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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Ein am 15.01.2010 | 08:54

Titel: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 15.01.2010 | 08:54
Wir diskuktieren gerade gegen im Shadowrun-Channel über die Verbindungen von Shadowrun und Earthdawn, die sehr intensiv waren.

Nun stelle ich mir die Frage, ob solche komplexen Settings eigentlich heutzutage noch 'in' sind oder ob das ein Ding der 90er war?

Die Komplexität des Shadowrun-Settings wurde bereits zweimal runtergeschraubt, einmal mit der Dritten Edition (Curse you, Mr. Mulvihill!) und dann noch einmal mit dem Quasireset der 4. Edition.

Aventurien steht auch sehr in dieser Tradition der komplexen Settings und erreicht da sicherlich mit deutscher Gründlichkeit den ersten Platz.

Und auch die oWoD war sehr gespickt von teils sehr obskuren Referenzen, sowohl zu realweltlichen als auch zu Ingame-Dingen, während mir das bei der nWoD weniger vorkommt (wobei ich die nur flüchtig kenne).

Anderes Beispiel D&D: Die Forgotten Realms wurden über 40 Jahre kontinuierlich weitergeführt, um dann mit dem Release von D&D4 so komplett resettet zu werden, dass man sie kaum widererkennt.

Also, wie seht ihr das? Liegt bei mir da nur eine verzerrte Sichtweise vor, weil ich mich heute weniger auf Kaufprodukte stütze, oder war das wirklich ein Trend?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 15.01.2010 | 09:06
Ich würde unterscheiden zwischen Echter und Scheinkomplexität. Bzw., den Detail - oder Texturgrad nicht mit Komplexität vermengen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: 1of3 am 15.01.2010 | 09:10
Also teilweise hast du sicherlich recht, Ein. Bei den Spielen, die ihren Hintergrund ständig erweitern, kommt natürlich hinzu, dass sie viel umfangreicher sind als das ursprünglich mal geplant war.

Ein Punkt der da mit reinspielt könnte auch die Erwartung sein, dass Informationen besser aufbereitet werden. Ich hab mir z.B. grade mal Myranor ausgeliehen und bin schockiert, dass da keine Kartenausschnitte im Heft sind. Grade wenn man seitenweise über sich verändernde Grenzlinien spricht hätte ich damit gerechnet. Das ist nur ein Beispiel. Generell werden die Texte in Rollenspielprodukten heute eher graphisch aufbereitet, verschlagwortet etc.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xiam am 15.01.2010 | 09:12
Ich könnte mir vorstellen, dass die Rollenspiel Verlage vor dem grundsätzlichen Problem stehen, dass, je komplexer eine Hintergrundwelt ist, es für Neueinsteiger umso schwieriger ist, einen Draht zum SPiel zu finden. Gleichzeitig steigen immer mehr „Alte Hasen“, und damit langjährige Fans, die mit der Entwicklung der Hintergrundwelten mitgewachsen sind, langsam aber sicher aus dem Hobby aus.

Die Verlage müssen also, wenn sie weiter bestehen wollen, Neueinsteiger an das Hobby heranführen. Und das funktioniert wahrscheinlich nicht besonders gut, wenn man von den Neueinsteigern verlangt, sich erstmal eine sich über 20 Jahre kontinuierlich weiterentwickelte Hintergrundgeschichte der Spielwelt einzulesen. Es ist daher für mich naheliegend, dass die Verlage auf die Idee kommen, irgendwann tabula rasa zu machen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 15.01.2010 | 09:17
@1of3
Zitat
Ein Punkt der da mit reinspielt könnte auch die Erwartung sein, dass Informationen besser aufbereitet werden. [...] Generell werden die Texte in Rollenspielprodukten heute eher graphisch aufbereitet, verschlagwortet etc.
Klingt nach Generation MTV.

@Xiam
Zitat
Und das funktioniert wahrscheinlich nicht besonders gut, wenn man von den Neueinsteigern verlangt, sich erstmal eine sich über 20 Jahre kontinuierlich weiterentwickelte Hintergrundgeschichte der Spielwelt einzulesen.
Bei Shadowrun, jetzt mal als Beispiel, waren die ganzen Querverbindungen in Details versteckt. Damit wurden sie nicht notwendig zum Spielen, sondern waren eher Eastereggs, über die man dann und wann stollperte und merkte, dass das Setting einen starken inneren Zusammenhalt hat. Dadurch bekam das Setting auch eine gewisse Authentizität, weil sie die Struktur unserer Realwelt nachbaute.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 15.01.2010 | 09:21
Ich könnte mir vorstellen, dass die Rollenspiel Verlage vor dem grundsätzlichen Problem stehen, dass, je komplexer eine Hintergrundwelt ist, es für Neueinsteiger umso schwieriger ist, einen Draht zum SPiel zu finden. Gleichzeitig steigen immer mehr „Alte Hasen“, und damit langjährige Fans, die mit der Entwicklung der Hintergrundwelten mitgewachsen sind, langsam aber sicher aus dem Hobby aus.

Die Verlage müssen also, wenn sie weiter bestehen wollen, Neueinsteiger an das Hobby heranführen. Und das funktioniert wahrscheinlich nicht besonders gut, wenn man von den Neueinsteigern verlangt, sich erstmal eine sich über 20 Jahre kontinuierlich weiterentwickelte Hintergrundgeschichte der Spielwelt einzulesen. Es ist daher für mich naheliegend, dass die Verlage auf die Idee kommen, irgendwann tabula rasa zu machen.

Ich denke da anders. Tabula Rasa führt eher dazu, das man die Stammkundschaft vergräzt, siehe Vergessene Reiche.
Und für Neueinsteiger könnte vielleicht die Komplexität nicht nur abschreckend, sondern auch verlockend, und damit ein Verkaufsargument sein.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Chiungalla am 15.01.2010 | 09:22
Ich denke der große Vorteil von wenig komplexen Settings ist halt, dass man sich schneller drin zurecht findet.

Die Forgotten-Realms zu Hochzeiten waren ja verdammt toll, aber wenn man da mit Nerds am Spieltisch saß, verstand man oft nur Bahnhof und die Hälfte der Zusammenhänge nicht.

Gleiches passierte mir in der Vergangenheit auch häufig bei Earthdawn, wenn ich Anfänger am Tisch hatte.
Das ist ja auch, wenn man möchte, ein hoch komplexes Setting, und gerade Anfänger hängt man da gerne mal ab.

Zumal heute die Leute mit denen ich spiele halt alle berufstätig sind, und wenig Freizeit haben, und sich kaum jemand die Zeit nimmt sich vollständig in einen Hintergrund einzulesen. Da ist die Komplexität dann kein Vorteil mehr, sondern eher eine Barriere, die es zu überwinden gilt, um voll am Spiel teilnehmen zu können.

Spielt man ein System über kurze Zeit mit wenig engagierten Spielern, dann ist Komplexität ein großer Nachteil.
Spielt man Systeme über 10 Jahre mit Hardcore-Nerds, dann kann sie sehr bereichernd sein.
Denke aber mittlerweile gibt es beim Rollenspiel eher etwas wie die "serielle Monogamie" im Beziehungsbereich, viele kurze Runden auf die häufig entweder ein System- oder Gruppenwechsel (oder beides folgt). Und dafür sind komplexe Systeme halt nicht das richtige.

Ich investiere gerade richtig massiv viel Arbeit um das komplexe Setting von Earthdawn über Handouts, Zusammenfassungen und Tagebücher für meine Gruppe wenigstens in Teilen leicht zugänglich zu machen. Weil ich Earthdawn einfach liebe. Aber ohne den Aufwand hat man oft das Problem, dass die Spieler sich in der komplexen Welt verloren fühlen, und man als SL fast alleine für die Atmosphäre sorgen muss. Zu mindestens meiner Erfahrung nach.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xemides am 15.01.2010 | 09:32
Moin,

also ich bevorzuge komplexe Settings mit viel Details zu den Kulturen. In denen will ich auch über Jahre hinweg spielen und nicht nach einem 3/4 Jahr das Setting wechseln.

DSA hat mich lange Zeit eher abgeschreckt, weil ich Aventurien für langweilig hielt (Vor Borbarad), Midgard habe ich lange Zeit gespielt ohne mich für die mir zu erdnahe Welt zu interessieren.

Mein Favorit war immer Glorantha mit seiner Komplexität.



Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xiam am 15.01.2010 | 09:37
Ich denke da anders. Tabula Rasa führt eher dazu, das man die Stammkundschaft vergräzt, siehe Vergessene Reiche.
Und genau da stellt sich eben die Frage, wie wichtig die alte Stammkundschaft für das Geschäft tatsächlich ist.

Mal ganz ehrlich, wieviel Geld hast du in den letzten Monaten in neue Rollenspielregelwerke bzw. Zusatzregelwerke investiert? Ich selbst habe im letzten Jahr - wenn es hoch kommt - vielleicht mal gerade so... 10 Euro im Rollenspielladen meines Vertrauens gelassen. Und was investiert ein Neueinsteiger in den ersten Monaten?

Der Großteil der "Alten Hasen" kauft mit der Zeit immer weniger, erstens, weil man massenhaft Material, mit dem man noch jahrelang spielen kann, im Regal stehen hat und zweitens, weil man auch - anders als vielleicht in jungen Jahren - nicht mehr jeden Hakenschlag einer Hintergrundwelt mitmachen muss/will. Mir persönlich fehlt auch aus beruflichen und privaten Gründen die Zeit, immer auf der Höhe der Entwicklung zu bleiben, also bin ich schon vor Jahren aus der aktuellen Entwicklung ausgestiegen und haben so gut wie nichts mehr nachgekauft.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Zwart am 15.01.2010 | 09:59
Du unterschätzt den Sammeltrieb.
Ich habe im letzten Jahr für...weiß nicht...500€(??) Zeug gekauft.
Das allein ist schon mehr als ich je brauchen werde, geschweige denn bespielen kann (bei einigen bezweifle ich sogar das ich es lesen werde), aber gekauft habe ich es dennoch.
Sicher treibt das nicht jeder so wie ich, aber gerade bei den großen Systemen wird einfach alles auf gekauft. Die Stammspieler sind meiner Meinung nach einer der wichtigsten Kundengruppen. Deshalb gehen viele Setting ja so in die Breite und die Tiefe, weil die Leute immer mehr kaufen wenn sie einmal überzeugt sind.
Sogar bei Savage Worlds Hellfrost, einem System das sonst nur auf Regelwerk und einem Settingband besteht, scheint sich das herumgesprochen zu haben. So wird jetzt das Setting auf drei Bände aufgeteilt statt nur auf einen und ich könnte mir vorstellen das auch noch zu jedem Landstrich ein eigener Band kommt, genau wie es bei DSA im Moment ist. Da steckt einfach mehr und sicheres Geld drin.

EDIT: Deshalb werden komplexe Setting auch immer "in" bleiben, denn sie werden von den Verlagen forciert. Um da mal einen Bogen zum Thema zurück zu schlagen. ;)
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 15.01.2010 | 10:02
Sicherlich richtig, aber bitte zurück zum Thema.

Zwart, mich würde deine Einschätzung als Vielkäufer interessieren: Sind Settings heutzutage weniger komplex, also vor allem im Sinne von Referenzen und verteilten Informationshäppchen?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Zornhau am 15.01.2010 | 10:05
Glorantha ist ja DAS Paradebeispiel für eine zwar seit Jahrzehnten in Breite und Tiefe fortgeschriebene Spielwelt, aber auch für eine, die nahezu UNZUGÄNGLICH ist, wenn man nicht wirklich VIEL Zeit in Vorbereitung (und VIEL Geld in den Erwerb der Publikationen mit den zugehörigen Informationen) stecken möchte.

Glorantha ist in "Häppchen" für unterschiedliche Regelsysteme, in unterschiedlichen Verlagen, in unterschiedlicher Darstellungsweise präsentiert worden, wobei ein "Big Picture" zwar mit dem Glorantha-Band für HeroWars existiert, welches aber VIEL ZU GROB für das konkrete Spielen ist, während z.B. der aktuelle Sartar-Band nur genau EINE Region herauspickt, dafür aber ALLE NACHBARREGIONEN nahezu ignoriert, was das Spielen in der Sartar-Region auch wiederum erst möglich macht, wenn die Nachbarregionen, die ja Sartar in weiten Teilen unter Besatzungsrecht halten, beschrieben sind.

Wie man es dreht und wendet: Wer nicht schon seit Anfang der 80er bei Glorantha "am Ball" geblieben ist, dem nutzen aktuelle Produkte zu dieser - wie ich finde SEHR faszinierenden Spielwelt - einfach nichts.

Man bekommt als EINSTEIGER in dieses Setting  so gut wie KEINE Unterstützung.

Als Spielleiter sitzt man vor einem zu knappen Buch oder vor einem BERG an uralten, alten, neueren, und neuesten Publikationen, und weiß nicht, wo anfangen.

Und wie man solch ein Setting den SPIELERN erschließen kann, die ja in das Setting passende Charaktere erschaffen und spielen wollen, ist auch noch offen (hier versucht der neue Sartar-Band wenigstens einen zugänglicheren Ansatz zu bieten, als dies die HQ/HW-Bände zuvor taten).



Auch andere Settings sind schwer zugänglich. - Man darf nicht vergessen, daß bei aller Freude sich als "Weltenschöpfer" auszutoben, für ein Rollenspielsetting die WESENTLICHE Anforderung ist, daß dieses auch IM SPIEL Verwendung finden soll.

Dazu müssen die Spieler ihre Charaktere bauen können und der Spielleiter den Spielern die Welt spielen können.

Und hier tut man sich mit Settings, die nur einen SPIELBAREN TEIL der Welt mit der sofortigen spielerischen Einstiegsmöglichkeit darbieten, einfach leichter. - Das Setting kann dann später immer noch "wachsen", aber man sollte eben GLEICH darin spielen können, nicht erst nach einem Studium von mehreren Semestern Aventuristik oder Gloranthagraphie.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 15.01.2010 | 10:07
Stimmt, Glorantha ist echt eine harte Nuss. Ich habe es immer wieder mal probiert einen Einstieg zu finden, aber es verhält sich genau, wie du es beschreibst, Zornhau.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Boba Fett am 15.01.2010 | 10:07
Tendenziell denke ich, geht der Weg in Richtung "keep ist simple", weil die alten Rollenspieler durch Einbindung in Beruf und Familie schlicht weniger Zeit für das "sich mit Rollenspiel beschäftigen" haben, und die "neuen Rollenspieler" durch "in WoW brauch ich auch keine langen Leseorgien" verwöhnt sind.
Die Bereitschaft zur Einarbeit in komplexere Settings schwindet.

Außerdem kommt ja auch wenig neues, dass wirklich innovativ und komplex ist.
Die wenigen Ideen für Settings, wo es mal "erfrischen anders" ist, haben meistens nicht genug Ausdauer-Potential, um wirklich Komplexität zu entwickeln. Insbesondere, wo der Trend zu One-Shots und Mini-Kampagnen geht.
Wozu einen dichten Hintergrund ausarbeiten, wenn die Welt nach 10 Abenteuern wieder wechselt?
Selbst WotC wechselt die "main" Settings. D&D 3.0 hatte Greyhawk und Forgotten Realms. Bei 3.5 war es dann FR & Eberron, D&D 4 soll jetzt dieses Jahr wieder Dark Sun bekommen (auch wenn die alten Settings noch Campaignsets bekommen, der full-support geht immer auf etwas anderes)...

Dann kommt noch dazu, dass wir heute eine viel größere Auswahl besitzen, sich also die Spieler auf viel mehr Settings aufteilen.
Die meisten alten "dichten" Settings sind in ihrer Komplexität historisch gewachsen. Weniger Spieler impliziert auch "weniger Bedarf an Inhalt" bzw. weniger Potential für Quellenbücher.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Waldgeist am 15.01.2010 | 10:11
Ich erlebe gerade mit Paizos Golarion (das Pathfinder-Setting), wie sich immer dichter werdende Details auf Companions, Chronicles, Modules und Adventure Paths verteilen. Wer da nicht am Ball bleibt, wird sicherlich auf kurz oder lang den Überblick verlieren. Also so gesehen, sind "komplexe" Settings immer noch in.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 15.01.2010 | 10:18
Mal ganz ehrlich, wieviel Geld hast du in den letzten Monaten in neue Rollenspielregelwerke bzw. Zusatzregelwerke investiert? Ich selbst habe im letzten Jahr - wenn es hoch kommt - vielleicht mal gerade so... 10 Euro im Rollenspielladen meines Vertrauens gelassen. Und was investiert ein Neueinsteiger in den ersten Monaten?

Ja, ich gebe deutlich weniger Geld aus als in früheren Jahren, was aber auch daran liegt, das vieles, was heute in den Läden liegt, mich nicht mehr zu packen weiß, sowohl vom inhaltlichen als auch vom ästhetischen. Das meiste, was ich sehe, ist GROTTENSCHLECHT.

Wobei das immer noch nichts mit Komplexität zu tun hat. Nochmal: Detailgrad der Textur ungleich Komplexität.

Und bevor ein anderer auf den Bolzen kommt: Feinkörnige Spielmechaniken und Unmengen von Charakterbauoptionen ungleich Komplexität.

Komplexität ist für mich Reichhaltigkeit -  an echten Entscheidungsmöglichkeiten, harten Fakten, verborgenen Geheimnissen, ablaufenden Entwicklungen, undsoweiter.

Ein Setting, das mich ansprechen soll, muss überquellen von diesen Dingen, und zwar so sehr, das ich auch beim dritten oder zehnten Mal noch nicht tatsächlich alle erfasst habe. Und nicht nur eine romantische Landschaftsstudie oder ein aus Kitsch und Klischees zusammengeklatschtes NDE - Setting ist.

Ein Regelwerk, das mich ansprechen soll, braucht dies nicht unbedingt, es braucht stattdessen WERKZEUGE, die meiner Inspiration Flügel verleihen - wie zuletzt Traveller, MechWarrior II (wohingegen ich Version III ab jetzt auf ewiglich ignorieren werde), AD&D, Mutant Future, Mazes & Minotaurs. Es muss die berühmte "Magic - in - a - Bottle" sein. Es muss mir ermöglichen und erleichtern, für meine Kampagnen meine eigene Komplexität zu erstellen.

Die Vergessenen Reiche unter 4E sind NICHT komplex. Sie wirken wie die Reisebeschreibungen eines Demenzkranken auf Steroiden. Sie sind inhaltlich leer, lieblos, und haben keine inspirative Kraft, man vergleiche es einmal mit "Abenteuer aus den Vergessenen Reichen" aus 2E und dem Kampagnenband der 3E, wo man mit Leichtigkeit komplexe Kampagnen draus hat erstellen können.

Ein weiteres Beispiel für gelungene, wahre Komplexität für ein Setting: Die alten BattleTech - Hausbücher, einen Schatz darf sie nennen, wer sie besitzt. (zum Vergleich: Die Field Manuals waren grottig, die Neuen schaffen es immerhin auf ein "befriedigend").

Wobei diese Dinge natürlich auch nur dann komplex sind, wenn SL und Spieler dies zulassen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 15.01.2010 | 10:23
Das stimmt sicherlich soweit, aber ich möchte noch einmal darum bitten beim Thema zu bleiben. Es geht um Komplexität der Settings by-the-book und nicht im Sinne einer Inspiration zur Komplexität im Actual Play.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: der.hobbit am 15.01.2010 | 10:26
Ich bemerke diese Entwicklung auch, allerdings ist es bei mir einfach die Zeit - hatte man zu Schüler und Studenten Tagen noch die Möglichkeit, sich in ein Setting wirklich hinein zu arbeiten, ist es heute eben nicht mehr möglich, und ich bin froh, wenn ich nicht stundenlanges Hintergrundsstudium betreiben muss, bevor es zur Sache geht.

Dass die MTV Generation nicht mehr dazu in der Lage sei, sich in komplexe Hintergründe einzuarbeiten glaube ich eigentlich nicht. Es gab immer die Idioten mit einer Aufmerksamkeitspanne von 10 Sekunden, die mit einem Grunzer "Titten" und gutturalem Lachen glücklich sind, und solche, die sich völlig in etwas hinein knien. Damals wie heute. Der Untergang des Abendlands wird schon zu lange propagiert.

Vielleicht ist es auch so, dass ein Hintergrund wachsen muss, um Tiefe und Komplexität zu bekommen. Nun kamen gerade zahlreiche neue Versionen heraus (DSA 4 schon etwas her, nWoD, SR4, D&D4 ...) und diese brauchen einige Zeit, bis sie wieder zu alter Größe und Komplexität angewachsen sind, um dann wieder zurecht gestutzt zu werden.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Zwart am 15.01.2010 | 10:28
Zitat von: Ein
Zwart, mich würde deine Einschätzung als Vielkäufer interessieren: Sind Settings heutzutage weniger komplex, also vor allem im Sinne von Referenzen und verteilten Informationshäppchen?
Ich kann da eigentlich nur für DSA sprechen und das wird immer noch ausgebaut.
Sehen wir uns mal an was bis zum Ende der vierten Edition vorhanden sein wird.

- 15 (grüne) Regionalbände die den gesamten Kontinent auf etwa 1800 Seiten beschreiben.
- 7 (rote) Regelbände, mit etwa 1500 Seiten. Wobei auch da noch etwa ein Drittel Hintergrundbeschreibung und ein Buch für SL-Tipps drin steckt und man nicht alle Regeln immer braucht. Ich finde das OK, aber darüber kann man ja bekanntlich geteilter Meinung sein. ;)
- min. 7 (blaue) Mischbände, die noch einmal verschiedene Themen behandeln. Darunter das Meer, den Handel, Dungeons, die Magierakademien Aventuriens, Abenteuer in Städten und wichtige NSC.
- min. 3 intime Bände (wenn sich die Gebetsbücher gut verkaufen auch mehr). Sie sind aufgemacht wie ein Intime-Buch, mit Sepia Filter und jede Mege Flufftext und behandeln Dämonen, Tiere und Gebete bzw. Religion.
- min. zwei Bände/Boxen die historische Epochen behandeln. Zum einen die Kaiser Hal Zeit, die von vielen Alt-Spieler als "die gute alte Zeit" wahrgenommen wird und zum anderen eine Box zu den Dunklen Zeiten Aventuriens

und das alles ohne die Abenteuer zu nennen, in denen man teilweise auch Hintergrundinformationen finden kann und von denen auch fast jeden Monat eines erscheint.

Das ist alles richtet sich nur bedingt an Neueinsteiger denke ich mir. Ich vermute also das für DSA Altspieler und Sammler eine wichtige Kundengruppe sind.

EDIT: Hach...schon wieder das Thema vergessen.  ;D Also äh...ja, was DSA angeht kann es gar nicht komplex genug sein und ist damit wohl "in". :)
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 15.01.2010 | 10:37
Das stimmt sicherlich soweit, aber ich möchte noch einmal darum bitten beim Thema zu bleiben. Es geht um Komplexität der Settings by-the-book und nicht im Sinne einer Inspiration zur Komplexität im Actual Play.

Naja, aber bei manchen Systemen entsteht das Setting und die Komplexität erst, in dem man es verwendet (z.B Traveller, mit freundlichen Gruß an Oliof), während andere Systeme dies eher behindern - es ist also nicht klar zu trennen.

Ich bemerke diese Entwicklung auch, allerdings ist es bei mir einfach die Zeit - hatte man zu Schüler und Studenten Tagen noch die Möglichkeit, sich in ein Setting wirklich hinein zu arbeiten, ist es heute eben nicht mehr möglich, und ich bin froh, wenn ich nicht stundenlanges Hintergrundsstudium betreiben muss, bevor es zur Sache geht.

Dass die MTV Generation nicht mehr dazu in der Lage sei, sich in komplexe Hintergründe einzuarbeiten glaube ich eigentlich nicht. Es gab immer die Idioten mit einer Aufmerksamkeitspanne von 10 Sekunden, die mit einem Grunzer "Titten" und gutturalem Lachen glücklich sind, und solche, die sich völlig in etwas hinein knien. Damals wie heute. Der Untergang des Abendlands wird schon zu lange propagiert.

Vielleicht ist es auch so, dass ein Hintergrund wachsen muss, um Tiefe und Komplexität zu bekommen. Nun kamen gerade zahlreiche neue Versionen heraus (DSA 4 schon etwas her, nWoD, SR4, D&D4 ...) und diese brauchen einige Zeit, bis sie wieder zu alter Größe und Komplexität angewachsen sind, um dann wieder zurecht gestutzt zu werden.

Ich befürchte, Komplexität wurde schon vor langer Zeit (sagen wir, Ende der neunziger?) auf dem Altar verschiedener Götzen geopfert. Es ist halt einfacher, etwas schick und kewl aussehen zu lassen, als tatsächlich Reichhaltigkeit zu liefern. Den pretenziösen Erzählspielern kam das natürlich auch entgegen. -
 
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xemides am 15.01.2010 | 10:41
@Zornhau:

Das Problem bei Glorantha ist nicht die Menge der Information, sondern die Aufbereitung. Wenn man die Information - sicherlich auf 2/3 kondensiert - regelmäßig gesammelt herausbrächte wie es z.B. DSA mit den Regionalspielhilfen macht, bestünde ein besseres Bild über Glorantha als es bisher vorhanden ist.

Noch dazu, wo jede Menge der Infos ja Fanmetrial ist und damit nur halboffiziell ist, selbst vnon den AH Sachen wie Sun County.

Ich gebe jeden Monat ja 50 - 100 Euro für Rollenspiele aus und bemühe m ich auch, das zu lesen. Allerdings verteilt auf die Systeme, die ich aktuell leite oder aus Interesse sammle.

@Boba: Also in meinem Freundeskreis ist kein Trend zu One Shots oder kurzen Kampagnen zu entdecken. Wir spielen über Jahre in einem Setting, auch mit den selben Charakteren. Ich fände es fürchterlich, alle 10 Monate das Setting, System und Charaktere wechseln zu müssen. Da würde mir die Motivation, mich mit dem Charakter zu beschäftigen völlig abhanden kommen.

Trotz Beruf und Ehefrau (die zugegebenermassen selber spielt) nehme ich mir gerne die Zeit, mich mit Settinginformationen zu beschäftigen.

Für mich ist Rollenspiel auch mehr als das Erleben von Abenteuern und heldenhafte Kämpfe. Für mich ist es zum großen Teil auch Kultursimulation. Ich will da in die fremde Welt abtauchen, die Welt erleben. Da gehört ein intensives Studium der Quellenbände einfach hinzu.







Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Yvo am 15.01.2010 | 10:59
Ich denke, dass liegt nicht am Trend, sondern einfach am ALTER (und wieviele Spieler es hat)...

5 Jahre nach erscheinen hatte weder DSA noch Shadowrun eine sonderlich komplexe, detaillierte Spielwelt. Es ist nur verständlich, dass Rollenspiele, die vor 5 Jahren rauskamen und wahrscheinlich auch weniger Spieler haben, nicht so komplex sind, wie Aventurien nach 25 Jahren...

Ich denke schon, dass fast alle Rollenspielverläge einen "Regionalband" oder so rausbringen würden, wenn es einen Markt dafür gäbe...
Aber das braucht Zeit und vor allem müsste das Rollenspiel ein HIT werden...

Ich sehe derzeit kein "aktuelles" Rollenspiel (sagen wir mal ab 2000), das an die Popularität von DSA, D&D oder Shadowrun rankommen könnte und in zehn Jahren bekannter wäre als diese...
(Ähnlich wie ich keine Sci-Fi-Welt sehe, die eine größere Fanbase als Star Wars oder Star Trek bekommen könnte...)

Die aktuellen Settings sind ja nicht schlechter, aber vielleicht gibt es auch ein "Überangebot"... ...früher saßen 100 Leute an DSA, heute sitzen 100 Leute an 20 verschiedenen Rollenspielen/Settings. Das da die gleiche Komplexität nicht erreicht werden kann, ist verständlich...

Ich glaube nicht, dass es da um "in" oder "out" geht...
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 15.01.2010 | 11:10
Bezüglich der 5 Jahre stimmt das bei Shadowrun z.B. nicht. Nach 5 Jahren war die Crossover-Entwicklung bereits auf ihrem Höhepunkt, während die Anfänge, z.B. Harlekin oder Flaschendämon, bereits 1990, also ein Jahr nach der Erscheinung der 1. Edition veröffentlicht wurden.

Hier sieht man denke ich auch einen sehr wichtigen Unterschied zwischen einem Setting, welches bewusst mit Tiefe erdachte wurde (SR/ED, WoD), und solchen, die einfach über die Jahre hinweg gewachsen sind (Forgotten Realms, Aventurien, Glorantha).
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: der.hobbit am 15.01.2010 | 11:17
Aber sind die tiefen Settings wirklich so durchdacht gewesen? Von Anfang an? Ich vermute mal stark, dass das auch einige coole Ideen waren, die einen Hintergrund angedeutet haben, der dann seinerseits wieder eine Eigendynamik entwickelte. ich unterstelle einfach mal, dass da die Autoren einfach bewusst oder unbewusst mehr Hooks ausgestreut haben, die sie später aufgreifen konnten, aber dass sie keineswegs von Anfang an tiefgängig geplant hätten.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 15.01.2010 | 11:21
Sicherlich, aber bereits dieses Einstreuen von Hooks stellt ja schon eine ganz andere Herangehensweise dar, als das gerade anfangs planlose Wachsen z.B. eines Aventurien.

Sprich in dem einen Fall wurden schon vornherein die Anknüpfungpunkte für Zusammenhänge aus der Autorenperspektive gelegt, während in dem anderen Fall sich die Zusammenhänge einfach im Spiel der Redaktionsrunde(n) ergab.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Teylen am 15.01.2010 | 11:48
Nun stelle ich mir die Frage, ob solche komplexen Settings eigentlich heutzutage noch 'in' sind oder ob das ein Ding der 90er war?
Ich glaube das heutzutage einfach Metaplots out sind, weil die uhm 'Jugend' dafuer zu lesefaul ist, ein paar chronische Angst haben bei nem Metaplot was zu verpassen und einige traumatisierte 'Alte' eine Allergie dagegen haben und nun Rollenspiele propagieren die moeglichst wabberig bis an die Grenze der Substanzlosigkeit gehalten sind.

[Etwas ueberspitzt ausgedrueckt  :-X]
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Arbo am 15.01.2010 | 12:04
Komplexität ist für mich Reichhaltigkeit -  an echten Entscheidungsmöglichkeiten, harten Fakten, verborgenen Geheimnissen, ablaufenden Entwicklungen, undsoweiter.

Ein Setting, das mich ansprechen soll, muss überquellen von diesen Dingen, und zwar so sehr, das ich auch beim dritten oder zehnten Mal noch nicht tatsächlich alle erfasst habe. Und nicht nur eine romantische Landschaftsstudie oder ein aus Kitsch und Klischees zusammengeklatschtes NDE - Setting ist.

Ich wollt's gerade ansprechen, weil's irgendwie eine Scheindiskussion ist, nach einem schimärenhaften Begriff zu fragen. Ich musste mich nämlich selbst erstmal fragen, was mit "Komplexität" hier eigentlich gemeint ist ... und stand da vor einem "Rätsel".

Der Punkt ist, dass ich persönlich z.B. auch verschiedene "Fakten" mag. Aber nicht unbedingt "Fakten" im Sinne von "Hier, so iss's!". Eher so, dass verschiedene Aspekte aus verschiedenen Sichtweisen widergespiegelt werden. Das kann dann dem ein oder der anderen in Beliebigkeit abdriften. Aber ich fand z.B. die Charakter-Klassen (Kits) bei "Changeling" ziemlich gut: Da stand dann unten, was die verschiedenen "Kits" über das beschriebene "Kit" denken. Schön finde ich auch, detaillreiche, aber offene Beschreibungen: Statt z.B. von Herrscher XYZ zu schreiben, wäre es mir lieber, von "Herrscher Dynastie XYZ" zu lesen ... oder bestimmten Machtgruppen. Also Dinge, die für ein gewisses Maß an spielweltlicher Kontinuität stehen, gleichsam aber genügend Spielraum für Eigenes lassen. Ich finde das z.B. bei den Midgard-Beschreibungen z.T. (!) gut gelöst. Aber das ist nur meine Sicht. Manch anderer mag beim Lesen der Settings - z.B. Eschar - eher einschlafen. Und andere mögen sich über die drollig-doofen Namen sprichwörtlich den Hals heißer lachen.

Aber wie auch immer ... ich stimme Dir zu: Das Setting sollte schon vor allem inspirierend sein. Sowas wie ein Stichwortgeber. Das bedarf dann m.E. schon einer gewissen Komplexität.

Ob das in aktuellen Rollenspielen oder Settings eine ganz große Rolle spielt, kann ich so nicht sagen ... ich bin da eher ein sehr zurückhaltender Käufer. Mein Eindruck ist aber, dass mehr spezielle Settings existieren und Systeme versuchen, weniger freie Spielräume zu lassen (m.E. bei D&D 4 der Fall). Ich kann mich aber auch täuschen. Inwiefern die neuen - und z.T. speziellen - Settings "komplex" oder nur aufgebauschte Zuckerwatte sind, kann ich nicht sagen. Dazu haben mich zu wenig Settings wirklich angesprochen.

Arbo
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Sashael am 15.01.2010 | 12:32
Ich glaube das heutzutage einfach Metaplots out sind, ...
Ja, Gott sei Dank!
Weil Metaplots einfach bekloppt sind! Und nichts mit Komplexität zu tun haben, sondern mit Verarsche der Spieler. Irgendwelche Heinis drücken mir ihr ureigensten Interpretationen der Hintergrundwelt als Kanon aufs Auge, ohne sich auch nur im Geringsten darum zu scheren, ob irgendjemand den Metaplot einfach nur doof und ätzend findet! Ich will eine Settingbeschreibung, und nicht die Vorgabe, dass im Hintergrund das und das abläuft, no matter what. Metaplots sind versteckte Abenteuerbände, die zum einen auf eine so ungeheure Breite an Publikationen ausgewalzt werden, dass man sie nicht mehr vernünftig bespielen kann und zum anderen die Kreativität der SLs und Spieler einschränkt und gängelt. Und in viel zu vielen Fällen werden Metaplots so schlecht durchdacht, dass zum großen Finale das gesamte Gefüge in lächerliche Trivialität abrutscht. Die beiden besten Beispiele waren Akte X (die letzte Folge der Serie war das Schlechteste, was bis dahin im Fernsehen gezeigt wurde) und die alte WoD (wo die Apokalypse-Bände vier belanglose flache Geschichten ohne Substanz, mit vielen Mary Sues und mit einer besorgniserregenden Tendenz zum Railroading enthielten).

Was definiert eigentlich ein komplexes Setting? Sind ausufernde Beschreibungen von Geographie und Politik komplex? Ist Masse gleich Klasse? Wie sieht es mit der Kreativität der Spieler aus? Gibt ein komplexes Setting einem die Möglichkeit, sich dort auszutoben, oder definiert es sich durch vorgekaute Informationen, ready to play? Was ist komplexer? Jede Menge Hooks & Hints oder viele harte Fakten?
 wtf?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Woodman am 15.01.2010 | 12:40
Das stimmt sicherlich soweit, aber ich möchte noch einmal darum bitten beim Thema zu bleiben. Es geht um Komplexität der Settings by-the-book und nicht im Sinne einer Inspiration zur Komplexität im Actual Play.
Ich glaube da muss man auch 2 Typen von komplexen Settings unterscheden, wenn ich als Beispiel die vergessenen Reiche nehme, die sind im Grunde immer noch ein recht generisches Fantasy Setting und man kann da mit wenig Aufwand spielen wenn man will, oder aber Plots basteln, die von Myth Dranor bis in die Gegenwart reichen und potentiell die Reiche erschüttern. Das Setting ist by-the-book ein komplexes und reichhaltiges Setting, im Spiel ist es aber nur so komplex wie die Gruppe es haben will.
Earthdawn ist auch ein Fantasy Setting, aber kein wirklich generisches, viele Elemente der Welt sind besonders, das fängt bei ein paar speziellen Rassen an, geht über die tief in Setting und Regeln verwobene Magie in all ihren Formen bis hin zu einer Provinz mit relative dicht verwobenen Beziehungen. In dem Setting kann man ohne sich auszukennen nicht wirklich spielen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Yvo am 15.01.2010 | 13:20
Zur Komplexität:
Ich verstehe darunter, so wie in diesem Zusammenhang gefragt wurde, einfach mal "bis ins kleinste Detail beschrieben", wie bei Aventurien, wo jeder bedeutungslose Ritter in Nordmarken bereits einen Namen und Haarfarbe hat und man sich keine Gebete an Boron mehr ausdenken muss, weil es die auch schon ausformuliert irgendwo gibt...

Hier sieht man denke ich auch einen sehr wichtigen Unterschied zwischen einem Setting, welches bewusst mit Tiefe erdachte wurde (SR/ED, WoD), und solchen, die einfach über die Jahre hinweg gewachsen sind (Forgotten Realms, Aventurien, Glorantha).

Das bringt dann wieder die Frage: Werden Rollenspiel aktuell so konzipiert, dass sie nicht detaillierter beschrieben werden könnnen? Im Sinne von "Es gibt drei Länder und vier Hauptkonflikte, das war´s... ...mehr braucht ihr nicht wissen!".
Oder werden sie im großen Rahmen entworfen mit "Hier gibt´s noch was interessantes und da hat sich eine Elfengruppe abgespalten und dort ist was im Argen und hier bahnt sich ein Konflikt an und..."

Natürlich können zweitere es einfach beim Droppen von Ansätzen lassen und die weißen Flecken bewusst für SLs und ihre Ideen offen lassen. Aber ich glaube eher wenig, dass sie dies wirklich bewusst machen. Hätten sie Zeit, Geld und Fanbase, würden sie glaube ich schon gerne alles beschreiben. Lohnt sich ja auch für die Verlage, wenn eine Welt so gut ankommt, dass man auch Regionalbänder u.s.w. verkaufen kann...
Und der Autor/die Autoren mögen in der Regel ihre Welt, haben eine genaue Vorstellung von ihr und wenn Leute ihnen wirklich Geld dafür geben und das auch wirklich lesen wollen, was sie schreiben, dann würden Autoren es sicher tun.

Wenn es jetzt weniger komplexe/detaillierte Settings gibt, liegt das weniger daran, das es nicht mehr "in" wäre, sondern weil einfach die Möglichkeit nicht mehr da ist...

Wobei, wenn ich überlege, hast du auf der anderen Seite recht. Es gibt vielleicht einen Trend zu "Nischenrollenspielen", wie Qin ("nur" Asia-Flair) oder Hellfrost ("nur" Eis). Das hängt glaube ich aber auch damit zusammen, dass der Markt für "Standart-Fantasy mit sehr detailiert ausgearbeiteter Welt" mittlerweile nicht mehr existiert.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Blizzard am 15.01.2010 | 13:56
was ist denn ein "komplexes" Setting? Ab wann ist ein Setting komplex oder (noch) nicht komplex?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 15.01.2010 | 14:04
@yvo
Zitat
Das bringt dann wieder die Frage: Werden Rollenspiel aktuell so konzipiert, dass sie nicht detaillierter beschrieben werden könnnen? Im Sinne von "Es gibt drei Länder und vier Hauptkonflikte, das war´s... ...mehr braucht ihr nicht wissen!".
Oder werden sie im großen Rahmen entworfen mit "Hier gibt´s noch was interessantes und da hat sich eine Elfengruppe abgespalten und dort ist was im Argen und hier bahnt sich ein Konflikt an und..."
Kannst du das noch einmal erläutern, ich verstehe nicht, was du meinst.

@blizzard & andere
Ich habe ausführliche Beispiele gegeben, wer sich also nicht in der Lage oder Willens sieht an der Diskussion teilzunehmen, der möge sich einen anderen Thread suchen. Danke.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: alexandro am 15.01.2010 | 14:05
Weitgehend tot. Es gibt Ausnahmen (Exalted) und Settings die komplex sind, weil sie aus einem komplexen Medium schöpfen (Artesia, Doctor Who), aber der generelle Trend geht hin zu schlankeren Settings, was ich schade finde.

Ich denke auch nicht, dass Neueinsteiger von komplexen Settings abgeschreckt werden: vor einigen Jahren bin ich (nach längerer Comic-Abstinenz) in DCs "Infinite Crisis"-Event eingestiegen, eine Reihe in der 20+ Jahre Comic-Geschichte nochmal aufgerollt wurden (mit Querverweisen hin bis in die 30er Jahre). Auch wenn ich damals nicht alle Referenzen und Anspielungen verstanden habe hat die Komplexität die aus der Fortführung dieser langen Tradition entstanden ist (und die größer ist als jeder Autor der dort jemals mitgeschrieben hat) einen unglaublich fesselnden Eindruck einer komplexen Welt erzeugt.

Ähnliches habe ich auf Con-Besuchen von Jüngeren bemerkt: die Kids saugen den Background auf wie ein Schwamm, aber verlieren schnell das Interesse, wenn man ihnen eine zu "simple" Spielwelt vorsetzt. Wer allerdings ein Problem mit komplexen Welten hat sind Langzeitrollenspieler, welche einfach übersättigt sind und nicht noch ein 500-Seiten Geschichtstraktat lesen wollen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Woodman am 15.01.2010 | 14:11
Blizzard ich würde sagen das ist Ansichtssache, was für den einen schon komplex ist, findet der nächste noch zu simpel. Für mich ist ein Setting dann komplex, wenn ich mich zumindest anstrengen muss um die Zusammenhänge und Auswirkungen von Aktionen auf die Welt abzuschätzen, bzw. dafür eine größere Informationsbasis heranziehen muss, weil eine starke Verflechtung von vielen Informationssträngen vorliegt.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Blizzard am 15.01.2010 | 14:14
@blizzard & andere
Ich habe ausführliche Beispiele gegeben, wer sich also nicht in der Lage oder Willens sieht an der Diskussion teilzunehmen, der möge sich einen anderen Thread suchen. Danke.
Ja, weil ja auch Aussagen wie "SR hat ein komplexes Setting&ED übrigens auch" ganz tolle Beispiele sind, da sie nicht im Entferntesten eine Antwort auf meine Fragen darstellen. ::). Diese Antwort ist genau so toll wie die von einem SR-Spieler, den ich mal fragte, was denn das Besondere/Tolle an SR sei. Seine Antwort:"Cyberpunk". Als ich dann fragte,was Cyberpunk wäre, meinte dieser:"Cyberpunk.Cyberpunk eben!"

@Woodman: Danke, mit der Aussage kann ich zumindest etwas anfangen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 15.01.2010 | 14:22
Ich würde es mit Reichhaltigkeit definieren, und zwar Reichhaltigkeit an Spielerfreiheit, Gelegenheiten für Abenteuer, Inspirationsquellen für den Spielleiter.

Wobei auch das erstmal nur eine Scheinkomplexität ist.

Wahre Komplexität kann es erst im Spiel, über viele Abenteuer und Kampagnen hinweg, erlangen.
Und kann auch nicht jeder leiten oder spielen.

Also: Reichhaltigkeit + SL + Spieler + VIELE Sitzungen = Komplexität.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Don Kamillo am 15.01.2010 | 14:27
Meine paar Cent zu der Sache:
 
Wäre ich jünger und hätte mehr Zeit, fände ich komplexe Settings echt toll und würde mich gerne in neuen Kram reinfuchsen.

Aber ich bin jetzt auch schon raus aus der Schule und Berufsausbildung etc., arbeite, Freundin etc., und habe einfach nicht die Zeit, um mich groß wo einzulesen, also habe ich die alten Settings, die ich kenne, die teilweise auch durchaus umfangreich sind ( z.B. Earthdawn, Dragonlance, Planescape ), wo ich mich auskenne und schaue mir neue Sachen inzwischen sehr selten an oder achte auf einfache Regeln, die intuitiv ablaufen oder schnell drin sind...

Ich kann mir dennoch vorstellen, daß komplexe Settings, wenn jemand erstmal eingestiegen wurde und Blut gerochen hat, durchaus viele Fans finden ( können )
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Teylen am 15.01.2010 | 14:33
Meines Erachtens ist ein System bzw. Setting dann komplex wenn eine entsprechend ausgearbeitete Hintergrund Welt existiert sowie, in Folge der Tatsache das es eine historische Geschichte gibt, einen Metaplot. Welcher in weiteren Produktionen dann fortgefuehrt wird.

Systeme bzw. Settings die das nicht erfuellen haben keine hohe Komplexitaet da die Erlebnisse waehrend eigener Runden generisch sind und dem Gesamtbild m.E. nicht das benoetigte Ausmass hinzufuegen.

Das viele Settings nicht ueber eine hinreichende System eigene Komplexitaet verfuegen und es gar aus der System Perspektive vermieden wird ist fuer mich eher ein Grund eben diese Systeme nicht zu kaufen. Nicht nur das sie imho ein Stueck weit die Intelligenz beleidigen, sie fordern fuer den Preis der geringen eigen-Komplexitaet die die Designer imho vielleicht nur aus Faulheit raus liessen, das man als Spieler bzw. Spielleiter eben diese schafft.
[Und was man dann schafft ist dann eigentlich noch vollkommen fuer den Bobbes weil es ausserhalb der eigenen Runde keinen interessieren wird, man kriegt da auch keinerlei Unterstuetzung in form dessen das einem hier und da mal arbeit abgenommen wird oder dergleichen]
Insofern halte ich Komplexe Systeme gerade fuer Leute mit nicht unendlich viel Zeit praktikabler und im Gebrauch einfacher.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Yvo am 15.01.2010 | 14:37
@Ein:

Sagen wir so... ...wenn detaillierte Settings wirklich "out" wären, bzw. die Autoren bewusst darauf verzichten, müssten die Settings so aussehen:
- eine überschaubare Anzahl von Fraktionen/Rassen/Ländern/Machtgruppen
- 2-3 große Hauptkonflikte
- viele weiße Flecken, die vom SL ausgefüllt werden können/müssen/dürfen...
- eventuell stark thematische Eingrenzung (Eis, Asia-Flair, Zombies auf einem fremden Planet...)

Schreibt man hingegen ein Setting mit folgenden Aspekten, wird ein detailliertes, komplexes Setting eigentlich grundsätzlich bejaht und es liegt nur an den Umständen, dass es nicht Zustande kommt, bzw. kommen kann:
- Vielzahl sehr unterschiedlicher Regionen/Rassen/Machtgruppen...
- Auch viele kleine Konflikte angedeutet (Die Waldelfen haben das Problem, die Wüstenelfen wollen jenes, die Stadtelfen müssen, jenes Herrscherhaus hat übrigens Probleme mit...)
- weiße Flecken werden nicht bewusst gelassen, sondern lediglich noch nicht durch die Autoren ausgearbeitet worden
- das Setting ist "vielseitig einsetzbar" (man könnte Wüstenabenteuer, Eisabenteuer, Stadtabenteuer, Dschungelabenteuer spielen, Intigen, Dungeoncrawls, Kriminalabenteuer...

Bye,
Yvo
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 15.01.2010 | 14:47
In 90% meiner Spiele wurden Metaplots, die von den Verlagen kommen, so gut wie völlig ignoriert. Mann nimmt die Kulturen und Länder von z.B. Faerun und macht sich den Rest überwiegend selber. Genauso, wie ich generell lieber selber Welten baue und wir da dann natürlich Metaplots haben.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Teylen am 15.01.2010 | 14:55
Das man Metaplots ganz oder teilweise ignoriert heisst nicht das sie nicht noetig oder gut waeren ^^
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Woodman am 15.01.2010 | 14:57
Also ich brauch für einen komplexes Setting definitv keinen Metaplot, und auch unmengen Details sind nur bedingt hilfreich. Ich finde zB. Banestorm(Yrth) für GURPS ist ein durchaus komplexes Setting, dazu gibt es neben dem Settingsband aber nur 2 kleine Erweiterungen, die jeweils eine Stadt genauer beschreiben, dafür gibt es aber diverse Fraktionen mit unterschiedlichen Zielen und Konflikten, die Teilweise in einander greifen und damit ein interessantes und Vielschichtiges Ganzes ergeben. Einen Metaplot sucht man aber vergebens, einzig bei der Neuauflage des Settingbandes wurde die Zeit halt auch auf den aktuellen Stand gebracht. Und Details, die in ihrer Fülle mit Aventurien oder Faerun mithalten könnten sucht man auf 250 Seiten auch vergebens.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Teylen am 15.01.2010 | 14:59
Ohne boese klingen zu wollen,
aber was ist daran dann komplex?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Woodman am 15.01.2010 | 15:07
Die Zusammenhänge, sobald man da mehr tut als nur hier und da nen alten Dungeon zu plündern muss man die Auswirkungen auf mehrere Fraktion und Konflikte im Auge behalten, weil selbst ein kleiner regionaler Konflikt oft Auswirkungen auf Globale Zusammenhänge hat.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Zornhau am 15.01.2010 | 15:07
Der generelle Trend geht hin zu schlankeren Settings, was ich schade finde.
Sehe ich nicht so. - In manchen Bereichen vielleicht (z.B. die für "Setting-Hopper" konzipierten Savage-Settings), aber dann auch wieder nicht (z.B. das ziemlich umfangreich ausgelegte Hellfrost-Setting, oder auch Opus Anima und andere "Mehrwelten-Rollenspiele").

Interessant ist das Thema "Durchstimmbare Komplexität", wie es seit den 70ern bei Traveller umgesetzt wurde. Settings, bei denen die Gruppe selbst entscheidet, wie umfangreich, wie detailreich, wie tief sie das Setting haben wollen. - Das geht natürlich nur gut, wenn das Setting eher als "Baukasten mit Thema" daherkommmt (wie ja auch die alten Wilderlands-Sachen von Judges Guild).

Aber für einen echten TREND müßte es einen SPÜRBAREN Interessensrückgang gerade bei den Komplexität-durch-Quantitäts-Monstern wie Aventurien, Forgotten Realms, usw. geben. - Den sehe ich aber NICHT.

Als Trend sehe ich eher, daß mehr INSGESAMT KNAPP entworfene Rollenspiele produziert werden. - Ein Trend zum "Handlichen Dritt- oder Viert-Rollenspiel für zwischendurch". - Diese sind dann sowohl in Regeln wie eben auch im Setting kurz, knapp, überschaubar - aber eben auch schnell erschöpft.

Wer allerdings ein Problem mit komplexen Welten hat sind Langzeitrollenspieler, welche einfach übersättigt sind und nicht noch ein 500-Seiten Geschichtstraktat lesen wollen.
Das ist wirklich was dran.

Wer die "Ochsentour" mit Glorantha, Midgard, Forgotten Realms, usw. gemacht hat - z.T. quer über ständig wechselnde Regelsysteme bzw. Regelsystem-Versionen, dem vergeht einfach die LUST, die ja auch mit dem ENTDECKEN einer umfangreichen, erst durch zeitliches Engagement erschließbaren Welt verbunden ist.

Es zählt mehr das "Fun, JETZT!" und weniger das "Fun, vielleicht später, wenn ich durch diese zwei Regalmeter Quellenbänden durch bin.".

Artesia ist so ein Problemfall.

Über das Regelsystem, das seine eigenen Probleme mit sich bringt, möchte ich da nicht mal was sagen. Es geht mir um das Setting selbst. - Ich bin ein Freund der Artesia-Comics und war BEGEISTERT, daß es ein Rollenspiel zu dieser "etwas anderen" Fantasy-Welt geben sollte - auch noch illustriert (und geschrieben) vom Comic-Zeichner selbst (und inspiriert von Glorantha).

Das Rollenspiel ist ein wunderschönes Buch.

Jedoch ist die Settinginformation darin in sehr kleiner, sehr enger "Bleiwüste" dargeboten, und das Erschließen dieses Settings für meine Spieler ist problematisch ohne Ende. - Für die Comics sind noch ALLE zu begeistern gewesen. Aber als es dann daran ging sich mal ein wenig einzulesen, daß sie Charaktere erschaffen konnte und wußten, was sie sich da eigentlich bauen, kamen die "Ausfallserscheinungen".

Anders als bei HeroQuest oder HeroWars, wo man auch OHNE AHNUNG vom Setting wenigstens schnell einen Charakter beisammen hat, der (allein schon aufgrund der Keywords) spieltauglich ist. Stellte Artesia eine UNÜBERWINDLICHE (für meine Gruppe) Einstiegshürde dar.

Ich hatte mich darüber schon etwas entnervt gezeigt, da ich der Meinung bin, daß sich dieses Setting auch gerade im Rollenspiel zu erkunden und zum Leben zu erwecken lohnen würde - aber ich biß auf GRANIT.

Dieselben Spieler kann ich zu JEDEM neuen Savage Setting bewegen. Da hat es in Null-komma-Nix eine spielbereite SC-Gruppe, die Spieler wissen, worum es geht, und man kann umgehend in die Welt eintauchen.



Egal auf welcher Ebene die Komplexität angesiedelt ist, ob es schiere Quantität ist, ob es Komplexität durch schwere Zugänglichkeit aufgrund unglücklich verteilter Informationen ist, ob es "gefühlte" Komplexität durch hohe Fremdartigkeit der Welt ist, bei der man kaum von irdischen Gegenstücken schließend die Lücken selbst füllen kann, oder aus welchen Gründen auch immer ein Setting als komplex wahrgenommen wird - die Frage ist ja IMMER: Wieviel von dieser Komplexität kommt tatsächlich IM SPIEL zum Tragen?

Da liegt natürlich in JEDEM Setting auch eine gewisse "Durchstimmbarkeit" - abseits von reinen Baukasten-Settings - vor.

Wieviel dieser Komplexität die jeweilige Gruppe "auf den Spieltisch läßt", ist eine Frage der Gruppe und deren Interessen.

Man KANN auf Glorantha in einem übersichtlichen Teil der Welt anfangen. Man KANN dort kleine, nicht-welterschütternde Szenarien spielen. Aber wenn man anfängt die Komplexitäten der spirituellen Welt Gloranthas einzugrenzen, wenn man die ganze - in Bezug auf HW und HQ1 völlig ZURECHT als "Anthropologen-Gewichse" bezeichnete - kulturelle Informationsdichte ausdünnt, dann spielt sich Fantasy auf Glorantha genauso leicht und locker wie auf jeder 08/15-Fantasy-Welt.

Genauer: Dann SPIELT man auf einer 08/15-Fantasy-Welt "mit Anlehnungen an Ideen von Glorantha", aber man spielt NICHT AUF Glorantha.

Hier kann man sich fragen, WIE WEIT kann man ein Setting "durchstimmen" bzw. individuellen Gruppeninteressen anpassen, ohne daß man die SETTING-IDENTITÄT verliert?

Bei "unterspezifizierten" Settings, bei "bare bones"-Settings, bei sehr überschaubaren Settings hat man das eher im Griff. Hier gibt es weniger Grenzen, die von der Settingbeschreibung gesetzt werden, und die gesetzten Grenzen sind weiter gefaßt, so daß man sich beim Durchstimmen nicht ständig an ihnen reibt. - Somit ist einfach die "Gefahr" ein unterspezifiziertes Setting soweit abzuwandeln, daß es sich nicht mehr erkennbar um dieses Setting handelt, geringer als bei einem hochgradig spezifizierten oder gar einem überspezifizierten Setting.

Gibt es z.B. KEINEN Platz für ein Dorf X zwischen Dorf A und Dorf B, weil wirklich ALLES zwischen A und B en detail festgelegt und beschrieben wurde, dann stellt die Einführung von Dorf X bereits ein Überschreiten der gesetzten Grenzen dar. - Ist hingegen in der Settingbeschreibung NICHTS darüber ausgesagt, was zwischen A und B sein soll, dann könnte man dort ALLES ERDENKLICHE plazieren - den Obertempel eines Bösen Kultes, eine blühende Handelsmetropole, einen Sumpf des Verderbens.

In vielen Settingbeschreibungen wird auf einer bestimmten Granularitätsebene halt gemacht. Es wird NICHT jedes Dorf, nicht einmal jede Stadt beschrieben, um eben dieses Setting für die jeweilige Gruppe "mitwachsen" zu lassen. Das ist die Robustheit eines Settings. Man kann vieles, aber NICHT ALLES in dieses Setting plazieren, und es ist immer noch als das Setting identifizierbar.



Wenn man nun Settings mit hoher Komplexität auf unterschiedlichen Ebenen (Volumen, Verteilung, Zugänglichkeit, Querbeziehungen, Fremdartigkeit, usw.) anschaut, dann sind unterschiedliche Komplexitätsebenen eben auch für unterschiedliche Zielgruppen interessant bzw. abschreckend.

DSA kommt mit einem enormen VOLUMEN an Informationen. Jedoch ist die DSA-Spielwelt kaum fremdartig, so daß man hier sehr gut von irdischen, d.h. EIGENEN Erfahrungen der Spieler, auf Verhältnisse in der Spielwelt schließen kann. Ein Pferd ist ein Pferd. Ein Apfel ein Apfel. - Das ist z.B. bei Lemuria, einer vom Volumen her sehr KNAPP beschriebenen Spielwelt von Barbarians of Lemuria anders. Diese Welt hat in weiten Bereichen KEINE irdischen Parallelen. Pferde? Gibt's keine. Äpfel? Auch nicht. Ja worauf reiten die denn hier? Und was essen die denn hier?

Wenn solche grundlegenden Fragen erst einmal zu klären, d.h. auch von den Spielern zu ERLERNEN sind, damit sie einen Charakter in der Spielwelt darstellen können, dann ist das Setting trotz nicht einmal 50 Seiten Umfang auch KOMPLEX, weil nicht einfach zugänglich.

Die Zugangshürde ist eigentlich das relevante Maß der Komplexität.

20 Quellenbände, die sich gut lesen, die gut (via Indizes) mit Verweisen das Navigieren erleichtern, können weitaus leichter aufgenommen werden und somit für das Spiel erschlossen werden, als selbst ein EINZIGER Band, in welchem eine mies organisierte Bleiwüste ohne jegliche Orientierung an den ANWENDERN des Textes, den Spielern, die das Zeug darin nicht nur als "Roman" lesen sollen, sondern LERNEN müssen, um damit zu spielen.

Wie auch bei Regelwerken, so auch bei Settings ist die Zugänglichkeit direkt eine Folge der AUFBEREITUNG der Informationen.

Bei Glorantha: Schlecht, verzettelt, schwer zu bekommen, viel Vorwissen voraussetzend, Spielerwissen hilft meist nichts, weil zu fremdartig. - Zugänglichkeit sehr gering.
Bei Hellfrost: Unglücklich über mehrere Bände aufgeteilt, so daß ständiges Aufschlagen und Blättern notwendig wird, Aufbereitung eher an "publikationslogischen Gesichtspunkten" vorgenommen, und weniger an "Nutzbarkeitserwägungen" (Usability) für die Spieler, aber: wenig Vorwissen notwendig, Spielerwissen über Angeln und Sachsen und Picten und Wikinger hilft enorm eventuelle Lücken zu füllen. - Zugänglichkeit trotz unglücklicher Aufbereitung hoch.

Kann man mit den Vorkenntnissen eines "Otto Normalrollenspielers" Settingfakten einfach ABLEITEN, dann ist ein Setting leichter einzuschätzen, und man ist NICHT GEZWUNGEN so sehr in die Tiefe abzutauchen, um sich NEUE und somit UNGEWOHNTE kulturelle Fakten einzuprägen. - Kaum jemand, der einen Charakter SPIELEN will, möchte erst ein "Studium" der Geschichte, Geographie, usw. einer fiktiven Welt hinter sich bringen, bevor er mit dem Spiel starten kann.



Was ist dann das BESONDERE, das die heute existenten an UMFANG komplexen Settings so erfolgreich gemacht hat, daß es ÜBERHAUPT so viele Publikationen von ihnen geben konnte?


Sie fingen KLEIN und überschaubar und ZUGÄNGLICH an. - Und sie sind mit den Spielern mitgewachsen.

NEUE Spieler werden von den "Altmeistern" angelernt, lernen als Spieler "von der Pike auf" diese Settings kennen, und fühlen sich irgendwann in der Lage selbst zu leiten.

Eine FÜLLE an Abenteuern, in denen man alles Notwendige zum Spielen des Abenteuers dargelegt bekommt, hilft enorm sich ein Setting SPIELEND zu erschließen.

Überschaubarer Anfang, Abenteuer-Unterstützung, Anlernen neuer Spieler durch Bestandsspieler. - DAS sind m.E. die Schlüsselfaktoren, die DSA, SR, usw. auszeichnen.



Wer mit seinem neuen Rollenspiel daher kommt, und den Spielern, die OHNE Anlernen durch Bestandsspieler sich das neue Spiel SELBST erschließen müssen, erst wie einem "Vorderlader" alle Informationen über das Setting am Stück reinstopfen will, bevor auch nur die erste Spielsitzung stattfindet, und wer dann auch keinerlei brauchbare Unterstützung für eine laufende Runde mittels Abenteuern, die einfach beispielhaft ZEIGEN, was und wie man hier spielen kann, liefert, der schreibt vielleicht ein "wunderschönes Rollenspielbuch", aber eines, das KAUM GESPIELT wird.

Und damit auch KAUM VERBREITET wird - da ja durch nur wenige Spielrunden auch der Multiplikator-Effekt von Bestandsspielern sehr gering ausfallen wird.

Und daher kommt auch kaum etwas nach. Kaum Abenteuer, kaum Quellenbände, kaum irgendwas. - Weil KEIN BEDARF besteht!



Bedarfe muß man WECKEN!

Und das kann man am Besten, indem eine Spielgruppe ein Spiel schnell einmal anspielen kann, und jeder LUST AUF MEHR hat.

Und dann ist es EGAL, ob die Welt fremdartig ist (wie Glorantha oder Talislanta) oder ob das Material mit der Zeit auf 50 Quellenbände verteilt vorliegt.
Bei
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: sir_paul am 15.01.2010 | 15:14
Das man Metaplots ganz [...] ignoriert heisst nicht das sie nicht noetig [...] waeren

Doch genau das heißt es, wenn ich für mein Spiel den Metaplot ignorieren kann ist dieser für mich unnötig. Es ist allerdings richtig das dies keine Aussage bezüglich der Qualität des Metaplots zulässt.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Teylen am 15.01.2010 | 15:20
Doch genau das heißt es, wenn ich für mein Spiel den Metaplot ignorieren kann ist dieser für mich unnötig. Es ist allerdings richtig das dies keine Aussage bezüglich der Qualität des Metaplots zulässt.
Heisst es nicht, weil man den Metaplot ja aktiv ignoriert, er bleibt ja dennoch als FeelGood Element da. :)
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: sir_paul am 15.01.2010 | 15:22
FeelGood Element da.

Was vestehst du bitte unter FeelGood Element?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Woodman am 15.01.2010 | 15:24
Ich würde sogar so weit gehen, das ein Metaplot für diejenigen, die ihn ignorieren wollen sogar schlecht im Sinne von Hinderlich ist, weil er die Nutzbarkeit von Quellenbänden einschränkt, da die sich logischerweise an den Metaplot halten müssen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: sir_paul am 15.01.2010 | 15:26
weil er die Nutzbarkeit von Quellenbänden einschränkt, da die sich logischerweise an den Metaplot halten müssen.

Kannst du dafür mal ein beispiel geben! Ich wüsste nicht warum die Informationen im Quellenbuch für mich weniger nützlich sind nur weil sie sich an den Metaplot halten?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Teylen am 15.01.2010 | 15:28
Was vestehst du bitte unter FeelGood Element?
Sachen die da sind, die man nicht zwangslaeufig nutzt, die aber allein durch ihre alleinige Anwesenheit ein irgendwie positiv geartetes Gefuehl aus loesen.
Hm, so als spontanes und bestimmt nicht perfektes Beispiel, die Tatsache das bei V:tM Vampire nicht glitzern wenn man sie in die Sonne stellt. Auch wenn man seinen Vampire gar nicht in die Sonne stellen will. Nun oder das sie nicht am Tag im Sonnenlicht rumlaufen koennen auch wenn man beim Vampire spielen gar nicht mit seinem Char am Tag herumlaufen will.


Die den Metaplot ignorieren koennen doch immer noch Quellbaende benutzen?
Das Giovanni CB funktioniert auch wenn man sich ausdenkt das sie gar nichts mit den Kappas zu tun haben und der 6.te Mahlstrom ist explizit optional..
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: sir_paul am 15.01.2010 | 15:32
Sachen die da sind, die man nicht zwangslaeufig nutzt, die aber allein durch ihre alleinige Anwesenheit ein irgendwie positiv geartetes Gefuehl aus loesen.

Ah ja! Bei mir hat ein Metaplot noch nie ein positiv geartetes Gefühl ausgelöst. Also ist er doch unnütz :)
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Woodman am 15.01.2010 | 15:41
Ich sage ja nicht das ein Metaplot per Definition alle Quellenbände unnütz macht, sondern das er jemandem der sich dafür nicht interessiert keinen Mehrwert bietet und wenn man Pech hat Quellenbände etwas mehr aufgearbeitet werden müssen oder teilweise Informationen enthalten, die man nicht verwenden kann weil die zugrunde liegenden Ereignisse in der eigenen Spielwelt nie Stattgefunden haben.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 15.01.2010 | 16:05
Naja, die entsprechenden Stellen in den Quellbnden ignoriere ich halt im Spiel.

Ich lese es meistens doch, weil es als Story ganz ok ist.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xemides am 15.01.2010 | 16:16
Die beiden besten Beispiele waren Akte X (die letzte Folge der Serie war das Schlechteste, was bis dahin im Fernsehen gezeigt wurde) und die alte WoD (wo die Apokalypse-Bände vier belanglose flache Geschichten ohne Substanz, mit vielen Mary Sues und mit einer besorgniserregenden Tendenz zum Railroading enthielten).

Ich gestehe wieder mal ich mag Metaplots, und ich mag Fernsehserien, die eine Geschichte erzählen statt das Monster der Woche zu präsentieren. Deshalb mochte ich Babylon5 lieber als DS9, und deshalb wurde DS) besser, als sie mit dem Dominion-Krieg einen Metaplot dazu genommen haben. Heutzutage schaue ich lieber Serien wie Heroes, Stargate SG1 oder Atlantis und ähnliches.. Und der Erfolg von diesen Serien oder auch Lost etc. gibt mir da recht. Übrigens wurde die Akte X-Handlung ja noch in einem Kinofilm weitergeführt.

Außerdem Fernsehserien mit Rollenspielen zu vergleichen finde ich auch irgendwie merkwürdig. Fernseserien bedienen ein anderes Klientel, und wenn ein Autor eine Geschichte erzählen will statt Einzelepisoden zu zeigen finde ich das gut.

Aber da kann auch niemand eingreifen wie im Rollenspiel. Da bin ich Konsument, so wie in einem Roman oder Buch.

Im Rollenspiel kann ich solche Argumente vielleicht noch nachvollziehen, allerdings will ich auch da, dass mit die Autoren ihre Sicht der Welt zeigen, egal ob mit einer fortlaufenden Geschichte oder nicht. Unabhängig von der Qualität. Ich will ja auch, dass er mir erzählt, was es da gibt oder nicht, warum also nicht, was er denkt das passiert oder nicht ? Und es gibt ja auch gute Beispiele für Metaplot, z.B. Earthdawns Prelude to War oder Dunkelzahns Wahl und das Attentat und die Folgen.

Mir zum Beispiel bei Midgard ein spürbarer Metaplot, wo man ihn bei DSA vielleicht zu viel finden kann.

Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xemides am 15.01.2010 | 16:23
Wer allerdings ein Problem mit komplexen Welten hat sind Langzeitrollenspieler, welche einfach übersättigt sind und nicht noch ein 500-Seiten Geschichtstraktat lesen wollen.

Jein. Ich bin durchaus Langzeitrollenspieler. Aber zum einen beschäftige ich mich gerne weiter mit mden Rollenspielen und Settings, die ich seit Jahren kenne (Midgard, Aventurien, Glorantha um nur einige zu nennen), zum anderen habe ich auch kein Problem, mich mit dneuen Settings zu beschäftigen, wenn ich sie für mich neu und originell sind und ich sie leiten will, wie zur Zeit Earthdawn (das ich vier Jahren mal gespielt habe ohne mich mit dem Setting wirklich zu beschäftigen und nun mit ED3 erst richtig entdecke).

 
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Zornhau am 15.01.2010 | 16:25
Mir zum Beispiel bei Midgard ein spürbarer Metaplot, wo man ihn bei DSA vielleicht zu viel finden kann.
Bei Midgard fehlt nicht ein Metaplot, sondern einfach nur im Setting angelegte KONFLIKTE. - Die Welt ist außerordentlich STATISCH angelegt, fast wie "eingefroren". Es sind KEINE BEWEGUNGEN, damit auch KEINE SOZIALE DYNAMIK zu erkennen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xemides am 15.01.2010 | 16:30
Ich würde sogar so weit gehen, das ein Metaplot für diejenigen, die ihn ignorieren wollen sogar schlecht im Sinne von Hinderlich ist, weil er die Nutzbarkeit von Quellenbänden einschränkt, da die sich logischerweise an den Metaplot halten müssen.

Bösartig könnte man jetzt sagen, es gibt genug Rollenspiele, um Metaplot-Fans ihre Systeme zu bieten und Metaplot-Gegnern die ihrigen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: alexandro am 15.01.2010 | 16:30
Komplexität-durch-Quantitäts-Monstern wie Aventurien, Forgotten Realms, usw.

Ich sehe nicht, wo durch Quantität wirklich Komplexität erzeugt wird.

Gerade bei den angesprochenen Settings ist es ja so: man hat einen ganzen Misthaufen von "organisch gewachsenen" Kulturen, welche alle fröhlich nebeneinander existieren ohne sich gegenseitig auf die Füße zu treten. Man könnte weite Teile der Spielwelt (Schwertküste, Thorwal, Unapproachable East...) einfach in eine magische Blase packen und in eine Parrallelwelt entführen und kein Schwein würde es bemerken.

Es sind also eine Reihe von Einzel(ler)-Settings, welche nur zufällig in derselben Spielwelt angesiedelt sind. Das ist das Gegenteil von Komplexität.



Zitat
Egal auf welcher Ebene die Komplexität angesiedelt ist, ob es schiere Quantität ist, ob es Komplexität durch schwere Zugänglichkeit aufgrund unglücklich verteilter Informationen ist, ob es "gefühlte" Komplexität durch hohe Fremdartigkeit der Welt ist, bei der man kaum von irdischen Gegenstücken schließend die Lücken selbst füllen kann, oder aus welchen Gründen auch immer ein Setting als komplex wahrgenommen wird - die Frage ist ja IMMER: Wieviel von dieser Komplexität kommt tatsächlich IM SPIEL zum Tragen?

Ein gut designtes Setting bietet klar umrissene "Safe Havens", wo jeder nach einer kurzen Erläuterung versteht wie diese funktionieren. Von dort aus kann man dann nach und nach die Teile der Spielwelt erkunden, wo die Regeln der "Safe Havens" nicht mehr gelten (das Auenland im HdR ist so ein "Safe Haven").
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xemides am 15.01.2010 | 16:32
Bei Midgard fehlt nicht ein Metaplot, sondern einfach nur im Setting angelegte KONFLIKTE. - Die Welt ist außerordentlich STATISCH angelegt, fast wie "eingefroren". Es sind KEINE BEWEGUNGEN, damit auch KEINE SOZIALE DYNAMIK zu erkennen.

Ich glaube, wir meinen ungefähr dasselbe. Diese Statik ist es, was mich stört, auch wenn wohl sanfte Bewegung stattfinden, die aber aufgrund der wenigen Publikationen kaum auffallen.

Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xemides am 15.01.2010 | 16:34
Gerade bei den angesprochenen Settings ist es ja so: man hat einen ganzen Misthaufen von "organisch gewachsenen" Kulturen, welche alle fröhlich nebeneinander existieren ohne sich gegenseitig auf die Füße zu treten. Man könnte weite Teile der Spielwelt (Schwertküste, Thorwal, Unapproachable East...) einfach in eine magische Blase packen und in eine Parrallelwelt entführen und kein Schwein würde es bemerken.

Also bei DSA gibt es doch durchaus ein auf die Füße treten. Ohne auf die Sinnhaftigkeit einzugehen: Thorwal-Horasreich, Alanfa-Horasreich, Mittelreich-Schwarze Lande, Weiden-Orks, Bornland-Goblins, etc. pp.


Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Falcon am 15.01.2010 | 16:40
@Topic: was heisst hier "war" im Trend? Wenn ich mir angucke wie erfolgreich noch DSA,WoD oder Forgotten Realms ist, erübrigt sich die Frage eigentlich.

Die wenig komplexen Settings sehe ich immer noch als Nebenprodukt, was man mal so zwischendurch in der Mittagspause zockt aber niemals richtig fürs Hobby ernst nimmt, was ja auch gar nicht genug hergibt um es dauerhaft als Hobby zu betreiben. Macht ja auch niemand, deswegen füllt man ja selbst die dünnen beim Spielen nach und nach selber auf (z.b. mit eigenen NSCs und Kampagnen).

von daher: wenig komplexe Settings zum langfristigen Spielen existieren überhaupt nicht; aber um mehr Freiheit für eigene Ideen zu haben. Das Ergebnis in der Runde ist dann aber meistens dasselbe, wie bei komplexen Settings.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Woodman am 15.01.2010 | 16:55
Bösartig könnte man jetzt sagen, es gibt genug Rollenspiele, um Metaplot-Fans ihre Systeme zu bieten und Metaplot-Gegnern die ihrigen.
Wieso ist das bösartig, es ist doch gut das es für verschiedenen Geschmäcker unterschiedliche Produkte gibt, nur weil ich Metaplots in Rollenspielen nicht mag will ich doch denjenigen, die Spaß daran haben den nicht verbieten. Es ist dann nur mein Pech wenn ich ein Setting mit Metaplot gut finde und dann sehen muss wie ich den am besten ignoriere.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: alexandro am 15.01.2010 | 16:56
Also bei DSA gibt es doch durchaus ein auf die Füße treten. Ohne auf die Sinnhaftigkeit einzugehen: Thorwal-Horasreich, Alanfa-Horasreich, Mittelreich-Schwarze Lande, Weiden-Orks, Bornland-Goblins, etc. pp.

Und trotzdem bestehen die sich (angeblich) bekriegenden Kulturen fast unverändert weiter. Muss ich noch mehr sagen?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Arbo am 15.01.2010 | 16:57
Also ich brauch für einen komplexes Setting definitv keinen Metaplot, und auch unmengen Details sind nur bedingt hilfreich.

Jup, das wollte ich gerade anmerken; wurde m.E. oben auch schon erwähnt. Ich meine, die Formel "Detailreichtum = Komplexität" ist extrem (!) verkürzt.

Komplexität kommt m.E. durch interessant eingeführte Konflikte, die sich womöglich überlappen, ein interessantes (!) Setting usw. ... einfach Dinge, die einen doch etwas deutlich mehr damit beschäftigen lassen, zu Stande. Mein Beispiel dafür, das oben von mir erwähnte "Changeling". Im Vergleich mit DSA oder so ... ist das Setting nicht wirklich sehr detailreich. Aber es steckt unheimlich viel Tiefe drin. Allein dieser Banalitäts-Glamour-Konflikt, da steckt so viel drin ... DAS ist komplex.

Und da denke ich, dass es solche Spiele schon immer etwas schwer hatten.

Arbo

P.S.: Wenn ich's mir so recht überlege, wäre es ggf. treffsicherer, von E- und U-Rollenspielen zu sprechen. ;)
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: D. M_Athair am 15.01.2010 | 17:11
Vielleicht schreibe ich später noch mehr. Für jetzt möchte ich einfach mal Rokugan erwähnen.
Das Setting ist komplex und alles andere als "out". [...]

Was mir gut gefällt ist der OPTIONALE Metaplot.
Bücher wie Time of the Void oder The four winds liefern jede Menge Ideen und Hintergrundoptionen,
die auch ohne Metaplot funktionieren. Ganz einfach weil die Publikationen genau so angelegt sind.

Komplexität kommt m.E. durch interessant eingeführte Konflikte, die sich womöglich überlappen, ein interessantes (!) Setting usw. ... einfach Dinge, die einen doch etwas deutlich mehr damit beschäftigen lassen, zu Stande.
Damit triffst du den Kern der Sache.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Grimtooth's Little Sister am 15.01.2010 | 18:11
Was ich als problematisch bei vorgegebenen Metaplots sehe  ist dass die Helden selbst nie viel bewegen können. Jedenfalls nichts Weltbewegends, da es ja nicht in den Metaplot passt.

Wenn ich jetzt ne Gruppe hätte die einfach nur so Abenteuer machen will, würde ich durchaus mit dem Metaplot gehen.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 15.01.2010 | 18:13
Also nach über 10 Jahren L5R würde ich Rokugan eher wirr nennen.

Ansonsten vielen Dank für eure guten Beiträge, Zornhau und Alexandro.

@falcon
"War" in dem Sinne, dass Neuerscheinungen vor allem dünne Settings haben, die auch oft nicht weiter ausgebaut werden.

Zu DSA:
Aventurien ist sehr komplex durch seinen Detailreichtum und seine lange Tradition. Diese Komplexität muss nicht als interessant empfunden werden, kann sie aber.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Naga am 15.01.2010 | 22:28
Ich tendiere ja in Zornhaus Richtung, und möchte hier nochmal den Unterschied zwischen "umfangreich" und "komplex" betonen.

Soviele wirklich komplexe Spielwelten gibt es meiner Meinung nach gar nicht. Zumindest auf mich wirken viele Rollenspielwelten entweder sehr holzschnittartig, oder (das andere Extrem) sehr überladen/umfangreich. Und von denjenigen, die wirklich komplex sind, schaffen es nur wenige diese Komplexität griffig rüberzubringen.

Masse ist eben nicht das gleiche wie Komplexität. Einfach nur mehrere dutzend Fanatasyländer oder Planeten nebeneinanderzuklatschen und für jedes ein paar Rassen und Monster bereitzustellen schafft zwar eine umfangreiche Spielwelt, aber keine komplexe. Genauso ist es, wenn man zu einer Sache einfach viel schreibt - viel Athmo-Text schafft zwar Stimmung, hebt aber nicht den Komplexitätsgrad.

Was Komplexität letztlich ausmacht, sind Aspekte die sich auf Handlungsoptionen auswirken können. Dass es im Nachbarkönigreich elfische Eskimos gibt, die aber keinerlei Kontakt zur Aussenwelt unterhalten, erhöht die Komplexität praktisch nicht. Wenn das Nachbarkönigreich aber einen Krieg plant (oder in der Vergangenheit Kriege geführt hat und wieder einen planen könnte), dann erhöht das durchaus die Komplexität.
Letztlich ist Komplexität die Summe aller Fäden, die man gleichzeitig im Auge behalten sollte. ;)


Beispiele:

In der Hinsicht finde ich es zum Beispiel bei Shadowrun ziemlich verfehlt, die (zum Glück gekappten) Alte-Elfen-Verbindungen nach Earthdawn als "komplex" zu bezeichnen. Es schafft eben keine neuen Handlungsansätze, dass so ein Elfen-Initiat oder alter Drache noch ein paar hundert Jahre älter ist. Es ist einfach eine nutzlose Zusatzinformation, die ausser den üblichen Elfenfans niemanden interessieren dürfte (;) ). Tatsächlich taugt nicht mal als Athmo-Element, weil der Fokus von Shadowrun eben auf dysterem Cyberpunk liegt, und altes Elfen-Mullemulle trägt da schlicht nix zu bei (meinen zumindest manche SR-Spieler...  ::) ).


Persönlich find ich Aventurien (im Gegensatz etwa zu Myranor) ein gutes Beispiel für eine "komplexe" Spielwelt (die dabei sogar halbwegs zugänglich aufbereitet wurde).
Die einzelnen Regionalbände für sich empfind ich nichtmal als sooo komplex. Nicht langweilig, aber viel ist Stimmungstext, die Zahl der Parteien und Mover und Shaker ist meist überschaubar, soviele regionale Elemente, die tatsächlich zu berücksichtigen sind gibt es nicht, und auch die Zahl der aktuellen Verknüpfungen mit dem Nachbarland sind meist eher überschaubar. Ist also dem "Fantasy-Flickenteppich" vieler anderer Systeme also auf den ersten Blick gar nicht sooo unähnlich.

Was bei Aventurien eben noch hinzukommt ist eine Geschichte, die nicht nur Stimmung-Hintergrund ist, sondern bis in die Gegenwart nachwirkt (alte Fehden, zweifelhafte Erbfolgen etc.). Ausserdem ein Religionen-Komplex, der viele Regionen verknüpft, und dabei doch lokal variiert. Eng damit verknüpft eine universumsumfassende Mythologie, die sowohl konkrete Ansatzpunkte (etwa Kraftlinien, Sphärenreisen) als auch Raum für Interpretationen bietet (etwa das Wesen der Sphären, die Natur der Dämonen etc.) und auch je nach Ort und Partei wieder variiert wird. Dazu dann noch ein paar "globale" Mover und Shaker (die Borbaradianer, Paktierer, der Namenlose, diverse Handelshäuser...) und es kommt da schon was zusammen. :)
Jeder Aspekt für sich wirkt dabei (imho) sogar noch recht überschaubar, und vieles ist hochgradig optional, aber alles zusammen erschafft schon eine sehr verknüpfungsreiche Welt mit vielen Handlungspunkten.


Da seh ich auch so ein bisschen den Unterschied zu beispielsweise Shadowrun: Das wirkt auf mich eben weniger vernetzt, die Mythologie der sechsten Welt wirkt auf mich deutlich schlanker, und die Weltumspannenden Mover und Shaker sind eben ein paar Grosskonzerne und Verbrechersyndikate. Die schaffen Komplexität, aber davon ab hat beispielsweise Seatle eben eher wenig mit HongKong zu tun, und die Komplexität kommt nur aus dem lokalen Setting. Sprich: Es gibt viel Material, aber vieles davon existiert eben nebeneinanderher.


Ein gutes Beispiel, wie man auch mit wenig Text einiges an Komplexität rausholt wäre für mich ja Degenesis: Es gibt mehrere miteinander verzahnte Kulte, von denen (gefühlt) lokal immer etwa vier tatsächlich eine Rolle spielen. Dazu je Region immer diverse Metaplot-Schwerpunkte zur Auswahl (etwa die Primer-Evolution, der Sporenkrieg, Krieg zwischen zwei Kulten,...), und es wirkt auf mich trotz der geringen Seitenzahl sehr ansatzreich. :)


Zitat von: DealgAthair
Was mir gut gefällt ist der OPTIONALE Metaplot.

Jetzt wüßte ich ja schon gerne, warum der Rokugan-Metaplot "optionaler" sein soll als der von Aventurien. Ganz ehrlich, keine Ironie. :)
(Vielleicht häng ich aber auch nur zu sehr an der Fremdrasse, die sich erstmal wieder auf ein paar Jahre schlafen gelegt hat. Man stelle sich mal das Metaplot-Geschrei vor, wenn sich die Zwerge Aventuriens mal geschlossen für unbestimmte Zeit unter die Erde verkriechen würden... ;) )
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Falcon am 16.01.2010 | 11:03
@Ein: achso, ich hatte überlesen, daß du die Veröffentlichung meinst. Das "in" hab ich darauf bezogen, wer es noch spielt.

Ja, das scheint mir dann auch so zu sein. Vielleicht liegts daran, daß sich viele auch einfach profilieren wollen. Da wird dann Ruck Zuck ein Sundered Skies, ein Elyrion oder ein Frostzone rausgehauen und man kann sagen: "Seht, ich habe ein Rollenspiel gemacht". Detailliert ist eben richtig viel Arbeit und dauert mitunter viele Jahre, vielleicht weniger wenn man mehrere Leute hat. Und, weil die Mühe vielleicht meist vergebens ist, weil sowieso jemand Plagiat oder Heartbreaker schreit und das meiste ja nunmal auch schon da war. Die Illusion, daß sie sich gegen die etablierten, komplexen Welten behaupten können, hat dann ohnehin kaum noch jemand, warum sich also die Arbeit machen?
Und dann, weil die meisten der komplexen Settings ja auch dünngesäät angefangen hatten und dann zig Jahre gereift sind. Frag doch in 10Jahren nochmal woher die ganzen detaillierten Settings herkommen, die JETZT als Leichte Settings rauskommen. In 10Jahren gibts dann neue, aber das heisst ja nicht, daß die dann auch dünn bleiben. Man fragt ja auch nicht warum mehr Eier als Hühner gebrütet werde (wobei die meisten Eier eben Blindgänger sind und gar nicht mehr ausgebrütet werden) ;) ?

Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Xemides am 16.01.2010 | 11:13
Beispiele:

In der Hinsicht finde ich es zum Beispiel bei Shadowrun ziemlich verfehlt, die (zum Glück gekappten) Alte-Elfen-Verbindungen nach Earthdawn als "komplex" zu bezeichnen. Es schafft eben keine neuen Handlungsansätze, dass so ein Elfen-Initiat oder alter Drache noch ein paar hundert Jahre älter ist. Es ist einfach eine nutzlose Zusatzinformation, die ausser den üblichen Elfenfans niemanden interessieren dürfte (;) ). Tatsächlich taugt nicht mal als Athmo-Element, weil der Fokus von Shadowrun eben auf dysterem Cyberpunk liegt, und altes Elfen-Mullemulle trägt da schlicht nix zu bei (meinen zumindest manche SR-Spieler...  ::) ).

Wie andernorts schon geschrieben wurde, wurde Earthdawn von FASA ausdrücklich als Vergangenheit Shadowruns in Auftrag gegeben. Und da liegt es nahe, auch Verknüpfungen zwischen den Settings in beide Settings einzubringen.

Und Unsterbliche Elfen und schlafende Drachen sind ja nicht die einzigen Verknüpfungspunkte. Schau mal im EA-SR-Thread, da bekommst du einen Link, der alle Vernetzungen sammelt, die gefunden wurden.

Außerdem finde ich schon, dass solche Verknüpfungen etwas fürs Spiel bringen, nämlich die Beschäftigung mit der Vergangenheit der Erde bei Shadowrun zum Beispiel.

Mit macht es als Leser auch Spaß, soche Verknüpfungen zu entdecken.

Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: DasTaschentuch am 16.01.2010 | 12:56
Zum Thema metaplot: es gibt ein Endzeitrollenspiel da würfelt der Meister am Anfang verdeckt aus,wie viele Jahre die Welt noch existiert. Hab den namen allerdings nicht mehr im Kopf.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Zwart am 16.01.2010 | 12:58
Das System heißt Endland, aber was hat das mit Metaplot zutun?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: DasTaschentuch am 16.01.2010 | 13:00
Daß die Welt nur noch eine endliche Zeit lang existiert find ich als Metaplot wesentlich spannender als wenn irgendwo 2 Reiche miteinander Krieg führen.
Metaplot heist doch,daß im Hintergrund Dinge ablaufen unabhängig von dem was die PCs machen,oder ?
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Ein am 16.01.2010 | 13:21
Metaplot ist vor allem von den Autoren geschrieben, passiert also jenseits (meta) der Handlung (Plot), die in irgendeiner Spielrunde wirklich erspielt wird.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: ClemLOR am 16.01.2010 | 13:37
Hallo.

Was ist ein komplexes Setting?

Die Sandbox - Material, mit dem viel eigenständig machen kann und seinen eigenen Geschmack entwickeln kann, bezogen auf Rollenspielmaterialien als eher deskriptive Elemente, aber wünschenswerter Weise mit Plot-Hooks?

Oder das Abenteuerland - also Material, das teilweise vorgefertigte ist, in welchem man verschiedene Stationen (Karussel, Achterbahn, Schießbude, Kaffee-Tassen, AutoScooter ...) ausprobieren und ausleben kann, bezogen auf Rollenspielmaterialien also halbfertigte Kampagnen, Abenteuer und Settings mit Metaplots?

Für mich persönlich: Je komplexer, desto besser. Rein deskriptives Material oder "kopierendes Material" (Xena Rollenspiel, Star Wars Rollenspiel, Herkules Rollenspiel o.ä.) finde ich total langweilig ... Mindermeinung?

Da ich keine Marktanalyse und Produktanalyse durchgeführt habe, kann ich nicht sagen, ob komplexe Settings nicht mehr "in" sind.

Grüße
C-LOR
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Haukrinn am 16.01.2010 | 15:07
Metaplot heist doch,daß im Hintergrund Dinge ablaufen unabhängig von dem was die PCs machen,oder ?

Ja, irgendwie schon. Die meisten Spiele (hallo oWoD, DSA) übertreiben das aber bis hin zur völligen Entprotagonisierung der Spielercharaktere - und das mögen viele Leute halt nicht.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: alexandro am 16.01.2010 | 15:55
Wenn man die Spielwelt komplex gestalten will ist es vor allem wichtig sich auf "situative" Elemente zu konzentrieren, also Dinge die höchstwahrscheinlich so bleiben werden (es sei denn die SC mischen sich ein).
Gute Beispiele für situative Elemente sind:
- politische Abhängigkeiten
- "Kalte Kriege" (Scarlet Empire vs. 7th Legion)
- "Nordirlandkonflikte" (Linnowan-Halta)
- erneuerbare Ressourcen (Mountain Folk  ;D)
usw. usf.

Diese geben Chancen für Abenteuer, "warten" aber auf den SL, wenn er sie nicht gleich benutzen will.

Nicht-situative Elemente sind solche, bei denen Bewegung suggeriert wird, z.B.:
- großangelegte militärische Offensiven
- Erschließung neuer Technologien/Ressourcen/Geheimnisse ("Iver" bei Fading Suns)
- "Kicker" für NSCs (zwei Sprösslinge verfeindeter Adelsfamilien haben sich gerade verliebt...)
usw. usf.

Das sind alles Dinge, welche für ein Abenteuer/eine Kampagne total toll sind, in der Settingbeschreibung haben sie aber nichts zu suchen.

Denn diese Art von nicht-situativen Elementen setzen dem SL die Pistole auf die Brust: entweder er benutzt diese Elemente in seiner Kampagne und lässt die Spieler damit umgehen... oder er konzentriert sich auf was anderes, muss sich aber einen Ausgang für diese "losen Enden" ausdenken. Mist, schon schwer genug die "losen Enden" aufzulösen, welche durch Spielerhandlungen entstehen - warum soll er sich jetzt auch noch die losen Enden irgendwelcher Rollenspielautoren kümmern? Was macht also unser SL? Er ruft "Hilf mir großer Rollenspielverlag, du bist meine letzte Hoffnung!" und irgendwann kommt der Verlag mit einem Quellenband rüber welcher eben diese "wichtigen Fragen" beantwortet und alle sind glücklich (naja, alle bis auf diejenigen SL, welche sich dafür entschieden haben den "adventure seed" in ihrer Kampagne zu verwenden und damit aus der Spielwelt ausgeschlossen wurden...).

Aber natürlich kann man das ja alles ignorieren... ::)
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Arbo am 16.01.2010 | 17:18
Ich finde zwar die Bezeichnung "situatives Element" etwas unglücklich ... dem Sinn nach aber treffend beschrieben. Ich würde dort aber noch den "offenen Charakter" der jeweiligen Situation betonen. Damit meine ich, dass sich diese Situationen nicht einfach "lösen" lassen. Es gibt halt Vorbehalten von Bevölkerungsteil X und Bevölkerungsteil Y ... klar, kann da eine Abenteuer|innengruppe Obermotz X und Obermotz Y "killen", lösen wird's den Konflikt aber nicht.

Arbo
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: 1of3 am 16.01.2010 | 19:07
Metaplot heist doch,daß im Hintergrund Dinge ablaufen unabhängig von dem was die PCs machen,oder ?

Metaplot heißt, dass die Geschichte des Hintergrunds außerhalb des ursprünglichen Buches von den Autoren weitergesponnen wird.
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: YY am 16.01.2010 | 19:25
(Ich verstehe "komplexe Settings" mal als solche, die entweder sehr detailreich von Verlagsseite ausgearbeitet sind oder aus anderen Gründen eine lange Einarbeitungszeit erforderlich machen).

Ich sehe keinen großen Abschwung komplexer Settings.

Die Schwergewichte wie DSA gibt es noch immer, und die haben weiterhin ihre treuen Fans.

Es ist meiner Wahrnehmung nach aber so, dass es heute deutlich mehr Rollenspiele gibt, die mit dem GRW "fertig" sind und wo dann (absichtlich) nichts mehr oder nicht mehr viel kommt.

Das liegt wohl auch daran, dass detailreich ausgearbeitete Settings kein wirklich gutes Alleinstellungsmerkmal für ein neues Spiel sind - denn die Leute, die Spaß daran hätten, haben in ihr in Jahrzehnten gewachsenes Schwergewicht viel investiert und betrachten ein zweites Schwergewicht meist nicht als lohnende Investition.

Es als neues Rollenspiel in dieser Beziehung mittel- oder gar kurzfristig z.B. mit DSA aufnehmen zu wollen, muss scheitern - allein schon am Arbeitsaufwand.

Komplexe Settings sind da also eher Nebenerscheinung bzw. kommen später mal dazu, das Spiel muss aber auch ohne auf eigenen Füßen stehen können.


Komplexe Settings sind also IN, weil DSA, verschiedene D&D-Settings und andere immer noch eine riesige Fangemeinde haben und da keine großen Änderungen abzusehen sind.


Komplexe Settings sind in dem Sinne OUT, dass es neue Rollenspiele mit komplexen Settings oder zumindest dem Anspruch, mal ein Setting-Schwergewicht zu werden, verdammt schwer haben.
Das wäre aber schon immer so gewesen, wenn es früher schon mehr Rollenspiele gegeben hätte  ~;D
Titel: Re: Komplexe Settings -- nicht mehr 'in'?
Beitrag von: Felix R am 17.01.2010 | 15:14
Ja, irgendwie schon. Die meisten Spiele (hallo oWoD, DSA) übertreiben das aber bis hin zur völligen Entprotagonisierung der Spielercharaktere - und das mögen viele Leute halt nicht.

Hm, ich habe es aber bei der oWoD nie so einschränkend wahrgenommen.
Vielleicht lag das daran, dass in fast allen Büchern die ich kenne mehrere Gründe/Möglichkeiten/Wege/... des Metaplots genannt werden?

Ich persönlich mag Metaplot da ich ihn ja auch einfach ignorieren kann, mir da aber eben die Informationen gegeben werden, welche
die Systemersteller hatten. Ich seh welche Gedanken sie hatten, was sie glauben, dass wer wieso tun wird und so weiter.

Noch besser finde ich, wenn der Metaplot auf mich zugeht, mir Möglichkeiten gibt, ihn umzusetzen und das Spiel zu bereichern.
Denn wie gesagt, ignorieren kann ich ihn so oder so und gezwungen, mir Bücher die sich vor allem um den "größeren Maßstab" in der
Spielwelt kümmern, zu kaufen bin ich nicht.