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Medien & Phantastik => Andere Spiele => Larp => Thema gestartet von: Lord Verminaard am 22.08.2008 | 11:31
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Jeepform (http://jeepen.org/dict/) verhält sich zu traditionellem LARP wie Forge-Spiele zu traditionellem P&P-Rollenspiel. Mehr Meta, mehr Einflüsse aus anderen Formen (in diesem Fall: Improvisationstheater), engerer Fokus (Stichwort: Creative Constraints). So von der Idee her eher was für linksintellektuelle Studenten der Geisteswissenschaften, auch: Cordhosenfraktion. Oder?
Also wenn ich mir ein paar der Spiele (http://jeepen.org/games/) angucke, klingt das... irgendwie spannend, aber irgendwie auch zu sehr nach Woijcek und in jedem Fall habe ich das Gefühl, dass das meine Fähigkeiten als Spieler überfordern würde. Mir wurde aber versichert, es sei weniger schwer, als es klingt.
Hat davon schon mal jemand was gehört? Es vielleicht gar schon mal ausprobiert und kann berichten?
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Ich habe die Seite vor einigen Monaten gefunden, als ich ein wenig nach Theoriekram gestöbert habe. Ich fand es auch extrem interessant, habe das aber erst einmal in den Hintergrund wandern lassen. - Allerdings habe ich es nicht in erster Linie als kreativen Backround für LARPer verstanden, sondern durchaus primär als P&P-bezogen. Zumindest verstehe ich folgenden Hinweis so:
This is in part a collection of general guidelines, called truths, for writing freeform scenarios, likely table-top and larp scenarios as well.
Außerdem klingen die einzelnen Constraints und Beispiele auch nicht unbedingt nach LARP, oder bin ich jetzt in der falschen Spur?
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Danke für den Link! Das sieht sehr spannend aus! Allerdings ist mir das erheblich zu viel Material. Vielleicht erbarmt sich ja irgendwann einer der Spezialisten und ich lerne dann gern aus der Zusammenfassung.
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Coole Ideen!
Noch nie davon gehört. Und nach dem zu urteilen, was ich da lese, hätte ich es auch nicht zuerst mit Larp in Verbindung gebracht, sonder eher mit (Impro-)Theater und Pen & Paper.
Einige der Mechanismen muss ich unbedingt sofort klauen.
Da hat mich vieles an das beste Theaterstück erinnert, dass ich je gesehen habe: Morir von Sergi Belbel (http://www.annette-knuf.de/produktionen%20Morir.htm).
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Über zwei Jahre und der einen oder anderen GROSSE! (http://tanelorn.net/index.php/board,38.0.html)-Session später würde mich interessieren, was sich getan hat.
Wie findet ihr Jeepform? Habt ihr es in der Zwischenzeit öfter gespielt? Oder spielt ihr es gar regelmäßig?
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Es war ne interessante Erfahrung. ;)
War auf jeden Fall sehr intensiv, mir persönlich an einigen Stellen fast ein bisschen anstrengend intensiv. Habe unter anderem festgestellt, dass ich beim P&P selbst einer sehr aggresiven IC-Situation die Schärfe nehme, durch einen lockeren Kommentar, ein Lächeln o.ä., was beim Jeepform nicht stattfand. D.h. es fehlte die deutliche Vergewisserung, dass es allen durchgehend gut geht und sie es alle nicht so meinen, und mein Körper hat streckenweise echte Stresshormone ausgeschüttet in entsprechend aggressiven Situationen, was ich irgendwie in meiner Freizeit nicht brauche. Da das Ganze sich eher aus dem "normalen Leben" bedient als aus Abenteuer-Fiktion, hat es halt auch immer was von Psycho-Drama, das ist mir irgendwie zu ernst und zu aufwühlend, wenn man sich drauf einlässt.
Fazit: Ich würd's vielleicht noch mal wieder probieren, einfach weil ein einziges Mal für ein fundiertes Urteil nicht ausreicht, aber "angefixt" bin ich nicht.
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Gerade diese Intensität ist es die ich beim Rollenspiel oft vermisse.
Ist mal ne andre Spielart, die aber sicher nicht mit jeder Gruppe gut läuft.
Man muss auch wissen worauf man sich einlässt.
Ich bin total angefixxt von dem Zeug ;)
Ich muss aber sagen, dass ich die Regelmechanismen für durchwachsen halte.
Manchmal sind die einfach nix. Dafür kann man sie dann oft auch ignorieren wenn sie einem nicht gefallen.
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Ich bin hochinteressiert, das mal auszuprobieren und hoffe, dass auch mal auf einem Mainstream-Rollenspiel-Con wie dem Feen-Con oder dem RPC angeboten zu finden. Ist vielleicht ein echter Augenöffner für so manchen...
Hmmmmmm: Auf dem nächsten Feen-Con "Vampire Live" als Jeepform? >:D
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Ich muss aber sagen, dass ich die Regelmechanismen für durchwachsen halte.
Manchmal sind die einfach nix. Dafür kann man sie dann oft auch ignorieren wenn sie einem nicht gefallen.
Hast du Lust mehr ins Detail zu gehen?
Welche findest du gut, welche schlecht (und was würdest du da weg lassen / anders machen)?
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@Don Juan
Ich waere auch sehr an einem Actual Play interessiert! :)
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Ok, hier nur mal eben in Kürze: Soviel zu dem Thema..
Analyse und Spielbericht im Mixer
Als erstes möchte ich auf diesen (http://tanelorn.net/index.php/topic,55336.msg1115069.html#msg1115069) Beitrag hier von mir verweisen, in dem ich schonmal was über die Session geschrieben habe.
Dazu muss ich sagen, dass ich das Spiel sehr frei interpretiert habe, da waren viel zu viele Regeln als dass man es alles flüssig hätte einbringen können. Daher habe ich einfach "the spirit of the game" gespielt und die Regeln als Anregung verstanden, die falls sie mir nichts bringen einfach nicht beachtet werden, so lief das dann schön rund.
Mein Wissenstand bezüglich Jeepform hat sich seit damals leider nicht großartig erweitert: Ich habe bisher nur Drunk (http://jeepen.org/games/drunk/) gespielt.
Ich möchte hier nicht jede Mechanik erklären, da schaut ihr am Besten mal ins Spiel rein. In der zip-Datei findet ihr drei PDFs, eines für jeden Spieler. Diese sind im Grunde gleich, nur in den Player Goals und den Charakters verschieden. Die drei Charaktere sind im Grunde für jeden Spieler gleich, erhalten jedoch unterschiedliche emotionale Attribute, siehe Seite 6 links außen. Jeder Spieler spielt jeden Charakter, es wird durchgehend gewechselt.
Ich habe das damals mit zwei Rollenspielneulingen gemacht und habe den Spielabend in bester Erinnerung. Gespielt wurde im gemeinschaftlichen, geräumigen Badezimmer unseres damaligen Internatshauses in England. Die Location war also sehr angemessen und auch sehr förderlich fürs Spiel. Waschbecken und Spiegel waren da sowie genügend Platz. Spieler waren neben mir ein Deutscher und ein Tscheche, das ganze war auf Englisch. Auch eine neue Erfahrung für mich. Die Flashbackszenen waren leider größtenteils unzusammenhängend, daher hat sich kein wahrhafter Spannungsbogen ergeben. Diese Szenen werden durch die Zettel an der Flasche eingeleitet, die vorher von den Spielern verdeckt geschrieben werden. Wir konnten zwar den Großteil der Szenen irgendwie umsetzen, aber ein roter Faden ergab sich nicht. Manche der Szenen wir weggelassen, da sie uns nicht gut darstellbar erschienen und es ohnehin sehr viele waren. Die Abwesenheit eines roten Fadens ist vielleicht vom Spiel in gewissem Maße gewollt: Das zusammenhaltende Element soll der Verfall von Ove sein und seine Absonderung von der Familie. Dies ist der rote Faden; nicht was wirklich in den Szenen passiert. Wir wussten das und haben auch darauf hin gespielt. Der Schluss kam eher abrupt, es ergab sich nicht wirklich aus der Geschichte. Möglicherweise kamen die Problematiken der Familie nicht schwerwiegend genug daher.
Drunk arbeitet desweiteren mit Player Goals. Diese sind: (S. 7, "Drunk")
- "Make sure it's not Ove's fault"
- "Make sure it is Pia's fault"
- "Make sure Ove does not get away with it"
Jeder Spieler erhält eins dieser Ziele.
Wie bereits angesprochen sind die Charakterattribute der einzelnen Charaktere für jeden Spieler anders. In unserer Runde hat sich das komplett verloren, gleichsam den Player Goals. Das war einfach zu viel Information als dass sie hätte ins Spiel eingebaut werden können. Mögliche Teilursache ist die Unerfahrenheit der teilnehmenden Spieler. Diese Techniken meinte ich damals mit "durchwachsen". Bei näherer Untersuchung muss ich jedoch eingestehen, dass ich noch nicht genau weiß was ich von diesen Apekten halten soll. Erfahrenere Spieler können sich an den Suggestionen erfreuen und so ihr Spiel aufwerten, allerdings können die Player Goals und Charakterattribute auch links liegen gelassen werden, so wie wir dies getan haben, ohne dass der Spielfluss gestört wird. Eben diese Möglichkeit zur Auslassung zeigt aber gerade, dass es zum Spiel nicht absolut notwendig ist.
- Die "Set Scenes" (S.9) wurden von uns unwissentlich komplett weggelassen. Man sieht das Spiel hat uns in gewissem Maße überfordert. Vielleicht wäre ein Spielleiter der die Spieler an diese Feinheiten erinnert nicht verkehrt gewesen, allerdings nicht unbedingt notwendig.
- Unten auf S.9 erwähnt der Autor ein beiliegendes R-Diagramm. Dieses liegt nicht bei. Schade.
- "Duration: 1-2 Hours": Das waren bei uns eher 3-4. Ich werde den Gedanken nicht los wir haben zu viele Szenen geschrieben.
Für mich der größte Pluspunkt an dem Werk war, dass es sagt wie es gespielt werden soll. S.9 "a symbolic step to the side" sagt einem genau was man hier wie spielt und öffnet die Tür zu vielen weiteren Möglichkeiten. Während Ove seine Monologe gesprochen hat sind die anderen Spieler um ihn herumgegangen und haben ihn runtergemacht. Klasse. Diente auch gut als Inspiration für den Monologhaltenden. Und überhaupt: Monologe :cheer:
Schönen Sonntag.
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Vielen Dank für die Beschreibung.
Ihr habt demnach einiges weggelassen bzw. euch vom Ausgangsmaterial inspirieren lassen. Würdest du sagen, dass das Spiel sehr viel anders gelaufen wäre, wenn ihr streng nach der Vorlage gespielt hättet?
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Ihr habt demnach einiges weggelassen bzw. euch vom Ausgangsmaterial inspirieren lassen. Würdest du sagen, dass das Spiel sehr viel anders gelaufen wäre, wenn ihr streng nach der Vorlage gespielt hättet?
Ich würde es so sagen: Um nach der Vorlage zu spielen muss man erfahrener sein. Und wenn man erfahrener ist läuft das Spiel anders.
Ich würde aber allgemein sagen, dass es so viel anders nicht gelaufen wäre. Jeder Spieler gibt dem Charakter in gewisser Weise ja auch eine andere Identität, daher war wohl schon Abwechslung drin. In den Szenen wurde aber nur seltenst gewechselt. Wir haben einmal eine Szene doppelt gespielt, ich kann dir aber leider nicht mehr sagen welchen Effekt das hatte.
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In weiterer Nachbetrachtung möchte ich noch einmal herausstellen, dass die Szenenmechanik meines Erachtens an so einigem Schuld ist:
Die Szenen werden wie an andrer Stelle schon beschrieben von den einzelnen Spielern zwar ausgewählt dann jedoch vor den anderen Spielern geheim gehalten, was sehr untypisch für Jeepform ist und gegen ihre derzeitigen Prinzipien sticht, und erst sobald durch den Flaschenmechanismus indikiert die Zeit für die Szene gekommen ist allen vorgestellt. Dies macht es sehr schwer eine zusammenhängende Handlung, geschweige denn Handlungsbögen, zu erschaffen. Dies mag gerne eine Metapher für die Gedankengänge eines Alkoholikers sein; dem Spieldesign tut es in dieser Form nichts Gutes.
Auch wird die BottleMechanic eben nicht genug erklärt, ihre Funktion dem Spieler nicht nahe genug gelegt.