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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Ranor am 30.08.2011 | 19:10

Titel: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Ranor am 30.08.2011 | 19:10
Als ich hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,18146.msg1393927.html#msg1393927) was zu Shadowrun im speziellen und Cyberpunk im allgemeinen geschrieben habe, kam mir der Gedanke, meine Überlegungen auch mit all denjenigen zu Teilen, die nicht im SR-Board unterwegs sind. Mir geht es um folgenden Gedankengang:

Aus dieser ganzen "Near Future Augmented Transhumanismus Cyberpunk Corporate Society"-Geschichte ist imo mittlerweile schon etwas die Luft raus. Ich spiele bspw. gerade das neue Deus Ex. Und so großartig wie der Titel auch ist, gerade in seiner Umsetzung der klassische Cyberpunk-Themen - ich bin mittlerweile von der ganzen Sache dezent angeödet, da zu dem Thema anscheinend doch schon alles gesagt worden ist.

Wie seht ihr das? Ist da noch Luft im Genre / in dem Themenbereich?
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Visionär am 30.08.2011 | 19:14
Stimme dir zu.

In den 80ern war es in! Heute ist es Realität/lÄngst überholt.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Jed Clayton am 30.08.2011 | 19:18
Ich bin mir nicht sicher. Literarisch gilt das Genre im Grunde schon seit etwa 1990 als überholt und verbraucht. Das alte Cyberpunk ist nur noch eine Klischeefabrik, was heute dagegen eher zieht ist quasi der neue Transhumanismus wie in Eclipse Phase und anderen ...

Aber falls jemand im Hobby noch neu ist und das Genre ohnehin noch nie gespielt hat, ist doch alles neu, oder? ;)
Es ist eben eine Generationenfrage: Für den heute 15-Jährigen, der das ganze Zeug aus den 80ern und 90ern nicht kennt und "damals" logischerweise nicht dabei war, ist das Genre sicherlich nicht uninteressant. "Tot" oder uninteressant kann es nur für jemanden sein, der es seit 20 Jahren kennt und einfach keinen Bock mehr darauf hat.

Dungeon-EDO-Fantasy scheint dagegen zeitlos zu sein und wird nie ausgereizt.

Emo-Dark-Fantasy beziehungsweise Goth-Punk ist auch schon wieder ein Klischee an sich und wird schon sprichwörtlich mit den "düsteren 90ern" in Verbindung gebracht. Aber wir haben nun 2011.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Nachtfrost am 30.08.2011 | 19:18
Cyberpunk ist eine Dystopie der 70er + 80er Jahre, die sich mittlerweile überlebt hat. Die Zukunftsängste der heutigen Generation decken sich nur noch teilweise mit den Themen, die im Cyberpunk verarbeitet werden.
Deshalb spricht das Cynerpunk-Genre imho einen heute persönlich nicht mehr so stark an und ist einfach ein Subgenre der Sci-Fi geworden.

Meine Antwort deswegen: Ja.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 30.08.2011 | 19:28
Heute ist es Realität/lÄngst überholt.

Gerade weil vieles heute oder bald Realität ist, finde ich die Thematik interessant.
Ich hab Cyberpunk in der 80ern und 90ern nicht erlebt, aber ich kann aus meiner heutigen Sicht sehr viel mit der Literatur anfangen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: ElfenLied am 30.08.2011 | 19:31
Gibt ja immer noch Post-Cyberpunk, wie die Welt in SR4.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Blechpirat am 30.08.2011 | 19:34
Als jemand, der wirklich viel Cyberpunk2020 gemacht hat, empfinde ich das Genre verbraucht. Obwohl mich die Fragen, die Cyberpunk adressiert immer noch interessieren

- Grenzen der Macht
- Grenzen der Menschlichkeit
- Moralisches Verhalten in Grenzsituationen
- Eine Verschiebung der Umgebung, damit "eingeübte" Verhaltensmuster sichtbar werden

Aber heute finde ich das alles in Urban Fantasy besser untergebracht. Vielleicht, weil die Technik als Faktor inzwischen bereits da ist. Oder weil ich in Cyberpunk alles gesagt habe, was ich zu sagen habe. Vielleicht, weil Cyberpunk und cyberpunk-inspirierte Settings wie Shadowrun längst zu Raid-Spielen verkommen sind. Mit einer Ecke für Gunnuts und Gewaltpornographen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Ranor am 30.08.2011 | 19:36
Aber falls jemand im Hobby noch neu ist und das Genre ohnehin noch nie gespielt hat, ist doch alles neu, oder? ;)
Es ist eben eine Generationenfrage: Für den heute 15-Jährigen, der das ganze Zeug aus den 80ern und 90ern nicht kennt und "damals" logischerweise nicht dabei war, ist das Genre sicherlich nicht uninteressant.
Ich hab Cyberpunk in der 80ern und 90ern nicht erlebt, aber ich kann aus meiner heutigen Sicht sehr viel mit der Literatur anfangen.
Darum geht es mir auch gar nicht. Ich frage mich eher, ob denn thematisch noch irgendetwas neues aus Transhumanismus, Konzernwelt, Augmentierung, etc. geholt werden kann? Ich verfolge das Genre in seinen verschiedenen Ausprägungen ja schon sehr lange mit großem Interesse (Blade Runner sei dank), aber ich habe den Eindruck als würde dort schon seit längerer Zeit nicht mehr wirklich irgendetwas tun. Selbst das von mir angesprochene neue Deus Ex wärmt im Endeffekt nur die alten Themen wieder auf.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Würfelheld am 30.08.2011 | 19:37
Also ich befass mich mit Cyberpunk nun seit gut und gern 20 Jahren. Angefixt durch den Kauf von Nuromancer auf einer Con... ich weiß nicht mehr genau welche - aber ich tendier zur Feencon.

Ich muß sagen, das die Thematik natürlich bekannt ist und diese sich für viele für altbacken darstellt, aber es gibt in den letzten Jahren immer mal wieder ein Licht am Ende des Tunnels, dabei handelt es sich dann um den ein oder anderen Roman, Videospiel, Musik oder Film.

Für die Allgemeinheit ist Cyberpunk aber mittlerweile ein Sci-Fi Subgenre bzw Alltag geworden und so findet das Genre nicht mehr die Bedeutung wir in den 80 + 90 ziger Jahren.

Aber wer weis was aus derzeit aktuellen Genres in Zukunft passiert.

Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Ranor am 30.08.2011 | 19:38
Vielleicht, weil Cyberpunk und cyberpunk-inspirierte Settings wie Shadowrun längst zu Raid-Spielen verkommen sind.
Meinst du sowas hier (http://en.wikipedia.org/wiki/Heist) mit Raid-Spielen?
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Blechpirat am 30.08.2011 | 19:44
Meinst du sowas hier (http://en.wikipedia.org/wiki/Heist) mit Raid-Spielen?
Mehr Knarren, weniger soziale Interaktion, aber ja.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Humpty Dumpty am 30.08.2011 | 19:59
Jo. Bei Shadowrun habe ich aber die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Da ist noch Luft. Die Insektergeisterklamotte beispielsweise hat ja nichts direkt mit Cyberpunk zu tun. Dunkelzahn for President genauso. Und die Kometengeschichte war auch eine phantastische Idee (wenn auch beschissen in der Umsetzung). Also: ja, Cyberpunk hat sich überlebt, aber für Shadowrun hege ich noch die Hoffnung, dass da bei passenden Ideen noch was geht.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 30.08.2011 | 20:02
Darum geht es mir auch gar nicht. Ich frage mich eher, ob denn thematisch noch irgendetwas neues aus Transhumanismus, Konzernwelt, Augmentierung, etc. geholt werden kann?
Nicht grundsätzlich, nein. Das Neue ist eigentlich nur der Kontext.
Cyberpunk ist mMn heute näher an Contemporary Fiction dran als an anderen Sci-Fi Subgenres.

@ Würfelheld: Wann war Cyberpunk kein Sci-Fi Subgenre? Oder meinst du damit, dass es jetzt nicht mehr mehr im Rampenlicht steht als andere Subgenres?

@Blechpirat:
Ich gebs ja nicht gern zu, aber die Spiele sind leider stark von Gunnuts und Gewaltpornopraphen vereinnamt. Aber das ist, glaub ich, mehr ein Rollenspiel-phänomen als ein Cyberpunk-phänomen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Terrorbeagle am 30.08.2011 | 20:10
Natürlich ist das Thema ziemlich abgegrast. Das ist halt so mit Genres. Die haben ihre Halbwertszeit, und bei allem Science Fiction relevanten ist die relativ kurz, denn früher oder später wirkt das futurischtische Konzept von gestern hauptsächlich altbacken (auch wenn für mich bei Cyberpunk immer eher der fortschreitende, allumfassende Ökozid im Vordergrund stand, und das meines Erachtens kein Thema ist, dass sich plötzlich erledigt hat).
Nur: ist das wirklich schlimm? Für die Leute, die das Setting nichts mehr bietet, nicht. Die ziehen weiter und finden andere, grünere Weidegründe. Für diejenigen, die nach wie vor ihren Spaß an der Angelegenheit haben, werden ihren Spaß an der Angelegenheit haben, egal was andere sagen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Jed Clayton am 30.08.2011 | 21:00
Mehr Knarren, weniger soziale Interaktion, aber ja.

Das deckt sich größtenteils auch mit meiner Einschätzung, wenn ich mir angucke, wie die Leute in meinem Bekanntenkreis zurzeit Shadowrun spielen.

Es geht immer nur um Einbrüche, Sachen klauen und Knarren (oder Bazookas). Das erinnert mich eher an den Lehrplan im Terroristen-Ausbildungslager. ;)

Wohl gemerkt spreche ich hier definitiv nur von Shadowrun. Cyberpunk 2020 spielt hier sowieso kein Mensch (mehr).
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Eulenspiegel am 30.08.2011 | 21:13
@ Ranor
Ich persönlich würde Transhumanismus jetzt nicht zu Cyberpunkt zählen. Vor allem, wenn man sich Setting wie Transhuman Space oder Eclipse Phase anschaut, dann haben diese mit Cyberpunkt recht wenig gemein.

Blade Runner würde ich persönlich als einen Genre-Mix aus Cyberpunk und Transhumanismus werten.

Aber zurück zu Cyberpunk:
Gerade, weil sich die heutige Technik immer weiter entwickelt, gibt es immer wieder neue Ideen fürs Cybeprunk. (z.B. Augmented Reality)

Auch die Art, wie die Konzerne herrschen ist in neueren Cyberpunk wesentlich subtiler als im Alten.

Was ich mir auch vorstellen könnte, was ich bisher jedoch noch nicht gefunden habe:
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Jed Clayton am 30.08.2011 | 21:32
An dem Konzernthema interessiert mich folgende Grundidee:
Eine Firma kann bereits in der Realität viel länger existieren als mancher Staat. Mir fallen jetzt keine guten aktuellen Beispiele ein, aber Thyssen, Hoesch, Daimler-Benz und andere entstanden im Deutschland der Kaiserzeit und existieren gewissermaßen heute noch. Dazwischen liegen die Weimarer Republik, die NS-Zeit, zwei Weltkriege, die DDR und die Entstehung der EU. Staatliche Strukturen kommen und gehen, Firmennamen aber bleiben.

Blade Runner war für mich übrigens auch nie "Cyberpunk", sondern eine Detektivgeschichte mit der Frage nach künstlichem Leben, nach den Rechten von künstlichen Menschen usw.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: D. M_Athair am 30.08.2011 | 21:52
Wie seht ihr das? Ist da noch Luft im Genre / in dem Themenbereich?

Die Paradigmen der 70er und 80er haben für die Jetzt-Zeit ihren Biss verloren.
Luft wäre aber schon noch da. Ich sehe zwei Wege:

1. Alternate History: Siehe Dieselpunk, siehe Steampunk.
Oder: Die Weiterentwicklung des Genres OHNE Anbiederung an das Hier und Heute.

2. Near SF: Dazu gehört das Aufgreifen aktueller technischer Möglichkeiten und
globaler Problemstellungen (Ressourcen: Wasser, Öl, Lebensmittel; Monopolisten: Facebook, Monsanto, dt. Strom-Kartell).
Der Style der 70er und 80er ist das erste, was hierbei über Board geworfen werden müsste.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: SeelenJägerTee am 30.08.2011 | 22:05
[...]
Dungeon-EDO-Fantasy scheint dagegen zeitlos zu sein und wird nie ausgereizt.
[...]

Ich klammere jetzt mal das "Dungeon" aus und beziehe mich auf EDO im allgemeinen.
Ist es das wirklich?

Es gab eine Zeit da waren Orks böse und Elfen gut und Menschen irgendwo dazwischen. (Bonuspunkte: für die "edlen, guten, alten Menschenrassen und die "verkommenen neuen").
Dann wurde auch die Fantasy politisch korrekt und Goblins waren nicht per se böse.
Man hat die Themen "Licht ist gut!" "Licht ist nicht gut!" "Dunkel ist böse!" "Dunkel ist nicht böse!" und alle verwandten Tropes durchgenommen. Es gab Helden und Antihelden, sympathische Schurken und unsympathische Helden. Hübsche Jünglinge in strahlender Rüstung und schlammverkrustete Haudegen mit Dreitagesbart. Es gab vorhersehbare Enden und dann gab es mehr oder weniger überraschende Wenden vor dem Schluss und manchmal erschienen sie konstruiert um des Plottwists willen.

Ich würde mal behaupten dass auf dem Gebiet der Fantasy auch nichts mehr WIRKLICH neues zu erwarten ist.
Die Grundtypen der Geschichten sind erzählt worden.

Und jetzt betrachten wir das mal etwas weiter.
Sci-Fi ist eigentlich nur ein Anstrich für andere Themen. Es geht bei Sci-Fi nicht wirklich um die "Science", das ist nur Kulisse vor der andere Geschichten erzählt werden.
Bei der Fantasy sind die Elfen und Zwerge auch nur Kulisse vor der andere Geschichten erzählt werden.

Fantasy verkauft sich aber immer noch. Weil wir doch immer wieder gerne die im Grunde gleiche Geschichte lesen und uns interessiert wie der Anstrich denn dies mal ist. Und welche der vielen uns bekannten Geschichten es denn am Ende sein wird.

(So ähnlich wie wenn man ein Photo von einem Menschen betrachtet. Wirklich was neues ist auch da nicht zu erwarten.)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Madner Kami am 30.08.2011 | 22:07
Blade Runner war für mich übrigens auch nie "Cyberpunk", sondern eine Detektivgeschichte mit der Frage nach künstlichem Leben, nach den Rechten von künstlichen Menschen usw.

Was eben eins der Kernthemen von Cyberpunk ist: Die Frage nach dem Widerspruch zwischen Mensch und Maschine oder, weiter gefasst, Biologie und Technik und dem fortschreitenden Verschwimmen der Grenzen zwischen beiden.

Der klassische Cyberpunk ist derzeit leider klinisch tot, weil zumindest in der westlichen Welt die Städte mittlerweile einfach nicht mehr wie sich alles vereinnahmende Moloche und ewig wachsende Tumore wahrgenommen werden und sich auch im allgemeinen Unterbewusstsein langsam die Erkenntnis durchsetzt, dass Biologie und Technologie weder widersprüchlich noch trennbar sind. Bionik war dereinst ein Buzzword, dass die Assoziierung der Verschmelzung von Mensch und Maschine in einem wider- und übernatürlichem Monster hatte. Die neuesten und schnellsten Computer haben ganze Räume gefüllt und waren nicht so klein, dass sie in ein nichtmal handtellergroßes, schnurloses Telefon passten und man ist nicht aller Nase lang über einen Mikrochip gestolpert. Technologie war noch ein großes, komplexes und nicht alltägliches Monster.
Bei genauerer Betrachtung trifft auch heute noch vieles davon zu (Supercomputer füllen noch immer ganze Räume, kaum einer versteht wirklich wie sein Telefon überhaupt funktioniert und auch wenn es noch keine echten KIs gibt, so gibt es doch ein paar Programme da draußen, die einem einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen können), aber die Angst vor der Technologie ist einfach nicht mehr so ausgeprägt wie früher, was auch an der Herangehensweise der Firmen liegt, die Geräte optisch und funktionell extrem an unseren Alltag anzupassen und optisch freundlich und teilweise regelrecht niedlich zu gestalten (man vergleiche die Fratze eines Wählscheibentelefons der 80er Jahre mit dem Aussehen eines modernen Handies...). Technik wirkt heutzutage so, als wäre sie schon immer ein Teil von uns gewesen (was zwar auch die Wahrheit ist, aber naja, ihr wisst schon wie ich es meine) und so kann man mit den alten Schreckgespenstern nichts mehr in diesem Maße anfangen.

Was bleibt sind die eher abstrakteren Probleme, die Konzernherrschaft und Künstliche Intelligenz (ferner auch der Zusammenbruch der Gesellschaften). Dies sind aber keine Themen, die, wenn man sie weiter abstrahiert, ein Alleinstellungsmerkmal des Cyberpunks sind und waren, sondern in ihrer Form in jedes Setting passen: Die Frage nach Macht, Machtausübung und der Umgang mit Macht anderer über einen selbst. Oder die Frage nach dem Sein, dem Selbst, was einen definiert. Cyberpunk fehlt in der Moderne also das schlagende Alleinstellungsmerkmal und ist damit eigentlich obsolot, obgleich es als Vehikel für diese Fragen immernoch geeignet ist.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Naldantis am 30.08.2011 | 22:31
Cyberpunk hat wie jedes Genre seine Wellen der Popularität und des Desinteresses.
das geht allerdings auch dem Western, dem Krimi, dem Film Noir, der Fantasy, den Superhelden und dem Märchen, etc. so - Modeströmungen halt.


Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 30.08.2011 | 22:32
Ich persönlich würde Transhumanismus jetzt nicht zu Cyberpunkt zählen. Vor allem, wenn man sich Setting wie Transhuman Space oder Eclipse Phase anschaut, dann haben diese mit Cyberpunkt recht wenig gemein.
Also ich definitiv. Transhumanismus ist mMn eines der ganz klassischen Cyberpunkthemen. Auch wenn es andere Sci Fi Subgenres auch und teilweise stärker thematisiert haben, war es bei praktischen allen Cyberpunkwerken, die ich kenne, relativ zentral, zusammen mit Informationstechnoiogie und philosophischen oder sozialen Themen.

Zitat
Blade Runner würde ich persönlich als einen Genre-Mix aus Cyberpunk und Transhumanismus werten.
Philip K. Dick hatte definitv einen großen Enfluss auf das Genre und der Film gilt nach wie vor als die beste Visualisierung des Stils.

Blade Runner war für mich übrigens auch nie "Cyberpunk", sondern eine Detektivgeschichte mit der Frage nach künstlichem Leben, nach den Rechten von künstlichen Menschen usw.
Und mit Film Noir wird Cyberpunk auch ständig in Verbindung gebracht.

1. Alternate History: Siehe Dieselpunk, siehe Steampunk.
Oder: Die Weiterentwicklung des Genres OHNE Anbiederung an das Hier und Heute.

2. Near SF: Dazu gehört das Aufgreifen aktueller technischer Möglichkeiten und
globaler Problemstellungen (Ressourcen: Wasser, Öl, Lebensmittel; Monopolisten: Facebook, Monsanto, dt. Strom-Kartell).
Aber auch die Themen sind doch mittlerweile schon wieder alt. Wann hat Steampunk angefangen? Früher 90er?
Und die von die angesprochenen Themen kamen so auch schon oft vor. Man denke an Metropolis oder Soylent Green.

Ich würde mal behaupten dass auf dem Gebiet der Fantasy auch nichts mehr WIRKLICH neues zu erwarten ist.
Die Grundtypen der Geschichten sind erzählt worden.
China Mieville würd mir da einfallen. Aber ja, der Mainstream kaut sich noch mehr selbst wieder als Sci Fi.

Zitat
Und jetzt betrachten wir das mal etwas weiter.
Sci-Fi ist eigentlich nur ein Anstrich für andere Themen. Es geht bei Sci-Fi nicht wirklich um die "Science", das ist nur Kulisse vor der andere Geschichten erzählt werden.
Bei der Fantasy sind die Elfen und Zwerge auch nur Kulisse vor der andere Geschichten erzählt werden.
An den Geschichten würd ich unterschiedliche Genres aber nicht festmachen, eher an der Thematik.
In Sci Fi tummeln sich halt vorallem viele Philosophen. Das hat die Literatur schon immer ausgemacht, lässt sich aber scheinbar schlecht in Filmen und noch schlechter in Rollenspielen umsetzen.
In Fantasy scheint was anderes zu dominieren, aber das könnt ich jetzt spontan nicht benennen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Oberkampf am 30.08.2011 | 22:40
Rollenspielerisch war Cyberpunk für mich schon immer eine Totgeburt. Ich hab ein oder zwei interessante Romane gelesen, aber für Rollenspiel schien mir das nie geeignet zu sein. Und shadowrun... naja... hat sicher jeder eine Meinung zu.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Naldantis am 30.08.2011 | 22:54
Der klassische Cyberpunk ist derzeit leider klinisch tot, weil zumindest in der westlichen Welt die Städte mittlerweile einfach nicht mehr wie sich alles vereinnahmende Moloche und ewig wachsende Tumore wahrgenommen werden

Nicht?
Oh, da kenne ich viele Menschen, für die im Gegenteil schon recht überschaubare deutsche Großstädte abstoßend und heutige Metropolen wie New York & Co.s chlicht der Horror sind.

Zitat
Was bleibt sind die eher abstrakteren Probleme, die Konzernherrschaft und Künstliche Intelligenz (ferner auch der Zusammenbruch der Gesellschaften). Dies sind aber keine Themen, die, wenn man sie weiter abstrahiert, ein Alleinstellungsmerkmal des Cyberpunks sind und waren, sondern in ihrer Form in jedes Setting passen: Die Frage nach Macht, Machtausübung und der Umgang mit Macht anderer über einen selbst. Oder die Frage nach dem Sein, dem Selbst, was einen definiert. Cyberpunk fehlt in der Moderne also das schlagende Alleinstellungsmerkmal und ist damit eigentlich obsolot, obgleich es als Vehikel für diese Fragen immernoch geeignet ist.

Ich sehe in KEINEM Genre ein 'Alleinstellungsmerkmal'...
...sie alle sind zusammengesetzt auch vielen Aspekten und jeden Aspekt des einen findet man auch in anderen - das einzelne Genre zeichnet sich durch die individuelle Mischung und deren Gewichtung aus.
Es stimmt schon, daß es aktuelle kaum Filme zun wenige Bücher gibt, die man primär dem CP-Genre
 zurechnen würde, aber es gbt halt immer noch eine lebendige RPG-Kultur und sobald mal wieder ein Blockbuster des Cyberpunk in den Startlöcher steht, werden auch andere Produkte mit der Modenwelle mitgetragen und wir sehen wieder einige Jahre lang einen Boom dieses Genres.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Boba Fett am 30.08.2011 | 23:08
Oh, da kenne ich viele Menschen, für die im Gegenteil schon recht überschaubare deutsche Großstädte abstoßend und heutige Metropolen wie New York & C.schlicht der Horror sind.
Hier, ich!

Bekennendes Landei und Ghettohasser... :)

Zum Thema dystopische globalisierte Zukunft in der Konzerne die von Nationen aufgestellte Regeln ignorieren, globale Kommunikationsnetze den Alltag bestimmen und die technischen (kybernetischen) Möglichkeiten den Körper- und Jugendlichkeitskult aufpeppen, während Moden, Kulte wie Tagesepidemien aneinander vorbei ziehen, die Medien die Wahrnehmungen über die Beschaffenheit der Welt bestimmen und Gewaltbereitschaft und Kriminalität genauso wächst, wie Armut, Not und Haifischkapitalismus...
....denke ich, dass dort noch genauso viel Angst, Interesse und Rollenspielkapazität besteht, wie in den 80ern...
Auch wenn manche Konzepte inzwischen durch die Wirklichkeit überholt sein dürften.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: YY am 30.08.2011 | 23:11
Es ist eben eine Generationenfrage: Für den heute 15-Jährigen, der das ganze Zeug aus den 80ern und 90ern nicht kennt und "damals" logischerweise nicht dabei war, ist das Genre sicherlich nicht uninteressant.

Das habe ich genau andersrum erlebt.

Gerade für die Jüngeren sind die "klassischen" Cyberpunk-Geschichten altbackener Kram, dessen Inhalte nicht nur recht langweilig dargeboten sind, sondern die man auch schon hundert Mal woanders gesehen hat.

Dass man diese Inhalte damals noch nicht woanders gesehen haben konnte, steht auf einem ganz anderen Blatt. Heute kommt man als junger SF-Interessierter mit so vielen Nachfolgern, Artverwandten und Ablegern von Cyberpunk in Berührung, dass es mMn nur noch von literarischem/historischem Interesse ist, sich mit den Originalen und Grundsteinen zu befassen.

Das Alleinstellungsmerkmal von Cyberpunk war immer sein Kontext - die Aktualität.
Die ist entweder verloren gegangen oder findet sich auch in anderen Bereichen der SF - was man als einen Verdienst des CP-Genres ansehen kann oder nicht, wie man will.

Die Aspekte von CP, die auch heute noch literarische oder, weiter gefasst, in irgendeiner Form SF-relevante Bedeutung besitzen, haben sich längst verselbständigt und sind nicht mehr sofort als CP zugehörig zu erkennen.
Eine Definition war ja schon immer nicht ganz leicht...

Kurz:
Ja, vom "klassischen" Cyberpunk hat man nichts mehr zu erwarten, was es nicht auch woanders gäbe.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Madner Kami am 30.08.2011 | 23:35
Nicht?
Oh, da kenne ich viele Menschen, für die im Gegenteil schon recht überschaubare deutsche Großstädte abstoßend und heutige Metropolen wie New York & C.schlicht der Horror sind.

Ich kenne mindestens ebenso viele Leute, die unbedingt New York und L.A. besuchen wollen und diese Städte als schön empfinden. Der Punkt ist vielmehr, dass man bei den Städtbauprogrammen, auch in Amerika und auch bei bereits existierender Bebauung, immer mehr auf Sauberkeit und "Appeal" achtet, als man das noch in den 80ern getan hat und Städte deswegen zwar immernoch Monstren sind, aber wesentlich weniger menschenfeindlich und widernatürlich >wirken<.
Auch der wirtschaftliche Abschwung sorgt für das Einbremsen des ursprünglich wahnsinningen Ausbreitungsdrangs dieser Städte und auch das Höher-und-Höher hat zumindest in den USA ein Ende gefunden und eben dies ist es, was das Cyberpunk unter anderem ausgemacht hat: Unkontrolliertes Wachstum, ein Krake, der sich unaufhaltsam immer weiter ausbreitet und dabei immer größer, unüberschaubarer und chaotischer wird. Das ist heute nicht mehr so drin, wie früher. Vergleich einfach mal die Darstellung von amerikanischen Städten in den 80ern in Film und Fernsehen, mit dem Aussehen von heute. Früher dreckig und überfüllt, fluchende Taxifahrer im endlosen Stau gab es in jedem Film ohne besondere Bedeutung, Überfälle an allen Ecken und Enden, mit einer gnadenlos überforderten und bis ins Mark korrupten Polizei, sodass man alles in die eigene Hand nehmen musste, um überhaupt etwas zu erreichen. Was ist davon übrig geblieben? Staus sind ein Plotdevice geworden (Die Hard 4), die Polizei ist im Schnitt unbestechlich, findet jeden Übeltäter und auch die Justiz arbeitet weitgehend fehlerfrei (Law and Order Serien), zwielichtige Drogendealer an den Häuserecken wurden durch lustig-absurd-überdrehte Quotenneger auf Dauerkoks ersetzt und sowieso scheint alles weitgehend glatt zu laufen, sodass man den Privatdetektiv (wann gab es die letzte neue echte Detektivserie?) nicht mehr braucht und der Straßenpolizist höchstens mal als Stripper in einer Frauenserie auftaucht. Früher drehte man Actionfilme um Action und Unterhaltung zu haben und hat sich einen losen Plot drumherum ausgedacht (der manchmal sogar richtig gut war). Heute bekommt Sex and the City einen Film, hat immernoch einen genauso hohlen Plot und gleich mal keine Action. Die Veränderung in der allgemeinen Wahrnehmung, kann man immer am Mainstream erkennen.

Ich sehe in KEINEM Gengre ein 'Alleinstellungsmerkmal'...
...sie alle sind zusammengesetzt auch vielen Aspekten und jeden Aspekt des einen findet man auch in anderen - das einzelne Genre zeichnet sich durch die individuelle Mischung und deren Gewichtung aus.
Es stimmt schon, daß es aktuelle kaum Filme zun wenige Bücher gibt, die man primär dem CP-Genre
 zurechnen würde, aber es gbt halt immer noch eine lebendige RPG-Kultur und sobald mal wieder ein Blockbuster des CYberpunk in den startlöcher steht, werden auch andere Produkte mit der Modenwelle mitgetragen und wir sehen wieder einige Jahre lang einen Boom dieses Genres.

Alleingstellungsmerkmal ist ein schlecht gewählter Begriff meinerseits. Was ich damit ausdrücken wollte, ist ein Merkmal (manchmal auch mehrere), die man sofort mit eben diesem Thema verbindet. Was kommt dir bei Fantasy als erstes in den Sinn? Wahrscheinlich Zauberei, Elfen und Zwerge und Schwerter in jeder Hand. Was kommt einem bei Science Fiction als Erstes in den Sinn? Wahrscheinlich Raumschiffe, saubere Technik und Gesellschaftsutopien. Was kommt einem bei Arztroman in den Sinn? Wahrscheinlich die schwelgende und unterdrückte Hausfrau, die sich in den gut gebauten, bestücktem und liebevollen Gärnter verliebt hat oder sowas. Und bei Cyberpunk? Mir zumindest die Technologie, das fremde Monster, dass Mensch und Gesellschaft ins Unkenntliche verzerrt, ohne, dass man sich dagegen wehren kann (dabei fällt mir zum ersten mal auf, warum der Stadtmoloch aus meiner Sicht so typisch Cyberpunk ist, denn die Stadtkrake ist eine wunderbare Metapher für die allgegenwärtige und überfordernde Technologie). Fällt dir ein passenderer Begriff ein? Ich bin für Vorschläge offen :)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Jiba am 30.08.2011 | 23:54
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Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 31.08.2011 | 00:21
Hier, ich!

Bekennendes Landei und Ghettohasser... :)
Hehe! Ich bin genau das Gegenteil. :)

@Madner Kamil:
Also Serien wie The Sopranos oder The Wire sind auch von HBO, auch sehr erfolgreich und schaffen ein ganz anderes Bild als Sex and the City.

@YY:
Ich kenn auch kaum Leute in meinem Alter, die sich mit Cyberpunk auseinandersetzen. Selbst die, die CP 2020 spielen kennen die Literatur selbst nicht. Aber ich kenne auch einige Leute, die Lovecraft nie gelesen haben und Cthulhu spielen. Keine Ahnung, ob das ein Generationending ist.
Andererseits fand ich auch den Herr der Ringe nicht so toll, als ich die Bücher gelesen habe, weil ich davor massenweise Fantasyliteratur gelesen hab. Im Endeffekt waren sie für mich nur interessant, weil sie halt "das Original" sind.

Zu deiner Einschätzung bezüglich Sci Fi und Cyberpunk geb ich dir aber recht. Die langlebigen Aspekte von Cyberpunk sind längst Sci Fi-Allgemeingut geworden.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Dark_Tigger am 31.08.2011 | 10:11
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Ich halte deinen Spoiler gar nicht mal für OT. Als Cyberpunk erfunden wurde, war der Punk ja noch nicht dieses Schlagwort das an jedes 2te Setting angehängt wurde weil es cool war. Und außerdem war es eine gar nicht mal so kleine Bewegung, deren Motto nun mal "No Futur" war.
Und genau das ist doch ein wichtiger Gedanke des Cyberpunks. In der Zukunft liegt keine Hoffnung sondern Dreck, Gewalt und Konzernherrschafft.
Und ich denke es hat sich einfach wieder ein Hoffnungsvolleres Zukunftsbild in der SF-Literatur durchgesetzt.
(Obwohl ich mir vorstellen kann, dass das auch wieder aufhört, so wie es Momentan in der Welt aussieht.)

Also Cyberpunk Thematisch abgearbeitet? Ja vielleicht, aber hauptsächlich passt das vermittelte Zukunftsbild nicht mehr in den Zeitgeist. 
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Terrorbeagle am 31.08.2011 | 10:11
Sci-Fi ist eigentlich nur ein Anstrich für andere Themen. Es geht bei Sci-Fi nicht wirklich um die "Science", das ist nur Kulisse vor der andere Geschichten erzählt werden.

Nur so am Rande: Ich würde das fehlen von wissenschaftlicher Grundlage geradeheraus als ein klares Kennzeichen für schlechte Science Fiction einstufen, denn es gibt genug Ideen und Werke, bei denen zu Mindest ich als Laie keine größeren Kopfschmerzen durch Brachialdummheit erleide und meineserachtens entsteht aus "Hat seine Hausaufgaben gemacht" und "zu faul zum recherchieren" ein glasklarer qualitativer Unterschied.  
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Gaming Cat am 31.08.2011 | 10:26
Na klar ist Cyberpunk durch, Themen wie:
- entgrenztes unplanbares Wachstum (urban, kapitalistisch, wirtschaftsglobal)
- kriegsträchtige Ressourcenknappheit
- gnadenlose maschinisierung des Menschen (in jedem Wortsinne)
- Ausbeutung und explodierende Krimininalität
- Grenzen der Technologiemoral und Wissenschaftsethik
- Überbevölkerung und ineffektive Regierungsgewalt
- Umweltzerstörung und Fortschrittsglauben
........
Klare Sache Cyberpunk war gestern (so wie das mit literarischen (Sub)Genres generell der Fall ist)...  ::)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Tigerbunny am 31.08.2011 | 10:32
Und genau das ist doch ein wichtiger Gedanke des Cyberpunks. In der Zukunft liegt keine Hoffnung sondern Dreck, Gewalt und Konzernherrschafft.
Und ich denke es hat sich einfach wieder ein Hoffnungsvolleres Zukunftsbild in der SF-Literatur durchgesetzt.

Genau da setzen ja Settings wie Eclipse Phase oder Transhuman Space auf. Klar gibt es die Konzerne, die Umweltverschmutzung und die Überbevölkerung noch. Die Menschheit hat aber Lösungen gefunden oder Kompromisse geschlossen, der Kollaps wurde aufgeschoben. In gewisser Weise sind die Cyberpunks erwachsen geworden und haben das beste aus ihrer Situation gemacht.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 10:39
Mal ne Gegenfrage. Wenn es das Thema sprengen sollte auch gerne per PM oder neuen Thread.
Welche neuen, aktuellen SF-Subgenres sind denn eigentlich in letzter Zeit entstanden?
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Boba Fett am 31.08.2011 | 11:12
Transhumanismus - je nachdem, wie weit Du "in letzter Zeit" defininierst...
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 11:13
Transhumanismus - je nachdem, wie weit Du "in letzter Zeit" defininierst...
Sorry. Das zählt noch zum Cyberpunk.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Boba Fett am 31.08.2011 | 11:22
Sorry. Das zählt noch zum Cyberpunk.
Nö!
CP ist ein Subgenre von SciFi.
TH ist ein Subgenre von CP - inzwischen eigenständig.

Insofern müssten wir dann "ist doch eh alles SF" sagen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 11:28
Das heisst, dass "neue" ist der SF sind Untergenre von Cyberpunk?
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Terrorbeagle am 31.08.2011 | 11:31
Wohl eher, dass das neue an der SF mal Unteraspekte von Cyberpunk waren, sich aber entsprechend weiterentwickelt haben und jetzt als eigenständig zu betrachten sind.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Tigerbunny am 31.08.2011 | 11:36
Sind das nicht eher alles Nischen des Dark Future-Genres?
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Boba Fett am 31.08.2011 | 11:38
Das heisst, dass "neue" ist der SF sind Untergenre von Cyberpunk?
Soll "ist" in heissen?
Wenn ja, dann nein, denn es gibt auch andere Nischen und Subgenres, aus denen die SF mit neuem bereichert wird.
Und wenn nein, dann verstehe ich dich nicht.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 11:41
@Thread:
Dann ist Cyberpunk thematisch definitiv nicht abgearbeitet. Es werden jetzt nur die Einzelaspekte genauer beleuchtet.

@Boba:
"Ist" ist "in".
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Boba Fett am 31.08.2011 | 11:48
@Thread:
Dann ist Cyberpunk thematisch definitiv nicht abgearbeitet.
Mir stellt sich die Frage, wann etwas abgearbeitet ist.
Doch entweder, wenn es nicht mehr aktuell ist, oder man hinreichend Antworten auf die sich stellenden Fragen findet.
Ich glaube beides trifft auf die meisten Elemente des Cyberpunk nicht zu.

Etliches dürfte zwar nicht mehr futuristisch sondern brandaktuell sein, aber das war es in den 80ern auch.

Ich lese gerad die Cyberpunk Trilogie von Gibson (nach 20 Jahren mal wieder) und bin erstaunt, wie zeitgemäß sie sich liest.
Es gibt etliches "futuristisches" aber vieles ist up to date. Und das war es Ende der 80er auch.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 31.08.2011 | 12:02
Ich lese gerad die Cyberpunk Trilogie von Gibson (nach 20 Jahren mal wieder) und bin erstaunt, wie zeitgemäß sie sich liest.
Es gibt etliches "futuristisches" aber vieles ist up to date. Und das war es Ende der 80er auch.

Ganz genau das fasziniert mich an seinen Werken auch so.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Ranor am 31.08.2011 | 12:08
Wer sich mal einen guten Überblick über das Thema "Transhumanismus" verschaffen will, dem sei die englische Wikipedia-Seite (http://en.wikipedia.org/wiki/Transhumanism) dazu nahegelegt.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Ranor am 31.08.2011 | 12:14
Ich lese gerad die Cyberpunk Trilogie von Gibson (nach 20 Jahren mal wieder) und bin erstaunt, wie zeitgemäß sie sich liest.
Es gibt etliches "futuristisches" aber vieles ist up to date. Und das war es Ende der 80er auch.
Müsste ich vielleicht auch mal wieder lesen...

Und da die Diskussion hier (und Deus Ex) meine Lust an dem Thema doch wiederbelebt haben, frage ich einfach mal nach neuerer Literatur in dem Gebiet (http://tanelorn.net/index.php/topic,69728.0.html).
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: SeelenJägerTee am 31.08.2011 | 12:15
Nur so am Rande: Ich würde das fehlen von wissenschaftlicher Grundlage geradeheraus als ein klares Kennzeichen für schlechte Science Fiction einstufen, denn es gibt genug Ideen und Werke, bei denen zu Mindest ich als Laie keine größeren Kopfschmerzen durch Brachialdummheit erleide und meineserachtens entsteht aus "Hat seine Hausaufgaben gemacht" und "zu faul zum recherchieren" ein glasklarer qualitativer Unterschied.  
Du missverstehst mich. Mit "Science" ist nur Anstrich meinte ich nicht, dass die unrealistisch sein muss (von der FTL-Reise mal abgesehen, aber irgend einen Tod muss man in der Hinsicht halt sterben).
Ich meinte damit was ich gesagt habe: Bei der Science Fiction geht es nicht um die Technologie. Es geht um Liebesgeschichten, Geschichten von Krieg, Heldenmut, Exploration neuer Welten, moralische Fragen, Reflexion über menschliche Gesellschaften, ...

Im schlimmsten Fall werden dann irgendwelche Probleme wie das feindliche Raumschiff mit dem Unverwundbarkeitsschild durch submolekulare Frequenzmodulation (WTF wie zerstören die ein Raumschiff mithilfe eines überskalierten NMR-Experimentes?) oder sonstiges abstruses Technogeblubber gelöst.

Aber jetzt betrachten wir den "perfekt recherchierten Hard Sci-Fi Roman": Du könntest die Geschichte um die es wirklich geht auch mit EDO-Fantasy erzählen.
Die Alienrasse, die einen (mehr oder weniger) unmotivierten Vernichtungsfeldzug gegen die Menschheit führt sind dann eben Orks.
Wenn das hervortretendste Merkmal eines Charakters zynische Sprüche und ein unfehlbarer Schuss sind wird aus dem Scharfschütze mit Präzisionsgewehr eben einer mit Bogen oder Armbrust.
Gesellschaftsreflexion kann man genau so gut vor einer Fantasykulisse wie vor einer Sci-Fi Kulisse machen.
Die moralische Frage "Wir wissen, dass uns der Alien/Ork ewig versuchen wird auslöschen wird weil sie nun mal böse(tm) sind. Wir haben den Krieg gewonnen aber früher oder später werden sie es wieder versuchen - es sei denn wir löschen ALLE aus, auch die Kinder. Dürfen wir das tun?" Funktioniert genauso bei Fantasy wie bei Sci-Fi.
Explorationen à la "Heute besichtigen wir eine Wüstenwelt" kann man sogar mit "Erde 1900" machen.

Manche Konstellationen sind wohl eher ein Griff ins Klo. Bei Fantasy erwartet man nicht unbedingt einen Stil à la Film Noir. Das heißt diejenigen die aus der Fantasyecke kommen werden ihn wohl nicht so pralle finden und diejenigen die vom Film Noir kommen ihn tendenziell nie lesen.
Das ändert aber nichts daran dass man den klassischen Film Noir auch in ein Fantasysetting verfrachten könnte.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Xemides am 31.08.2011 | 12:20
Du kennst nicht viel SF oder ?

Wads du beschreibst ist alles die Spielart des millitary SF, die sehr aktuell ist.

Was aber ist mit Stoffen wie 2001 - Odysse im Weltall ?

Oder "Als es noch Menschen gab" von Clifford D. Simak ?

Oder Asimovs Foundation Zyklus ?

Von Herberts "Dune"-Zyklus ?

Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Terrorbeagle am 31.08.2011 | 12:27
Du missverstehst mich. Mit "Science" ist nur Anstrich meinte ich nicht, dass die unrealistisch sein muss (von der FTL-Reise mal abgesehen, aber irgend einen Tod muss man in der Hinsicht halt sterben).
Ich meinte damit was ich gesagt habe: Bei der Science Fiction geht es nicht um die Technologie. Es geht um Liebesgeschichten, Geschichten von Krieg, Heldenmut, Exploration neuer Welten, moralische Fragen, Reflexion über menschliche Gesellschaften, ...

Im schlimmsten Fall werden dann irgendwelche Probleme wie das feindliche Raumschiff mit dem Unverwundbarkeitsschild durch submolekulare Frequenzmodulation (WTF wie zerstören die ein Raumschiff mithilfe eines überskalierten NMR-Experimentes?) oder sonstiges abstruses Technogeblubber gelöst.

Eben das würde ich als schlechte Science Fiction auffassen: Effektiv die Gleichsetzung von Technik und Magie. Der Zauberspruch wird effektiv durch Technobabbel ersetzt.

Davon unabhängig hast du natürlich völlig recht, dass Sceince Fiction oftmals nur als Kulisse für verschiedene Standardszenarien dienen kann. Nur muß das nicht heißen, dass das ein Automatismus ist, da es durchaus auch genretypische Dilemmata gibt (die Prime Directive aus Star Trek würde mir da einfallen) und es auch genretypische Lösungen für verschiedene Szenarien und Handlungsstränge anbieten kann.

Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 12:41
@SeelenJägerTee:
Ich glaube Du übersiehst noch eine wichtige Besonderheit der SF: Die Projektion aktueller Themen in die Zukunft. Im Prinzip wird bei vielen guten SF-Romanen ein aktuelles Thema in die Zukunft "idealisiert" und an Hand der Geschichte eine Aussage zu eben diesen aktuellen Thema zu machen. Klar kannst Du auch Transhumanismus irgendwie in einer Fantasywelt behandeln. Aber der Impact ist meiner Meinung nach wesentlich stärker, wenn ein Roman salopp gesagt einfach unsere Welt in die Zukunft projeziert. Damit haben wir als Leser einen viel stärkeren Bezugpunkt als irgendeine Fantasywelt, die mit unserer Welt eigentlich nichts zu tun hat.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Eulenspiegel am 31.08.2011 | 12:51
@ Xemides
Bei den ersten 3 beschrieben Roman(-reihen) stimme ich dir zu. Die sind Original-SF und lassen sich nicht ins Fantasy-Setting  verfrachten.

Bei Dune sehe ich das jedoch anders. Das könnte man auch problemlos in ein Fantasy-Setting packen.

PS: Auch ein guter Roman, der sich nicht so ohne Weiteres in Fantasy übertragen lässt:
Rendezvous mit 31/439 (http://de.wikipedia.org/wiki/Rendezvous_mit_31/439) von Arthur C.Clarke
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: dunklerschatten am 31.08.2011 | 12:51
Ich sehe nicht das Cyberpunk abgearbeitet ist, ganz im Gegenteil imho ist das Thema aktueller als je....evtl ist nur der Focus der "Mehrheit" gewandert ?!!
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: SeelenJägerTee am 31.08.2011 | 13:48
[...]
Was aber ist mit Stoffen wie 2001 - Odysse im Weltall ?
[...]
Das war doch der, wo die KI aus total unerfindlichen Gründen meint plötzlich die Crew umbringen zu müssen und als es einer dann schafft ihr den Saft abzudrehen tut es ihr plötzlich Leid weil es ihr an den Kragen geht.
Dazu gabs dann noch irgendwelche Alienmonolithen die wohl die menschliche Evolution katalysiert haben sollen und ein Ende das wohl irgendwie unter LSD Einfluss gedreht wurde.

Ich gebe zu, dass es anfängt sich etwas zu spannen je nach dem was du als Thema ansiehst.
Alienmonolithen lassen sich bequem durch Monolithen einer Vorläuferart ersetzen.

Die Sache mit der KI muss man jetzt runterbrechen. Was war das Thema?

Zitat
Oder "Als es noch Menschen gab" von Clifford D. Simak ?

Oder Asimovs Foundation Zyklus ?

Von Herberts "Dune"-Zyklus ?
Die ersten zwei kenne ich nicht aber bei Dune ist das doch so offensichtlich.
Herbert hat sich ja extra des Kunstgriffs von Butlers Jihad bemüht um alles was irgendwie ansatzweise KI ist loszuwerden und hochtrainierte Menschen diese aufgaben übernehmen zu lassen.
Funktioniert WUNDERBAR in einer Fantasy in der es von Anfang an keine KI gab und gleich Menschen das machen mussten.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Waldviech am 31.08.2011 | 13:57
Na, wenn man die erzählten Geschichten auf die grundsätzlichsten Grundstrukturen herunterbricht, dann kann man so ziemlich jede Geschichte fröhlich von einem Genre in´s andere transportieren. Insofern würde Dune auch gut als Western funktionieren. Oder als historische Geschichte zur Zeit der Kreuzzüge. Wenn man genügend herunterbricht, könnte man aus 2001 sogar eine Polizeiruf-110-Folge machen.  ;D

Edit:
Insofern ist es natürlich ohne weiteres möglich, etliche SF-Geschichten auch im Fantasymäntelchen zu erzählen, klar. Nur, wie weiter oben schonmal jemand sehr richtig gesagt hat, ist auch das Gefühl und das "Geschmäckle", dass die Geschichte beim Leser erweckt, wichtig. Erzähle ich die Geschichte von der rebellierenden KI als Fantasygeschichte, in der der Geist, den der Zauberer Schnobbeldibobbel in seine Kristallkugel gezaubert hat, sich auflehnt, dann nimmt der Leser dies als reines Märchen wahr. Erzähle ich sie als Geschichte vom auf Basis moderner Erkenntnisse durchaus denkbaren Supercomputer Bad-Net, der im Forschungslabor des Acme-Konzerns Terror schiebt, dann berührt dies den Leser in völlig anderer Weise, denn er nimmt die Story von der rebellischen KI als potentiell reales Problem wahr, dass durchaus wirklich auftreten kann, falls den jemand mal so eine KI erschafft.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 14:21
@SeelenJägerTee:
Du siehst die Problematik falsch. Ein Beispiel:
  • Künstliche Intelligenz ist per se Böse: Naja das geht auch mit magisch erschaffener KI. Das Über-Thema wäre, dass alles was nicht natürlich geboren wurde sich gegen seinen Erschaffer wendet - isso.
Der perfekte Hal9000 ist nicht böse, sondern macht Fehler (Sozusagen der Titanic-Effekt). Da sich die Crew nicht mehr auf Hal verlassen können, wollen sie Hal abschalten. Das bemerkt Hal und daraufhin startet sein Selbsterhaltungstrieb.
Da ist kein gut gegen böse sondern ein tragische Konsequenz einer falschen menschlichen Entwicklung.

EDIT: Das komplette Posting bezieht sich auf SeelenJägerTee. Wollte das nur verdeutlichen. :)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Waldviech am 31.08.2011 | 14:24
...wobei man noch ergänzen müsste, dass Hal diese "Fehler" auch nur deshalb macht, weil er zuvor widersprüchliche Befehle bekommen hat, mit denen er aufgrund seiner Programmierung net klar kommt. Eigentlich folgt Hal zunächst nur stur dem, was ihm aufgetragen wurde und erfüllt seinen Daseinszweck eigentlich vollkommen.
Das entfernt die Sache aber nur noch weiter vom oben postulierten Grundthema.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 31.08.2011 | 14:47
Ja, der Kontext ist definitiv zentral. Stories und Plots lassen sich vielleicht auf alle möglichen Genres übertragen, so wie grundsätzliche Erzählstrukturen, ob das jetzt Akte sind oder die Heldenreise; das sind alles sehr abstrakte Strukturen, die nicht genrespezifisch sind, auch wenn es natürlich in bestimmten Genres bestimmte Vorlieben gibt.
Aber die Themen in Science Fiction funktionieren als solche nur in ihrem jeweiligen Setting.

Soylent Green zum Beispiel
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Sleep Dealer
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Ghost in the Shell (der erste Film)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Bei Gibsons Neuromancer bzw. der Sprawl Trilogie
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All diese Werke funktionieren nur wegen der Technik und weil sie in der Zukunft für möglich gehalten werden können.
Klar kann man sie auch auf EDO-Fantasy übertragen, aber der Effekt ist ein anderer.
Shadowrun z.B. arbeitet mit vielen klassischen Sci Fi Themen, umgeht aber viele Kontroversen, indem Fantasyelemente eingeführt werden (Rassismus und Stereotypenbildung zwischen Orks, Elfen usw., statt zwischen Ethnien und Subkulturen) und macht sie damit leichter verdaubar. Dadurch nimmt man diese Themen, würde ich mal behaupten, in Shadowrun auch weniger ernst; sie sind GimmicKs, die für SC-Hintergründe und Plots verwendet werden, aber selten zentral im eigentlichen Spiel und lenken daher nicht von dem beliebten Heist-Szenario ab. Und Konzerne sind nur böse, damit sich SCs durch Massen an Mooks ballern können und sich trotzdem wie Helden fühlen, überspitzt gesagt.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: SeelenJägerTee am 31.08.2011 | 15:21
...wobei man noch ergänzen müsste, dass Hal diese "Fehler" auch nur deshalb macht, weil er zuvor widersprüchliche Befehle bekommen hat, mit denen er aufgrund seiner Programmierung net klar kommt. Eigentlich folgt Hal zunächst nur stur dem, was ihm aufgetragen wurde und erfüllt seinen Daseinszweck eigentlich vollkommen.
Das entfernt die Sache aber nur noch weiter vom oben postulierten Grundthema.
OK dann hab ich das entweder nicht richtig verstanden oder Zeitweilig wieder vergessen.
Dadurch lässt sich das ja sogar noch besser übertragen.
Magier erschafft einen dienstbaren Geist bevor er auf Dienstreise geht und gibt dem widersprüchliche Befehle, Geist macht Fehler und die Lehrlinge ...

Ja, der Kontext ist definitiv zentral. Stories und Plots lassen sich vielleicht auf alle möglichen Genres übertragen, so wie grundsätzliche Erzählstrukturen, ob das jetzt Akte sind oder die Heldenreise; das sind alles sehr abstrakte Strukturen, die nicht genrespezifisch sind, auch wenn es natürlich in bestimmten Genres bestimmte Vorlieben gibt.
Aber die Themen in Science Fiction funktionieren als solche nur in ihrem jeweiligen Setting.
[...]
Mhmnääää naja. ich hab nur mal den Spoiler "Ghost in the Shell" angeschaut und gerade das von dir dort erwähnte Motiv funktioniert bestens in Fantasy.

Zitat
Ghost in the Shell (der erste Film)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Zitat
All diese Werke funktionieren nur wegen der Technik und weil sie in der Zukunft für möglich gehalten werden können.
Klar kann man sie auch auf EDO-Fantasy übertragen, aber der Effekt ist ein anderer.
[...]
Dass der Effekt ein anderer ist bestreite ich auch gar nicht. Bzw ich würde behaupten, der Effekt kann schon der gleiche sein, es fordert aber mehr Abstraktionsverhalten beim Leser (denn der Leser muss die Abstraktion machen "was wäre wenn dies nicht nur mit Magie sondern auch mit Technik ginge ..." bzw. "Nehmen wir mal an unsere Gesellschaft würde in diese Situation kommen ..." bzw ...).
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Ranor am 31.08.2011 | 15:43
SJT, der große Unterschied zwischen der Umsetzung solcher Themen in SciFi und Fantasy ist der, dass SciFi der Thematik einen möglichst plausiblen, vorstellbaren Hintergrund gibt ("Mensch, das könnte ja tatsächlich so passieren") während Fantasy das nicht tut. Dadurch hat der Konsument eine ganz andere Beziehung zu der behandelten Thematik (oder sollte sie zumindest haben). Das man fast alle Themen in fast allen Genres irgendwie verwursten kann ist natürlich klar, der erzielte Effekt ist aber unterschiedlich.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Blizzard am 31.08.2011 | 16:02
ich spiele ja nicht viel mit Cyberpunk, würde aber die Ausgangsfrage des Threads trotzdem mit "Ja" beantworten. Im Bereich des Cyberpunk gibt es einfach nichts (mehr), was irgendwie grundlegend neu wäre.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Boba Fett am 31.08.2011 | 16:06
SJT: Der Grund, warum die KI HAL anfängt, Fehler zu begehen resultiert daraus, dass sie mit widersprüchlichen Informationen gefüttert wurde (kalter Krieg's Paranoia).
Das wird im Roman 2010 klar.
Die Verfilmung bitte nicht mit dem Roman gleichsetzen, wie immer...
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 31.08.2011 | 16:28
Dass der Effekt ein anderer ist bestreite ich auch gar nicht. Bzw ich würde behaupten, der Effekt kann schon der gleiche sein, es fordert aber mehr Abstraktionsverhalten beim Leser (denn der Leser muss die Abstraktion machen "was wäre wenn dies nicht nur mit Magie sondern auch mit Technik ginge ..." bzw. "Nehmen wir mal an unsere Gesellschaft würde in diese Situation kommen ..." bzw ...).

Ja, aber dieses Abstraktionsverhalten hat auch einen großen Einfluss darauf, wie ein Thema behandelt werden kann.

Abstraktion ermöglicht es einem Autor, weniger genau auf Details zu achten. Deshalb wird in Fantasy auch weniger über Realismus und schlechte Recherche rumgenörgelt als in Space Opera und da weniger als in Near Future Szenarien. (weniger, nicht gar nicht!)
Das ermöglicht, Themen allgemeiner und freier zu bearbeiten oder sich auch mal auf Themen einzulassen, mit denen man nicht wirklich was zu tun hat. Oder einfach mal mit vergangenen Themen (die Gesellschaft in A Song of Ice and Fire ist interessant, obwohl (bzw. gerade weil) sie auf Vorstellungen über die Vergangenheit aufbaut, nicht auf gegenwärtige).

Gleichzeitig sind die Interpretationsmöglichkeiten zwangsweise vielfältiger (schau dir allein an, was in Der Herr der Ringe alles hineininterpretiert wird). Cyberpunk und Hard Sci Fi sind in ihren Kernaussagen generell präziser.
Und es ist auch schwerer, sich unmittelbar mit den Themen zu identifizieren. Die Schockwirkung von Magie ist halt nicht so groß wie von Technik, die heute schon möglich ist oder in den Startlöchern steht.

(Das ist jetzt natürlich alles sehr vereinfacht und verallgemeinert gesagt.)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Waldviech am 31.08.2011 | 16:31
Zitat
Dass der Effekt ein anderer ist bestreite ich auch gar nicht. Bzw ich würde behaupten, der Effekt kann schon der gleiche sein, es fordert aber mehr Abstraktionsverhalten beim Leser
Klar - das macht die SF-Geschichte in diesem Beispiel aber auch relevanter und packender! Fat-Duck hat das am Shadowrun-Exempel schon recht gut erklärt. Dadurch, dass man Geschichten in einen mehr oder weniger losgelösten Fantasybackground packt, werden sie meist leichter verdaulich und wirken weniger drastisch. Ein Genozid an blauen Fantasygnomen in einem Fantasyumfeld wird auf den Leser nie so nachhaltig verstörend wirken wie ein Genozid an einem afrikanischen Volksstamm (selbst wenn dieser Volksstamm, wie die blauen Fantasygnome, fiktiv sein sollte und nur im Rahmen eines Politthrillers alá Tom Clancy existiert).
Und um das oben genannte Beispiel mit der KI-Geschichte nochmal aufzugreifen: Die Geschichte mit dem Zauberer Schnobeldidobel und seinem Kristallkugelgeist wirkt auf den Leser bestenfalls völlig belanglos. Erzählt man die selbe Geschichte plausibel im Kontext eines Near-SF-Romans, dann erlangt sie plötzlich wesentlich mehr Relevanz für den Leser als irgend ein Fantasymärchen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Oberkampf am 31.08.2011 | 18:07

Shadowrun z.B. arbeitet mit vielen klassischen Sci Fi Themen, umgeht aber viele Kontroversen, indem Fantasyelemente eingeführt werden (Rassismus und Stereotypenbildung zwischen Orks, Elfen usw., statt zwischen Ethnien und Subkulturen) und macht sie damit leichter verdaubar. Dadurch nimmt man diese Themen, würde ich mal behaupten, in Shadowrun auch weniger ernst; sie sind GimmicKs, die für SC-Hintergründe und Plots verwendet werden, aber selten zentral im eigentlichen Spiel und lenken daher nicht von dem beliebten Heist-Szenario ab. Und Konzerne sind nur böse, damit sich SCs durch Massen an Mooks ballern können und sich trotzdem wie Helden fühlen, überspitzt gesagt.

Darum sehe ich shadowrun immer noch eher als parodistisches Rollenspiel an.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Xemides am 31.08.2011 | 18:12
SJT: Der Grund, warum die KI HAL anfängt, Fehler zu begehen resultiert daraus, dass sie mit widersprüchlichen Informationen gefüttert wurde (kalter Krieg's Paranoia).
Das wird im Roman 2010 klar.
Die Verfilmung bitte nicht mit dem Roman gleichsetzen, wie immer...

Spoiler, da OT:

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Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: SeelenJägerTee am 31.08.2011 | 18:18
SJT, der große Unterschied zwischen der Umsetzung solcher Themen in SciFi und Fantasy ist der, dass SciFi der Thematik einen möglichst plausiblen, vorstellbaren Hintergrund gibt ("Mensch, das könnte ja tatsächlich so passieren") während Fantasy das nicht tut. Dadurch hat der Konsument eine ganz andere Beziehung zu der behandelten Thematik (oder sollte sie zumindest haben). Das man fast alle Themen in fast allen Genres irgendwie verwursten kann ist natürlich klar, der erzielte Effekt ist aber unterschiedlich.
Klar, ich habe ja auch gesagt, dass es Kulisse bzw. Farbe ist.
Es macht einen Unterschied ob man einen Film in schäbigen Seitengassen oder der Königsmeile dreht.
Es macht einen Unterschied ob die Möbelstücke der Handlungsorte das Metall-und-Glas-Design haben und die Wände weiß gestrichen sind, oder ob das Mobiliar aus antiken Möbeln besteht und an der Wand eine Seidentapete mit warmem Farbton prangt.
Es macht ja auch einen enormen unterschied wie man den Film mit Musik unterlegt. Da kann man mit der gleichen Bildspur und zwei unterschiedlichen Soundtracks gleich 2 verschiedene Filme machen obwohl die grundlegende Geschichte wirklich genau die gleiche ist.
Die "Farbe" ist einfach ziemlich wichtig für die Stimmung, die ein Film vermittelt und für Bücher gilt das auch.

Aber alleine deswegen hat sich ein Genre nie wirklich erledigt, denn man kann immer irgend eine Story die schon zig tausend mal erzählt wurde vor diesem Hintergrund und auf diese und jene Art lesens- oder sehenswürdig aufbereiten.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 31.08.2011 | 18:49
Darum sehe ich shadowrun immer noch eher als parodistisches Rollenspiel an.
Ich auch, unter Vorbehalt. Jedesmal, wenn es offensichtlich als/für Parodie genutzt wurde, war das Endergebnis mMn schlecht (die vielen alten deutschsprachigen Quellenbücher und einige Romane). Die sechste Welt scheint als Parodie nur zu funktionieren, wenn sie sich selbst ernst nimmt.
Aber das ist schon wieder OT. :)

Aber alleine deswegen hat sich ein Genre nie wirklich erledigt, denn man kann immer irgend eine Story die schon zig tausend mal erzählt wurde vor diesem Hintergrund und auf diese und jene Art lesens- oder sehenswürdig aufbereiten.
Das stimmt schon. Und ich glaube deshalb hat Ranor auch Deus Ex 3 erwähnt. Dort wird nämlich genau das gemacht.
Die Frage ist halt, welche Rolle die hinter der Story liegende Thematik für den Betrachter/Spieler/Rezipienten spielt und ob es neue Themen gibt oder neue Aspekte zu den alten Themen, nicht ob sich die gleichen alten Themen immer wieder verkaufen lassen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Dark_Tigger am 31.08.2011 | 22:20


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Zu dem streit "Kann man SF durch Fantasy ersetzen?" und die genannten Beispiele.
Kann mir mal jmd erklären warum man Asimovs Foundation Trilogie NICHT völlig Blind in Fantasy umwandeln kann? Ich sehe da keinen Punkt der in einem Fantasy Universum
nicht genauso gut Funktionieren würde. Uraltes Imperium (check), die Technoligie der Foundation (check, ist sowieso Magie), Psychohistorie (statt Mathematik das gebrabbel eines Philosophen check). Ist doch alles drin.
Dune IST doch eigentlich Fantasy.
Als es noch Menschen gab kenn ich nicht. Sag ich nichts zu.
Und Odysee... ja da wirds schwieriger. Denke nicht das sich das gut in Fantasy ummodeln lässt.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Xemides am 31.08.2011 | 22:27
die Technoligie der Foundation (check, ist sowieso Magie), Psychohistorie (statt Mathematik das gebrabbel eines Philosophen check). Ist doch alles drin.

Die Technologie ist für mich nicht gleich Magie, das ist für mich ein wesentlicher Unterschied. Vor allem bei Asimov, der Physiker war und dessen Technologie auf Physik beruht. Und Psychohistorie ist hier eine Wissenschaft, die genau die Zukunft vorherberechnet. Das ist was völlig anderes als Prophezeiungen oder Philosophen, denn Asimov beschreibt ja sogar, das die berechneten Ereignisse eintreten.

Asimov ist das beste Beispiel für die Science in Science-Fiction, eine Prämisse, die Fantasy nicht erfüllt.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Boba Fett am 31.08.2011 | 22:51
Psychohistorie kann man im Fantasybereich schlicht durch ine Wahrsagerglaskugel übersetzen, oder (um mal am Inhalt der Foundation Romane zu bleiben) einen Priesterorden von Atlantis enem Reich, das zum Untergang verdammt ist, dessen Gott präkognitive Fähigkeiten verleiht, diese aber auch mit einem klaren Auftrag versieht...
Die technische und wissnschaftliche Überlegenheit der Foundation kann sogar im Fantasy ein technologischer (Stahl statt Bronze) - (aber auch magischer) Vorteil sein, wenn dieser Orden in Kontakt mit den barbarischen Stämmen eines untergegangenen Reiches (Atlantis) kommt.

Foundation lässt sich sehr einfach ins Fantasy projezieren.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Dark_Tigger am 31.08.2011 | 22:54
Die Technologie ist für mich nicht gleich Magie, das ist für mich ein wesentlicher Unterschied. Vor allem bei Asimov, der Physiker war und dessen Technologie auf Physik beruht.

Das ließt man heufig, aber hast du dir die Technologie im Zyklus mal angeguckt. Nukelar dies Nukelar das. SF-Buzzwordbingo vom feinsten. Ich will überhaupt gar nicht in abrede stellen das Asimov als Physiker was drauf hatte. Aber zmd im Foundation Zyklus haben wir reine Magie. Einfach schon deswegen weil die Technologie für die erzählte Geschichte nebensächlich ist.

Und Psychohistorie ist hier eine Wissenschaft, die genau die Zukunft vorherberechnet.

Öhhh ja und auf der anderen Seite haben wir die Konzepte eines Naturphilosophen der ein Verfahren entwickelt hat das Verhalten großer Menschengruppen vorherzusagen.
Merkste was?
Wobei ich mich hier nur auf die Bücher "Der Tausend Jahres Plan", "Der Galaktische General" und "Alle wege führen nach Trantor" beziehe. Mag sein das in den anderen Büchern im Zyklus noch was anderes rüberkommt. Die hab ich net gelesen.

Edit: Argh Boba war schneller.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 22:56
@Dark Tigger:
Ich weiss der ist gemein, aber: Wie willst Du die Robotergesetze in einer Fantasywelt umsetzen? (Ja, der Foundationzyklus und die Robotergeschichten gehören in den gleichen Zyklus.)
Davon mal ab: Ein wichtiger Bestandteil des Foundation-Zykluses ist die Degeneration des alten imperiums. Das wird in einer Geschichte gezeigt, in dem ein Adliger Geschichte als seine Hauptberufung betreibt, indem er nur noch Sekundärliteratur durchliest. Er versucht garnicht mehr diese Sekundärliteratur zu überprüfen, weil das doch eh Verschwendung seiner Zeit wäre (Übrigens ein ziemlich aktuelles Thema, wenn ich mir die aktuelle Medienlandschaft anschaue. Meinst Du nicht auch. ;)).
Der Hintergrund der Psychohistorie war schon damals die potentielle Möglichkeit die Zukunft zu berechnen. Damals als Asimov davon schrieb, glaubte man wirklich, dass man die Zukunft irgendwann mal vorausberechnen könne (vergleichbar der Wettervorhersage). Einem Philosophen hätte man das nicht zugetraut. Das wäre wieder Magie gewesen und damit wäre das wieder was Anderes gewesen. Übrigens wird die Psychohistorie in keinerm der Foundation-Bücher wirklich ausgeführt. Da gibt es kein Wissenschaftsgebrabbel a la Star Trek. Es wird nur gesagt, dass das geht und der Schrein von Hari Seldon öffnet sich immer mal wieder.

Dass das heute im Zeitalter der Chaostheorie antiquiert und nach Hokuspokus klingt ist klar. Aber dass SF-Romane durchaus ein Haltbarkeitsdatum haben können, sieht man meiner Meinung nach sehr schön an Romanen wie Lobgesang für Leibowitz und die Marschroniken.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Boba Fett am 31.08.2011 | 22:58
Wie willst Du die Robotergesetze in einer Fantasywelt umsetzen?
Das Golemthema....? ;)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 23:01
Das Golemthema....? ;)
Ein Golem ist ein magisches Geschöpf, dass das tut, was Du ihm sagst. Ein Roboter dagegen macht das was ihm programmiert wurde. Genau um diesen Unterschied geht es ja gerade in den Robotergeschichten.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Boba Fett am 31.08.2011 | 23:07
Ein Golem ist ein magisches Geschöpf, dass das tut, was Du ihm sagst. Ein Roboter dagegen macht das was ihm programmiert wurde. Genau um diesen Unterschied geht es ja gerade in den Robotergeschichten.

Ein Golem bekommt bei der Erschaffung (wenn man zB Pratchett [aber auch andere] liest) einen Zettel in den Kopf gesteckt, der seine grundlegenden Prinzipien und Funktionen definiert.
Das ist nichts anderes als Programmierung auf Fantasy, das Thema 3 oberste Robotergesetze ist damit 1:1 umsetzbar.

Und die Thematik, dass man solche Befehle/Gesetze als Basis für Verhaltensregeln basieren kann zeigt indirekt "der Zauberlehrling" im Film Fantasia von Disney...
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Bad Horse am 31.08.2011 | 23:10
Science-Fiction abseits von Space Opera - und vor allem Cyberpunk - spielt vor der Kulisse unserer Welt, die ein paar Jahre in die Zukunft projiziert wurde. In Cyberpunk existieren viele bekannte und vertraute Elemente, die durch die fiktiven Veränderungen einen Bruch erleiden.

Und dieser Bruch zwischen Bekannten und Noch-Unbekannten, dieses aber-was-wäre-wenn-sich-alles-so-entwickelt, das aber auf Bekanntem fußt, kann Fantasy nicht.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Xemides am 31.08.2011 | 23:15
Die Psychohistorie sagt ja nicht nur die Zukunft voraus, sondern manipuliert sogar die Menschenmassen, damit sie genau das machen, was sie wollen.

Das geht über Wahrsagerei hinaus.

Aber ich habe halt eine andere Meinung zur Science-Fiction. Auch die Sammlung von Wissen gehört dazu.

Ich kenne auch nur die ursprüngliche Trillogie.

Zum Gesamtwerk zählen übrigens alle möglichen seiner Romane, inklusive des Roboterzyklus.

Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 23:17
Ein Golem bekommt bei der Erschaffung (wenn man zB Pratchett [aber auch andere] liest) einen Zettel in den Kopf gesteckt, der seine grundlegenden Prinzipien und Funktionen definiert.
Das ist nichts anderes als Programmierung auf Fantasy, das Thema 3 oberste Robotergesetze ist damit 1:1 umsetzbar.
Pratchets Golem ist eine Persiflage auf Asimovs Robotergesetze. Klar als Persiflage ist das Umsetzen auf ein anderes Genre ziemlich klasse. Gerade weil es damit ziemlich absurd wird. Denn genau das ist es nämlich bei Pratchet. Das hat damit einen komplett anderen Stellenwert als in SF. Und genau darum geht es hier ja.
Zitat
Und die Thematik, dass man solche Befehle/Gesetze als Basis für Verhaltensregeln basieren kann zeigt indirekt "der Zauberlehrling" im Film Fantasia von Disney...
Nee. Der Zauberlehrling ist eine ähnliche Mahnung an alle Lehrlinge wie der Struwwelpeter eine Mahung an die Kinder Da geht es darum den Lehrlingen Angst einzuflössen, damit sie weiterhin ihrem Meister unterordnen und ja nichts Eigensinniges tun. Du willst mir jetzt hoffentlich nicht klar machen, dass die Robotergesetze eigentlich als Mahnung an die IT-Lehrlinge gedacht waren.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Dark_Tigger am 31.08.2011 | 23:18
Ein Golem bekommt bei der Erschaffung (wenn man zB Pratchett [aber auch andere] liest) einen Zettel in den Kopf gesteckt, der seine grundlegenden Prinzipien und Funktionen definiert.
Das ist nichts anderes als Programmierung auf Fantasy, das Thema 3 oberste Robotergesetze ist damit 1:1 umsetzbar.

Und die Thematik, dass man solche Befehle/Gesetze als Basis für Verhaltensregeln basieren kann zeigt indirekt "der Zauberlehrling" im Film Fantasia von Disney...
+1
Genau das selbe wollte ich auch Antworten.

Davon mal ab: Ein wichtiger Bestandteil des Foundation-Zykluses ist die Degeneration des alten imperiums. Das wird in einer Geschichte gezeigt, in dem ein Adliger Geschichte als seine Hauptberufung betreibt, indem er nur noch Sekundärliteratur durchliest.
Ähh und nenn mir mal 3 Gute Gründe warum DAS nicht in ein Fantasy Setting passt. Alles was ich bis jetzt über Malmsturm weiß sagt mir das dieser Typ auch da sehr gut ins Imperium passt. Ob das nun ein Aktuelles Thema ist lass ich mal dahingestellt.

@Bad Horse
Jop Ich sage ja auch das man nicht alle SF Geschichten in Fantasy umwandeln kann. Cyberpunk gehört da definitiv zu.

@Xemides
Au contraire Ich denke wir haben ein Recht ähnliches Bild von Science-Fiction. Ich halte nur das Beispiel Foundation Trillogie für ein ausgemacht schlechtes um die nicht Austauschbarkeit von SF und Fantasy zu verdeutlichen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 31.08.2011 | 23:42
Ähh und nenn mir mal 3 Gute Gründe warum DAS nicht in ein Fantasy Setting passt. Alles was ich bis jetzt über Malmsturm weiß sagt mir das dieser Typ auch da sehr gut ins Imperium passt. Ob das nun ein Aktuelles Thema ist lass ich mal dahingestellt.
Aber warum 3 Gründe? Einer reicht doch, oder?

Ich kenne Malmsturm leider überhaupt nicht. Spielt in der Welt Magie eine Rolle? Wenn ja, dann fällt das Setting leider vollkommen flach.
Es geht nämlich bei der Foundation darum, dass die Degeneration sich im Verlust der Wissenschaft äussert. Die Wissenschaft wird im Lauf des Zyklusses auf Terminus gehortet, während im Rest des Universums immer mehr dieser Wissenschaft verloren geht. Dieser Verlust an Technologie sorgt dafür, dass die Menschheit in ein dunkles Zeitalter fallen wird (analog zum Mittelalter zum Niedergang des Römischen Imperiums). Dieses dunkle Zeitalter soll durch Terminus verkürzt werden. (Ja, im  Foundationzyklus ist der Fortschrittsglaube passend zu seiner Entstehungszeit ziemlich glorifiziert) Um das in ein Fantasysetting umzusetzen, muss Du als erstes die Magie streichen oder so weit reduzieren, dass sie keine Rolle in der Welt spielt. Schliesslich könnte sie die verlorengehende Technologie mehr als ersetzen. Und das passt ja nicht zur Grundannahme des Foundationzyklusses nicht.

Mal als Gegenprobe:
Kennst Du ein Fantasybuch in dem der Technikfortschritt als positives Element behandelt wird? (Keine Alternativrealitätsromane oder sowas bitte. Das ist keine Fantasy)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Madner Kami am 1.09.2011 | 00:30
@6: Setze Magie mit Technologienutzung gleich und es kommt genau das angesprochene dabei heraus. Im Alten Imperium war die Nutzung der Magie weit verbreitet und bei seinem Niedergang wurde das Wissen um die richtigen Formeln, Zutaten und Bewegungen immer weiter verwässert, sodass zum Schluß nur noch eine Erinnerung übrig blieb. Flogen früher die Menschen mit der Aussprache eines Wortes durch die Luft, gilt es jetzt schon als außergewöhnlich, wenn jemand eine Kerze mit einer komplizierten Formel kurz zum Brennen bringen kann. Gab es früher gewaltige und architektonisch absurd konstruierte Türme, die nur von der Magie ihrer Erbauer zusammengehalten wurden, fallen jetzt die Gebäude langsam zusammen, weil niemand mehr den magischen Mörtel erneuern kann und Stein für Stein zerfallen die wahrhaft babylonischen Türme, bis nur noch Ruinen von ihnen übrig bleiben, nachdem der letzte Stein des Zusammenhalts herausbrach, das Ritual damit gebrochen wurde und die mit Engelsfiguren geschmückten Balkone lautlos aus den Himmeln fielen und geradewegs so als hätten sie noch mehr Erinnerung mit sich gerissen, mit einem gewaltigem, in den Ruinen wiederhallendem Krachen in einer Staubwolke, am Boden zerschmettern.

Dabei brauch man noch garnicht mal so hoch greifen. Allein schon der Verlust von vergleichsweise sehr mundaner Technologie durch Kriege und Seuchen ist in der Menschheitsgeschichte immer wieder vorgekommen. Ganze Hochkulturen sind verschwunden, ohne, dass irgendetwas von ihnen zurück blieb, außer Ruinen. Mit ihnen gingen alle ihre Gedanken, Träume und Geisteswelten und alles was wir noch von ihnen haben, sind unvollständige Mutmaßungen oder Mythen.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Waldviech am 1.09.2011 | 00:41
Zitat
Dieser Verlust an Technologie sorgt dafür, dass die Menschheit in ein dunkles Zeitalter fallen wird (analog zum Mittelalter zum Niedergang des Römischen Imperiums).
Wobei man bei diesem Beispiel beachten sollte, dass nach dem Fall des Römischen Imperiums eigentlich so gut wie keine Technologie verloren ging, wenn man´s genau nimmt. In Ostrom war alles noch erhalten und in unseren Breiten hat eher eine massive Weiterentwicklung auf der Basis römischen Wissens stattgefunden. Wesentlich bessere Beispiele wären das Verschwinden der Hethiter oder der Majas...aber bäck on topic:

Ich glaube, die Diskussion dreht sich hier ein bisschen im Kreise - wir sind nämlich genau dort, wo wir vorhin schonmal waren. Klar kann man Handlungen von einem Genre ins nächste verfrachten. Nur ändert das ein (teilweise erhebliches) Stück weit die grundlegende Message des Ganzen. Die Mär vom Priesterorden in Atlantis, der magisches Wissen hortet ist, trotz gleicher Grundhandlung, nun mal eine andere als die Mär vom Seldon, der der Galaxis die Wissenschaft erhalten will, auch wenn die Handlung der Geschichte an sich die selbe ist - allein deswegen, weil Weltsicht und Philosophie jeweils eine völlig andere sind. Magie ist nunmal keine rationelle Wissenschaft, auch wenn sie in vielen Fantasysettings gerne in "wissenschaftelndem Mäntelchen" präsentiert wird.

Zitat
Kennst Du ein Fantasybuch in dem der Technikfortschritt als positives Element behandelt wird?
Mir fällt gerade nicht eines ein - zumindest, wenn ich Steampunk ausklammere.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Dark_Tigger am 1.09.2011 | 00:42
Dir ist aber schon bewusst das Magie in vielen Fantasy Welten die Technologie ersetzt, oder?
Aber okay, ja der Verfall von Wissen ist etwas was man wirklich nie nirgends und auf keinen fall in einem Fantasy Roman darstellen kann.

Zurück zum Thema,
was gab es eigentlich in letzter Zeit an Nah-Zukunfts sachen, in Film und Buch an denen Mann erkennen könnte ob die Cyberpunk sachen alle erzählt sind und sich bestenfalls noch in den Motiven wiederholt?
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Waldviech am 1.09.2011 | 00:53
Zitat
Dir ist aber schon bewusst das Magie in vielen Fantasy Welten die Technologie ersetzt, oder?
Klar tut sie das. Aber sie hat grundsätzlich andere Charakteristika als Technologie. Sie ist weder physikalisch erklärbar, noch (in den meisten Fällen) für jedermann anwendbar. Sie ist, anders als Technologie, per se mystisch. Sonst wär´s ja keine Magie. Das verleiht dem Ganzen ein völlig anderes "Geschmäckle". Auch wenn Hellsichtzauber und Quantenscanner die gleiche Funktion haben, sind sie noch lange nicht das selbe.

Zitat
Zitat
Aber okay, ja der Verfall von Wissen ist etwas was man wirklich nie nirgends und auf keinen fall in einem Fantasy Roman darstellen kann.
Doch, das ist sogar eines der 0815-Standartthemen von Fantasy. Aber das war, wie du beim aufmerksamen Lesen feststellen wirst, auch nie der Punkt ;)

Zitat
was gab es eigentlich in letzter Zeit an Nah-Zukunfts sachen, in Film und Buch an denen Mann erkennen könnte ob die Cyberpunk sachen alle erzählt sind und sich bestenfalls noch in den Motiven wiederholt?
Naja, ich denke, an Filmen wie Inception oder Moon lässt sich durchaus feststellen, dass einige Themen des Cyberpunk noch immer aktuell sind - auch wenn nicht mehr haargenau die selben Stilelemente verwendet werden, wie weiland in den 80igern.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 1.09.2011 | 00:57
Nur am Rande:
Wobei man bei diesem Beispiel beachten sollte, dass nach dem Fall des Römischen Imperiums eigentlich so gut wie keine Technologie verloren ging, wenn man´s genau nimmt.
Geh von dem normalen Wissen eines Physikers in den 50-er aus. Da gab es noch die Vorstellung, dass mit dem Ende des Imperiums ein dunkles Zeitalter folgte, in dem viele Technologien verloren gegangen wären.

Dir ist aber schon bewusst das Magie in vielen Fantasy Welten die Technologie ersetzt, oder?
Nicht aber als Analogie zur Technologie (siehe Waldviechs Posting) Gerne wurde Magie sogar als Gegensatz zur Technologie verwendet.
Zitat
Aber okay, ja der Verfall von Wissen ist etwas was man wirklich nie nirgends und auf keinen fall in einem Fantasy Roman darstellen kann.
Klar kommt der Verlust von Wissen auch in Fantasyromanen vor. Aber das war, wie Waldviech ja schon sagte, nie der Punkt.
Fällt Dir zu meiner Gegenprobe eigentlich ein Fantasyroman ein? (Gerne auch als PM)

Ich glaube aber Du hast Recht, das Thema lautet eigentlich anders. Von daher sollten wir vielleicht wirklich diese Diskussion lassen.

EDIT:
@Madner Kami:
Siehe Waldviechs Posting (Sorry für die kurze Antwort, aber ich glaube Waldviech hat es eigentlich schon besser zusammengefasst, als ich es zusammenfassen könnte.)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Dark_Tigger am 1.09.2011 | 01:09
@Waldvieh
Ich meinte nicht dich sondern 6. Und ich wollte durch diese Überspitzung zum ausdruck bringen das ich die Disskussion nicht mehr weiterzuführen gedenke. ;)


Naja, ich denke, an Filmen wie Inception oder Moon lässt sich durchaus feststellen, dass einige Themen des Cyberpunk noch immer aktuell sind - auch wenn nicht mehr haargenau die selben Stilelemente verwendet werden, wie weiland in den 80igern.
Und Hmm ja an Moon musste ich auch irgendwie denken als ich die Frage stellte. Inception ist für mich noch einmal ein ganz anderes Thema.
Ich muss gerade auch noch irgendwie an District 9 denken. Auch wenn ich den Film irgendwie Langweilig fand. Es werden also immer noch irgendwie die Klassischen
Cyperpunk Themen behandelt.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Waldviech am 1.09.2011 | 01:19
Zitat
Inception ist für mich noch einmal ein ganz anderes Thema.
Naja, der Film hat keinen ausgeprägten Dark-Future-Aspekt, das ist schon richtig. Aber er bedient sich des alten, cyberpunkigen Schließe-Hirn-an-Maschine-an-Themas - und führt es in eine eher ungewohnte Richtung fort. Der Gedanke, dass man, wenn man menschliche Gehirne an Computer anschließen kann, vielleicht auch menschliche Gehirne "hacken" kann, liegt ja nahe...
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 1.09.2011 | 01:23
Wobei ich bei Filmen immer das Gefühl habe, dass sie der SciFi-Literatur immer einige Jahre hinter hinken. (Sowohl bei Inception als auch bei Moon meine ich mich zu erinnern, dass deren Themen schon mal in Buchform vor 5 - 10 Jahren behandelt wurde. District 9 habe ich noch nicht gesehen. Von daher kann ich dazu jetzt nichts sagen)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.09.2011 | 01:43
Kann mir mal jmd erklären warum man Asimovs Foundation Trilogie NICHT völlig Blind in Fantasy umwandeln kann? Ich sehe da keinen Punkt der in einem Fantasy Universum
nicht genauso gut Funktionieren würde. Uraltes Imperium (check), die Technoligie der Foundation (check, ist sowieso Magie), Psychohistorie (statt Mathematik das gebrabbel eines Philosophen check). Ist doch alles drin.
Es gibt ja zwei Foundations:
Die erste Foundation ist voller Naturwissenschaftler und die zweite Foundation ist voller Geisteswissenschaftler.

Die zweite Foundation kann man aufgrund ihrer Psi-Fähigkeiten, die sie entwickeln, durchaus auch als Magier verstehen. Aber die erste Foundation ist meilenweit davon entfernt. Technik zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass es theoretisch jeder erlernen kann und jeder einsetzen kann.

Psychohistorie kann man im Fantasybereich schlicht durch ine Wahrsagerglaskugel übersetzen, oder (um mal am Inhalt der Foundation Romane zu bleiben) einen Priesterorden von Atlantis enem Reich, das zum Untergang verdammt ist, dessen Gott präkognitive Fähigkeiten verleiht, diese aber auch mit einem klaren Auftrag versieht...
Das große Problem der Psychohistorie, das man bei einer Wahrsagerkugel nicht hätte:
Die Psychohistorie kann nur die Zukunft voraussagen, wenn die menschlichen Eigenschaften eine Normalverteilung aufweisen. Das heißt, die meisten Menschen sind im Durchschnitt und die extremeren sind immer seltener.
Außerdem kann man nur das Verhalten von Menschenmassen, aber nicht von Einzelmenschen voraussagen. Dies wird im 2. und 3. Buch thematisiert: "Das Maultier" ist ein Mensch mit so extremen Eigenschaften, dass er in der Lage ist, als Individuum bedeutenden Einfluss auf die Zukunft zu nehmen. Und auf Individuen kann man die Psychohistorie nicht anwenden.

Dieses Problem hätte man mit einer Wahrsagerkugel nicht.

Außerdem war Hari Seldon, der Erfinder der Psychohistorie nicht unfehlbar. In der zweiten Foundation wurde die Psychohistorie ständig weiterentwickelt.

Öhhh ja und auf der anderen Seite haben wir die Konzepte eines Naturphilosophen der ein Verfahren entwickelt hat das Verhalten großer Menschengruppen vorherzusagen.
Merkste was?
Und dieses Verfahren muss einen Geisteswissenschaftler sehr inspiriert haben.

Oder ein Geisteswissenschaftler war ein großer Asimov-Fan. Auf alle Fälle gibt es heutzutage eine Wissenschaft, die sich Psychohistorie (http://de.wikipedia.org/wiki/Psychohistorie) nennt und die dem, was Asimov sagte, sehr ähnlich ist: Mit ihr kann man das Verhalten von großen Menschenmassen in der Zukunft voraussagen.
Die Grundzüge der Psychohistoreie wurden 10-20 Jahre nachdem der Foundation-Zyklus erschienen ist entwickelt.
Marktforschung (http://de.wikipedia.org/wiki/Marktforschung) stößt ebenfalls in eine ähnliche Lücke wie die Psychohistorik von Asimov.

Disclaimer: Die reale Wissenschaft der Psychohistorie ist nicht identisch mit der Psychohistorik von Asimov. Aber sie sind sich doch verdammt ähnlich.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 1.09.2011 | 01:50
Kennt eigentlich jemand den Film "Cargo" von 2009? Irgendwie hört sich die Inhaltsbeschreibung ziemlich cyberpunkig an.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Dark_Tigger am 1.09.2011 | 09:47
Das war dieser Film wo die Erde ist (laut Regierung) völlig veranzt ist, und alle die es sich Leisten können werden in diese Koloniewelt ausgeflogenber
WIRKLICH WIRKLICH böser Spoiler:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Würde ich eher nicht als Cyberpunk einschätzen. Sonst wäre nun echt JEDE Dystopie Cyberpunk.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: AcevanAcer am 1.09.2011 | 10:51
Der Zauberlehrling ist eine ähnliche Mahnung an alle Lehrlinge wie der Struwwelpeter eine Mahung an die Kinder Da geht es darum den Lehrlingen Angst einzuflössen, damit sie weiterhin ihrem Meister unterordnen und ja nichts Eigensinniges tun. Du willst mir jetzt hoffentlich nicht klar machen, dass die Robotergesetze eigentlich als Mahnung an die IT-Lehrlinge gedacht waren.

Der Struwwelpeter und Suppenkaster, oder das Mädche mit den Zündelhölzern sollten nicht als Warnung verstanden werden. Sie wurden vielmehr geschrieben um Kindern Psychatrische Krankheitsbilder nahezubringen. Der Zauberlehring als Selbstdarstellung von Goethe als Hexenmeister der die Magie der Worte verwendet hingegen trifft es zimmlich gut.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 1.09.2011 | 11:13
Würde ich eher nicht als Cyberpunk einschätzen. Sonst wäre nun echt JEDE Dystopie Cyberpunk.
Oki. Gut sieht der Film aber trotzdem aus. :)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Dark_Tigger am 1.09.2011 | 11:31
<OT>
Öhm ich sachs mal so. Die BigBudget SF Filme in der Zeit vorher hatten mich so genervt das ich für alles was einigermaßen ging dankbar war.
</OT>

Aber wo wir über Cargo reden. Kann ein Teil des "thematisch abgearbeitet" wohl damit zusammen hängen das viele die Dystopien nicht mehr sehen können?
Dieses ewige "alles wird SCHLÄÄÄÄÄÄCHTTM. Lasst alle Hoffnung fahren." kann man schließlich heute auch in den Nachrichten haben. Muss ich eigentlich keine Filme drüber gucken/Bücher drüber lesene/Spiele drüber spielen.
Und der Dystopie Aspekt ist ja irgendwie recht wichtig für den Cyberpunk.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Oberkampf am 1.09.2011 | 11:33
Pratchets Golem ist eine Persiflage auf Asimovs Robotergesetze. Klar als Persiflage ist das Umsetzen auf ein anderes Genre ziemlich klasse. Gerade weil es damit ziemlich absurd wird. Denn genau das ist es nämlich bei Pratchet. Das hat damit einen komplett anderen Stellenwert als in SF.

Kurzer Zwischenruf, der eigentlich OT ist:
Hat nicht schon Lem Asimovs Robotergesetze für unmöglich gehalten?

Ebenfalls OT, aber Meinungen gibts kostenlos:
Nachdem ich mir im Rollenspielerischen Kontext einige Weird West Abenteuer angesehen habe, bin ich zu der Auffassung gekommen, dass man die genauso in einen Fantasykontext setzen kann. Generell gelange ich mehr und mehr zu der Überzeugung, dass im Rollenspielbereich das Genre objektiv nur eine geringe Rolle spielt (und eher eine Geschmacksfrage ist). Außerhalb des RPG-Bereichs mag es anders sein. (Einer der Gründe, warum ich shadowrun etwas abschreckend fand beseht darin, dass ich Cyberpunk als "ernsthafte" Literatur wahrgenommen habe, und ernsthafte Literatur ist für mich keine Basis für Rollenspiel.)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Ranor am 1.09.2011 | 11:36
(Einer der Gründe, warum ich shadowrun etwas abschreckend fand beseht darin, dass ich Cyberpunk als "ernsthafte" Literatur wahrgenommen habe, und ernsthafte Literatur ist für mich keine Basis für Rollenspiel.)
Kannst du das mal näher erklären?
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 1.09.2011 | 11:47
@Dark_Tigger:
Da könnte was dran sein. Im Prinzip wurde die typische Cyberpunk-Dystopie ja schon von der Wirklichkeit eingeholt. Es wird Zeit für neue Utopien/Dystopien.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Oberkampf am 1.09.2011 | 12:04
OT:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Ranor am 1.09.2011 | 12:30
@ youth nabbed as sniper
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Oberkampf am 1.09.2011 | 12:41
OT: @Ranor
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 1.09.2011 | 14:23
Als Film fand ich den oben schonmal erwähnten Sleep Dealer sehr cyberpunkig.

Zu Asimov:
Ich hab seine Werke bis auf ein paar Essays leider bisher noch nicht gelesen, aber Psychohistorie klingt irgendwie sehr nach der Sozialphysik/Positivismus von Auguste Comte.

EDIT:

Achja und zu Inception: Ich musste da sehr stark an den Anime Paprika denken.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 1.09.2011 | 15:00
Mal ein kurzer Einwurf:
Fallen eigentlich Socialnetworks(Facebook, Twitter, G+ usw) und ihre Auswirkungen auf die Welt und auf die einzelnen Menschen auch in Cyberpunk?
Ich meine nein. Schliesslich ist das Web kein Cyberspace.

Mir stellt sich deswegen die Frage, weil ich vor kurzem eine Mockumentary gesehen hatte, die über die Auswirkungen der Socialnetworks in der Zukunft handelte. Dort wird vom Selbstmord eines beliebten Video-Bloggers berichtet und analysiert, nachdem sein Account falscherweise als Virenschleuder gebranntmarkt wurde.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.09.2011 | 15:13
Im Cyberpunk kann es auch Foren wie Facebook, Twitter etc. geben. Nur sind diese halt im Cyberspace integriert.

Das heißt, bei Facebook im Jahre 2063 hast du zum Beispiel ein eigenständiges Haus in der Matrix, wo du festlegst, wer das betreten kann. Etwa: Den Garten kann jeder betreten. Dort ist auch ein Gästebuch aufgeschlagen, in das sich jeder eintragen kann. Außerdem befindet sich eine kleine Gallery mit 3D-Fotos im Garten.
Das Haus selber darf nur von Freunden und Freundes-Freunden betreten werden. Und im Haus selber gibt es dann spezielle Privaträume, die nur von speziell autorisierten Freunden betreten werden dürfen. (Wo dann zum Beispiel auch die Videos vom letzten Saufgelage abgespielt werden oder man ein virtuelles Saufgelage veranstalten kann.)

So stelle ich mir ein cyberpunkiges Facebook im Jahre 2063 vor.

Und bei Twitter im Jahre 2063 könnte ich mir vorstellen, dass jeder Twitterbenutzer einen Chip trägt, der die aktuelle Position und Tätigkeit automatisch an Twitter weiterleitet, wo es dann veröffentlicht wird. Und für Premiumkunden bietet Twitter auch noch ein Armband an, das den Pulsschlag und die Körpertemperatur misst und daraus deine Emotionen ableitet, die natürlich auch sofort bei Twitter online gestellt werden.

Willkommen in der schönen neuen Welt von 2063.

Und wenn diese Auswirkungen in einem entsprechenden Setting dann thematisiert werden, ist das imho natürlich Cyberpunk.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 1.09.2011 | 15:19
Du beschreibst im Prinzip gerade eine futuristische Version von Second Life.
Genau das sehe ich eben nicht bei den normalen Socialnetworks, die auch von Leuten frequentiert werden, die ansonsten neben ihren Handys nichts mit dem PC zu tun haben. Das iPhone und das iPad gehen momentan ja genau den anderen Weg. Einfache, gradlinige Bedienung mit der man schnell ans Ziel gelangt.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.09.2011 | 15:42
Du beschreibst im Prinzip gerade eine futuristische Version von Second Life.
Nope.
Bei Second Life führst du ja Tätigkeiten im Cyberspace aus.

Bei Facebook hast du dagegen im Prinzip:
a) eine Homepage
b) Verknüpfungen zu deinen Freunden
c) eine Rechteverwaltung, die angibt, wer welche Sachen auf deiner Homepage sehen darf
d) den "Gefällt-mir" Knopf

Die Kombination dieser 4 Sachen ist es, die Facebook ausmachen. In Sachen Benutzerfreundlichkeit hinkt Facebook im Augenblick Meilen hinter anderen Anbietern wie StudiVZ, Google+ etc. hinterher. Aber da denke ich werden sie auch noch aufholen.

Und alle diese Sachen werden in meiner Version von Facebook bedient. Die sterile 2dimensionale Homepage wird durch eine animierte 3dimensionale Homepage ersetzt. Aber im Prinzip ist es weiterhin nur das: Eine Homepage mit Gästebuch und Bildergalerie.
Es ist nicht so, dass du dort ein 2. Leben führst und lauter Tätigkeiten durchführst. Du kannst dort halt weiterhin Leute finden und dir ihre Homepages anschauen.

Eine Entwicklung bei Facebook habe ich sogar unterschlagen: Immer mehr Apps und Spiele, die du über Facebook spielen kannst und wo du Bonuspunkte sammelst, wenn du andere Leute einlädst.
Diese Entwicklung ist allerdings recht neu und habe ich in meiner 2063 Version weiter oben unterschlagen.

Twitter dagegen zeichnet sich dadurch aus, dass man da andauernd in Zwei- oder Dreizeilern postet, was man gerade macht und wie man sich gerade fühlt. Und in meiner 2063 Version erspart man sich den Gang zum Computer. Stattdessen werden diese Einträge jetzt vollautomatisch durchgeführt.

Zitat
Genau das sehe ich eben nicht bei den normalen Socialnetworks, die auch von Leuten frequentiert werden, die ansonsten neben ihren Handys nichts mit dem PC zu tun haben. Das iPhone und das iPad gehen momentan ja genau den anderen Weg. Einfache, gradlinige Bedienung mit der man schnell ans Ziel gelangt.
Jain.
Zum einen musst du die Entwicklung betrachten: Leute, die nichts mit dem Computer zu tun haben, gehören der älteren Generation an und sterben langsam aus.

Beachte: Im Jahre 2063 ist die heutige Teenager Generation 60 Jahre alt. Das heißt die gesamte Gesellschaft ist mit Computern aufgewachsen.

Desweiteren: Die aktuelle Facebook-Bedienung ist für Leute, die sich nicht mit Computern auskennen, extrem kompliziert. Selbst für Leute, die sich mit Computern auskennen, kann es manchmal recht nervig sein, sich durch zig Untermenüs zu klicken, um die passende Option zu finden.
Wenn man das ganze jedoch in den Cyberspace verfrachtet, erleichtert sich die Bedienbarkeit. Es ist einfach wesentlich leichter und intuitiver, virtuelle Türen abzuschließen und sich zu überlegen, wem ich welchen Schlüssel gebe, als beim aktuellen Facebook in irgendwelchen Untermenüs die Rechteverwaltung zu benutzen.

Das heißt, Leute, die momentan Probleme mit Computern haben, würden sich im Cyberspace-Facebook leichter zurechtfinden als im aktuellen Facebook.

Natürlich gibt es bei Facebook mittlerweile auch die ganzen Spiele und Apps. Aber diese sind Optional. Auch im Cyberspace-Facebook kannst du dir überlegen, ob du am Farm-Spiel teilnimmst oder das Farm-Spiel einfach ignorierst.

PS:
Beachte, Cyberpunkt ist ein Science-Fiction Subgenre. Das heißt, es behandelt nicht die aktuelle Technik sondern extrapoliert die aktuelle Technik in die Zukunft.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 1.09.2011 | 16:03
Mal ein kurzer Einwurf:
Fallen eigentlich Socialnetworks(Facebook, Twitter, G+ usw) und ihre Auswirkungen auf die Welt und auf die einzelnen Menschen auch in Cyberpunk?
Ich meine nein. Schliesslich ist das Web kein Cyberspace.
Nunja, es gibt da das Metaverse-Szenario, als Überbegriff für die vier Aspekte: Augmented Reality, Lifelogging, Mirror Worlds und Virtual Worlds. Im Prinzip wird da von Face Book über MMOs, Google Maps und Second Life alles Mögliche behandelt.
In den alten Cyberpunksachen waren eigentlich nur die letzten beiden Begriffe wirklich vorhanden, aber in neueren (Post-CP) sind Augemented Reality und Lifelogging generell schon drin.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 1.09.2011 | 16:07
PS:
Beachte, Cyberpunkt ist ein Science-Fiction Subgenre. Das heißt, es behandelt nicht die aktuelle Technik sondern extrapoliert die aktuelle Technik in die Zukunft.
Genau das ist der Punkt.
Die Mockumentary extrapolierte die aktuelle Technik in eine Zukunft, in der Facebook eben keine Cyberspace-Variante war, sondern unsere Frontend noch sehr sehr ähnlich aussah. Genau deswegen bezog ich mich auf die SocialNetworks, die eben heute noch kein Cyberspace sind und auch in absehbarer Zeit (<20 Jahre) kein Cyberspace werden.
Deswegen auch mein Hinweis, dass das Web kein Cyberspace ist.
Daraus auch meine Folgerung, dass eben Socialnetworks kein Cyberpunk ist. Du hast sie schon ohne Cyberspace.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: 6 am 1.09.2011 | 16:17
@Fat Duck:
Okay. Über Augmented Reality und Lifelogging könnte es dann wieder passen. Das Problem dass ich dann aber mit dem Begriff "Cyberpunk" habe ist, dass es sich dann zu einem ziemlichen Catchall-Begriff verwässert hat.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.09.2011 | 16:17
Eine Sache alleine ist nie ein Genre.

Damit etwas Cyberpunk ist, muss es imho folgende Sachen erfüllen:
Wenn diese 4 Sachen erfüllt sind, ist es imho Cyberpunk.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Fat Duck am 1.09.2011 | 16:27
@Fat Duck:
Okay. Über Augmented Reality und Lifelogging könnte es dann wieder passen. Das Problem dass ich dann aber mit dem Begriff "Cyberpunk" habe ist, dass es sich dann zu einem ziemlichen Catchall-Begriff verwässert hat.

Ich schätze mal, das ist der Grund, warum Begriffe wie Post-Cyberpunk und Post-Post-Cyberpunk und Biopunk usw. eingeführt wurden. Und warum man heute lieber Near Future Science Fiction macht und nicht Cyberpunk.
Das und dass Cyberpunk, was man heute so liest, ja mehr war, als ein literarisches Genre.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: גליטצער am 3.09.2011 | 13:05
Wieso ist Cyberpunk eigentlich zwingend mit einer "Matrix" verbunden? Hardwired hatte die nicht, die "Marid Auran"-Trilogie auch nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ihr mir das Konzept zu sehr an Cyberpunk-RPGs, Tron  und Neuromancer aufhängt, und das in der Mitte ist kein CP das ist ein waschechter Disney-Familienfilm aus dem Bilderbuch ;) .
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Tigerbunny am 3.09.2011 | 13:18
Wieso ist Cyberpunk eigentlich zwingend mit einer "Matrix" verbunden? Hardwired hatte die nicht, die "Marid Auran"-Trilogie auch nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ihr mir das Konzept zu sehr an Cyberpunk-RPGs, Tron  und Neuromancer aufhängt, und das in der Mitte ist kein CP das ist ein waschechter Disney-Familienfilm aus dem Bilderbuch ;) .

Dei Matrix ist doch nur ein Ausdruck des blinden Fortschrittsglaubens und der fortschreitenden Entmenschlichung. Dei meisten Menschen führen ein zweites "Pseudoleben" in dem sich letztlich auch nur die Verhältnisse der wirklichen Welt widerspiegeln, der die Masse ja eben zu entfliehen versucht. Und das dient letztlich nur der Gedankenkontrolle durch die Obrigkeit. Konsumsklaven, die fleissig arbeiten und ihre spärliche Freizeit in einem komatösen Zustand verbringen, in dem sie die Herrscher mit ihrer Propaganda direkt in ihre Gehirne lassen, sind leichter zu kontrollieren.
Die Punks, die das System terrorisieren oder simpel nicht nutzen, werden als Subkultur in Kauf genommen und dabei brutal bekämpft.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Naldantis am 5.09.2011 | 12:57
Dei Matrix ist doch nur ein Ausdruck des blinden Fortschrittsglaubens und der fortschreitenden Entmenschlichung. Dei meisten Menschen führen ein zweites "Pseudoleben" in dem sich letztlich auch nur die Verhältnisse der wirklichen Welt widerspiegeln, der die Masse ja eben zu entfliehen versucht. Und das dient letztlich nur der Gedankenkontrolle durch die Obrigkeit. Konsumsklaven, die fleissig arbeiten und ihre spärliche Freizeit in einem komatösen Zustand verbringen, in dem sie die Herrscher mit ihrer Propaganda direkt in ihre Gehirne lassen, sind leichter zu kontrollieren.

...wobei ich hier wenig 'blinden Fortschrittsglauben' sehe, sondern eine sehr naheliegende Extrapolation unserer Lebensumstände in die nahe Zukunft, in der sich die RPGs bisher als eher zu konservativ herausgestellt haben.

Aber unabhängig davon: Ja, ich halte eine Art 'Matrix' für ein präganates, ja essentielles CP-Stilelement, da sie eine begrenzte, ja enge, und durchgängig hochtechnologisierte Gesellschaft mit Information als Superware voraussetzt, was man so in üblichen Fantasy- oder SF-Szenarien in der Regel nicht hat.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: ArneBab am 15.09.2011 | 09:39
Das Buch Daemon ist für mich eigentlich eine Unterart von Cyberpunk: Ein Computerspielprogrammierer weitet sein Spiel in die Realität aus - technisch gut recherchiert, spannend gemacht und teilweise angenehm böse. Inklusive Konzernintrigen, jugendlichen Rebellen und (für mich) recht frischen Ideen wie dem spielgesteuerten dezentrale Fließband (nicht so benannt, aber das ist es): Jugendliche treffen sich wie zufällig auf der Straße, tauschen ein paar harmlose Teile aus, stecken sie zusammen und geben sie weiter - bis am Ende einer eine fertige Pistole in der Hand hält (und alle dafür Spielpunkte erhalten haben). Sie finden sich über Augmented Reality, werden in Spielen anhand automatisch generierter psychologischer Profile rekrutiert und sind so für die Mehrheitsgesellschaft kaum zu erkennen: Eine neue Art des Cyberpunk-Untergrundes.

Und mit 3D-Druckern :)

Es war letztes Jahr ein Rowohlt Top-Seller, so verbraucht scheint das Genre also nicht zu sein. Es hat sich nur weiterentwickelt.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: YY am 15.09.2011 | 16:16
Es war letztes Jahr ein Rowohlt Top-Seller, so verbraucht scheint das Genre also nicht zu sein.

Verbraucht für wen ist dabei die Frage...

Nur weil manche Sachen erst jetzt oder wieder mal im Mainstream auftauchen, heißt das nicht, dass sie nicht schon mal dagewesen wären oder großartig neu sind.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Helmron am 10.10.2011 | 19:44
Hier, ich!

Bekennendes Landei und Ghettohasser... :)

Zum Thema dystopische globalisierte Zukunft in der Konzerne die von Nationen aufgestellte Regeln ignorieren, globale Kommunikationsnetze den Alltag bestimmen und die technischen (kybernetischen) Möglichkeiten den Körper- und Jugendlichkeitskult aufpeppen, während Moden, Kulte wie Tagesepidemien aneinander vorbei ziehen, die Medien die Wahrnehmungen über die Beschaffenheit der Welt bestimmen und Gewaltbereitschaft und Kriminalität genauso wächst, wie Armut, Not und Haifischkapitalismus...
....denke ich, dass dort noch genauso viel Angst, Interesse und Rollenspielkapazität besteht, wie in den 80ern...
Auch wenn manche Konzepte inzwischen durch die Wirklichkeit überholt sein dürften.

Zustimmung  :d
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Helmron am 10.10.2011 | 19:48
Die Matrix kam ja schon in Neuromancer vor.
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Arkam am 11.10.2011 | 19:57
Hallo zusammen,

also vom Cyber verspreche ich mir beim Rollenspiel nichts Neues mehr. Hey der ist selbst bei Traveller angekommen. ;-)

Aber vom Punk verspreche ich mir eigentlich noch eine Menge fürs Rollenspiel und auch noch Potential in der Literatur.
Denn im Rollenspiel kenne ich bisher nur zwei Richtungen. Entweder man spielt professionelle Söldner oder eben Shadowrunner die mit der sozial / gesellschaftlichen Seite ihres Handelns wenig zu schaffen haben. Oder man spielt auf Straßenniveau und baut seine eigene Gang auf.
Cyberpunk 2020 das vom Fluff in diese Richtung geht unterstützt diesen Fluff von den Regeln her sehr schlecht. Denn Spiel relevante Ressourcen hängen von der Position in der Gesellschaft ab.

Ich hoffe deshalb das noch einige Systeme mit Regeln für soziale Auseinandersetzungen auf gesellschaftlicher Ebene, Stuttgart 21 im Rollenspiel und Wirtschaftskrieg, um wie viel sinkt der Aktienkurs wenn bekannt wird das der Konzern Biowaffen herstellt.
Dazu noch die Anbindung der Charaktere an diese Regeln.Was bringt etwa ein Hacker der seinen guten Ruf zur Verbreitung einer Nachricht nutzt.

Gruß Jochen
Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: YY am 11.10.2011 | 23:04
Dazu noch die Anbindung der Charaktere an diese Regeln.Was bringt etwa ein Hacker der seinen guten Ruf zur Verbreitung einer Nachricht nutzt.

Konkret das findet sich in einigermaßen brauchbarer Form z.B. in Eclipse Phase im gleichen Atemzug mit Favor-Wirtschaftssystemen etc. pp..


Mit Regeln für große gesellschaftliche Umwälzungen oder soziale Konflikte mit vielen Beteiligten kann es freilich nicht dienen - wobei ich das in einem so klassischen System auch etwas deplaziert fände.

Abstraktere Systeme, die das umsetzen können, gibt es meines Wissens nach eine ganze Anzahl. Die sind aber definitiv nicht meine Baustelle  o:)

Titel: Re: Ist "Cyberpunk" thematisch abgearbeitet?
Beitrag von: Arkam am 12.10.2011 | 06:07
Hallo zusammen,

wer Systeme kennt die so funktionieren bitte korrigiert mich.
Gibt es auch die passenden fertigen Abenteuer dazu oder werden die entsprechenden Subsysteme dann doch wieder ignoriert?

Gruß Jochen