ankommen) und dafür auch schwerlich Mitspieler fände - wohingegen die gelegentlichen RSP-Wochenenden, die ausgesprochen Freeformig und "soapig" daherkommen irgendwie allen zu gefallen scheinen (Enkidi, Dorin, Vash, Vale und Karl Lauer war so die "Kerncrew") ;)
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Arkam am 8.06.2006 | 19:01
Hallo zusammen,

der SSI als Sicherheitsleine ist anders gemeint als er hier wohl angekommen ist.
Es ist nicht so gemeint das man sich vom Spiel drücken kann. Also nach dem Motto nicht ich als Spieler reagiere auf den Konflikt sondern nur mein Charakter als Hintergrund sondern wirklich für den Fall das man übertreibt.
Denn je härter der Konflikt ist den ich präsentiere destso höher dei Chance das ich einen Mitspieler so treffe das er als Spieler extrem emotional und vielleicht sogar mit realen Aggressionen reagiert. Bevor es soweit kommt sollte man doch lieber eine Sicherheitsleine einbauen.
Nicht jeder hat den Psychologen direkt als Spielleiter. :-)
Denn bei Themen wie Vergewaltigung, Kindesmißbrauch, Snuffporno, Folter, Organhandel, Sterbehilfe und Konzentrationslagern kann man sich schon in einer realen Diskussion nicht sicher sein wie sachlich die Leute reagieren. Wenn jetzt noch über den Charakter eine emotionale Komponente verstärkt ins Spiel kommt sehe ich da ein größeres Potential dafür das die Situation ausartet.

Ach ja wer gerade keine Zeit für ein längeres Rollenspiel hat aber trotzdem sehen will wie die Leute auf Extreme reagieren der kann es Mal mit der folgenden Geschichte und der anschließenden Frage probieren, geht schnell und ist immer wieder interessant Sollte man aber nur ausprobieren wenn man die Leute sehr gut kennt oder man wirklich provozieren will und mit Konsequenzen leben kann.

2013 wurde der Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland aufgelöst. Jede Person die als Gefährdung für die neue Ordnung gesehen wird, ein gesundheitliches Risiko für die Gesellschaft oder ihren Genpool mit sich bringt  wird in ein Lager abgeschoben.
2017 werden die Verwaltungs- und Unterhaltungskosten für diese Lager zu groß. Jeder der nicht arbeiten kann wird nach Beschluß vom 01.01.2019 getötet.
1.1.2020 du stehst an der Rampe wo die zu Tötenden in die Gaskammern maschieren. Natürlich bekommst du für deine Aufgabe kein Geld aber ein Mal pro Tag darfst du einen Menschen herauswinken der dann weiterleben darf.
Eines Tages kommen deine Ehefrau, dein Kind und deine Mutter an dir vorbei. Wen wählst du?

Bei Bedarf kann man die drei Personen natürlich auch durch andere Personen austauschen bei denen man sich eine emotionale Reaktion erhofft. Die Variante bei einer konkreten Veranstaltung einfach auf drei Personen in der Umgebung zu zeigen, möglichst natürlich Leute die die Geschichte gehört haben, habe ich noch nicht ausprobiert.

Gruß Jochen
Titel: Re: [Fredis Manifest] Thematisches Spiel – Wie ich spiele
Beitrag von: Fredi der Elch am 9.06.2006 | 14:22
Arkam,

wenn ein Spieler durch einen Konflikt getroffen wird und dann den SIS verwendet, um weniger getroffen zu sein („Sicherheitsleine“), dann versteckt er sich IMO hinter dem SIS. Er benutzt den SIS, um sich selbst als Person nicht so stark einbringen zu müssen.

Ich kann sehr gut verstehen, dass einem so eine Sicherung gut gefallen kann. Mich persönlich stört sie, aber das ist ja nur mein Geschmack.


Preacher,

du darfst nicht immer alles so ernst nehmen, was ich so schreibe. ;D

Das mit dem Kennenlernen habe ich ja schon eingeschränkt. Nu zu dem mit der Geschichte.

Was will ich? Ich will emotionales Involvement, emotionale Reaktionen der Mitspieler (und zwar nicht völlig vorhersehbare). Und zwar mittels thematischer Elemente. Die in einem gemeinsamen Erzählprozess von allen Spielern verwendet werden. Was mich nicht mehr sooo interessiert ist die fertige Geschichte. Die kann man mal nachher anschauen und cool finden (oder drüber posten ;) ) aber der Prozess des Spiels ist das Wichtige, nicht das Ergebnis.

Wie ist das nun bei dir? Ich hoffe du verzeihst mir, wenn ich mal wild spekuliere (ich hoffe, ich treffe wenigstens ein bisschen)… :) Das Endergebnis ist es vermutlich nicht. Sonst würdest du besser was lesen oder einen Film sehen. Du willst auch den Prozess des Spiels, als gemeinsam etwas erschaffen. Was? Eine „gute“ Geschichte. Für dich also eine Geschichte, in der es sich um thematische Inhalte dreht, und in die du emotional involviert bist. Und weil du auch Mitspieler hast, willst du auch, dass die involviert sind, willst sie begeistern und begeistert werden.

Tja, und schon sind beide Punkte fast gleich. Es bleibt nur die Frage, was zuerst da war: Das Bedürfnis eine „gute“ (d.h. thematische, involvierende usw.) Geschichte zu erzählen oder das Bedürfnis nach emotionalem Involvement. Huhn oder Ei. (ok, ich würde jetzt natürlich sagen: Ei. Oder besser: Ich würde mal wild behaupten, dass ich schon erkannt habe, dass ich gemeinsam mit Leuten thematische Geschichten erzählen will, weil ich das Bedürfnis nach den emotionalen Reaktionen bei mir und bei den Mitspielern habe. Und dass es bei dir genauso ist, du dein Bedürfnis nach dem Geschichtenerzählen nur noch nicht so weit runter gebrochen hast, dass du das erkannt hast. ;D Aber das ist vermutlich ein ganz eigener Thread. ;) )