1.Die Leichenhalle
Wir schreiben das Jahr 1830, die Charakter weilen im Kerberos Club. Frederic Chandler gehört quasi zum Inventar, da er schon im Vorläufer des Clubs dem „Hades“ Kaffeehaus als junger Adeliger logierte. Der gut Delacey wurde vor ein paar Monaten von Bedlam hier her gebracht und macht deutliche Fortschritte. Allerdings vernachlässigt er bisweilen die Rasur. Mma Tseguni stieß bei ihren Streifzügen durch London auf den Club. Anders als sonst, schien hier niemand besonders erstaunt oder erschreckt über ihre geisterhafte Erscheinung. Daher schaute sie immer öfter vorbei.
Weitere Mitglieder, die zur Zeit im Club wohnen sind:
- Dr. Frank Meißner, ein Mesmerist und später Schüler von Franz Anton Mesmer.
- Anna Kursakowa, blinde Pianistin und ehemalige Patientin von Meißner, die sich an Hand von Klicklauten und Schallwellen mit schlafwandlerischer Sicherheit orientieren kann.
- Lady Victoria Ashcroft, eine vergnügungssüchtige Femme Fatale und Abenteurerin - die Männer liegen ihr zu Füßen.
- Maceo Parker, entflohener Sklave aus den Südstaaten, der erst kürzlich von Mitgliedern des Clubs auf einem Schiff im Hafen gefunden wurde. Er kann seine Hautfarbe und sein Äußeres chameleonartig anpassen. Nachts wacht er oft schreiend auf und ruft unaussprechliche Namen.
Dr. Frank Meißner gibt den Spielern den Auftrag eine Leiche im St. James Hospital näher in Augenschein zu nehmen. In einem ärmeren Stadtviertel sei ein spärlich bekleideter Mann aufgetaucht und zusammengebrochen. Als man ihn untersuchte, konnte nur noch sein Tod festgestellt werden und man fand heraus, dass er aus mehreren unterschiedlichen Körperteilen grobschlächtig zusammen genäht worden war. Nach medizinischen Gesichtspunkte hätte er nie lebendig herum laufen können. Eben diesen Leichnam gilt es zu untersuchen und zu verhindern, dass diese Sache noch mehr Aufsehen erregt.
In einer Droschke macht man sich sogleich auf zum St. James Hospital. Dort erweist sich die Krankenschwester an der Rezeption als hartnäckig. Zunächst versucht Chandler sein Glück, als Schriftsteller, der einen kuriosen Leichnahm besichtigen möchte, für seine Recherchen zu einem Buch. Es gelingt ihm schließlich, den diensthabenden Arzt herbeizitieren zu lassen. Dieser lässt ihn zwar abblitzen, doch Chandler kann kurz seine oberflächlichen Gedanken lesen. „Der meint doch wohl nicht diese Leiche, die wir im Keller liegen haben...“, schnappt er auf. Gekonnt spielt er den Irren, für den er mittlerweile gehalten wird und kritzelt noch schnell auf einen Zettel, was er herausgefunden hat, zerknüllt diesen und wirft in in die Nähe von Delacie, der sich im Hintergrund gehalten hat.
Dieser hebt den Zettel auf, wirft einen flüchtigen Blick darauf und wirft ihn fort. „Solche Perverse kommen hier jeden Tag vorbei...“, meint die Schwester zu ihm. Nun versucht Delacey sein Glück, in dem er sich als ein gewisser Smith ausgibt, der einen letzten Blick auf seinen verstorbenen Bruder werfen will. Derweil schleicht sich Mma Tseguni unbemerkt in den Keller. Da der gute Doktor keine entsprechenden Papiere besitzt blitzt auch er ab.
Anmerkung: Beides wurde als mentaler Konflikt ausgespielt (Überzeugen ist bei Strands ein mentaler Konflikt, da mentale Einstellungen / Gedanken beeinflusst werden).
Zwischenzeitlich stößt Mma Tseguni im Keller des Hospital auf die Leichenhalle. Sie findet tatsächlich eine Leiche, die grob zusammengenäht erscheint. Dank ihrer telekinetischen Fähigkeiten lässt sie das Leichentuch aufwallen, um einen Blick darauf zu werden. „George, bis du das...“, hört sie plötzlich hinter sich. Schnell versteckt sie sich in einer schattigen Ecke. Kurz darauf betritt ein Mann die Leichenhalle, offenbar ein Arzt. Er rückt das Leichentuch wider zurecht. Als er sich umdreht schaut er kurz in die Ecke, in der Mma steht. Sie versucht noch durchscheinender zu erscheinen als sonst und noch mehr mit dem Schatten zu verschmelzen. Schließlich schüttelt er den Kopf und geht in den Autopsie-Raum. „George, langsam sehe ich hier unten Geister“, äußert er noch. Ein letztes mal lässt Mma das Leichentuch aufwallen und wirft einen genaueren Blick auf den Leichnam. Sie entdeckt eine Stelle an jeder Schulter, die wie verbrannt oder verrußt aussieht. Danach macht sie sich auf den Weg zu Frederic und dem Doktor.
„Hättet ihr das nicht unauffälliger machen können“, empfängt sie der Doktor. „Ich bin ganz normal durch die Tür gegangen“, erwidert sie. „Genau das meine ich, 'durch' die Tür, vielleicht hättet ihr sie vorher aufmachen sollen“, entgegnet Delaciey.
(Teil 2 der Spielsitzung folgt)
Hier kommte der 2. Teil der Session
Man berät sich kurz und beschließt, in bester Tradition des Clubs, die Leiche zu stehlen. „Irgendwo ist ein Fehler in dem Plan, aber ich komme nicht darauf...“, grübelt Chandler noch eine Weile. Unterdessen lässt sich Lady Ashcroft, mit der Aussicht, dass es sich um eine gefährliche und aufregende Unternehmung handelt, dazu überreden, die Fluchtkutsche zu fahren.
Schließlich entdeckt man einen Hintereingang am Hospital (Deklaration über FP). Lady Ashcroft spendet eine Haarnadel, um das Schloss zu öffnen. Durch die Leichenrutsche begibt man sich in die Leichenhalle, während Lady Ashcroft mit der Kutsche wartet. Dabei wird mit derartigem Elan vorgegangen, dass es sich erst später erschließt, dass ein Seil von großem Nutzen gewesen wäre.
Unten angekommen findet sich recht schnell der gesuchte Leichnam. Während Delacey und Chandler ihn für den Transport vorbereiten, bemerkt Mma Tseguni eine Bewegung im Nachbarraum. Als sie dem nachgeht wird sie von einem weiteren zusammengenähten Zombie angegriffen. Sie setzt sich mit ihrem Regenschirm und der Belehrung, dass man so keine Dame behandelt zur wehr. Da sie substanzlos ist, gehen die Schläge des Zombies durch sie hindurch. Der gute Doktor und unser Schriftsteller eilen ihr zu Hilfe. Während der Doktor mit einem gut platzierten Kinnhaken, die Aufmerksamkeit auf sich lenkt, schnappt sich Chandler ein Schnüreisen aus dem Krematorium. Mma Tseguni verlegt sich darauf, mit dem Gefuchtel ihres Schirms Verwirrung zu stiften. Als das misslingt, versucht sie mit ihren telepathischen Kräften eine Trage auf den Zombie fallen zu lassen. Leider bewegt sich diese nur ein klein wenig.
Anmerkung: Die Ablenkung durch den Regenschirm haben wir als Manöver ausgespielt, mit dem der Aspekt „abgelenkt“ auf den Zombie gelegt werden sollte. Leider hat das Manöver nicht geklappt. Es kam auch mal wieder die Frage auf, wie sich ein Überzahlbonus im Spiel bemerkbar macht. Die Antwort wäre, dass man per Manöver einen Aspekt wie „in die Zange genommen“ auf den Gegner legt. Insgesamt stecken da noch viele taktische Möglichkeiten in den Regeln, die noch nicht so zum tragen kommen.
Während Chandler mit dem Schürhaken wenig auszurichten vermag, entdeckt der Doktor eine aufgehende Naht an dem Zombie und konzentriert seine Schläge darauf. Seine Erfahrungen als Mitglied des „Bedlam-Fight-Club“ erweisen sich dabei als überaus hilfreich. Der Zombie fällt regelrecht auseinander. Delacey entsorgt die Überreste im Krematorium und macht sich gemeinsam mit Chandler daran, den Leichnam nach oben zu schaffen. Zum Glück hat Lady Ashcroft das dringend benötigte Seil dabei.
Während Delacey und Chandler die Leiche mit vereinten Kräften hinauf ziehen, hören sie Stimmen von draußen. „Was machen sie den zu so später Stunde hier draußen, M'am“, will ein Bobby von der guten Lady Ashcroft wissen. Kurzentschlossen benetzt sich Chandler mit etwas Alkohol aus dem angrenzenden Lagerraum (Deklaration über FP) und tritt hinaus in die Nacht.
„Da bist du ja Schatz, gut das du gewartet hast“, empfängt er Lady Ashcroft. Leider erweist sich der so genannte „Peeler“ als hartnäckiger Bursche. Chandler hat alle Mühe, ihn davon zu überzeugen, dass er ein Arzt des Krankenhauses ist und seine Angetraute hier auf ihn wartet. Vielleicht war das mit dem Alkohol doch keine so gute Idee. Mit den Worten: „Der redet sich ja um Kopf und Kragen“, kommt ihm dann doch noch der Doktor zu Hilfe. Er holt einen verzierten „Flachmann“ aus der Tasche (Deklaration über FP) und gesellt sich zu Chandler. „Ihr sucht, glaube ich, das hier“, wendet er sich an Chandler und hält ihm das verzierte Fläschen unter die Nase. Gemeinsam gelingt es ihnen schließlich, den Polizisten soweit zu verwirren, dass er murmelnd ihm Londoner Nebel verschwindet. Lady Ashcroft ist sichtlich amüsiert. Die Leiche wird zurück in den Club geschafft.