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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Falcon am 8.11.2008 | 11:46

Titel: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 8.11.2008 | 11:46
Dieser Thread: http://tanelorn.net/index.php/topic,44251.msg839519/topicseen.html#new entwickelte sich zu der Frage (was natürlich meine Absicht war  o:)), wie man mit Charaktersterblichkeit umgeht, bzw. wie konsequent man sie einsetzen sollte und wie gut man damit Spannung erzeugen kann.

Die Charsterlichkeit wird imho so oft herrangezogen weil sie vermeintlich einfach ist (siehe z.b. Rollenspielkämpfe). Effektiver ist es vermutlich mit einem unglaublich spannenden Plot mit vielen tragischen Entscheidungen aber wer kann sowas schon?

Ich würde unabhängig von der Charaktersterblichkeit aber noch weiter gehen und sagen: Wieso den Charakteren überhaupt Schaden zufügen? In den meiste Fällen ist es einfach unbedeutend. Den meisten Schaden heilen sie doch einfach weg bevor etwas anderes passiert.
Der klassische Leitstil verlangt das ja so oft
SL:  "Im Wald fällt ein morscher Baum, würfel mal auf Geschick"
S: "daneben,mist"
SL: "ok, du kriegst 2W6 Schaden..... So, zwei Tage später erreicht ihr die Stadt, S. du bist in der Zeit wieder geheilt".
optional tuts auch ein Heiltrank, dann kratzt es einfach an den Ressourcen
nein, wie spannend.

Ich setze Schaden nur ein, wenn es wirklich Schlag auf Schlag kommt, daß heisst wenn es in den Nachfolgeszenen zu weiterem Schaden kommen kann oder wenn Verletzungen eventuelle Mali produzieren, die die eigentliche Aufgabe erschweren (letzteres aber so gut wie nie, weil Rollenspielgruppen sich oft SEHR gut heilen können).

Tödichkeit setze ich konsequent nur in Kämpfen ein. Die Spieler haben genug Einfluss auf einen Kampf, daß ich selten Gnade zeigen muss und es beschwert sich auch niemand, wegen eigener Fehler drauf zu gehen.

Abseits von Kämpfen mache ich das eigentlich nicht. Niemand kann sterben weil er eine Probe auf Baumklettern verpatzt. Dann arbeit ich, wie oben erwähnt lieber mit sich ansammelnden Schaden. Wenn der Spieler genug Proben hat eine tödliche Szene vorzubereitne (Boni anzusammeln) und die WAHL hat, kann er auch bei einer Probe sterben, allerdings NIE wenn er keine Wahl hatte in die Situation zu kommen (das ist langweilig aber ich kenne keine andere faire Möglichkeit) Anders ist es, wenn sich der Spieler trotz guter Raschläge entscheided etwas dummes zu tun.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: 8t88 am 8.11.2008 | 13:24
Charaktersterblichkeit...
Kommt immer auf die Runde und den Leitstil an. Ich lasse hier mal das Totschlagargument: Wushu, Dread und Paranoia fallen.

In Wushu wird nur dramatisch gestorben. Das geht da garnicht anders
In Dread wird sehr wahrscheinlich der Charakter (auch gerne mal gewaltsam) aus dem Spiel genommen
Und wer in Paranoia nicht innerhalb der ersten halben Stunde einen Klon abkratzen lässt soll doch bitte "My little Pony D20" Spielen gehen.

Ist alles eine Frage des Stils.
In Alien-Runden stelle ich gerne jedem Charakter 3 Redshirts als Puffer für seinen Hauptcharakter an die Seite. Sollte es diesen erwischen, kann er immer noch eins von denen spielen.

Mein größstes Problem mit Charaktersterblichkeit im normalen verlauf des Spiels liegt darin begründet, den Spieler zu frustrieren, und ihn bis zum erscheinen eines Neuen Charakters warten zu lassen.
Und naja, einige werden sagen: Es bricht aber die Genrekonventionen einen Spielercharakter ohne Sepukku in L5R aus der Situation rauskommen zu lassen.
Ich finde es aber viel schlimmer ständig neue Charaktere auftauschen zu lassen, die dann auf einmal für die selbe sache kämpfen müssen.
Von Kampagnienlastigen Spielern weiss ich auch, dass Sie nicht ständig die Charaktere Wechseln wollen. (was bei One-Shot Spielern eher nicht so das Problem ist).

Es ista uch wichtig zu wissen um welche art von Spannung es sich handeln soll.
Falcon, kannst du das ein bisschen auf Stilrichtungen eingrenzen?
Ich komme hier irgendwie zu keiner befriedigenden Antwort für mich, weil die Frage IMHO recht breit gefächert ist :)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Foul Ole Ron am 8.11.2008 | 13:44
@ Falcon: Ja, genau!  ;)

Wenn der Schaden keine Folgen haben kann, macht er wenig Sinn. Zumindest technisch nicht.
Dramaturgisch vielleicht doch. DU als SL weisst ja, das in den 2 Tagen nach dem umgefallenen Baum nix mehr passiert. Der Spieler wahrscheinlich nicht.

Ich schliesse mich aber 8t an, und sag´ einfach mal, das ich die sehr pauschal gestellte Frage einfach nicht so pauschal beantworten kann.
Wie sagen die Averner: "Kann sein, kann aber auch nicht sein"  ;)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 8.11.2008 | 14:29
Ich hatte ja schon Andeutungen gemacht. Ich denke wir wissen alle wovon die Rede ist. Der eher klassische Stil. Es gibt Lebenspunkte, "TaskResolution", die Spielwelt ist konsistent, die entsprechend verdächtigen Regelsysteme (DSA,GURPS,D&D,Shadowrun...) usw.

schlussendlich hatte aber Eulenspiegel angedeutet, dies sei diskussionswürdig. Vermutlich hat er da genauere Vorstellungen.

und nochmal kurz gesagt ihmo:
- Schaden macht nur Sinn für Folgesituationen
- Tödlichkeit nur dann wenn der Spieler gravierenden Einfluss auf das Schicksal seines chars hat.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: alexandro am 8.11.2008 | 14:39
Ich bin nicht der Meinung, dass Charaktersterblichkeit per se die Spannung erhöht. Kommt auf den Kontext an in dem sie geschieht. Wurde die Situation entsprechend vorbereitet (z.B. die von dir im Nachbarthread beschriebene Szene empfinde ich als gute Vorbereitung), so kann ein möglicher Charaktertod denkwürdig und unterhaltsam sein.

Ist er dagegen beliebig (Stichwort: umfallender Baum), dann nicht.

Aus diesem Grund mag ich Systeme, in denen Charaktertode eigentlich fast nur durch "Schlag-auf-Schlag" erfolgen können, da sie es mich als SL vermeiden lassen, eine doofen, unspannenden Charaktertod durch Würfeldrehen abzuwenden (nicht dass ich damit grundsätzlich ein Problem hätte).
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Merlin Emrys am 8.11.2008 | 14:46
Nun, meiner Meinung nach: Charaktersterblichkeit im "Normalfall" killt jede Spannung auf der Stelle und endgülig - jedenfalls für mich. Wozu einen Charakter erstellen, der nach einer halbe Stunde schon wieder "draußen" ist? Was man für solche Situationen bastelt, sind in der Tat keine "Charaktere" mehr, sondern nur noch "Klone" ohne Charakter und Individualtiät. Aber warum sollte ich mich dann sonderlich damit befassen, wenn er in Gefahr gerät? Wenn er sie überlebt, habe ich etwas Zeit gespart, wenn nicht, kommt halt der nächste - nichts, was einen Funken Aufregung verdient hätte.

Mein Stil ist eher: Charaktertode sollten nicht "einfach so" passieren. Ausschließen würde ich sie nicht (es gibt Dinge, die sollte man nicht tun, und manchmal passt ein dramatischer Tod einfach auch), aber als sehr delikate Angelegenheit handhaben, in der man mehr falsch als richtig machen kann.

Ich würde unabhängig von der Charaktersterblichkeit aber noch weiter gehen und sagen: Wieso den Charakteren überhaupt Schaden zufügen?
Weil es in den Runden, in denen ich spiele, insgesamt den Spielspaß aller Beteiligten auf Dauer fördert, wenn sie nicht nur zwischen "tödliche Situation, jede Wunde ein Desaster" und "Zwischensituation, ereignislos" als Pingpongbälle hin- und hergestupst werden. Ein Charakter, der sich beim Feueranmachen die Augenbrauen absengt, kann dafür von den anderen aufgezogen werden, und ein "Sesselfurzer", der im Wald über wurzeln stolpert und sich die Hacksen bricht, kann damit durchaus die Rolle des "Waldläufers" unterstützen, der ihm erstens die Hacksen verbinden und zweitens nach erfolgter Gesundung stundelnange Lehreinheiten in "Wie bewege ich mich, wenn der Boden unter mir nicht teppichbelegt ist?" geben. Auf die Art können Charakterprofile geschärft, Charakterdialoge geführt und witzige Situationen geschaffen werden, auf die man später im Spiel und außerhalb des Spiels zurückkommen kann. (Natürlich muß man den entsprechenden Gesprächen auch die nötige Zeit einräumen.) Für mich sind das jedenfalls legitime Gründe. Von der Tatsache mal abgesehen, daß man sich eben nicht nur verletzt, wenn das Folgen hat, sondern zuweilen auch mal so...
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: ChristophDolge am 8.11.2008 | 14:52
Aber Schaden kann doch auch ohne Sterben Sinn: Er erschwert nicht nur zukünftige Proben, sondern auch aktuelle Kämpfe etc. und bietet Gelegenheit für ein bisschen Charakterspiel (siehe Burgen&Backwaren, wo man mit Charszenen regenerieren kann).

Sterben an sich erlaube ich mir als SL nur dann, wenn ich den Spielern vorher klar gemacht habe, dass es sich um eine potentiell letale Szene handelt - das sollte auch imho nicht öfter als einmal oder zweimal pro Spielsitzung eingesetzt werden. Und nicht jeder Kampf muss potentiell tödlich sein (ich bin großer Fan davon, Kämpfe vor dem Tod eines Charakters durch Aufgeben/Entwaffnen etc. zu beenden).
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 8.11.2008 | 14:59
an das Argument Charakterspiel hatte ich zunächst noch nicht gedacht. Das wäre in der Tat ein Grund. Trotzdem verliere ich als Spieler an solchen Szenen schnell die Lust. (aber ich bin auch ein plot rusher, immer weiter gehen muss es in der Story ;) ).
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: oliof am 8.11.2008 | 15:20
"Klassischer" Leitstil bedeutet für mich: Es kommt auf die Ressourcen an.

Wenn für den Schaden durch den Baum ein Heiltrank geopfert wird, bitte. Im Gegensatz zu einem Vorposter bin ich auch nicht überzeugt, dass die Spieler oder der SL wissen, ob man die hier verlorenen Trefferpunkte nicht vielleicht doch braucht (Stichwort: Lebendige Welt/Zufallsbedingungen). Der äußere Zustand eines Charakters (Klamotten zerissen, dreckiger Verband) mag bei der Ankunft in einer zivilisierteren Gegend auch eine Rolle spielen.

Wenn die Welt (im "klassischen" Bezugssystem) gefährlich und abenteuerlich wirken soll, dann sollte man sowas meiner Meinung nach nicht auslassen. Sonst besteht die Gefahr, dass die Spieler das gesunde Verhältnis zur Bedeutung ihrer Trefferpunkte verlieren.

(Randbemerkung: Es gibt ja genug Systeme – auch klassische – , in denen der Tod ein willkommener Ausweg ist. Ich sag nur Cthulhu. Da würde ich den Charakteren einen schnellen, gnädigen Tod eher nicht zugestehen wollen.)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.11.2008 | 04:05
Wir versuchen in unserer Runde die Charaktersterblichkeit ziemlich gering zu halten. Da das in der Zwischenzeit jeder Mitspieler mitbekommen hat, ist die Angst zu sterben demzufolge sehr gering. Daher kommt bei uns auch keine Spannung im Sinne von "Überlebt mein Char oder nicht?" auf.

Trotzdem haben wir in unsrer Runde extrem viel Spannung. Bei uns beruht die Spannung aber auf anderen Gebieten.
Beispielsweise:
Oder auch eine Kombination aus dem oberen:
Das eigene Volk wird von Besatzern unterdrückt:
1) Wird er in den Untergrund gehen und gegen die Besatzer kämpfen? (Wohlwissend, dass die Besatzer ihre Sanktionen an der zivilen Bevölkerung auslassen werden.)
Oder unterstützt er die Besatzer? (Entweder aus Egoismus oder weil er hofft, dass die Restriktionen nachlassen, wenn die Terrorzellen erstmal ausgehoben wurden.)
2) Wenn er sich für eine Seite entschieden hat: Wie weit ist er bereit zu gehen?
3) Gelingt ihm sein Ziel? (Im Setting würde man als Terrorist nicht erschossen werden, sondern im Gefängnis landen, wo man dann notfalls in eine Gefängniskampagne überleiten würde.)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Feuersänger am 9.11.2008 | 04:19
(bitte diesen Beitrag nicht beachten. Nur ein Platzhalter dass ich es morgen nicht vergesse)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Gimkin am 9.11.2008 | 07:57
Also ich lasse SC ab und dann sterben  >;D , oder besser gesagt ich halte sie nicht davon ab.

Wenn sie zum Beispiel in eindeutiger Unterzahl Orks angreifen wollen, können sie sterben. Warum auch nicht ? Da sehe ich nicht ein, dass ich als SL die Spieler retten sollte...
Das führt (hoffentlich) dazu, dass sie vorher nachdenken und die Flucht ergreifen.

Wenn ein SC meint, er müsse mit einem LP noch vor dem Gegner stehen und die Hilfe des Priesters ablehnen ... Pech gehabt, das ging schief.

Auch sollen schon SC spektakulär in Schluchten voller Lava gefallen sein. 3 Würfe gepatzt und vorher nur ein wenig überlegt, wie man da rüber kommt...

Und bei Lyris sollen sogar SC fast regelmäßig beinahe im Wasser ertrinken ;) . Bei Flußüberquerungen und so...

Ich finde, dass das Sterben nicht (nur) wichtig ist Spannung auf zu bauen, sondern die Spieler davon abzuhalten größenwahnsinnig zu werden. Okay, das könnte man auch mit Redshirts erledigen, funktioniert aber nicht bei allen Spielern.
 
Allerdings muss man auch mit diesem Mittel vorsichtig umgehen, da sonst die Spieler schnell gefrustet sind. Und willkürlich sollten die Szenen in denen das passieren kann auch nicht sein. Sondern es sollte klar sein, wann so was passiert. Also auf jeden Fall im Kampf, oder in einer potentiell gefährlichen Umgebung (Und Flüsse und Lava, sowie Schluchten sind für mich potentiell gefährliche Umgebungen).

Auch kann auch das Ableben sehr unterhaltsam sein. Ein einfaches "Du bist Tod" ist vielleicht in einem Kampf okay, aber in anderen Situationen sollte es schon aufwendiger sein. Zum Beispiel ist der Char nicht einfach in die Lava gefallen, sondern erst mal von der schmalen "Brücke" abgerutscht, konnte sich aber noch am Seil halten, zumindest bis er mit dem Seil gegen die Wand prallte... Und erneut das Seil greifen ging leider schief. Naja, den Rest erledigte die Lava und die anderen Chars reden immer noch darüber.

Ausserdem kann es auch einen guten Anhaltspunkt für Queste geben, zumindest wenn die Gruppe versucht über irgendwelche obskuren Mittel einen Char wieder ins Leben zu holen und dieser dann statt als normaler SC plötzlich ein Leopard ist der sprechen kann (nicht auf meinem Mist gewachsen, hier war ich ein Mitspieler) ...

Sonstiger Schaden... Also ein Baum fällt auf einen SC im Wald er patzt, er bekommt Schaden... Warum auch nicht. Ich würde das auch so machen, weil auch wenn ich weiß, dass sonst die nächsten 2 Tage lang nichts passiert und der Schaden wieder geheilt wird, der Spieler weiß es nicht. Um den Spieler im Ungewissen zu lassen finde ich es auch hier sinnvoll den Spieler den Schaden notieren zu lassen. Hier geht es aus meiner Sicht nicht darum Ressourcen (Zauber/Heiltrank) zu reduzieren, sondern den Spieler im Unklaren zu lassen, was noch alles passiert, oder nicht passiert.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: ChristophDolge am 9.11.2008 | 08:35
Interessant wäre eventuell eine Untersuchung, einen Zusammenhang zwischen bevorzugtem Rollenspiel und der Sterblichkeit von Charakteren darzustellen. Ich bin mir sicher, dass in D&D-Gruppen mehr gestorben wird als in PtA-Gruppen. Das ist nun eigentlich kein Geheimnis, sodass ich mich gerade wundere, dass das noch niemand angesprochen hat.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Sillium am 9.11.2008 | 08:54
moin moin,

ich persönlich hab noch keine erfahrung als spielleiter... aber als spieler bevorzuge ich in sachen charactersterblichkeit regeltreu zu bleiben... ich will nicht, dass der SL an den würfeln dreht, damit ich am leben bleibe oder dass er nur schwächere mobs schickt, damit in der gruppe niemand stirbt oder dass er andere gefährliche situationen vermeidet...

meiner meinung nach würde dadurch nicht nur spaß und spannung verloren gehen, sondern auch ein wenig die konsistenz der spielwelt! Schließlich sollte jedem abenteurer doch klar sein, dass er bei jedem abenteuer sein leben riskiert!
wenn einer meiner chars stirbt, dann erstell ich mir einen neuen und das schlimmste daran is, die wartezeit, bis eine Situation gefunden wird, wo man den char sinnvoll in die gruppe eingliedern kann...

aber einen char über jahre lang zu spielen wird mir persönlich irgendwann langweilig... ich bin froh wenn ich nach einigen monaten endlich mal was neues ausprobieren kann!
wichtig is natürlich, dass man nicht zu oft stirbt, damit kein frust entsteht!

aus erfahrung aus meinen rpg-gruppen is mir aber auch bewusst, dass es spieler gibt, die extrem an ihren chars hängen und nen tot gar nich abkönnen...
und genau sone mischung is wahrscheinlich für SLs das schwierigste in sachen charsterben:
wer hat nichts dagegen zu sterben? wer darf auf keinen fall unnötig sterben, damit sein spielspaß erhalten bleibt?

und natürlich hängt die sterberate sehr von dem verwendeten system ab...
wobei ich da D&D nich so schlimm einschätze... meinen levl14 kämpfer-zwerg hab ich nach über 2 jahren spielzeit am ende einer kampagne als ausbilder in einer zwergenstadt zurück gelassen um endlich mal nen neuen char spielen zu können...
in diesen 2 jahren is nur 2 mal ein SC gestorben... beide wurden von uns wiederbelebt und konnten weiterspielen...

viel nerviger für einen spieler is es meist, wenn seine begleiter sterben, die man nicht so einfach ersetzen kann...

so kommts mir nach meinen erfahrungen zumindest vor....

mfg Sillum
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Gimkin am 9.11.2008 | 09:21
Das die Sterblichkeit abhängig vom System ist kann sehr gut sein. Es hängt wahrscheinlich damit zusammen, wie leicht ein Char ersetzt, bzw. Wiederbelebt werden kann. 

Beispiel :

Paranoia: SC ist tot, neuer Klon kommt... (Sehr hohe Sterblichkeit)
D&D: SC ist tot, erstellen eines neuen geht schon recht zügig, ausserdem kommen diverse Zauber hinzu (Hohe Sterblichkeit)
GURPS: Abhängig vom Tech/Magielevel, Erstellung irgendwo zwischen D&D und Midgard
Midgard: Wenig Zauber, aufwendige Char Erstellung (Ich denke eher niedrige sterblichkeit, noch nicht ausprobiert)

Bleibt die Frage, was nun was beeinflusst.

Wählen Spieler nun D&D weil sie gerne einen Char spielen, der vielleicht auch stirbt, oder werden sie durch das System dazu animiert, ein wenig "nachlässig" mit ihrem SC umzugehen ? Bei Paranoia sollte das wohl klar sein ... Aber im allgemeinen ?
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: tartex am 9.11.2008 | 10:28
Ich freue mich regelrecht, wenn mal einer meiner Charakter stirbt. SL sind ja heutzutage so handzahm. Überraschender/unerwarteter Input mit großen Konsquenzen bringt mich immer auf neue Ideen. Und ein Charaktertod mag cheap drama sein, aber Drama ist er trotzdem und ich bin sowieso mit Soap-Niveau mehr als zufrieden.
Mein Lieblingscharakter ist zum Beispiel ein nachgerückter NSC aus dem Umfeld eines getöteten SCs gewesen. Wäre nie selbst auf die Idee gekommen den zu spielen. Nachdem ich zwischen den Spielabenden eh für mich selbst überlege, wie sich der Charakter weiterentwickeln soll, brauche ich die Interferenzen des Spielleiters/ der Gruppe. Sonst könnte ich gleich Romane schreiben anstatt zu spielen.

Abgesehen davon, spüre ich beinahe das Adrenalin in meinem realen Körper, wenn es wirklich um Leben und Tod des Charakters geht. Ich habe ja keine gefährlichen Hobbies. ;)

In meinen momentanen Kampagnen fühle ich mich beinahe unverwundbar und bin schon am überlegen, ob ich die Grenzen austesten sollte. Aber mit solchem Metagaming halte ich mich dann doch zurück.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Chiungalla am 9.11.2008 | 10:35
Das kann man nicht pauschal beantworten, da es auch eine Stilfrage ist.

Was wollen die Spieler?
Was möchte der Spielleiter?
Was für ein Setting spielt man?
Was unterstützen die Regeln?
Ist es eine andauernde Kampagne, oder ein One-Shoot.

Ich würde in einem tödlichen System nicht ständig schummeln wollen hinter SL-Schirm, damit die Charaktere überleben.

Und ich würde High Fantasy jederzeit gerne nicht tödlich spielen, Shadowrun und Low Fantasy allerdings eher nicht.

Bei einer langen Kampagne ist natürlich jeder einzelne tote Charakter ein Problem, denn hier sterben oft einige Handlungsstränge und Verwicklungen mit. Da muss man halt die "Vorteile" und die Nachteile abwägen.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Der Nârr am 9.11.2008 | 10:59
Charaktersterblichkeit hängt auch sehr stark von der Fähigkeit des SLs ab, zu seinen Entscheidungen zu stehen und konsequent zu sein. Ich finde es wichtig zu wissen, dass mein Charakter sterben kann. Gerade in DSA wird ja gerne heraufbeschworen, dass man doch nicht wegen eines schlechten Würfelwurfes im Kampf gegen ein paar Zufalls-Monster sterben soll. Niemand stirbt in DSA wegen eines schlechten Würfelwurfes. DSA ist insofern ein tolles Beispiel, als dass die Charaktererschaffung Jahre dauert, man endlos langsam aufsteigt (12.000 AP in 4 Jahren fast wöchentlich DSA) und es keine Möglichkeiten der Wiederbelebung gibt, wenn man erstmal so richtig tot ist (wo es in Earthdawn noch die Wiederbelebungssalbe und ein oder zwei Zauber gibt und in D&D den Raise Dead und Konsorten). Ja, und gerade da ist es ziemlich offensichtlich, dass die SL sich bemühen, die Charaktere irgendwie am Leben zu halten, oder? Was für eine ausgequirlte Bullenscheiße. Wer nicht sterben können möchte, soll ein System benutzen, das darauf ausgelegt ist. Schiebt den Vinsalter Vaganten, Puniner Akademikern und auelfischen Legendensänger doch Drama Points, Karma oder meinetwegen Heldenpunkte oder was auch immer in den Allerwertesten, damit der Spieler über Metagaming Einfluss auf die Sterblichkeit des Charakters hat, wenn die Story in DSA doch ach so wichtig im Vergleich zu Regeln, Werten und Würfeln ist. Aber ich komme vom Thema ab.

Unsterblichkeit ist lame, es langweilt mich zu Tode (was für eine Ironie) und spätestens dann, wenn der SL offensichtlich versucht, einen Spielercharakter am Leben zu halten, der eigentlich hätte tot sein sollen, dann ist das Spiel für mich gelaufen.

Ich finde nicht, dass Charaktere oft sterben sollen. Im Gegenteil. Es soll selten geschehen. Im besten Fall passiert es sogar nie! Aber dann liegt es an der Fähigkeit des Spielleiters, Bedrohungen angemessen zu gestalten und der Spieler, in angemessener Weise damit umzugehen. Und vielleicht ist auch ein Quentchen Würfelglück dabei.

Dämlich finde ich "wenn der Spieler Scheiße baut, dann lasse ich ihn sterben" - meine Güte, da stellt sich doch die Frage, warum der Spieler Scheiße baut. Grundsätzlich sollte man davon ausgehen, dass der Spieler keine Scheiße im Hirn hat und sich was bei seiner Aktion denkt. Vielleicht schätzt er die Lage völlig anders ein (da stellt sich die Frage, ob die Gruppe einer gemeinsamen CA folgt oder ob sie aneinander vorbeispielen) oder er ist ein Method Actor, dem niemand verraten hat, dass er entscheidet, was sein Charakter tut und sein Charakter kein eigenständiges Wesen ist und niemals eine Entscheidung aus eigenen Stücken treffen wird |:((.

Aber das Allerschlimmste, was ich mal in Sachen Charaktersterblichkeit erlebt habe, war: Ich opfere mich mit meinem Charakter für eine ganze Stadt, ja, lasse mich mit einem potenten, magischen Super-Gift versetzen und begebe mich in die Fängen des Dämons, damit der mein Gehirn ausschlürft und am Dämonenkiller-Gift krepiert. Geschieht auch genau so, ich liege da mit offenem Schädel, bin als Spieler voll happy, klar, Charakter tot, aber hey, stylish selbst geopfert für die Kollegen und die Stadt! Was passiert? Ein NSC hat auf einmal eine Wiederbelebungssalbe und *zack* stehe ich da. Boooooah ne, das muss doch echt nicht sein, wenn ein Spieler sich opfert, soll das auch ein echtes Opfer sein! Wenn er es trotzdem schafft zu überleben, weil es meinetwegen einfach nur super riskant war, klasse. Aber wenn er eindeutig draufgehen müsste und dann sowas abgeht... Ne danke. Da hätte ich es stilvoller gefunden, die Sache mit der Wiederbelebungssalbe vorher aufzubringen als Teil des Plans aber es wäre dann ja ungewiss gewesen, ob es klappt...

Sooo aber ich komme vom Thema ab, weil es ja nicht um Charaktertode an sich geht, sondern um Charaktersterblichkeit und Spannung.

Falcon, du hast ein Beispiel gebracht von einem morschen Baum, der Schadenspunkte anrichtet, die aber keine Rolle spielen, weil man bis zum nächsten Ereignis wieder geheilt ist. Mir stellt sich da die Frage, was die Szene überhaupt sollte. Wenn da etwas besonderes demonstriert werden sollte - z.B. der magische Feenwald des ewigen Lebens fängt an zu verfaulen - dann finde ich es vollkommen richtig, hier auch mit Schadenspunkten zu arbeiten. Vielleicht kehren die Spieler ja z.B. noch mal zurück an diesen Ort und dann wäre es wichtig, die Bedrohung angemessen einschätzen zu können. War es aber nur einfach so ein "Zufallsereignis" (DSA lässt grüßen), stellt sich die Frage, ob man nicht nur den Schaden, sondern gleich die ganze Szene weglassen sollte. Umgekehrt, wenn man konsequent einen SIM-Stil betreibt, gehört der Schaden aber definitiv dazu. Nicht, weil er spannend wäre. Sondern weil er nun mal da ist.

Charaktersterblichkeit in Nicht-Kämpfen ist so eine Sache (ich glaube bezüglich Charaktersterblichkeit in Kämpfen müssen wir nicht viel diskutieren). Du hast Recht, es ist unfair, Spielercharaktere sterben zu lassen, wenn sie keinen Einfluss auf die Situation haben. Andererseits finde ich es aber wirklich übel, falls das im Extrem dazu führt, dass der SL sich wild herumwinden muss. Mit Schaden zu arbeiten ist eine Möglichkeit, kann aber ja dann auch zum Tod führen. (Ich denke an meinen letzten DSA-Abend, Damagers Krankheit und die Hexe im Sumpfloch.) Ich finde es wichtig, dass der SL die Spielercharaktere nicht einfach abschießt, aber auch außerhalb von Kämpfen muss der Tod möglich sein. Meiner Erfahrung nach wird in solchen Situationen aber von SLs auch viel abgeblockt ("ist da ein Vorsprung, den ich erreichen könnte" - "neee", "wachsen hier Heilkräuter?" - "nö").

P.S.: Wer sich an Fäkalsprache stößt, darf sich damit einreiben.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Feuersänger am 9.11.2008 | 13:23
So, jetzt aber.

Die potentielle Charaktersterblichkeit ist bei mir doch eher gering. Eigentlich möchte ich fast sagen: Charaktere sterben nur durch eigene Schuld. Wie es mal ein SL-Kollege ausgedrückt hat: goldene Brücken bauen, aber immer nur eine zur Zeit.
Wobei das nicht so einfach ist: in einem besonders heroischen Setup wird _erwartet_, dass die Helden sich auch Überzahlen entgegenwerfen, da zählt es also nicht per se als Dummheit, wenn ein Held eine Horde Orks im Alleingang angreift.
Im Kampf und anderen brenzligen Situationen besteht freilich immer die Gefahr, dass die Würfel ein paarmal unglücklich fallen und man dann von Rechts wegen draufgehen müsste. Aber wie ich schon im Gletscherspalten-Thread schrieb: für solche Eventualitäten haben zeitgemäße Systeme Heldenpunkte, Fate Points oder wie sie alle heißen, mit denen man ein vorzeitiges Ableben vermeiden kann, ohne an den Würfeln zu drehen.

Dabei gibt es z.B. im Conan-System die Klausel, dass der Fatepoint-Effekt auch irgendwie plausibel sein muss. Im Kampf kann man damit locker "dead" (>-10HP) in "left for dead" umwandeln (-1 HP). Aber in Situationen, die man auf keinen Fall überleben kann (gefesselt auf dem Block des Scharfrichters, der gerade seine Axt herabsausen lässt) ist FP-Einsatz nicht mehr möglich.

Bisher gab es bei mir als SL überhaupt erst einen echten, endgültigen Chartod, und das war eine Kette aus mehreren richtig dummen Entscheidungen des Spielers, da hätte ich mich lächerlich gemacht, wenn ich ihn da rausgeholt hätte.
Als Spieler ist mir auch erst einmal ein Char draufgegangen, und das war mehr oder weniger absichtlicher Selbstmord, weil das Spiel so scheisse war. ;) Aber das zählt hier wohl nicht dazu.

Aber ich schweife ab: Charaktersterblichkeit und Spannung war das Thema. Zum Einen gibt es, wie Eulenspiegel aufzählt, auch noch andere Spannungselemente als Leben oder Tod. Aber ich bleibe mal bei der Frage, wie man Spannung in potentiell tödlichen Szenen aufbaut, wenn die Spieler wissen, dass sie im Ernstfall eh nur einen FP abstreichen müssen und gut ist.
Antwort: die Spieler wissen das zwar, aber sie denken nicht dran. Ist zumindest bei uns so. Diese "Notbremse" kommt doch eher selten zum Einsatz, und deswegen ist einem gar nicht so richtig bewusst, dass es sie gibt. Folglich hoffen, fiebern und bangen die Spieler doch bei jeder gefährlichen Situation mit, dass ihre Chars da lebend wieder rauskommen.

Achja, eine Anmerkung noch zu D&D: richtig gefährlich sind eigentlich nur die alleruntersten Level, weil man da noch durch einen Treffer draufgehen kann. Spätestens ab Level 9 ist der Chartod doch nur noch ein lästiger temporärer Rückschlag, solange es nicht den Kleriker der Gruppe erwischt (oder diese keinen Kleriker hat, schön blöd muss man sein). Schon unterhalb dieser Stufe hat die Gruppe aber auch schon genug Vermögen, um einen Raise Dead im Tempel zu bezahlen -- schlimmstenfalls muss halt ein Item verpfändet werden. Der geresste Char verliert dann noch eine Stufe und gut ist. Viele Gruppen spielen sogar ohne Stufenverlust, weil sie diesen blöde und sinnlos finden. Ab Level 17 ist dann dank True Resurrection der Stufenverlust auch offiziell passé. Tod, wo ist dein Stachel?
(Das alles ohne Wertung, will nur erklären, wie es ist)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.11.2008 | 14:16
Ich finde, dass das Sterben nicht (nur) wichtig ist Spannung auf zu bauen, sondern die Spieler davon abzuhalten größenwahnsinnig zu werden.
1) Größenwahnsinnigkeit ist nichts Schlechtes. Es kann auch Spaß machen, eine Gruppe von größenwahnsinnigen SCs zu spielen. (Und wenn die Spieler keine Lust auf größenwahnsinnige SCs haben, werden sie auch bei unsterblichen Systemen keine spielen.)

2) Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Sterblichkeit keinen Einfluss auf die Größenwahnsiinigkeit hat:
Wir hatten ein System, da sind die Spieler wie die Fliegen gestorben und waren trotzdem größenwahnsinnig. (Paranoia)
Und wir spielen momentan Savage Worlds mit Unsterblichkeitsregeln und die Spieler sind trotzdem sehr bedacht. (Sie wissen zwar, dass sie unsterblich sind, aber sie können sich trotzdem ihre Karriere zerschießen und ihren guten Ruf verlieren.)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Bad Horse am 9.11.2008 | 15:09
Hatten wir das Thema nicht schon mal?

Macht es die Sache spannender, wenn die Chars sterben können? Für manche Spieler schon. Andere kriegen bei allein bei dem Gedanken Krämpfe.
 Ich löse die Diskrepanz zwischen beiden Spielern mittlerweile dadurch, dass ich in einer entsprechenden Situation einfach rückfrage, wie der Spieler das jetzt sieht - tot oder nicht? Funktioniert eigentlich ziemlich gut.

Ich persönlich finde andere Sachen spannender: Erfolg bei der Mission oder Misserfolg, kann ich XY retten oder nicht, wie tief kann ich meinen Char eigentlich reinreiten, bevor alles explodiert?  ;)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: ClemLOR am 9.11.2008 | 16:02
Servus.

Mal ein kleiner Erfahrungsbericht.

Früher ...
... war alles besser?
Als Spielleiter habe ich jedes irgendwie nachvollziehbare Mittelchen eingesetzt, um in selbst sehr offensichtlichen Szenen den Charaktertod bei Spielerfiguren zu vermeiden.
Es gab tolle Szenen, die Spieler musten um ihre Charaktere nie wirklich bangen.

Heute ...
... ist alles anders.
Meine Spieler wissen: Es gibt wenige, aber heftige Kämpfe oder schwierig zu meisternde Situationen, in denen die körperlichen Fähigkeiten der Charaktere sehr entscheidend sind. Sie können sterben und stehen immer wieder an der Schwelle.

Früher ...
... war eben nicht alles besser.
Die Spieler kannten ihre Charaktere nicht. Wenn sie was ausprobieren wollten, wurde stundenlang geblättert und recherchiert, was der Charakter nun kann. Szenenatmosphäre? Nö ...

Heute...
... ist alles anders.
Die Spieler kennen ihre Figuren und überraschen mich mit großer Vertrautheit im Detail und sogar den Regeln. Es gibt eine "Bindung" zwischen Charakter und Spieler.
Heute gehen die Spieler zudem wesentlich "risikobewusster", indem Sie entweder ein Risiko als zu hoch einschätzen oder aber trotzdem eingehen, wohlwissend, dass die Figur möglicherweise stirbt.

Viele Szenen, in denen ich als Spielleiter der Meinung bin, dass die bisherigen Erfahrungen des Charakters so weitreichend sind, dass er vermutlich die "richtige" Handlungsweie zeigt, spiele ich nicht aus. Letztens gab es z.B. eine Begegnung mit Skeletten, die wir nicht ausgespielt hatten; vielmehr habe ich einen reinen Erzählmnodus aufgelegt.

Fazit: Sterblichkeit und Schaden ... Da gibt es einen Zusammenhang zur Spannung, wenn diese Faktoren zutreffend sind:
Die Spieler kennen die Charaktere;
die Spieler ahnen um das Risiko:
der Spielleiter ist konsequent in seinen Ansagen.
Früher war eben nicht alles besser.

Grüße
ClemLOR
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Opthalamia am 9.11.2008 | 19:15
Solange ein Chartod lohnt...

Einem unverhofften Chartod geht i.d.R. keine Spannung voraus. Man erklärt seinen Spielern eigentlich nur, das sie besser Planen sollten, um das unverhoffte doch gefälligst im Vorfeld zu berücksichtigen. Wenn ich aber einem Spieler die Option anbiete, etwas unter einem hohen Risioko zu erreichen, dann sieht das plötzlich anders aus. Kurzum "no risk, no fun".

Man sollte vorher klären, ob zumindest ein Spieler solche Risiken eingehen möchte. Immerhin benötigt die spezielle Situation etwas Vorbereitung, und man verbaut allen anderen ein bestimmtes Erfolgserlebnis.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Bad Horse am 9.11.2008 | 19:49
Wenn ich aber einem Spieler die Option anbiete, etwas unter einem hohen Risioko zu erreichen, dann sieht das plötzlich anders aus. Kurzum "no risk, no fun".

Man sollte vorher klären, ob zumindest ein Spieler solche Risiken eingehen möchte.

 :d
Genau. Bei solchen Situationen lohnt es auch, die Stakes vorher abzuklären.
Beispiel: Vor vielen, vielen Jahren war ein Char von mir in einer Situation, wo er auf einer schmalen Brücke stand, unter ihm ein Lavasee, und mit seinem Schwert nach dem Dämon schlagen wollte.
Mein SL meinte zu mir: "Wenn du den Wurf nicht schafft,stürzt dein Charakter ab und ist definitiv tot." Ich überlegte kurz, beschloss, dass es mir das Risiko wert war, und würfelte - geschafft. Selbst wenn ich das nicht geschafft hätte, hätte ich akzeptiert, dass er stürzt und stirbt - weil mir definitiv klar war, was die Konsequenzen sind, wenn es nicht klappt. Sonst wohl eher nicht.

Als SL davon auszugehen, dass die Spieler die Konsequenzen ihrer Aktionen überblicken können, wo in klassischen Systemen eben doch der SL den Ausgang einer Handlung beschreibt, ist unvorsichtig und kann dazu führen, dass a) die Spieler vom Ausgang der Handlung völlig überrascht und b) nicht mit der Beschreibung einverstanden sind.

Ob es spannend ist, wenn der Ausgang der Handlung vorher festgelegt wird, weiß ich nicht. Damals, auf der Brücke, war es sehr, sehr spannend.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 9.11.2008 | 20:13
@hamf:
zum Baum: ich sage ja selbst, die Szene ist überflüssig. hab es oft verlebt, das selbst die SLs die Sache abkürzen ("brauchste nicht aufschreiben, da kommt nix mehr" - ich denke mir: "HÄ,wtf?!")

Wenn man wirklich vollkommen frei und stark nach Simulation spielt, dann erst bleibt einem nichts anderes übrig als jeden Schaden durch jeden Baum aufzuschreiben, denn nicht mal der SL weiss ja genau was als nächstes kommt, dann kann ich das nachvollziehen. Aber mich wird das Spiel dann zu stark zu einer Verwaltung, bei dem Spannung nur durch Zufall entsteht.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Blizzard am 9.11.2008 | 20:27
Okay. Mal sehen. Ich denke ähnlich wie 8t88 würde ich es vom System abhängig machen, das gespielt wird. In 7thSea, Wushu oder sonstigen ähnlichen cinematischen Rollenspielen passt es absolut nicht ins Bild, wenn der Char durch einen nicht geschafften Würfelwurf plötzlich drauf geht. Das heisst nicht, dass Charaktere in diesen Systemen nicht sterben können, sie können oder dürfen es einfach nicht, weil sowas nicht zur Dramatik passen würde. Hierbei ist die Welt eben auch eine ganz andere als z.B. in irgendwelchen Endzeit-oder Dark Fantasy-Rollenspielen.

Wenn ich jetzt hingegen AC,Deadlands,Cthulhu oder Warhammer leite, dann wissen meine Spieler, dass die Welt da draussen nicht Friede,Freude,Eierkuchen ist. Sie wissen, dass das System tödlicher ist als bei eher cinematisch angehauchten Teilen.

Sie wissen aber auch- und ich denke das ist ganz wichtig- dass ich ihre Charaktere nicht "einfach so" oder auf Grund eines nicht geschafften oder verpatzten Würfelwurfes drauf gehen lasse. Sie wissen aber auch, dass ich in solchen Systemen nicht zimperlich bin, und der ein-oder andere Char ist bei mir auch schon gestorben.

Ich halte es übrigens für absoluten Humbug, die Tödlichkeit bzw. die Gefahr des Charaktertodes -besser gesagt den Maßstab dafür- daran anzulegen, was für und wie viele Formen der Wiedererweckung eines Chars in dem jeweiligen System gibt. Was soll das bringen? Was ist, wenn es keine Reinkarnationsmaßnahmen gibt, wie z.B. in Dread? Ich halte ebenso wenig davon, die Tödlichkeit des Systems, bzw. die potientielle Gefahr des Charaktertodes davon abhängig zu machen, wie lange man braucht, um einen neuen Charakter im jeweiligen System zu erschaffen. Wenn es danach ginge, müssten die Charaktere in DSA 4 ja quasi fast automatisch unsterblich sein. ::)

Ich bin jemand, der sagt: "Chars sterben bei mir nur, wenn sie sich dumm anstellen." Jetzt wurde da vorhin bei diesem Satz schon wieder verdammt laut " das ist ja ganz böse SL-WILLKÜR!" gebrüllt - und das obwohl Zornhau ja noch gar nichts geschrieben hat hier.
*scnr* ~;D

Spass beiseite, mal im Ernst: Wenn ein schwer verletzter Charakter, der zudem nur leicht gerüstet ist, bei AC meint, eine Steintüre in einer Mine öffnen zu müssen (ohne sie vorher nach Fallen abzusuchen und obwohl ihm mitgeteilt wurde, dass hinter der Tür irgendeine Art von Gefahr lauert) dann fällt das für mich unter "dumm anstellen"-und dann stirbt er eben auch. In meiner noch jungen SL-Laufbahn sind bislang noch nicht viele Charaktere gestorben-aber von den Spielern hat sich bislang nicht ein einziger beschwert, dass das irgendwie "doof", "unpassend" oder gar unfair gewesen wäre.

Diesbezüglich fällt mir ein nettes Zitat aus dem Film The Skulls für ALLE Charaktere in ALLEN Systemen ein:
Zitat
Wir leben nach den Regeln, wir sterben nach den Regeln.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.11.2008 | 21:54
@ ClemLOR
Einen Zusammenhang zwischen "kennt seinen Charakter" und "Charaktersterblichkeit" habe ich nicht festmachen können.
Und einen Zusammenhang ziwschen "geht ein Risiko ein" und Charaktersterblichkeit" konnte ich bisher auch nicht ausmachen.

Einen Vergleich zwischen früher und heute kann ich bei mir nicht anstellen. Dazu sind die Spielstile einfach zu unterschiedlich. Aber ich vergleiche einfach mal zwei Gruppen, in denen ich spiele:

Gurps: Hohe Sterbechance.
Savage Worlds: Sicherheit, alles zu überleben.

Gurps: Die Leute planen ewig und überlegen sich alles lieber dreimal, bevor sie es in die Tat umwandeln.
Savage Worlds: Die Leute handeln spontan.

Gurps: Die Leute sind eher vorsichtig und scheuen das Risiko.
Savage Worlds: Die Leute begeben sich auch mal in Gefahr.

Gurps: Die Leute kennen ihren Charakter hervorragend.
Savage Worlds: Die Leute kennen ihren Charakter hervorragend.

Gurps: Es gibt viele atmosphärische Szenen.
Savage Worlds: Es gibt viele atmosphärische Szenen.

Die Frage, ob es viel Atmosphäre gibt oder wie gut mans einen Charakter kennt, hat also imho wenig mit der Charaktersterblichkeit zu tun.
Und dann habe ich eher das Gefühl, dass die Risikoaversivität mit der Charaktersterblichkeit wächst. (Bis es dann auf einem sehr hohen Niveau kippt und man bei Paranoia oder ähnlichem plötzlich überhaupt nicht mehr aversiv ist.)

Wenn es danach ginge, müssten die Charaktere in DSA 4 ja quasi fast automatisch unsterblich sein. ::)
DSA gehört auch zu den Spielen, wo ich noch nie einen Charaktertpod erlebt habe.
Klar, es heißt immer, die Chars könnten sterben. Aber wirklich erlebt, wie ein Char stirbt, habe ich noch nie.

Und während es bei Cthulhu oder Paranoia quasi zum guten Ton gehört, einen Char draufgehen (oder wahnsinnig werden) zu lassen, hatte ich bei DSA eher den Eindruck, dass die SLs den Chartod verhindern wollen.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 9.11.2008 | 22:12
ich halte SW für tödlicher als GURPS aber das nur am Rande.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.11.2008 | 22:31
Das Original SW ist vielleicht tötlicher. Das mag stimmen.
Aber wenn du dir zum Beispiel die Pirates-of-the-Spanish-Main Mod anschaust, dann stellst du fest, dass diese untötlicher ist.

Die Incapacitation und Injury Tabelle vom Original-SW finde ich persönlich auch extrem heftig. (Sogar zu heftig.) Aber es gibt halt viele Settingbänder, für die diese beiden Tabellen zum Glück nicht gelten und es deutlich entschärft wurde. (z.B. Pirates of the Spanish Main.)

Und ich habe auch nicht geschrieben, dass Gurps im Allgemeinen tödlicher ist als Savage Worlds. Ich habe geschrieben, dass in MEINER SW-Runde die Charaktersterblichkeit geringer ist als in MEINER Gurps-Runde.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: ClemLOR am 9.11.2008 | 23:13
Servus.

@Eulenspiegel.

Ok, vielleicht verpacke ich es in andere Worte:
Jemand, der seinen Charakter kennt, also mit den Fähigkeiten und Fertigkeiten, den körperlichen sowie geistigen Eigenschaften, der Ausrüstung, besonderen merkmalen etc. vertraut ist, der kann seinen Charakter auch entsprechend einsetzen. Er weiß, was er seiner Figur zutrauen kann und was nicht. Somit kann er auch eher einschätzen, ob er möglicherweise ein erhebliches Risiko eingeht.

Mir ist aufgefallen, dass Spieler, die ihre Charaktere nicht kennen, sich wahlweise entweder in eine Situation hineinspielen, aus denen ihr Charakter aus eigener Kraft nicht mehr herauskommt (Sterblichkeitsfaktor nimmt erheblich zu), oder aber Situationen einfach verpassen, weil sie eine Situation nicht für ihren Charakter als spielbar erkennen (sie unterschätzen also ihren Charakter).

Seitdem meine Spieler sich darüber im Klaren sind, dass ich als Spielleiter keine "sichere Burg" im Sinne des Überlebens bin, beschäftigen sie sich mit ihren Figuren. Folglich gehen sie konstruktiver aber auch kritischer mit Spielszenen um. Es ist erstaunlich, wie viel vorsichtiger sie dabei geworden sind.

Einfaches Beispiel: Früher ist meine ganze Heldengruppe mit einem leuchtenden Gegenstand durch eine riesige Höhle gelaufen. Dabei wurden sie aus dem Schutz der Dunkelheit angegriffen. Sie stießen auf eine Brücke über eine Schlucht. Der Magier mit dem Licht geht über die Brücke ... *räusper*
In der Gruppe gab es damals
1 Charakter mit einer speziellen Dunkelsicht, so dass er ohne Licht durch die Dunkelheit gehen konnte (das war dem Spieler damals nicht bewusst, selbst wenn man es ihm gesagt hat ...);
1 Charakter hatte einen speziellen Zauberspruch, durch den er Dunkelsicht auf sich und auch andere legen konnte (das war dem Spieler nicht bekannt; er kannte das Potential seines Charakters nicht).
Insgesamt verlief diese Begegnung für meine Spieler sehr ungeschickt.
Lustig war, dass sie einen Spielnachmittag später genau die selben Fehler noch mal machten ... Da griff ich dann das erste mal sehr konsequent durch, weil mir die Hutschnur platzte ...

Beispiele wie diese gab es damals DUTZENDE pro Spielnachmittag ... War ziemlich lausig.
Heute ist das deutlich anders. Da habe ich als Spielleiter erheblich Mühe, hinter der Kreativität meiner Spieler hinterherzukommen.

Grüße
ClemLOR
Fehler dürft Ihr behalten ...
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Eulenspiegel am 9.11.2008 | 23:28
Jemand, der seinen Charakter kennt, also mit den Fähigkeiten und Fertigkeiten, den körperlichen sowie geistigen Eigenschaften, der Ausrüstung, besonderen merkmalen etc. vertraut ist, der kann seinen Charakter auch entsprechend einsetzen. Er weiß, was er seiner Figur zutrauen kann und was nicht. Somit kann er auch eher einschätzen, ob er möglicherweise ein erhebliches Risiko eingeht.
OK, soweit stimme ich noch zu.

Zitat
Mir ist aufgefallen, dass Spieler, die ihre Charaktere nicht kennen, sich wahlweise entweder in eine Situation hineinspielen, aus denen ihr Charakter aus eigener Kraft nicht mehr herauskommt (Sterblichkeitsfaktor nimmt erheblich zu), oder aber Situationen einfach verpassen, weil sie eine Situation nicht für ihren Charakter als spielbar erkennen (sie unterschätzen also ihren Charakter).
Das stimmt auch.
Allerdings muss man hier noch hinzufügen: Es bringt nicht nur etwas, den SCs zu kennen, man muss auch den SL kennen: Eine Szene, die bei SL1 völlig ungefährlich ist, ist bei SL2 bereits hochriskant.

Die Art und Weise, wie der SL spielt ist für die Gefahrenabschätzung also genau so wichtig wie die Fähigkeiten des SCs.

Zitat
Seitdem meine Spieler sich darüber im Klaren sind, dass ich als Spielleiter keine "sichere Burg" im Sinne des Überlebens bin, beschäftigen sie sich mit ihren Figuren.
Das habe ich bisher noch nicht erlebt. Bisher haben sich alle Spieler mit ihren SCs beschäftigt. Egal, ob es nun in einem gefährlichen System oder einem ungefährlichen System der Fall war.

Zitat
Einfaches Beispiel: Früher ist meine ganze Heldengruppe mit einem leuchtenden Gegenstand durch eine riesige Höhle gelaufen. Dabei wurden sie aus dem Schutz der Dunkelheit angegriffen. Sie stießen auf eine Brücke über eine Schlucht. Der Magier mit dem Licht geht über die Brücke ... *räusper*
OK, das passiert selbst in meiner "Chars können nicht sterben"-Runde nicht.

Ich würde es weniger darauf zurückführen, dass die Charaktere nicht sterben konnten. Die Hauptursache ist in meinen Augen, dass die Spieler noch unerfahren waren und keine alten Hasen.

Auch dafür dass sie regeltechnisch noch nicht so firm waren und die ganzen Spezialfähigkeiten nicht kannten, würde ich eher den Newbie-Status und weniger die geringe Sterbewahrscheinlichkeit verantwortlich machen.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: alexandro am 9.11.2008 | 23:31
Pirates ist sogar (dank der härteren Wundregeln, die im normalen Savage Worlds erst ab der Explorers Edition Standard wurden) noch um einiges tödlicher als Savage Worlds.
Die Tödlichkeit entschärft es lediglich durch einen witzlosen und aufgesetzten "Mechanismus", der besagt dass tote Charaktere nur bewusstlos werden- was entweder MINDESTENS genauso schlimm ist (weil sie durch die Schurken den "Gnadenstoß" bekommen) oder von vorneherein sämtliche Spannung aus dem "mein Charakter wird verletzt"-Konzept rausnehmen.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: ClemLOR am 9.11.2008 | 23:36
Zitat
Ich würde es weniger darauf zurückführen, dass die Charaktere nicht sterben konnten. Die Hauptursache ist in meinen Augen, dass die Spieler noch unerfahren waren und keine alten Hasen.

Auch dafür dass sie regeltechnisch noch nicht so firm waren und die ganzen Spezialfähigkeiten nicht kannten, würde ich eher den Newbie-Status und weniger die geringe Sterbewahrscheinlichkeit verantwortlich machen.

Würde ich auch sagen - unter normalen Bedingungen. Aber ...

Halt Dich fest ...

Das ist eine DuD 3.0 Runde gewesen; und zu dem Zeitpunkt des Höhlen-Brücken-Beispiels mit diesem Spielsystem hatten wir schon zwei Jahre lang gespielt - und das sogar ziemlich regelmäßig.
Und davor hatten alle aus dieser Runde schon gute sechs bis sieben Jahre ADuD, Earthdawn und Shadowrun Erfahrungen gesammelt.

Das ist es ja, was mich an diesen Spielern enorm zweifeln ließ zu diesem Zeitpunkt ...

Und jetzt noch ein Hammer:
Zitat
Allerdings muss man hier noch hinzufügen: Es bringt nicht nur etwas, den SCs zu kennen, man muss auch den SL kennen: Eine Szene, die bei SL1 völlig ungefährlich ist, ist bei SL2 bereits hochriskant.
Seit wir DuD 3.0 spielten, war ich der einzige Spielleiter weit und breit für diese Bande.
In der Zeit vor mir (ich traf auf sie 2000 und brachte DuD 3.0 frisch mit) hatten sie nur Spielleiter aus ihren eigenen Reihen.
Naja ... Und von denen weiß ich aus Erzählungen, dass diese also recht "konsequent" auch Charaktertode in Kauf genommen hatten.
schnief Ich war einfach zu weich und hatte sie verhätschelt. Nur Weicheier ...

Seitdem ich aber andere Saiten aufgezogen habe, hat sich das deutlich geändert. Endlich!

:)

Allerdings räume ich auch ein: So etwas wie diesen Spielkreis hatte ich bis dahin und seither nicht erlebt.

Viele Grüße
ClemLOR

Fehler wie immer ...
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Eulenspiegel am 10.11.2008 | 00:21
Pirates ist sogar (dank der härteren Wundregeln, die im normalen Savage Worlds erst ab der Explorers Edition Standard wurden) noch um einiges tödlicher als Savage Worlds.
In Savage Worlds muss man sobald man Bewusstlos ist, jede Runde einen Vigorwurf machen, um nicht zu verbluten.
Wenn er verblutet muss er jede Runde einen Vigorwurf machen. Zwei verhauen Vigorwürfe in Folge bedeuten, dass er Tod ist.

Das heißt, ein Charakter mit 3 Wunden kann theoretisch schon in der 1. Runde sterben. (Das ist extrem hart.)

In Pirates ist das anders: Hier kann ein WildCard nur sterben, wenn der Gegner einen Todesstoß ansagt. Bei einem normalen Kampf kann der Charakter also bewusstlos werden, aber nicht sterben. (Es sei denn, der Gegner verzichtet darauf, einen wehrfähigen Kämpfer anzugreifen und greift lieber die bewusstlose Person an, um sie endgültig zu töten.)

In Savage Worlds hängt das Überlebend es Chars also vom Meisterglück ab.
In Pirates stirbt der Char nur, wenn der SL sadistisch ist: "Hihi, dein Char liegt bewusstlos am Boden: Mein NSC geht hin und schneidet ihm die Kehle durch."

Auf Seite 91 im Pirates-Regelwerk steht implizit, dass nur Extras an den Folgen einer Wunde sterben können:
Es gibt eine Regel, mit der man nachschauen kann, ob Verwundete Extras tot, schwer verletzt oder einfach nur kampfunfähig sind.
Für WildCards gibt es eine solche Regelung nicht. WildCards sind im schlimmsten Fall "incapacitated". Das ist das Schlimmste, das einem Wildcard passieren kann. (Ausnahme, man geht zu einem kampfunfähigen WildCard und versetzt ihm den Gnadenstoß.)

Zitat
Die Tödlichkeit entschärft es lediglich durch einen witzlosen und aufgesetzten "Mechanismus", der besagt dass tote Charaktere nur bewusstlos werden- was entweder MINDESTENS genauso schlimm ist (weil sie durch die Schurken den "Gnadenstoß" bekommen) oder von vorneherein sämtliche Spannung aus dem "mein Charakter wird verletzt"-Konzept rausnehmen.
1) Tote Charaktere werden nicht bewusstlos.
Es gibt einen Mechanismus, mit dem man überprüfen kann, ob bewusstlose Charaktere sterben. (Und dieser Mechanismus ist nur bei Extras anwendbar.)

Aber es gibt keinen Mechanismus, der überprüft, ob tote Charaktere wieder bewusstlos werden. (Das wäre auch ein ziemlich seltsamer Mechanismus.)

2) Ja, die Gegner können den bewusstlosen WildCards einen Gnadenstoß versetzen.
Das ist dann aber nicht die Tödlichkeit des Systems, sondern Meisterentscheidung und damit die Tödlichkeit des SLs.

Aber ob der SL jetzt sagt: "Hehe, mein NSC schlitzt dir jetzt die Kehle auf." oder ob der NSC den SC am Leben lässt, ist ja keine Entscheidung des Systems sondern des SLs. man kann das daher auch schlecht bei der Tödlichkeit eines Systems miteinbeziehen. (Wenn du natürlich nicht die Tödlichkeit von Systemen, sondern die Tödlichkeit von SLs bewerten willst, wäre das wiederum extrem relevant.)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Merlin Emrys am 10.11.2008 | 00:33
Das habe ich bisher noch nicht erlebt. Bisher haben sich alle Spieler mit ihren SCs beschäftigt.
In diesem Fall decken sich meine Erfahrungen mal mit Eulenspiegels.
Und wenn die Spieler sich ganz ohne den Zwang mit den Charakteren beschäftigen... was bleibt dann noch an Argumenten?

Ich halte ebenso wenig davon, die Tödlichkeit des Systems, bzw. die potientielle Gefahr des Charaktertodes davon abhängig zu machen, wie lange man braucht, um einen neuen Charakter im jeweiligen System zu erschaffen.
Ich würde das weniger systemabhängig sehen als spielweisenabhängig. Es ist für mich (und die Mehrzahl meiner Mitspieler) für die Zeit, die ein Charakter zum Werden benötigt, ziemlich egal, ob die Werte in 2 Minuten notiert oder in stundenlanger Arbeit herausgearbeitet werden. (Naja, nicht ganz egal, aber weitgehend.) Die eigentliche Charaktererschaffung findet statt, indem man die Hintergründe durchgeht, dem Charakter ein Profil gibt, ihn zu etwas Eigenem macht (und dafür ist es wiederum im Grunde egal, ob das vor oder während dem Spiel geschieht). Manche meiner Charaktere haben Monate gebraucht, bis sie so waren - da machen ein paar Minuten Charaktererschaffung mehr oder weniger auch nichts mehr aus. Aber es macht etwas aus, ob dieser Charakter dann auch eine entsprechende Zeit gespielt werden kann. Für eine halbe Stunde Spielzeit kann man jedenfalls so keine Charaktere schaffen.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Crimson King am 10.11.2008 | 10:22
Das meiste wurde schon gesagt. Aus meiner Sicht kann man noch zwischen One Shots mit im Allgemeinen neu erstellten Charakteren und Kampagnen trennen. Bei One Shots darf die Sterblichkeit auch gerne mal etwas höher sein.

Was allerdings garnicht geht, ist Beliebigkeit beim Charaktertod, eben ein umfallender Baum, eine Lawine etc. Ich lasse derartige Zwischenereignisse generell weg, weil sie im Allgemeinen nicht interessant sind. Ansonsten hängt einiges am System: wenn es gritty ist, muss man auch zwischendrin sterben können, wenn man sich durch eigene Blödeit in eine ausweglose Situation manövriert oder ein Kampf richtig schlecht für den eigenen Char läuft und man trotzdem weiter macht. Bevorzugt werde ich allerdings auch in solchen Situationen den Tod der SCs vermeiden - wenn es glaubwürdig ist, und nur dann.

Generell muss man allerdings ganz klar sagen, dass nur dramatische Tode mit Absegnung des Spielers diesem wirklich Spaß machen.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: tartex am 10.11.2008 | 19:04
Generell muss man allerdings ganz klar sagen, dass nur dramatische Tode mit Absegnung des Spielers diesem wirklich Spaß machen.

Stimmt für mich einfach gar nicht. Bin Spieler.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Bad Horse am 10.11.2008 | 19:13
Und hast du schon mal einen dramatischen Tod mit eigener Absegnung gehabt?
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Crimson King am 10.11.2008 | 19:53
Naja, ist schon ok, war sehr verallgemeinernd.

Ich bin allerdings trotzdem der Überzeugung, dass Spieler, die es toll finden, wenn ihr lange gespielter SC über die Klinge springt, eher rar gesät sind. Dagegen gibt es durchaus Spieler, die sagen, wenn mein Charakter jetzt unter diesen Umständen stirbt, wäre das schön. Tatsächlich kann und wird solche Spieler ein sinnvoller (im Sinne von Handlung und Drama) Charaktertod befriedigen. Aber sie werden das vermutlich mitbestimmen wollen. Den Tod des SC aufgrund von Fehlern oder Pech werden sie akzeptieren können, aber er wird sie nicht befriedigen.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 10.11.2008 | 20:15
ein geringer Preis dafür, wenn ich weiss, daß die anderen 9 von 10 Situationen, die mein Char überlebt haben für ihn wirklich ernst waren.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: ChristophDolge am 10.11.2008 | 20:21
Hmm - meinst du damit nicht eigentlich, dass die 9 Situationen für dich ernst waren? Der Charakter ist eine fiktive Person, aber sie ist deine fiktive Person. Wäre sie gestorben, hättest du einen Verlust erlebt. Oder? Spielst du so sehr in character, dass du wirklich mit dem Charakter mitfühlst (und ich möchte behaupten, dass ist eher eine Spielweise, die bei Leuten verbreitet ist, die nicht auf Charaktertod stehen)?
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Crimson King am 10.11.2008 | 20:32
Hmm - meinst du damit nicht eigentlich, dass die 9 Situationen für dich ernst waren? Der Charakter ist eine fiktive Person, aber sie ist deine fiktive Person. Wäre sie gestorben, hättest du einen Verlust erlebt. Oder? Spielst du so sehr in character, dass du wirklich mit dem Charakter mitfühlst (und ich möchte behaupten, dass ist eher eine Spielweise, die bei Leuten verbreitet ist, die nicht auf Charaktertod stehen)?

Jau, aus Charaktersicht sind viele Situationen ernst, die es aus Spielersicht weniger sind. Insofern ist "dummes, den SC gefährdendes Spiel" in gritty Systemen auch etwas anderes als in cinematischen.

Auf der anderen Seite werden Immersionsspieler eher mit dem Risiko leben wollen, dass ihr Charakter bei Fehlentscheidungen den Löffel abgibt, als Storyteller, für die der Charakter weniger ein fiktives Wesen als vielmehr ein Werkzeug ist, mit dem man die Story bearbeitet. Es fühlt sich dann einfach echter an, erleichtert die Immersion.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 10.11.2008 | 20:58
@Christoph Dolge: Bla. Du weisst schon wie es gemeint war, sonst würdest du ja keine rethorische Frage stellen. ;)

@crimson King: CP möchte ja andeuten, daß es einen Charakter ja nicht wirklich gibt, es also niemals für ihn ernst sein kann. Aber wenns nach mir geht müssen wir diese Philosophische Diskussion gar nicht erst anfangen.

für MICH als Spieler ist es jedenfalls Spannend, wenn der Char sterben kann und ich Einfluss auf die Situation habe. Wenn der Char dann irgendwann stirbt (aufgepasst, es stirbt nicht wirklich, denn es gibt ihn ja nicht wirklich (http://tbn0.google.com/images?q=tbn:dIF3gkoyl73fnM:http://farm1.static.flickr.com/230/505420547_7a5fa5ef06.jpg%3Fv%3D0) ), dann ist das eben der Preise dafür, die anderen spannenden Sitauationen überhaupt gespielt haben zu können. Ärgerlich ist es natürlich, aber wie sollte man es sonst machen?
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Bad Horse am 10.11.2008 | 21:08

für MICH als Spieler ist es jedenfalls Spannend, wenn der Char sterben kann und ich Einfluss auf die Situation habe.

Ganz genau. Für mich auch.

Aber ich würde meinen Char auch nur in einer spannenden und dramatischen Situation draufgehen lassen.  ;)  Das hat bei World´s Largest Dungeon auch gut geklappt - tatsächlich wurde die Situation (der 5. Kampf gegen irgendwelche Cloaker) genau dadurch spannend und dramatisch!
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Maarzan am 10.11.2008 | 21:17
Den Tod des SC aufgrund von Fehlern oder Pech werden sie akzeptieren können, aber er wird sie nicht befriedigen.

Aber seine Erlebnisse solange er lebt sind ein vielfaches befriedigender, als wenn man weis, dass man eh mit Netz und doppelten Boden unterwegs ist.

Wenn der eigentliche Kernpunkt des Spiels was anderes ist als Kampf und ähnliches, dann kann ich nachvollziehen, wenn Schutzräume geschaffen werden.
Wenn man aber Kämpfer und Kämpfe in den Mittelpunkt setzt und dann Immunitäten für sich beansprucht kommt das doch sehr seltsam rüber. 



Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Crimson King am 10.11.2008 | 21:18
für MICH als Spieler ist es jedenfalls Spannend, wenn der Char sterben kann und ich Einfluss auf die Situation habe. Wenn der Char dann irgendwann stirbt (aufgepasst, es stirbt nicht wirklich, denn es gibt ihn ja nicht wirklich (http://tbn0.google.com/images?q=tbn:dIF3gkoyl73fnM:http://farm1.static.flickr.com/230/505420547_7a5fa5ef06.jpg%3Fv%3D0) ), dann ist das eben der Preise dafür, die anderen spannenden Sitauationen überhaupt gespielt haben zu können. Ärgerlich ist es natürlich, aber wie sollte man es sonst machen?

Ich kann dir sagen, wie ich es mache: ich spiele den Char im Rahmen der Umstände so, wie ich ihn fühle. Dass ich weiß, dem Char kann eigentlich nix passieren, heißt nicht, dass der Char das auch weiß. Ich habe immer das Gefühl, wenn ich was so richtig falsch mache, war es das. Immersion heißt, die Metaebene so weit wie möglich auszublenden. Anscheinend bekomme ich das recht gut hin.

Wenn ich hingegen durch Belanglosigkeiten, insbesondere durch Dinge, die ich nicht beeinflussen kann, um meinen Char und damit um meine Möglichkeit zur Immersion gebracht werde, fühle ich mich verarscht.

Abgesehen davon habe ich immer wieder festgestellt, dass vielen Spielern solche Szenen, in denen sie glänzen können, d.h. Risiken eingehen können, weil da eben Netz und doppelter Boden vorhanden sind, richtig Spaß machen.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 10.11.2008 | 21:56
@gut hinbekommen: offensichtlich. Dieser tranceartiger Immersionszustand, den einige Spieler beschreiben, kann ich bis heute nicht nachvollziehen.

allerdings komisch, daß du die Immersion eher dadurch erreichst, daß du Dinge beeinflussen kannst, die der Charakter nicht beeinflussen kann anstatt, daß du ebenso eingeschränkt bist wie der Charakter. Also sagen wir ein Gegner haut einfach soviel Schaden raus, daß dein Char stirbt und du (oder dein Char über seine Talente) kannst nix dagegen tun, daß scheint mir eine bessere Basis für Immersion zu sein.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Crimson King am 10.11.2008 | 22:31
@gut hinbekommen: offensichtlich. Dieser tranceartiger Immersionszustand, den einige Spieler beschreiben, kann ich bis heute nicht nachvollziehen.

Ich meine, mich erinnern zu können, dass du dich oft genug über deine Mitspieler ärgerst. Ggf. wären andere da besser. Schau' einfach mal, dass du zu einem Treffen kommst. Und nein, tranceartig ist das eher weniger bzw. selten. Wenn die Gruppe, die Stimmung, die Atmosphäre passt, kann ich in einer Sekunde in Character sein, in der nächsten einen Metaebenen-Witz reißen, und dann wieder in Character sein. Ich vermute mal, Schauspieler kommen auch nicht aufs Set und sind geistig bereits in ihrer Rolle. Die gehen vor die Kamera bzw. vors Publikum und legen den Schalter um, können aber zwischen den Takes oder in den Szenen, in denen sie nicht auf der Bühne stehen, auch wieder sie selbst sein.

allerdings komisch, daß du die Immersion eher dadurch erreichst, daß du Dinge beeinflussen kannst, die der Charakter nicht beeinflussen kann anstatt, daß du ebenso eingeschränkt bist wie der Charakter. Also sagen wir ein Gegner haut einfach soviel Schaden raus, daß dein Char stirbt und du (oder dein Char über seine Talente) kannst nix dagegen tun, daß scheint mir eine bessere Basis für Immersion zu sein.

Das ist in 20 Jahren Pen and Paper nur einmal passiert. und da war bereits klar, dass ich den Char wechseln werde. Möglicherweise hast du mir da etwas an Erfahrung voraus.

Halt! Nein! In einer AD&D-Runde ist mein 1st-Stufler mal regeltechnisch hops gegangen und der SL hat etwas konstruiert, um ihn zu retten. Hat sich tatsächlich scheiße angefühlt, auch (nund möglicherweise vor allem) weil es eine bescheuerte Begegnung an sich war, ohne tiefere Bedeutung, wahllos. Kann aber vermieden werden, indem man die Herausforderungen gut balanciert (und keine AD&D 1st-Stufler spielt, die sogar von einer Ratte gekillt werden können).

Dagegen ist es ein tolles Gefühl, in einer Szene ganz dramatisch festlegen zu können, dass mein SC drauf geht, um der Frau, die er liebt, die Flucht ermöglichen zu können.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: TerraNova am 11.11.2008 | 09:16
Auch wenn ich mal wieder notorisch spät in das Thema herein komme, hier doch mein Senf dazu:

Es kommt wie schon von einigen meiner Vorgänger richtig sagte sehr auf das System an - und noch mehr auf das Genre das man versucht zu spielen. Der "Impact" eines Sterbens ist nämlich sehr unterschiedlich, und damit sollte es auch unterschiedlich behandelt werden. Ich persönlich bin der Meinung, das "Charaktertod" eine von vielen möglichen negativen Konsequenzen ist, die ein Charakter erleiden kann. Je nach System kann es durchaus deutlich "Spielbeendendere" Konsequenzen geben. Man denke nur an ein "Akte X"-angehauchtes Szenario, wo ein "Geist" durchaus ein möglicher Charakter wäre, jemand der aber vom FBI als Staatsfeind gesucht wird nicht mehr. Aus dem gleichen Grund sehe ich den Tod bei D&D normalerweise nicht als "schlimm" an, denn es ist effektiv eine Auszeit von vieleicht 30 minuten, und ein gewisser Geldbetrag aus der "Gruppenkasse". Ich werd deshalb jetzt leicht Offtopic von Katastrophalen Konsequenzen reden - Obs nun wirklich "du bist tot" ist, die NPC-Keule nach dem Fall auf die Dunkle Seite, oder was auch immer.

Solche Konsequenzen sind meiner Ansicht nach nicht nur rein theoretisch nötig - sie müßen real auftreten können. Vieleicht liegt es an mir, oder meinem Umfeld, aber ich kenne keine Gruppe, die sie nicht benötigt, um sich zu "fokussieren". Wenn die Gruppe davon ausgeht, "dick mist bauen" zu müßen, ehe diese Konsequenzen am Horizont auftauchen, dann wird sich eine Kultur des Aussitzens etablieren. Man belohnt effektiv, nicht zu handeln, denn durch falsches Handeln kann es zur Katastrophe kommen, während sich so wenig wie möglich bewegen sicher ist - der SL kann keinen dicken Fehler finden, und wird deshalb nicht die Gruppe dezimieren. Diese "harte Spielweise" kann man natürlich durch "Rücken zur Wand" szenarien etablieren, aber ich habe die Erfahrung gemacht, das "scharfes" spielen der Regeln, inklusive Zufallsbegegnungen, leicht (!) unfairen Szenarien und dem gelegendlichen Abweichen vom standard-Resourcenverbrauch (härtester Kampf zuerst...) das sehr viel besser aufpeppen als "Oh, wir sind wieder verlohren und nur das Medlab der USS Hastenichgesehn kann uns retten? Ok, wir setzen uns ja schon ins Shuttle".

Natürlich will ich nicht sagen, das der "Abreissblock" wirklich die beste Spielmethode ist - aber dadurch, das man durch nichts tuen verliehrt, kann man sehr viel mehr motivation aufbauen, als dadurch das man schon durch aussitzen gewinnt.

EDIT: Satzbau war fehlerhaft.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: 6 am 11.11.2008 | 09:18
allerdings komisch, daß du die Immersion eher dadurch erreichst, daß du Dinge beeinflussen kannst, die der Charakter nicht beeinflussen kann anstatt, daß du ebenso eingeschränkt bist wie der Charakter. Also sagen wir ein Gegner haut einfach soviel Schaden raus, daß dein Char stirbt und du (oder dein Char über seine Talente) kannst nix dagegen tun, daß scheint mir eine bessere Basis für Immersion zu sein.
Nee. Damit Du Dich in Deinen Charakter fallen lassen kannst, brauchst Du ein Sicherheitsnetz, dass Dich vor den Erlebnissen schützt, die Du nicht machen willst. Dieses Sicherheitsnetz ist bei sehr vielen Spielern, die immersives Rollenspiel bevorzugen, eben dass der eigene Charakter nicht so einfach sterben kann.
Ohne das Sicherheitsnetz keine sinnvolle Immersion.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Der Nârr am 11.11.2008 | 09:34
Immersion wird überbewertet.

[...] Solche Konsequenzen sind meiner Ansicht nach nicht nur rein theoretisch nötig - sie müßen real auftreten können. Vieleicht liegt es an mir, oder meinem Umfeld, aber ich kenne keine Gruppe, die sie nicht benötigt, um sich zu "fokussieren". Wenn die Gruppe davon ausgeht, "dick mist bauen" zu müßen, ehe diese Konsequenzen am Horizont auftauchen, dann wird sich eine Kultur des Aussitzens etablieren. Man belohnt effektiv, nicht zu handeln, denn durch falsches Handeln kann es zur Katastrophe kommen, während sich so wenig wie möglich bewegen sicher ist - der SL kann keinen dicken Fehler finden, und wird deshalb nicht die Gruppe dezimieren. [...]
(Hervorhebung von mir.)

Jaaaaaaaaaa, Jaaaa, Ja!
Genau so ist es!
Ich erlebe das immer noch wieder. Darum muss man die Gruppe zum Handeln zwingen! Das schreckliche ist, eine entsprechend "erzogene" Gruppe kann teils selbst in dramatischen Situationen in völliger Starre verharren - das ist katastrophal. Dem kann man nur mit Konsequenz begegnen, führt natürlich zu "Erziehung", das interessante ist, dass die befragten Spieler natürlich sagen werden "wir wollen wichtige Entscheidungen treffen" usw., aber wenn es soweit ist, dann passiert nichts.
Wenn ich das als Spieler erlebe, bin ich der Typ, dass ich dann oft irgendwas mache einfach damit überhaupt mal was Aktives geschieht, leider gehen meine Aktionen meistens total in die Hose und dann hagelt es hinterher Kritik ("das war ja mal selten dämlich", "total bescheuert" usw.), weil ich mich bei so etwas eben einfach nicht geschickt genug anstelle, aber wenn die Runde nichts gebacken bekommt... Manchmal muss man eben herausfordern! Oft empfand ich die Ergebnisse dann aber auch als sehr wohltuend erlösend.
Ich habe in einigen meiner Runden teils Sachen erlebt, das hatte schon was von erlernter Hilfslosigkeit...
Das schlimme ist, dass ich den kritisierten Leit/Spielstil selber ungefähr 10 Jahre verfolgt habe, bloß nicht konsequent sein, sondern die Charaktere immer wieder raushauen... wenn ich jetzt eine Konsequenz nicht möchte, meide ich lieber gleich die Konfrontation, auch nicht ideal, aber schon mal besser... wobei es mir bedeutend leichter fällt, in Kämpfen konsequent zu sein als in allen anderen Situationen. Vielleicht, weil da das Regelwerk auch einen entsprechenden Rückhalt gibt. In Systemen mit einem ausgeprägten Sozial/Interaktionssystem fällt es mir auch leichter, die NSC entsprechend konsequent reagieren zu lassen.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Ein am 11.11.2008 | 09:52
Für mich baut Charaktertod keine sonderliche Spannung auf, vielleicht weil mir dafür die nötige Immersion fehlt und Tod nach fast 20 Jahren irgendwie nur noch eine schale Bedrohung ist. Irgendwie kann ich nicht mit einem Abenteurer, der sich Woche für Woche todesmutig in Gefahr begibt, den Tod nicht so als Gefahr sehen. Eher als Bedrohung endlich heldenhaft gestorben zu sein.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Tudor the Traveller am 11.11.2008 | 10:13
Hab jetzt nicht alles in toto gelesen, aber ich habe den Eindruck, diese Diskussion dreht sich im Kreis (falls es eine Diskussion ist und keine detaillierte Meinungserhebung  ;) )

Um mal etwas (hoffentlich) Neues in die Diskussion einzubringen, will ich mal die allgemeine Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang zwischen Spannung - Gefahr - Tod richten, also Gefahr als neues zentrales Schlagwort betrachten.

Dazu stelle ich mir folgende Fragen:

1. Wann kommt Spannung auf?
2. Ist Spannung abhängig von Gefahr?
3. Ist Gefahr abhängig vom möglichen Tod?

Zu 1. kann ich spontan sagen, dass es spannend ist, wenn ich wissen will, wie es weiter geht, weil die Wendungen der Ereignisse unklar sind und wichtige Auswirkungen haben können.
Daraus folgt für 2., dass eine Gefahrensituation zu Spannung führen aknn, aber nicht muss, nämlich immer dann, wenn nichts auf dem Spiel steht oder der Ausgang klar ist.
Zu 3. kann ich nur sagen, dass anfangs mal angemerkt wurde, dass es verschiedene Szenarios gibt, die Spannung erzeugen, wo die Gefahr aber nicht körperlich/tödlich ist. Dort stehen andere wichtige Dinge auf dem Spiel.

Zur allgemeinen Sterblichkeit stehe ich wie viele andere auf dem Standpunkt, dass es absolut systemabhängig ist. Der mögliche Charaktertod ist sicherlich wichtig, um den SC Grenzen aufzuzeigen; das Stichwort Aussitzkultur find ich da ganz treffend.

Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Ein am 11.11.2008 | 10:22
Ich finde dieses Grenzen setzen kontraproduktiv.

Wenn man sich Actionfilme ansieht, dann sieht man schnell, dass sie davon leben, dass die Protagonisten unsterblich sind. Dies ist auch keine Erfindung der Moderne, wenn man sich quer durch die Heldenepen bewegt sieht man schnell, dass es zu jederzeit überall bei Helden nicht um das Sterben, sondern um das Leiden ging. Das Erleiden und Bestehen von Prüfungen, die normale Menschen gebrochen hätte.

Und selbst wenn man den modernen Antihelden betrachtet sieht man doch relativ leicht, dass dieser sich weniger dadurch unterscheidet, dass er sterblich wäre (denn das ist aus literarischen Gründen garnicht der Fall), sondern dass er zum Antihelden durch seine Außenseiterstellung in der Gesellschaft und durch die Nichtanerkennung seiner Heldentaten wird.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 11.11.2008 | 10:27
Ganz allgemein: Die Einführung von Spannung über den Charaktertod ist ein sehr gefährliches Instrument eines SL, weil es die Spieler bestraft. Auch das "Grenzen setzen" geht in diese bisweilen kontraproduktive Richtung. Beides kann nämlich die Hoffnung auf Erfolg von Spielern reduzieren und die Angst vor Misserfolg fördern und damit in Gruppen zu Inaktivität auf Spielerseite und einem direktive Erzählonkel als SL führen. Genau das sollte aber in vielen Gruppen ursprünglich durch Ergebnisoffenheit von Handlungen verhindert werden. Insofern ist der Zusammenhang von Charaktersterblichkeit und Spannung sehr zwiespältig. Unten mehr dazu.

Ich erlebe das immer noch wieder. Darum muss man die Gruppe zum Handeln zwingen! Das schreckliche ist, eine entsprechend "erzogene" Gruppe kann teils selbst in dramatischen Situationen in völliger Starre verharren - das ist katastrophal. Dem kann man nur mit Konsequenz begegnen, führt natürlich zu "Erziehung", das interessante ist, dass die befragten Spieler natürlich sagen werden "wir wollen wichtige Entscheidungen treffen" usw., aber wenn es soweit ist, dann passiert nichts.
Wenn ich das als Spieler erlebe, bin ich der Typ, dass ich dann oft irgendwas mache einfach damit überhaupt mal was Aktives geschieht, leider gehen meine Aktionen meistens total in die Hose und dann hagelt es hinterher Kritik ("das war ja mal selten dämlich", "total bescheuert" usw.), weil ich mich bei so etwas eben einfach nicht geschickt genug anstelle, aber wenn die Runde nichts gebacken bekommt... Manchmal muss man eben herausfordern! Oft empfand ich die Ergebnisse dann aber auch als sehr wohltuend erlösend.
Ich habe in einigen meiner Runden teils Sachen erlebt, das hatte schon was von erlernter Hilfslosigkeit...

Stimme Hamf in diesem Punkt ebenso wie TerraNova vollkommen zu. Die Formulierung der Ausgangslage von seiten des Spielleiters ist dabei übrigens ganz zentral. Wenn der SL aus dramatischen Gründen die extreme Ausweglosigkeit der Auflösung einer Situation betont, wird er damit die tendentiell proaktiven Spieler, nämlich solche mit Hoffnung auf Erfolg, abschrecken, denn diese bevorzugen anspruchsvolle, aber machbare Schwierigkeitsgrade. Spieler mit Angst vor Misserfolg hingegen werden sich eher an extremen Herausforderungen (leicht oder schwer) versuchen und in diesen Situationen entsprechend eher agieren.*

Damit zementiert sich aber das Bild, dass Dinge entweder scheissenleicht oder enorm schwierig sind, was die Hoffnung auf Erfolg erheblich reduziert und in eine erlernte Hilflosigkeit mündet. Wenn zusätzlich noch sozialer Druck ausgeübt wird ("Was für eine idiotische Aktion! Da war doch klar, dass Dein Char getötet wird!"), verschärft sich diese Tendenz und so entstehen dann Runden voller Passivität und Inaktivität. Insbesondere bei dominanten SL, die nur begrenzt die Fähigkeit der Rollenübernahme haben und sich somit wenig in die Haut der Spieler einfühlen können, ist das Ende der Entwicklung dann der railroadende, als tyrannisch wahrgenommene Erzählonkel. Generell gilt:  Angst ist nicht nur ein Spaßkiller, sondern steht auch einer aktiven Runde entgegen.

Allemal besser ist es für einen SL, den Ideen von Spielern zunächst offen und flexibel zu begegnen. Ein SL sollte also anstelle einer allzu leicht in den Sinn kommenden negativen Bewertung ("Was ist denn das für eine Schwachsinnsaktion") besser Initiative anerkennen und positiv belohnen, um somit Hoffnung auf Erfolg und Aktivität zu fördern. Die Aussage, dass SC nur dann sterben können, wenn sie etwas Dämliches unternehmen, ist also vor dem Hintergrund dieser Überlegungen sehr kontraproduktiv.

Sollte ein paar Spielern bereits oder von Beginn an die Angst vor Misserfolgen im Nacken sitzen, gibt es zweitens ein paar Methoden, wie ein SL darauf reagieren kann. Diese beinhalten positives Feedback (also die systematische Verstärkung von Aktivität), Modelllernen (also die Belohnung von Aktivität anderer Spieler oder von NSC; dabei aber demotivierende Mary-Sue-Effekte vermeiden), Entspannungstechniken (Auflockerung von Szenen durch humoristische Elemente, die in Eure Runde passen) oder systematische Desensibilisierung (schrittweises Annähern einer zunehmen aktiveren Rolle in der Gruppe durch Lob und Gelingen der Aktionen).

Drittens sollte der SL bereits in der Beschreibung von Situationen versuchen, trotz der Dramatisierung von Szenen die realisitische Auflösung von Spielerseite zu betonen. Suggeriert den Spielern in Eurer Rolle als SL also, dass die Aktionen schwierig und die Situation dramatisch, durch Heldenmut, gute Koordination und coole Ideen aber schaffbar sind. So bekommt Ihr als SL mittelfristig auch die eher pessimistisch-passiven Spieler mit an den Tisch und es entsteht eine aktiv Runde.

Soweit meine 5 Cent zum Thema.

*
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Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: TerraNova am 11.11.2008 | 10:29
Um mal etwas (hoffentlich) Neues in die Diskussion einzubringen, will ich mal die allgemeine Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang zwischen Spannung - Gefahr - Tod richten, also Gefahr als neues zentrales Schlagwort betrachten.

Dazu stelle ich mir folgende Fragen:

1. Wann kommt Spannung auf?
2. Ist Spannung abhängig von Gefahr?
3. Ist Gefahr abhängig vom möglichen Tod?

Etwas ähnliches habe ich ja mit meinem Exkurs über Katastrophale Ereignisse erreichen wollen. "Du bist Tot" ist in D&D ein sehr stumpfes Schwert, wenn nicht die ganze Gruppe betroffen wird. Gefahr und Spannung dagegen ist möglich, weil es um mehr als das "eigene" Leben gehen kann und sollte.

Deshalb meine Antworten:

1. Spannung kommt auf, wenn die Spieler etwas bedroht sehen, was ihre Charaktere (oder sie AN ihren Charakteren) schätzen, und diese Bedrohung glaubhaft, aktiv und zu einem gewissen grad unberechenbar ist. "Wie geht es weiter" ist nur spannend, wenn es für dich schlecht oder gut weiter gehen kann. Nehmen wir mal eine Daily Soap als Beispiel: Sicher ist es nicht "gefährlich", ob Jenny nun mit Mike fremdgeht, oder Allen's Karte rechtzeitig findet. Es ist aber in gewisser weise Spannend, weil der Zuschauer vieleicht um die Chance bangt, die dumme Kuh mal richtig leiden zu sehen.

2. In gewisser Weise ja, wobei Gefahr eben explizit nicht unbedingt (aber oftmals) aus dem Spielen dieser einen Figur besteht.

3. Nein, nicht zwingend.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Ein am 11.11.2008 | 10:32
@Kinshasa
Sehr guter Beitrag, der es gut zusammenfasst. Ich persönlich nenne es das "Shadowrun-Problem". ;)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Lord Verminaard am 11.11.2008 | 10:48
Ich denke, es geht dabei vor allem darum, dass das Spiel irgendwie Gewicht bekommt. Das Spielgeschehen muss den Spielern etwas bedeuten, darf nicht hohl und sinnlos sein. Schwebt der eigene Charakter in Lebensgefahr, dann kann das dem Spiel dieses Gewicht verleihen, aber nur, wenn die Spieler sich darauf einlassen. Die Fallstricke dazu hat der Beatboy schön erklärt, doch wenn es einem gelingt, diese zu umgehen, kann das Spiel mit dem Leben des Charakters durchaus sehr aufregend sein. Das steckt glaube ich auch sehr oft dahinter, wenn bisherige „Erzählspieler“ sich plötzlich für „Oldschool“ begeistern.

Andererseits können auch viele andere Dinge dem Spiel Gewicht und Bedeutung verleihen. Voraussetzung ist immer, dass die Spieler sich darauf einlassen. Und was immer es ist, dieses Etwas darf nicht durch eine Person vorgegeben werden, sondern muss durch das Spiel geformt werden.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Feuersänger am 11.11.2008 | 11:36
Zitat
Immersion ist überbewertet

Darüber steht dir kein Urteil zu. Du legst keinen großen Wert auf Immersion? Bitte sehr. Für andere ist sie sehr wohl wichtig und erstrebenswert. Für mich zum Beispiel ist sie unverzichtbar, und der wichtigste Grund, warum ich überhaupt rollenspiele.

@Hamf/Kinshasa etc.
Wiewohl ich schon verstehe, worauf ihr hinauswollt, und zum Teil auch zustimme, muss ich hier doch nachmaulen:

Zitat
Allemal besser ist es für einen SL, den Ideen von Spielern zunächst offen und flexibel zu begegnen. Ein SL sollte also anstelle einer allzu leicht in den Sinn kommenden negativen Bewertung ("Was ist denn das für eine Schwachsinnsaktion") besser Initiative anerkennen und positiv belohnen, um somit Hoffnung auf Erfolg und Aktivität zu fördern.

Damit kann ich mich nicht anfreunden. Eine blöde Aktion bleibt eine blöde Aktion. Wenn man den Spielern angewöhnt, dass sie mit jedem Scheiss durchkommen, werden die Abenteuer/Missionen/Questen zur Farce. Irgendwie kommt mir dabei "Lowered Expectations" in den Sinn.
Allerdings würde ich da mal vielmehr nachfragen, warum die Spieler jetzt auf diese Idee kommen. Denn offensichtlich haben sie irgendwas ganz anders aufgefasst, als von mir beabsichtigt, und das ist dann ein OOC-Kommunikationsfehler, den es OOC zu beheben gilt.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 11.11.2008 | 12:13
Allerdings würde ich da mal vielmehr nachfragen, warum die Spieler jetzt auf diese Idee kommen. Denn offensichtlich haben sie irgendwas ganz anders aufgefasst, als von mir beabsichtigt, und das ist dann ein OOC-Kommunikationsfehler, den es OOC zu beheben gilt.

Eines der grossen Missverständnisse bei Konflikten ist die Annahme, dass es sich um Kommunikationsfehler handelt. Vielmehr liegen den meisten Konflikten unterschiedliche Vorstellungen und Werte zugrunde, die in der Kommunikation dann offenkundig werden. Das wird hier vermutlich ähnlich sein. Es kann also durchaus sein, dass Spieler eine Situation anders eingeschätzt haben, weil der SL etwas missverständlich dargestellt hat oder in seiner Vorstellung bestimmte Details anders sind. Ebenso gut kann es sich aber auch um unterschiedliche Ansichten bezüglich der Umsetzbarkeit von Ideen handeln. Wenn man sich also anmaßt, die Ideen anderer Leute als Blödsinn zu brandmarken, dann kann das die oben beschriebenen Folgen haben.

Andererseits, und da gebe ich Dir vollkommen recht, ist es gefährlich, den Spielern zu leicht zu Erfolgen zu verhelfen. Du nennst das "lowered expectations" und das trifft es ganz gut. Andere würden eher von fühlbaren oder "echten" Herausforderungen oder Konsequenzen von Handlungen sprechen. Das kann ein guter SL durch entsprechende Belohungen bahnen. Regelwerke können das nur unzureichend abbilden und Spieler sind in diesem Zusammenhang zwangsläufig der Willkür des SL ausgesetzt.

Es handelt sich hier aber um eine sehr heikle Balance. Im Spannungsfeld zwischen der Gewährung von Freiheitsgraden sowie der Ermunterung der Spieler zu Aktivität einerseits und der sanften Steuerung von Handlungen sowie der Plausibilisierung von Ursache und Wirkung der fiktiven Realität andererseits bewegen sich gute SL zwangsläufig. Die Qualität solcherlei Balancierens durch den SL kann man dann meinetwegen "Händchen für Situationen" nennen und darunter das Gefühl für die Angemessenheit aus Aktion, Situation und Reaktion verstehen. Die Grenze zum Illusionismus und sogar zum Railroading ist dabei übrigens fließend, weshalb ich die Aufregung über diese Begrifflichkeiten auch noch nie nachvollziehen konnte.

Wenn man all das nicht möchte, kann man alternativ nur dem beispielsweise von Settembrini propagierten Simulationismus samt Zufallstabellenoverkill und dem ganzen, aus meiner Sicht nicht erstrebenswerten Rattenschwanz folgen. Einen Kompromiss gibt es da aus meiner Sicht jedoch nicht.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Feuersänger am 11.11.2008 | 12:59
Zitat
Ebenso gut kann es sich aber auch um unterschiedliche Ansichten bezüglich der Umsetzbarkeit von Ideen handeln. Wenn man sich also anmaßt, die Ideen anderer Leute als Blödsinn zu brandmarken, dann kann das die oben beschriebenen Folgen haben.

Nja, sagen wir mal so, "umsetzbar" ist so manche Idee, nur ob sie auch zielführend oder nicht doch eher kontraproduktiv ist, das ist die andere Frage. Und da halte ich es durchaus für die Kompetenz des SL, darüber zu entscheiden, und keine Anmaßung. Es geht hier - in der harten Ingame-Realität - nicht um Geschmacksfragen, so wie du auch nicht darüber diskutieren kannst, ob unbedingt 2+2=4 sein muss oder vielleicht doch auch sehr kleine Werte von 5 annehmen kann. Kurz gesagt muss man zwischen Fakten und Ansichten unterscheiden. Die Fakten muss man halt zur Not OOC klipp und klar rüberbringen, über die Ansichten kann man dann noch diskutieren.

Freilich soll der SL immer unerwarteten Lösungsansätzen gegenüber aufgeschlossen sein, und nicht auf seinem eigens ausgedachten, einzigen vorgeplanten Ausweg bestehen. Aber die Alternativlösung muss halt auch wenigstens plausibel sein, und nicht nur deswegen unbedingt klappen, weil die Charaktere sonst draufgehen würden (um mal wieder zum eigentlichen Thema zurückzukommen).
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 11.11.2008 | 13:07
Kurz gesagt muss man zwischen Fakten und Ansichten unterscheiden. Die Fakten muss man halt zur Not OOC klipp und klar rüberbringen, über die Ansichten kann man dann noch diskutieren.

Und eben darin besteht unser Dissens. Ich glaube, dass die "harte Ingame-Realität" zu weiten Teilen erheblich softer ist als oftmals und in diesem Fall von Dir behauptet wird. Der Gestaltungsspielraum des SL wird da ganz erheblich und in meinen Augen auch künstlich heruntergespielt. Das Verhältnis von Fakten und Ansichten jedenfalls ist extrem von Ansichten dominiert, was die Spieler den Einschätzungen des SL entsprechend unterwirft. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die den Spielern ausgleichend zur Verfügung gestellt werden können. Am grundlegenden Umstand, nämlich dass der SL für weite Teile der Spielrealität eine alleinige Gestaltungskompetenz hat, ändert das jedoch wenig.

Man kann daraus nun einerseits verkürzend folgern: Spiel nicht mit Arschlöchern. Damit ist dann gemeint, dass der SL sich sozial kompetent zu verhalten und die Interessen der Spieler zu berücksichtigen hat.

Alternativ kann man sozial kompetentes Verhalten aber auch etwas konkreter zu erfassen versuchen. Und genau dazu habe ich oben für das Teilgebiet der Leistungsmotivation der Spieler angesetzt. Ein hat mein diesbezügliches Geseier aus meiner Sicht sehr treffend "Shadowrun-Problem" genannt, weil genau dort die oben genannten Fähigkeiten und Strategien des SL in besonderem Maß gefordert sind :)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Eulenspiegel am 11.11.2008 | 14:47
zum Thema "Aussitzen":
Wieso sitzen die Leute die Sache aus?
Weil sie Angst vor negativen Konsequenzen haben.

Und wen ihr ihnen jetzt sagt: "Wenn ihr nichts tut, dann bekommt ihr auch negative Konsequenzen." ist das eher kontraproduktiv.

Produktiver wäre es, wenn ihr sagt: "Hey, ihr dürft ruhig Fehler machen. Euch passiert nichts. Es ist nicht so wichtig, dass ihr das Richtige tut. Viel wichtiger ist, dass ihr überhaupt irgendetwas tut."
DAMIT bringt ihr die Leute zum handeln.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 11.11.2008 | 14:49
@ Eulenspiegel: Steht nicht genau das bereits oben in, mit Verlaub, etwas elaborierterer und konkreterer Form?
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: TerraNova am 11.11.2008 | 14:53
zum Thema "Aussitzen":
Wieso sitzen die Leute die Sache aus?
Weil sie Angst vor negativen Konsequenzen haben.

Und wen ihr ihnen jetzt sagt: "Wenn ihr nichts tut, dann bekommt ihr auch negative Konsequenzen." ist das eher kontraproduktiv.

Produktiver wäre es, wenn ihr sagt: "Hey, ihr dürft ruhig Fehler machen. Euch passiert nichts. Es ist nicht so wichtig, dass ihr das Richtige tut. Viel wichtiger ist, dass ihr überhaupt irgendetwas tut."
DAMIT bringt ihr die Leute zum handeln.

Leider nein, ich hab es probiert. Was man damit erreicht ist das die Gruppe zwischen "null risiko, kleiner gewinn" und "risiko, aber größerer möglicher Gewinn" wählen kann. Da die Gruppe aber typischerweise als Gemeinschaft agiert, reicht es normalerweise wenn ein Spieler konserativ ist, und "Null Risiko" wählt. Es ist meiner Erfahrung nach als Spieler ziemlich unmöglich, einen riskanten Plan gegenüber einem riskolosen gegen auch nur einen Wiederstand "durchzuboxen". Manchmal habe ich schon das Gefühl, das diese Elfen am liebsten Buchhalter-Ausbildungen gemacht hätten, aber nur im Ranger-College genommen wurden

Oder vieleicht hast du doch Recht. Es ist vertrackt. Einer meiner Zentralpunkte ist es, das die Katastrophe immer da sein muß. Immer als Schatten über der Gruppe schwebt - aber es kann durchaus sein, das jeder "engagierte Plan" besser ist als gar nichts zu tun. Ist es bei mir im Normalfall übrigens auch.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Lord Verminaard am 11.11.2008 | 14:58
Ich glaube, dass die "harte Ingame-Realität" zu weiten Teilen erheblich softer ist als oftmals und in diesem Fall von Dir behauptet wird. Der Gestaltungsspielraum des SL wird da ganz erheblich und in meinen Augen auch künstlich heruntergespielt. Das Verhältnis von Fakten und Ansichten jedenfalls ist extrem von Ansichten dominiert, was die Spieler den Einschätzungen des SL entsprechend unterwirft. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die den Spielern ausgleichend zur Verfügung gestellt werden können. Am grundlegenden Umstand, nämlich dass der SL für weite Teile der Spielrealität eine alleinige Gestaltungskompetenz hat, ändert das jedoch wenig.

Hm. Ich stimme dir zu, dass „harte Fakten“ Mangelware bzw. in vielen Fällen eine Illusion sind, es statt dessen wahlweise um Einschätzungen, dahinter stehende Motive oder auch einfach darum geht, was einem gerade einfällt. Die Schlüsselrolle, die du dem SL zuschreibst, sehe ich in dieser Dramatik aber nicht zwingend. Denn diese entsteht ja nur, wenn man davon ausgeht, dass die Bewertung durch den SL auch wirklich allein maßgeblich ist.

Ich hatte z.B. früher eine relativ hartwurstige Runde, die vorzugsweise in Settings spielte, deren Gesetzmäßigkeiten denen unserer realen Welt angenährt waren, und die relativ viel Wert darauf legte, zu erklären, wie etwas genau funktioniert. In dieser Runde war es eine Selbstverständlichkeit, dass realweltliche Kompetenz der einzelnen Mitspieler auch für die Beurteilung der Spielwelt respektiert wurde.

D.h. wenn die Charaktere sich auf einem Segelschiff befanden, dann war es im Zweifel an mir, zu sagen, wie es da aussieht und was da möglich ist oder nicht. Wenn die Charaktere sich in der Wildnis befanden, waren es unsere Pfadfinder und Bundis, die das Zepter in die Hand nahmen. Und zwar egal wer SL war. Es wäre völlig undenkbar gewesen, dass ein SL sich als letzte Instanz geriert in Angelegenheiten, von denen er nachweislich nichts versteht. Und: Das hat völlig problemlos funktioniert. (Edit/Nachschub: Und teilweise war es da auch durchaus sinnvoll, mal nachzufragen, zu erklären, zu diskutieren.)

Aber vielleicht sollten wir das bei Bedarf auslagern, das wird nämlich reichlich OT.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 11.11.2008 | 15:24
@TerraNova: Schade, das du so spät eingestiegen bist. Du hast mir nämlich gerade einen kleinen Moment der Erleuchtung beschert. Danke! :d
Die Auswirkungen waren mir so noch nicht klar, aber es passt alles zusammen, was du beschreibst. Ich glaube das könnte mein Spielleiten und Spielleiten nachhaltig verbessern. Forenlesen lohnt sich doch immer wieder.

bei erlernter Hilflosigkeit ist ein schöner Begriff von Hamf aufgegriffen worden. Man ist dann als SL gezwungen die Runde in Situationen hineinzumanövrieren, wenn sie aufregendes erspielen wollen. Irgendwann hilft aber selbst das nicht mehr, selbst in den Todesfallen, in die meine Spieler geraten tun sie teilweise NICHTS (Stichwort: "Jungs, das Wasser steigt, wollt ihr nicht mal langsam was dagegen tun?").
Man musst den SL Stil von Grund auf umkrempeln sich stärker auf Szenen fokussieren, die eine eigene Dynamik haben, daß die Spieler merken: Die Welt dreht sich weiter, auch wenn sie nichts tun. Ich glaube vor Jahren hatte ich das mal in unserer Runde aufgebracht, es aber dann aus den Augen verloren, dabei bietet es doch einen schönen Lösungsweg.
Das ist vor allem eine Sache, an der man SELBER viel tun kann (werde das aber trotzdem mit den Spielern durchsprechen) ohne darauf zu warten, daß sich die Spieler eventuell von selber ändern.

das Meiden von Konflikten für die SCs als SL, wie Hamf beschreibt, hab ich mir in den letzten Jahren allerdings abgewöhnt oder entschärfe sie durch Probenserien. Wenn die SCs nicht rechtzeitig aus einem Kampf (oder Gefahr) fliehen oder aufgeben, sterben sie eben. Ausserhalb von Kämpfen gerät man aber immer in die Gefahr als willkürlich zu gelten.

CP Schrieb:
Zitat
Nee. Damit Du Dich in Deinen Charakter fallen lassen kannst, brauchst Du ein Sicherheitsnetz, dass Dich vor den Erlebnissen schützt, die Du nicht machen willst.
Aber versucht nicht z.b. gerade DSA das Spielen eines Charakters durch sehr charakterbezogene Regeln (sprich klassische) zu fördern? Da gibts dann auch kein Player Empowerment oder SceneFraming, dafür darf man aber jedes Bier bezahlen, man tut alles, was der Charakter eben macht. Das nennen sie dann "gutes Rollenspiel".

Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 11.11.2008 | 15:30
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Der Nârr am 11.11.2008 | 15:39
In der Tat habe ich den Begriff sogar von Seligman. War eines der Prüfungsthemen in meiner mündlichen Abiturprüfung Grundkurs Psychologie vor 8 Jahren. Und da sag mal einer, in der Schule lernt man nichts fürs Leben ;D.

[...] Man ist dann als SL gezwungen die Runde in Situationen hineinzumanövrieren, wenn sie aufregendes erspielen wollen. Irgendwann hilft aber selbst das nicht mehr, selbst in den Todesfallen, in die meine Spieler geraten tun sie teilweise NICHTS (Stichwort: "Jungs, das Wasser steigt, wollt ihr nicht mal langsam was dagegen tun?"). [...]
Aufpassen von wegen "in Situationen hineinzumanövrieren" - m.E. ist auch (starkes) Railroading eine Ursache von fehlender Entscheidungskraft. Ich erinnere dich an die 13 Spielabende des Schreckens von Damagers Erben-des-Zorns-Kampagne. Erklärung für die anderen: Wir haben ein DSA-Abenteuer gespielt, ich weiß nicht inwiefern es Schuld des Abenteuers oder des SLs war, aber unsere eigenen Lösungsansätze verpufften regelmäßig wirkungslos und wir waren voll und ganz auf getriggerte Ereignisse und Einflüsse durch NSC etc. angewiesen. Einmal haben wir z.B. lauter Bauern usw. befragt nach einer Novadihorde, die Leute der Umgebung entführten, wir konnten aber garnichts herausfinden, wir mussten einfach nur Zeit totschlagen bis es dann endlich eines Abends in der Taverne zur Begegnung mit einem NSC kam, der das "Abenteuer" dann endlich weiter führte (weil dieser NSC natürlich wusste, wo die Novadis sind). Da lernte man also konsequent, dass eigenes Handeln sowieso nichts bringt, wir waren den Eisenbahnlinien dieses Abenteuers völlig ausgeliefert. Es wurde wenn dann auch immer alles zu uns herangetragen (es hat uns z.B. niemand gesagt "Hey, geht doch mal zu dem da, der weiß das", man stößt dann halt irgendwann durch ein festes Ereignis darauf.). Diese 13 Spielabende des Schreckens haben mir jedenfalls massiv veranschaulicht, wie ich nie wieder spielen möchte.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 11.11.2008 | 15:41
hatte ich schon längst nacheditiert aber trotzdem danke ;)
siehe oben.
Ein Wort ist aber auch keine so große denkerische Leistung. Bravo Seligmann  :smash:

@Hineinmanövrieren: ich sagte ja es ist fatal.

Jetzt muss mir nur nochmal einer erklären wo der Unterschied zu einer Katastrophalen Konsequenz bei nicht handeln ist und einer Rücken-an-der-Wand-Szene wie "Die Räuber springen aus dem Busch und greifen euch an, kämpft, gebt auf oder sterbt".

Sprich, ich weiss nicht, wie ich das als SL vermeiden soll und die Spieler trotzdem zum Handeln zwingen.

auch unterstützt Kinshasa grob gesagt auch dümmere Aktionen, so daß den Spielern klar ist, daß nicht alles schlimm ausgeht, was sie tun (was sie ermunternd mehr zu tun) und Terra Nova genau davor warnt dies zu tun. Wer hat nun Recht?
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 11.11.2008 | 15:50
Ein Wort ist aber auch keine so große denkerische Leistung. Bravo Seligmann  :smash:

Hinter Schlagworten stehen aber manchmal auch etwas umfangreichere Konzepte. Siehe beispielsweise hier (http://de.wikipedia.org/wiki/Erlernte_Hilflosigkeit)  ;)

Ansonsten:
auch unterstützt Kinshasa grob gesagt auch dümmere Aktionen, so daß den Spielern klar ist, daß nicht alles schlimm ausgeht, was sie tun (was sie ermunternd mehr zu tun) und Terra Nova genau davor warnt dies zu tun. Wer hat nun Recht?

Erst einmal ist es eine Frage der Beurteilung, wann eine Aktion dumm zu nennen ist. Der SL sollte vorsichtig sein, sich da über den Kopf des Spielers hinweg ein Urteil zu bilden. Außerdem hängt es stark von der Situation ab, wie mit Vorschlägen von Spielern umzugehen ist. Generell hatte ich nur dazu angeraten, Aktionen von Spielern positiv zu verstärken und nicht zu bestrafen. Und ein SL, der sich situationsübergreifend Spieleraktionen anmaßt beurteilen zu können, wandelt in einer intellektuell homogen besetzten Gruppe nach meinem Eindruck auf sehr dünnem Eis.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 11.11.2008 | 15:51
achnee, hätte ich jetzt nicht gedacht :)
hatte meinen Post oben grad noch ergänzt
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Eulenspiegel am 11.11.2008 | 15:59
Es ist meiner Erfahrung nach als Spieler ziemlich unmöglich, einen riskanten Plan gegenüber einem riskolosen gegen auch nur einen Wiederstand "durchzuboxen".
Was verstehst du unter "Risiko"?
Und wieso Plan durchboxen?

Bei uns läuft das so ab:
Zwei Spieler streiten sich darüber, welcher der beiden Pläne nun der bessere ist.
Spieler 3 hört sich das ganze maximal drei Minuten an. Wenn sich die beiden Spieler dann immer noch nicht geeinigt haben, geht Spieler 3 dann einfach auf eigene Faust los und versucht etwas. (Spieler 3 hat zwar nicht den optimalen Plan. Aber im Gegensatz zu Spieler 1 und Spieler 2 erntet er jetzt die Spotlight.)

Das sorgt dann dafür, dass mehr gehandelt und weniger geplant wird. (Weil beim nächsten Mal werden sich Spieler 1 und Spieler 2 nicht streiten, sondern sich schnell einigen, damit Spieler 3 nicht schon wieder vorstürmt.)

Wichtig ist halt, dass Spieler 3 ingame nicht bestraft wird, weil er eine dumme Handlung begeht, sondern dass er belohnt wird, weil er durch seine Aktion den Streit zwischen Spieler 1 und Spieler 2 beendet.

Zitat
Manchmal habe ich schon das Gefühl, das diese Elfen am liebsten Buchhalter-Ausbildungen gemacht hätten, aber nur im Ranger-College genommen wurden
Ja. Das kommt aber nur daher, dass sie Angst haben, dass ihr Plan fehlschlägt.

Sage ihnen das nächste Mal: "Egal wie dämlich euer Plan ist: Wenn ihr euren Plan innerhalb von 2 Minuten umsetzt, verspreche ich euch, dass er nicht fehlschlägt."
Und ich verspreche dir, dass musst du nur ein paar Mal tun und der Elfenspieler lässt ganz von alleine von seine Buchhalter-Allüren ab.
Diese Buchhalter-Eigenschaft tritt nur auf, weil der Spieler Angst hat, dass etwas schieflaufen kann. Nehme ihm diese Angst und du nimmst ihm seine Buchhaltergesinnung.

@ Falcon
Hast du dir schonmal Gedanken gemacht, wieso deine Spieler diese Hilflosigkeit erlernt haben?
Du hast selber gesagt: "Wenn sie nicht rechtzeitig aus Kämpfe fliehen, dann sterben sie."
Die logische Konsequenz ist es, sich gar nicht erst auf Kämpfe einzulassen, sondern sie zu umgehen.
Wenn alle Wege weiterzukommen jetzt aber riskant sind, dann ist die logische Konsequenz also, nichts zu tun. (Beispiel: Wir müssen in die Burg: Entweder wir kämpfen gegen die Burgwachen, dann können wir sterben. Oder wir klettern die Burgmauer hoch, dann können wir runterfallen und sterben. Oder wir schwimmen in den Hafen, dann können wir ertrinken. Oder wir geben uns als eine Gauklertruppe aus, dann könnten wir entdeckt werden, im Gefängnis landen und hingerichtet werden. Oder wir holen Verstärkung, dann passiert uns nichts.)

Wenn du ihnen jedoch sagst, dass es egal ist, was sie tun,  und dass sie im schlimmsten fall scheitern und davongejagd werden, dann animierst du sie auch dazu, nicht zu planen, sondern zu handeln.

Es gibt halt zwei Möglichkeiten:
1) Entweder gut Pläne
2) oder kurze Planungsphase.

Beides zusammen wirst du unmöglich schaffen. Du musst also für dich selber (oder besser zusammen mit der restlichen Gruppe) überlegen, was euch wichtiger ist: Wollt ihr lieber eine kurze Planungsphase oder wollt ihr gute Pläne entwickeln?
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: TerraNova am 11.11.2008 | 16:04
Jetzt muss mir nur nochmal einer erklären wo der Unterschied zu einer Katastrophalen Konsequenz bei nicht handeln ist und einer Rücken-an-der-Wand-Szene wie "Die Räuber springen aus dem Busch und greifen euch an, kämpft, gebt auf oder sterbt".

Sprich, ich weiss nicht, wie ich das als SL vermeiden soll und die Spieler trotzdem zum Handeln zwingen.

Wenn ichs wüsste wäre ich ein besserer Spielleiter. Ich versuche mich an ein  paar Regeln beim Abenteuerschreiben zu halten, aber am ende läuft es doch meistens darauf hinaus, das ich was ich habe scharf spiele, und mir selbst so wenig "Schummelraum" erlaube wie den Spielern. Beides soll dazu dienen, das ganze organischer zu machen, und die Kontraste schärfen. Es funktioniert... bescheiden, ist aber das beste "Konzept" das mir bisher kam.

Was das Schreiben angeht:

Es muß nicht der Rücken zur Wand sein, aber ein Episode muß ein Abenteur im eigentlichen Wortsinn sein. Also zumindest eine Situation, in der irgend etwas, was die Charaktere betrifft in der Krise hängt. Man kann zwar nicht immer "Ihr wollt doch nicht, das XYZ unter geht" spielen, aber es ist viel einfacher Bestand zu bedrohen, als Gewinn anzubieten. Es gab da glaube ich auch irgendeine psychologische These zu, die besagt das Menschen poteniellen Verlust viel höher berechnen als Gewinn, aber da bin ich nicht qualifiziert viel zu zu sagen.

Wichtiger noch, es muß überschaubar sein, Auftakt und Abschluß bieten. Ein guter Bekannter von mir leitet eine Space: 1889 Runde. In dieser befindet sich die Gruppe momentan auf einer "neue Horizonte" Expedition zum Ganymede, und... wir haben eine lange, teils zähe masse von Szenen, die zwar zusammen hängen, aber jeweils keinen wirklichen Abschluß finden. Geschichten, die ewig brauchen um Konsequenzen zu zeigen motivieren nicht. Ich versuche so zu planen, das spätestens am nächsten Spielabend Gewinn oder Verlust realisiert wird.

Was das Schummeln angeht:

Sicher mag es eins ums andere mal verdammt verlockend sein, einem Spieler einen Rettungsring zu zu werfen, insbesondere wenn man an einer Stelle ist, wo ein Fehlschlag dir nun so gar nicht in dein Konzept herein passt. Ich versuche es nicht mehr zu tun. Was hat der Spieler davon, von "Gott" gerettet worden zu sein? Er fühlt sich vieleicht im ersten Moment froh, noch mal entkommen zu sein, aber auf lange Sicht nimmt er mit nach hause, das es kein Risiko gibt, sondern das er rein von den Gnaden des SL abhängt. Nichts killt Drama noch besser als diese Plüschgefütterte Bahnschiene. Die würfel liegen wie sie gefallen sind, und das vorzugsweise in der Mitte des Tisches.

Gleiches gilt für NPCs, Investitionen und ähnliches. Sicher, man mag die Story um die unglücklich in den Schurken der Gruppe verliebten Prinzessin noch so sehr mögen. Wenn dieser Schurke nicht proaktiv um sie kämpft, wird sie trotzdem an den schmierigen Kronprinz vom Nachbarreich verschachert. Wenn du anfängst deine NPCs und Storylines gegen die Spieler abzuschirmen (ob nun ihren Erfolg oder ihren Misserfolg) zeigst du meines Erachtens vor allem, das nicht was die Spielerschaft tut zählt, sondern was du willst.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: TerraNova am 11.11.2008 | 16:11
Was verstehst du unter "Risiko"?
Und wieso Plan durchboxen?

Bei uns läuft das so ab:
Zwei Spieler streiten sich darüber, welcher der beiden Pläne nun der bessere ist.
Spieler 3 hört sich das ganze maximal drei Minuten an. Wenn sich die beiden Spieler dann immer noch nicht geeinigt haben, geht Spieler 3 dann einfach auf eigene Faust los und versucht etwas. (Spieler 3 hat zwar nicht den optimalen Plan. Aber im Gegensatz zu Spieler 1 und Spieler 2 erntet er jetzt die Spotlight.)

Es läuft in der "schlimmsten" Gruppe dann normalerweise so ab, das Spieler 3 versucht einen Kompromiss zu vermitteln, die Spielerschaft stundenlang diskutiert, und schließlich sich der Plan, gegen den am wenigsten überhaupt zu sagen ist (meistens irgendeine Problemvermeidungs-strategie) gewählt wird. Währenddessen staut sich zunehmend animosität zwischen den Spielern und auch gegenüber dem SL, der nicht die klar überlegene Strategie im Handstreich einsetzt auf.

Endergebnis ist typischerweise das irgend etwas halbherzig angegangen wird, und das kleinste Anzeichen eines Problems dazu genutzt wird, zu hadern wieso man dieses unausgegorenen Mist überhaupt versucht hat.


Das sorgt dann dafür, dass mehr gehandelt und weniger geplant wird. (Weil beim nächsten Mal werden sich Spieler 1 und Spieler 2 nicht streiten, sondern sich schnell einigen, damit Spieler 3 nicht schon wieder vorstürmt.)

Wichtig ist halt, dass Spieler 3 ingame nicht bestraft wird, weil er eine dumme Handlung begeht, sondern dass er belohnt wird, weil er durch seine Aktion den Streit zwischen Spieler 1 und Spieler 2 beendet.
Ja. Das kommt aber nur daher, dass sie Angst haben, dass ihr Plan fehlschlägt.

Sage ihnen das nächste Mal: "Egal wie dämlich euer Plan ist: Wenn ihr euren Plan innerhalb von 2 Minuten umsetzt, verspreche ich euch, dass er nicht fehlschlägt."
Und ich verspreche dir, dass musst du nur ein paar Mal tun und der Elfenspieler lässt ganz von alleine von seine Buchhalter-Allüren ab.
Diese Buchhalter-Eigenschaft tritt nur auf, weil der Spieler Angst hat, dass etwas schieflaufen kann. Nehme ihm diese Angst und du nimmst ihm seine Buchhaltergesinnung

Damit zerstörst du IMHO sowohl die Suspension of Disbelief, und förderst destruktives Spiel. Wenn wir einen reinen Powertrip spielen wollten, wo nichts schlimmes je passieren kann, hättest du recht. Aber selbst in Kinderserien haben dumme Entscheidungen unangenehme folgen - oder zumindest in der Gummibärenbande hatten sie es. Reines Schnellziehen von Aktionen belohnen würde aber genau das Gegenteil bedeuten.

Ich zumindest würde mich um jedes Erfolgserlebnis betrogen fühlen, wenn ich explizit oder implizit mitgeteilt bekäme, das ich machen kann was ich will, und auf jeden Fall erfolg habe. Ich kann mich nicht davon freisprechen, dann auch bewußt "Scheiße zu bauen", einfach aus Trotz.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 11.11.2008 | 16:21
Ich habe, wiegesagt beides Versucht:
- völlige Spielerfreiheit, Probleme werden durch die Spieler konfrontiert => die Spieler tun nichts.
- Konflikte geschehen von alleine, ziehen die Spieler hinein und nötigen sie zum Handeln => Railroading, die Spieler tun vorher ebenfalls nichts, weil die Konflikte ja schliesslich von allein geschehen werden, innerhalb der Konflikte dann kurzfristig Aktivität  (in Schlimmen Fällen aber auch Starre).

Eulenspiegel schrieb:
Zitat
Hast du dir schonmal Gedanken gemacht, wieso deine Spieler diese Hilflosigkeit erlernt haben?
Du hast selber gesagt: "Wenn sie nicht rechtzeitig aus Kämpfe fliehen, dann sterben sie."
Natürlich hab ich mich das gefragt. Terra Novas Post war da auch sehr erhellend, aber in diesem Räuberbeispiele HABEN sie ja Optionen (sie können fliehen, sie können aufgeben oder gut kämpfem) und wenn sie NICHTS tun passiert etwas schlimmes.
Klar, wenn sie nichts tun, weil sie wissen, daß irgendwann Räuber kommen (weil sie den SL gut kennen) ist das natürlich blöd, aber irgendeine Seite der Konflikte muss ja  auf die andere zugehen. Die Spieler haben ja erstmal keinen Grund, der Konflikt muss immer zuerst da sein (das kann auch ein persönliches SC Ziel sein, in dem Fall war der "Konflitk" auch schon da, bevor die Spieler handeln).

TN schrieb:
Zitat
aber es ist viel einfacher Bestand zu bedrohen, als Gewinn anzubieten.

ich versuche die Konsequenzen so akut wie möglich einzubringen (Sie machen mist bei der Geiselübernahme? => Die Geisel wird erschossen. Sie gehen nicht zu der Geiselnahme? => die Geisel wird erschossen), Spieler haben kein langes Gedächtnis aber den Verlust von Bestand kann ich auch bestätigen:
Im vorletzten Abenteuer hat unser Krieger in Iron Kingdoms sein teures Schwert verloren (es wurde ihm unfreiwillig abgenommen). Das hat ihn echt gewurmt und er fragt mich ständig, wann er es denn wieder kriegen würde. Das habe ich ihm dann in Aussicht gestellt, ich glaube mit dem Verlust wäre sein Spielspass sonst nicht fertig geworden. Dasselbe ist aber meinem GunMage passiert und ich finds toll.

Eulenspiegel (und Kinshasas?) Methode "Es geht immer alles gut" hat aber auch ein paar Pro Argumente.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Merlin Emrys am 11.11.2008 | 16:28
Wenn die Gruppe davon ausgeht, "dick mist bauen" zu müßen, ehe diese Konsequenzen am Horizont auftauchen, dann wird sich eine Kultur des Aussitzens etablieren. Man belohnt effektiv, nicht zu handeln, denn durch falsches Handeln kann es zur Katastrophe kommen, während sich so wenig wie möglich bewegen sicher ist - der SL kann keinen dicken Fehler finden, und wird deshalb nicht die Gruppe dezimieren.
Nein, die effektive Belohnung ist ja, handlungsfähig zu sein und gestalten zu dürfen. Wer bei uns das nicht tut, verzichtet auf das, was er selbst möchte - was schon aus Gründen der Plausibilität keiner tun würde. Aber damit entfällt die Notwendigkeit anderer "Daumenschrauben". Und daß die Charaktere bitte keinen groben Unfug machen sollen, kann man im Vorfeld oder einem Moment außerhalb der Spielzeit sagen, dazu braucht man mE keine "Drohmittel".

Oder vieleicht hast du doch Recht. Es ist vertrackt. Einer meiner Zentralpunkte ist es, das die Katastrophe immer da sein muß. Immer als Schatten über der Gruppe schwebt - aber es kann durchaus sein, das jeder "engagierte Plan" besser ist als gar nichts zu tun. Ist es bei mir im Normalfall übrigens auch.
Ich bin der Ansicht, daß Katastrophen besser nur im Ausnahmefall auftreten  - aber warum es im Normalfall besser ist, einen engagierten Plan auszuführen, kann ich für mich einfach beantworten: Die Charaktere wollen und sollen ja Spuren in ihrer Welt hinterlassen! So ungerecht das gegenüber allen fiktiven NSCs auch sein mag, die SCs haben einen Vorteil gegenüber ihnen, sie sind SCs und damit etwas besonderes. Und darum können sie auch Wege gehen, die nicht risikolos sind. Aber, um es nochmal zu betonen: Dafür braucht es keine Zwangsmittel. Wenn die Spieler spielen wollen, dann ergibt sich das mE völlig von alleine - solange man sie nicht ängstigt! Natürlich mag es einfacher sein, Verlust anzudrohen, als Gewinn in Aussicht zu stellen, aber es wird schnell fad, und irgendwann ist auch nichts mehr da, was man ihnen noch abnehmen könnte. Ich ziehe es vor, irgendeinen (bevorzugt nichtmateriellen) Gewinn auszugeben: Manchmal nur ein "Danke" oder eine nette Begegnung, manchmal die Befriedigung von Neugier, manchmal, die Welt (zuindest in einem kleinen Punkt) geändert zu haben und Spuren auf ihr hinterlasssen zu haben, manchmal nur, nun weiter ungestört seines Weges ziehen zu können. Natürlich lebt das davon, daß die Spieler diese Dinge auch wirklich als "Gewinn" verbuchen - aber hey, das ist doch das Spiel!

1. Spannung kommt auf, wenn die Spieler etwas bedroht sehen, was ihre Charaktere (oder sie AN ihren Charakteren) schätzen, und diese Bedrohung glaubhaft, aktiv und zu einem gewissen grad unberechenbar ist.
Dann kann Spannung aufkommen, aber erstens kann Spannung auch anders erreicht werden und zweitens muß meines Erachtens gerade eine unberechenbare Bedrohung keineswegs die gewünschte Spannung auslösen. Angst und Streß vielleicht, die ja auch "Spannungsmomente" in sich tragen, aber keinerlei positive Spannung.
Deshalb würde ich auf Tudors zweiten Punkt klar antworten: Es gibt einen Zusammenhang, aber man sollte vermeiden, in ihn hineinzugeraten. Angst ist dem Spiel nicht förderlich. Darum plädiere ich auch dafür, obwohl es schwieriger ist, mit Zugewinn zu locken und nicht mit Verlust zu drohen.

Ich habe, wiegesagt beides Versucht:
- völlige Spielerfreiheit, Probleme werden durch die Spieler konfrontiert => die Spieler tun nichts.
- Konflikte geschehen von alleine, ziehen die Spieler hinein und nötigen sie zum Handeln => Railroading, die Spieler tun vorher ebenfalls nichts, weil die Konflikte ja schliesslich von allein geschehen werden, innerhalb der Konflikte dann kurzfristig Aktivität  (in Schlimmen Fällen aber auch Starre).
Vielleicht könnte das ein dritter Weg sein:
- Konflikte locken (man kann etwas tun, etwas ändern, etwas bewegen, etwas bekommen)... und die Spieler lassen sich locken?
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Kinshasa Beatboy am 11.11.2008 | 16:31
Ganz kurz dazu, denn die Diskussion verliert nach meinem Eindruck aufgrund der aus meiner Sicht wenig prägnanten Beiträge den Fokus:

Eulenspiegel (und Kinshasas?) Methode "Es geht immer alles gut" hat aber auch ein paar Pro Argumente.

Deshalb hatte ich ausdrücklich von einer BALANCE gesprochen:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Es handelt sich hier aber um eine sehr heikle Balance. Im Spannungsfeld zwischen der Gewährung von Freiheitsgraden sowie der Ermunterung der Spieler zu Aktivität einerseits und der sanften Steuerung von Handlungen sowie der Plausibilisierung von Ursache und Wirkung der fiktiven Realität andererseits bewegen sich gute SL zwangsläufig. Die Qualität solcherlei Balancierens durch den SL kann man dann meinetwegen "Händchen für Situationen" nennen
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

EDIT: In anderen Worten: Die Spieler müssen einerseits für Aktivität belohnt werden. Andererseits sollen sie aber nicht mit jedem Scheiss durchkommen. Eine gelungene Balance dieser beiden Aspekte ist ein entscheidendes Merkmal guter Spielleiter. Die praktischen Schlußfolgerungen für SL kann man aber nach meiner Ansicht nur ganz schlecht in Internetthreads diskutieren. Da stößt dieses Medium an seine natürlichen Grenzen. Feedback nach Spielrungen ist da erheblich wertvoller.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: TerraNova am 11.11.2008 | 16:38
Und darum können sie auch Wege gehen, die nicht risikolos sind. Aber, um es nochmal zu betonen: Dafür braucht es keine Zwangsmittel. Wenn die Spieler spielen wollen, dann ergibt sich das mE völlig von alleine - solange man sie nicht ängstigt! Natürlich mag es einfacher sein, Verlust anzudrohen, als Gewinn in Aussicht zu stellen, aber es wird schnell fad, und irgendwann ist auch nichts mehr da, was man ihnen noch abnehmen könnte. Ich ziehe es vor, irgendeinen (bevorzugt nichtmateriellen) Gewinn auszugeben: Manchmal nur ein "Danke" oder eine nette Begegnung, manchmal die Befriedigung von Neugier, manchmal, die Welt (zuindest in einem kleinen Punkt) geändert zu haben und Spuren auf ihr hinterlasssen zu haben, manchmal nur, nun weiter ungestört seines Weges ziehen zu können. Natürlich lebt das davon, daß die Spieler diese Dinge auch wirklich als "Gewinn" verbuchen - aber hey, das ist doch das Spiel!

Ich wünschte es wäre so wie du es hier hinstellst. Aber den von sich aus motivierten, proaktiven Spieler, der vor allem eine Leinwand will und ansonsten nicht viel mehr, den kenne ich nicht wirklich real. Eher anzutreffen, ob nun geängstigt oder vor Selbstbewusstsein nur tropfend, ist der Spieler der vom SL erwartet das er eine Episode vorbereitet hat die er erleben kann. In der der SL natürlich auf ihn, seine Pläne und seine vorlieben eingeht, aber die erst mal nicht voraussetzt das er die Feder aktiv schwingt.

Wenn dieser Spielstil wirklich existiert, würde ich ihn allerdings wirklich gerne mal erleben.

EDIT: Kommaflut etwas eingedämmt
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Falcon am 11.11.2008 | 16:45
Ich habe diesen Spielertyp auch noch nie erlebt, glaube aber schon, daß er existiert. In meinen Runden wurden einfach nur die falschen Kampagnen gespielt (fertige Einzelabenteuer und geplotete Kampagnen). Der richtige Stil geht vielleicht wirklich eher in Richtung Explorations/Simulation.

Ich leite mit Belohnungspunkten und Fragebögen nach dem Spielabend. aber es ist ein schleppender Prozess. Was fehlt ist noch die geeignete Kampagne in der man sich austoben kann.

Zitat
Vielleicht könnte das ein dritter Weg sein:
- Konflikte locken (man kann etwas tun, etwas ändern, etwas bewegen, etwas bekommen)... und die Spieler lassen sich locken?
wie kann man sie locken?
Nimm von mir aus deine Spieler und beschreib' mal bitte, was das sein könnte.

@Kinshasa: zu Blance: ok, alles klar.



Ich finde den Thread nebenbei sehr ergiebig.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Eulenspiegel am 11.11.2008 | 17:38
Mal eine Beschreibung, wie ich meine Spieler gelockt habe:
Es gab eine schwere Aufgabe und als Belohnung winkte eine Baronie. Wenn die Spieler die Aufgabe schafften, konnte sich also einer zum Baron befördern lassen und die anderen würden auch wichtige Stellen in der Baronie abbekommen.
(Kurze Zusammenfassung unseres Abends: ja die Spieler haben die Aufgabe erfüllt und haben die Baronie bekommen. - Die Abenteuer, die sich rund um eine eigene Baronie ergeben, sind natürlich ganz andere als die "wir sind heldenhafte Wanderer oder wandernde Helden"-ABs. Aber sie machen auch extrem viel Spaß.)

Ansonsten hilft es, einfach mal outtime die Spieler zu fragen: "Was wollt ihr mit euren SCs erreichen? Was sind so eure Ziele für die sagen wir mal nächsten 5 - 10 Spielabende?"
Und aus diesen Wünschen bastelt man dann ein AB. (In dem Sinne: Wenn sie das AB schaffen, geht ihr Wunsch in Erfüllung. Und wenn sie das AB nicht schaffen, dann nicht.)

Lass die SCs groß größenwahnsinnig werden. Aber mach ihnen auch klar: Desto größer ihr Wunsch, desto schwieriger und länger dauert es, diesen Wunsch zu erreichen.
"So, ihr wollt als Weltherrscher werden? Kein Problem, und was sind eure Zwischenschritte?"
Falls der Spieler das ernst meinte und nicht nur als Gag eingeworfen hat, könnte man dann durchaus eine Kampagne darum spinnen, wie die SCs die Weltherrschaft erringen. (Meistens sind solche größenwahnsinnigen Ziele aber meistens nur als Witze zu verstehen und wenn man nochmal nachfragt, wollen die Spieler lieber ein etwas kleineres Ziel. - Aber prinzipiell spricht auch nichts dagegen, größenwahnsinnige Ziele in Angriff zu nehmen.)

Sag den Spielern auch, dass die Kampagne mit dem Erreichen des Ziels nicht fertig geworden ist, sondern sozusagen nur die 1. Staffel abgeschlossen wurde. Die 2. Staffel dreht sich dann um die Folgen, die aus dem Erreichend es Ziels hervorgehen. (Wenn die SCs politische Macht anstrebten, werden sie in der 2. Staffel sehr viel mit Diplomatie und Intrigen zu tun bekommen. Wenn ein SCs das Herz einer Maid gewinnen wollte, wird es sich in der 2. Staffel wohl um Eheprobleme oder andere Verflechtungen, die rund um die Heirat entstehen, drehen. Wenn ein anderer SC Ruhm&Ehre erlangen wollte und zum Ende der 1. Staffel ein legendärer Schwertmeister geworden ist, dann wird er in der 2. Staffel erfahren, dass Ruhm&Ehre auch Verantwortung nach sich ziehen. etc.)

BTW:
Um alte Spielweisen aufzulockern, empfiehlt es sich, mal 1-2 Spielabende Inspectres zu spielen. (Das Spiel eignet sich nicht unbedingt für Kampagnen. Aber 1 Spielabend Inspectres macht den Spieler quasi mit der Holzhammermethode klar, dass sie nicht passiv sein müssen, sondern sich aktiv für Entwicklungen entscheiden können.)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Feuersänger am 11.11.2008 | 17:39
Sind wir jetzt eigentlich noch beim Thema Charaktersterblichkeit? Ich hab irgendwie den Faden verloren.

Ich versuch mal, oben anzuknüpfen, um nochmal auf die (vermeintlich) "selten dämlichen Aktionen" einzugehen, die schon so mancher SL mit dem Charaktertod ahnden zu müssen geglaubt hat. Ich sage immer, der SL soll sich immer vor Augen halten, dass die Spieler keine Gedanken lesen können, und der von ihm angedachte Ausweg für die Spieler vollkommen abseitig erscheinen kann. Und umgekehrt. Aber ohne jetzt wieder über Fakten und Ansichten diskutieren zu wollen. (Da wurden auch ein paar wichtige Punkte gesagt.)

Um das mal auf konkrete Beispiele anzuwenden: die Party steht unmittelbar vor einem bedrohlichen Encounter. Völlig egal ob das nun hundert Krieger sind oder ein Drache oder ein hundert Meter tiefer Abgrund, der überwunden werden muss: die Spieler können nicht wissen, ob der SL nun vorsieht, dass sie kämpfen oder fliehen oder springen oder einen anderen Weg suchen. Wahrscheinlich spielt man einen Helden in einem heroischen Spiel, das spricht dafür, dass man sich der Herausforderung stellen soll. Aber vielleicht hält es der SL auch für gesunden Menschenverstand, dass man selbstverständlich nicht frontal gegen eine zwanzigfache Übermacht oder einen Drachen kämpft oder über eine absurd breite Schlucht springt.

Ehrlich, wenn es etwas gibt zu den Dingen, die ich wirklich, wirklich hasse, zählt auch die Sorte komischer Typ, der mir irgendwo beim aufgenötigten Schwatz im Spieleladen oder Gamercafé von seiner Gruppe erzählt, und wie die Spieler nur so blöde sein konnten, dies und das zu tun oder zu lassen, sodass er leider leider keine Wahl hatte, als alle zu töten (oder anderweitig in die Scheisse laufen zu lassen, und sei es Durchfall, weil sie das Wasser nicht explizit abgekocht haben, diese Idioten).

Das steckt im Prinzip dahinter, was ich weiter oben im Thread schrieb: solche unterschiedlichen Auffassungen subsummiere ich als "Mißverständnisse". Der SL bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn er sagt "Eigentlich denke ich schon, dass ihr den Encounter packen könnt" oder "Also mal ehrlich, ein Drache ist eine Nummer zu groß für euch" oder "Vielleicht gibt es ja noch eine andere Möglichkeit, auf die andere Seite der Schlucht zu kommen".
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Tudor the Traveller am 11.11.2008 | 17:48
Ich sage immer, der SL soll sich immer vor Augen halten, dass die Spieler keine Gedanken lesen können, und der von ihm angedachte Ausweg für die Spieler vollkommen abseitig erscheinen kann. Und umgekehrt.

Das ist eine wichtige Feststellung. Die Spieler machen in der Regel keine blöden Aktionen. Vorausgesetzt, man spielt ernsthaft. Sie machen Aktionen, die sie gut oder richtig finden. Als SL ist es unter anderem die Aufgabe, den Spielern subtil zu vermitteln, welche Herangehensweisen für eine Herausforderung bestehen. Wenn Angriff! keine Option ist oder sein sollte, weil die Herausforderungen die Fähigkeiten der Spieler klar übersteigt, dann müssen die Spieler das auch checken: Stichwort Zaunpfahl-Wink. Wenn sie es dennoch darauf ankommen lassen, dann müssen sie die Konsequenzen - welche auch immer - tragen. Ob das nun blöd ist, sei dahingestellt. Es ist aber offenbar der Weg, den die Spieler woll(t)en.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: Maarzan am 11.11.2008 | 18:08
Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass nicht Folgen von Handlungen alleine zur rollenspielerischen Fötushaltung führen sondern in der reihenfolge der wahrgenommenen Häufigkeit:
- mangelnde Informationen. Es ist erst gar keine sinnvolle Ein-/Abschätzung der Handlungsoptionen möglcih. Also wird nichts gemacht oder per Zufall.
- überwältigende Risiken. Die Alternativen sind aus Charaktersicht alle mit unübersehbar hohen Risiken verbunden (Es soll ja heroisch werden), die in keinem Verhältnis zum zu erwarenden Gewinn steht, oder der Gewinn ist "Die Welt geht nicht unter, was die Handlungsalternativen natürlich auch einschränkt.
- Die Folge eines Schadensfalls ist immer sofortige und unvermeidliche Verdammnis, was natürlcih die Bereitschaft auch geringere Risiken einzugehen.

Wer noch Probleme mit dem Sterben bzw. den Folgen ihres eigenen Handelns haben ist auf derSpielerseite die Gruppe derer, die scheinbar Rollenspiel als Egokompensationbetreiben. Jeder Rückschlag bzw. Abweichen des Bildes ihres Charakters von ihrem Ideal ist ein Frevel an ihrem Spielspaß und ihrer Storyvision. Aber diese Leute brauchen nicht erst einen Todesfall um eingeschnappt zu sein. Ein nicht unterwürfiger NSC oder ein ebenfalls spotligt beanspruchender Mitspieler reicht.

Charaktersterblichkeit ist einfach nur eine weitere, wenn auch drastische mögliche Folge von Handlungen. Die übergeordnete Frage wäre eher wie sieht es mit der/dem generellen Ansicht/Umgang mit Charakterkompetenz und Spielerverantwortlichkeit wie Einfluss auf deren Ausnutzung aus.
Wirkliche Spannung entsteht dabei für mich nur, wenn ich an der Situationsbildung relevant beteiligt war und nun in erwartungsvoller Ungewissheit der Auflösung meiner Bemühungen harre. Aber ohne differenzierte direkte Folgen wird das nichts.

Ob eine akzeptable Lösung dann Tod sein kann, ist eher ein themen- bzw. geschmacksabhängiger Einfluss, der mit Spannung direkt nichts zu tun hat.
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: 8t88 am 12.11.2008 | 15:11
Thema auf Wunsch von Falcon (Threadsteller) aufgespalten:  Wie erreicht man Spieleraktivität (http://tanelorn.net/index.php/topic,44345)
Titel: Re: Charaktersterblichkeit und Spannung.
Beitrag von: tartex am 13.11.2008 | 09:09
Wenn man sich Actionfilme ansieht, dann sieht man schnell, dass sie davon leben, dass die Protagonisten unsterblich sind. Dies ist auch keine Erfindung der Moderne, wenn man sich quer durch die Heldenepen bewegt sieht man schnell, dass es zu jederzeit überall bei Helden nicht um das Sterben, sondern um das Leiden ging. Das Erleiden und Bestehen von Prüfungen, die normale Menschen gebrochen hätte.

Ich stimme dir da schon zu, aber neben dem Story-Emulationsanteil beim Rollenspiel (der mir persönlich am wichtigsten ist), geht es wohl auch stärker als bei Filmen darum, sich selbst in der Situation zu sehen. Nennen wir das halt Immersion. Und wie der Actionfilm-Held in character nicht weiß, ob er überleben wird (er weiß ja in der Regel nicht, dass er in einem Film ist  ;D ), möchte ich als Spieler eben auch manchmal das Gefühl haben mit meiner Entscheidung (oft unbewußt) zwischen Leben und Tod zu wählen. Für mich ist die Möglichkeit zu sterben Player Empowerment.