Ich muss wohl ein wenig ausholen, bevor ich zum eigentlich Diary kommen kann.
Meine "aktive" Shadowrun Zeit ist nun 10 Jahre vorbei. Damals liefen die Abenteuer eigentlich immer gleich: Man bekam den Auftrag, plante eine Weile (meistens mehrere Stunden) wie man den Run denn nun durchziehen wollte und bei der Ausführung zeigte sich immer, dass wir Amateure waren. Eigentlich immer übersahen wir die eine Wache, Kamera oder sonstige Sicherheitseinrichtung. Es kam immer zu einer Schießerei und mit unseren hochgezüchteten Cybermonstern mähten wir natürlich alles um! Ja, das war eine einfache Zeit, aber man hatte auch damit irgendwie Spass, jedenfalls eine Zeit lang.
Heute sehe ich die Sache etwas anders. Ich bin noch immer ein ganz erbärmlicher Taktiker und solche Planungsphasen sind für mich der Inbegriff der Langeweile geworden. Trotzdem mag ich das Cyberpunk Genre und Shadowrun ins besondere und ab und zu junkt es mich schon wieder in den Fingern, mal wieder ein paar Chummer zu einem Team zu formen und in die Schatten abzutauchen.
Deshalb haben wir uns ein paar Regeln zusammengelegt, die das Spiel beschleunigen und uns dabei helfen sollen, mal wenigsten in Grundzügen wie ein paar Profis rüberzukommen. Hier findet man den Bericht für ein Testspiel mit einer Vorversion der Zusatzregeln. Im Prinzip ist es auch nichts neues, nur ein Art Bennie Punkte um die Spieler zu empowern. Bei mir nenne ich sie Resourcenpunkte um im SR Jargon zu bleiben.
In der jetzigen Version sind noch Drama Karten hinzugekommen. Für mich ist ein perfekt laufender Run vor allem eines: Langweilig! Erst die auftauchenden Probleme machen die Geschichte gut und sorgen somit für Spass! Die Dramakarten sollen Spielern die Möglichkeit geben einen einfachen Plot zu verkomplizieren. Sie bekommen es selbst in die Hand, wie schwer sie es sich machen wollen. Da nach meiner bisherigen Definition der Spass der Gruppe ja aus diesen Komplikationen kommtbekommen sie dann auch eine Belohnung: Jede ausgespielte Karte bringt dem Spieler (und nur ihm) einen Karmapunkt! Jede Karte die der Spielleiter ausspielt, bringt einen Punkt Karme für jeden anwesenden Spieler.
Aber: Jede Karte die ausgespielt wird, muss auch eine richtiges Problem für die Gruppe darstellen!
Ein weiterer toller Nebeneffekt ist dabei (oder sollte zumindest sein), dass man mit minimaler Vorbereitung ein tolles Spielerlebnis bekommt!
Mit diesen Regeln dann ausgestattet, haben wir uns am Samstag dann zusammengefunden. Als Spielleiter hatte ich mir am Vorabend noch einen "Plot" zusammengestellt, der eigentlich nur aus der Idee entstammte, die Spieler einen Zug überfallen zu lassen. Da ich ein paar Pläne von Zug-Wagons auf meiner Platte gefunden habe, konnte ich sogar ein paar Handouts vorweisen. Alles in allem keine 10 Minuten Vorbereitungszeit.
Man kann also festhalten, das es sich um ein sehr offenes Spiel gehandlet hat, bei dem die Spieler jede Menge mit zu reden hatten. Wie kann es den dann zu einen TPK kommen?
[gelöscht durch Administrator]
Wie gesagt, wir trafen uns am Samstag gegen 9 Uhr zum gemeinsamen Frühstück. In dieser Runde sind wir etwas gediegener geworden, man trifft sich selten, aber dafür mit man sich ausreichend Zeit. Einer alten hergebrachten Tradition folgend werden während dem Frühstück 4 Sektflaschen vernichtet.
Ich glaube, dass kommt daher, dass ein Gastgeber mal unliebsame Alkoholika vernichten wollte, die ihm zu irgendwelchen Festen geschenkt worden waren.
Danach gibt es noch ein paar Worte zu den Regeln und auf was die Leute zu achten hatten. Dann geht es zum Kreeiern der Helden, was zwar schneller ging als mit den herkömmlichen Regelwerk, doch immernoch sehr zeitaufwendig war.
Falls ich mich nochmal dran setze und weitere Hausregeln ins SR3.01D einbauen will, werde ich mir für den Punkt was überlegen müssen. Oder man experimentiert einfach mit anderen Regelwerken.
Spieler1: Zwergenrigger
Spieler2: menschlicher Ki-Adept
Spieler3: noch ein menschlicher Ki-Adept
Spieler4: einen Troll-Decker/Bastler/Schläger
Spieler5: menschliches Face
Gut, endlich sind wir fertig damit (der ganze Prozess hat bestimmt eine Stunde Zeit gekostet) und wir kommen zum wichtigsten Punkt: Ich eröffne das Thema des Spiels (Zugüberfall) und frage die Spieler, wieviele Dramakarten wir verteilen sollen. Es wird entschieden, das der Leiter 4 Karten auf die Hand bekommt, jeder Spieler soll nochmals 2 Karten ziehen. Die Karten habe ich ausgedruckt, auf Pappe geklebt (ist einfach griffiger) und in einer Box verwahrt, so das jeder seine Karten blind ziehen kann.
zeigte: "Gift", "Verzweiflung", "Drogen", "Hilfe"
Spieler1: "Streit" und "Blut"
Spieler2: "Hilfe" und "Gier"
Spieler3: "Amok" und nicht ausgespielte Karte
Spieler4: "Sabotage" und "Tod"
Spieler5: "Angst" und nicht ausgespielte Karte
Nach einer schnellen Szene mit dem Johnson, fängt das Spiel an. Man soll eine Kiste mit einem Kunstgegenstand entwenden. Man fängt an sich ein paar Gedanken zu machen und die Spieler betreiben nebenbei ein wenig Kneipen-Charakterspiel. Spieler4 beschreibt dabei nett, wie sein Troll die ganze Zeit die Erdnüsse wegfuttert. Tja, da hab ich doch dann gleich mal die erste Karte geworfen:
DROGEN: Ein Dealer kommt rein und will seine zwischen den Erdnüssen versteckte Pillen abholen! Tja, leider hast du sie schon runtergeschluckt!
Damit hatten wir einen Troll auf Droge, aber das war noch ganz lustig und bis auf ein paar Proben-Aufschläge ist auch nicht viel passiert.
Die Planung geht weiter und man experimentiert mit den Resourcenpunkten. Man besorgt über eine Connection einen Helikopter, den man dann weiterer Resourcenpunkt auch fernlenken kann. Es stellt sich heraus, dass der Zug durch einen Tunnel fahren wird, in dem er keinen Funk-Kontakt hat, was damit ein hervorragender Platz für den Überfall abgibt. Aber eigentlich ist man sich zu faul, erst dort auf den Zug aufzusteigen. Mit weiteren Punkten läßt sich die gesamte Gruppe in Kisten verschicken und man manipuliert die Computer so, dass diese Kisten in eben jenem Wagon transportiert werden, in dem auch die Ware steht. Um dann schnell abhauen zu können kauft man sich noch 2 Motorräder und einen Quad hinzu. Damit war es dann genug der Vorbereitung und Planungsphase!
Bis hierher alles okay, die öde Planung war schnell vorbei und der Plan verspricht doch eigentlich ganz gut zu werden! Auch scheint die Action nicht zu kurz zu kommen, scheinen die doch mit den Bikes vom fahrenden Zug springen zu wollen!
Ich spule dann bis zur nächsten wichtigen Szene vor und das ist dann, als der Zug in den Tunnel einfährt. Ich zeige an dieser Stelle den Plan des Wagons, den ich natürlich als gut vorbereiteter SL griffbereit dabei habe.
Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich als "gut vorbereiteter" SL das Grundregelwerk daheim hab liegen lassen?
Die Kisten der Helden sind etwas dämlich übereinander gestapelt und 5 Wachen sind in dem Abteil, welche aber durch einen Resourcenpunkt weggekauft werden. Das ist dann ein guter Zeitpunkt für meine zweite Karte:
GIFT: wenn das Abteil nicht bemannt ist, wurde dort Betäubungsgas freigesetzt
Hört sich schlimmer an als es ist, die Spieler kaufen sich mit weiteren Punkten Gasmasken. Beim Aussteigen aus den Kisten sind sie aber etwas laut. Noch schlimmer wird es, als Spieler1 dann seine este Karte wirft:
STREIT: Die Charaktere fangen an sich lautstark zu streiten!
Das ruft die Wachen auf den Plan und ich spiele gleiche eine weitere Karte:
HILFE: Nicht nur die 5 Wachen kommen an, sondern von dem anderen angrenzenen Abteil weitere 5!
Die Runner haben es also gleich mit 10 Wachen zu tun, die aber erst das Gas ablassen. Schnell springen alle in ein Versteck. Die Heimlichkeitsproben werden alle mit massig Erfolgen bestanden, während die Wachen komplett ihre Wahrnehmung versieben. Das wäre dann ja nochmal gut gegangen, aber da meldet sich Spieler1 wieder zu Wort:
BLUT: Durch den Sturz leicht verletzt, hat sein Zwerg eine Blutspur hinter sich hergezogen, die dei Wachen bemerken
Ihr merkt schon, die Karten folgen Schlag auf Schlag! Ich ziehe meinen letzten Trumpf:
VERZWEIFLUNG: Eine Wache schreit: "Nicht schon wieder" und durchlöchert mit seiner MP die Kisten, in denen sich die Charaktere verkrochen haben.
Tja damit hat Spieler1 nicht gerechnet, aber Combos waren ausdrücklich erlaubt! Was der Wache widerfahren war, das sie zu so einer "verzweifelten" Handlung bewegt hat, haben wir übrigens niemals geklärt.
Im folgenden Kommt es zu einer wilden Schießerei, in der die restlichen Resourcenpunkte verbraten wurden, um den Charakteren den Arsch zu retten. Währenddessen spielen Spieler3 und Spieler5 jeweils eine Karte mit folgenden Auswirkungen:
AMOK: Ein Wachmann dreht vollkommen durch, und schießt beidhändig mit 2 Mps vollautomatisch auf die Charaktere
ANGST: Der Charakter von Spieler5 will panisch aus dem Wagon hüpfen, was er sich aber nicht traut. Deshalb bleibt er erstmal wie gelähmt handlungsunfähig.
(was er später aber zu seinem Vorteil ausgenutzt hat, konnte er doch gut schauspielern und an eine Wache herankommen und sie mit einem direkten Kopftreffer ausschalten)
Am Ende des Kampfes sind fast alle Charaktere verletzt, teilweise schwer. Von mir ist ja nicht mehr zu erwarten, deshalb will ich das Abenteuer schon abschließen und mit dem Mittagessen beginnen, doch Spieler 2 und 4 wollen noch ihre Karten spielen.
Dabei drängt sich mir die Frage auf, was ist den nun anders, wenn man es mit früher vergleicht? Eigentlich nichts, man hat einen Plan und vergeigt ihn gründlich. Es kommt zur Schießerei, bei der man alle Gegner gnadenlos niedermäht.
Früher hat man versucht mit allem Hirnschmalz einen perfekten Plan zu machen und ist gescheitert. Jetzt hatte man einen perfekt laufenden Plan und hat seine grauen Zellen bemüht, eben jeden zunichte zu machen. Wenn es also zur Schießerei kommt, dann hat man ein Erfolgserlebnis!
Irgendwie verständlich? Nein? Naja, dann war aber die Planungsphase immernoch deutlich kürzer
Deshalb wird erstmal die Mittagspause eingeschoben, dann wird zur Verdauung noch ein großzügiger Schluck Whisky genossen (Der Gastgeber meinte es sehr gut mit uns, das waren mindestens 8-fache).