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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Praion am 28.09.2012 | 16:29

Titel: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Praion am 28.09.2012 | 16:29
Es mag Ausnahmen geben (eine, die mir selber einfällt, wäre Witchcraft), aber mein bisheriger Eindruck ist, dass die meisten dauerhaft für umme angebotenen Systeme ziemliche Leichtgewichte und Dünbrettbohrer sind. Sprich: Okay für etwas oberflächliches One-Shot SPiel, aber für eine etwas tiefergehende Beschäftigung und dementsprechende Langzeitmotivation ohne deutliche Niveauabflachung quantitativ (und bei fast allen Indy-Sachen vor allem auch qualitativ) ungenügend.

Terrorbeagle, da machst du aber den klassischen Fehler, dass du annimmst, Rules-Lite-Systeme seien nicht für Kampagnen geeignet. Das mag in deiner persönlichen Wahrnehmung stimmen, ist allerdings auf gar keinen Fall allgemeingültig!

Viele Leute können auch mit Systemen wie SWN, DS oder FATE lange Kampagnen spielen und Spaß haben, obwohl die Systeme weniger umfangreich als DSA4.1 sind.

edit: Der fiese S-Fresser hat mein S gefressen.

Was Taschi gesagt hat, (Beispiel Polaris)

außerdem: Wie kommst du darauf, dass der OneShot oberflächlich sein müsste.

Nein, ich mache wenn überhaupt den "Fehler", zu behaupten, dass sog. Rules-light Systeme für intensives und gutes Rollenspiel nicht wirklich geeignet sind.  Das ist allerdings weniger ein Problem der Regeln sondern vielmehr eine Frage der Fülle des Hintergrunds.  Aber ja, es stimmt, ein entsprechender One-Shot muß nicht zwangsläufig overflächlich sein, aber schlichte Systeme werden halt eher für schlichte Gemüter geschrieben. Ein Regelwerk und vor allem eine Hintergrundwelt muß eine gewisse Üppigkeit und Detailfülle besitzen, um ein gewisses Niveau zu erfüllen.
 Kurzfristig okay, aber langfristig bieten die entsprechenden Systeme fast nie genug Fleisch auf den Knochen, um Abwechslung, persönliche Entwicklung und Varianz mitzubringen die sich niveautechnisch oberhalb reinen Blafasels und Austauschbarkeit bewegen.

Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Taschenschieber am 28.09.2012 | 16:35
Einfache Systeme werden für "schlichte Gemüter" (Euphemismus für Idioten) geschrieben?

Ich bin aus der Diskussion raus.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 28.09.2012 | 16:37
Ich bin da ganz bei Taschi und Praion. Erfüllendes Rollenspiel erschließt man sich über das, was die Charaktere tun, nicht darüber, was man ihnen als SL zum Fraß vorwerfen kann. Letztlich habe ich meine intensivsten Rollenspielrunden in fast intimen, extrem fokussierten Settings und mit One-Shots gehabt. "Dicke" Settings helfen zwar, lange Kampagnen zu bauen, aber ich bin mittlerweile ohnehin kein Freund von langen Kampagnen mehr.

Terrorbeagle, das soll natürlich keinesfalls heißen, dass DU nicht mehr Spaß mit "dicken" Settings haben kannst, ich mag mein Rollenspiel aber lieber erstmal ein wenig fluffig - Tiefe entwickle ich lieber während des Spiels. Du scheinst ja gern von Niveau zu fabulieren und lange Settingtexte zu lesen. Andere tun das nicht.

Und:

Zitat
aber schlichte Systeme werden halt eher für schlichte Gemüter geschrieben

Gehen dir etwa schon die Argumente aus? Denkst du nicht, dass das mit einem "nur verbohrte Buchhalternaturen brauchen mehrbändige Settings zum festhalten, damit sie beim Rollenspiel nicht umfallen" viel zu einfach zu kontern ist? Ich bin von dir viel mehr Einsatz für besseres Rollenspiel gewohnt, streng dich doch mal ein bisschen an!
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Sphärenwanderer am 28.09.2012 | 16:41
Ich glaube ja eher, dass detailliert vorgefertigte Hintergrundwelten etwas für schlichte Gemüter sind, die nicht über genügend Kreativität verfügen, um die Spielwelt mit eigenen Ideen farbiger und detailreicher zu gestalten.  ;) Aber es kann sich ja nicht jeder von seinem inneren paradigmatischen Paragraphenreiter lösen...

Natürlich ist es leichter, alles vorgekaut zu bekommen und das dann auswendig zu lernen. Doch schließt das Spielwelt- und Charaktertiefe aus? Keinesfalls.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grimnir am 28.09.2012 | 16:42
Terrorbeagle, vielleicht magst Du uns mitteilen, was Du unter guten, intensiven, anspruchsvollen Rollenspielerlebnissen überhaupt verstehst. Die hast Du jetzt schon in verschiedenen Threads wiederholt gefordert, aber ich weiß immer noch nicht, was Du damit überhaupt meinst. Für krasses Drama, für die tiefgehende Behandlung menschlicher Nöte, für intensivstes Charakterspiel mit schauspielerischer Höchstleistung brauche ich weder ein ausgefeiltes Setting noch ein komplexes Regelwerk.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 28.09.2012 | 16:44
Man unterschätzt die intellektuelle Leistung, einen Vorlesetext stimmungsvoll auszuformlieren und ihn dann mit dem geboten deklamatorischen Drama vorzutragen. Ich glaube ja, DAS ist es, was sich Terrorbeagle unter intensivem Rollenspiel vorstellt.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Praion am 28.09.2012 | 16:45
Hey Leute, jetzt nicht übertrieben albern/beleidigend werden. Ich hab den Threat nicht aufgemacht damit alle dem armen Beagle eins über die Mütze hauen können.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Oberkampf am 28.09.2012 | 16:53
Hm, das ist so eine verzwickte Frage. Man muss schon allein nach Regeln und Setting unterteilen. Eine meiner längsten (und meiner Meinung nach "anspruchsvollsten") Runden hatte ich mit AD&D in einem selbstentworfenen, aber nicht sonderlich innovativen Setting. Allerdings heißt "lange" bei mir nicht viel, nach zwei Jahren habe ich meistens keinen Bock mehr.

Was den Anspruch angeht, denke ich, dass nicht entscheidend ist, ob Setting oder Regeln sehr detailliert sind oder nicht, sondern ob die Spieler für dieses Setting oder diese Regeln geeingnet sind. Mit mir wird man nie ein "anspruchsvolles" Cthulhu spielen können. Simulierte Furcht vor Glibbermonstern am Wohnzimmertisch als Abendunterhaltung ist für mich einfach sowas von albern, das kann nicht funktionieren. Das kann ich mir nur als Bier & Brezel mit Augenzwinkern vorstellen (oder eben als lockere Dreingabe in "richtige" Settings.) Settings sind für mich ohnehin belanglos, zu viel Vorgegebenes nervt mich nur.

Genauso weiß ich, dass ich nicht 100% für komplizierte Regelmechanismen geeignet bin, die Bastlertypen befriedigen. Ich habe mich vor kurzem wieder durch nWoD und jetzt durch Pathfinder gegraben, und nach der fünften Seite Feats/Merits/Powers etc. sinkt meine Motivation, das weiterzulesen oder gar zu spielen, drastisch ab (obwohl ich mit WHFRPG3 und D&D4 gut zurecht komme).
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Maarzan am 28.09.2012 | 16:55
Ich bevorzuge deutlich detailiertere Systeme für längere Spiele. Das bezieht sich aber auf die Regeln.
Settings "gehören" sich letztlich selbstgemacht.

Die Regeln sind das Werkzeug, das Setting und folgend Szenarien und Charaktere sind das eigentliche "Kunstwerk".

Wobei bei ich da Settingstechnisch tendenziell eher für die leiseren Töne bin. Nur noch greller, abgedrehter oder "cooler" ist für mich kein Qualitätsmerkmal. Lieber mit Blick und Liebe fürs Detail.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bad Horse am 28.09.2012 | 17:31
Ich hatte meine intensivsten Runden entweder ganz ohne oder mit extrem wenigen Regeln. Waren alles Drama-Runden, die vor einem mehr oder minder mystisch angehauchten Realwelthintergrund stattfanden. (New Orleans - Tage des Teufels (http://tanelorn.net/index.php/topic,77174.0.html) und Das Judas-Evangelium (http://tanelorn.net/index.php/topic,66023.0.html), falls jemand wissen möchte, was ich damit meine)

Diese Setting waren vom Lernaufwand, den wir betreiben mussten, um uns hineinzudenken, natürlich sehr einfach. Das Judas-Evangelium hat eigentlich auch keinen Aufwand in der Vorbereitung gebraucht, New Orleans war etwas anstrengender. Trotzdem waren die Runden sehr anspruchsvoll, was die nötige Aufmerksamkeit und Kreativität anging. 'Simple Gemüter' ist da nicht so recht der passende Begriff.

(Disclaimer: Ich will jetzt nicht aussagen, dass das die einzige Art und Weise ist, anspruchsvoll zu spielen. Es ist nur die Art und Weise, die für mich am besten funktioniert.)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 28.09.2012 | 17:44
Bei der letzten Diskussion war ich ja noch geneigt, mangels besseren Willens, die Aussagen von Terrorbeagle möglichst positiv und wenig wertend zu lesen, aber "schlichte Systeme sind für schlichte Gemüter" gepaart mit "nur Üppigkeit schafft Niveau" ist in meinen Augen nicht nur falsch, sondern auch ungerechtfertigt erhebend und gleichermaßen beleidigend. Ich kann also den "Aufschrei" um diese Aussagen durchaus verstehen und mich den bisherigen Postern soweit anschließen. Und ich kann mittlerweile auch verstehen, warum die letzte Diskussion um "objektiv niveauvolleres / besseres Rollenspiel" so verlaufen ist, wie sie ist.

Just my 2 cents.


und das hier

Man unterschätzt die intellektuelle Leistung, einen Vorlesetext stimmungsvoll auszuformlieren und ihn dann mit dem geboten deklamatorischen Drama vorzutragen. Ich glaube ja, DAS ist es, was sich Terrorbeagle unter intensivem Rollenspiel vorstellt.

War ein guter Konter. Chapeau! ;D
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Terrorbeagle am 28.09.2012 | 20:37
Einfache Systeme werden für "schlichte Gemüter" (Euphemismus für Idioten) geschrieben?

Nee, schlichte im Sinne von genügsame, anspruchslose, Spieler sind eher die Zielgruppe für anspruchslosere Systeme. War vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt. Ansonsten verhält es sich mit Rollenspielsystemen ähnlich wie mit der Sprache - um eine gewisse Ausdruckstiefe und Prägnanz zu erreichen, ist  es unumgänglich, auch eine gewisse Komplexität zu bemühen, um eine differenzierte und tiefer gehende Darstellung zu erreichen. Genausowenig wie man mit einer Farbrolle ähnlich gut wie mit einem Bleistift eine Porträtzeichnung anfertigen kann, hat ein System mit feineren Abstufungen und Nuancen weniger Probleme, rein plakative Oberflächlichkeit hinter sich zu lassen, als die üblicherweise sehr viel grobmotorischeren und unschärferen typischen einfachen Systeme. Ich halte das jetzt nicht für eine sonderlich bahnbrechende Erkenntnis.
Andersrum wird natürlich auch ein Schuh draus: Ein Spieler, der nur begrenzt fähig oder willens (erfahrungsgemäß ist es weniger ein Problem von kannicht sondern vielmehr von willnicht) ist, sich mit dem Regelwerk oder mit dem Hintergrund eines Spiels auseinanderzusetzen, wird mit einem sehr einfach gehaltenen System natürlich auch eher glücklich werden, als der engagiertere Spieler, der eher bereit ist, Zeit und Aufmerksamkeit darin zu investieren, sich Regel- und Hintergrundkenntnisse anzueignen. Hinzu kommt, dass die meisten etwas anspruchsvolleren Spieler die ich so kenne durch ein all zu einfaches System einfach intellektuell unterfordert sind und sich daher diesbezüglicher schneller mal langweilen. Passiert mir dauernd und ich bin in der Hinsicht meines Erachtens gar nicht so anspruchsvoll.

Erfüllendes Rollenspiel erschließt man sich über das, was die Charaktere tun, nicht darüber, was man ihnen als SL zum Fraß vorwerfen kann. Letztlich habe ich meine intensivsten Rollenspielrunden in fast intimen, extrem fokussierten Settings und mit One-Shots gehabt. "Dicke" Settings helfen zwar, lange Kampagnen zu bauen, aber ich bin mittlerweile ohnehin kein Freund von langen Kampagnen mehr.
Ich hab doch gar nicht geleugnet, dass entsprechende Settings & Regeln für One-Shots gut geeignet wären.  Wobei ich eh die Vermutung habe, dass One-Shots dazu neigen, als intensiver wahrgenommen zu werden (was fürs Rollenspiel genauso gut wie intensiver zu sein), weil jedes Szenario ja tatsächlich neu ist und durch die Abgeschlossenheit der Ereignisse die Spieler auch eher mal bereit sind, Risiken einzugehen oder etwas krassere Charaktere zu spielen, deren Wirkungsmächtigkeit im typischen Kampagnenspiel recht schnell abnehmen würde.

Denkst du nicht, dass das mit einem "nur verbohrte Buchhalternaturen brauchen mehrbändige Settings zum festhalten, damit sie beim Rollenspiel nicht umfallen" viel zu einfach zu kontern ist?
Vielleicht; ist möglicherweise eine Frage der Wahrnehmung und Perspektive. Ich persönlich vertrete die These, dass interessantes Rollenspiel interessante Charaktere zwingend voraussetzt. In der Regel bedeutet dies auch, dass die Charaktere homogen in ihre Spielwelt eingebettet sind und aus dem Hintergrund erwachsen, anstatt als davon losgelöste Fremdkörper in der Luft zu hängen. Daher ist ein Hintergrund, der eben diese Einbettung der Charaktere bedingt und fördert, ein ganz wesentlicher Vorteil fürs Spiel.

Natürlich hast du nicht unrecht wenn du sagst, dass tatsächlich zählt, was am Ende am Tisch ankommt und nicht was auf dem sprichwörtlich geduldigem Papier der Bücher steht, aber es ist doch kontrafaktisch, anzunehmen, dass das zwei völlig von einander losgelöste Kategorien sind. Der Hintergrund der Vorgabe kann dem Spielleiter erst das Rüstzeug geben, damit dieser auch etwas hat, was  erkonstruktiv ins Spiel einbringen kann, ohne eben auf der bereits erwähnten Ebene der reinen unverbindlichen Blafaseligkeit zu verharren. Kontinuität und Nachhaltigkeit des Spiels erfordern eine Fixierung des Hintergrunds.

Ähnlich wie bei den Regeln gilt auch für den Hintergrund, dass eine gewisse Darstellungstiefe eine dem entsprechende Komplexität zwingend erfordert. Dies ist allerdings insbesondere für die Handlung wesentlich prägender, da eine tatsächlich mehrschichtige und komplexe Handlung eine entsprechende Grundlage erfordert; ein einfacher und eindimensionaler Hintergrund limitiert die entsprechende Handlung auf einfache und eindimensionale Handlungsstränge.
Und auch wenn ich damit das Argument wiederhole: Einfache Hintergründe werden schnell langweilig. Entsprechende Tiefe und Vielschichtigkeit erlaubt auch Abwechslungsmöglichkeiten, Variationen und Nuancen, die ein einfacheres Setting eben nicht bietet.

Terrorbeagle, vielleicht magst Du uns mitteilen, was Du unter guten, intensiven, anspruchsvollen Rollenspielerlebnissen überhaupt verstehst. Die hast Du jetzt schon in verschiedenen Threads wiederholt gefordert, aber ich weiß immer noch nicht, was Du damit überhaupt meinst. Für krasses Drama, für die tiefgehende Behandlung menschlicher Nöte, für intensivstes Charakterspiel mit schauspielerischer Höchstleistung brauche ich weder ein ausgefeiltes Setting noch ein komplexes Regelwerk.
"krasses Drama, für die tiefgehende Behandlung menschlicher Nöte, für intensivstes Charakterspiel mit schauspielerischer Höchstleistung" ist die eine Seite der Medaille, aber das findet ja auch nicht im luftleeren Raum statt noch losgelöst von den tatsächlichen Ereignissen. Die tatsächliche Handlung und die Darstellung des Hintergrunds sind zwar weniger augescheinlich, aber keineswegs weniger wichtige Elemente eines gelungenen Rollenspiels. Relevantes Drama erfordert auch relevante Ereignisse. Eine verlorene Socke oder ein verregnetes Picknick bietet einfach weitaus weniger Potential für große Momente, wenn diese nicht albern wirken sollen.

"schlichte Systeme sind für schlichte Gemüter" gepaart mit "nur Üppigkeit schafft Niveau" ist in meinen Augen nicht nur falsch, sondern auch ungerechtfertigt erhebend und gleichermaßen beleidigend.

Ich weiß, dassich eine Mindermeinung vertrete, die bekanntermaßen etwas unbequem ist. Aber wer das ganze als Beleidigung auffasst, sollte sich vielleicht eher mit der eigenen Kritikfähigkeit auseinandersetzen, bevor er sich auf die inhaltliche Auseinandersetzung einläßt. Eine Diskussion auf dem Niveau, "ich bin toll, du bist toll" (gesungen von einem lila Plüschdino) ist zwar nett, aber leider wenig konstruktiv. 
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 28.09.2012 | 20:44
Ich weiß, dassich eine Mindermeinung vertrete, die bekanntermaßen etwas unbequem ist. Aber wer das ganze als Beleidigung auffasst, sollte sich vielleicht eher mit der eigenen Kritikfähigkeit auseinandersetzen, bevor er sich auf die inhaltliche Auseinandersetzung einläßt. Eine Diskussion auf dem Niveau, "ich bin toll, du bist toll" (gesungen von einem lila Plüschdino) ist zwar nett, aber leider wenig konstruktiv.  

Und du meinst, dass alles andere, als die Basis, auf der du diskutierst, in "ich bin toll, du bist toll" enden muss? Sehe ich anders. Im Gegenteil: an eine ergebnisoffene Diskussion ist in meinen Augen nur zu denken, wenn keine der beteiligten Parteien eine unumstößliche Faktenbehauptung versucht zu verteidigen und im Gegenteil mögliche Gegenmeinungen erstmal als gleichberechtigt akzeptiert. Wenn man dann auch nicht versucht, den anderen auf Teufel komm raus zu missionieren, sondern schlicht seinen Standpunkt mit Argumenten untermauert, stehen die Weichen gut, dass alle was davon haben.
Wenn man allerdings mit einer deiner Meinung nach "unbequemen Meinung" in die Diskussion startet, die qualitative Pauschalansprüche postuliert, ist da nicht sehr viel Spielraum um deine Hoheitsmeinung anzufechten, die du ja auch durch nicht viel anderes begründest, als es besser zu wissen. Zumal es schwer ist, so eine Meinung dann im Kontext der Diskussion zu akzeptieren, weil sie naturgemäß alle anderen Argumente außer Kraft zu setzen versucht.

Letztlich läuft so eine Diskussion dann meist auch nur auf ein "das IST so und so!" "nein es ist SO!" "Ich hab viel rechter als du, weil ich bin auch viel intelligenter!" "Du hast doch keine Ahnung! Geh spielen!" raus. Prinzipiell ist es immer gefährlich, mit Messlatten von "Niveau" "besser und schlechter" etc. zu hantieren, weil man sich dann schnell dafür rechtfertigen muss, woher man denn die Berechtigung und die Befähigung hat, das jetzt in der Tat besser zu wissen, als alle anderen. Wenn du nicht zufällig zertifizierter Hauptkomissar der Rollenspielpolizei bist, die hier gerade im Forum begründet wurde, wirst du es schwer haben, diese Position allzu lange zu halten ;)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bad Horse am 28.09.2012 | 20:46
Nee, schlichte im Sinne von genügsame, anspruchslose, Spieler sind eher die Zielgruppe für anspruchslosere Systeme.

Einfach ist ungleich anspruchslos.

Anders gesagt: Der Anspruch an eine Runde korreliert meiner Erfahrung nach nicht mit der Komplexität des verwendeten Regelwerks.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 28.09.2012 | 20:51
Einfach ist ungleich anspruchslos.

Anders gesagt: Der Anspruch an eine Runde korreliert meiner Erfahrung nach nicht mit der Komplexität des verwendeten Regelwerks.


Sehe ich auch so. In Anbetracht der Tatsache, dass man auch völlig ohne (kommerzielles) Regelwerk anspruchsvolles Spiel hinbekommt ist es sowieso schwierig, sich vorzustellen, dass das allzu viel mit den bereitgestellten Materialien zu tun hat. Hier wurde ja schon mehrmals gesagt, dass gerade die Fähigkeit, aus wenig durch Eigenarbeit viel zu machen ebenfalls angerechnet werden muss.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: sir_paul am 28.09.2012 | 21:28
Es gibt Personen die benötigen einen Taschenrechner und ein Geodreieck um das Haus vom Nikolaus zu zeichnen, andere können nur mit einem Blatt Papier und einem Wachsmaler ein ausdrucksstarkes Gemälde zaubern.

Dann gibt es welche die mit jedem Werkzeug gut umgehen können, andere mit keinem!

Die Qualität eines Ergebnisses hängt nicht hauptsächlich vom Werkzeug sondern von den Personen ab die daran mitwirkten.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 28.09.2012 | 21:45
Was die Größe des Werkzeugkastens angeht: Ich habe mehr Respekt vor MacGyver als vor Tim Taylor.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: sir_paul am 28.09.2012 | 21:50
@Dark Father:
Sagt ja keiner was gegen, aber wenn ich mich entscheide nur mit Bleistift zu zeichnen bedeutet das halt nicht das man Werk oberflächlich, plakativ und ohne Anspruch geschaffen wurde.

Wenn ich später dann auf Ölfarben, 2 Dutzend Pinsel, etc. zurückgreife weil ich darauf Lust habe ist das O.K. Die Werke werden auch anders sein, habe aber nicht auf jeden Fall mehr Tiefe und befriedigen einen höheren Anspruch!

Und das sieht TB eindeutig anders!
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: sir_paul am 28.09.2012 | 21:56
Na, dann ist ja gut!
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: sir_paul am 28.09.2012 | 22:06
Ich glaube du hast übersehen, das ich nie über die Qualität des Werkzeuges gesprochen habe!
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bad Horse am 28.09.2012 | 22:07
Komplexität macht ein Regelwerk nicht unbedingt zum besseren Werkzeug.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: sir_paul am 28.09.2012 | 22:08
Das auch ;)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 28.09.2012 | 22:08
Ich glaube, die allerallermeisten Spieler machen mindestens eine "Phase" durch, in der sie sehr detaillierte Spiele spielen. Je nachdem, wie ihnen das liegt, machen sie das weiter und tauchen in immer komplexere Settings/ Regelwerke ein oder es macht ihnen keinen Bock und sie suchen sich was anderes. Ich glaube, bei eurer Forderung nach Weiterentwicklung überseht ihr, dass die meisten Spiele schon eine ordentliche Reise quer durch die Regelwerke und Settings hinter sich haben. Es soll ja sogar Leute geben, denen umfangreiche Regelwerke oder Settings dem angestrebten Spielgefühl *im Wege stehen* - übertragen auf den Werkzeugkasten hieße dass, dass man ein 1000-teiliges Gerät hat, an dem man hundert Schrauben justieren und fünfzig Aufsätze montieren muss, ehe man die gleiche Aufgabe erledigen kann, die man tun könnte, hätte man ein simples Taschenmesser zur Hand. Haben wir die Werkzeug-Metapher langsam zu Tode geritten? Nein? Dann noch schnell ein polnisches Sprichwort zum Thema: Wenn du das Problem nicht mit Gewalt lösen kannst, brauchst du einen GRÖSSEREN Hammer.

Ich persönlich halte einen Spielstil für die Königsdisziplin, bei dem der SL on the fly mit Vorgaben der Spieler exakt das improvisiert, was die Geschichte, die am Entstehen ist, fördert, ohne sie allzu genau vorzugeben. Beim Improspiel ist die Gefahr des Railroadings gering, die Spieler haben definitiv einen signifikanten Einfluss auf die Geschichte und auch der SL kann vom Ergebnis der Runde wirklich überrascht werden. Für ein weitestgehend improvisiertes Spiel bedarf es einfach eines Regelwerks, dass man ziemlich vollständig im Kopf behalten kann und eines Settings, das nicht zu viele Details vorgibt, die man beim Improvisieren bedenken muss.
Dies ist natürlich meine ganz private Meinung und ich strebe danach, DIESEN speziellen Stil zu kultivieren und darin besser zu werden. Das bedarf zwar völlig anderer Voraussetzung als das, was z.B. Terrorbeagle für anspruchsvolles Rollenspiel hält, bedarf aber von Seiten der Spieler maximale Beteiligung und kreativen Input und einen extrem wachen, flexiblen und kreativen SL, der sich *schnell* auf neue Situationen einstellen kann und trotzdem die Übersicht über das, was bereits erspielt wurde, behält. Der Anspruch mag an anderer Stelle liegen als z.B. bei DSA oder Midgard oder wasweißich, LEUGNEN kann man ihn aber nicht. Wen man mir ins Gesicht sagte, dass dies ein anspruchsloser Stil für einfache Gemüter wäre, würde ich das als definitive BELEIDIGUNG empfinden.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: sir_paul am 28.09.2012 | 22:11
Ein schöner Post und wahrscheinlich wirklich besser als der Werkzeug Vergleich  :D

Also, volle Zustimmung!
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 28.09.2012 | 23:00
Amen, La Dolge Vita.

 :d
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: 1of3 am 28.09.2012 | 23:22
Ich glaube, Terrorbeagle, du siehst das Problem an einer Stelle etwas zu eng. Du stellst fest, dass ein gewisser Hintergrund nützlich ist, um darauf kreativ aufzubauen. Geschenkt. Du führst den Gedanken dann weiter, dass Rollenspiele, die umfangreich sind, diesen Hintergrund liefern können. Das Ding ist jetzt: Wer kleine Spiele benutzt, holt sich diesen Hintergrund aus anderer Quelle, beispielsweise aus einschlägiger Genre-Literatur.

Sollte ich meinetwegen Science-Fiction spielen wollen, brauch ich kein spezielles SciFi-Spiel, es gibt schließlich Fernseher und wenns (http://wookiepedia.org/) gar (http://memory-alpha.org/) nicht (http://tardis.wikia.com) anders (http://stargate.wikia.com/) geht (http://farscape.wikia.com) eben (http://en.battlestarwiki.org/) Wiki (http://babylon5.wikia.com/). Abmischen kann ich das dann schon alleine.

Weiter sagst du die Charaktere sollen sich in den Hintergrund einfügen. Das zweifle ich an. Es ist völlig hinreichend, wenn die Charaktere nicht mit dem Genre brechen. Dann kann man die Details des Hintergrunds problemlos um sie rum schreiben. Du willst also bei nem Fantasy-Spiel nen Minotauren spielen? Feine Sache. Erzähl uns mehr über Minotauren. Verwende ggf. den Trick aus dem vorigen Absatz.

Kurz: Du hast recht. Kreativität erwächst nicht im luftleeren Raum. Aber man kann sie mit ausgesprochen vielen Quellen düngen.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Maarzan am 28.09.2012 | 23:30
Das mit dem freien Spiel funktioniert - aber nur mit Leuten die auf einer Wellenlänge sind und besser auch schon einiges an Erfahrungen miteinander haben und sich so untereinander gut genug kennen.
Und typischerweise sind diese Erfahrungen dann mit traditionelleren Spielen gewonnen worden und deren gesammelte Grundsätze treten dann als gemeinsame "Spielkulturerinnerung" an die Stelle eines anderen, formell festgelegten Systems.

Als Spielansatz unter diesen Bedingungen voll in Ordnung, als "System" für Neulinge nicht zu empfehlenoder aber auch nicht für Erfahrendere aber untereinander Unbekannte , wenn es eben mehr als ein Nebenbeispiel ist, wo man entsprechend bereit ist für weniger Mühe bereit ist Abstriche zu machen.

Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 28.09.2012 | 23:34
Da kann ich komplett gegenteiliges berichten. *Gerade* Rollenspieleinsteiger haben einen enormen intuitiven Zugang zum Freeforming. Die müssen kein Regelwerk erlernen, dass ihnen Grenzen setzt und können so ihrer Kreativität voll nachgehen. Ich habe viele Leute fürs Rollenspiel gewonnen, in dem ich mit ihnen vorbereitungslos zu 100% Setting und SCs improvisiert und einfach losgespielt habe.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Taschenschieber am 28.09.2012 | 23:45
Und bei eher freien Rollenspielen sind meiner Erfahrung nach auch die Spieler mit der wenigsten RPG-Erfahrung die, die sich am schnellsten zurechtfinden.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Maarzan am 28.09.2012 | 23:47
Die "Grenzen" sind meines Erachtens notwendig, um das Ganze eben als gemeinsames Spiel und nicht als "kreative" Einzelshow zu haben. Wobei das meiste einfach Orientierung ist, wie es in der Spielwelt aussieht und wie mögliche Aktionen eben angehandelt werden.

Enstprechend sind meine Erfahrungen entweder eher orientierungsloses "Öh, was geht denn nun eigentlich?" oder Leute, die ungebremst das dann für alle festzulegen wünschen.

Ein Spielleiter kann die Regeln nun natürlich auch Stück für Stück den Spielern vermitteln. Aber das ist am Ende auch nicht viel anderes als sie das z.B. lesen zu lassen.
Was ich so in der Richtung gesehen habe waren aber mehrheitlich Leute, welche sich Neulinge gesucht haben, um das Spiel entsprechend zu dominieren.

Am Ende muss für geplante gemeinsame Operationen in der Spielwelt halt auch ein entsprechender modus Operandi festgelegt sein.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Crimson King am 29.09.2012 | 09:22
Verstehe ich das richtig, dass nach Terrorbeagles Vorstellungen DSA oder meinetwegen GURPS auf Aventurien das beste aller möglichen Rollenspielsysteme ist?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 29.09.2012 | 09:28
Hat jetzt Dark Father wirklich alle Beiträge hier entfernt?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: sir_paul am 29.09.2012 | 09:36
Jau, hat er...  wtf?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bartimäus am 29.09.2012 | 09:57
Vieleicht sollte man das ganze mal unter einem anderen Gesichtspunkt anschauen. Nicht unter "wenig Details" oder "sehr viele Details" sondern von welcher Qualität die Dinge sind bei denen die Autoren Details beschrieben haben. Wie anregend, inspirierend, motivierend, speziell, kontrastreich, konsequent, konsistent (nur mal aus dem Bauch raus) sind die Dinge die ausformuliert wurden? Wieviel Arbeit an Kreativität man noch reinstecken will ist einem ja selbst überlassen, aber wieviel Qualität bietet das System/Setting? Man könnte Kriterien ansetzen, die sowohl für "Light-" als auch für "Ausformulierte Systeme" angesetzt werden können und tatsächlich ein Hinweis auf "besser" oder "schlechter" geben, so subjektiv das auch ansonsten sein mag.

Dieser Gesichtspunkt ändert aber auch eventuell die ganze Fragestellung^^
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 29.09.2012 | 10:09
Die Frage, die sich mir dabei nur stellt ist: was haben wir dann davon, wenn wir diese möglicherweise objektiven Kriterien aufgestellt haben? Zumal es schon ein act wird, das zu tun, da die Vorstellungen für gewöhnlich erheblich auseinandergehen...
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: killedcat am 29.09.2012 | 10:23
Meine Erfahrung:
mit Spielern, die mit Feuereifer bei der Sache sind, bekomme ich mit blahfaseligem Freeform eine intensivere, spannendere und in sich stimmigere Handlung geliefert, als mit einem System, das an allen Ecken und Enden Vorgaben macht. Dies betrifft sowohl den Hintergrund, als auch die Regeln.

Meine Meinung:
Als Spielleiter würde ich auch niemals mit einem System spielen, das mich zu sehr einschränkt (das zu umständlich und unintuitiv ist). Das hat nichts damit zu tun, das ich anspruchlos wäre. Im Gegenteil. Ich habe den Anspruch, dass die Regelmacher sich mehr Gedanken machen müssen als nur, wie sie alles Mögliche irgendwie in Regeln pressen. Das Regelwerk soll imho halbwegs elegant und schlank sein, Spannung erzeugen (regelseitiger Input) und hier ein Maß schaffen, das meinen Stil zu leiten unterstützt. Das ist mein Anspruch und das gilt in ähnlicher Weise für den Hintergrund. Inspirierend aber nicht die eigene Kreativität einschränkend.

Wie kann man etwas als grundsätzlich anspruchslos bezeichnen, wo doch die Ansprüche so unterschiedlich sind? Ich versteh's nicht.

(abgesehen davon unterstütze ich auch Bartimäus' Aussage, dass Quantität nichts mit Qualität zu tun hat).
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Terrorbeagle am 29.09.2012 | 10:54
Und du meinst, dass alles andere, als die Basis, auf der du diskutierst, in "ich bin toll, du bist toll" enden muss? Sehe ich anders. Im Gegenteil: an eine ergebnisoffene Diskussion ist in meinen Augen nur zu denken, wenn keine der beteiligten Parteien eine unumstößliche Faktenbehauptung versucht zu verteidigen und im Gegenteil mögliche Gegenmeinungen erstmal als gleichberechtigt akzeptiert. Wenn man dann auch nicht versucht, den anderen auf Teufel komm raus zu missionieren, sondern schlicht seinen Standpunkt mit Argumenten untermauert, stehen die Weichen gut, dass alle was davon haben.

Ein durchaus hehrer und löblicher Anspruch, keine Frage. Aber wenn man eine Diskussion damit beginnt, erst mal die Position des jeweils anderen als "falsch [...] ungerechtfertigt erhebend und gleichermaßen beleidigend" einordnet, ohne jedwedes Argument oder Begründung, hat die Einforderung für mehr gegenseitiges Verständnis einen leicht unglaubwürdigen Beigeschmack. Ich halte es für angebrachter, Maßstäbe, die man von anderen erwartet, erst mal an sich selbst zu stellen.

Einfach ist ungleich anspruchslos.

Anders gesagt: Der Anspruch an eine Runde korreliert meiner Erfahrung nach nicht mit der Komplexität des verwendeten Regelwerks.


Meine Erfahrung  gehen da deutlich  in die entgegengesetzte Richtung. Der mit Abstand häufigste Grund, den ich für die Wahl eines sehr einfach gehaltenen Systems gehört habe, war schlichte Überforderung oder Unwilligkeit, sich mit einem komplexeren System oder Hintergrund auseinander zu setzen.
Allein die Tatsache, wie langweilig die meisten sehr einfach gestrickten Spielsysteme schnell werden, zeigt, wie höhere Ansprüche an einem einfachen System schnell verzweifeln können.
Ich halte diese Position für einen Defensivmechanismus, bei dem versucht wird, dier eigenen Präferenzen und dementsprechend subjektiv überhöhten Spiele vor Kritik zu schützen und eine daraus resultierende Gegenposition einzunehmen, die weniger mit dem tatsächlichen Spiel als viel mehr mit dem persölnlichen Verhältnis zu diesem zu tun hat.

Ich bin da bestimmt nicht viel anders, menschlich ist das völlig nachvollziehbar, aber in diesem Fall halte ich es für faktisch schlicht falsch, oder nur sehr eingeschränkt zutreffend.
 
Ich glaube, die allerallermeisten Spieler machen mindestens eine "Phase" durch, in der sie sehr detaillierte Spiele spielen. Je nachdem, wie ihnen das liegt, machen sie das weiter und tauchen in immer komplexere Settings/ Regelwerke ein oder es macht ihnen keinen Bock und sie suchen sich was anderes. Ich glaube, bei eurer Forderung nach Weiterentwicklung überseht ihr, dass die meisten Spiele schon eine ordentliche Reise quer durch die Regelwerke und Settings hinter sich haben.

Ach? Und glaubst du, dass das andersrum nicht genauso greift? Ich hab den ganzen Leichtgewichtsregelkrams und vor allem Freeform-Rollenspiel vor 10, 12 Jahren recht intensiv und mit einigem Elan betrieben. Bis zum erbrechen. Ich weiß durchaus was ich damit meine, wenn ich den Krams als anspruchsloser und unverbindlicher einordne. Und ich kann mich jetzt auch mit prätentiöser Mine dazu stellen,  und das ganze als eine Phase beschreiben, die man irgendwann hinter sich läßt, nur wäre das falsch. Ein oder zweimal im Jahr lasse ich mir so was sogar gerne gefallen, es ist nur nicht im Ansatz ein vollwertiger Ersatz für intensives, konsequentes und kontinuierliches Kampagnenspiel.  

Es soll ja sogar Leute geben, denen umfangreiche Regelwerke oder Settings dem angestrebten Spielgefühl *im Wege stehen*
Richtig. Ich nenne sie "schlechte Rollenspieler", die sich nicht auf Vorgaben einlassen können, mit einem umfangreicheren Werk überfordert fühlen, oder, im weitaus häufigsten Fall, nicht das Mindestmaß an Elan und Motivation mit sich bringen, um sich in das Setting oder das System einzuarbeiten und schlicht von den anderen, insbesondere dem Spielleiter erwarten, bespaßt zu werden. Ich würde eine derartige charakterliche Schwäche nur sehr begrenzt als Tugend annpreisen.

Der Anspruch mag an anderer Stelle liegen als z.B. bei DSA oder Midgard oder wasweißich, LEUGNEN kann man ihn aber nicht. Wen man mir ins Gesicht sagte, dass dies ein anspruchsloser Stil für einfache Gemüter wäre, würde ich das als definitive BELEIDIGUNG empfinden.
Da man mit einem komplexen Regelwerk und Hintergrund teilweise ähnlich, wenn auch mit einem stärker vorgegebenen Rahmen und mit entsprechend dominanteren Orientierungshilfen zwar genauso viel , wenn auch in abgewandelter Form improvisieren und die Ereignisse sehr flexibel handhaben, es aber anders herum sehr schwer ist, die Stärken eines komplexen Hintergrunds wie Kontinuität, Tiefe und Komplexität der Handlung im gleichen Maße abzubilden, halte ich es in der Tat für auf der Hand liegend, dass dies eben keine gleichwertigen Ansätze sind.

So, kommen wir zum wichtigen Teil:
Es tut mir allerdings ehrlich Leid, wenn du dich deswegen auf den Schlipps getreten fühlst. Ich habe keinerlei Interesse daran, irgendjemanden als Person zu beleidigen, mir geht es lediglich um Spielstile und -Formen, deren jeweiligen Präferenzen, Stärken und Schwächen meines Erachtens überhaupt nichts mit der Wertigkeit der zugehörigen Personen tun hat. Das Leben ist kein Wettbewerb, wer der hardcorigste oder fanatischste Rollenspieler ist, und niemand wird zu einem besseren Menschen, weil er ein abstruses Randhobby mit einigem Elan betreiben kann.

Das Ding ist jetzt: Wer kleine Spiele benutzt, holt sich diesen Hintergrund aus anderer Quelle, beispielsweise aus einschlägiger Genre-Literatur.

Das bezweilfe ich ja auch gar nicht. Das Ergebnis ist nur im Regelfall austauschbare Beliebigkeit und Blafaseligkeit. Wer damit zu Frieden ist, soll damit glücklich werden, ich halte das wie Eingangs erwähnt für eher schlicht und vor allem reichlich unverbindlich und langweilig.

Weiter sagst du die Charaktere sollen sich in den Hintergrund einfügen. Das zweifle ich an. Es ist völlig hinreichend, wenn die Charaktere nicht mit dem Genre brechen.

...wenn man sich mit Austauschbarkeit und Beliebigkeit zu Frieden gibt. Ich halte das für nicht anspruchsvoll und schlicht für nicht gut genug. Meines Erachtes sollten Charaktere schon etwas konkretes und natürliches haben, und nicht wie Abziehbildchen wirken und dazu ist es unababdingbar, sie konkret in die jewielige Spielwelt einzupassen.

Verstehe ich das richtig, dass nach Terrorbeagles Vorstellungen DSA oder meinetwegen GURPS auf Aventurien das beste aller möglichen Rollenspielsysteme ist?
Nein. Das "beste" Rollenspiel ist eh ein rein theoretisches Konstrukt, etwas auf das man vielleicht zuarbeiten kann, aber nichts, was man konkret umsetzen oder in den Händen halten kann. Egal was man macht, man kann es immer besser machen.
DSA respektive Aventurien sind zwar quantitativ recht ausladende Geschichten (als Regelwerk wie auch als Setting), aber qualitativ meines Erachtens nicht sonderlich überzeugend. Gurps macht viele Sachen ziemlich gut und eignet sich hervorragend als Eichmaß des Rollenspiels (ein gutes System ist eines, dass das jeweilige Setting mindestens so gut umstzt wie eine schnelle und schmutzige Gurps-Konvertierung), aber auch Gurps hat seine Stärken und Schwächen.
Der ideale Hintergrund ist meines Erachtens die Reale Welt mit mehr oder weniger zusätzlichen fiktiven Elementen, da es kein fiktionales Setting schafft, die Komplexität und Bedeutungsschwere selbst relativ einzigartiger Elemente in ähnlicher Form abzubilden oder einzufangen.

Hat jetzt Dark Father wirklich alle Beiträge hier entfernt?
Jepp, ihr habt's geschafft, jemanden mit einer abweichenden Meinung aus der Diskussion zu mobben. Jetzt darf sich mal jeder selbst anerkennend auf die Schulter klopfen und sich noch etwas über die Diskussionskultur der Gegenseite echauffieren. Das habt ihr euch echt verdient.

Vieleicht sollte man das ganze mal unter einem anderen Gesichtspunkt anschauen. Nicht unter "wenig Details" oder "sehr viele Details" sondern von welcher Qualität die Dinge sind bei denen die Autoren Details beschrieben haben.

Ich wiederhole mich immer nur ungern, aber:
Ansonsten verhält es sich mit Rollenspielsystemen ähnlich wie mit der Sprache - um eine gewisse Ausdruckstiefe und Prägnanz zu erreichen, ist  es unumgänglich, auch eine gewisse Komplexität zu bemühen, um eine differenzierte und tiefer gehende Darstellung zu erreichen.
Qualität und Quantität sind mit einander verbundene Elemente, die sich gegenseitig beeinflussen. Es macht daher meines Erachtes nur sehr wenig Sinn, sie voneinander losgelöst betrachten zu wollen.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 29.09.2012 | 11:00
Da ist jede Diskussion zwecklos. Ich hoffe, du wirst glücklich und findest mit Gleichgesinnten eine ruhige Nische.

PS: Kaum zu glauben, dass ich die Selbstbeherrschung aufbringe, so viel anderes NICHT zu schreiben.  ::)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: carthinius am 29.09.2012 | 11:13
Meine Erfahrung  gehen da deutlich  in die entgegengesetzte Richtung. Der mit Abstand häufigste Grund, den ich für die Wahl eines sehr einfach gehaltenen Systems gehört habe, war schlichte Überforderung oder Unwilligkeit, sich mit einem komplexeren System oder Hintergrund auseinander zu setzen.
Allein die Tatsache, wie langweilig die meisten sehr einfach gestrickten Spielsysteme schnell werden, zeigt, wie höhere Ansprüche an einem einfachen System schnell verzweifeln können.
Zunächst finde ich dein ständiges Zusammenwerfen von Setting und System unglaublich anstrengend, zumal deine Position, dass man alles differenziert betrachten müsste, dadurch gewissermaßen schon im Vorfeld ad absurdum geführt wird.

Was hat die Ablehnung "komplexer Systeme" mit einer Verflachung der Spielwelt zu tun?!
Ich sag es dir: Nichts. Und das ist keine Geschmacksfrage oder ein Defensivmechanismus.

Richtig. Ich nenne sie "schlechte Rollenspieler", die sich nicht auf Vorgaben einlassen können, mit einem umfangreicheren Werk überfordert fühlen, oder, im weitaus häufigsten Fall, nicht das Mindestmaß an Elan und Motivation mit sich bringen, um sich in das Setting oder das System einzuarbeiten und schlicht von den anderen, insbesondere dem Spielleiter erwarten, bespaßt zu werden. Ich würde eine derartige charakterliche Schwäche nur sehr begrenzt als Tugend annpreisen.
Ich gebe unumwunden zu: ich bin froh, nicht mit dir spielen zu müssen. Wenn mein Elan, meine Bereitschaft und meine Zeit nicht deinen Vorgaben entsprechend ausreichen, bin ich ein schlechter Rollenspieler? Sehr objektive Herangehensweise.
 
Da man mit einem komplexen Regelwerk und Hintergrund teilweise ähnlich, wenn auch mit einem stärker vorgegebenen Rahmen und mit entsprechend dominanteren Orientierungshilfen zwar genauso viel , wenn auch in abgewandelter Form improvisieren und die Ereignisse sehr flexibel handhaben, es aber anders herum sehr schwer ist, die Stärken eines komplexen Hintergrunds wie Kontinuität, Tiefe und Komplexität der Handlung im gleichen Maße abzubilden, halte ich es in der Tat für auf der Hand liegend, dass dies eben keine gleichwertigen Ansätze sind.
Das ist Käse, aber offenbar bist du nicht bereit, das überhaupt andenken zu wollen.


...wenn man sich mit Austauschbarkeit und Beliebigkeit zu Frieden gibt. Ich halte das für nicht anspruchsvoll und schlicht für nicht gut genug. Meines Erachtes sollten Charaktere schon etwas konkretes und natürliches haben, und nicht wie Abziehbildchen wirken und dazu ist es unababdingbar, sie konkret in die jewielige Spielwelt einzupassen.
Das lustige an dieser Art von Behauptungen ist, dass sie gern von Leuten kommen, die ihr Spiel auch so unglaublich beliebig und austauschbar spielen. Oder am besten noch immer den gleichen Charakter, der moralisch so arg zerrissen ist...

Der ideale Hintergrund ist meines Erachtens die Reale Welt mit mehr oder weniger zusätzlichen fiktiven Elementen, da es kein fiktionales Setting schafft, die Komplexität und Bedeutungsschwere selbst relativ einzigartiger Elemente in ähnlicher Form abzubilden oder einzufangen.
Das ist doch Augenwischerei. Du kannst doch auch in der realen Welt nur eine Abstraktion der Wirklichkeit hinkriegen. Nur weil du weißt, dass es eine wirkliche europäische Geschichte über Tausende von Jahren gibt, heißt das doch nicht, dass das tatsächlich im aktuellen Spiel von irgendeiner Relevanz ist. Du pickst dir Rosinen raus, mit denen du spielst. Was anderes tust du nie.

Ich wiederhole mich immer nur ungern, aber: Qualität und Quantität sind mit einander verbundene Elemente, die sich gegenseitig beeinflussen. Es macht daher meines Erachtes nur sehr wenig Sinn, sie voneinander losgelöst betrachten zu wollen.
Soll jetzt jemand mit den Fliegen kommen oder ist dir das als Argument der Gegenseite zu profan?

Im Übrigen ist Eloquenz kein Anzeichen von Überlegenheit. Behaupten gern die Eloquenten, wird dadurch nur nicht richtiger. Lustigerweise bist du damit näher an dem von dir kritisierten "Blahfaseln" als andere. Nur mal so nebenbei als Denkanstoß.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 29.09.2012 | 11:20
Oh... eins habe ich komplett überlesen und werde es nicht unkommentiert stehen lassen:

Zitat
Ich würde eine derartige charakterliche Schwäche nur sehr begrenzt als Tugend annpreisen.

Unterlasse es, Leuten, die nicht deinem Ideal von "gutem Rollenspiel" folgen, charakterliche Schwäche zu attestieren. Damit erreichst du höchstens, dass du dich als zutiefst arroganter Wichtigtuer entlarvst.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Praion am 29.09.2012 | 11:31
Es gibt ja auch diese interessanten Zusammenhang wenn wir über Regeln für den Spielleiter reden. Okay, einen haufen Rollenspiele haben die nicht aber reden wir mal von denen die das haben.

Mehr Regeln für den Spielleiter heißen ich habe mehr Zeug an das ich mich zu halten habe. Idealerweise nehmen mir diese Regeln eine gewisse Menge an Arbeit als SL ab wenn ich diesen einfach folge.
Das führt aber dazu, dass ich theoretisch weniger denken brauche, das also durchaus etwas für "schliche Gemüter" die sich nicht zu viel Arbeit machen wollen.

Wie geht das dann zusammen? Bin ich jetzt ein schlichtes Gemüt weil ich gerne genaue SL Vorgaben habe oder macht mich das zu einem anspruchsvollen SL weil ich ein ausgearbeiteteres Regelwerk habe?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grimnir am 29.09.2012 | 11:53
Terrorbeagle, die Diskussion droht daran zu scheitern, dass Du eine These vertrittst, die für die meisten anderen hier unintuitiv ist und ihrer eigenen Rollenspielerfahrung widerspricht. Dadurch reden wir einfach aneinander vorbei. Daran ändern auch Deine Vergleiche mit Sprache und Werkzeugkästen nichts, da es in der Natur solcher Vergleiche liegt, irgendwann nicht mehr zu passen.

Vielleicht magst Du, entweder hier oder im Diary of Sessions, einfach mal eine Rollenspielerfahrung von Dir schildern, in der Regelkomplexität tatsächlich zu anspruchsvollerem Spiel geführt hat. Das wäre meines Erachtens weitaus sinnvoller und gewinnbringender für die Diskussion als diese doch sehr abstrakte Ebene, auf der wir argumentieren.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: kalgani am 29.09.2012 | 12:22
Ich persönlich halte einen Spielstil für die Königsdisziplin, bei dem der SL on the fly mit Vorgaben der Spieler exakt das improvisiert, was die Geschichte, die am Entstehen ist, fördert, ohne sie allzu genau vorzugeben. Beim Improspiel ist die Gefahr des Railroadings gering, die Spieler haben definitiv einen signifikanten Einfluss auf die Geschichte und auch der SL kann vom Ergebnis der Runde wirklich überrascht werden. Für ein weitestgehend improvisiertes Spiel bedarf es einfach eines Regelwerks, dass man ziemlich vollständig im Kopf behalten kann und eines Settings, das nicht zu viele Details vorgibt, die man beim Improvisieren bedenken muss.

Erstmal gebe ich dir beim Spielstil vollkommen recht. Seit dem ich als SL mich auf einen Stil der in diese Richtung geht umgestellt habe, haben meine Spieler auch mehr Spaß am tisch (empfinde ich zumindest so) aber das man deswegen ein regelleichtes system spielen muss ist nicht wahr. ich leite in meiner Runde Pathfinder, was alles aber nicht regelleicht ist, und es funktioniert trotzdem sehr gut!
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 29.09.2012 | 12:24
Siehste mal, so viele Wege zum Glück.  :D
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bartimäus am 29.09.2012 | 12:48
Die Frage, die sich mir dabei nur stellt ist: was haben wir dann davon, wenn wir diese möglicherweise objektiven Kriterien aufgestellt haben? Zumal es schon ein act wird, das zu tun, da die Vorstellungen für gewöhnlich erheblich auseinandergehen...

Die Kriterien geben zumindest mir eine Orientierung, damit nicht alles im subjektiven Äther der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Jeder kann eine eigene Meinung haben, das sehe ich durchaus so. Wenn man aber keine Kriterien mehr ansetzten kann, weil ja alles eh nur subjektiv ist, dann verliert man jegliche Möglichkeit sich über ein Thema zu unterhalten.
Ich halte gerade die Diskussion über die Kriterien für persönlich bildend. Dabei muss diese nicht zu dem einen wahren Ergebnis kommen, man kann aber schonmal bestimmte Bedingungen als gegeben annehmen um in die Tiefe gehen zu können.

Ich wiederhole mich immer nur ungern, aber: Qualität und Quantität sind mit einander verbundene Elemente, die sich gegenseitig beeinflussen. Es macht daher meines Erachtes nur sehr wenig Sinn, sie voneinander losgelöst betrachten zu wollen.

Das Qualität und Quantität völlig voneinander gelöst sind habe ich nie gesagt. Es ist aber meiner Ansicht nach durchaus interessant, sich die Korrelation von beiden genauer anzuschauen.
Schreibt man viel ist damit nicht gleichzeitig gesagt, dass man auch qualitativ hochwertig schreibt, allerding ist durch die reine Masse oftmals gegeben, dass man einige gute Punkte erwischt. Es kann natürlich auch alles gut sein, das ist aber nicht durch die reine Masse gegeben. Daher ist die Korrelation schwieriger als: Je mehr man hat desto besser.

Da man mit einem komplexen Regelwerk und Hintergrund teilweise ähnlich, wenn auch mit einem stärker vorgegebenen Rahmen und mit entsprechend dominanteren Orientierungshilfen zwar genauso viel , wenn auch in abgewandelter Form improvisieren und die Ereignisse sehr flexibel handhaben, es aber anders herum sehr schwer ist, die Stärken eines komplexen Hintergrunds wie Kontinuität, Tiefe und Komplexität der Handlung im gleichen Maße abzubilden, halte ich es in der Tat für auf der Hand liegend, dass dies eben keine gleichwertigen Ansätze sind.

Ich nehme einfach mal an (ist diskussionswürdig), dass es leichter ist eine tiefe und komplexe  Handlung aus einem gut gemachten (feste Annahme) Setting/System zu ziehen als aus einem System, dass viel offen lässt.
Wenn man aber nun die "Qualität der Spieler bzw. SL" mit einbezieht kann es zwar schwieriger sein, aber nicht unmöglich. Vieleicht ist es für verschiedene Spieler tatsächlich besser gute Vorgaben zu nutzen, für andere aber schlicht unnötig, weil sie selbst eine tiefe und komplexe Handlung entwerfen können, für die sie nur wenig Rahmen brauchen. Die Spieler selber füllen in dieser Art und weise die relvanten Details (und in einem Setting sind nicht immer alle relvant) und derzeugen Komplexität.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Weltengeist am 29.09.2012 | 13:22
Da ist jede Diskussion zwecklos. Ich hoffe, du wirst glücklich und findest mit Gleichgesinnten eine ruhige Nische.

PS: Kaum zu glauben, dass ich die Selbstbeherrschung aufbringe, so viel anderes NICHT zu schreiben.  ::)

Da bist du besser als ich. Ich bringe diese Selbstbeherrschung nicht auf, deshalb sage ich zu dem Thema lieber gar nichts mehr.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Terrorbeagle am 29.09.2012 | 13:46
Oh... eins habe ich komplett überlesen und werde es nicht unkommentiert stehen lassen:

Unterlasse es, Leuten, die nicht deinem Ideal von "gutem Rollenspiel" folgen, charakterliche Schwäche zu attestieren. Damit erreichst du höchstens, dass du dich als zutiefst arroganter Wichtigtuer entlarvst.

Du scheinheiliger Heuchler. Lies mal deine eigenen konsequent passiv-aggressiven Statements durch und denk ein ganz klein wenig darüber nach, was du da konsequent implizierst, bevor du sowas schreibst.

Terrorbeagle, die Diskussion droht daran zu scheitern, dass Du eine These vertrittst, die für die meisten anderen hier unintuitiv ist und ihrer eigenen Rollenspielerfahrung widerspricht.

Das Problem liegt meines Erachtens viel mehr darin, dass die meisten überhaupt kein Interesse an einer Diskussion haben, sondern viel mehr ihre eigenen Ansichten und Vorurteile bestätigt sehen wollen. Ich mach dazu den Rufer in der Wüste, und darf mir dann die Gegenpositionen, die so gut wie nie über "weil nicht sein kann, was nicht sein darf" hinaus gehen, anhören.
Die Dynamik ist bekannt - da die Leute, die die Mehrheitsmeinung vertreten, bestätigen sich gegenseitig und dröhnen alle gegenteiligen Meinungen einfach durch mehr Masse aus. Argumente bedarf es dabei keiner, weil ohnehin jeder weiß, dass er selber recht hat, und man genug andere findet, die die eigenen Ansichten teilen um die eigene Meinung zu bestätigen. Es wäre amüsant, wenn es nicht so traurig wäre.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 29.09.2012 | 13:52
Zitat
Du scheinheiliger Heuchler. Lies mal deine eigenen konsequent passiv-aggressiven Statements durch und denk ein ganz klein wenig darüber nach, was du da konsequent implizierst, bevor du sowas schreibst.

Ich impliziere nichts. Du gehst mir mit deinem Propheten-Komplex zum Thema besseres Rollenspiel einfach nur auf den Sack, danke.

Edit: Ich bin mir ehrlich gesagt immer noch nicht sicher, ob du ein ganz besonders geschickter Troll bist oder einfach wirklich nicht begreifst, dass sich Leute nicht ohne Widerspruch irgendwelche charakterlichen Fehler unterschieben lassen wollen, die du an der Art, wie sie Rollenspiele spielen abzulesen meinst. Beide Annahmen sind aber für jede konstruktive Unterhaltung ein K.O. - Kriterium.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Crimson King am 29.09.2012 | 14:21
Oh... eins habe ich komplett überlesen und werde es nicht unkommentiert stehen lassen:

Unterlasse es, Leuten, die nicht deinem Ideal von "gutem Rollenspiel" folgen, charakterliche Schwäche zu attestieren. Damit erreichst du höchstens, dass du dich als zutiefst arroganter Wichtigtuer entlarvst.

Das hat er doch schon vor Monaten.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 29.09.2012 | 14:24
Ein durchaus hehrer und löblicher Anspruch, keine Frage. Aber wenn man eine Diskussion damit beginnt, erst mal die Position des jeweils anderen als "falsch [...] ungerechtfertigt erhebend und gleichermaßen beleidigend" einordnet, ohne jedwedes Argument oder Begründung, hat die Einforderung für mehr gegenseitiges Verständnis einen leicht unglaubwürdigen Beigeschmack. Ich halte es für angebrachter, Maßstäbe, die man von anderen erwartet, erst mal an sich selbst zu stellen.

Du hast vielleicht nicht zuende gelesen, ich hab' auch geschrieben, dass es schwer fällt, Aussagen wie die deine als gleichberechtigt zu akzeptieren, weil sie naturgemäß die Argumente anderer Positionen zu negieren versuchen, eben weil sie einen Allgemeinheitsanspruch vertreten, der gar keine Basis für eine Diskussion sein kann. Vielleicht solltest du aber generell deine Diskussionsart überdenken. Wie du siehst, machst du dir nicht unbedingt Freunde damit und die "es wäre amüsant wenn es nicht so traurig wäre" Arroganzmasche ist ja nun auch nicht unbedingt neu, wenn man sich lange genug Internet aufhält. Was du damit letztlich bezweckst, neben der Absicht deinen Gegnern Verfehlungen oder Unverständnis, mangelndes Niveau, Wertlosigkeit, geistige Schlichtheit oder direkt Dummheit und Heuchelei vorwerfen zu können, ist mir auch schleierhaft.

Was anderes als dir recht zu geben lässt du doch gar nicht zu ;) und Argumente gegen deine Theorie wurden schon genug genannt, also ist "ohne jedwedes Argument" schlichtweg falsch. Was du deinen Gegnern vorwirfst, aus dummdreister Sturheit nicht von ihren unreflektiert erhobenen Positionen abzuweichen, machst du schließlich eigentlich nur selbst. Deswegen funktioniert das auch nicht so recht, die anderen Diskussionsteilnehmer von deiner Theorie zu überzeugen. Das hat wenig damit zu tun, dass sie alle nur die Genialität deiner Thesen nicht erkennen und / oder zu dumm und zu blind sind, Selbstreflektion zu üben. Die Meisten hier werden das schon mehr als einmal getan haben und sind einfach zu anderen Schlüssen gekommen. Überdenke das, was du als Wahrheit annimmst und geh' das nächste Mal ein wenig demütiger und respektvoller in eine Diskussion und du wirst sehen, dass das läuft wie geölt ;D


Die Kriterien geben zumindest mir eine Orientierung, damit nicht alles im subjektiven Äther der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Jeder kann eine eigene Meinung haben, das sehe ich durchaus so. Wenn man aber keine Kriterien mehr ansetzten kann, weil ja alles eh nur subjektiv ist, dann verliert man jegliche Möglichkeit sich über ein Thema zu unterhalten.
Ich halte gerade die Diskussion über die Kriterien für persönlich bildend. Dabei muss diese nicht zu dem einen wahren Ergebnis kommen, man kann aber schonmal bestimmte Bedingungen als gegeben annehmen um in die Tiefe gehen zu können.

Ja, ich verstehe dich da schon und ich gebe dir in einigen Punkten auch recht - aber eine Orientierung wohin? Das war ja meine ursprüngliche Frage. Was macht man mit dem Wissen? Läuft das darauf hinaus, dass du dann mit diesen Kriterien ein objektiv besseres Spielerlebnis oder besser ausgearbeitetes Setting erschaffen kannst? Da wäre ich mir nämlich nicht so sicher. Nur weil die Geschmäcker und die persönlichen Anforderungen subjektiv sind, heißt das ja nicht, dass die bedeutungslos für eine Diskussion sind. Ich glaube nicht, dass man ein objektives Dach unter dem sich alle versammeln können braucht, um produktiv zu diskutieren.

Und welche Tiefe meinst du genau? Spielwissenschaftlich? Natürlich gibt es gewisse Dinge, die grundlegend von Bedeutung sind - sehe ich auch so. In einem ähnlichen Thread wie diesen ist ja schon darüber diskutiert worden, welche grundlegenden Fähigkeiten dazu zu zählen wären. Nur sollte man meiner Meinung nach bei aller Liebe zur Kriterienfestlegung nicht vergessen, dass es nunmal ein sehr subjektives Hobby ist, mit völlig unterschiedlichen Erwartungshaltungen an seinen Nutzen und seine Bedeutung. Dann kann man auch tiefer gehen, wird hier im Subforum für Rollenspieltheorien ja glaub' ich ja auch immer mal wieder gemacht. Was das Ergebnis letztlich effektiv bringt (bis auf ein paar neue Begriffsdefinitionen, um die sich gestritten werden kann) steht allerdings wieder auf einem anderen Blatt.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bartimäus am 29.09.2012 | 19:49
Ich glaube nicht, dass man ein objektives Dach unter dem sich alle versammeln können braucht, um produktiv zu diskutieren.

Ich meine nicht, dass sich ALLE darunter versammeln können. Das wird nie passieren. Trotzdem braucht man in einem Gespräch gemeinsame (gemeint sind hier eher sowas wie Gruppen von Menschen) Kriterien und Festlegungen unter denen ähnliches verstanden wird oder zumindest ein gewisses Verständnis von dem was der andere meint, um überhaupt sinnvoll miteinander zu reden. Sonst redet man nämlich nur aneinander vorbei.
Wenn ich in Zukunft von gemeinsam rede, meine ich das nicht so absolut wie du mich verstanden hast ^^

Ja, ich verstehe dich da schon und ich gebe dir in einigen Punkten auch recht - aber eine Orientierung wohin? Das war ja meine ursprüngliche Frage. Was macht man mit dem Wissen? Läuft das darauf hinaus, dass du dann mit diesen Kriterien ein objektiv besseres Spielerlebnis oder besser ausgearbeitetes Setting erschaffen kannst? Da wäre ich mir nämlich nicht so sicher. Nur weil die Geschmäcker und die persönlichen Anforderungen subjektiv sind, heißt das ja nicht, dass die bedeutungslos für eine Diskussion sind.

Die ganze subjektiv/objektiv Geschichte ist schwierig, weil man weder das eine noch das andere je in seiner Reinform erleben wird. Ich denke, dass es durchaus hilft gemeinsame Punkte herauszuarbeiten an denen man beispielsweise eine gute Geschichte festmacht. Sowas wie Konsistenz, Spannung, Abwechslung usw. es gibt eindeutig Geschichten, die mehr Leute fesseln als andere, das hat seine Gründe. Kennt man diese Gründe und kann die Prinzipien umsetzen, so kann man auch mehr Leute mit den eigenen Geschichten fesseln. Womit man die Spieler fesseln kann ist wiederum unterschiedlich und sollte berücksichtigt werden. Meiner Erfahrung nach habe ich eine höhere Chance ein gutes Spielerlebnis zu erzielen, wenn ich mich nicht orientiere, habe aber durchaus auch schon in sehr spontanen Plots gute Spielerlebnisse gehabt.
Daher würde ich sagen: Ein objektiv besseres Spielerlebnis kann ich nicht erringen, weil es auch sehr gute intuitive Spielerlebnisse und Settings gibt. Ich habe aber denke ich eine höhere Chance ein gutes Spielerlebnis zu bekommen.

Und welche Tiefe meinst du genau? Spielwissenschaftlich? Natürlich gibt es gewisse Dinge, die grundlegend von Bedeutung sind - sehe ich auch so. In einem ähnlichen Thread wie diesen ist ja schon darüber diskutiert worden, welche grundlegenden Fähigkeiten dazu zu zählen wären. Nur sollte man meiner Meinung nach bei aller Liebe zur Kriterienfestlegung nicht vergessen, dass es nunmal ein sehr subjektives Hobby ist, mit völlig unterschiedlichen Erwartungshaltungen an seinen Nutzen und seine Bedeutung. Dann kann man auch tiefer gehen, wird hier im Subforum für Rollenspieltheorien ja glaub' ich ja auch immer mal wieder gemacht. Was das Ergebnis letztlich effektiv bringt (bis auf ein paar neue Begriffsdefinitionen, um die sich gestritten werden kann) steht allerdings wieder auf einem anderen Blatt.

Ich meinte Tiefe etwas anders. Ich meine, wenn man sich nicht darauf festlegen kann, dass beispielsweise Spannung wichtig ist für ein Spiel, dann fällt es schwer darüber zu diskutieren wie man Spannung erzeugt. Die Erzeugung von Spannung würde ich als Tiefer ansehen als die Festlegung auf Spannung an sich. Tiefe hat hier also einen strukturgebenden und keinen wertenden Charakter.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 29.09.2012 | 19:51
Bartimäus, hast du diesen Thread (http://tanelorn.net/index.php/topic,76976.0.html) mitverfolgt? Da hat sich ArneBab ja schon die Mühe gemacht, einige Kriterien zu sammeln. Die Art, wie er das tut, ist imho auch die einzig nützliche: Klären, was man erreichen will (ergo ein Spielstilideal formulieren) und dann klären, wie man das erreicht bzw. welche Kriterien wichtig sind.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bartimäus am 29.09.2012 | 23:06
Hab ich bisher noch nicht. Danke für den Tipp, werd mich mit ein bischen Zeit mal einlesen.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 29.09.2012 | 23:09
Übrigens danke für die Aufklärung, ich hab' dich da falsch verstanden. Jetzt weiß ich worauf du hinaus willst, geb' dir größtenteils recht und kann die Empfehlung von La Dolge Vita nur unterstützen, da steht tatsächlich schon das ein- oder andere drin!
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Jiba am 30.09.2012 | 09:15
Das Problem liegt meines Erachtens viel mehr darin, dass die meisten überhaupt kein Interesse an einer Diskussion haben, sondern viel mehr ihre eigenen Ansichten und Vorurteile bestätigt sehen wollen. Ich mach dazu den Rufer in der Wüste, und darf mir dann die Gegenpositionen, die so gut wie nie über "weil nicht sein kann, was nicht sein darf" hinaus gehen, anhören.

Das legst du dir nun aber selbst so zurecht! Die Idee, deine Rollenspielerfahrungen zusammenzufassen, an Beispielen zu erläutern oder gar im Rahmen eines Diarys auszustellen, hat ja jetzt erstmal in gar keiner Weise den Charakter einer Diskussion. Vielmehr ist dies Anschauungsmaterial zu einer eventuell aufkommenden Diskussion, mittels dem du deine Position erläutern und plastischer machen kannst. Und ich habe in keinem Diary bislang Kommentare gelesen wie "Pfui, deine Runde liest sich aber, als wäre sie Mist!". Dazu haben die Leute hier im :T: genug Respekt vor den ganz unterschiedlichen Spaßquellen in unserem Hobby. Und es könnte deinen Diskussionspartnern helfen, deine Position eben besser zu verstehen.

Und das Qualität und Quantität nicht immer zusammenhängen, zeigt sich an einem (durchaus durchführbaren) Vergleich mit anderen medialen Produkten: Ist eine Kurzgeschichte von T.S. Elliot jetzt schlechter als ein Roman von Phillip Roth, da sie einfach kürzer ist? Ist ein oscarprämierter Kurzfilm per se schlechter als ein oscarprämierter Spielfilm? Wird die Qualität eines Liedes danach bemessen, wie lang seine Spielzeit ist? Oder die Rede eines Funktionärs nach der schieren Masse an Wortmaterial? Auf's Rollenspiel übertragen würde ich dies ebenso bezweifeln, wie bei den genannten Beispielen.

Das hat jetzt auch gar nichts damit zu tun, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Du setzt ja deine Argumentation auch auf die Basis deiner Erfahrungen. Ebenso wie alle, die dir widersprechen das auch tun. Wenn du also nicht ein paar Argumente anbringst, die z.B. auf einer fundierten, empirischen Untersuchung beruhen oder die zumindest auf von im wissenschaftlichen Konsens gefundenen Kriterien fußt, fürchte ich, dass es schlechterdings unmöglich ist, hier überhaupt zu einem Ergebnis zu kommen. Denn letztlich kann man dir, da deine einzige Basis deine eigenen Erfahrungen sind, alle Vorwürfe, die du deinen Diskussionspartnern machst, postwendend zurückgeben. Das ergibt sich nicht aus Richtigkeit oder Falschheit der Position, sondern aus der Basis, auf die du deine Argumente stellst. Da müsste man schon eine Umfrage unter den Rollenspielern Deutschlands durchführen, unter Laborbedingungen, um die "Wahrheit", oder was auch immer wir dafür halten, zu finden.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Arkam am 30.09.2012 | 10:27
Hallo zusammen,

ich möchte es jetzt Mal wissen. Welche Systeme und welche Hintergründe erfüllen ansatzweise denn den Anspruch des Thread Erstellers?
GURPS wurde ja schon genannt, kenne ich nur in der 3. Edition / letzte deutsche Edition. Vielleicht gibt es ja noch andere Systeme?

Ich spiele derzeit mit Pathfinder und Frostzone zwei recht komplexe Systeme und kenne mich ein wenig in DSA 4.1 aus. Meiner Erfahrung nach führen solche Systeme schnell dazu das man für die Aufgabe die der Charakter am Spieltisch ausfüllen soll einen mehr oder weniger optimierten Build bekommt. Im Extremfall wird eben kein Charakter mehr gespielt sondern man spielt einen Zettel mit Spielwerten auf die man würfelt - Nur die Ruhe ich weiß das man auch mit diesen Systemen normale und sogar anspruchsvolle, was immer das auch im Einzelfall sein mag, Charaktere erschaffen kann.

Bei Hintergründen habe ich die Erfahrung gemacht das Quantität und Qualität durchaus sehr gegensätzlich sind. Man bekommt zwar jede Menge Details geliefert aber um gewisse Themen wird gerne ein weiter Bogen gemacht.
Wie funktioniert etwa die Wirtschaft des beschriebenen Hintergrunds?
Auch das Thema historische Entwicklung und damit verbunden irgendwann auch der modernen Technik wird ausgespart. Das ist auf der einen Seite verständlich weil man ja eben einen definierten Hintergrund spielen möchte. Auf der anderen Seite ist ein Hintergrund mit einem solch großen Kompromiss eben kein komplexer Hintergrund.

Gruß Jochen
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Oberkampf am 30.09.2012 | 15:32
Es gibt ja auch diese interessanten Zusammenhang wenn wir über Regeln für den Spielleiter reden.

Das ist ein interessanter Punkt. Vielleicht nicht intuitiv, aber aufgrund meiner (persönlichen) Erfahrungen würde ich zustimmen, dass die Qualität des Rollenspiels sich merklich verbessert, je mehr Regeln und Abenteuerdetails (und damit mehr Spielweltdetails) speziell für den Spielleiter beim Leiten zu berücksichtigen sind.

Damit meine ich Ideen wie den Doom-Pool von Marvel Heroic Roleplaying (das ich insgesamt auf regeltechnisches Mittelformat und in Fragend er Spielweltdetails als Mittel- bis Hochformat einstufen würde): Der Spielleiter kann nicht einfach Fakten in die Spielwelt setzen, ohne eine Mechanik zu berücksichtigen, die ihm Kosten (Würfel aus dem Doom-Pool) aufdrückt.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 30.09.2012 | 16:18
ich möchte es jetzt Mal wissen. Welche Systeme und welche Hintergründe erfüllen ansatzweise denn den Anspruch des Thread Erstellers?
GURPS wurde ja schon genannt, kenne ich nur in der 3. Edition / letzte deutsche Edition. Vielleicht gibt es ja noch andere Systeme?ere erschaffen kann.

Ja, mich würde auch interessieren, was du spielst, Terrorbeagle. Welches Setting ist denn jetzt das anspruchsvolle?

Eine Aussage von dir klang ja nach WoD oder so. Die reale Erde mit Zusatzelementen, hieß es.

Das mit der realen Erde kann ich nachvollziehen. Für mich ist es einfach so, dass die Zeit, die ich in ein so komplexes, fiktives Setting investieren würde, in meinem restlichen Leben fehlt. Mir ist noch kein RPG-Setting untergekommen, dass so anspruchsvoll ist, dass sinnvoll wäre es zu lernen, anstatt mich für Weltpolitik oder Literatur (abseits von Rollenspiel-Produkten) zu beschäftigen.

Die können mich genauso inspirieren und haben noch einen deutlichen Mehrwert jenseits des RPG-Hobbys. (Dass ich viel Zeit z.B. hier im Forum verbringe, blenden wir mal besser aus.  >;D )
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 30.09.2012 | 16:41
Gerade Settings Motto "Reale Erde mit Zusatzelementen" sind aber extrem schwierig konsistent zu halten, da dort mMn die Auswirkung der aufgeflanschten Fakten auf die "Mechanik" der realen Welt fast immer vollkommen unterschätzt oder gleich ganz ausgeblendet werden. Settingsetzungen wie die Maskerade in der WoD sind halt eigentlich vollkommen hirnrissig, das widerspricht jeder Intuition und Erfahrung, außer man neigt dazu, jede billige Verschwörungstheorie zu glauben*. Komplexe Fantasy-Welten wie Aventurien haben zwei völlig andere Probleme: Zum einen erzeugen sie Setting-Nazis, die am Spieltisch für einen SL, der sich nicht sklavisch an die Vorgaben halten möchte, eine wahre Pest sein können und zum anderen zeigt gerade DSA, dass es irgendwann fast völlig unmöglich ist, z.B. konsistente Abenteuer zu verfassen, weil sich die Tonnen an Material gegenseitig widersprechen oder Infos über etliche Bände verteilt sind. Wenn man dann DSA noch als Beispiel für komplexe Regelwerke heranziehen will... naja, ok, das ist wie Behinderte auslachen, dann lieber GURPS.

*) Zumindest stellt sowas bei MIR die SOD auf eine harte Probe.

Edit: Ehe das noch zu Missverständnissen führt: Ich habe im Grunde nix gegen detailliert ausgestaltete Settings, aber das bedarf extremer Sorgfalt, zu der kommerzielle Verlage evtl. nichtmal vollständig motiviert sind, weil - wie sich im Falle DSA zeigt - die Fans doch eh jeden Mist kaufen. Auch wenig detaillierte Settings können Kot sein und sich selbst widersprechen, aber wenigstens ist es da a) einfacher zu erkennen und b) einfacher zu beheben. Für mich dienen komplexe Settings dann auch eher als Ideensteinbruch, aus dem ich mir die Rosinen picke, mit denen ich spielen will, teilweise bei völliger Uminterpretation offizieller Setzungen.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 30.09.2012 | 17:49
Gerade Settings Motto "Reale Erde mit Zusatzelementen" sind aber extrem schwierig konsistent zu halten, da dort mMn die Auswirkung der aufgeflanschten Fakten auf die "Mechanik" der realen Welt fast immer vollkommen unterschätzt oder gleich ganz ausgeblendet werden. Settingsetzungen wie die Maskerade in der WoD sind halt eigentlich vollkommen hirnrissig, das widerspricht jeder Intuition und Erfahrung, außer man neigt dazu, jede billige Verschwörungstheorie zu glauben*.

Also konsistent und komplex bzw. anspruchsvoll sind für mich nicht dasselbe. Siehe z.B. postmoderne Literatur. Die Einigung auf eine endgültige Wahrheit bzw. Perspektive ist ja eigentlich ja schon Streamlining für denkfaule Zeitgenossen und genau das will ja Terrorbeagle verhindern. ;-)

An DSA finde ich z.B. die Götterwelt am interessantesten, gerade weil es da soviele Widersprüche, Mehrdeutigkeiten und Interpretationen gibt. Passt eigentlich gar nicht in das vormodernes Weltbild der Aventurier, aber dafür in meines.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Praion am 30.09.2012 | 17:52
An DSA finde ich z.B. die Götterwelt am interessantesten, gerade weil es da soviele Widersprüche, Mehrdeutigkeiten und Interpretationen gibt. Passt eigentlich gar nicht in das vormodernes Weltbild der Aventurier, aber dafür in meines.

Das geht mir übrigens fast genauso.  ;D
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: GIGiovanni am 30.09.2012 | 21:25
Bei der letzten Diskussion war ich ja noch geneigt, mangels besseren Willens, die Aussagen von Terrorbeagle möglichst positiv und wenig wertend zu lesen, aber "schlichte Systeme sind für schlichte Gemüter" gepaart mit "nur Üppigkeit schafft Niveau" ist in meinen Augen nicht nur falsch, sondern auch ungerechtfertigt erhebend und gleichermaßen beleidigend. Ich kann also den "Aufschrei" um diese Aussagen durchaus verstehen und mich den bisherigen Postern soweit anschließen. Und ich kann mittlerweile auch verstehen, warum die letzte Diskussion um "objektiv niveauvolleres / besseres Rollenspiel" so verlaufen ist, wie sie ist.

Just my 2 cents.


und das hier

War ein guter Konter. Chapeau! ;D

Gibt es gutes und schlechtes Rollenspiel?

Was der Eine gut findet ist dem Anderen ein Graus.  Gut ist ein Rollenspiel, wenn alle Spaß hatten. Warum Hack and Slay verurteilen- nicht meine Art zu spielen-, wenn die Spieler dies mögen.

das "beste" Rollenspiel nützt nichts mit schlechten Spielern und SL und das Schlechteste bringt es voll mit super Leuten
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 1.10.2012 | 06:43
Gibt es gutes und schlechtes Rollenspiel?

Was der Eine gut findet ist dem Anderen ein Graus.  Gut ist ein Rollenspiel, wenn alle Spaß hatten. Warum Hack and Slay verurteilen- nicht meine Art zu spielen-, wenn die Spieler dies mögen.

das "beste" Rollenspiel nützt nichts mit schlechten Spielern und SL und das Schlechteste bringt es voll mit super Leuten

Ja, richtig. Aber warum sagst du das mir? ;D Mit anderen Worten: ich versteh' gerade nicht, auf welchen Teil des Zitats du dich beziehst.


Gerade Settings Motto "Reale Erde mit Zusatzelementen" sind aber extrem schwierig konsistent zu halten, da dort mMn die Auswirkung der aufgeflanschten Fakten auf die "Mechanik" der realen Welt fast immer vollkommen unterschätzt oder gleich ganz ausgeblendet werden. Settingsetzungen wie die Maskerade in der WoD sind halt eigentlich vollkommen hirnrissig, das widerspricht jeder Intuition und Erfahrung, außer man neigt dazu, jede billige Verschwörungstheorie zu glauben*.

Interessant, mir geht es genau andersrum. Ich habe weniger Probleme damit, mich in eine "angepasste Wirklichkeit + mehr" reinzudenken, als in eine völlig losgelöste Fantasywelt oder Ähnliches. Sowohl die WoD als auch die Superheldenrollenspiele, wo ich eigentlich herkomme, machen ja genau Beides (Letzteres ein wenig überdrehter) und es fällt mir recht leicht, dieses "Extra" hinzuzuaddieren. Ich mochte historische Romane und Geschichten aber auch schon immer lieber als Fantasy, das könnte damit zusammenhängen (weswegen ich in der WoD auch fast nur Victorian Ages / Dark Ages oder sonst wo spiele und selten in der Gegenwart und auch Superhelden haben ihren Reiz, wenn man sie im zweiten Weltkrieg, in Vietnam oder anderen zurückliegenden Begebenheiten einbaut). Ich denke, dass es mir einfach Spaß macht, die Historie zu erforschen und ich gleich einen festeren Bezug zu dem habe, was tatsächlich passiert ist, als wenn ich die fiktive Timeline einer Fantasywelt schwebender Inseln studieren müsste. Und ich glaub' nich mal an Verschwörungstheorien ;D

Für mich dienen komplexe Settings dann auch eher als Ideensteinbruch, aus dem ich mir die Rosinen picke, mit denen ich spielen will, teilweise bei völliger Uminterpretation offizieller Setzungen.

Dem kann ich allerdings beipflichten, sehe ich auch so! Auch wenn ich es mag, mich an gegebene Grenzen zu halten und diese Konsistenz auch durch alle wichtigen Abenteuer weiter zu stricken, werden diese Grenzen von mir gesetzt. Ich hatte früher elends lange Debatten mit ein oder zwei Spielern über Setting- und Metaplotfixierung (vor allem in DSA.. ) und hab' nie verstanden, warum uns als Gruppe der Blitz treffen sollte, wenn wir die Dinge anders, nach unserem Willen, verlaufen lassen.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: 1of3 am 1.10.2012 | 07:13
Dolge meinte nicht, dass er sich in eine solche Realwelt+X reindenken kann, sondern dass die meisten solche Beispiele schlecht durchdacht sind. Beispielsweise eben, weil die Maskerade nicht funktionieren würde oder weil Reed Richards nutzlos ist (http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/ReedRichardsIsUseless).

Dolge hätte also lieber Science Fiction in jenem Sinne, dass eine solche Hinzufügung die restliche Welt profund verändern möge.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 08:32
Hachja. Was soll ich dazu denn noch sagen?

Wie wäre es mit: Genau!
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 1.10.2012 | 08:50
Dolge meinte nicht, dass er sich in eine solche Realwelt+X reindenken kann, sondern dass die meisten solche Beispiele schlecht durchdacht sind. Beispielsweise eben, weil die Maskerade nicht funktionieren würde oder weil Reed Richards nutzlos ist (http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/ReedRichardsIsUseless).

Dolge hätte also lieber Science Fiction in jenem Sinne, dass eine solche Hinzufügung die restliche Welt profund verändern möge.

Und wie genau beurteilt man, ob es schlecht oder gut durchdacht ist? Ist ja letztlich doch nur subjektiv, ob es "funktionieren" würde, sonst sind wir wieder bei angeblich objektiven Fakten, die es unglaubhaft machen und dann ist die Argumentation nicht mehr allzu weit von Terrorbeagle entfernt. Letztlich kannst du so gut wie jedes Setting aufgrund seiner "offensichtlichen Mängel" auseinanderpflücken und "Schwachsinn! Glaubt doch kein Schwein!" draufpappen, kommt immer drauf an, wie man zum Präsentierten steht, sich selbst sieht und seine eigene Deutungshoheit einschätzt. Ist letztlich auch müßig, weil alles Ph/Fantastik.

Ich glaube allerdings, dass ich ihn richtig verstanden, mich nur nicht gut genug ausgedrückt habe. Ich kann verstehen, warum das vermeintlich unplausibel aufgesetzte Extras in einem der Realwelt nachempfundenen, komplexen Setting für einige Menschen schwerer mit der eigenen supsension of disbelief zusammengebracht werden kann, als eine gänzlich fiktionale Welt. Ich sagte nur, dass es bei mir genau andersrum ist ;)

Ich stimme allerdings vollkommen damit überein, dass komplexe Settings anfälliger für Widersprüche sind (die leichter nachzuprüfen sind, wenn es in irgendeiner Weise mit der "realen Welt" korreliert) und dass es schwerer ist, diese in einem solchen Setting / Masse an Hintergrundmaterial auszubügeln. Und wie gesagt, ich benutz' die auch eher als Steinbruch.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 09:12
Zitat
Und wie genau beurteilt man, ob es schlecht oder gut durchdacht ist? Ist ja letztlich doch nur subjektiv, ob es "funktionieren" würde, sonst sind wir wieder bei angeblich objektiven Fakten, die es unglaubhaft machen und dann ist die Argumentation nicht mehr allzu weit von Terrorbeagle entfernt.

Mit dem Unterschied, dass ich das Beschriebene ausdrücklich als meine eigene Empfindung gekennzeichnet wissen möchte. Wer wie du mit solchen Welten klarkommt, hat einfach andere Präferenzen als ich.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: 6 am 1.10.2012 | 09:46
Ich weiss nicht ob Terrorbeagle noch mitliest. Ich versuche trotzdem mal auf seinen Standpunkt zu reagieren.
Wenn ich Deinen Standpunkt richtig verstanden habe, dann behauptest Du, dass ein Regel- und Settingleichtgewichte dem anspruchsvollen Spiel eher abträglich ist. Ich lass jetzt mal die Settingfrage aussen vor und konzentriere mich mal auf das Regelsystem.
Um meinen Standpunkt und meine Argumentation anschaulich zu halten, werde ich ein Beispiel ausserhalb des Rollenspiels wählen. wechseln wir also zu den Gesellschaftsspielen und dort gehen wir mal zu den abstrakten Spielen. Genauer: Nehmen wir mal Texas-Hold'em-Poker als Beispiel.
Die Regeln (http://de.wikipedia.org/wiki/Texas_Hold%E2%80%99em#Die_Regeln) für Texas-Hold'em sind ziemlich einfach. Jeder bekommt 2 verdeckte Karten. Dann dealt der Dealer hintereinander 5 Gemeinschaftskarten. Nach jeder Karte kann Geld gesetzt werden. Wenn Geld gesetzt wird, fliegt jeder Spieler, der den gesetzten Betrag nicht hält aus der aktuellen Partie raus. Derjenige mit dem höchsten Kartenwert gewinnt das gesetzte Geld. Für den Kartenwert gibt es eine ziemlich willkürliche Wertetabelle.
An sich sollte man meinen, dass diese wenigen Regeln dazu führen, dass das eigentliche Spiel keine große Taktiktiefe und Anspruch verspricht. Dem ist aber nicht so.

1. Das Spiel ist ein verstecktes (versteckt im Sinne von "steht nicht in den Regeln") Resourcenspiel. Bei Poker wird nicht nur eine Partie gespielt, sondern sehr viele hintereinander. Von daher musst Du entscheiden, in welches Blatt Du Deine Resource Geld investieren willst. Du kannst also 80%-90% der Partien "verlieren" und trotzdem noch die komplette "Session" gewinnen. Dazu reicht es, wenn Deine Gegner alles Geld auf ein Blatt setzen dass Du gewinnst.
2. Damit Du Deine Resourcen sinnvoll einsetzen kannst, musst Du die Qualität Deiner bisherigen Hand einschätzen. Zur Kalkulation musst Du eine Wahrscheinlichkeitsabschätzung machen. Das ist ein ausgewachsenes Mathematikproblem. Wie wahrscheinlich ist es, mit einem Ass und einer Dame zu gewinnen? Wie verändert sich die Deine Kalkulation, wenn in den ersten 3 Gemeinschaftskarten eine Dame dabei ist?
3. Für die Wahrscheinlichkeitsabschätzung reicht es aber nicht nur Dein eigenes Blatt abzuschätzen. Die Gemeinschaftkarten geben Dir Hinweise welche Qualität die gegnerischen Karten haben können. Um das obere Beispiel zu bringen: Wie verändert sich Deine Kalkulation, wenn in den ersten 3 Gemeinschaftskarten noch zusätzlich ein König auftaucht?
4. Es gibt noch die Mitspieler, die an Hand ihrer Kalkulation ihre Resourcen einsetzen. Diese Spieler machen ihre eigenen Kalkulationen und je nachdem wie stark sie ihr Blatt einschätzen, investieren sie oder investieren sie nicht. Beispiel von oben: Du hast nach den ersten 3 Gemeinschaftskarten einen Betrag gesetzt. Einer der Spieler verdoppelt Deinen Betrag. Die Chancen sind hoch, dass der Spieler einen König hat und damit glaubt, dass er das höchste Blatt hat.
5. Spieler haben eigene Persönlichkeiten. Während der eine risikobereiter ist, spielt ein anderer Spieler auf Sicherheit. Entsprechend optimistischer oder pessimistischer werden von Mitspielern gesetzte Beträge kalkuliert. Das kannst Du ausnutzen, um einen Spieler mit einem gewagten Einsatz rauszuboxen oder jemand anderes mit einem niedrigeren Betrag zu ködern. Ob ein Spieler heute eher konservativ oder risikobereit spielt, kannst Du nur an Hand der gespielten Partien erkennen. Von daher ist es manchmal sogar ratsam ein Spiel mit Einsatz zu verlieren, um zu sehen, welches Blatt hinter dem Einsatz steht.
6. Die anderen Spieler sind alle anwesend. D.h. Du kannst die Reaktionen der Spieler sehen. Daraus kannst Du wiederum Rückschlüsse auf ihr Spieltemperament ziehen. War er gelächelt, als ich einen hohen Einsatz getätigt habe, oder hat er eher geschockt reagiert? Gleichzeitig kannst Du Smalltalk mit den Mitspielern machen. Auch dabei können sie Dir wichtige Hinweise verraten, ohne es zu wollen.

Das war jetzt nur in groben Zügen, welcher Detailreichtum in so einfachen Regeln stecken kann. Dieser Detailreichtum reicht bei Poker, dass sich ne Menge Spieler stundenlang und tagelang mit dem Spiel beschäftigen(ich behaupte sogar länger als jeder Rollenspieler sich mit seinem Hobby beschäftigt!) und sogar ihr Geld damit verdienen.

Fazit: Einfache Regeln sagen noch nichts über den möglichen Detailreichtum und der spielerischen Tiefe aus.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grubentroll am 1.10.2012 | 10:03
Fieser Thread.

Aber ich muss sagen, ich kann mit Terrorbeagles Behauptungen irgendwie auch nix anfangen. Das liest sich alles so extremst verquer zu dem, was ich so an Erfahrungen gemacht habe.

Auf den Punkt: Es gibt einfach keinen Zusammenhang zwischen Komplexität und gutem Rollenspiel.

Das erstere kann man mögen (oder nicht), aber führt sicher nicht automatisch zu zweiterem.

(aber das haben ja fast alle anderen hier im Thread irgendwie auch schon festgestellt und bekundet... ;) )
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: gunware am 1.10.2012 | 10:30
Aber ich muss sagen, ich kann mit Terrorbeagles Behauptungen irgendwie auch nix anfangen.
Terrorbeagle hat von Kampagnen (und ich schätze, er meinte wirklich lange Kampagnen) gesprochen. Und davon, dass es mit einfachem Regelwerk schwieriger ist, mehr rauszuholen. Jetzt unbeachtet der Tatsache, ob er recht hat oder nicht (ich glaube sowieso, dass es eher eine Glockenkurve ist und das sich die Befürworter und die Gegner nur an unterschiedlichen Schenkeln befinden), in einem hat er recht. Bei einer langen Kampagne mit einem einfachen Regelwerk ist es schwieriger, den Machtzuwachs der Charas zu dosieren. Und RPG lebt auch davon, die Spielfiguren zu entwickeln. Wer aber nur One-Shot spielt, für den fällt diese Betrachtung total aus dem Schirm, weil absolut nicht relevant (wie denn auch?).
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: sir_paul am 1.10.2012 | 10:48
Bei einer langen Kampagne mit einem einfachen Regelwerk ist es schwieriger, den Machtzuwachs der Charas zu dosieren. Und RPG lebt auch davon, die Spielfiguren zu entwickeln.

Kannst du das mal erläutern? das kapiere ich so nicht!
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 1.10.2012 | 10:56
Bei einer langen Kampagne mit einem einfachen Regelwerk ist es schwieriger, den Machtzuwachs der Charas zu dosieren.

Das ist auch wieder die Frage, was eine lange Kampagne ist. 40 Sessions über 2 Jahre? Für mich war das lang und ich konnte es mit dem als grobkörnig bezeichneten Savage Worlds ohne ein Ende der potentiellen Charakterentwicklung zu sehen, abwickeln.

Natürlich ist das für manche Leute immer noch eine Kurzkampagne, aber ich spiele lieber einem absehbaren Ende entgegen, als dass es einfach irgendwann versandet. (Auch weil ich gerne verschiedene Sachen ausprobiere.)

Wer seine Midgard-Runde mit gleichen Charakteren seit 1985 laufen hat, mag da anderer Meinung sein, aber auch viel verpassen, was es sonst so gibt.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: carthinius am 1.10.2012 | 10:56
Kannst du das mal erläutern? das kapiere ich so nicht!
Ich vermute mal, er macht Charakterentwicklung (auch) an Werten fest.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: First Orko am 1.10.2012 | 11:02
Terrorbeagle hat von Kampagnen (und ich schätze, er meinte wirklich lange Kampagnen) gesprochen. Und davon, dass es mit einfachem Regelwerk schwieriger ist, mehr rauszuholen. Jetzt unbeachtet der Tatsache, ob er recht hat oder nicht (ich glaube sowieso, dass es eher eine Glockenkurve ist und das sich die Befürworter und die Gegner nur an unterschiedlichen Schenkeln befinden), in einem hat er recht. Bei einer langen Kampagne mit einem einfachen Regelwerk ist es schwieriger, den Machtzuwachs der Charas zu dosieren. Und RPG lebt auch davon, die Spielfiguren zu entwickeln.

Das passt irgendwie nicht - es kommt doch ganz darauf an, wie und ob das Regelwerk einen langfristigen Machtzuwachs regelt. Unabhängig davon, ob die Regeln eher "einfacher" (wie auch immer man das definiert) oder komplexer sind können Charaktere in beiden Fällen langfristig mächtiger werden.
Als gute (und genau hierfür oft und fälschlicherweise viel gescholtenes) Beispiel mag an dieser Stelle Savage Worlds dienen, das mit einem einzigen Regelbuch in der Grundedition sicherlich eher ein "Leichtgewicht" darstellt. Obwohl man pro Stufenanstieg nur eine Sache auf dem Bogen steigern darf ist durch die Punktevergabe (im Schnitt 2 Punkte pro SPielabend) und die Stufenleiter schonmal grob festgelegt, dass der Charakter erst mit 110 Punkten (was durchschnittlich 55 Spieleabende entspricht) ausgereizt ist.

Trotzdem wirkt sich ein Unterschied von 10-20 Punkten (was 2-4 Steigerungen entspricht) merklich aus.

Und 55 Spielabende würde ich persönlich schon als "wirklich lange Kampagne" betrachten.

Aber solange "einfache Systeme" / "wirklich lange Kampagnen" so undefiniert im Raum stehen kann man natürlich immer behaupten, dass genau dieses oder jenes Beispiel grad nicht das ist, was man meinte...
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 11:09
Zitat
Bei einer langen Kampagne mit einem einfachen Regelwerk ist es schwieriger, den Machtzuwachs der Charas zu dosieren. Und RPG lebt auch davon, die Spielfiguren zu entwickeln. Wer aber nur One-Shot spielt, für den fällt diese Betrachtung total aus dem Schirm, weil absolut nicht relevant (wie denn auch?).

Mal polemisch zugespitzt: Es soll ja auch Leute geben, die die charakterliche Entwicklung einer Spielfigur völlig ohne regelseitige Veränderung darstellen können. Sonst wäre D&D mit seinen Progressionsregeln ja schon die Krone der Darstellungskunst. Der Umfang des Regelwerks ist da für mich kein Argument: Zwar bieten umfangreiche und komplexe Regelwerke viele Anregungen und stützen damit Spieler, die Probleme haben, sich selbst Zeug auszudenken, die eher kreativen Naturen werden meiner Erfahrung nach aber eher ausgebremst und beschränkt, wenn *alles* verregelt ist...

@Tartex: Die Frage setzt ja noch früher ein, nämlich bei "Was ist eigentlich eine Kampagne?" Bedeutet das nur, dass immer die selbe Gruppe von Charakteren gemeinsam Abenteuer erlebt? Heißt es, dass es einen großen Spannungsbogen gibt? Kann eine Kampagne endlos laufen oder braucht sie einen erreichbaren Endpunkt? Je nachdem, was man für Vorstellungen hat, geht man mit völlig unterschiedlichen Ansprüchen ins Rollenspiel und braucht u.U. auch andere Techniken und Regeln, um sein Ziel zu erreichen.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: gunware am 1.10.2012 | 11:35
Ich vermute mal, er macht Charakterentwicklung (auch) an Werten fest.
Mit der Betonung auf auch.
Beispiel mag an dieser Stelle Savage Worlds dienen, das mit einem einzigen Regelbuch in der Grundedition sicherlich eher ein "Leichtgewicht" darstellt.
:d Genau. Und schon bei diesem Leichtgewicht können manchen Leuten die Stellschrauben fehlen.
Es soll ja auch Leute geben, die die charakterliche Entwicklung einer Spielfigur völlig ohne regelseitige Veränderung darstellen können.
Selbstverständlich. Aber die Darstellung und Berechnung der Werte gehört zu RPG wie alles andere. Und manche können das Nichtvorhanderseins eines Punktes, was RPG im Gesamtheit ausmacht, als eine Minderung der Qualität sehen. Dass es sich dabei aber nur um eine Spielwiese an einem anderen Ende einer Skala handelt, wird dann ignoriert, weil man andere Präferenzen bevorzugt.
die eher kreativen Naturen werden meiner Erfahrung nach aber eher ausgebremst und beschränkt, wenn *alles* verregelt ist...
Klar, wenn es "verregelt" ist, dann stimme ich zu. Nur wie ist es mit dem Fall, dass es nur "geregelt" ist? Und hier taucht meistens nämlich das nächste Problem. Wo ist die Grenze zwischen "geregelt" und "verregelt"?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Jiba am 1.10.2012 | 11:39
Aber ist es nicht so, dass das Vorhandensein eines Punktes (detailiertes Regelgerüst) das Vorhandensein eines anderen Punktes (dramaturgische Improvisation) einschränken kann. Wie kann denn dann da eine klare Qualitätsminderung ausgemacht werden?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: gunware am 1.10.2012 | 11:51
Wie kann denn dann da eine klare Qualitätsminderung ausgemacht werden?
Wenn Du Urlaub buchst und hoffst, dass es nur Sonnenschein gibt, dann ist für dich der notwendige Regen, eine Qualitätsminderung des Urlaubs, auch wenn es für die Region eine Qualitätssteigerung bedeutet. Dass das eine sowohl eine Minderung als auch eine Aufwertung gleichzeitig sein kann, kommt im Leben ziemlich häufig vor. Aber wegen des eigenes Standpunktes sieht man meistens nur die eine Seite der Medaille. Deswegen kann dann das Vorhandenseins eines Punktes für den einen Qualitätsminderung und für den anderen Qualitätssteigerung sein. Und das witzige dabei ist, wenn man es ins Gleichgewicht bringt, wird es meistens von beiden als Qualitätsminderung empfunden. Deswegen ist es ziemlich schwierig, in einer Diskussion auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Weil der gemeinsame Nenner gleichzeitig bedeutet, dass beide Seiten schlechter dastehen, ohne etwas gewonnen zu haben.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: First Orko am 1.10.2012 | 11:59
Genau. Und schon bei diesem Leichtgewicht können manchen Leuten die Stellschrauben fehlen.

Stimmt! Aber das ist dann ein ganz anderer Sachverhalt. Wer komplexe Regelwerke sowieso lieber mag, der wird natürlich mit einfacheren Regelwerken keinen Spass haben - unabhänig davon, ob diese eine langfristige Charakterentwicklung regeltechnisch implementieren.

OT
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Aber die Aussage war doch: Einfache Regeln schließen eine langfristige Charakterentwicklung aus. Und das stimmt einfach nicht.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grubentroll am 1.10.2012 | 12:19
Ich muss zugeben, die längste "Kampagne" die ich gespielt (und geleitet) habe war nur etwas mehr als 3 Jahre mit ca 30 Sessions in AD&D in den Realms.

Obwohls pro Stufenanstieg nur ein bisschen mehr Lebensenergie gab und ne höhere Chance jemanden den Schädel runterzuhauen hatte ich nicht das Gefühl, dass mir die ganz großen Weihen des Rollenspiels vorenthalten wurden, oder ich jetzt minderwertigeres Rollenspiel wie jemand betreibe, der ein Riesenblatt mit Werten vor sich liegen hat.

Wenn jemand komplexere (oder simulationistischere) Regeln mag, ja klar, soll er/sie das machen. Aber dann runterspucken auf das "einfache Fußvolk" das mit regelleichten Spielen (auch über lange Kampagnen hinweg) Spaß hat finde ich überheblichen Quark.

Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: evil bibu am 1.10.2012 | 12:30
Warum setzt man stellenweise noch Systeme mit Settings gleich? Klar, das eine beeinflusst das andere. Und auch umgekehrt. Stichwort Spielgefühl. Aber sie sind nicht untrennbar verwoben. Und wenn Terror Beagle auch noch eine hierarische Ordnung oder Rangfolge daraus herleitet ist imho schon gewagt bis grenzwertig. Die x Diskussionen hier und in anderen Orten des www haben doch bewiesen, dass es auch anders geht. Und: Charakterentwicklung muss sich doch nicht in komplexen Zahlenwerten darstellen. Charakterentwicklung findet doch erstmal im Kopf statt. Danach auf dem Papier.

tl:dr: Terror Beagle irrt.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: gunware am 1.10.2012 | 12:38
Aber die Aussage war doch: Einfache Regeln schließen eine langfristige Charakterentwicklung aus. Und das stimmt einfach nicht.
Nein, meine Aussage war eher, dass einfachere Regeln eine "üppigere" Charaentwicklung ausschließen. Und dass die Charaentwicklung einer der Stützpfeiler des RPG ist. Ob dieser Stützpfeiler eine tragende Funktion hat oder nur pro forma da ist*, tut nichts zu Sache**. Aber trotzdem kann auch dieser Stützpfeiler zum Qualitätsempfinden herangezogen werden.

* sogar bis zu dem Ausnahmefall, dass man den Stützpfeiler nicht auf Anhieb findet.
** Es gehört einfach zu RPG - das Problem ist eher, dass wie beim Salz jedem eine andere Dosierung schmeckt ~  und noch dazu kommt, dass mit unterschiedlichen Gerichten auch die Menge variieren sollte. Ohne schmeckt es fade und mit zu viel schmeckt versalzen. Das ist auch eine der Stellen, die ich oben angesprochen habe. Wo zieht man die Grenze - wann ist es "geregelt" und wann "verregelt"?

Terror Beagle irrt.
So eindeutig würde ich es nicht sagen. Man kann auch nicht sagen, dass der Urlauber irrt, wenn er sagt, das Wetter ist zum Kotzen, nur weil die Bauer rundherum jubeln, weil es endlich regnet.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Jiba am 1.10.2012 | 13:03
Es gibt aber auch Rollenspiele, die haben gar keine Charakterentwicklung in Form von Regelmechaniken. Wie passen die da rein? Charakterentwicklung ist eben nicht einer der Stützpfeiler, finde ich. Denn prinzipiell ist auch ein Oneshot, wo eine solche nicht stattfindet, weder minderwertiges, noch kein Rollenspiel. Die Übernahme eines Charakters und die Visualisierung einer Spielwelt in der eigenen Vorstellung sehe ich persönlich als einzig notwendige Kriterien an, um Rollenspiel hinreichend zu definieren.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grubentroll am 1.10.2012 | 13:08
Charaentwicklung

Meinst du mit "Chara" die Werte auf deinem Blatt, oder die fiktive Figur im Setting?

Wenn mein Charakter als naiver Bauerssohn anfängt, und im Laufe der Kampagne zum mit allen Wassern gewaschenen Feldherrn oder gar König heranreift ist das doch auch Charakterentwicklung.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 1.10.2012 | 13:10
Moin,

so, habe mich durch den langen Thread gelsesen.

Mal direkt zu Orko und SW:

Mir wurde von dem leider nicht mehr anwesenden Jörg Dünne berichtet, das man bei SW bei regelmäßigem Spiel schnell am Ende der Fahnenstange angekommen ist , was die Charakterentwicklung angeht.

Als eine lange Kampagne würde ich zum Beispiel eine Kampagne über mindestens 48 Sitzungen rechnen, oder sogar mehr.

Beispiele:

Unsere 20-jährige Midgard-Runde: Der älteste Charakter ist schon vrher gespielt worden, ist Stufe 9 und damit noch lange nicht am Ende. Spielrhythmus: 10 Mal im Jahr für ca. 7 Stunden.

Mein DSA-Charakter: Gespielt seit 6 Jahren wöchentlich. Er ist bald am Ende.


Das ich komplexe Systeme lieber mag als leichtgewichtige (ohne Wertung) ist ja bekannt. Ich mag lieber mehr Stellschrauben am Charakter als weniger, mehr regeltechnische Möglichkeiten als weniger. Zudem ist ebenfalls bekannt, das ich gerne für regelmäßiges Spiel bestimmte Regelmechanismen im Spiel haben will (aktive Parade zum Beispiel).

Ich liebe es mir Settingmaterial durchzulesen, aber habe keine Lust und Fantasie, mir selber was auszudenken. Zumal wenn ich meinem eigenen Anspruch genügen will und eine gewisse Originalität und Tiefe des Settings vermitteln will.

Beispiel hier: Mit DSA und Midgard ist mein Bedarf an 0815-Erde2.0-Fantasy gedeckt. Ein zuzsätzliches Setting im Bereich der Fantasy muss einen anderen Schwerpunkt haben oder andere Twists bieten.

Beispiele: Barsaive oder Glorantha.


Das gleiche bei SF-Settings: MIt NOVA spielen wir ein Rollenspiel in einem Star Trek-0815-ähnlichen Setting, ohne Psikräfte leider, mit ein wenig Cyberware, aber ohne besondere Elemente die das Setting speziell machen.

Also muss ein anderes Setting das mehr bieten, wenn ich mich damit beschäfigen soll. Beispiele Fading Suns, Warhemmaer 40K, Eclipse Phase.

Da lese ich mich gerne durch viel Settingmaterial statt selber zu bauen. Abwandeln, mit Freiheiten nehmen kann ich immer noch.

Ich bevorzuge offenbar Terrorboagles Spielweise.

Andrerseits kann ich trotz komplexer Welt oberflächlich spielen, wie in unserer Midgard-Runde, wo wir die Kaufabenteuer durchspielen, aber ansonsten die Welt uns kalt lässt. Wir haben keinerlei Bezug zu den Ländern, zu persönlichen NSCs etc. Die Abentuer sind Lohnaufträge ohne persönlichen Bezug.

Während dessen ist unsere Jahr des Feuers-Runde, bei allem Railroading und Sightseeing, gespickt mit persönlicher Motivation, NSCs die für die Kampagne nicht so wichtig sind aber für den einzelnen. Ob die Geschichte eines ehemaligen weiblichen NSCs, in den mein SC sich verliebt hat, NSCS aus der langes Vorgeschichte (gespielt in der JdF-Kampagne) unseres Magiers etc. pp.

In diesem Punkt stimme ich ihm also nur teilweise zu.

Allerdings glaube ich, das eine gewisse Detailtiefe des Settings dazu beträgt, ein solche intensives Spielerlebnis zu haben. Für mich gehört zum Beispiel die kulturelle Verwurzelung des SC zu meinen Figuren hinzu. Ich versuche dann auch so zu denken, wie der SC denken würde und mich von Xemides Denken als Spieler zu entfernen. Das ist ein ganz wesentlicher Teil des Rollenspieles. Das Erleben der Welt, nicht nur das Erledigen von Abenteuern. Und ohne Informationen darüber gelingt mir das nicht. Da entstehen wirklich Abziehbilder die nur aus Werten bestehen.

Basisinformationen über Herkunft, KUltur und Religion des SC helfen mir, in den SC einzutauchen.

Das mag nicht jedermanns Geschmack sein, so zu spielen, für mich ist das genauso wichtig wie Abenteuer zu erleben.

ONeshots sind fr mich ohnehin nur was für Cons. Regelmäßig spiele ich Charaktere lieber über längere Zeit. Und Systeme ohne Charakterentwicklung mag ich nicht. Das hat mich schon vor 25 Jahren bei Fanpro-Traveller gestört.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: gunware am 1.10.2012 | 13:14
Meinst du mit "Chara" die Werte auf deinem Blatt, oder die fiktive Figur im Setting?
Äh, wo ist der Unterschied? Das eine ist In-Play und das andere Off-Play "Betrachtung" der gleichen Sache.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grubentroll am 1.10.2012 | 13:22
Äh, wo ist der Unterschied? Das eine ist In-Play und das andere Off-Play "Betrachtung" der gleichen Sache.

Für mich (wie anscheind auch für dich) gehört beides zusammen.

Wenn man deinen Text

Zitat
Nein, meine Aussage war eher, dass einfachere Regeln eine "üppigere" Charaentwicklung ausschließen. Und dass die Charaentwicklung einer der Stützpfeiler des RPG ist

so liest, könnte man meinen, du redest hier nur über die Werte-auf-Blatt-Papier-Seite.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: kalgani am 1.10.2012 | 13:28
Ist die fiktive Figur aber nicht immer noch viel mehr als das was auf dem Blatt steht???
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Jiba am 1.10.2012 | 13:28
Außerdem ich kann doch meinen Charakter auch ohne Regelmechaniken üppig entwickeln.  wtf?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grubentroll am 1.10.2012 | 13:33
Außerdem ich kann doch meinen Charakter auch ohne Regelmechaniken üppig entwickeln.  wtf?

"That's my point.."  ;)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 1.10.2012 | 13:38
Für mich gehört beides zusammen, die Entwicklung der Geschichte wie die Entwicklung der Werte. Fehlt eines der beiden fehlt mir halt was.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Jiba am 1.10.2012 | 13:41
Aber beides sind keine notwendigen Kriterien für Rollenspiel als solches (vielleicht noch nicht einmal für anspruchsvolles).
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grubentroll am 1.10.2012 | 13:42
Für mich gehört beides zusammen, die Entwicklung der Geschichte wie die Entwicklung der Werte. Fehlt eines der beiden fehlt mir halt was.

Ist ja auch dein gutes Recht.

Das aber auf die "RPG-Heit" zu verallgemeinern find ich doof.


Jeder Jeck ist eben anders.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: gunware am 1.10.2012 | 13:46
so liest, könnte man meinen, du redest hier nur über die Werte-auf-Blatt-Papier-Seite.
Ah, jetzt ja. Ich verstehe. Bei einfacheren Systemen ist die "Symbiose" dieser zwei Betrachtungen ausgespielte Persönlichkeit in Ungleichgewicht Richtung Werte auf dem Papier (die Werte sind nicht so detailliert wie die ausgespielte Persönlichkeit). Bei komplizierten Systemen neigen die Werte auf dem Papier die Überhand anzunehmen und die ausgespielte Persönlichkeit in Hintergrund zu schieben. Das heißt, dass die Beschreibungen des Charas aus dem Off- und dem In-Play-Bereich unterschiedlich detailliert ausfallen (können).
Und bei der "üppigeren" Charaentwicklung hatte ich wirklich mehr die wechselseitige Beziehung im Sinne, die sich auch in den Werten widerspiegeln soll. Das heißt, dass ich letztendlich wirklich von den Werten-Auf-Papier gesprochen habe, auch wenn ich mehr an die Unterschiede in den Darstellungsformen gedacht habe.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 1.10.2012 | 13:59
Für mich gehört beides zusammen, die Entwicklung der Geschichte wie die Entwicklung der Werte. Fehlt eines der beiden fehlt mir halt was.

Da bin ich bei dir. Die Frage ist halt wie oft man überhaupt was steigern darf. Bei Savage Worlds geht es nach jeder zweiten Session deutlich bergauf. Bei DSA1 habe ich als Spielleiter dank Kiesow'schen Rat so mit Abenteuerpunkten geknaustert, dass die Spieler es in 2 Jahren gerade auf Stufe 4 geschafft haben.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Oberkampf am 1.10.2012 | 14:51
Da bin ich bei dir. Die Frage ist halt wie oft man überhaupt was steigern darf. Bei Savage Worlds geht es nach jeder zweiten Session deutlich bergauf. Bei DSA1 habe ich als Spielleiter dank Kiesow'schen Rat so mit Abenteuerpunkten geknaustert, dass die Spieler es in 2 Jahren gerade auf Stufe 4 geschafft haben.

Und ich in meiner Jugend bei Midgard dank JEFs Rat, pro Abend und Charakter nur ca. 500 Goldstücke herauszurücken - was bei einem Spiel, bei dem man Gold zum Aufsteigen braucht, eine echte Bremse ist...
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Pyromancer am 1.10.2012 | 15:02
Mal direkt zu Orko und SW:

Mir wurde von dem leider nicht mehr anwesenden Jörg Dünne berichtet, das man bei SW bei regelmäßigem Spiel schnell am Ende der Fahnenstange angekommen ist , was die Charakterentwicklung angeht.

Als eine lange Kampagne würde ich zum Beispiel eine Kampagne über mindestens 48 Sitzungen rechnen, oder sogar mehr.

Unsere Savage-Sturm-über-Mokattam-Kampagne hat 43 Sitzungen gedauert, und dann war halt An-Tankh besiegt, vom Charakterentwicklungspotential war das Ende der Fahnenstange noch nicht mal in Sicht.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grubentroll am 1.10.2012 | 15:10
Bei DSA1 habe ich als Spielleiter dank Kiesow'schen Rat so mit Abenteuerpunkten geknaustert, dass die Spieler es in 2 Jahren gerade auf Stufe 4 geschafft haben.

In oben erwähnter Realms-Kampagne ging's grad mal von Stufe 4 bis Stufe 7 oder 8 oder so.
Es ist zwar echt viel passiert, aber mir kamen damals auch die EXP-Abstände bei der Stufen-Tabelle so riesig vor.

Viel Werte-Verbessern war da eh nicht.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Samael am 1.10.2012 | 15:17
Unsere Savage-Sturm-über-Mokattam-Kampagne hat 43 Sitzungen gedauert, und dann war halt An-Tankh besiegt, vom Charakterentwicklungspotential war das Ende der Fahnenstange noch nicht mal in Sicht.

Mit 2-3 EP pro Sitzung bist du da bei 18-19 Aufstiegen. Damit sollte der SW Charakter eigentlich ziemlich ausgebaut sein, wenn man mal das Charakterdatenblatt ernst nimmt (das geht bis 22 Aufstiege, wobei mit 16 Aufstiegen der höchste Grad "L" für Legende erreicht ist). In seinem Kernkompetenzgebiet wird ein SW Charakter schon vorher das Ende der Fahnenstange erreicht haben....
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: First Orko am 1.10.2012 | 15:21
Da bin ich bei dir. Die Frage ist halt wie oft man überhaupt was steigern darf. Bei Savage Worlds geht es nach jeder zweiten Session deutlich bergauf. Bei DSA1 habe ich als Spielleiter dank Kiesow'schen Rat so mit Abenteuerpunkten geknaustert, dass die Spieler es in 2 Jahren gerade auf Stufe 4 geschafft haben.

Ein ganz wichtiger Punkt! Einige klassische (Stufen-)Systeme haben ja noch nicht-lineare Progression (heißt das so?) in der Charakterentwicklung, d.h. die ersten Steigerungen kommen recht schnell und dann wirds immer langsamer. Bei DSA4.1 führen steigende Kosten der Talente/Eigenschaften zu einem ähnlichen Effekt.

Ab einem gewissen Punkt entwickelt sich der Charakter bei einer linearen Entwicklung schneller weiter als bei einer nicht-linearen wo die Werte längere Zeit stagnieren bis mal wieder was passiert.

Das macht die Vergleichbarkeit mE nochmal viel schwieriger und man tut (in diesem Fall SW) Unrecht wenn es dann heißt: Bei DSA/DnD ist mein Charakter aber nach 400 Spielabenden immer noch nicht auf Maximalstufe - man sollte da dann gegenrechnen, wie oft man dann in den 400 Spielabenden steigern konnte.

Effektiv habe ich mit SW in derselben Zeit mehr Steigerunen und damit - folgt man den bisherigen Argumenten hier - mehr Charakterentwicklung auf dem Papier  :P

Okay, das war jetzt ein bißchen arg polemisch - aber ich ich find das halt schwierig festzumachen, was nun wie viel Charakterentwicklung an Werten bedeutet.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 1.10.2012 | 15:23
In seinem Kernkompetenzgebiet wird ein SW Charakter schon vorher das Ende der Fahnenstange erreicht haben....

No way. Besonders wenn die Kernkompetenz Magie ist. Man kommt ja so gut wie nie dazu Edges zu steigern, weil es soviele leckere Zauber gibt.

Meine Piratenkapitänin war auch mit den Leadership- und Contact-Edges bis zu Legendär ausgebucht. Wenn man parallel ein guter Kämpfer werden will, wird es auch im höheren Legendär-Bereich eng.

Weil da kommen dann ja nochmals viele Optionen wie Sidekicks, usw. dazu.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Pyromancer am 1.10.2012 | 15:33
Mit 2-3 EP pro Sitzung bist du da bei 18-19 Aufstiegen. Damit sollte der SW Charakter eigentlich ziemlich ausgebaut sein, wenn man mal das Charakterdatenblatt ernst nimmt (das geht bis 22 Aufstiege, wobei mit 16 Aufstiegen der höchste Grad "L" für Legende erreicht ist). In seinem Kernkompetenzgebiet wird ein SW Charakter schon vorher das Ende der Fahnenstange erreicht haben....

Ich bewerte meine Erfahrungen aus der Praxis höher als deine theoretischen Überlegungen. ;)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: evil bibu am 1.10.2012 | 15:35
Ich bewerte meine Erfahrungen aus der Praxis höher als deine theoretischen Überlegungen. ;)

Ketzer!  ~;D
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bad Horse am 1.10.2012 | 17:55
Wenn man der Aussage folgt, dass ein komplexeres Setting für eine Langzeitkampagne besser ist - kann es nicht auch sein, dass ein Setting im Laufe des Spiels wächst und zunehmend komplexer wird?

Ich habe mal eine Vampire-Kampagne geleitet, die mit ein paar Namen und Stichwörtern anfing; aber nach 10 Jahren Spielzeit kannten die Charaktere sich richtig gut in der Welt aus, hatten Kontakte zu NSCs, Freund, Feinde, widerwillige Verbündete... ein komplexes Netzwerk eben, das aber nicht von Anfang an angelegt war.

Wobei ich mich auch freue, wenn sich Charakterentwicklung irgendwo auf dem Papier spiegelt. Meine längsten Kampagnen liefen mit Ars Magica (zugegebenermaßen reichlich komplex) und - wie erwähnt - Vampire (2nd Edition), das nicht sonderlich komplex ist, aber genug Herumspielerei erlaubt, um eine Charakterentwicklung am Bogen nachvollziehen zu können.

Das geht sicher auch mit ganz einfachen Werten, wenn man die anpassen kann. Aspekte bei Fate fallen mir sofort ein.

Andererseits sehe ich nicht, wo eine Kampagne anspruchsvoller sein sollte als ein One-Shot. Tatsächlich neigen meine Kampagnen eher dazu, Casual zu sein als die One-Shots, die ich spiele.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 1.10.2012 | 18:06
Andererseits sehe ich nicht, wo eine Kampagne anspruchsvoller sein sollte als ein One-Shot. Tatsächlich neigen meine Kampagnen eher dazu, Casual zu sein als die One-Shots, die ich spiele.

Ach geh. Das wäre so, wie zu behaupten, dass ein Theaterstück auf einer simplen schwarzen Bühne anspruchsvoller als eine 20 Jahre laufende Daily Soap sein könnte!  ~;D
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 18:07
Also ich fände die Daily Soap auf alle Fälle anspruchsvoller...

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 1.10.2012 | 18:32
Andererseits sehe ich nicht, wo eine Kampagne anspruchsvoller sein sollte als ein One-Shot. Tatsächlich neigen meine Kampagnen eher dazu, Casual zu sein als die One-Shots, die ich spiele.

Ich bei mir reine Geschmackssache. Außerdem brauche ich eine gwisse ZEit, einen Charakter (nicht von den Werten) zu entwickeln. Ich starte selten mit einem fertigem, lebendig wirkenden SC. Das meiste entwickelt sich erst im Laufe der Kampagne. Ich bin da auch ein sehr dankbarer Spieler, der auf sowas leicht eingeht, wenns vom SL kommt.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bad Horse am 1.10.2012 | 18:45
Ich bei mir reine Geschmackssache. Außerdem brauche ich eine gwisse ZEit, einen Charakter (nicht von den Werten) zu entwickeln. Ich starte selten mit einem fertigem, lebendig wirkenden SC. Das meiste entwickelt sich erst im Laufe der Kampagne. Ich bin da auch ein sehr dankbarer Spieler, der auf sowas leicht eingeht, wenns vom SL kommt.

Ja, ich brauche auch häufig ein bisschen Anlauf, um den Charakter zu entwickeln. Das ist bei One-shots natürlich nicht möglich, daher versuche ich, mich im Vorfeld schon mit dem Kerlchen vertraut zu machen.

...für unsere letzte Drama-Runde habe ich ein PreDiary geschrieben, damit ich und auch meine Mitspielerinnen ein Gefühl für den Charakter kriegen. Hat (denke ich) ganz gut funktioniert.  :)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Just_Flo am 1.10.2012 | 18:57
Hm,

*langsam atmen, nicht hyperventilieren, keinen Schreikrampf bekommen und keine Beschimpfungsarie starten*

Geschafft.

War viel zulesen und beinhaltete viele interessante, produktive aber auch abwegige Gedanken und Posts.

Allgemein glaube ich, dass hier wieder mal nach gutdünken, umdefiniert, in den Mund gelegt, angefeindet und vor all diesen Dingen sich nicht verstanden wird.

Mal ehrlich, ich habe nicht genügend Ahnung von SW um über es sinnvolle Aussagen zumachen. Da muss ich mich auf die Aussagen derjenigen verlassen, die der MEinung sind dass sie sinnvolle Aussagen über SW machen können.
Nach der Person (zu faul um den Adressaten aus den letzten 4 Seiten raus zusuchen und keine Entmenschlichung), die SW und DSA im Hinblick auf das Steigerungsverhalten verglichen hat, muss ich davon ausgehen, dass man in SW nach einer Kampagne soviel steigern kann wie in DSA nach einem AB.

Was sagt uns das? Nun einer von uns beiden weis nicht viel über das andere System, hat den anderen missverstanden oder sich nicht verständlich genug ausgedrückt.
Das macht aber keinen von uns zu einer herabwürdigenswürdigen Person. Weiter kommen wir nur dann, wenn wir nachfragen, Zusammenfassen was wir verstanden zuhaben glauben, ...

Für mich muss ich sagen, dass ich aus anderen und besonders kontroversen Sichtweisen lernen bzw. durch sie meinen Horizont erweitern kann (sofern ich nicht sofort auf Abwehr, Empörung und Verunglimpfung schalte)

Ich finde es immer Schade wenn eine Stimme oder mehrere verstummen bevor man verstanden hat, was diese Ausdrücken will.

Ich glaube, dass mir meistens ähnliche Sachen Spaß machen wie Terrorbeagle (wobei der Cyberpunk2020 Oneshot am Freitag einer meiner besten RPG-Abend seit längerem war).

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann sollte um die Möglichkeit von maximalem Spielspaß zu haben entweder das Setting gut durchdacht und entsprechend gestaltet sowie nicht zu beliebig sein oder das System sollte gut durchdacht, entsprechend gestaltet, nicht beliebig und breit genug sein vieles mit ihm abzubilden sein.
Im Idealfall sollten dies sowohl Setting und System meiner Meinung nach sein, wobei sie breit(ausführlich), nicht fett (überdimensioniert und einschränkend) sein sollten.

Ein flaches Setting ermöglicht bestimmte Dinge nicht, die ein solides Setting ermöglicht. Ob man an den Möglichkeiten Spaß hat oder nicht, mag man selber entscheiden aber es ist häufig leichter wegzulassen als großflächig anzubauen.

Ein sehr leichtes System ermöglicht bestimmte Dinge nicht, die ein solides System ermöglicht. Ob man an den Möglichkeiten Spaß hat oder nicht, mag man selber entscheiden aber es ist häufig leichter wegzulassen als großflächig anzubauen.

Welche Systeme und Settings man als flach, sehr leicht (im Blick auf gewichtigkeite nicht auf das Erlernen bezogen), welches man als solide und was man als überfrachtet betrachtet, dass mag und muss wieder jeder für sich sehen und entscheiden.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Maarzan am 1.10.2012 | 18:57

Bezgl. Poker.

Und nun stellen wir uns ein Spiel vor, welches nur 1 Karte von 7 auf der Hand und eine auf dem Tisch hat (eine Farbe natürlich nur, höchste gewinnt)
Dazu wird die Todesspirale mit dem Ressourcen setzen abgeschafft, genauso wie die Gefahr vorzeitigen Ausscheidens (es geht schließlich darum für alle darum Spaß (tm) zu haben. )

Es gewinnt derjenige, der zuerst n- Runden gewonnen hat... .


Bezgl. Entwicklung etc.
Neue coole Powers machen zwar einen gewissen, nicht zu leugnenden Reiz aus, aber letztlich ist es mehr von Bekanntem und kein neuerer, tieferer Einblick.
So gesehen war selbst Beam-D&D für mich bei weitem ausgearbeiteter als D3+.

Natürlich kann man auch ohne systemtechnische Unterstützung den Charakter als solchen entwickeln, aber das bürdet letztlich alle Arbeit den Beteiligten auf und kann wohl kaum dem System zu Gute geschrieben werden. Wenn das System so etwas nicht gar auf Grund vorhandener grober Vorgaben noch aktiv behindert.

Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 19:01
Zitat
Ein flaches Setting ermöglicht bestimmte Dinge nicht, die ein solides Setting ermöglicht. Ob man an den Möglichkeiten Spaß hat oder nicht, mag man selber entscheiden aber es ist häufig leichter wegzulassen als großflächig anzubauen.

Flach und solide.... schön, dass du den Umfang von Systemen völlig wertungsfrei beschreiben kannst.  ::)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 1.10.2012 | 19:11
Ein flaches Setting ermöglicht bestimmte Dinge nicht, die ein solides Setting ermöglicht. Ob man an den Möglichkeiten Spaß hat oder nicht, mag man selber entscheiden aber es ist häufig leichter wegzulassen als großflächig anzubauen.

Wenn endlich irgendwer aussprechen könnte, was diese Dinge sind, die ein ausführliches Setting erlaubt, aber ein simples nicht, hätte wir schon viel gewonnen.

Warum erklärt das keiner? Meinem Verständnis nach erlaubt es hauptsachlich das weitere Vertiefen zwischen den Spielsitzungen. Man kann also auch Kopfkino haben, wenn man nicht um den Spieltisch versammelt ist und die Mitspieler keine Zeit haben. Es erlaubt Barbie-Spiel.

Und wahrscheinlich erlaubt es intensiveres Kopfkino während des Spiels, weil man sich nicht so sehr auf die Beschreibungsküste des Spielleiters verlassen muss, sondern stattdessen die Bilder aus dem Settingbänden (in Bild und Schrift) anzapfen kann.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Just_Flo am 1.10.2012 | 19:23
Zitat
Welche Systeme und Settings man als flach, sehr leicht (im Blick auf gewichtigkeite nicht auf das Erlernen bezogen), welches man als solide und was man als überfrachtet betrachtet, dass mag und muss wieder jeder für sich sehen und entscheiden.

@:La Dolge Vita
Hm, ich verwende gerne dein Vokabular :)
Also welche wertfreien Begriffe schlägst du vor?

Wie soll/darf/muss ich ein System, das mir zuwenig Möglichkeiten gibt nennen?
Wie soll ich ein System, das meiner wertungsfreien Meinung nach genügend/ausreichend Möglichkeiten gibt nennen?
Wie soll ich eine System, dass deiner Meinung nach so stark gefüllt ist, dass es dem Spielspaß entgegen steht nennen?

Wie ernst soll ich jemand nehmen, der meinen Text zu Settings zitiert und mir die dort verwendeten Begriffe als für Systeme verwendet vorwirft?
Hier ist die Antwort leicht, ich nehme ihn so ernst, als ob er ernstgenommen werden will. (Keine Ahnung ob du das willst oder gerade das machst, was du Terrorbeagle vorwirfst oder ob du versuchst mich zu einem Wutanfall oder schlimmeren zu provozieren oder ob ich mich so ausgedrückt habe, dass du mich nicht verstanden hast.)

Ich verwende gerne auch bei der Passage über Systeme das Vokabular, dass dir vorschwebt. Bitte korrigiere in mein Zitat die Begriffe und Beschreibungen hinein, die du bevorzugst.
Zitat
Ein sehr leichtes System ermöglicht bestimmte Dinge nicht, die ein solides System ermöglicht. Ob man an den Möglichkeiten Spaß hat oder nicht, mag man selber entscheiden aber es ist häufig leichter wegzulassen als großflächig anzubauen.

@tartex:Du triffst schon ganz gut einige der Dinge die ein ausführliches Setting mit Verknüpfung, Beheimatung und anderem geben kann (wenn man diese Sachen will)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Maarzan am 1.10.2012 | 20:18
Ein schlankes Werk verhindert erst einmal an sich nichts (solange es in dem wenigen nicht bereits Mist gebaut hat - eien Chance, welche zugegebenerweise mit steigender Seitenzahl steigt)

Es unterstützt das gewohnte Spiel allerdings auch nicht und lastet diese Arbeit damit den Beteiligten auf und dieser Zusatzaufwand und ggf die Unerfahrenheit oder die unbeschrankte Beteiligung fachlich oder charakterlich gehandikapter Personen ist dann in der Praxis, was ein solches detaillastigeres Spiel dann verhindert oder beim Versuch zum Scheitern bringt.

Im Idealfall kann man auf gedruckte Regeln und Settingvorgaben insgesamt verzichten.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 1.10.2012 | 20:23
Also es geht darum, dass ein Setting die Genrekonventionen klar formuliert? Dass Spielern, die sich dessen nicht bewußt sind, eine implizite Anleitung gegeben wird?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 20:24
Sind Genrekonventionen denn nötig, um Rollenspiel zu machen? Sie mögen ja eine Krücke für einen kleinsten gemeinsamen Nenner sein, aber sind sie wirklich *nötig* ?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bad Horse am 1.10.2012 | 20:27
Sind Genrekonventionen denn nötig, um Rollenspiel zu machen? Sie mögen ja eine Krücke für einen kleinsten gemeinsamen Nenner sein, aber sind sie wirklich *nötig* ?

Ich stelle es mir schwierig vor, völlig "genrefrei" zu spielen.

...wobei ich das ziemlich interessant finde, magst du einen eigenen Thread dazu aufmachen?  :)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Maarzan am 1.10.2012 | 20:41
Konventionen allgemein sind notwendig, um mit anderen ebenso allgemein konstruktiv zusammen arbeiten zu können ohne jedes mal alles neu aushandeln und erklären zu müssen.
Das schriftliche oder der gemeinsame Erfahrungsschatz bildet ein Grundgerüst, welches sich jeder unabhängig erarbeiten kann oder welches bereits anhand eines solchen Gerüsts gemeinsam erarbeitet wurde.
Darauf aufbauend ist ein sichererer, unabhängigerer und schnellerer Spielverlauf möglich als er sonst zwischen interessierten, eigenständigen Mitspielern möglich wäre.
 
Wer natürlich sich selbst als Zentrum der Welt sieht (und z.B. als Definition des gesunden Menschenverstands) oder darauf baut im Falle von Unstimmigkeiten in unkartierten Bereichen durch soziales Gewicht oder einfach lauter schreien zu "gewinnen", der wird natürlich durch Regeln in seiner Entfaltung behindert.

Ich habe diverse Freeformversuche oder Sachen die nahe dran sind mit diversen Leuten versucht und feststellen müssen, wie sehr man aneinander vorbei reden kann, wenn man selbst mit geschätzten Mitspielern vertrautes Terrain verläßt.

Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 20:43
Zitat
Wer natürlich sich selbst als Zentrum der Welt sieht (und z.B. als Definition des gesunden Menschenverstands) oder darauf baut im Falle von Unstimmigkeiten in unkartierten Bereichen durch soziales Gewicht oder einfach lauter schreien zu "gewinnen", der wird natürlich durch Regeln in seiner Entfaltung behindert.

Ich habe diverse Freeformversuche oder Sachen die nahe dran sind mit diversen Leuten versucht und feststellen müssen, wie sehr man aneinander vorbei reden kann, wenn man selbst mit geschätzten Mitspielern vertrautes Terrain verläßt.

Ich finds voll schade, dass du nicht die gleichen tollen Erfahrungen mit Freeform machen konntest wie ich.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bad Horse am 1.10.2012 | 20:50
Ich habe diverse Freeformversuche oder Sachen die nahe dran sind mit diversen Leuten versucht und feststellen müssen, wie sehr man aneinander vorbei reden kann, wenn man selbst mit geschätzten Mitspielern vertrautes Terrain verläßt.

Das ist sehr schade. Ich glaube dir natürlich, dass das nicht immer funktioniert, aber wie der Dolge habe ich sehr positive Erfahrungen damit gemacht.

Wobei es uns bei Unstimmigkeiten dann auch weniger darum ging, zu "gewinnen", als viel mehr darum, einen allgemeinen Konsens zu erreichen. Hin und wieder sind beim Ausbügeln dieser unterschiedlichen Vorstellungen sogar sehr coole Sachen herausgekommen.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Just_Flo am 1.10.2012 | 21:05
Reden wir bei dem von euch angesprochenen Freeform von systemseitigem Freeform oder von Settingseitigem Freeform oder von beidem betreffendem Freeform?

Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 21:06
Wie du willst.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Maarzan am 1.10.2012 | 21:11
Ich hatte eine Gruppe wo es funktioniert hat, nicht mal mit den "formell" besten Rollenspielern, aber eben einer uralten, eingespielten und weitgehend auf einheitliche gewohnte Hausmannskost ausgerichtete Gruppe, wo die einzelnen gelegentlichen Würzen dann auch entsprechen dosiert und mit der Veränderungskapazität der wohlbekannten Mitspieler hereingetragen wurden.

Dieser Kontrast zu den anderen Versuchen macht mir aber deutlich, dass man vor der Idee so etwas generell aus einem dünnen Heftchen ziehen zu wollen nur warnen kann.
Die dahinter liegenden Grundlagen im informellen Teil sind eben viel tiefergreifend.

Die andere Alternative ist daneben noch der beiläufige Oneshot, wo man eben von vorneherein nicht viel Herzblut investiert, vielleicht noch ein wenig albern oder schwer clicheelastig um erst gar keine übermäßigen Investitionen zu ermutigen.
Aber dann hat man zwar eine gewisse Sorte Spaß, aber nicht unbedingt die spielerische Befriedigung einer "tiefergehenden" Spielrunde.
Für die müssen eben dann Rahmenbedingungen geschaffen werden, auf die eine oder andere Art und Weise.
Sonst bleibt es oberflächlich oder geht schief.  

Das mag wie mit einer Fußballmannschaft sein. Mal pöhlen kann man mit ein paar Freunden, einer Dose und einfach drauf los und hat auch Spaß gemacht. Wenn das jemand aber ernsthafter als Sport betreiben will, muss er das anders aufziehen.  

Bezgl. Gewinnen und Konsens.
Letztlich beginnt es mit dem Zusammenstoß verschiedener, oft genug mit einem gewissen Maß an Herzblut aufgeladenen Vorstellungen. Dass das immer schön mittig und für alle akzeptabel ausgeht, halte ich für ein Märchen. Klar sind solche Situationen nie ganz zu vermeiden, aber ein Gerüst zur Orientierung hilft da ungemein. Und gerade eine auf der selben Wellenlänge spielende, freundschaftlich verbundene Truppe darf so nicht als stillschweigende Grundvoraussetzung angenommen werden - oder gehörte mit auf den Heftdeckel als dringend benötigte Grundzutat.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 21:19
Zitat
Ich hatte eine Gruppe wo es funktioniert hat, nicht mal mit den "formell" besten Rollenspielern, aber eben einer uralten, eingespielten und weitgehend auf einheitliche gewohnte Hausmannskost ausgerichtete Gruppe, wo die einzelnen gelegentlichen Würzen dann auch entsprechen dosiert und mit der Veränderungskapazität der wohlbekannten Mitspieler hereingetragen wurden.

Ich habe wie gesagt die allerbesten Erfahrungen mit absoluten RPG-Neulingen gemacht.

Ansonsten bleibt

Zitat
Aber dann hat man zwar eine gewisse Sorte Spaß, aber nicht unbedingt die spielerische Befriedigung einer "tiefergehenden" Spielrunde.

auch nur eine haltlose Behauptung, die allein schon durch die große Anzahl von Leuten, die anders empfinden, ausgehebelt wird. Es ist eben nicht so, dass aufwändig vorbereitete Settings alle Leute tiefer befriedigen. Einige sicher - eventuell sogar eine Mehrheit an Rollenspielern. Aber so allgemeingültig formulieren halte ich einfach für unvorsichtig und anmaßend. Spaß ist etwas so subjektives - wie will man da einschätzen, wie andere Gruppen das erleben?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Maarzan am 1.10.2012 | 21:27
Neulinge sind halt in der Regel gut lenkbar - müssen ja erst einmal alles glauben - und damit im Sinne des Leitenden erziehbar. Klar, dass der da gut mit fährt.


Das es auch so Spaß machen kann ist ja ausdrücklich erwähnt worden. Und es ist keine Behauptung sondern die Schilderung einer Beobachtung einer weitverbreiteten Spaßquelle - die gerade zusammen mit der Erwähnung das Spaß auch anders geht, von einem Verweis auf diese Leute die anders Spaß haben, in keinster Weise widerlegt würde.



Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 1.10.2012 | 21:28
Aber dann hat man zwar eine gewisse Sorte Spaß, aber nicht unbedingt die spielerische Befriedigung einer "tiefergehenden" Spielrunde.

Ich verstehe leider immer noch nicht, was "tiefergehend" bedeutet. Meinst du ernsthafter?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 21:30
Du sagst aber nicht nur, dass es auch "meinen Spaß" gibt, sondern dass "dein Spaß" besser ist. Du bemühst Worte wie "oberflächlich" und "geht schief".

Und das finde ich halt albern.

Oder bin ich einfach überempfindlich? Mir springt die Wertung in deinem Beitrag einfach direkt ins Gesicht.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Just_Flo am 1.10.2012 | 21:34
@Dolge ....: Ich verstehe deine Antwort/Nichtantwort auf meine Frage auf welche Form von Freeform bezug genommen wird nicht.

Wärst du so freundlich und erläuterst deine Antwort/Nichtantwort?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 1.10.2012 | 21:39
Da ich persönlich mit allen drei Varianten gute Erfahrungen gemacht habe, treffen meine Aussagen auf alle drei Varianten zu. Daher: Such dir eine aus, über die du reden willst.

Evtl. kann man dafür ja auch einen neuen Thread aufmachen.

Ich will nochmal klarstellen, dass ich Freeform keinesfalls für überlegen oder den Spaß, den man damit hat, für hochwertiger halte - diese Unterscheidung in Fun und BadWrongFun ist ohnehin völliger Kokolores. Ich will damit sagen: *ICH* bin mit Freeform am besten, weil es das, was ich am besten kann, unterstützt und die Schwächen, die ich im Rollenspiel habe, umschifft bzw. völlig ausblendet (man muss ja nun mal keine Regeln auswändig lernen). Teilweise ist es sogar so, dass das für mich als Spieler nicht zu 100% zutrifft. Als SL bin ich extrem gern Freeformer, weil ich mich da auf das für mich beim Leiten wesentliche konzentrieren kann, als Spieler nutze ich Regelwerke gern zumindest als Inspiration für die Frage "Was *könnte* man alles tun. Leider gibt es nur allzuviele Systeme und SL, wo Dinge, die nicht verregelt sind, nicht gehen, das finde ich einfach extrem schade.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 1.10.2012 | 21:42
Mal ein Beispiel:

Ich habe ein Fantasy-Setting mit den klassischen Rassen: Zwerge, Elfen ; Orks, Halblingen Menschen.

Das kann aber schon was unterschiedliches heißen.

Der eine meint Tolkien-Elfen, weil er HdR cool findet.

Der andere meint Aventurien-Elfen, weill er die kennt

Der dritte kennt Midkemia-Elfen (Raymund Feist) weil er die Romane cool findet

Der vierte meint Gloranthas Aldyamis, weil er die besonders mag.

Folglich brauche ich eine Einigung. UNd die bietet mir ein Setting durch seine Definition, die auch ganz anders sein kann.

Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Maarzan am 1.10.2012 | 21:51
Ich verstehe leider immer noch nicht, was "tiefergehend" bedeutet. Meinst du ernsthafter?

Meine Vorstellung davon ist, das man einen ersten Spaßreiz eben aus der Entdeckung von was neuem an sich und der typischen (von Spielart zu Spielart ggf variierenden) Belohungskette gewinnt.  
Wenn dieser Reiz des Neuen dann abflacht wendet man sich anderen Sachen zu oder betrachtet das Ganze dann halt genauer, typischerweise mit einem Fokus auf Dinge, die einem vorher besonders Spaß gemacht haben, oder Bremsen für etwas waren, was einem möglicherweise mehr Spaß hätte machen können.
Um sich damit dann entsprechend beschäftigen zu könenn, muss es aber auch genug "Fleisch" haben, um auch entsprechend rein beißen zu können. Wenn alle Betrachtungen ausschließlich in die nach auszuhandelnde Leere projeziert werden, ist da nichts, auf das man im Off bauen könnte.

Letztlich möchte man das daraus entstehende Material dann zusätzlich aber typischerweise auch noch ins Spiel einbringen. Das geht entsprechend aber nur, wenn es entsprechend Relevanz, Transparenz und Verlässlichkeit bekommt, entweder indem man es den anderen entsprechend vermittelt und dazu muss man es nachvollziehbar und verständlich machen oder aber per Amtsautorität und Vermittlung als Spielleiter (solange man den Vertrauensvorschuss hat, um davon zu zehren) eingebracht werden.

Einfacher und schneller geht es aber entsprechend, wenn ein formelles Werk diesen Bereich schon so strukturiert hat, dass man diesen direkt übernehmen kann oder aber zumindest darauf aufbauen kann und an dieses bekannte Konzept nur ein wenig anflicken muss.

Tiefergehend ist damit eine genauere, intensivere Betrachtung eines Teilgebiets des Spiels und dessen Aufbereitung für eine konstruktive, später strukturiert reproduzierbare weitere Verwendung dieses Interessensfokus (und damit vermuteter zukünftiger Spaßquelle) anstelle weiter in altgedienten, allgemeineren Pfaden zu kreisen - also eine tiefergehende Beschäftigung mit einer Facette des Spiels nach Wahl.  
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Bad Horse am 1.10.2012 | 21:54
Okay, detailliertere Setting fokussieren den gemeinsamen Vorstellungsraum.

[Die Frage, ab wann zu viele Details den gemeinsamen Vorstellungsraum wieder einengen, sei mal geschenkt. Das ist stark vom persönlichen Geschmack abhängig.]

Aber die Details aus einem Setting müssen ja nicht unbedingt aus einem Regelwerk kommen. Die kann sich eine Gruppe auch selbst erarbeiten oder sogar erspielen. Manchen ist das sogar lieber. Trotzdem kommt das Setting erstmal sehr schlank bzw. sehr einfach daher.

Nur ist unter dieser Voraussetzung "einfach" eben nicht gleich "für simple Gemüter", weil die eigene Schaffenshöhe und Kreativität unter Umständen deutlich mehr gefordert wird.

@Maarzan: Ui, da reden wir total aneinander vorbei, was "tiefergehend" angeht. Ich hätte darunter Spielinhalte verstanden, die mich auf einer emotionalen Ebene tiefer berühren. :)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: 6 am 2.10.2012 | 09:16
Bezgl. Poker.

Und nun stellen wir uns ein Spiel vor, welches nur 1 Karte von 7 auf der Hand und eine auf dem Tisch hat (eine Farbe natürlich nur, höchste gewinnt)
Dazu wird die Todesspirale mit dem Ressourcen setzen abgeschafft, genauso wie die Gefahr vorzeitigen Ausscheidens (es geht schließlich darum für alle darum Spaß (tm) zu haben. )

Es gewinnt derjenige, der zuerst n- Runden gewonnen hat... .
Um das wieder zum Rollenspiel zurück zu bringen:
Immer wenn Du eine Aktion machst, dann würfelst Du einen w6. Bei 4-6 ist die Aktion gelungen. Bei 1-3 ist sie misslungen. Wenn n Aktionen gelungen sind, ist das Abenteuer erfolgreich gewesen.
Reden wir wirklich von so einem "leichten System" oder reden wir eher von leichten Systemen bei dem die Spielerentscheidungen Einfluss aufs Spielgeschehen haben?

Ich verstehe sehrwohl worauf Deine Polemik sich stützt, aber manchmal ist es sinnvoll solche Polemik mal wieder zu erden. Zumal ich nicht umsonst ein Spielbeispiel mit hoher Spielerinteraktion gewählt habe.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 2.10.2012 | 10:51
@Maarzan: Ui, da reden wir total aneinander vorbei, was "tiefergehend" angeht. Ich hätte darunter Spielinhalte verstanden, die mich auf einer emotionalen Ebene tiefer berühren. :)

Ich auch, besonders weil am Anfang ja die Aussage vom "gewisses Niveau" stand. Für mich sind das Schlagworte aus einem E-Kultur- vs. U-Kultur-Streit. In dem Sinne habe ich das verstanden. "Simple Gemüter" usw.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Grimnir am 2.10.2012 | 11:04
Das war ja von Anfang an das Problem des Threads, nämlich dass niemandem klar war, was die Threaderöffner unter "anspruchsvoll" überhaupt verstehen. Ich bin da auch jetzt noch nicht klüger.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 2.10.2012 | 11:15
Volktümlicher Schlager, Mainstream-Pop und One-Shots.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: ErikErikson am 2.10.2012 | 11:19
Für mich liegt der Anspruch immer in einem bestimmten Gebiet begründet, also bsp. kann man den Anspruch haben, viel Drama zu erzielen, oder man versucht, eine taktisch versierte Spielergruppe gegen einen SL zu stellen, der seine Monster taktisch klug spielt. Oder man versucht, im Sinne der Avantgarde neue Spielformen zu errreichen.

Also daher ist für mich der Anspruch zunächst immer an ein bestimmtes Ziel gebunden. nehmen wir doch mal das Beispiel Wein. Da ist nicht nur der Geschmack wichtig, sondern auch die Weinsorte, Farbe, die Beteiligten, die Umgebung usw. Aber das ist sicherlich kulturell unterschiedlich, was genau das gefordert wird.

genauso würde ich sagen, das beim Rollenspiel Faktoren wie Beteiligte, Regeln, Setting usw. zusammenspielen, und das dadurch ein Anspruch in Hinblick auf ein bestimmtes Ziel erreicht wird.

Für manche Ziele ist ein komplexes System sicher eine wichtige technik, für andere nicht. Wenn ich Rollenspiel sehr eng ans Theater anlehne, komme ich ja sehr schnell zu regelfreien Spielen. Und ich glaube nicht, das irgendwer glaubhaft dem Theater seinen Anspruch aberkennen kann. Genauso komme ich bei der Anlehnung an wissenschaftliche Theorien in einen Bereich, wo das Rollenspiel sehr viele detailierte regeln und Hintergründe haben kann. Der Wissenschaft wird wohl auch niemand den Anspruch aberkennen.

grade der vergleich mit Theater macht denke ich deutlich, das man seine gesamte Energie dahinein stecken kann, seine Ausdruckskraft zu steigern, durch Theatertechniken, die ja mit Rollenspielregel und Settings nur am rande zu tun haben. Dennoch ist die Anwendung solcher techniken anspruchsvoll.


ich glaube auch, das Rollenspiel an sich zu fragmentiert ist, als das sich ein gemeinsamer Anspruch herauskristallisieren würde. So wie es wohl beim europäischen Weintrinken der fall ist. Zumindest keiner, der über die Gruppe der Rollenspieler hinaus als Anspruch wahrgenommen wird. Dieses Schicksal teilen die RPGler mit den Eisenbahnbauern, den Frisbeespielern und anderen Randgruppen, derren Aktivität nicht als anspruchsvoll wahrgenommen wird.

Wenn ich mich erinnere, wollte Terrorbeagle das ja ändern. Um das zu erreichen, könnte man einerseits die Richtung einschlagen, die beral propagiert, und Rollenspiel in Richtung wissenschaftlicher Simulationen entwickeln. Oder man könnte es in Richtung Theater bringen, und Ausdruck, Darstellungskraft und ähnliches werten. beides ist IMHO eine valide Möglichkeit, um einen Anspruch gegenüber dem ungebildeten Normalbürger zu demonstrieren.  

Anspruch gegenüber dem Standard-Rollenspieler zu demonstrieren ist schwer, da der normale Spieler geistig kaum in der Lage ist, ein solches abstraktes Konzept zu begreifen. Hier kann man allerhöchstens auf stumpf-brütende Bewunderung aus verschleierten Glotzaugen rechnen.

Anders sieht es mit dem gebildeten Forennutzer aus. Insbesondere der Tanelorni weiss genau, was er will, und ist sich auch nicht zu schade, dies anderen mitzuteilen. Hier irgendeine Art von Konsens zu erziehlen, ist von vornherein aufgrund massiver autokratischer Tendenzen zum Scheitern verurteilt.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Shield Warden am 2.10.2012 | 13:09
Nur zum Verständnis: sprichst du gerade in offizieller Funktion als Rollenspielpolizeipräsident? ;D
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: ErikErikson am 2.10.2012 | 13:10
Nur wenn ich in Blaugrün schreibe.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: 6 am 2.10.2012 | 13:11
@Erik:
EDIT:Nimm ne andere Farbe :)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: ErikErikson am 2.10.2012 | 13:12
Jup, habe gerade das Blaugrün entdeckt. Wobei das Blau besser zum Logo passt. Könnt ihr nicht eure Modfarbe ändern?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: alexandro am 2.10.2012 | 13:54
Meiner Erfahrung nach resultiert "Detailtiefe" in 90% der Fälle aus der Unfähigkeit der Autoren:
a) ihre Ideen für die Spielwelt in kurze, prägnante Worte zu fassen
und
b) die einzelnen Spielweltelemente klar gegeneinander abzugrenzen (Profilbildung)

a) führt zu solchen Spielen wie Degenesis, wo man unzählige "Einzelaufnahmen" aus der Spielwelt bekommt, aber nur wenig Ideen, wie die Spielwelt jetzt tatsächlich konkret funktioniert.

b) führt zu Spielen wie Harnmaster, wo die einzelnen Nationen und Religionen praktisch Null Identität haben, sondern sich nur in obskuren Detailfragen unterscheiden - ein grauer Schwampf ohne Profil, an dem man sich orientieren kann.

a) und b) in Personalunion führt ins 3. Imperium.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 2.10.2012 | 14:19
Meiner Erfahrung nach resultiert "Detailtiefe" in 90% der Fälle aus der Unfähigkeit der Autoren:
a) ihre Ideen für die Spielwelt in kurze, prägnante Worte zu fassen
und
b) die einzelnen Spielweltelemente klar gegeneinander abzugrenzen (Profilbildung)

Das sehe ich anders. Ich will ein Setting nicht in zu wenig Worten beschrieben haben.

Beispiel Glorantha: Die beschriebenen Kulturen sind sehr ausführlich beschrieben, haben enorm viel Tiefe und sind gut voneinander abgegrenzt.

Ich bin gespannt, was da noch nachkommt.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Jiba am 2.10.2012 | 14:31
haben enorm viel Tiefe

Da ist es schon wieder... das böse Wort. Ist das nicht schon wieder so ein Begriff, den jeder hier im Thread anders versteht?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Roland am 2.10.2012 | 15:07
Warum erklärt das keiner? Meinem Verständnis nach erlaubt es hauptsachlich das weitere Vertiefen zwischen den Spielsitzungen. Man kann also auch Kopfkino haben, wenn man nicht um den Spieltisch versammelt ist und die Mitspieler keine Zeit haben. Es erlaubt Barbie-Spiel.

Wobei es in detaillierteren Spielen auch einfach mehr Aknüpfungspunkte für die Interessen der Spieler geben kann. Resourcenverwaltung, Politik, Religion usw. sind zwar nicht unbedingt Dinge, mit denen sich jeder gern beschäftigt, aber in im günstigen Fall gibts ein paar Spieler, die sich da gern einbringen, auch jenseits des reinen Barbie-Spiels. Um Bibliotheksintrigen können sich in Ars Magica ganze Abenteuer drehen. Das ginge auch ohne Regelanbindung, aber ein paar zusätzliche Wertesteigerungen können ein guter Ansporn sein.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 2.10.2012 | 15:25
Wobei es in detaillierteren Spielen auch einfach mehr Aknüpfungspunkte für die Interessen der Spieler geben kann.

Also, wenn sich Spieler für etwas interessieren, arbeite ich das gerne (auch mit ihnen) gemeinsam weiter aus - egal ob Settingvorgabe oder nicht. Und wenn ein Spieler gerne was hätte, was mit den Settingvorgaben bricht (kürzlich beispielsweise einen zaubernden Halbling in Warhammer), haben die Spielerwünsche ohnehin Vorrang vor Settingvorgaben.

In meiner Gruppe gibt es außerdem z.B. Warhammer-Fans sowie Aventurien-Kenner, Earthdawn-Anhänger und komplette Neueinsteiger. Wenn ich mit all denen spielen will - und nicht nur 1on1s - müssen wir ja sowieso improvisieren.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 2.10.2012 | 16:13
Tiefe:

Die Heortlinge sind wie Kelten ist kein tiefgründiges Setting, weil es eine irdische Kultur ist, keine Fantasykultur.

Die ausführliche Beschreibung für Glorantha sind es hingegen, weil sie mit alles sagen, was ich benötige und eine völlig neue Kultur entsteht.


@Tartex: Bei mir gibt das Setting die Möglichkeiten vor, die die Spieler haben. Wenn die Alte Welt keine zaubernden Halblinge hat, hat sie die nicht. Oder wir spielen halt kein Warhammer.

Ich erwarte von meinen Spielern auch, das sich sich in ein gemeinsam gewähltes Setting einlesen. Nicht unbedingt sofort, aber im Laufe der Zeit.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: El God am 2.10.2012 | 16:20
Ich glaube fast, die Tiefe, die Xemides da beschreibt, ist ein Zirkelschhluss (allerdings nicht im negativen Sinn, weil ja für viele sicher Spaßquelle) und vor allem (jaja, GNS ist umstritten) SIM-Interessen zuzurechnen. Wenn "Tiefe" per Definition nur durch "tiefe" Settings erlebt werden kann, ist jeder Versuch, das anders zu emulieren, natürlich zum Scheitern verurteilt. Anders etwas, was ich einfach mal frech als "Tiefgang" bezeichnen würde, nämlich die Fähigkeit einer Runde, im Spiel emotional und moralisch nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, sondern die Spieler auch auf dieser Ebene mitzureißen. Tiefgang hätte dann mit der Tiefe des Settings nichts zu tun.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: First Orko am 2.10.2012 | 16:24
Ich glaube fast, die Tiefe, die Xemides da beschreibt, ist ein Zirkelschhluss (allerdings nicht im negativen Sinn, weil ja für viele sicher Spaßquelle) und vor allem (jaja, GNS ist umstritten) SIM-Interessen zuzurechnen. Wenn "Tiefe" per Definition nur durch "tiefe" Settings erlebt werden kann, ist jeder Versuch, das anders zu emulieren, natürlich zum Scheitern verurteilt. Anders etwas, was ich einfach mal frech als "Tiefgang" bezeichnen würde, nämlich die Fähigkeit einer Runde, im Spiel emotional und moralisch nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, sondern die Spieler auch auf dieser Ebene mitzureißen. Tiefgang hätte dann mit der Tiefe des Settings nichts zu tun.

 :d

@Tartex: Bei mir gibt das Setting die Möglichkeiten vor, die die Spieler haben. Wenn die Alte Welt keine zaubernden Halblinge hat, hat sie die nicht. Oder wir spielen halt kein Warhammer.

Das konsequent zuende gedacht wäre DSA settingtechnisch niemals über den Zauberweld/Dämonenbrache (aus dem Buch der Abenteuer) hinausgekommen. Immerhin war DAS das Setting zu der Zeit - Wie viel mehr kam durch Fans dazu, Leute die einfach Bock hatten auf MEHR! Mit Settinghörigkeit nimmt man sich doch diese grandiosen Möglichkeiten.

(Und bevor jetzt wieder mit argumentativen Totschlägern um die Ecke kommt: Nein, ich brauche auch keine Elfen, Orks und Drachen in einer Bladerunner-Welt...!)
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: ErikErikson am 2.10.2012 | 16:34
Wenigstens ist jetzt mal klar, was Xemides unter Tiefe versteht. Ist zwar nicht ansatzweise das, was ich drunter verstehe, aber wenigstens wird so klar, worunter diese Diskussion leidet.

ich kann nicht widerstehen. Ich werde einen "Was ist Tiefe" Definitionsfaden erüffnen.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 2.10.2012 | 17:23
@Tartex: Bei mir gibt das Setting die Möglichkeiten vor, die die Spieler haben. Wenn die Alte Welt keine zaubernden Halblinge hat, hat sie die nicht. Oder wir spielen halt kein Warhammer.

An der Stelle wird es halt spannend, denn wir haben uns dann auf einen Mutanten geeinigt, der eigentlich ein Mensch ist, aber fast gleich wie ein Halbling aussieht, und sich um zu überleben als ein solcher ausgibt. Wenn das natürlich auffliegt...

Das wichtige für mich: ein Setting ist eine schlechte Leitlinie. Ich und die anderen Spieler machen sowieso, worauf wir Bock haben. Im besten Fall ist es ein: "Ja, aber..." Und selbst die DSA4-Monokulturspieler, die ich kenne, ändern den Metaplot zwangsweise (und gerne), weil die Abenteuer ja oft anders ausgehen, als vorgegeben.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 2.10.2012 | 18:05
@Orko:

Sicher gibt es Fanarbeit, die ein Setting ergänzen kann. Aber immer auch innerhalb der Settingvorgaben. Und was das bei DSA wirklich so viel, was durch Fans dazu kam ? Oder waren nicht die meisten Rahmenbedingungen und Ausweitungen doch durch die Erfinder Alpers, Fuchs und Kiesow vorgegeben. Zumindest abgesegnet, und später durch Thomas Römer.

Ich weiß, es gibt die Briefspiele, die auch viel Arbeit geleistet haben. Aber viel was die Briefspiele ausgearbeitet haben ist auch nicht offiziell und nicht kanonisch, wie zum Beispiel der Hintergrund der Golgarithen oder die Vorliebe für dicke Frauen in einem gewissen Teil Araniens im Rahjakult.

Für Glorantha gibt es hunderte Seiten an Fanwork. Aber alle Autoren sind sich bewusst, das das alles inoffiziell ist. Und das sie jederzeit gegregged werden können und konnten (das heißt das Greg Stafford etwas raus bringt, das dem total widerspricht). Das geschah sogar einem Autor eines offiziellen BUches, das seine ganze Arbeit sozusagen überflüssig wurde.

Wenn ich eine Welt ausbaue, bewege ich mich immer im Rahmen des Settings. Beispiel: Aventurien hat keine Halblinge. Punkt. Höchstens die Hügelzwerge als sowas ähnliches. Also werden in meinem Aventurien keine Halblinge auftauchen.

Wenn jemand einen Halbling spielen will, wird halt ein anderes Setting genommen.

Ich wähle ja auch ein Setting im vornherein so aus, weil es mir gefällt wie es ist. Wenn ich das so stark verändere, ist es nicht mehr das selbe Setting.

@Dolke: Die Fähigkeit, Spieler emotional mitzureißen ist unabhängig von meiner Definition von Tiefe. Die kann gerne noch dazu kommen. Habe ich selber schon erlebt, sogar in Aventurien. Da gelingt es unserem SL uns emotional mitzureißen und hat mich sogar zum Weinen gebracht. Das eine schließt das andere nicht aus. Aber das Setting an sich sagt eigentlich darüber so gar nichts aus, wie es einem SL gelingt, die Spieler mitzureißen.

@Tartex: Der Metaplot hat mit meiner Definition von Tiefe sowas von überhaupt nichts zu tun. Denn die Tiefe des Settings beschreibt erstmal nur einen Ist-Zustand des Settings, nicht die Art und Weise, wie ich darin spiele.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Taschenschieber am 2.10.2012 | 18:12
Man unterscheide auch Vorgaben von weißen Flecken. Wenn es in einer Welt einfach keine Angaben gibt, ob nicht doch irgendwo Halblinge sind, es ins Genre passt und sich auch ins Setting problemlos einpasst (blinder Fleck), dann lasse ich als SL das gerne zu und sehe dabei auch außer persönlicher Abneigung gegen Halblinge (valider Grund!) keinen Grund, das nicht zu tun. Wenn das Setting aber sagt "Keine Halblinge" (Vorgabe), dann... lasse ich Halblinge, wenn sie ins Genre passen, trotzdem gerne zu (ich schraube eben gerne), habe aber schon Verständnis dafür, wenn andere Leute das nicht tun.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 2.10.2012 | 18:28
Naja, ich habe ein Settingbuch, ein Regelbuch zur Charaktererstellung und ein Monsterbuch. Nirgends tauchen Halblingre auf. Dann ist das für mich kein weißer Fleck, sondern eine Tatsache, das der Autor keine Halblinge will. Sonst hätte er sie mal erwähnt. Da muss nicht ausdrücklich erwähnt werden, welche Rassen es nicht gibt.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: alexandro am 2.10.2012 | 18:38
Die Heortlinge sind wie Kelten ist kein tiefgründiges Setting, weil es eine irdische Kultur ist, keine Fantasykultur.
Trotzdem liefert es einen Bezugspunkt (a.k.a. "Profil"), an dem sich die Spieler orientieren können, wenn sich in die Spielwelt einfinden. Ein Spieler kann erstmal mit der Annahme "Heortlinge sind im Wesentlichen wie Kelten" losspielen, ohne Angst haben zu müssen, komplett am Setting vorbeizuspielen.

Das beweist doch nur, dass es möglich ist die zentrale Idee eines detaillierten Rollenspiel auch kurz und knapp zusammenzufassen, vorausgesetzt es ist GUT (Glorantha gehört damit zu den 10% der detaillierten Rollenspiele, wo der Autor das wirklich drauf hat).

Zitat
@Tartex: Bei mir gibt das Setting die Möglichkeiten vor, die die Spieler haben. Wenn die Alte Welt keine zaubernden Halblinge hat, hat sie die nicht. Oder wir spielen halt kein Warhammer.

Komisch, für geben die Regeln die Möglichkeiten vor, welche die Spieler haben. Wenn es keine Halblinge gibt, dann gibt es keine. Punkt. Das hat nicht wirklich etwas mit Detailtiefe zu tun und das muss auch nicht wirklich durch das Setting begründet werden.

Und wenn die Gruppe halt die Regeln ändert und eine (selbst erschaffene) Halblingsrasse irgendwo in einer wilden, unerforschten Ecke der Alten Welt ansiedelt -wo ist das Problem? Ist das "Ökosystem" der Known World wirklich so fragil, dass es nicht eine weitere Rasse aushält? Hindert die Existenz von Halblingen die Spieler daran, die für das Warhammer-Setting typischen Sachen zu machen? Ich denke nicht, also warum die Aufregung?

Bei mir ist das das Setting kein absoluter Katalog von "das geht, und das nicht", sondern es gibt eher einen Rahmen vor, der beschreibt was innerhalb des Settings stimmig ist. Wenn eine Welt in bestimmter Weise funktioniert, dann ist das so, aber wenn z.B. ein bestimmter Aspekt nicht vorkommen darf (z.B. "Es gibt keine Halblinge"), dann erwarte ich schon eine bessere Erklärung als "es werden in keinem Buch Halblinge erwähnt". Eine Erklärung die ich akzeptieren würde: "Das Warhammer-Setting ist total dyster und darque. Halblinge dagegen werden normalerweise eher fröhlich und gesellig dargestellt. Halblinge würden der Stimmung des Settings entgegenlaufen, daher wäre es mit Halblingen nicht mehr WH" - vollkommen OK (das hindert natürlich keine Gruppe, sich fiese, kannibalistische Halblinge auszudenken, die ihre Beute mit Illusionsmagie in den Tod locken - eine solche Rasse wäre durchaus noch im "Warhammer-Spirit" ;) ).

Ein gutes Beispiel für diese Philosophie ist "The Day after Ragnarok": an sich ein sehr "tiefes" Setting, welches zahlreiche Möglichkeiten und Anknüpfungspunkte für die Spieler gibt, jedoch nicht so limitierend ist, dass man nicht irgendwas total abgedrehtes einbauen könnte (ein Verrückter Wissenschaftler mit einem Königreich von Robotersklaven, irgendwo in Iowa? Warum nicht?). Aus diesem Grund halte ich solche Settings den "Buchhalter-Settings" klar überlegen.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: alexandro am 2.10.2012 | 18:40
Naja, ich habe ein Settingbuch, ein Regelbuch zur Charaktererstellung und ein Monsterbuch. Nirgends tauchen Halblingre auf. Dann ist das für mich kein weißer Fleck, sondern eine Tatsache, das der Autor keine Halblinge will. Sonst hätte er sie mal erwähnt. Da muss nicht ausdrücklich erwähnt werden, welche Rassen es nicht gibt.

Dem Autor gehört das Setting aber nicht. In dem Moment in dem er (über den Mittler deines FLGS) das Buch verkauft hat, gehört das Setting DIR (und deiner Gruppe) und nur DU (und deine Gruppe) sind dafür verantwortlich, was im Setting passiert.

Wenn DU keine Halblinge möchtest, dann ist das DEINE Entscheidung und sich dabei hinter dem Autor zu verstecken, ist ein Zeichen von Feigheit.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Jiba am 2.10.2012 | 18:43
Naja, ich habe ein Settingbuch, ein Regelbuch zur Charaktererstellung und ein Monsterbuch. Nirgends tauchen Halblingre auf. Dann ist das für mich kein weißer Fleck, sondern eine Tatsache, das der Autor keine Halblinge will. Sonst hätte er sie mal erwähnt. Da muss nicht ausdrücklich erwähnt werden, welche Rassen es nicht gibt.

Na, das ist aber schon ein wenig willkürlich, oder? Gerade bei DSA wurde durch die Editionen oder gar innerhalb einer Edition munter durchgetauscht, was es so gibt und was nicht...

Oder anders: Wenn im Settingbuch nicht explizit steht, dass es rothaarige Elfen gibt, gibt es dann keine? Oder wenn nirgends steht, dass es Kartoffeln gibt, gibt es dann keine? Oder wenn nirgendwo steht, dass es Sonnenfinsternissen gibt, gibt es dann keine? Da muss man doch nicht jeden Buchstaben umdrehen...
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Oberkampf am 2.10.2012 | 18:47
1. In Warhammer Fantasy gibt es Halblinge. Die Gnome wurden nach der 1. Auflage 'rausgeschmissen.

2. Ich nehme zwar an, dass ein vorgegebenes Setting unabhängig von seiner Detailtiefe  nichts über den Anspruch aussagt, aber ich kann Xemides da in vielem beipflichten: Was von den Regeln her (wie ein Halbling-Magier bei Warhammer) und vom Setting her (wie ein Gnom bei Warhammer) nicht vorgesehen ist, das gibts bei mir, wenn ich leite, in der Regel auch nicht, und wenn ich spiele möchte ich auch nicht damit "überrascht" werden. In einem offenen (wenig vorgegebenen Setting) ist das etwas anderes.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: tartex am 2.10.2012 | 18:52
Ich weiß, es gibt die Briefspiele, die auch viel Arbeit geleistet haben. Aber viel was die Briefspiele ausgearbeitet haben ist auch nicht offiziell und nicht kanonisch, wie zum Beispiel der Hintergrund der Golgarithen oder die Vorliebe für dicke Frauen in einem gewissen Teil Araniens im Rahjakult.

DSA-Fanwank offiziell: Die Kemi

Die Hügelzwerge sind auch nichts anderes als sehr spät reingeretconte Halblinge. Im Endeffekt wird ein großes aka. "tiefes" Setting früher oder später sowieso alles enthalten, egal wie sehr man sich vorher durch Negation abgrenzt und definiert. DSA-Halbdrachen anyone?

Und Metaplot bestimmt, was es an Hintergrund gibt. Ich bin ziemlich sicher, dass viele DSAler irrsinning stolz darauf waren, dass Aventurien nicht so Zeug wie fliegende Festungen hatte. Das war was für AD&D-Powergamer. Bis das halt plötzlich ins Setting eingeführt wurde. Und ob es die Schwarzen Lande gibt oder nicht (aus dem Metaplot bzw. Abenteuerausgang abgeleitet), macht auch einen Riesenunterschied.

Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 2.10.2012 | 19:26
@Alexandro:

Und dann liest man, das die Orlanthis viel mehr sind als nur Kelten, schon im irdisch-historischen Vergleich:

Zitat
Combine heroic Mycenaean Greeks with Hallstatt Celts and pre-Roman Italians, and add some Hittite influences and some bits from the Rig-Veda, and add some flying, thunder and lightning wielding, warrior-magicians and you won't be far off

Und das sagt mir fast überhaupt nichts, da ich nur über die Kelten was weiß, über die Mykener ein wenig und über den Rest gar nichts. Abgesehen davon das ich 1:! Übernahmen von irdischen Kulturen langweilig finde. Ich habe damit überhaupt kein Bild vor Augen.

Und dafür brauche ich halt Settingbücher, vor allem weil mit halt der Fantasanteil wichtig ist und ich dann alle INformationen zusammen habe, die ich brauche und nicht selber im Netz suchen muss.


Ansonsten ist das keine Feigheit und ich verstecke mich nicht hinter den Autoren.

Aber warum soll ich ein Setting verändern, wenn es mir so gefällt wie es ist ? Ich entscheide mich bewußt für ein Setting. Weil es mir exakt so gefällt, wie es sich darstellt. Weil ich es vielleicht cool finde, das es keine Halblinge ist. Ja das ist dann meine Entscheidung. Aber nicht weil ich keine Halblinge mag, sondern weil mir das Setting so gefällt. Und wenn ich mich mit den Spielern darauf einige, das Setting zu nutzen, dann auch so wie es geschrieben ist, und nicht durch Standradrassen beliebig gemacht.

Man denke nur an Talislanta mit dem Motto No Elves. Mit Elfen wäre es kein Talislanta mehr.

@JIba: Mein DSA ist das DSA seit dem Erscheinen von DSA4. Was vorher da war oder nicht, interessiert mich nicht. Ich berücksichtige nur die grünen RSH und ausnahmsweise einige wenige vorherige Boxen, aber im Wesentlichen nur die gegenwärtigen.

Und zu deinen Fragen: Vielleicht nicht so kleinlich, aber im Wesentlichen schon. Sowas grundsätzliches wie Rassenaufzählungen nehme ich wörtlich. Ich würde auch in Westeros keine Zwerge, Halblinge oder Elfen einführen, nur weil ich Bock drauf habe. Ich will ein Setting so verwenden, wie es vom Autor gedacht ist.

@Tartex:

Es gibt also Fanwork der übernommen worden ist und Fanwork, der nicht übernommen worden ist. Was sagt uns das jetzt ? Für mich zählt im Wesentlichen nru das, was übernommen worden ist. Punkt.

Wobei interessanterweise die übernommenen Sachen sehr umstritten sind. Gerade die Kemi sind glaube ich nicht sonderlich beliebt, genau wie z.B. der Horasreich-Thorwal-Krieg.

Und was sagst du zu Settings, die detailreich ausgearbeitet sind aber keinen bis wenig Metaplot haben, wie Midgard oder Glorantha ? Da ist die Zeit eingefroren und die Zukunft dem SL überlassen. Trotzdem sind sie ja nicht flach.



Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: alexandro am 2.10.2012 | 19:45
@Alexandro:

Und dann liest man, das die Orlanthis viel mehr sind als nur Kelten, schon im irdisch-historischen Vergleich:

Und das sagt mir fast überhaupt nichts, da ich nur über die Kelten was weiß, über die Mykener ein wenig und über den Rest gar nichts. Abgesehen davon das ich 1:! Übernahmen von irdischen Kulturen langweilig finde. Ich habe damit überhaupt kein Bild vor Augen.
Dein Zitat belegt das Gegenteil.

Natürlich kann man wild Ideen aus der irdischen Geschichte und anderen Quellen kombinieren (habe ich z.B. auch hier so gemacht), aber die Ideen, die definierenden Identitäten, sollten schon noch klar zu erkennen und nicht hinter "Bleiwüsten" verborgen sein (Talisanta ist genau ein Beispiel dafür, wie man es NICHT machen sollte - es ist (trotz der Abwesenheit von Elfen) einfach 08/15-Standardfantasy, ohne Stil und Anspruch).

Zitat
Und dafür brauche ich halt Settingbücher, vor allem weil mit halt der Fantasanteil wichtig ist und ich dann alle INformationen zusammen habe, die ich brauche und nicht selber im Netz suchen muss.
Mit halt der "Fantasanteil" bekomme ich auch in Settingbeschreibungen von 15 Seiten, dafür brauche ich keine 150. Wenn das Setting knackig beschrieben ist, kann ich mich sogar besser darin einfühlen, wie ein Bewohner der beschriebenen Kultur so ist, als ich es bei einer Beschreibung auf 150 Seiten kann (wo ich nur auswendig lerne, und nicht intuitiv dem zugrunde liegenden Prinzip/Muster folge).

Zitat
Aber warum soll ich ein Setting verändern, wenn es mir so gefällt wie es ist ? Ich entscheide mich bewußt für ein Setting. Weil es mir exakt so gefällt, wie es sich darstellt. Weil ich es vielleicht cool finde, das es keine Halblinge ist. Ja das ist dann meine Entscheidung. Aber nicht weil ich keine Halblinge mag, sondern weil mir das Setting so gefällt. Und wenn ich mich mit den Spielern darauf einige, das Setting zu nutzen, dann auch so wie es geschrieben ist, und nicht durch Standradrassen beliebig gemacht.
Und? "Mit zu vielen Rassen würde es beliebig" - das ist doch eine Begründung mit der ich leben kann (könnte man allerdings auch benutzen, um die Gobbos oder Elfen aus dem Setting zu ENTFERNEN, wenn man diese nicht mag). Letztlich ist es eine Frage der Präferenz ("Welche Elemente des Settings will ich betonen, und welche nicht?") und nicht so sehr des "Ich will Setting XY spielen!".

P.S.: selbst wenn du nichts entfernst, nichts veränderst und nichts dazu erfindest, spielt deine Gruppe trotzdem nicht im Warhammer-Universum.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 2.10.2012 | 20:30
Naja Alexandro, bei mir kommt halt noch hinzu, das es mir Spaß macht, Settingbeschreibungen zu lesen. Ich lese lieber 150 Seiten als 15. Aber das ist wohl Geschmackssache.

Bei nur 15 Seiten über die Orlanthis oder Glorantha wäre mein Interesse schnell erloschen. Es die ist Fülle an Material, die mich begeistert hat, die Vielfalt des Settings und der Kulturen, die halt wesentlich mehr sind als irdische Kulturen abgeschaut. Und das Abweichen vom Klischee.

15 Seiten mögen zum Einstieg reichen (wie beim Midgard), aber dann muss für mich mehr folgen. 15 Setien habe ich schnell vergessen, da bleibt nichts hängen bei mir.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: גליטצער am 2.10.2012 | 20:40
Aber 150 Seiten machen auch nur Sinn, wenn die sinnvoll gefüllt sind, lieber 15 Seiten anständige Beschreibung, als ein 150seiten Schwall ohne Plot-hooks
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 2.10.2012 | 21:25
Das ist ja nun wieder Geschmackssache.

15 Seiten, die mich anfixen mit einem Setting, sorgen jedenfalls das ich mehr wissen und lesen will.

Ich bin kein Settingbastler, und es macht mir Spaß Settingbeschreibungen zu lesen. Also brauche ich mehr als 15 Seiten. Punkt.

Der Rest ist Geschmackssache.
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: carthinius am 2.10.2012 | 21:32
Naja, ich habe ein Settingbuch, ein Regelbuch zur Charaktererstellung und ein Monsterbuch. Nirgends tauchen Halblingre auf. Dann ist das für mich kein weißer Fleck, sondern eine Tatsache, das der Autor keine Halblinge will. Sonst hätte er sie mal erwähnt. Da muss nicht ausdrücklich erwähnt werden, welche Rassen es nicht gibt.
Da wärst du bei Warhammer 3 angeschmiert. Da gibt es nirgends Werte für Halblinge in der Grundbox, nicht mal als Gegner, aber sie werden im Hintergrundteil erwähnt. Und nu? Gleiches gilt übrigens für die Skaven – was leitest du dann daraus ab?
Titel: Re: Detailtiefe und Anspruch [War RPG-Hobby ohne "kommerzielle" RPG-Produkte?]
Beitrag von: Xemides am 2.10.2012 | 22:06
Da wärst du bei Warhammer 3 angeschmiert. Da gibt es nirgends Werte für Halblinge in der Grundbox, nicht mal als Gegner, aber sie werden im Hintergrundteil erwähnt. Und nu? Gleiches gilt übrigens für die Skaven – was leitest du dann daraus ab?

Ich erwähnte ja auch ein Settingbuch. Wenn die da beschrieben werden, habe ich kein Problem sie spielbar zu machen. Auch wenn die Frage ist, ob das sinnvoll ist (Skaven zum Beispiel halte ich für eine NSC-Rasse). Aber sie werden ja in das Setting eingeführt.