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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: ErikErikson am 18.02.2011 | 12:38

Titel: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: ErikErikson am 18.02.2011 | 12:38
Der Rückgriff im Rollenspiel auf die Realität ist schwierig, weil Realität je nach Betrachter unterschiedlich wahrgenommen wird. Ein typisches Beispiel ist Fachwissen, das im Hinblick auf den jeweiligen Fachbereich ganz unterschiedliche Dinge erwarten lässt. Gewisse Rahmenbedingungen werden fast immer aus der Realität übernommen, z.B. die Existenz von Schwerkraft und Sauerstoff, die Kommunikation über Sprache usw, soweit nicht explizit anders im Setting angegeben. Darüber hinaus wird die Realität aber auch herangezogen, um alle möglichen Sachverhalte als Spielrealität zu etablieren, was häufiger zu Problemen führt, da nicht jeder den Anspruch hat, mit RPG die Realität abzubilden.
Ist es besser, von gemeinsamen Vorstellungsraum, Plausibelität oder vorhersagbarem Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zu sprechen? Soll man nur noch mit Genrekonventionen und Vorhersagbarkeit arbeiten, und die Realität ganz aussen vor lassen?

Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: El God am 18.02.2011 | 12:39
Ja.  :)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: 8t88 am 18.02.2011 | 12:41
Ich nehme schon seid Jahren "realistisch" raus und ersetze es durch "glaubwürdig".
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: gunware am 18.02.2011 | 12:41
Ist es besser, von gemeinsamen Vorstellungsraum, Plausibelität oder vorhersagbarem Ursache-Wirkungs-Zusammenhang
Das ist doch genau das, was doch das Begriff Realität in RPG meint? Oder bin ich da auf dem Holzweg?
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Zwart am 18.02.2011 | 12:44
Ich schreibe eigentlich auch nur noch von "plausibel" oder "glaubwürdig" und setze das Ganze immer in Verbindung zum Genre. Sobald irgendwer die Realismus-Keule schwingt bin ich draußen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: carthoz am 18.02.2011 | 12:45
Was Zwart sagt.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: kalgani am 18.02.2011 | 12:46
Zitat
Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?

Ja.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 18.02.2011 | 13:00
Was Fairy Tale sagt.

Wir sind etwas rekursiv heute, was?
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: 6 am 18.02.2011 | 13:01
Was Destruktive_Kritik sagt.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Teylen am 18.02.2011 | 13:03
Nein.

[Wir sind doch hier nicht bei 'ner Spielshow wo man kein Schwarz, Weiss, Blau, Oben, Unten sagen darf]
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: El God am 18.02.2011 | 13:09
Ich stütze mich bei meinem "Ja" schlicht auf Eriksons Erläuterung. Magst du deinen gegenteiligen Standpunkt vielleicht darlegen?
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Teylen am 18.02.2011 | 13:13
Es gibt eine in sich geschlossene, fiktive Spielwelt Realitaet.
Es gibt Definitionen sowie Vorstellungen was innerhalb der Spielwelt realistisch ist und was nicht.
Es gibt Definitionen sowie Vorstellungen was innerhalb der Spielwelt glaubwuerdig ist und was nicht.

Ich sehe keinen Anlass das nun durch Sprachreinigung zu verwischen und unkenntlich zu machen.
Zumal es ebenso keinen von realweltlichen Vergleichen von Spiel Mechaniken, Regel Auswirkungen oder anderen Thema abhaelt. Wobei hinzukommt das ich ein solches Denk-/Diskussionsverbot unsexy faende.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Beral am 18.02.2011 | 13:22
Ist es besser, von gemeinsamen Vorstellungsraum, Plausibelität oder vorhersagbarem Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zu sprechen? Soll man nur noch mit Genrekonventionen und Vorhersagbarkeit arbeiten, und die Realität ganz aussen vor lassen?
Plausibel ist all das, was durch Regeln und Settingbeschreibung definiert wird. Steht da, dass Magier durch die Luft schweben können, dann ist das plausibel.

Alles das, was Regeln und Settingbeschreibung nicht definieren, wird mit Realismus gefüllt. Und das ist der Großteil der Weltvorstellung! Es ist so selbstverständlich, dass es uns überhaupt nicht auffällt. Wenn nirgends steht, dass in Aventurien das Gras schwarz ist, nehmen wir an, dass es grün ist.

Die Realität kannst du dann nicht außen vor lassen, wenn es um Dinge geht, die von Regeln nicht festgelegt sind, im Spiel aber relevant werden.

Wenn es Diskussionen gibt, geht es manchmal um Dinge, die in den Bereich der Plausibilität fallen und manchmal um Dinge, die in den Bereich des Realismus fallen. Das kannst du nennen, wie du willst. Durch eine Umbenennung der Begriffe wird die Diskussion weder gelöst noch vereinfacht.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: gunware am 18.02.2011 | 13:24
Es gibt eine in sich geschlossene, fiktive Spielwelt Realitaet.
Es gibt Definitionen sowie Vorstellungen was innerhalb der Spielwelt realistisch ist und was nicht.
Es gibt Definitionen sowie Vorstellungen was innerhalb der Spielwelt glaubwuerdig ist und was nicht.
So ist es.
Es ist realistisch, dass ein Dieb einem Chara die Kehle durchschneiden kann und ihm töten. Es ist aber nicht glaubwürdig, weil die Regel die Charas bevorzugen und nicht erlauben, Chara mit einem einzigen Messerstich zu töten.
Die Bewohner der Welt würde es nicht wundern, wenn jemand mit durchgeschnittener Kehle in Kürze tot wäre, die Spieler (wenn es ein Chara ist und nach Regeln gespielt wird) aber schon.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Teylen am 18.02.2011 | 13:27
Ich meinte auch so etwas wie:
Es ist in der alten Welt der Dunkelheit, fuer alle (Spiel) Realitaet das es Vampire gibt.
Es ist in der alten Welt der Dunkelheit, nicht fuer jeden Glaubwuerdig das es Vampire gibt.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 18.02.2011 | 13:30
Nein.

[Wir sind doch hier nicht bei 'ner Spielshow wo man kein Schwarz, Weiss, Blau, Oben, Unten sagen darf]

Das Wort "Realismus" ist an sich einfach ungünstig. Streng genommen ist so etwas wie eine "Spielwelt-Realität" doch paradox. Es ist imo unmöglich, eine derartige Realität, die ja rein fiktiv wäre, ausreichend zu definieren, um in irgendeiner Diskussion darauf zurückgreifen zu können. Denn durch die Fiktion ist sie erst einmal beliebig und um das nicht mehr zu sein, müsste sie umfassend ausdefiniert werden. Soviel kann man aber gar nicht schreiben, um auch nur alle relevanten Lücken zu stopfen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: kirilow am 18.02.2011 | 13:31
Soll man nur noch mit Genrekonventionen und Vorhersagbarkeit arbeiten, und die Realität ganz aussen vor lassen?
Nein, das wäre dumm und fahrlässig. Der Rekurs auf die Realität ermöglicht Rollenspiel ja erst.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: gunware am 18.02.2011 | 13:33
Ich meinte auch so etwas wie:
Es ist in der alten Welt der Dunkelheit, fuer alle (Spiel) Realitaet das es Vampire gibt.
Es ist in der alten Welt der Dunkelheit, nicht fuer jeden Glaubwuerdig das es Vampire gibt.
Bevor ich das Beispiel mit der durchgeschnittener Kehle schrieb, habe ich mit einem Beispiel aus unserem Mittelalter angefangen - dass es realistisch ist, dass man mit einem Schiff nach Amerika kommt, obwohl es nicht glaubwürdig ist, dass die meisten Leute es auch glauben würden. Aber dann habe ich mich doch lieber für das Beispiel mit der durchgeschnittener Kehle entschieden, weil es mir noch besser passender erschien.  ;)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: ErikErikson am 18.02.2011 | 13:35
Plausibel ist all das, was durch Regeln und Settingbeschreibung definiert wird. Steht da, dass Magier durch die Luft schweben können, dann ist das plausibel.

Alles das, was Regeln und Settingbeschreibung nicht definieren, wird mit Realismus gefüllt. Und das ist der Großteil der Weltvorstellung! Es ist so selbstverständlich, dass es uns überhaupt nicht auffällt. Wenn nirgends steht, dass in Aventurien das Gras schwarz ist, nehmen wir an, dass es grün ist.

Die Realität kannst du dann nicht außen vor lassen, wenn es um Dinge geht, die von Regeln nicht festgelegt sind, im Spiel aber relevant werden.

Wenn es Diskussionen gibt, geht es manchmal um Dinge, die in den Bereich der Plausibilität fallen und manchmal um Dinge, die in den Bereich des Realismus fallen. Das kannst du nennen, wie du willst. Durch eine Umbenennung der Begriffe wird die Diskussion weder gelöst noch vereinfacht.

Es geht mir nicht nur um den Begriff, sondern auch um den Bezug auf die Realität als Grundlage für Phänomene im Spiel.
Es gibt nicht viele Dinge, die weder von den Regeln festgelegt, noch durch das bisherige Verhalten der Gruppe vorhersagbar gemacht, noch durch Genrekonventionen definiert worden sind. Wenn solche Dinge auftreten, etwa, wie schnell eine Rüstung durch Feuer verbrennt (falls nicht durch Regeln usw. festgelegt), dann würde ich diese Diskussion nicht mit dem Rückgriff auf Realität führen (Holz brennt laut Wiki so und so schnell), sondern mit Bezug auf die oben genannten Begriffe. Reichen diese nicht aus, so würde ich einen gemeinsamen Nenner suchen, der sich aber nicht an der Realität orientiert, sondern an den Erwartungen der Gruppenmitglieder.  

Grundlegende Prinzipien, wie die Farbe von Gras, würde ich ebenfalls nicht mit Bezug auf die Realität klären, sondern wieder durch die Erwartungen der Gruppenmitglieder. Es geht also darum, das Realität nicht mehr als Grundlage für Spielphänomene herangezogen wird, sondern nur die Erwartungen der Gruppenmitgleider. Diese wiederum basieren teilweise auf der Realität. Der Rückbezug von Spielphänomenen auf Realität überspringt also die Ebene der Erwartungen. Da die Ebene der Erwartungen IMO alles spielrelevante beinhaltet, ist es eventuell unnötig, auf die Realität Bezug zu nehmen.   
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: gunware am 18.02.2011 | 13:39
der sich aber nicht an der Realität orientiert, sondern an den Erwartungen der Gruppenmitglieder.  
Hm na ja, aber das ist doch die Spielwelt-Realität, oder nicht? Wenn alle erwarten, dass gecrashte Autos explodieren in 99% der Fälle explodieren, dann tun sie es auch meistens, obwohl es vielleicht nur in 5% der Fälle in der Wirklichkeit passiert. (Zahlen absolut aus der Luft gegriffen.) Dann ist es doch die Realität. Oder verwechsle ich etwas?
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: alexandro am 18.02.2011 | 13:40
Alles das, was Regeln und Settingbeschreibung nicht definieren, wird mit Realismus gefüllt. Und das ist der Großteil der Weltvorstellung! Es ist so selbstverständlich, dass es uns überhaupt nicht auffällt. Wenn nirgends steht, dass in Aventurien das Gras schwarz ist, nehmen wir an, dass es grün ist.
Nein. Die Weltvorstellung wird mit FAKTEN gefüllt. Sobald jemand sagt "Die Charaktere laufen eine tiefblaue Wiese..." ist das Gras in der Spielwelt (oder zumindest in der bespielten Region) blau. Punkt.

Solange nichts genaues gesagt wird, hat man bestenfalls ein paar <Platzhalter>, welche möglicherweise auf (Teilen) unserer Realität basieren. Diese Platzhalter auf Teufel komm raus durchdrücken zu wollen (und damit an der Beschreibung der anderen rumzumäkeln - "Nein, die Wiese muss grün sein, weil in der Settingbeschreibung steht nichts anderes und daher muss es so wie in der Realität sein!") ist aber mMn ein Zeichen mangelnder Reife.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Boba Fett am 18.02.2011 | 13:41
Antwort:
Egal, denn es werden sich niemals genug Leute daran halten.

Vielleicht wäre es passender von Plausibilität und nicht von Realismus zu reden.
Aber "realistisch" ist so sehr umgangssprachlich durchgesetzt, dass man damit leben müssen wird,
immer wieder diese Begrifflichkeit wahrzunehmen.

Einmal abgesehen davon ist der Begriff "Realität" durch die Verwendung im IT Bereich bei "virtueller Realität" doch gar nicht so unpassend. Denn auch dort wird eine nicht reale Umgebung geschaffen, in der nicht der Realität entsprechende Situationsbedingungen ("Gesetze") herrschen und auf die man im Rahmen seiner Möglichkeiten einwirken kann.
Wieso kann die Spielwelt eines Computerrollenspiels also die Bezeichung (virtuelle) Realität bekommen, die Spielwelt eines Tischrollenspiels aber nicht?

In meinen Augen ist die Suche nach Ersatzworten ein Drittel Haarspalterei und zwei Drittel der Versuch sich elitär zu machen und zu geben.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: ErikErikson am 18.02.2011 | 13:43
Antwort:
Egal, denn es werden sich niemals genug Leute daran halten.

Vielleicht wäre es passender von Plausibilität und nicht von Realismus zu reden.
Aber "realistisch" ist so sehr umgangssprachlich durchgesetzt, dass man damit leben müssen wird,
immer wieder diese Begrifflichkeit wahrzunehmen.

Einmal abgesehen davon ist der Begriff "Realität" durch die Verwendung im IT Bereich bei "virtueller Realität" doch gar nicht so unpassend. Denn auch dort wird eine nicht reale Umgebung geschaffen, in der nicht der Realität entsprechende Situationsbedingungen ("Gesetze") herrschen und auf die man im Rahmen seiner Möglichkeiten einwirken kann.
Wieso kann die Spielwelt eines Computerrollenspiels also die Bezeichung (virtuelle) Realität bekommen, die Spielwelt eines Tischrollenspiels aber nicht?



Man könnte ja von Spielrealität, also SR sprechen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Boba Fett am 18.02.2011 | 13:44
Man könnte ja von Spielrealität, also SR sprechen.
Und die Shadowrun-Spielrealität ist dann SRSR?  8]

Scherz beiseite:
Nein, man sollte einfach damit leben, dass Rollenspieler die von "unrealistisch" reden entsprechend "unplausibel" meinen.
Die Realismus-Keule ist doch entweder ein Kommunikations- oder Verständnis-Problem am Spieltisch, oder der unlautere Versuch eines Spielers, seine Erwartung, was in der Spielsituation hätte passieren müssen, durch dieses Totschlagargument durchzusetzen.

Erstes Problem löst man durch Kommunikation und nicht dadurch, dass man den Betreffenden erstmal eine Belehrung unterweist und dann die unlauteren Begriffe verbietet. Das löst das Problem nicht und schafft höchstens Distanz.
Zweites Problem löst man auch nicht durch Begriffs-Belehrung.

Und in anderen Fällen kann man es doch schlicht für sich "simultanübersetzen".
Das würde viele Probleme lösen...
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 18.02.2011 | 14:15
Das blöde ist ja, dass man ständig so viele verschiedene Spielweltrealitäten hat, wie Spieler am Tisch sitzen. Nur in Fällen, in denen es rumpelt, werden sie soweit angepasst, dass sie noch kompatibel bleiben.

Da wird das schwer mit der einen Realität.... Beispiel: Bartlänge des bärtigen Charakters oder tiefe des Ausschnitts der Elfin. ;)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: gunware am 18.02.2011 | 14:22
Da wird das schwer mit der einen Realität.... Beispiel: Bartlänge des bärtigen Charakters oder tiefe des Ausschnitts der Elfin. ;)
  ;D Wieso? Es ist doch vollkommen in der Realität verankert, dass der eine denkt, das Glas ist halb leer und ein anderer denkt, dass das Glas halbvoll ist. Und so ist das auch bei dem Ausschnitt bei der Elfe, es ist zu tief und es ist zu hoch. Und beides ist richtig, es hängt nur vom Standpunkt des Betrachters.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Boba Fett am 18.02.2011 | 14:30
...und das Problem wird nicht dadurch gelöst, dass man formal richtige Begriffe verwendet.

Und im Gegensatz zu manch anderem Fachwort:
Die Verwendung des formal korrekten Begriffes erleichtert oder vereinfacht die Kommunikation nicht!
Und das ist eigentlich die exististenzberechtigende Eigenschaft eines Fachwortes.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 18.02.2011 | 14:37
1) Also zumindest ich mache einen Unterschied zwischen Genre-Konvention und Spielweltrealität.

Etwas ist innerhalb einer Spielwelt realistisch, wenn es quasi ein Naturgesetz innerhalb der Spielwelt ist:
Magie ist beispielsweise ein Grundgesetz in Aventurien. Also ist es realistisch, dass Magier zaubern können.
Es ist auch realistisch, dass Drachen ihre Magie nutzen können, um zu fliegen.

Es ist jedoch unrealistisch, dass Drachen ohne Magie fliegen können. (Hier ist zu beachten, dass es nicht der Genre-Konvention widersprechenw ürde. Dennoch wäre es unrealistisch.)

Auf der andeen Seite gehört etwas zur Genre-Konvention, wenn etwas passiert, ohne dass es begründet wird:
In einem Miss-Marple Setting passieren die Morde immer da, wo sich Miss Marple gerade aufhält. Das ist nicht Spielweltrealismus sondern Genre-Konvention.

2) Ich sehe auch einen Unterschied zwischen Realismus und Plausibilität:
Plausibilität ist das, was eine Person für sich persönlich für realistisch hält.
Realismus ist, wenn eine Sache tatsächlich so eintreten könnte (unter den im Setting definierten Naturgesetzen).

Grundsätzlich besteht ein großer Unterschied zwischen Plausibilität und Realismus. Die beiden Sachen können sich aber annähern, wenn man selber vom Fach ist oder sich von Fachexperten ein paar Sachen erklären lässt. (Wichtig für die Annäherung von Plausibilität und Realismus ist es, dass der Experte erklärt, wieso das Resultat eintritt und nicht nur, was das Resultat ist.)

Fazit:
Genre-Konvention, Plausibilität und Realismus sind drei verschiedene Sachen und alle drei Begriffe haben ihre Daseinsberechtigung in einer RPG-Diskussion.

Disclaimer:
Viele Leute legen keinen Wert auf Realismus. Viele Leute haben auch Spaß mit unrealistischen Genre-Konventionen oder mit "Das-ist-halt-so". Und das ist auch vollkommen in Ordnung.
Aber es gibt auch Leute (mich z.B.), die Wert auf Realismus legen und Spaß an realistischen Settings haben. Und das ist auch vollkommen in Ordnung.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Sashael am 18.02.2011 | 14:41
  ;D Wieso? Es ist doch vollkommen in der Realität verankert, dass der eine denkt, das Glas ist halb leer und ein anderer denkt, dass das Glas halbvoll ist. Und so ist das auch bei dem Ausschnitt bei der Elfe, es ist zu tief und es ist zu hoch. Und beides ist richtig, es hängt nur vom Standpunkt des Betrachters.
Kurze Anektdote:
In einer Runde spielt ein schwarzhaariger bärtiger Mann einen Adligen, Don Raffael (Name frei erfunden mangels guten Gedächtnisses). Wortgewand, charmant und man nimmt ihm seine Rolle wirklich 100%ig ab.
Eines Spieleabends geht er aufs Klo und der SL meint: "Ich werd mir nie wirklich merken Können, dass Don Raffael blond ist."
Andere Spieler: "Wie? Der ist BLOND???"
Und das, obwohl diverse Male darauf hingewiesen wurde. Aber das Äußere des Spielers passte so perfekt zur Rolle, dass sich niemand den SC mit blonden Haaren vorstellen konnte.

Also was ist denn nun die Realität? Die Angabe auf dem Bogen oder das Kopfkino der Beteiligten?  8]
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: gunware am 18.02.2011 | 14:48
Also was ist denn nun die Realität? Die Angabe auf dem Bogen oder das Kopfkino der Beteiligten?  8]
Die Realität ist, dass sich die Spieler die Haarfarbe der Spielfigur nicht merken können. Die Spielrealität ist, dass der Chara blond ist.
 8)
Wo ist das Problem?
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Ein am 18.02.2011 | 15:09
Die Realität ist, dass sich die Spieler die Haarfarbe der Spielfigur nicht merken können. Die Spielrealität ist, dass der Chara blond ist.
 8)
Wo ist das Problem?
Nein, "Spielrealität" ist, dass der Chara bei 3+ Mitspielern brünett und bei einem blond ist.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Skele-Surtur am 18.02.2011 | 15:19
Ich sage "realistisch" und meine "plausibel". Lebt damit oder lasst es bleiben.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Teylen am 18.02.2011 | 15:30
Ich sage realistisch und meine realistisch :P
Man hat innerhalb der (Spiel-)Realitaet der World of Darkness die realistische Chance einem Vampir ueber den Weg zu laufen.
Es mag innerhalb der (Spiel-)Realitaet der World of Darkness aber nicht plausibel sein das ein Charakter der nur im Sonnenlicht aktiv ist einem Vampir ueber den Weg laeuft.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: El God am 18.02.2011 | 15:36
Das ist doch Spielergängelung  :P
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: gunware am 18.02.2011 | 15:42
Nein, "Spielrealität" ist, dass der Chara bei 3+ Mitspielern brünett und bei einem blond ist.
Das ist nicht die Spielrealität. Das ist die Realität. In der Spielweltrealität ist der Chara blond, in der Wahrnehmung der anderen Spieler (nicht der anderen Chara) ist er brünett. [;)] Was die Spieler wahrnehmen ist die Realität, was die Charas wahrnehmen, ist die Spielweltrealität. Und die Spieler nehmen die Realität falsch wahr.
Ein roter Punkt hört nicht auf ein roter Punkt zu sein, nur weil man Farbenblind ist. Und ein blonder Chara hört nicht auf blond zu sein, nur weil die Spieler vergesslich sind.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 18.02.2011 | 15:49
Die Frage ist: "Was ist Spielweltrealität?"

Es gibt den Shared Imagination Space (den geteilten Vorstellungsraum) und es gibt den Private Imagination Space (den persönlichen Vorstellungsraum). Darüberhinaus gibt es noch den (vom Autor publizierten) Settinghintergrund.
Alle diese drei Sachen lassen sich leicht definieren. - Aber was ist nun die "Spielweltrealität"? (Denn die Spielwelt existiert ja nicht real sondern nur in unseren Köpfen. Wenn sich die Vorstellung in unsere Köpfen ändert, ändert sich damit auch die Spielwelt.)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: ErikErikson am 18.02.2011 | 15:51
Ich würde Spielweltrealität als Konklomerat von persönlichen und geteiltem Vorstellungsraum bezeichnen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Terrorbeagle am 18.02.2011 | 17:13
Plausibilität losgelöst von Realismus verwenden zu wollen macht ungefähr genauso viel Sinn, wie eine Hand ohne Knochen. Ohne Grundgerüst ist es bloß schlabbriges, nutzloses Fleisch ohne größere Substanz. 
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Boba Fett am 18.02.2011 | 17:26
Plausibilität losgelöst von Realismus verwenden zu wollen macht ungefähr genauso viel Sinn, wie eine Hand ohne Knochen. Ohne Grundgerüst ist es bloß schlabbriges, nutzloses Fleisch ohne größere Substanz. 
So wie eine Bratwurst?
Mjam... Wann wird's warm genug zum Grillen...
-scnr- ~;D
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: ErikErikson am 18.02.2011 | 17:39
Hm, den Ansatz von LM möchte ich trotz Bobas Blödeleien nochmal aufgreifen.

Wie bereits erwähnt gehe ich davon aus, das der Vorstellungsraum der Gruppenmitglieder bereits das Grundgerüst der Realität enthält. Der gemeinsame Vorstellungsraum enthält im weiteren bei den meisten Spielern die globalen Konzepte, über die es bei Menschen relativ wenig Diskussion gibt, etwa bekannte Konzepte (Die prototypische Vorstellung eines Tisches oder wie man (als zivilisierter mensch) aus einer Tasse trinkt). Die Settingregeln und Settinginformationen gehen IMO auch wieder nur über den Vorstellungsraum in das Spiel mit ein. Daher halte ich es für sinnvoll, auch diesen Vorstellungsraum zum Thema der Diskussion zu machen. Das würde praktisch etwa bedeuten, das der Rückgriff auf Nachschlagewerke nur noch dazu dienen würde, die Herkunft einer individuellen Vorstellung zu erklären, und keine Argumentationsbasis für Spielkonzepte beinhaltet.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Terrorbeagle am 18.02.2011 | 17:50
Ich glaube, dass die Überlegung, über den Vorstellungsraum diskutieren zu wollen wird auch generell auf wenig Widersprüche stoßen; aber wenn man davon ausgeht, dass ein Setting im Endeffekt aus der Summe von Realitätsabbildung und Genrekonventionen basiert (und ich würde mal vorsichtig behaupten, dass es schwer möglich ist, ein Setting auf eine andere Art und Weise aufzubauen), dann ist es müßig, das Setting als ganzes ohne die Genrekonventionen auf der einen und Realitätsabbildung auf der anderen Seite diskutieren zu wollen.


Eigentlich wollte ich Boba zu Ehren jetzt noch ein tolles Wortspiel zum Themenkomplex "Wurstfinger" einbauen, kriege aber gerade keins wirklich hin. Daher nur die Pointe: Wurstfinger!
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: killedcat am 18.02.2011 | 18:28
Könnte man den Thread in den Theoriebereich auslagern? Ich finde, da gehört er hin.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: alexandro am 18.02.2011 | 18:28
Die Realität ist, dass sich die Spieler die Haarfarbe der Spielfigur nicht merken können. Die Spielrealität ist, dass der Chara blond ist.
Also sagst du, dass die Realität unzureichend ist, um die Spielweltrealität zu beschreiben?
 ~;D
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Chrischie am 18.02.2011 | 18:38
Ja!
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Beral am 18.02.2011 | 19:12
Grundlegende Prinzipien, wie die Farbe von Gras, würde ich ebenfalls nicht mit Bezug auf die Realität klären, sondern wieder durch die Erwartungen der Gruppenmitglieder. (...) Da die Ebene der Erwartungen IMO alles spielrelevante beinhaltet, ist es eventuell unnötig, auf die Realität Bezug zu nehmen.   
Wenn für jedes Detail erst die Erwartungen der Spieler ausgelootet werden sollen, wirst du nie zum Spielen kommen. Einen gewissen gemeinsamen Nenner, eine übereinstimme Vorstellung, brauchst du, um vor diesem Hintergrund die ungewöhnlichen Besonderheiten auszubreiten und spezielle Erwartungen zu bedienen. Der gemeinsame Nenner ist in der Praxis immer die Realität. Eine andere praktizierte Möglichkeit gibt es nicht.

Der gemeinsame oder persönliche Vorstellungsraum eignet sich übrigens nicht, um die Spielweltrealität zu beschreiben.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: OldSam am 18.02.2011 | 19:21
Fazit:
Genre-Konvention, Plausibilität und Realismus sind drei verschiedene Sachen und alle drei Begriffe haben ihre Daseinsberechtigung in einer RPG-Diskussion.

Richtig!  :d

Es geht IMHO nicht darum irgendwelche Begriffe zu verbannen oder so (was nämlich auch ein einseitiges Verständnis wäre, nur eben in die andere Richtung als die "Realismuskeule"), sondern es geht darum, dass jede Gruppe sich auf einen gemeinsamen Spielmodus einigen muss, so dass im Vorfeld klar ist, wer/welche Erwartungen in Bezug auf das Setting und das Spielerlebnis hat (und auch eine Diskussionsrunde muss sich ggf. darüber verständigen, welche Annahmen u. Erwartungen zugrunde gelegt werden). Wenn es wirkliche Konflikte über Fragen der Realität, Plausibilität etc. gibt, heisst das fast immer, dass hier Differenzen bestehen, also erst mal vernünftig kommuniziert werden muss, bevor man auf der Basis von Missverständnissen rumdiskutiert.

Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: ErikErikson am 18.02.2011 | 19:43
Wenn für jedes Detail erst die Erwartungen der Spieler ausgelootet werden sollen, wirst du nie zum Spielen kommen. Einen gewissen gemeinsamen Nenner, eine übereinstimme Vorstellung, brauchst du, um vor diesem Hintergrund die ungewöhnlichen Besonderheiten auszubreiten und spezielle Erwartungen zu bedienen. Der gemeinsame Nenner ist in der Praxis immer die Realität. Eine andere praktizierte Möglichkeit gibt es nicht.

Der gemeinsame oder persönliche Vorstellungsraum eignet sich übrigens nicht, um die Spielweltrealität zu beschreiben.

Ich gehe davon aus, das die Erwartungen erst ausgelotet werden, sobald ein Konflikt derselben auftritt. Als gemeinsamen Nenner verstehe ich den gemeinsamen Vorstellungsraum des Settings, der natürlich von Erfahrungen der Realität mit geprägt ist. Die Realität liefert den Grundstein für universale Schemata, welche auch auf die Spielrealität angewendet werden. Umso universaler diese Schemata sind, umso weniger werden sie Grundlage eines Konflikts. Sind sie so spezifisch, das sich individueller und gemeinsamer Vorstellungsraum masiv auseinanderbewegen, kommt es zu Konflikten. Dieses Auseinanderdriften wiederum kann durch unterschiedliche Realitätsvorstellungen mitbedingt sein. Die Realität muss aber hier nicht zur Diskussionsgrundlage werden, IMHO.

Warum sich der Vorstellungsraum nicht als (Diskussions)-Grundlage für die Spielrealität eignet ist mir nicht klar.  

Aber ich glaube, ich sage schon zum dritten Mal dasselbe.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Ein am 18.02.2011 | 21:08
Zitat
Wenn für jedes Detail erst die Erwartungen der Spieler ausgelootet werden sollen, wirst du nie zum Spielen kommen. Einen gewissen gemeinsamen Nenner, eine übereinstimme Vorstellung, brauchst du, um vor diesem Hintergrund die ungewöhnlichen Besonderheiten auszubreiten und spezielle Erwartungen zu bedienen. Der gemeinsame Nenner ist in der Praxis immer die Realität. Eine andere praktizierte Möglichkeit gibt es nicht.
Nö, Details müssen nur dann im SIS definiert werden, wenn sie eine Rolle für das Spiel haben. Ich kann mir alle möglichen Details vorstellen wie ich will. Und die anderen Spieler können sich dieselben Details anders oder vielleicht auch garnicht vorstellen. So lange dieses Detail im Spiel keine Rolle spielt, ist es gänzlich unwichtig.

Der gemeinsame Nenner ist im Übrigen seltestens die Realität, denn diese kann vom Menschen garnicht gänzlich erfasst werden, statt dessen bildet sich jeder Mensch seine persönliche Vorstellung der Realität und diese unterschiedliche Vorstellungen müssen für jede Diskussion über die "Realität" erst synkronisiert werden.

Damit haben wir dann:
- die wirkliche Realität
- die persönliche Vorstellung von Realität
- die abgestimmte Vorstellung von Realität
- die persönliche Vorstellung von der Spielwelt
- die abgestimmte Vorstellung von der Spielwelt
- und die vom Autor gedachte Vorstellung von der Spielwelt

Worüber reden wir dann jetzt, wenn das Schlagwort "Realismus" fällt?

Ansonsten Zustimmung zu killedcat, das Thema hier gehört in die Theorie.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Beral am 18.02.2011 | 21:18
Warum sich der Vorstellungsraum nicht als (Diskussions)-Grundlage für die Spielrealität eignet ist mir nicht klar.  
Die Spielrealität als Konstrukt ist viel größer und umfassender als der gemeinsame Vorstellungsraum. Sie ist sogar umfassender als der individuelle Vorstellungsraum. Das muss sie schon rein theoretisch sein, denn du willst sie explorieren und Unbekanntes darin entdecken!

Das ist ganz wie mit der realen Welt. Du hast eine Vorstellung davon. Ich auch. Die Schnittmenge ist schon geringer. Und wir beide wissen ganz genau, dass die Realität sehr viel größer ist, als unsere Vorstellungen davon. Du kommst vermutlich nicht auf die Idee zu sagen, dass die Realität das ist, was du darüber weisst.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: alexandro am 18.02.2011 | 21:46
Zitat
Die Spielrealität als Konstrukt ist viel größer und umfassender als der gemeinsame Vorstellungsraum. Sie ist sogar umfassender als der individuelle Vorstellungsraum. Das muss sie schon rein theoretisch sein, denn du willst sie explorieren und Unbekanntes darin entdecken!
Nö. Was du beschreibst ist nicht die Spielrealität, sondern lediglich die Setting-Vorbereitung durch den SL (also ein sehr kleiner Ausschnitt der Spielrealität). Der individuelle Vorstellungsraum ist größer: die Exploration ist eine Synchronisierung der Möglichkeiten (individueller Vorstellungraum = große Teilmenge) mit den Fakten (gemeinsamer Vorstellungsraum = kleine Teilmenge).

Zitat
Das ist ganz wie mit der realen Welt. Du hast eine Vorstellung davon. Ich auch. Die Schnittmenge ist schon geringer. Und wir beide wissen ganz genau, dass die Realität sehr viel größer ist, als unsere Vorstellungen davon. Du kommst vermutlich nicht auf die Idee zu sagen, dass die Realität das ist, was du darüber weisst.
Mag sein. Man kann theoretisch sagen "Ein Baum der irgendwo im Wald umfällt macht ein Geräusch, egal ob jemand da ist um es zu hören.", aber interessiert das jemand (außer auf einer extrem abstrakten Ebene).

Und will man sich wirklich (in einem SPIEL!) damit beschäftigen, dass theoretisch noch mehr in der Welt passiert, als durch den SIS beschrieben wird? Will man wirklich diesen Grad an Nabelschau?
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: D. M_Athair am 19.02.2011 | 00:05
Das blöde ist ja, dass man ständig so viele verschiedene Spielweltrealitäten hat, wie Spieler am Tisch sitzen.
Hmmm ... die Spielweltrealität ist nur das, was tatsächlich gesagt wurde. Was nachprüfbar wäre (wenn man z.B. ein Tonbandgerät milaufen hätte lassen.) Das was sich die Spieler zusammenbauen ist ihre Spielwirklichkeit. Teile davon werden untereinander geteilt. Anderes ist gänzlich eigenes Erleben.

Da ich die - in der Alltagssprache üblichen - Vermischung der Begrifflichkeiten gewohnt bin, stört mich der Begriff "realistisch" nicht. Wenn jemand meint, etwas sei nicht realistisch, meint er häufig "nicht wirklich" damit. Kurz: Etwas wirkt nicht so, wie er es erwartet. (Zu Realität und Wirklichkeit kann ich aus dem Stand leider keine weiterführenden Links anbieten. Ich hatte die Unterscheidung einst in der Vorlesung/Übung "Symbole & Rituale" kennen gelernt. Wikipedia ist für unser Interesse, wenn überhaupt, nur ein schlechtes Hilfsmittel.)

Die Spielrealität Spielwelt als Konstrukt ist viel größer und umfassender als der gemeinsame Vorstellungsraum. Sie ist sogar umfassender als der individuelle Vorstellungsraum. Das muss sie schon rein theoretisch sein, denn du willst sie explorieren und Unbekanntes darin entdecken!
So stimmts dann auch!



... Plausibilität. Die schwirrte auch noch im Raum herum.
Ums kurz zu machen: Das ist ein Begriff einer anderen Ebene. Er beschreibt lediglich eine gelungene Causal-Kette oder logische Folge. Hat also mehr mit Denkmuster als mit Wahrnehmung zu tun.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Master Li am 19.02.2011 | 06:36
Ich gehe immer davon aus, dass alle Beteiligten eine Erwartungssicherheit benötigen.

Alle Beteiligten wollen eine nachvollziehbare Erklärung warum etwas gerade so passiert ist, sei es eine Regelanwendung oder etwas, dass im Plot passiert. Es muss nicht in jedem Moment ersichtlich sein, aber es sollte immer, zumindest theoretisch, möglich sein, es erklären zu können. Wenn zum Beispiel der Baron seine Truppen ins Nachbarreich schickt, muss nicht klar sein, warum er das macht, aber alle Spieler, inkl. SL gehen davon aus, dass er das mit einer Motivation macht.

Um diese Erwartungssicherheit zu erzielen kann man verschiedene Faktoren nutzen:
Am einfachsten unsere eigene Realität: Was in den Regeln oder im Setting nicht explizit anders gehandhabt wird, wird mit unseren Alltagserfahrungen erklärt (z.B. ein Feuerball geht im Wasser aus).
Mit Regeln, die explizit andere Gesetzmässigkeiten vorgeben (z.B.: Magie ist möglich)
Mit Settingvorgaben (Die Rasse der Anuri handelt für Menschen absolut irrational)

Meistens ist es eine Mischung aus dem allen. Aber es ist selbstverständlich, dass Lücken von allen Beteiligten zu allererst mit Alltagserfahrungen gestopft werden. Nur wenn es zum Diskurs kommt, oder wenn jemand die Disziplin hat, sich von Haus aus der eigenen Erfahrungen zu entledigen, wird das Festhalten an Alltagserfahrungen geringer.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Roland am 19.02.2011 | 08:25
Worüber reden wir dann jetzt, wenn das Schlagwort "Realismus" fällt?

Über das, was der jeweils mit "Realismus" Argumentierende gern als Fakt im Spiel etablieren würde.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Ein am 19.02.2011 | 08:54
Und ich nehme an, dass ist seine persönliche Vorstellung von was auch immer. ;)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Roland am 19.02.2011 | 08:57
Sonst müßte er ja nicht mit "Realismus" argumentieren.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.02.2011 | 10:52
Hmmm ... die Spielweltrealität ist nur das, was tatsächlich gesagt wurde. Was nachprüfbar wäre (wenn man z.B. ein Tonbandgerät milaufen hätte lassen.) Das was sich die Spieler zusammenbauen ist ihre Spielwirklichkeit.

Also Realität und Wirklichkeit sind mE Synonyme. "Spielweltrealität" (oder eben Spielweltwirklichkeit) ist ein eigentlich paradoxes Gedankenkonstrukt, fiktiv, hypothetisch gewissermaßen. Und daher auch probelmtisch. Die "reale Realität" (anhand dieses Ausdruckes zeigt sich deutlich, dass "Spielwelt-Realität" paradox ist), zeichnet sich dadurch aus, dass sie nachprüfbar ist (auch wenn sie einige Elemente aufweist, bei denen der Nachweis knifflig ist). Das kann aber naturgemäß für eine fiktive Realität auch nur in der Fiktion geschehen. Der Nachweis ist durch die Fiktion aber sehr fehlerbehaftet, weil die Fiktion selbst ein beliebiges Gedankenkonstrukt ist, das sich mit dem Willen des Denkenden jederzeit ändern lässt.

"Realismus" fordert, dass sich etwas an der Realität orientieren muss. Leider lässt es in o.g. Zusammenhang erstmal offen, an welcher, der realen oder der fiktiven. Das ist so lange nicht problematisch, wie sich die beiden Realitäten decken, weil die fiktive REalität durch die reale Realität nachprübar wird. Das Problem entsteht bei der schwammigen Abgrenzung der Teile, wo sich die Realitäten nicht mehr decken. Die Ausgestaltung dieser Teile ist in der Regel auf den Kern des jeweiligen Teiles konzentriert, die Abgrenzung wird häufig vernachlässigt und wird daher individuell oft anders gezogen (Beispiel: Feuerbälle existieren durch Magie (Kern). Unter welchen Umständen existieren sie nicht? (z.B. im Wasser?; schwammige Grenze)).

Wird Realismus gefordert,  befindet man sich m.E. entweder in so einem problematischen Grenzbereich (A) oder es fehlt eine Grundlage für die Prüfung (i.d.R. durch einen Mangel an Fakten) (B).

A: Der Feuerball wirkt auch unter Wasser! - aber das ist unrealistisch! - Nein, die Magie erlaubt das! - Nein, tut sie nicht!

B: Dass der NSC das macht, ist unrealistisch! - nein, er hat ein Motiv so zu handeln! - aber das erschließt sich mir nicht! - egal, es ist da!
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 19.02.2011 | 11:02
Ihr wollt Beispiele für nicht mit der Realität übereinstimmende, widerspruchsfreie "Realitätsvarianten":
-Malt eine Karte der Welt auf einem Blatt Papier und messt die Entfernungen... dann ist diese Welt nicht wie unsere, da Kugel-Fläche-Projektionen "nie so ganz verzerrungsfrei" sind.

- Malt ne Karte mit Orten; nun messt ihr die Entfernungen der Orte auch über den Kartenrand hinaus (wie bei Pacman). Dann liegen die Orte auf einem doughnut/Torus. Das ist nicht realistisch und auch nicht euklidisch (OK, lokal-euklidisch, wenn es das gibt. Aber eine Kugeloberfläche ist auch nciht euklidisch, lieber Mr Lovecraft.) Das ist noch etwas abstrakter, aber hey! Manchmal spiele ich Civilization auf einer Donutwelt und Sigil ist sogar ein solcher.

-Oder wenn ihr es ganz abstrakt haben wollt, dann stellt die Orte als diskrete Punkte eines ultrametrischen Raumes dar. liefert Widerspruchsfrei Entfernungsangaben und einen Nähebegriff, also alles, was man fürs REisen (ANalysis) braucht.
(Ein Überfall auf der Hälfte der Strecke ist dann allerdings immer eine Unterbrechung, nach der man den ganzen Weg nochmal zurücklegen muss. Reisen und an einem Ort sein sind dann zwei getrennte Zustände in dieswer Welt....)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: D. M_Athair am 19.02.2011 | 11:15
Also Realität und Wirklichkeit sind mE Synonyme.
Tja. Wenn du den Boden der Alltagssprache nicht verlassen willst, gibt es nichts Sinnvolles mehr zu sagen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.02.2011 | 12:37
Tja. Wenn du den Boden der Alltagssprache nicht verlassen willst, gibt es nichts Sinnvolles mehr zu sagen.

Was genau soll das heißen? Laut Fremdwörterbuch (Langenscheidt) ist "Realität" ein Fremdwort für "Wirklichkeit". Wenn du da ein anderes Verständnis hast, bitte ich dich hiermit, das zu erläutern.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: OldSam am 19.02.2011 | 13:01
Also Realität und Wirklichkeit sind mE Synonyme.

Ja, sind sie im wesentlichen auch. Die feinen Unterschiede auf philosophischer Ebene sind für eine RPG-Diskussion meines Erachtens nicht relevant, es sei denn jemand will nen neuen thread über Erkenntnistheorie aufmachen ;)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Samael am 19.02.2011 | 13:07
"Realismus" und "Realität" gehört selbstverständlich bei entsprechenden Genres zu den zu den relevanten Kriterien.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: OldSam am 19.02.2011 | 14:34
"Realismus" und "Realität" gehört selbstverständlich bei entsprechenden Genres zu den zu den relevanten Kriterien.

Klar, aber darauf bezog sich die Aussage ja auch nicht... ;)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: ErikErikson am 19.02.2011 | 16:20
"Realismus" und "Realität" gehört selbstverständlich bei entsprechenden Genres zu den zu den relevanten Kriterien.

Gurps etwa mit seinem Anspruch, das die Regeln die Realität (wie wir sie bisher kennen) möglichst genau abbilden, ja, da kann man ne Ausnahme machen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: 1of3 am 19.02.2011 | 16:50
Ja, sind sie im wesentlichen auch. Die feinen Unterschiede auf philosophischer Ebene sind für eine RPG-Diskussion meines Erachtens nicht relevant, es sei denn jemand will nen neuen thread über Erkenntnistheorie aufmachen ;)

Die wären meines Erachtens sehr interessant und sehr passend zum Thema. Beim Überfliegen waren mir hier schon einige Dinge aufgefallen, die ganz klassische philosophische Probleme berühren, wie etwa die Existenz der Außenwelt. Insofern erleuchte uns ruhig. Ich kann da mit einem Proseminar zu dem Thema nicht recht mithalten.


@Destruktive Kritik: Mannigfaltigkeiten, also z.B. Kugeln oder Torus, werden geradezu darüber definiert, dass sie lokal isomorph zu einem Banachraum sind.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: OldSam am 19.02.2011 | 17:42
Interessant ist das sicherlich, leider hab ich da auch nur sehr begrenzte philosophische Kenntnisse, für die hier angesprochenen Probleme scheint mir der tatsächliche Stand der wissenschaftlichen Theorie aber ohnehin nicht so elementar zu sein, da erstmal auf einem viel grundsätzlicheren Level Klärung nötig ist. Entscheidend wäre meiner Meinung, dass die Debatte mehr wissenschaftliche Methodik übernimmt, wenn man wirklich etwas rausziehen will. Ohne das nützt alle weitere Theorie sowieso nichts. D.h. zunächst mal genauere Klärung und Abgrenzung der Begriffe, also Verständigung über Definitionen, bevor man dann argumentiert. Die meisten Differenzen dürften sich im Zuge der verbesserten Kommunikation dann sowieso schon aufklären lassen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 19.02.2011 | 19:04
@1of3
Weiß ich doch. "Lokal-euklidisch" ist mir bloß noch nie untergekommen. Das ist ein ziemlicher Wortwolpertinger.

@oldsam
Da hier keiner unrecht haben will, wird jeder Begriff gedreht und gewendet und dreifach gebogen, bis man wieder recht hat. Es geht hier weder um Erkenntnis, noch um Austuausch, denn um Selbstdarstellung. >;D
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: OldSam am 19.02.2011 | 19:10
@oldsam
Da hier keiner unrecht haben will, wird jeder Begriff gedreht und gewendet und dreifach gebogen, bis man wieder recht hat. Es geht hier weder um Erkenntnis, noch um Austuausch, denn um Selbstdarstellung. >;D

hey, dann haben wir ja schon fast die Verhältnisse der modernen Wissenschaft  ;D

Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Ethelbeorn am 19.02.2011 | 21:02
...und die liefert ja mit der Heisenbergschen unschärferelation, den destrukturalisierenden Prozessen der Postmoderne und Zufallstheorien der Quantenphysik* ideale Begründungen für die Existenz von Allem und Nichts. Die Realität der Spielwelt kann demnach alles enthalten, was sich Spieler und Spielleiter ausmalen können und noch mehr. Wenn der Feuerball unter Wasser funktioniert, dann war das halt extremer Zufall. Realität hin oder her  ;D



*wow, was für ein Wissensschatz!
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Arkam am 23.02.2011 | 12:49
Hallo zusammen,

meiner Ansicht nach sollte man den Begriff Realität unbedingt in die Diskussion aufnehmen.
Denn es gibt ein paar Momente wo sich die Vorstellung über die realen Verhältnisse und das Rollenspiel überschneiden können.

Wenn man ältere Systeme die angeblich in der Zukunft spielen mit heutigen Spielern spielt steht man vor der Entscheidung an die heutigen Gegebenheiten anpassen oder aber einen unabhängigen Hintergrund realisieren.
Das ging mir etwa bei Cyberpunk 2020 so. Als das System heraus kam gab es eben noch kein weit verbreitetes Internet, E-Mail war noch nicht als Massenkommunikationsmittel heraus und von Smartphones träumte man gerade.
Wer als Spieler heutige Gegebenheiten +9 Jahre als technischer Stand voraus setzt wird en deutliches Problem haben sich in den Hintergrund ein zu finden.

In DSA 1 etwa kann es nach Regeln keine Meuchelmörder und keine Schmerzmittel geben. Nun die stärkste Waffe erzeugt geführt vom stärksten Charakter 19 Punkte Schaden. Damit kann man einen Anfangscharakter nicht töten. Mal abgesehen vom Problem eine zweihändige schwere Axt zu verstecken. Der so verwundete Charakter hat keine Abzüge aufgrund seiner Verletzung. Das bedeutet ja wohl auch das er keine Schmerzen hat.
Aus dem gleichen Grund kann man etwa auch nicht schnell hingerichtet werden.
Das dürfte sich auch deutlich auf den Hintergrund auswirken. Ein klassisches Detektiv Abenteuer etwa dürfte regelfirme Spieler etwa vor Probleme stellen.

Bei Shadowrun 4 widersprechen sich der beschriebene Hintergrund und die gespielten Charaktere. In einem Staat der sehr viele und weitreichende Möglichkeiten zur Überwachung hat kann sich eigentlich kein Untergrund von berufsmässigen Kriminellen gebildet haben.

Cthulhu wählt als System einen sehr spannenden Ansatz. In den Quellenbüchern zum System wird beschrieben wie die Abläufe zum bespielten Zeitpunkt waren. Man erfährt also etwa wie in den 20ern des letzten Jahrhunderts Geisteskrankheiten therapiert wurden. Die Umsetzung in Regeln oder in einen allgemein akzeptierten Hintergrund für das Spiel überlässt man der jeweiligen Runde.

Ich denke mir das hier noch Klärungsbedarf besteht und man hier auch etwas mehr Klarheit für Systembeschreibungen, Diskussionen und natürlich auch die Rollenspiel Theorie besteht.

Gruß Jochen
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: גליטצער am 23.02.2011 | 14:22
Die Realität ist da und bestimmt unser Spielen ziemlich stark. Niemand käme auf die Idee eine Tuchrüstung härter als eine Stahlrüstung zu machen (ausser er hat eine verdammt gute Erklärung dafür) genauso würden alle doof schauen wenn durch den Funkenflug beim Schwerter Kreuzen ploetzlich die Tropfsteinhöhle um sie herum zu Brennen beginnen würde.

Wieso? Weil uns die Realität bekannt und akzeptiert ist, und wir sie deswegen immer in unsere Vorstellunsgwelt miteinbeziehen. Also kommt mir bitte nicht mit Realität aussen vor lassen. Selbst in Riesenmechaspielen (physikalisch ja vollkommener Unsinn) gibt es einen ziemlich hohen Restbestandteil Realität, der das Spiel beinflusst, und der als Kanon akzeptiert ist.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 23.02.2011 | 14:31
@Jochen
Du legst den Finger in genau die richtigen Wunden.

Allerdings kann man CP2020 als 80er Jahre Cyberpunk ansehen und dementsprechend spielen. Es als Gegenwart +9Jahre zu betrachten ist hochgradig unplausibel und unrealistisch.

DSA, SR, oder auch oWoD haben einige sehr unplausible Hintergründe, nimmt man die Regeln als Spielweltrealität ernst.
Ich glaube weiterhin, dass Plausibilität die Forderung genauer beschreibt als Realismus.

Wenn ich einen Astralraum habe und geschrieben steht, dass er sich ständig ändert und nichts an seinem Platz bleibt, dann aber feste Entfernungen in Reisedauer angegeben bekomme, dann stößt es auf, weil es direkt unplausibel ist.
Mit Realität kann man hier nicht argumentieren.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: carthoz am 23.02.2011 | 14:34
Wieso? Weil uns die Realität bekannt und akzeptiert ist, und wir sie deswegen immer in unsere Vorstellunsgwelt miteinbeziehen. Also kommt mir bitte nicht mit Realität aussen vor lassen. Selbst in Riesenmechaspielen (physikalisch ja vollkommener Unsinn) gibt es einen ziemlich hohen Restbestandteil Realität, der das Spiel beinflusst, und der als Kanon akzeptiert ist.
Das Problem ist doch nicht der Bestandteil an Realität, der vorhanden ist, sondern die Argumentation mit dem Schlagwort "realistisch" in allen Bestandteilen des Spiels, in denen es mit hoher Wahrscheinlichkeit überhaupt nicht angebracht ist.
Um mal ein Beispiel aus einer uralten Fantasyrunde zu bringen: Da wurde ein Flugmanöver eines Drachen als "unrealistisch" bemängelt. Das Flugmanöver eines Drachen. Unrealistisch. Ach was.
Und bei den Mechas würde auch keiner sagen "das war jetzt aber unrealistisch", wenn die auf einmal was tun, was physikalisch eher unmöglich ist - eben weil es Mechas sind. Genauso ist dann aber auch die Argumentation mit der Realität schwierig, wenn Magie oder sonstwas hineinspielt - davor wird eben nicht halt gemacht, sobald man das zulässt. Ebenso akzeptieren wir Schwertduelle, weil "zack, tot" eben nicht das ist, was spannend ist. Unrealistisch ist es trotzdem, wird aber als Genrekonvention zumindest nicht zu sehr hinterfragt.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.02.2011 | 14:41
DSA, SR, oder auch oWoD haben einige sehr unplausible Hintergründe, nimmt man die Regeln als Spielweltrealität ernst.
Ich glaube weiterhin, dass Plausibilität die Forderung genauer beschreibt als Realismus.

Wenn ich einen Astralraum habe und geschrieben steht, dass er sich ständig ändert und nichts an seinem Platz bleibt, dann aber feste Entfernungen in Reisedauer angegeben bekomme, dann stößt es auf, weil es direkt unplausibel ist.
Mit Realität kann man hier nicht argumentieren.

"Realität" ist auch nicht das "Problemwort". Realität MUSS imo in der "RPG-Diskussion" (was auch immer das ist) aufgegriffen werden.

Das Probelmwort ist "Realismus" (bzw. "realistisch"), also die Forderung, dass sich Fiktion und Realität an bestimmten Stellen decken sollen. Ich kann nur immer wieder betonen, dass in meinen Augen so etwas wie eine "fiktive Realität" eine ziemliche Luftblase ist.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Abd al Rahman am 23.02.2011 | 14:47
Ich nehme schon seid Jahren "realistisch" raus und ersetze es durch "glaubwürdig".

Ja, mach ich so ähnlich. Ich verwende lieber den Begriff plausibilität. Regeln müssen plausibel und nicht realistisch sein.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Ein am 23.02.2011 | 14:52
genauso würden alle doof schauen wenn durch den Funkenflug beim Schwerter Kreuzen ploetzlich die Tropfsteinhöhle um sie herum zu Brennen beginnen würde.
Genau genommen könnte sie sogar explodieren. (Schlagwetter) Ja, die Realität ist schon was feines.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: גליטצער am 23.02.2011 | 14:56
Was ist denn dran auszustetzen wenn die Flugmanöver eines Drachen als "unrealistisch" beschimpft werden? Immerhin hat das Vieh Flügel. Also irgendwelche Rechnungen von wegen Auftrieb und Tragkraft würde ich jetzt nicht verlangen. Aber, dass das Vieh einen Wendekreis hat und nicht Kehrtwenden ohne Immelmann oder ähnliches hinbekommen sollte, halte ich für durchaus angebracht.

Genau genommen könnte sie sogar explodieren. (Schlagwetter) Ja, die Realität ist schon was feines.
OK, das ist möglich, ich dachte jetzt an brennende Tropfsteine ;)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 23.02.2011 | 14:57
Sehr schön, Ein.

Hier muss für die meisten Leser erst durch ein Wikipediaeintrag die Plausibilität hergestellt werden.
(Reicht der Realismus aus, so könnte das Wissen um Explosionen in Bergwerken als Begründung für die Explosion beim Kampf gegen den realistischen Drachen ausreichen, diese zu akzeptieren. Die meisten werden aber fragen, was das denn jetzt solle und wie unrealistisch das jetzt sei, obwohl eher das Wort unwahrscheinlich passen würde.
Ich stelle mir gerade den Drachen vor, in dessen Höhle ein "Rauchen und Feuerspucken nur draußen!" Schild hängt. Irgendwie unrealisitsch?)

@Glitzer
Die Spatzen haben in den letzten Jahren gelernt, in der Luft stehend die Libellenlarven aus dem Schilf zu picken. zum Wegfliegen kippen sie 90° nach hinten, drehen sich 90° um die senkrechte Achse und kippen dann 90° über den Flügel weg um sich ohne großen Höhenverlust davonzumachen.
Hätte nicht gedacht, dass das geht.

Drachen sind ja eh viel zufett zum Fliegen... außer sie funktionieren wie Luftschiffe.  ~;D
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Ein am 23.02.2011 | 15:00
@Glitzer
Drachen sind keine Flugzeuge, warum sollten sie sich an Starrflügel-Aerodynamik halten? Darum können ja auch Hummeln z.B. fliegen, obwohl sie ein sehr ungünstiges Flügel/Gewicht-Verhältnis haben. Und selbst viele Vögel können auf der Stelle wenden, dafür muss man nichtmal den Kolibri heranziehen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: גליטצער am 23.02.2011 | 15:05
In den meisten RPG Settings, die ich kenne, haben Drachen keine Kolibri-Flugtechnik. Wenn sie die bei Euch schon haben, dann duerfen die das auch. ;)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Ein am 23.02.2011 | 15:08
Ich kenne spontan kein Rollenspiel, in dem ausdrücklich auf die Flugtechnik von Drachen eingegangen wird, im besten Fall wird da eine Manöverklasse festgelegt. Diese ist meist die beste. Außerdem können viele Vögel (fast) auf der Stelle drehen, vor allem Raubvögel. Bestimmte Adlerarten können auch durch enge Baumkrone (durch! nicht zwischen) fliegen und dabei erfolgreich jagen. Oder schon mal gesehen, wie wendig Fledermäuse sind?

Von daher kann unter dem Blickwinkel des Realismus eine Menge möglich sein, was das Flugverhalten von Drachen angeht, selbst ohne Magie zu bemühen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 23.02.2011 | 15:27
In den meisten RPG Settings, die ich kenne, haben Drachen keine Kolibri-Flugtechnik. Wenn sie die bei Euch schon haben, dann duerfen die das auch. ;)
Bei meinen Zeppilindrachen ist es auch kein Problem, wenn diese mal ein wenig Rückwärts oder seitwärts fliegen. ;D

Der mit wuchtigen Schlägen auf der Stelle fliegende Drache gehört allerdings zum Standardjargon der Fantasy. Man kann natürlich gerade an solchen Stellen, die bewusst phantastisch sind, eine belieibige Variante als Spielweltrealität festlegen.
"Drachen können nicht rückwärts fliegen" ist genauso plausibel begründbar (also eigentlich gar nicht), wie "Drachen können auch ohne Flügel fliegen... das ist deren Magie." oder "nur östliche Drachen können ohne Flügel fliegen"...
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Beral am 23.02.2011 | 15:30
Ich kenne spontan kein Rollenspiel, in dem ausdrücklich auf die Flugtechnik von Drachen eingegangen wird, im besten Fall wird da eine Manöverklasse festgelegt.
Genau das ist der Grund, dass man etwaige Manöver als unrealistisch wahrnimmt. Wir erinnern uns: Mit Realismus wird all das gefüllt, was nicht explizit anders vorgegeben ist.

Schon die Tatsache, dass ein tonnenschweres Vieh mit so kleinen Flügeln fliegen kann, erscheint unrealistisch, wird aber nicht so wahrgenommen, weil eben explizit festgelegt ist, dass Drachen fliegen können. Wenn nun weiter nichts über die Flugkünste ausgesagt wird, nehmen wir intuitiv an, dass solch schwere Vieher einer gewissen Trägheit unterliegen und nicht so wendig wie schnittige Falken oder Kolibris sind. Wenn der Drache dann doch einem Kolibri gleich manövrieren kann, wirkt es unrealistisch. Das Problem lässt sich sehr einfach beseitigen, indem man in die Regeln schreibt, dass Drachen so wendig wie Falken sind. Damit ist dieser Bereich dem Realismus entzogen und wird nicht als unrealistisch empfunden. Es ist laut Regeln plausibel, Punkt.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 23.02.2011 | 15:33
a) ist unmöglich => a) muss sich dann wenigstens noch an b) halten?

Wir kloppen gerad erechts und links am SoD herum, um ihn in Form zu bringen, dass er die Spielweltrealität tragen kann.
Die Loslösung der Spielwelt von Plausibilitätsüberlegungen auf Basis  von Alltagserfahrungen ist hier ein Mittel.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Terrorbeagle am 23.02.2011 | 15:48
Der Witz ist doch, dass Suspension of Disbelief je funktioniert, destoweniger notwendig das ganze ist. Umso häufiger man effektiv sein Hirn abschalten muß, um die Logiklöcher und Logikbrüche zu ignorieren, desto strapaziöser ist es effektiv auch.
SoD ist etwas, worum man höflich bittet, nichts was man anderen mit gezogener Waffe (im übertragenen Sinn) abverlangt
Und im Idealfall fällt es gar nicht auf.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Blechpirat am 23.02.2011 | 16:04
Hier werden ja zumeist Fantasybeispiele diskutiert. Gibt es Unterschiede, wenn man SciFi betrachtet? Traveller z.B. wird ja oft als Hard-SciFi gehandelt, weil so viel Physik korrekt abgebildet wird - es also besonders "realistisch" ist.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 23.02.2011 | 16:38
@LM
Stimme Dir voll und ganz zu!
Je häufiger, desto anstrengender.
Je unnötiger, desto frustrierender.
Und je überraschender einem SoD abverlangt wird desto schwieriger wird es ihn wohlwollend aufrecht zu erhalten.

Ein abstruses Setting, wie Planescape oder Opus Anima, verlangt einem eine enorme Umstellung ganz offen und direkt zu Anfang ab.  Für viele ist dies direkt zu Anfang zu viel.
Für mich geht es ganz gut, wenn ich später nicht mehr allzuoft überrascht werde. Aber ich bin vorgewarnt und solange die Plausibilität gewahrt bleibt bin ich zufrieden.
Es geht aber noch einen Schritt schwächer:
Solange die neuen Eskalationen der Realitätsferne (Limbo? REisegeschwindigkeit in den Ebenen?) im Geschmack zur Spielweltrealität passen, also den Stil teilen und thematisch stimmig sind, fällt mir eine ausweitung des SoD leicht.

Man lockert seine Bereichtschaft für weiteren SoD, wenn dieser neue Bruch mit der Erfahrungswelt zu bereits etablierten Eigenheiten passt, sei es als logische Folgerung, assoziative Nähe oder Erweiterung spielwelteigener Prinzipien.
Als Beispiel möchte ich die REisegeschwindigkeit auf den Planescape'schen Ebenen anführen: Je schneller und einfacher, je passender der Glaube ist.
Völlig Banane, aber im Stil des Settings.

Was es mir auch erleichtert, meinen Zweifel hintenanzustellen ist ein attraktives Prinzip hinter den Brüchen.
So bin ich bereit ein Setting auszuprobieren, in dem Gegenstände durch Verwendung entstehen, ein Holzklotz durch besitzen zum Sessel und ein Stück Erz durch Schneide/Reibearbeit zum kunstvollen Messer wird. (die Idee stammt von Nukite.)
Ich bin bereit, diesen Bruch zu akzeptieren, wenn die Idee schön genug ist. Ich bin auch bereit, nicht über die GRenze zwischen Verschleiß und Abrieb nachzudenken und ob nicht alle Berghänge voller Räder sein müssten, wenn genug Menschen Steine lostreten...

Faszination für den Hintergrund eines zweifelhaften Elementes kann helfen den Zweifel zu unterdrücken.

@SF
Die hat enorme Probleme. Da sie um verstäöndlich zu sein, die Menschen in der Gegenwart abholen muss, ist es schwer Brüche plausibel zu erklären.
Es kommt bei nachlässig produzierter SF also oft und überraschend zu Momenten des Zweifels.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: alexandro am 23.02.2011 | 17:01
In DSA 1 etwa kann es nach Regeln keine Meuchelmörder und keine Schmerzmittel geben. Nun die stärkste Waffe erzeugt geführt vom stärksten Charakter 19 Punkte Schaden. Damit kann man einen Anfangscharakter nicht töten. Mal abgesehen vom Problem eine zweihändige schwere Axt zu verstecken. Der so verwundete Charakter hat keine Abzüge aufgrund seiner Verletzung. Das bedeutet ja wohl auch das er keine Schmerzen hat.
Aus dem gleichen Grund kann man etwa auch nicht schnell hingerichtet werden.
Das dürfte sich auch deutlich auf den Hintergrund auswirken. Ein klassisches Detektiv Abenteuer etwa dürfte regelfirme Spieler etwa vor Probleme stellen.
Regeln=!Realismus. Das ist ein häufoges Problem, von Leuten welche die Regeln nach irgendwelchen (angeblich) realistischen Kriterien organisieren wollen (oder, angeblich, realistische Schlüsse daraus ziehen wollen).

Wie Beral schon sagte, decken Regeln den Grenzfall ab, wo die Spielrealität "schwammig" und dadurch vielfältig interpretierbar wird, wo man aber KLARE Angaben BENÖTIGT, damit das Spiel weitergeht (etwa im Kampf).

Die o.g. Regeln sagen, wie schnell man einen Gegner im offenen Kampf besiegen kann (nicht unbedingt realistisch, aber das müssen sie ja nicht sein). Man kann sie natürlich auch für das Meucheln verwenden, wenn das nicht mit dem GVR der Spielteilnehmer kollidiert (was in deinem Fall offensichtlich der Fall ist).

Will man das nicht, so muss man sich überlegen, was bezüglich "Meucheln" nun Spielwelt-Realität sein soll, z.B.:
a) wenn jemandem die Kehle durchgeschnitten wird, so ist dieser sofort tot
b) wenn jemandem die Kehle durchgeschnitten wird, dann kann dieser noch eine schnelle "Reflexhandlung" durchführen (z.B. den Meuchler einmal angreifen), bevor er stirbt
c) wenn jemandem die Kehle durchgeschnitten wird, so lebt dieser noch lange genug, um z.B. einige Minuten einen verzweifelten Stellungskampf gegen den Angreifer zu führen oder zwei Treppen nach oben zu robben und dort sie Alarmglocke zu betätigen, bevor er stirbt

Welches davon ist jetzt "realistisch"? Für alle drei Varianten gibt es Belege, die Entscheidung darüber, was jetzt "Spielrealität" ist, wird durch das definiert, was die Gruppe als PASSEND (entsprechend Genre, Stimmung, Weltphysik...) erachtet.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.02.2011 | 17:44
Wie Beral schon sagte, decken Regeln den Grenzfall ab, wo die Spielrealität "schwammig" und dadurch vielfältig interpretierbar wird, wo man aber KLARE Angaben BENÖTIGT, damit das Spiel weitergeht (etwa im Kampf).

M.E. ist sie immer schwammig, zum einen weil sie eben fiktiv ist, zum anderen, weil Details zumeist keine Rolle spielen. Die Spielrealität ist in ihrer Fiktionalität nur soweit verbindlich, wie die Fiktion sie ausdefiniert oder wo Regeln Verbindlichkeiten schaffen.

Eine Regel stellt eine Gesetzmäßigkeit her. Insofern fließt jede Regel in die Spielwelt-Realität ein und schafft Verbindlichkeiten. Die Frage ist: welches Element der Spielweltrealität macht die Regel verbindlich? Oder anders gefragt: was will die Regel abbilden? Nur weil ein Regelsystem mit Lebensenergie arbeitet, erzeugt diese Regel keine "spielwelt-reale" Lebensenergie. Sie bildet lediglich einen Zustand ab; vereinfacht: LE vorhanden = lebendig, LE weg = tot. Der Zustand ist aber spielwelt-real und damit "Realität".
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: alexandro am 23.02.2011 | 20:09
Spielrealität als solche ist schwammig, da gebe ich dir recht.

Allerdings sollte die Spielrealität der Gruppe doch über ein paar Fixpunkte verfügen, an denen sich die Vorstellung der Teilnehmer orientiert (und sei es nur durch einen grober Anspruch). Eine 100%ige Übereinstimmung wird man dadurch nicht erreichen, aber es ist besser, als auf "Realismus" zu pochen.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.02.2011 | 21:21
Allerdings sollte die Spielrealität der Gruppe doch über ein paar Fixpunkte verfügen, an denen sich die Vorstellung der Teilnehmer orientiert (und sei es nur durch einen grober Anspruch).

Ich denke, dass genau da der Haken ist. Selbst wenn die Fixpunkte für alle übereinstimmen, entsteht dadurch kein einheitlicher Rahmen für die restliche Spielweltrealität. Und diese Fixpunkte geben dann eventuell sogar ein falsches Gefühl von Übereinstimmung, wodurch offenbar werdende Abweichungen als um so größer wahrgenommen werden und entsprechend sauer aufstoßen. Der Schrei nach Realismus bedeutet doch letztlich nichts anderes als "das was du da der Spielweltrealität hinzufügst, passt nicht zu meiner Sicht der Spielweltrealität (und droht, mir mein Spiel kaputt zu machen)."

Ich stelle mir zunehmend die Frage, ob das überhaupt vermeidbar ist. Ich fürchte nicht. Denn "Realismus", "Plausibilität", "SoD" etc. sind trotz der verschiedenen Wortbedeutung und Ansätze imo nur Formen ein- und desselben Problems.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 23.02.2011 | 21:31
Ich denke, dass einige Fälle vermeidbar sind, allerdings wird die Fähigkeit, seinen Unglauben beiseite schieben zu können immer Bestandteil aller Rollenspiele sein.
Dazu sind wir zu verschieden und zu großes Wissen, wie auch Unwissen führt zu solchen Momenten selbst in der Realität.
In der Wirklichkeit lässt sich ein solches unvorhergesehenes Verhalten dann studieren und man erreicht vielleicht ein neues Verständnis der Umwelt... man forscht. Andere nehmen hin. Jeder wie er will.

Diese Momente sind im Spiel etwas sperriger. je nachdem, ob man den "Fehler" dem SL/Abenteuer, dem Mitspieler, Dem Regelwerk oder der Spielwelt anlastet ist man unterschiedlich bereit ihn einfach zu akzeptieren, denn das muss, man, um weiter in der Spielwelt bleiben zu können.

Eine kurze Erklärung oder auch nur Motivation hilft hier schon sehr.
Und wenn die Begründung heißt: "Was würde der Streetsam denn machen, wenn er nicht auf Dich zusprinten und gleichzeitig volle Defensive ansagen könnte? Dann gäbe es doch keine Nahkampfwaffen und wir wollen diese Coolness ja."
Woraufhin man grummelnd zustimmt. ;)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.02.2011 | 21:39
@ Destruktive Kritik
Dein letztes Beispiel macht es imho recht deutlich:
Wir haben hier einen Clash zwischen Realismus und Coolness/Nahkampfwaffen sind effektiver als Feuerwaffen.

Spieler 1 ist Realismus lieber. Diesen Spieler stößt es nun sauer auf, wenn man "Nahkampfwaffen sind effektiver als Feuerwaffen" in den gemeinsamen Vorstellungsraum (SIS oder Spielweltrealität) integrieren möchte.

Spieler 2 legt jedoch auf Coolness mehr wert. Er fände es daher blöd, wenn man "Nahkampfwaffen sind weniger effektiv als Feuerwaffen" in den SIS oder Spielweltrealität integrieren würde.

Es kommt hier also die Frage, was einem wichtiger ist: Coolness oder Realismus.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Teylen am 23.02.2011 | 22:05
Eigentlich wäre da die Frage Spielrealität A oder Spielrealität B
Weil besonders Realwelt realistisch ist vermutlich beides nicht.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: D. M_Athair am 23.02.2011 | 22:16
Weil besonders Realwelt realistisch ist vermutlich beides nicht.
Die Realität ist häufig auch alles andere als realistisch (im Sinne von nachprüfbar).

Mal drüber nachdenken.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.02.2011 | 22:27
Die Realität ist häufig auch alles andere als realistisch (im Sinne von nachprüfbar).

Mal drüber nachdenken.

Das sagen die Philosophen. Naturwissenschaftler sagen, dass es nur eine Frage der Zeit / des Fortschrittes ist (sprich: der Messmethode).  ;)
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 23.02.2011 | 22:29
@Eulenspiegel
Oder der Spieler denkt sich gerade:
"Oh Mist, da rennt ja ein Streetsam auf mich zu! Verdammt, wieso habe ich nicht aufgepasst?  Ich schieße ihn ab! haha!.... wie, der kann rennen und gleichzeitig die Würfe für full defense werfen? Dann kommt der ja direkt an mich ran und lebt....ich bin so tot!"

Und nach der Erklärung.

"Jaja, anders würde es in dem Setting ja gar keinen Sinn ergeben, einen Streetsam zu spielen und die haben ja den Ruf gefährlich zu sein...Dann bin ich wohl tot."

Das kann sehr unabhängig vom Realitätsanspruch der Spieler sein.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: D. M_Athair am 23.02.2011 | 22:37
Das sagen die Philosophen. Naturwissenschaftler sagen, dass es nur eine Frage der Zeit / des Fortschrittes ist (sprich: der Messmethode).  ;)
Und meinen dabei etwas sehr Unterschiedliches.  >;D
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.02.2011 | 23:32
Eigentlich wäre da die Frage Spielrealität A oder Spielrealität B
Weil besonders Realwelt realistisch ist vermutlich beides nicht.
[Vorwort]
Ein Kommentar vorneweg: Auch nach offizieller Shadowrunregelung sind Feuerwaffen effektiver als Nahkampfwaffen. Hier stimmen Regelung und Realismus also überein. Ich werde im folgenden also einfach davon ausgehen, dass der SL in einem hauseigenen Shadowrun spielt, in dem Nahkampfwaffen effektiver sind. (Und "Nahkampfwaffen sind effektiver" sind dort auch Teil der Spielweltrealität.)
[/Vorwort]

Also ich finde "Feuerwaffen sind effizienter als Nahkampfwaffen" realistischer als das Gegenteil.

Klar, du wirst jetzt erwidern, dass Magie, Drachen und Essenz auch furchtbar unrealistisch sind. Aber das sehe ich nicht so. Klar, in unserer Realität gibt es keine Magie oder Drachen. Aber mir würde kein naturwissenschaftliches Argument einfallen, das per sé gegen Drachen sprechen würde. Daher: Drachen sind realistisch.

Und zur Magie: In unserer Welt gibt es keine Magie. Die Frage lautet aber: Wenn man die Naturgesetze an einigen Stellen ändern würde, könnte es Magie geben? Und wenn es Magie geben könnte, wie würde sie aussehen? Hier kann man dann einschätzen, ob die verwendete Magie realistisch ist oder nicht.

Disclaimer:
Ich sage nicht, dass "Nahkampfwaffen sind effizienter als Feuerwaffen" per sé unrealistisch ist.
Bei Shadowrun ist dies jedoch nicht der Fall. "Nahkampfwaffen sind effizienter als Feuerwaffen" kann dort zwar auch der Spielweltrealität sein, aber es gibt keine Begründung dafür. Daher ist in diesem Punkt Shadowrun auch unrealistischer als Dune. (Es gibt einige andere Punkte, wo Dune unrealistischer ist. Aber im Punkt "Nahkampfwaffen sind effektiver als Feuerwaffen" wäre Dune realistischer.)

@ Destruktive_Kritik
Klar, es gibt auch noch die Erwartungshaltung. Es ist ziemlich ärgerlich, wenn man eine bestimmte Erwartungshaltung hatte und dann erst im nachhinein feststellt, dass diese Erwartungshaltung ("Ich kann den Streetsam mit meinem MG wegrotzen") falsch ist.

Hier hilft es aber meistens, wenn der SL den Spieler nach Ankündigung der Aktion darauf hinweist und dem Spieler die Möglichkeit lässt, die Aktion zu ändern.
Unterschiedliche Erwartungshaltung/Vorstellungen habe ich daher nie als ein Problem gesehen, da sich die Vorstellung relativ einfach angleichen lässt.

Was halt ein Problem ist, sind Prioritäten, was den Realismus angeht:
Mir persönlich stößt zum Beispiel die Essenz sauer auf: Ich weiß, dass es die Essenz gibt. Wenn ich einen Streetsam, Ricgger oder Hacker spiele, richte ich mich darauf ein und plane es in mein Charakterkonzept ein. Und ichw eiß, dass die Essenz ein teil der Spielweltrealität ist. Aber ich finde diese Essenzsache trotzdem Scheiße! Warum? Weil ich sie für unplausibel halte.
Klar kann man mir sagen:
- Die Essenz ist Teil der offiziellen Spielweltrealität.
- Die Essenz ist fürs Balancing notwendig.
- Essenz ist cool und gibt der Cyberware einen mystischen Touch.

Und die Leute mögen damit auch Recht haben. Und es ist ihr gutes recht, diese drei Gründe auch furchtbar wichtig zu finden und deshalb die Essenz beizubehalten. Aber ich finde die Essen eben dennoch schlecht aus dem einfachen Grund: "Ich finde sie unplausibel."
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: גליטצער am 24.02.2011 | 07:49
SR als Beispiel für Schusswaffenrealismus finde ich jetzt nun schon sehr gewagt. In SR 2.01D udn 3.01 waren aber immer Einzelschusswaffen tödlicher als eine Schnellfeuerwaffe, udn letztere hat immer nur mit allen oder keinem einzigen Schuss getroffen, was sogar SJ Games dazu gebracht hat einen Cartoon darüber in dem Buch mit den setsamsten RPG-Regeln zu bringen (zusammen mit anderen, wie dass in AD&D ein erststufiger Krieger mit Spezialisation Darts viel mehr Schaden anrichtet, als einer mit Kurzschwert, oderd ass Katzen einen Magicuser in einer Runde töten können)

Mal im Ernst all diese Verstöße gegen die Realität wurden von allen anderen, die ich kenne, als genauso lächerlich empfunden. Also mal ein Aufruf an die Spieledesigner: Hockt Euch auf den Hosenboden und entwerft vernünftige Simulationsmodelle. Für mich sind solche Schnitzer nämlich immersionshinderlich.

Jede Abweichung von der realen Realität braucht eine Erklärung. Je mehr Erklärungen das werden, desto abstruser wird es meistens. Dass ein Spiel in sich unrealistischer wird, nur weil es etwas, das in der Realität als gesichert gilt, übernimmt und dort nicht nochmal extra erklärt, macht für mich keinen Sinn.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Ein am 24.02.2011 | 08:07
Zitat
In SR 2.01D udn 3.01 waren aber immer Einzelschusswaffen tödlicher als eine Schnellfeuerwaffe, udn letztere hat immer nur mit allen oder keinem einzigen Schuss getroffen
Shadowrun war ein cinematisches Rollenspiel und wollte Actionfilme abbilden und das ist mit diesen Regeln ja auch gelungen, da sich Feuerwaffen genauso in Actionfilmen (vor allen denen der 80er) verhalten.

In diesem Sinne war Shadowrun "realistisch" nur dass die zugrunde liegende Realität nicht die Wirklichkeit war, sondern die Vorstellungen des Actionfilm-Genres dieser Zeit.

Viele Spiele sind auf diese Art designt, denn Designer wollen in der Regel in bestimmtes Spielgefühl erreichen, dass sich nach einer bestimmten Vorlage richtet, die nicht zwingend die Wirklichkeit ist. Und selbst wenn es sich um die Wirklichkeit handelt, dann heisst das noch lange nicht, dass die Kenntnis über das Funktionieren dieser auch in irgendeiner Weise fundiert sein muss.

Oftmals ist die exakte Abbildung der Realität sogar kontraproduktiv für das Spielerlebnis, sei es weil die allgemeine Vorstellung von bestimmten Punkten schlicht nicht stimmt oder weil bestimmte realweltliche Umstände einfach im Spiel keinen Spaß machen (Realistische Wundheilung wird zB in kaum einem RPG umgesetzt).
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: alexandro am 24.02.2011 | 10:07
Jede Abweichung von der realen Realität braucht eine Erklärung.
Nicht notwendigerweise.
Bestes Beispiel: Battletech. Da hat man komplett abstruse Waffenwerte und Panzerungswerte von Mechs, mit denen schon ein moderner Panzer den Boden aufwischen würde. Trotzdem sind Mechs im Spiel die "Könige der Schlachtfelder" - was auch konsistent ist, wenn man sich die anderen Fahrzeuge so anschaut.

Ist es realistisch, dass die Menschheit bei ihrer Eroberung des Weltraums ihre Militärtechnologie praktisch nicht weiterentwickelt hat und in einigen Punkten sogar RÜCKSCHRITTE gemacht hat? Sicher nicht, aber das interessiert keinen (und erfordert daher auch keine Erklärung). Solange die SPIELWELT konsistent ist, interessiert sich kein Aas für die Realität.

Zitat
Je mehr Erklärungen das werden, desto abstruser wird es meistens.
Auch hier ist KONSISTENZ wichtiger, als "Realismus".
Siehe "Exalted" oder "Earthdawn", wo praktisch alles (bis hin zu den meisten Naturgesetzen) irgendwie von der Realität abweicht, dabei aber trotzdem noch nachvollziehbar und schlüssig bleibt

Zitat
Dass ein Spiel in sich unrealistischer wird, nur weil es etwas, das in der Realität als gesichert gilt, übernimmt und dort nicht nochmal extra erklärt, macht für mich keinen Sinn.
Unrealistischer nicht, aber auch nicht realistischer. Die Gefahr liegt eher bei einer Verwässerung der Spielabsichten (z.B. bei mühelosem Meucheln in einem "heldigen" Spiel).
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 24.02.2011 | 10:29
Hier hilft es aber meistens, wenn der SL den Spieler nach Ankündigung der Aktion darauf hinweist und dem Spieler die Möglichkeit lässt, die Aktion zu ändern.
Unterschiedliche Erwartungshaltung/Vorstellungen habe ich daher nie als ein Problem gesehen, da sich die Vorstellung relativ einfach angleichen lässt.
Daraus können wir eine weitere Spielempfehlung ableiten:

Ein kurzfristiger  Sondervorteil ("Abändern einer Aktion" oder gar:"erst  ab dieser Aktion gilts RAW/RAI".) hilft dem Spieler, den Bruch wegzustecken.

Ich versuche einmal kurz, die paar Begriffe hier miteinander zu verbinden:
Unplausible Stelle:  Ist ein moment an dem ein Spieler feststellt, seine Erwartung an die Spielwelt/regeln nicht erfüllt werden. Dies kann auch in der Form passieren, dass sich sein Vorstellungsraum von mindestens einem anderen der Gruppe derart unterscheidet, dass es spielrelevant wird.
Ein Beispiel könnte die Tiefe des Ausschnitts der Magierin oder die Länge des Zwergenbartes oder die Pracht der Rüstung des Kriegers nach der Schlacht sein.

Als unrealistisch wird eine in den Augen des Spielers fehlerhafte Transferleistung von der Realität in die Spielwelt bezeichnet.
(Hitpoints, Wundabzüge...)

Die Unterdrückung des Zweifels ist der Vorgang der (temporären) Anpassung seines Vorstellungsraumes oder der Erwartungshaltung an die Anforderungen des Bruches.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Abd al Rahman am 24.02.2011 | 10:38
In den meisten RPG Settings, die ich kenne, haben Drachen keine Kolibri-Flugtechnik. Wenn sie die bei Euch schon haben, dann duerfen die das auch. ;)

Da fällt mir die Antwort einer der StarTrek-Drehbuchautoren auf die Frage ein, wie denn die Heisenbergkompensatoren funktionieren würden. Die Antwort war: "Zu meiner vollsten Zufriedenheit".

Is doch wurscht wie die das können. Ich frag mich ja auch nicht welche physikalischen Grundlagen Magie hat.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 24.02.2011 | 10:42
Oftmals ist die exakte Abbildung der Realität sogar kontraproduktiv für das Spielerlebnis, sei es weil die allgemeine Vorstellung von bestimmten Punkten schlicht nicht stimmt oder weil bestimmte realweltliche Umstände einfach im Spiel keinen Spaß machen (Realistische Wundheilung wird zB in kaum einem RPG umgesetzt).

Volle Zustimmung  :d

Solange die SPIELWELT konsistent ist, interessiert sich kein Aas für die Realität.
Auch hier ist KONSISTENZ wichtiger, als "Realismus".

Grundsätzliche Zustimmung. Ausnahme: Realismus-Freaks.

Unplausible Stelle:  Ist ein moment an dem ein Spieler feststellt, seine Erwartung an die Spielwelt/regeln nicht erfüllt werden. Dies kann auch in der Form passieren, dass sich sein Vorstellungsraum von mindestens einem anderen der Gruppe derart unterscheidet, dass es spielrelevant wird.
Ein Beispiel könnte die Tiefe des Ausschnitts der Magierin oder die Länge des Zwergenbartes oder die Pracht der Rüstung des Kriegers nach der Schlacht sein.

Als unrealistisch wird eine in den Augen des Spielers fehlerhafte Transferleistung von der Realität in die Spielwelt bezeichnet.
(Hitpoints, Wundabzüge...)

Die Unterdrückung des Zweifels ist der Vorgang der (temporären) Anpassung seines Vorstellungsraumes oder der Erwartungshaltung an die Anforderungen des Bruches.

Finde ich treffend.  :d
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 24.02.2011 | 13:09
SR als Beispiel für Schusswaffenrealismus finde ich jetzt nun schon sehr gewagt.
SR war ein Beispiel für FEHLENDEN Schußwaffenrealismus.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Arkam am 24.02.2011 | 13:16
Hallo zusammen,

ich denke ein Sonderthema wäre die Realität als Ausrede um eine Spielregel oder ein Spiel Ergebnis durch zu setzen.

Da fallen mir die immer wieder auftauchenden Diskussionen über Waffenwerte und die Umsetzung einzelner Kampfsportarten ein.
Hier wollen meistens die Spieler einen Vorteil in Werten oder Möglichkeiten durchsetzen und begründen das mit realen Daten oder eigenen Erfahrungen.
Legt hier nicht die komplette Runde Wert auf eine Anpassung kommt es entweder zu endlosen fruchtlosen Diskussionen oder abers ehr schnell zu unausgewogenen Hauregeln.

Dann wäre da noch die Begründung für eine Handlung im Spiel die aus der Realität abgeleitet wird. So wurde in unserer Runde der B Kanal eines ISDN Anschlusses zum Abhören genutzt.
Hier interessiert dann meistens nicht die wirkliche reale Möglichkeit sondern wie sich diese Aktion im Spiel auswirkt.
Wenn man nicht gerade eine Runde hat in der man einzelnen Mitspielern misstraut sind solche Aktionen unproblematisch.

Am schlimmsten aus meiner Sicht sind eigentlich Bezüge auf die Realität die das Spiel blockieren.
Etwa die Frage die in unserer Mechwarrior Runde auftauchte. Warum soll ich jetzt nicht meinen Mech verkaufen und mir ein schönes Leben machen? Warum soll mein Charakter den jetzt diesen Auftrag annehmen, dieser Spur nachgehen oder mit diesem Charakter zusammen arbeiten.
Hier sollte man in der Runde abklären wo die Knackpunkte sind und diese hoffentlich aus der Welt schaffen.

Gruß Jochen
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: 8t88 am 24.02.2011 | 13:21
In diesem Sinne war Shadowrun "realistisch" nur dass die zugrunde liegende Realität nicht die Wirklichkeit war, sondern die Vorstellungen des Actionfilm-Genres dieser Zeit.

Und darum "Realität" (und alle Aberationen des Wortes) durch "Glaubwürdigkeit" ersetzen!
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Eulenspiegel am 24.02.2011 | 14:16
Shadowrun ist ja glaubwürdig. Es ist halt nur nicht realistisch.

Wer auf Glaubwürdigkeit wert legt, der kann mit Shadowrun seinen Spaß haben. Wer auf Realismus wert legt, der wird um Shadowrun einen weiten Bogen machen und sich eher "realistischeren" Cyberpunk-Settings zuwenden.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Terrorbeagle am 24.02.2011 | 15:28
Und darum "Realität" (und alle Aberationen des Wortes) durch "Glaubwürdigkeit" ersetzen!

Das kommt der Aufforderung, auf Sand zu bauen gleich. Glaubwürdigkeit von Realismus trennen zu wollen, hieße, der Geschichte die Grundlage zu entziehen. Klar, nicht alles, was glaubwürdig ist, ist realisitsch, nicht alles was realistisch ist, ist auch glaubwürdig, aber im Großen und Ganzen besteht in der Hinischt ein relativ klares Abhängigkeitsverhältnis, bei dem jede Trennlinie künstlich und willkürlich ist.

Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: Funktionalist am 24.02.2011 | 15:45
Es gibt einen Unterschied zwischen:
Trennen
und
nicht voneinander abhängig machen.

"Realistisch" ist eine Art einen Bestandteil der Spielwelt zu rechtfertigen. "Magie", "Magiekonzept xy", "folgt aus GRundannahme xy des Settings", "ist so, weil cool",...
sind alles andere Begründungen für Umstände in der Spielwelt.

"plausibel" ist nur ein Qualitätsmaßstab für solche Begründungen, von denen "realistisch" nur eine ist.
"plausibel" bedeutet nachvollziehbar, konsequent.
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: GrogT am 25.02.2011 | 00:33
Also das Wort Realität ansich sollte man aus keiner wie auch immer gearteten Diskussion nehmen ... was man natürlich, wenns ums Rollenspiel geht, akzeptieren muss, ist dass das Spieleruniversum weder Realität ist noch Realität 1:1 abbildet; das fängt schon beim die Spielrealität wahrnehmenden Subjekt, dem Charakter, an ... der ist nicht real.

Realität lässt sich eigentlich nicht abbilden

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Von was man also sprechen kann, ist Realismus. Also z.B., dass die Würfelwürfe ähnliche Warscheinlichkeiten simulieren, wie man sie aus der Realität erwartet. Allerdings sind diese Warscheinlichkeiten wohl nie mehr als eine grobe Strichmännchenzeichnung einer Welt, die zu komplex ist, um sie selbst mit wissenschaftlicher akribischer Methodik zu beschreiben zu können. Könnte man Fähigkeiten exakt messen und Ergebnisse darauf basierend stochastisch ermitteln, wären Sportwetten wohl schon längst Vergangenheit.

Was bleibt? Grobe Schnitzer im System müssen kritisierbar bleiben, vergleichbar mit realen Erfahrungen; allerdings sollte man schon ein gewisses (eigentlich recht hohes) Mass an Spielraum mitbringen, also einerseits akzeptieren, dass die emersion nich 100% sein kann, anderseits akzeptieren, das Regeln nur bedingt dazu taugen, Fakten im Spiel zu etablieren.  
    
Titel: Re: Soll man den Begriff Realität ganz aus der RPG-Diskussion nehmen?
Beitrag von: 8t88 am 24.03.2011 | 11:05
Das kommt der Aufforderung, auf Sand zu bauen gleich. Glaubwürdigkeit von Realismus trennen zu wollen, hieße, der Geschichte die Grundlage zu entziehen. Klar, nicht alles, was glaubwürdig ist, ist realisitsch, nicht alles was realistisch ist, ist auch glaubwürdig, aber im Großen und Ganzen besteht in der Hinischt ein relativ klares Abhängigkeitsverhältnis, bei dem jede Trennlinie künstlich und willkürlich ist.


Hier gilt natürlich, ein wenig Hirn einschalten wenn man das so auftrennt.

In diesem Fall hast Du mich entweder falsch verstanden oder ich mich unklar ausgedrückt.