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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielleiterthemen => Thema gestartet von: Praion am 6.06.2012 | 12:25

Titel: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Praion am 6.06.2012 | 12:25
Grüße,

wie schildert ihr als Meister Szenen, Lokalitäten etc.? Nur das, was die Helden sehen, genau aus ihrem Blickwinkel, etwas erweitert?

Ich habe in meinen letzten Sessions festgestellt, das ich wesentlich besser beschreibe, wenn ich Tropen und Methoden aus Fernsehen und Film nutze. Ich hab in letzter Zeit sachen in Splitscreen oder mit Kamerafahrten beschrieben und auch Sachen, die die Helden ääähhh Mäuse (Mouse Guard) nicht selbst sehen. So haben sie zum Beispiel versucht eine andere Maus zu beruhigen und auf ihre Seite zu bringen, die scheiterte aber die Maus gab vor überzeugt zu sein. Ich beschrieb dann ein wütendes/verschlagenes Blitzen in seinen Augen, dass aber nur die Kamera/der Zuschauer sah - nicht die Spielercharaktere.

Ich fahre danmit einfach besser bzw. es ist für mich einfacher damit bestimmte Aspekte zu betonen außerdem ermutigt dies eventuell die Spieler zu etwas mehr Spielen in Autoren-Position (Actors-Stance).

Wie handhabt ihr das?
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Naldantis am 6.06.2012 | 12:37
Stats und ausschließlich aus der 1. Person; gelegentlich mehrfach, wenn unterschiedliche Charaktere unterschiedlich Dinge wahrnehmen, weil sie unterschiedliche räumliche Positionen, sensorische Systeme oder Erfolge bei Wahrnehmungs-würfen haben; das kann manchmal den Anschein von Kamerafarten, Zooms oder Cuts haben, wenn der PC Kristallkugeln, Überwachungskameras oder Sensoren in der Matrix bzw. seiner eigenen Systeme benutzt.
Ausnahme: komplexe taktische Lagen, die man für alle auf einer Karte oder einem 'Diorama' darstellt und die anders nicht praktisch handhabbar sind.

Ich habe keine Spieler, die den den Wunsch nach 3. Person-Perspektive, Spoilern oder gar Regie-Perspektive geäußert hätten.
(Manchmal erläutere ich Anfängern die Hintergründe von NSC-Verhalten nachträglich, um Details des Systems darzulegen - als Tutorial sozusagen, dann wechseln die Persektiven; das ist aber Outgame.)
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Uebelator am 6.06.2012 | 12:41
Ich passe mich da etwas an die Wünsche der Gruppe an. In meiner Pathfinder-Runde wird recht klassisch gespielt und ich beschreibe mehr oder weniger nur das, was die Charaktere sehen, weil das eben so gewünscht wird und ich sie nun auch nicht unbedingt zu irgendwelchen Stances hinführen will...

Wenns erzähllastiger und freier wird, kann ich mir aber sehr gut vorstellen, bestimmte Kamera-Einstellungen zu beschreiben oder sogar "Cutscenes" zu spielen, in denen die Spielercharaktere gar nicht vorhanden sind.
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Praion am 6.06.2012 | 12:43
Eigentlich sollte ich das für Mouse Guard in Panels machen (da ja auch Comic basierend) aber das ist echt nochmal schwieriger und funktioniert wahrscheinlich in Konfliktsituationen wie Kämpfen am besten... Muss ich mal ausprobieren.
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Maarzan am 6.06.2012 | 12:43
Ebenfalls nur 1. Person, außer es läßt sich z.B. in Kampfsituationen praktisch nicht anders erledigen oder ganz selten mal Szeneriefahrten, wenn es zwar nicht akuter Eindruck des SCs ist, aber als Zusammenfassung seines allgemeinen Wissens über z.B. einen Ort.
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Megan am 6.06.2012 | 13:22
Och, ich wechsel da munter durch, je nachdem, wie es grade am Besten passt, wobei mir da jetzt die ganzen Fachbegriffe fehlen. Am experimentellsten bin ich bei meinen Intros. Ich habe auch kein Problem damit, die wahre Sicht/Einstellung bestimmter NSCs zu zeigen, auch, wenn die Charaktere das nicht wissen, oder Begebenheiten zu beschreiben, von denen die Figuren noch nichts wissen.

Sicht von außen auf die gesamte Gruppe von oben oder aus der Perspektive eines NSCs, Sicht aus der Perspektive eines Charakters, Beschreibung der Gedanken einer Person, Beschreibung von Szenen, an welchen die Charaktere gar nicht beteiligt sind, Beschreibung in Brief-/Anekdotenform, Focus auf Gegenstände, die noch eine Bedeutung bekommen ...

Mir macht sowas unheimlich viel Spaß.

Kamerafahrten finde ich grundsätzlich spannend, allerdings kann man sowas ja nicht 1:1 beschreiben - ich mag es nicht wenn man sagt "Die Kamera fährt tiefer ..." oder so ähnlich - wenn, dann würde ich versuchen, irgendein Objekt oder ein Wesen zu "begleiten", das sich durch die Szenerie bewegt, und aus dessen Sicht zu beschreiben.
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Vash the stampede am 6.06.2012 | 13:34
Ich sehe und handhabe es so wie Megan.

Nur hasse ich es inzwischen regelrecht, wenn jemand den Begriff Kamera verwendet. Da sehe ich immer eine Kamera vor mir, die durch die Szene fährt, was einfach nur doof ist.
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Halys am 6.06.2012 | 13:44
Hiho!

Normalerweise beschreibe ich das meiste so, wie es die Gruppe aus ihren Augen sieht, bei Landschafts- oder Städtebeschreibungen erweitere ich den Blickwinkel manchmal.
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Jiba am 6.06.2012 | 13:52
Ich merke bei mir selbst, dass ich in vielen Situationen leider (nach meinem Verständnis) noch zu konservativ leite und daher meistens die Dinge aus der 1. Person beschreibe ("Ihr seht..."). Bei früheren Runden habe ich eine zeitlang auch mit anderen Blickwinkeln und Sichtperspektiven (ist vielleicht ein besserer Ausdruck als "Kamerasicht") experimentiert und hatte da eine Menge Spaß dran. Ist aber nicht jederspielers Sache, weswegen ich da inzwischen ein wenig von ab bin. Dennoch liebe ich es, mit Totalen und Halbtotalen oder gar Zwischenschnitten zu arbeiten, wenn die Konstellation an Spielern das zulässt. Ich habe da mein Repertoire noch nicht ausgereizt.

Von daher ganz klares +1 an Vash und Megan!

(Eine ungewöhnliche Perspektive, die mir besonders im Gedächtnis geblieben ist, stammt aus einer alten 7te See-Runde. Da haben wir – als Spieler – eine Beschreibung des SLs, dass wir bei der Befreiung eines NSCs vom Oberschurken erwischt zu werden drohen, damit aufgepeppt, dass wir die Szene so geschildert haben, als würde der Blickwinkel dem Bösewicht folgen. Er geht also gemütlich durch seinen Kerker, durch Türen, vorbei an Wachen, etc... bis er uns dann sieht und man unsere Charaktere so praktisch aus seiner Perspektive wahrnimmt. Wir haben diese Szene liebevoll Die Caligari-Situation (http://www.youtube.com/watch?v=U9ANL8L8RG0) getauft – ab 1:04 sieht man, wie ich das meine).
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Grubentroll am 6.06.2012 | 13:58
Ich habe da auch in dem Spirit of the Century Regelwerk viel drüber lesen dürfen, und fands sehr spannend.

Das Konzept ist mir natürlich klar.
Womit ich mir aber sehr schwer tue, ist der konkrete Wortlaut, wie ich das beschreiben soll.

Gerade wenn es "schnelle Schnitte" sein sollen.

Hat da jemand von euch ein Beispiel dafür?

Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Naldantis am 6.06.2012 | 23:04
Gerade wenn es "schnelle Schnitte" sein sollen.

...schnelle Schnitte hasse ich schon beim Film und die Bücher, bei denen es funktioniert, kann ich an den Fingern einer Hand abzählen.
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Jiba am 6.06.2012 | 23:24
...schnelle Schnitte hasse ich schon beim Film und die Bücher, bei denen es funktioniert, kann ich an den Fingern einer Hand abzählen.

Ja, DU vielleicht. Aber der Grubentroll scheint da anderer Meinung zu sein...  :-\
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder) am 6.06.2012 | 23:55
Womit ich mir aber sehr schwer tue, ist der konkrete Wortlaut, wie ich das beschreiben soll.

Ein etwas ausführlicheres Actual-Play wäre idT sehr hilfreich.
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: LöwenHerz am 7.06.2012 | 15:45
Ich beschreibe ausschließlich aus der Sicht der Charaktere.

Das hat einige Gründe und beruht auf meinen recht vielseitigen Erfahrungen.
Zum einen können meine (sehr guten!) Spieler IG und OG nicht so gut trennen. Sie versuchen jede Möglichkeit, sei sie noch so abstrus, die OG-Information auch IG zu nutzen oder zu bekommen. Um dem vorzubeugen, lasse ich es einfach.
Das liegt aber an ihrem Ehrgeiz, richtig viel zu schaffen und sie geben auch grundsätzlich nicht auf, wenns mal rätseltechnisch knackig wird. Daher habe ich volles Verständnis für dieses Verhalten.
Andererseits finde ich es auch in Ordnung nur deren Wahrn ehmung zu beschreiben, weil es schlicht ausreicht. Die zusätzliche Spannung wäre sicherlich gut, aber die kann ich auch anders abbilden. Fehlende Informationen sind auch böse...  >;D

Dazu muss man aber sagen, dass ich ausführlich beschreibe, ohne tolkienesk daher zu schwafeln. Die SC bekommen meist einen sehr guten Überblick über Szenen, Situationen oder auch NSC. Da benötige ich das (zugegebenermaßen sexy) Designelement nicht auch noch. Zumal wir keine Serien oder Filme spielen. Denn eben diese Gewissheit des Zuschauers macht den Reiz vom TV aus. Die Unwissenheit des Spielers, macht doch einen erheblichen Teil des PnP-Rollenspiels aus.

Ich finde den Gedanken interessant, aber für uns unbrauchbar.
Titel: Re: Aus welcher Kamerasicht leitet ihr?
Beitrag von: Bordfunker am 8.06.2012 | 08:50
Ich bastel gerade damit herum. Wobei ich Szenen einspiele, die an anderer Stelle passieren. Die Spieler spielen jedoch ihren Plot unbeeinträchtigt und bekommen von mir Szenen beschrieben, die woanders paralell stattfinden und später ihren Weg kreuzen. Ihre Handlung beeinflussen. Unterstützend spiele ich für diese Szenen immer dasselbe Musikstück, daß in ihrem sPlot nicht vorkommt, um den Paralellplot von ihrem abzuheben. Das verwirrt sie nicht. Es steigert die Spannung und gibt mir mehr Möglichkeit Stimmung zu erzeugen.

Wenn ich selbst spiele, mach ich das auch manchmal so. Wenn ich nicht mit der Gruppe unterwegs bin, beschreibe ich in einer Spiellücke kurz, was mein Charakter gerade tut. Auch als eingespielte Szene. Nicht unbedingt in der ich-Perspektive. Das gibt ein runderes Spielgefühl. Ich mag das. In einem Roman oder Film ist das ja auch so. Jeder Spieler kennt das und reagiert bisher sehr gut darauf.

Ich möchte gerne noch mal einen Versuch machen, mit zeitversetzten Spielszenen, wie in Pulp Fiction oder wie sie bei Fiasco entstehen können. Aber dazu braucht man taffe, flexible und offene Spieler mit einem guten Gefühl für interessante Situationen. Es ist noch eine Idee, aber ich werde sie verfolgen.

Die Introgeschichte von Megan, mag ich auch. Es ist im Grunde auch eine Einspielszene. Wie in einem Buch oder Film, der den Charakteren ein Gefühl für das Setting gibt...Spannung erzeugt. Was auch immer.  :)

Gestern sagte es eine Freundin beim Spiel ganz treffend. "Weißt du, wir können das System von "The pool" jetzt gut testen. Wir haben ja auch schon mit Fiasco und PDQ geübt so frei zu spielen." Ich dachte...ja...verflixt, es ist tatsächlich so. Alles entwickelt sich. Um so mehr die Spieler es gewohnt sind, daß man derart frei agieren kann, umso mehr experimentellen Leitstil kann man einbringen. Wobei ich ihnen noch immer einen starken Plot anbiete. Ganz frei mögen sie nicht gerne spielen. Aber wir wachsen. Das ist sehr schön!  :D

Auch für Spieler, die klassisch spielen, ist die Kameraperspektive dann kein Problem. Das Problem sind die freien Situationen, die Spieleraktivität, Kreativität und Eigeninitiative fordern. Das muß man erst gewohnt werden.

Aber die Frage war ja, aus welcher Kamerasicht ich leite. Meint das, aus welcher Perspektive ich beschreibe?