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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: ErikErikson am 6.11.2012 | 13:53
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ich behaupte, das ein realistisches Spiel ohne einen hohen Detailreichtum der Regeln nicht auskommt. Weil im Rollenspiel immer spezifische Situationen bespielt werden, und ein Mechanismus, der über Situationen und Umstände mittelt, zu unrealistischen Ergebinssen führt.
Nehmen wir folgendes Beispiel:
jemand schlägt mit seinem Schwert zu. Das System berechnet die Treferwahrscheinlichkeit des Schlags folgendermaßen: Attribut Stärke+Attribut Geschicklichkeit+Umstandsmodifikatoren+Fertigkeit+Zufallskomponente.
Greifen wir uns nur die Attribute Stärke und Geschicklichkeit heraus. beide sind im Oberen Beispiel mit 1 gewichtet, beeinflussen also die Trefferwahrscheinlichkeit gleich stark. Und zwar in jeder Situation. Das ist unrealistisch.
Nehmen wir nur ein weiteres merkmal hinzu, das die Gewichtung von Geschick und Stärke deutlich modifiziert, die Rüstung des getroffenen. Ist diese sehr überall stark, so ist eine enorme Kraft nötig, um die Rüstung zu durchdringen. geschick bringt hier nicht viel. Ist die Rüstung dagegen teilweise undurchdringlich, aber an bestimmten Stellen schwach, so ist viel geschick notwendig, um die schlecht geschützten Stellen zu treffen.
Ein System, das diese Modifikatoren nicht beinhaltet, ist unrealistisch. Realismus bedingt also Detailreichtum.
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Man kann auch andersrum Argumentieren; ein zu detailiertes Regelsystem kann nicht realistisch sein weil es nie komplex genug sein kann um alle eventualitäten abzudecken. So kommen immer wieder Situationen zustande, welche zwar Regelkonform sind aber sich nicht mit der Erwartungshaltung der Spieler decken. Ein abstraktes System erlaubt das realistische Abhandeln solcher Situationen, da es den Spielern mehr freien Erklärungsfreiraum lässt um die Ergebnisse zu begründen.
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So kommen immer wieder Situationen zustande, welche zwar Regelkonform sind aber sich nicht mit der Erwartungshaltung der Spieler decken.
Ich will Euch den Wind von den Segeln nicht nehmen, aber Erwartungshaltung und Realität sind total unterschiedliche Sachen. Oder warum meint Ihr, dass es so viele unzufriedene Leute gibt? Weil die Erwartungshaltung und die Realität voneinander total abweichen!
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Ich will Euch den Wind von den Segeln nicht nehmen, aber Erwartungshaltung und Realität sind total unterschiedliche Sachen. Oder warum meint Ihr, dass es so viele unzufriedene Leute gibt? Weil die Erwartungshaltung und die Realität voneinander total abweichen!
Korrekt. Bei FoF Vorgehensweise würden die Spieler vielleicht durchaus eine Erklärung finden, warum das Ergebniss "realistisch" war, aber diese Erklärung wäre in vielen Fällen eben nicht realistisch. Das liegt daran, das die meisten Menschen eben nicht über das Wissen verfügen, in den unterschiedlichsten Situationen jeweils die realstischen Ergebnisse zu definieren. Das muss das System übernehmen.
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Realismus wirkt auf die menschliche Psyche nicht in jedem Fall plausibel. :korvin:
Ob realistische Regeln die Plausibilitätsbedürfnisse der Spieler befriedigen, hängt nicht immer von ihrer Komplexität ab, sondern auch davon, welche Lebensbereiche sie betreffen. Unser kognitiver Apparat wurde nämlich von der Evolution erzogen, gewisse Dinge möglichst objektiv wahrzunehmen, andere Dinge gezielt verzerrt wahrzunehmen; und für manche Dinge wurde unser Gehirn gar nicht erzogen, so dass uns alles Mögliche plausibel erscheinen kann, gänzlich unabhängig von der objektiven Realität.
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ich behaupte, das ein realistisches Spiel ohne einen hohen Detailreichtum der Regeln nicht auskommt.
Eine Realismusdebatte im RSP? Du alter Troll. :D
jemand schlägt mit seinem Schwert zu. Das System berechnet die Treferwahrscheinlichkeit des Schlags folgendermaßen: Attribut Stärke+Attribut Geschicklichkeit+Umstandsmodifikatoren+Fertigkeit+Zufallskomponente.
Greifen wir uns nur die Attribute Stärke und Geschicklichkeit heraus. beide sind im Oberen Beispiel mit 1 gewichtet, beeinflussen also die Trefferwahrscheinlichkeit gleich stark. Und zwar in jeder Situation. Das ist unrealistisch.
Das finde ich schon ziemlich detailliert. Also hängt der "Realismus" wohl gar nicht am Detailreichtum, sondern:
Nehmen wir nur ein weiteres merkmal hinzu, das die Gewichtung von Geschick und Stärke deutlich modifiziert, die Rüstung des getroffenen. Ist diese sehr überall stark, so ist eine enorme Kraft nötig, um die Rüstung zu durchdringen. geschick bringt hier nicht viel. Ist die Rüstung dagegen teilweise undurchdringlich, aber an bestimmten Stellen schwach, so ist viel geschick notwendig, um die schlecht geschützten Stellen zu treffen.
...an der Gewichtung. Die Rüstung zählt ja wohl unter "Umstandsmodifikatoren".
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Korrekt. Bei FoF Vorgehensweise würden die Spieler vielleicht durchaus eine Erklärung finden, warum das Ergebniss "realistisch" war, aber diese Erklärung wäre in vielen Fällen eben nicht realistisch. Das liegt daran, das die meisten Menschen eben nicht über das Wissen verfügen, in den unterschiedlichsten Situationen jeweils die realstischen Ergebnisse zu definieren. Das muss das System übernehmen.
Realismus, den die Spieler nicht verstehen, ist für das Spiel wertlos.
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"Realismus" ist doch in den allermeisten Spielen überhaupt keine Option. Drachen, Magie, Aliens? Das ist nach Stand des Menschlichen Wissens zumindest höchst unwahrscheinlich, aber vermutlich eher unrealistisch. Das gleiche gilt für Sci-Fi-Technik.
Realistisch wäre es ebenfalls nicht, daß die allermeisten Teilnehmer von Expeditionen in verfluchte Tempel, epischen, Zeitalter einläutenden Schlachten und Piraterie in Luftschiffen überhaupt gesund nach Hause kommen.
"Unrealismus" ist sowas wie das definierende spaßbringende Merkmal der allermeisten Rollenspiele. Weil es eben keine Freude macht, seinen Charakter an Querschläger, Tretminen, Seuchen, Stürze von der Leiter, Autounfälle oder andere realistische Todesursachen zu verlieren.
Was wiederum die Erwartungshaltung der Spielteilnehmer betrifft, so hängt die mE stark vom Wissenstand der Betreffenden ab. Eine Military-Sci-Fi-Kampagne wird sich mit Soldaten anders spielen als mit Physikstudenten.
Worum es für den Mitspieler geht ist doch die Frage, ob der Sense of Wonder sich mit der Supsension of Disbelief beißt oder nicht - anders gesagt: Will ich das glauben, was da am Tisch passiert, oder nicht.
Regeln bieten hier einen Mechanismus, der es gestattet, arbiträre Entscheidungen zu treffen - ohne daß man sich wegen Plaubilität in die Haare bekommt. Denn bei Regeln geht es um Konsistenz und Anwendbarkeit, nicht um Realismus. Sie können auch gar nicht realistisch sein, sondern nur Modelle einer möglichen Realität. Je präziser dieses Modell ist, desto eher hab ich einen passenden Mechanismus an der Hand, um die arbiträre Entscheidung mit einer hohen Konsensualität auszustatten. Realistisch wirds dadurch nicht.
Das Problem findet ja schon im gemeinsamen Vorstellen einer Situation statt: Haben wirklich alle am Tisch die gleiche Vorstellung von dem, was da gerade geschildert wird? Wohl eher nicht. Und ich würde meinen, daß das nicht allein vom Detailgrad der Schilderung abhängt. Zu viele Informationen können genauso zu Verwirrung führen wie zu wenige. Ebenso meine ich, daß RAW ebensooft in die Irre führt wie "weiche" Systeme, deren Spieler einfach keine Ahnung davon haben, was ihr Charakter tut. In beiden Fällen kommt man auf unrealistische Ergebnisse.
Ein realistisches System könnte auch ohne hohen Komplexitätsgrad auskommen, indem alle Spielteilnehmer ihr Wissen in einen Topf werfen. Spieler A plant eine Aktion, und begründet einen einzelnen Modifikator (positiv, oder auch mal negativ), der SL gibt einen weiteren Faktor mit Modifikator dazu, die anderen Spieler dürfen auch was dazu sagen, müßen aber jeweils andere Faktoren nennen, die zu Modifikatoren führen können. Wenn man noch einen Mechanismus einbaut, der Anreize bietet, nicht alles schönzuerklären, dann sollte man auf plausible, konsensuale und mithin fast realistische Ergebnisse kommen. Man kann auch ein ungeheuer ausgefeiltes Regelwerk für alles schaffen, aber das wird schnell so dick und spannend wie das Telefonbuch von Neu-Delhi.
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Greifen wir uns nur die Attribute Stärke und Geschicklichkeit heraus.
Die Stärke, die du zum Schwertkampf brauchst, ist Schnellkraft. Die hat nur bedingt mit der Stärke zu tun, die man z. B. benötigt, wenn man schwer heben will. Die benötigte Geschicklichkeit im Schwertkampf ist Hand/Auge-Koordination und/oder Beweglichkeit, die sich z.B. von der Fingerfertigkeit unterscheidet, die man allgemein auch als Geschicklichkeit wahrnimmt. Dein Beispiel geht also schon an der Realität vorbei. >;D
Ich denke, man kommt eher ans Ziel, wenn man auf die Erwartungshaltung und "gefühlte" Plausibilität hinzielt, als nur auf detailreiche Regeln zu setzen.
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Realismus, den die Spieler nicht verstehen, ist für das Spiel wertlos.
Aber realistisch. >;D
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Aber realistisch. >;D
Vermutlich.
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Deine Mutter benötigt Detailreichtum! ~;D
Nein, im Ernst. Ich denke, dass man genauso komplett ohne ein feingranulares Regelsystem realistisch spielen kann. Ein Regelwerk wird nicht dadurch realistischer, dass viele Rechenschritte abgebildet werden. Vor allem da, wie Beral richtig sagt, kein Regelwerk wirklich realitätsgetreu simulieren kann. Es müssen immer Parameter unterschlagen werden.
Also: Was der Zauberelefant sagt.
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Das Problem findet ja schon im gemeinsamen Vorstellen einer Situation statt: Haben wirklich alle am Tisch die gleiche Vorstellung von dem, was da gerade geschildert wird? Wohl eher nicht. Und ich würde meinen, daß das nicht allein vom Detailgrad der Schilderung abhängt. Zu viele Informationen können genauso zu Verwirrung führen wie zu wenige.
Während das sicherlich richtig ist, ist die Grundidee, durch ein Mehr von Informationen (viele Details...), die alle in einer eindeutigen gemeinsamen Sprache (...in den Regeln) vermittelt werden, eine bessere Grundlage für eine gemeinsame Vorstellung zu schaffen, in meinen Augen auch nicht gänzlich aus der Luft gegriffen.
Ein Zuviel an Informationen lässt sich dann gegebenenfalls ja auch durch eine präzisere Zielstellung (was will ich da eigentlich "realistisch" abbilden?) und entsprechend gewichtete Detaillierung vermeiden.
(Für mich liefert da immer wieder der historische Tabletop/Wargaming-Bereich tolle Beispiele, indem jeweils nur bestimmte Aspekte (die für eine Epoche als besonders hervorhebenswert gesehen werden) stärker modelliert werden, während andere eben nicht im Fokus stehende Elemente auch weniger detailliert abgebildet werden.)
Notwendig ist das ganze aber so oder so nicht. Auch nicht für "Realismus".
mfG
jdw
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Man kann auch andersrum Argumentieren; ein zu detailiertes Regelsystem kann nicht realistisch sein weil es nie komplex genug sein kann um alle eventualitäten abzudecken. So kommen immer wieder Situationen zustande, welche zwar Regelkonform sind aber sich nicht mit der Erwartungshaltung der Spieler decken. Ein abstraktes System erlaubt das realistische Abhandeln solcher Situationen, da es den Spielern mehr freien Erklärungsfreiraum lässt um die Ergebnisse zu begründen.
Das sehe ich auch so. Dazu noch Berals Einwurf, dass die Realität nicht immer plausibel ist.
Wenn es um "gefühlten" Realismus geht, stimme ich mit Erikson überein. Aus irgendeinem Grund halten wir abstrakte Regeln nicht für realistisch. Aus irgendeinem Grund wirkt ein Charakter mit hundert Werten realistischer als einer mit zehn.
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Aber dadurch wird doch Fehlinformation zementiert. Im Sinne eines realismusanspruches halte ich es für zielführender, ein detailiertes System zu nutzen, daraus zu lernen. Besser, als wenn man seine eigenen unrealistischen Ansichten auch noch durch Gebrauch und soziale Unterstützung untermauert.
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Jetzt bin ich mir wieder nicht sicher, wie ernst du das meinst.
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Nehmen wir mal ein ganz einfaches System:
Jede Person hat die Fertigkeit "Kampf".
Jede Rüstung hat den Wert "Schutz".
Und jede Waffe hat den Wert "Kampfqualität".
Wenn es zu einem Kampf kommt, würfelt einfach beide Seiten "1W10+Kampf+Schutz+Kampfqualität+Situations-Mod".
Derjenige, der höher würfelt, hat gewonnen.
Super einfach und imho auch verdammt realistisch.
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Ich würde wetten, er meint das nicht besonders ernst. ;)
Aber das macht ja nix, wir können ja so tun, als ob. Im Prinzip wirkt der Eingangspost auf mich auch erstmal einigermaßen absurd, aber trotzdem zeichnen sich viele "realistische" Systeme wie z.B. Gurps ja durchaus durch Detailreichtum aus. Das scheint der Realismus-Fraktion unter den Rollenspielern auch wichtig zu sein.
Würde mich interessieren, warum.
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Und ich dachte nach dem Threadtitel, es ginge um fiktionale Details... das wäre mal ein interessantes Thema!
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Mach ihn doch auf!
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Nehmen wir nur ein weiteres merkmal hinzu, das die Gewichtung von Geschick und Stärke deutlich modifiziert, die Rüstung des getroffenen. Ist diese sehr überall stark, so ist eine enorme Kraft nötig, um die Rüstung zu durchdringen. geschick bringt hier nicht viel. Ist die Rüstung dagegen teilweise undurchdringlich, aber an bestimmten Stellen schwach, so ist viel geschick notwendig, um die schlecht geschützten Stellen zu treffen.
Ein System, das diese Modifikatoren nicht beinhaltet, ist unrealistisch. Realismus bedingt also Detailreichtum.
Wenn das schon unter Detailreichtum läuft, dann braucht ein realistisches Regelwerk Details, ja.
Ich will da aber noch einen weiteren Begriff einwerfen: Mehrschrittigkeit (is that a word? :)).
Vom obigen Beispiel ausgehend ist nämlich der gesamte Angriffsverlauf in einen Wurf zusammengeschmissen, was immer zu Schwammigkeit führt (im Extremfall so wie in der nWoD, bei der Waffe und Anwender zu einem diffusen "dps"-Pool zusammengeschmissen werden).
Wenn man Treffer und Schaden trennt, stellt sich die Frage in der Form gar nicht mehr.
Dann wird das Durchdringen der Rüstung davon abhängig, ob eine dünnere Stelle getroffen wird oder an einer dickeren Stelle genug Schaden verursacht wird (oder eine Kombination davon).
So haben z.B. Stärke und Geschick automatisch ihren Platz.
Außerdem liefert das System die Trennung als tatsächliches Ergebnis einfach mit und muss z.B. für Angriffe, die nur irgendwie treffen müssen, keine Verrenkungen mehr machen, um das mit einem "gemittelten"/zusammgezogenen Treffer- und Schadenswurf noch abbilden zu können.
"Unrealismus" ist sowas wie das definierende spaßbringende Merkmal der allermeisten Rollenspiele. Weil es eben keine Freude macht, seinen Charakter an Querschläger, Tretminen, Seuchen, Stürze von der Leiter, Autounfälle oder andere realistische Todesursachen zu verlieren.
- Macht es mehr Freude, seinen Charakter an Feuerbälle, giftige Pfeile oder magische Schwerter zu verlieren? Und wenn ja, warum?
- Macht es weniger Freude, seinen Charakter sicher durch "realistische" Gefahren wie Querschläger, Tretminen etc. pp. zu lotsen als durch "fantastische" Gefahren - und wieder: Wenn ja, warum?
Ansonsten muss ich mal wieder das alte DSA-Konzept "Fantastischer Realismus" auspacken:
Alles, was kein fantastisches Element ist, hat keinerlei Berechtigung, unrealistisch zu sein.
Und die fantastischen Elemente sind genau so weit vom Realismusanspruch ausgenommen, wie es für ihre Existenz unbedingt nötig ist.
Ganz banal: Orks sind unrealistisch, aber wenn es Orks gibt, müssen sie essen und trinken.
Und zuguterletzt werden trotz des Anspruchs an Realismus immer noch Geschichten erzählt, deren Struktur und Schwerpunkt man selbst bestimmt.
Die Unmöglichkeit einer vollständigen Weltsimulation ist für mich kein Grund, auf Realismus in den ausgewählten Teilbereichen einer Geschichte verzichten zu müssen.
So höre ich das nämlich immer mal wieder, genau so wie die Behauptung, dass jedweder realistische Rollenspielansatz stinklangweilig sein muss oder die SCs an der Gelbhornkrätze sterben müssen, wenn sie aus ungewaschenen Bechern trinken.
Alles Kappes :P ;D
Man kann auch ein ungeheuer ausgefeiltes Regelwerk für alles schaffen, aber das wird schnell so dick und spannend wie das Telefonbuch von Neu-Delhi.
Das liegt vor allem daran, dass viele Regelwerke mit Realismusanspruch einfach schlecht gemacht sind.
Paradebeispiel: ausufernde Tabellen - mit so einem Ansatz ist man zum Scheitern verurteilt.
Es finden sich aber auch Systeme (oder Teilbereiche von Systemen), die mit erstaunlich wenig Aufwand eine ziemlich gute Simulation abliefern.
Die Systeme, die ich gerne spiele, wenn ich Realismus will, sind jedenfalls nicht umfangreicher als viele unrealistische Systeme.
Dazu kommt, dass vernünftig aufgebaute realistische Systeme einfach zu lernen sind, wenn man die grundlegenden Mechanismen verstanden hat, weil man wenigstens ungefähr weiß, wo das System hin will.
Das ist bei Systemen mit völlig arbiträren Setzungen bzw. Ergebnissen anders.
Ein Regelwerk wird nicht dadurch realistischer, dass viele Rechenschritte abgebildet werden.
Nicht automatisch bzw. nicht allein dadurch.
Man kommt aber um eine gewisse Komplexität nicht herum, wenn das Ganze von den Regeln anstatt vom Spielerkonsens geleistet werden soll.
Und man kann sich mMn ziemlich genau aussuchen, welche Parameter man unterschlägt bzw. welchen Detailgrad man noch mit rein nimmt.
Aber dadurch wird doch Fehlinformation zementiert. Im Sinne eines realismusanspruches halte ich es für zielführender, ein detailiertes System zu nutzen, daraus zu lernen.
Aus einem System quasi etwas fürs Leben lernen zu wollen, ist noch mal ein anderer/zusätzlicher Anspruch als der an ein realistisches Spielgefühl.
Das geht mit abstrakten und sehr groben Systemen in der Tat nicht.
Und die Auswahl an dafür brauchbaren Systemen ist verschwindend gering.
trotzdem zeichnen sich viele "realistische" Systeme wie z.B. Gurps ja durchaus durch Detailreichtum aus. Das scheint der Realismus-Fraktion unter den Rollenspielern auch wichtig zu sein.
Würde mich interessieren, warum.
Weil "klassische" Systeme mit Realismusanspruch wie GURPS ablauforientiert sind statt ergebnisorientiert.
Sprich, es soll ein realistisches Endergebnis dadurch erreicht werden, dass man alle relevanten Faktoren (auf dem gewählten Detailgrad) mit einbezieht. Am Ende der Regelanwendung / des "Simulationsprozesses" hat man ein Ergebnis, von dem man ziemlich genau sagen kann, wie es warum zustande kam.
Das ist der Gegenentwurf zu der abstrakten Variante, dass man mit einem ergebnisorientierten System ein realistisches oder als realistisch empfundenes Ergebnis produziert und den zugehörigen Verlauf und kleinere Details frei einfügen kann.
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Und ich dachte nach dem Threadtitel, es ginge um fiktionale Details... das wäre mal ein interessantes Thema!
+1
@Thread:
Wäre für gut abgebildeten Realismus nicht eher ein reines Wahrscheinlichkeitsmodell für verschiedene Situationen + 100%-Würfel notwendig, anstelle das alles über X Zusatzmodifikatoren abbilden zu wollen, die dann doch nicht wieder alle möglichen Eventualitäten erfassen? Oder anders: Anzahl der Modis ist doch wurscht, hauptsache es fühlt sich für die Spieler realistisch an. Und wenn sie dazu eben X Modis und Attribute brauchen, andere hingegen mit einem einzigen Zufallswurf hinkommen, wer legt nun fest, wer mehr "Realismus" fühlt? (Denn mehr als einen "gefühlten" Realismus bekommt man beim RPG sowieso nicht hin).
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Fakt ist: Die Realität ist komplex. Will man diese Komplexität regeltechnisch abbilden, braucht man also auch komplexe Regeln.
Die Frage ist eher, ob realistisches Spiel realistische Regeln benötigt oder ob es Alternativen gibt.
[Und ob Realismus überhaupt erstrebenswert ist, aber da ist sich das Tanelorn ja darüber einig, dass es sich nicht einig ist.]
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@Taschi: Ja, schon, aber es gibt da ja so ein paar Querdenker, die Realismus mögen. Und da wir ein freundliches Forum sind, werden die nicht geteert und gefedert, sondern studiert und belabert. ;)
@YY: Wenn ich das richtig verstehe, dann geht es auch darum, in Konfliktsituationen möglichst viele Optionen anzubieten, die nicht nur von den Regeln abgedeckt sind, sondern die sich auch tatsächlich regeltechnisch unterschiedlich auswirken, oder?
Sagen wir mal, ich will jemandem die Luftzufuhr ins Gehirn abdrücken - nicht einfach nur die Blutzufuhr, sondern die Luftzufuhr, weil mir jemand erzählt hat, das wäre effektiver. Bei Fate mache ich einen Angriff und verteile bei Erfolg die Konsequenz "Luftzufuhr unterbrochen"; aber letzten Endes hätte ich mit demselben Mechanismus auch eine Nadel ins Ohr bohren können.
Bei Gurps gibt es dafür aber einen speziellen Mechanismus, der anderes funktioniert als "Nadel ins Ohr bohren" und der auch andere Auswirkungen hat.
Trotzdem passiert in der Fiktion letzten Endes dasselbe.
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@Taschi: Ja, schon, aber es gibt da ja so ein paar Querdenker, die Realismus mögen. Und da wir ein freundliches Forum sind, werden die nicht geteert und gefedert, sondern studiert und belabert. ;)
Ich sage doch, dass ein Verbot von realistischem Rollenspiel imho nicht erstrebenswert ist. Also wozu die Replik? :)
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Fakt ist: Die Realität ist komplex. Will man diese Komplexität regeltechnisch abbilden, braucht man also auch komplexe Regeln.
Nicht unbedingt, manche Komplexität lässt sich wundervoll in Funktionen verpacken... ;D
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@YY: Äußert sich der Detailreichtum dann nicht einfach in der erhöhten Zahl der Teilsysteme? Wenn ich das System zur Berechnung des Waffenschadens aufteile, bsp. in Trefferzone, Trefferwahrscheinlichkeit, Schadenswirkung, langfristige Schadenswirkung, dann erhöhe ich doch damit den Detailreichtum im Vergleich zum abstrakten gesamtwurf.
@fiktionale Details: ich weiss gar nicht was das ist. Würde mich interessieren.
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Im Prinzip wirkt der Eingangspost auf mich auch erstmal einigermaßen absurd, aber trotzdem zeichnen sich viele "realistische" Systeme wie z.B. Gurps ja durchaus durch Detailreichtum aus. Das scheint der Realismus-Fraktion unter den Rollenspielern auch wichtig zu sein.
Würde mich interessieren, warum.
Weil eine realistisch ausgelegte Regel im Kernbereich ihrer Anwendung wunderbar funktioniert, im Randbereich aber unbefriedigend ist. Sobald die Spieler (mehrfach) in diesen Randbereich geraten, verlangt es sie nach einer Zusatzregel, die den ehemaligen Randbereich zum Kernbereich macht und diese Situation damit befriedigend löst. Aber jede neue Zusatzregel hat ja ihrerseits einen Randbereich, in dem sie nicht mehr gut funktioniert. Das schreit dann nach einer weiteren Zusatzregel. Das kann prinzipiell grenzenlos ausufern. Tatsächlich endet diese Kette wohl dort, wo wir uns über den Randbereich nicht mehr einig werden.
Beispiel: Die Trefferwahrscheinlichkeit im Duell wird von der Kampffertigkeit bestimmt. So weit, so gut. Jetzt kommt es im Spiel dazu, dass einer der Gegner auf dem Boden liegt und weiter kämpft. Unser Plausibilitätsgefühl sagt uns, dass er dabei nicht aus dem Vollen seiner Kampfkraft schöpfen kann und seine Trefferwahrscheinlichkeit realistischerweise eingeschränkt sein sollte. Also her mit der Zusatzregel - wer auf dem Boden liegt, bekommt einen festgelegten Malus. Bei der Anwendung dieser Zusatzregel kann es in Zukunft vorkommen, dass der am Boden liegende mal auf dem Rücken liegt und mal auf dem Bauch. Das eine könnte ja schlimmer sein als das andere. Wenn wir uns einig sind, welche Alternative schlechter ist, schreit das schon wieder nach einer Zusatzregel. Sind wir uns nicht einig, ob Bauch- oder Rückenlage eindeutig schlimmer ist, dann hören wir an dieser Stelle mit Zusatzregeln auf.
Die Systeme, die ich gerne spiele, wenn ich Realismus will, sind jedenfalls nicht umfangreicher als viele unrealistische Systeme.
Dazu kommt, dass vernünftig aufgebaute realistische Systeme einfach zu lernen sind, wenn man die grundlegenden Mechanismen verstanden hat, weil man wenigstens ungefähr weiß, wo das System hin will.
Verrätst du mir die Systeme, die du für realistisches Spiel verwendest?
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So weit, so gut. Jetzt kommt es im Spiel dazu, dass einer der Gegner auf dem Boden liegt und weiter kämpft. Unser Plausibilitätsgefühl sagt uns, dass er dabei nicht aus dem Vollen seiner Kampfkraft schöpfen kann und seine Trefferwahrscheinlichkeit realistischerweise eingeschränkt sein sollte.
Hier spielst du aber wiederum detailliert.
Man könnte es auch genau andersrum machen: Man würfelt. Wenn man gut würfelt, dann stand man scheinbar in einer guten Position. Und wenn man schlecht würfelt, dann kann man das damit erklären, dass man am Boden lag.
Das heißt, erst wird der Crunch (Würfelwurf) abgehandelt. Und anschließend erklärt man den Fluff so, dass er zum Ergebnis passt.
Verrätst du mir die Systeme, die du für realistisches Spiel verwendest?
Kult ist zum Beispiel ein klassisches RPG, das auch verdammt realistisch ist und wenig Detailtiefe liefert.
Gurps:Light ist im Prinzip genau so realistisch wie Gurps, bietet aber ebenfalls weniger Detailreichtum.
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Ich würde trotzdem noch den Unterschied machen zwischen "echt gut modelliert" und "realistisch". Wie oben schon angemerkt wurde passieren in der Realität die verrücktesten Dinge.
Und eine 1:1 Abbildung der Realität kann es nie werden, sondern nur der aus Sicht der Spielenden wichtigsten Dinge für die Erzählung. Ob ein leichter Wind von vorn oder der Seite kommt, wird nämlich in den allermeisten Regeln ignoriert. Ob man gegen die Sonne schaut meistens auch. Ob der Boden weich ist, und gerüstete Gegner benachteiligt, ebenso...
Die Liste ließe sich ewig fortsetzen.
Realistisch ist, wie YY schrieb, dann meistens ein im Ablauf aufgeschlüsseltes System, weil ich dort den Detailgrad des Modells beliebig anpassen und hochschrauben kann.
Aber ob Trefferzonen wirklich "realistisch" sind? naja...
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Ich denke, nicht jedes Detailreichtum ist für das Spiel wirklich vom Nutzen, Realismus hin oder her. Wenn man bei jedem Manöver Windgeschwindigkeiten und andere Faktoren pedantisch berechnet, geht (für mich jedenfalls, es mag Nerds geben, die das toll finden) der Spielspaß verloren, weil man nämlich nur noch am Rechnen und nicht mehr am Spielen ist.
Außerdem ist ein realistisches Spiel nicht immer das, was Spaß macht. Das kommt immer darauf an, was man spielt. Es macht eben einen Unterschied, ob man ein Gegenwarts-Detektivsetting oder Comic-Superhelden spielt. Als Negativbeispiel sei hier Teenage Mutant Ninja Turtles genannt, wo ein "realistisches" sehr komplexes Regelwerk (Palladium) verwendet wurde, das überhaupt nicht zu dem, sagen wir mal nicht ganz ernstgemeinten Comicsetting, bei dem Realismus etwa so relevant ist wie Aerodynamik im Weltraum, passt. Ich meine, für ein Fun-RPG für zwischendurch sind 2 Stunden Charaktererschaffung einfach zu viel! Das würde mir schon in einem "ernsthaften", für eine andauernde Kampage vorgesehenen Rollenspiel auf den Keks gehen.
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Für einen bestimmten Abstraktionsgrad ist ein Quadrat ein Kreis. Die meisten Leute werden da aber doch eher skeptisch sein.
Entsprechendes gilt dann für Spielregeln.
Letztlich sollen sie es erlauben möglichst konsistent und für sich den Grundstock zu bilden um stolperfrei mit anderen an einer Spielsitzung teilnehmen zu können, d.h. bei einem Rollenspiel primär sich die Spielwelt und ihre Interaktionen gut genug vorstellen zu können, um darin möglichst stolperfrei agieren zu können.
Und das erfordert eben entsprechende Informationen, woher auch immer. Die Bereiche, welche der irdischen Welt ähneln, sind aber typischerweise schon vorbelegt, so dass insbesondere diese Bereiche eben nicht zu sehr unangekündigt abweichen dürfen, denn das sind die Situationen, wo wegen der Vorbelegungen nicht zwingend nachgehakt wird.
In dem Sinne: Realismus ist nicht auf Details angewiesen, wenn man die Auflösung/ den Abstraktionsgrad entsprechend festlegt. Ein entsprechend grobes Raster für Regeln kann allerdings dazu führen, dass sie unzureichend für ihre eigentliche Aufgabe sind - und das ist deutlich schlechter als die meisten Fehler.
Das Quadrat mag fehlerfrei einen Kreis beschreiben, rollen tut trotzdem die fehlerhafte Annäherung mit der Macke besser ... .
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Wäre für gut abgebildeten Realismus nicht eher ein reines Wahrscheinlichkeitsmodell für verschiedene Situationen + 100%-Würfel notwendig, anstelle das alles über X Zusatzmodifikatoren abbilden zu wollen, die dann doch nicht wieder alle möglichen Eventualitäten erfassen?
Wenn man derart vom Ergebnis her an das Thema ran geht, bekommt man zwei Probleme:
1.) Wer legt wie die Wahrscheinlichkeiten fest? Die Spieler inkl. SL als Gruppenentscheidung?
Steht das konkret im Regelwerk und wenn, worauf basiert es? Auf statistischen Auswertungen vergleichbarer Situationen?
Wenn das mehr werden soll als ein grobes Abschätzen, ist das ein Fass ohne Boden.
2.) Bekomme ich mit einem einzelnen oder mehreren abstrakten, ergebnisorientierten Würfen alle Informationen, die ich haben will?
Beispiel:
Eine Fernspähergruppe wird von einer feindlichen Patrouille aufgeklärt und muss mit Feuer und Bewegung ausweichen.
Worauf würfele ich denn da - nur auf den Erfolg? Wie liefert mir das System, wer verwundet oder tot ist, wer wie viel Munition verschossen hat (das kann auch nur ganz grob sein), wer welche Kampfmittel eingesetzt oder verloren hat etc. pp.?
Mit einer Ergebnistabelle kann man das unmöglich praktikabel umsetzen, und wenn ich so kleinteiligen Kram einzeln auswürfeln soll, kann ich auch gleich ein ablauforientiertes System nutzen.
Ich müsste diese Begleiterscheinungen des Gesamtergebnisses also einfach setzen - und genau das will ich ja nicht. Das soll mir das System liefern.
Wenn es das nicht tut, kann ich auch grober und/oder eleganter arbeiten als mit Prozentwürfen.
@YY: Wenn ich das richtig verstehe, dann geht es auch darum, in Konfliktsituationen möglichst viele Optionen anzubieten, die nicht nur von den Regeln abgedeckt sind, sondern die sich auch tatsächlich regeltechnisch unterschiedlich auswirken, oder?
Jein.
Nicht möglichst viele Optionen als Selbstzweck sind das Ziel, sondern die möglichst "vorlagengetreue" Abbildung der real relevanten/sinnvollen Optionen.
Diese werden sich bei einem ablauforientierten System zwingend in ihrer Umsetzung unterscheiden.
Im Prinzip orientiert sich jedes System (und jeder Spieler!) an realen Optionen, nur die spielmechanische Umsetzung kann sehr stark variieren.
Zwei Vorteile einer möglichst realistischen Umsetzung sind der Umstand, dass man "nur" den realen Vorgang, nicht aber die zugehörigen Regeln kennen muss, um eine gute Entscheidung zu treffen, und dass man sich bei der Erstellung der Regeln nicht übermäßig viele Gedanken um Spielbalance machen muss - die Realität ist nämlich ganz gut ausbalanciert, was ihre "Konfliktregeln" angeht ;)
Sagen wir mal, ich will jemandem die Luftzufuhr ins Gehirn abdrücken - nicht einfach nur die Blutzufuhr, sondern die Luftzufuhr, weil mir jemand erzählt hat, das wäre effektiver.
Da müssen wir aber noch mal einen Nachschulungstermin ansetzen ;D
Bei Fate mache ich einen Angriff und verteile bei Erfolg die Konsequenz "Luftzufuhr unterbrochen"; aber letzten Endes hätte ich mit demselben Mechanismus auch eine Nadel ins Ohr bohren können.
Bei Gurps gibt es dafür aber einen speziellen Mechanismus, der anderes funktioniert als "Nadel ins Ohr bohren" und der auch andere Auswirkungen hat.
Trotzdem passiert in der Fiktion letzten Endes dasselbe.
Genau, das fiktive Ereignis ist gleich.
Der Unterschied liegt darin, dass man bei Fate mit dem selben konkreten Wurf auch ein anderes Ereignis hätte erzählen können.
Bei Gurps wären es dann entweder komplett andere Würfe gewesen, die zu einem anderen Ergebnis hätten führen können, oder mit dem selben Wurf hätte man ein anderes Ergebnis vielleicht gar nicht, vielleicht aber auch besser erzielen können.
In jedem Fall hat der Gurps-ler seine Absicht im Vorfeld erklären müssen, was bei Fate AFAIK nicht zwingend nötig gewesen wäre (aber meistens aus atmosphärischen Gründen so gemacht wird - oder liege ich da falsch?).
Und spätestens der weitere Verlauf wird sich deutlich unterscheiden, weil Fate mit seiner universellen Mechanik weitermacht, Gurps aber jetzt eine sehr konkret verregelte Auswirkung abbildet, die dann auch nur mit entsprechenden Folgeaktionen sinnvoll ausgenutzt werden kann.
@YY: Äußert sich der Detailreichtum dann nicht einfach in der erhöhten Zahl der Teilsysteme? Wenn ich das System zur Berechnung des Waffenschadens aufteile, bsp. in Trefferzone, Trefferwahrscheinlichkeit, Schadenswirkung, langfristige Schadenswirkung, dann erhöhe ich doch damit den Detailreichtum im Vergleich zum abstrakten gesamtwurf.
Ja, und diesen Detailreichtum holst du dir damit, dass du mehr Arbeitsschritte hast.
Hier sollte es natürlich nur Schritte geben, die auch relevante Auswirkungen haben - wenn das Ergebnis egal ist, kann man sich den Schritt sparen.
Verrätst du mir die Systeme, die du für realistisches Spiel verwendest?
Allen voran GURPS.
Ansonsten noch Millennium´s End für zeitgenössischen Kram, und wenn es recht grob und ergebnisorientiert(er) sein soll, SilCore.
Tja, und dann geht schon die Bastelei los:
Deadlands Classic eignet sich mMn nach ganz gut, wenn man ein bisschen Arbeit investiert.
Mit Abstrichen auch Savage Worlds mit entsprechenden Umbauten (die allerdings streckenweise den "heiligen" Regelkern betreffen).
Gurps:Light ist im Prinzip genau so realistisch wie Gurps, bietet aber ebenfalls weniger Detailreichtum.
Gurps Lite verliert eben durch den geringeren Detailreichtum wesentlich an Realismus, insbesondere beim Schadens- bzw. Verwundungssystem.
Das ist bei Gurps Lite schlicht scheiße, wenn man Realismus will.
Ich denke, nicht jedes Detailreichtum ist für das Spiel wirklich vom Nutzen, Realismus hin oder her.
Wenn man bei jedem Manöver Windgeschwindigkeiten und andere Faktoren pedantisch berechnet, geht (für mich jedenfalls, es mag Nerds geben, die das toll finden) der Spielspaß verloren, weil man nämlich nur noch am Rechnen und nicht mehr am Spielen ist.
Ja, das ist die Todsünde von Phoenix Command - das verliert sich nämlich in irrelevanten Details und unterschlägt viel wichtigere Aspekte.
Das ist keine Folge des Realismusanspruchs, sondern einfach schlechtes Design.
Insofern: Volle Zustimmung.
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YY, gerade deine Erwiderungen oder Kommentare zu Berals Einwurf würden mich sehr interessieren. :)
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Weil mich das Beispiel aufgeschreckt hat:
Ich müsste diese Begleiterscheinungen des Gesamtergebnisses also einfach setzen - und genau das will ich ja nicht. Das soll mir das System liefern.
Wenn es das nicht tut, kann ich auch grober und/oder eleganter arbeiten als mit Prozentwürfen.
Wenn wir mal auslassen ob Prozentwürfe nun elegant sind oder nicht, dann bleibt hier doch eigentlich bloß eine Frage, nämlich die nach der These im Threadtitel: Kann der grobere Ansatz nicht ebenfalls realistisch sein?
Um bei der Gruppe Fernspäher zu bleiben - wenn ich die in meiner groben Auflösung ohnehin nur als Symbol auf einer Karte (Counter of einer Hexkarte) darstelle, dann ist die Auskunft, die mir der einzelne Wurf liefert, vermutlich vollkommen angemessen, auch wenn ich auf Realismus wert lege.
mfG
jdw
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Beispiel:
Eine Fernspähergruppe wird von einer feindlichen Patrouille aufgeklärt und muss mit Feuer und Bewegung ausweichen.
Worauf würfele ich denn da - nur auf den Erfolg? Wie liefert mir das System, wer verwundet oder tot ist, wer wie viel Munition verschossen hat (das kann auch nur ganz grob sein), wer welche Kampfmittel eingesetzt oder verloren hat etc. pp.?
Vielleicht bin ich ja betriebsblind, was das angeht (ich spiele derzeit mit einem sehr minimalisitischen System):
Wurf auf [Gegner entdecken] - legt fest, ob die feindliche Patrouille die Fernspähergruppe entdeckt.
Wurf auf [vor Gegnern flüchten] - legt fest, ob die Gruppe (oder auf Wunsch auch für jeden einzelnen zu würfeln) der feindlichen Patrouille entgeht. Bei schlauem Vorgehen können sich die Gruppe/die einzelnen Figuren Geländevorteile zunutze machen - erhöht ihre Erfolgschance.
Wurf auf [Kampffertigkeit] - legt fest, ob sich ein Aufgegriffener erfolgreich gegen Patrouille zur Wehr setzen kann und weiter flüchten kann, bei Bedarf Verletzungsmodis einrechnen.
An welchem Punkt wird denn ein "echter" Realismus erzielt? Wenn ich beim Wurf auf [Gegner entdecken] in die Modi mit einrechne, dass einer der Späher hellblonde Haare besitzt und vergessen hat, Nachts eine Kapuze aufzuziehen? Oder reicht es, wenn ich einen Modi auf "Gruppengröße quadriert mit Schleichenwert" setze? Oder ist's nicht ev. doch schon genug, wenn ich ggf. einen Sichtmodifikator gebe für Entfernung/Dunkelheit/Nebel?
Das selbe beim Wurf auf [vor Gegner flüchten]: Muss ich genauestens abbilden, dass sich die Gruppe bei hellem Mondlicht in Schritttempo durch Kniehohes Gras bewegt und der Wind auf die Patrouille zu hält? Oder reicht es nicht auch, wenn ich sage: Halbe Deckung?
Auch bei den Kampffertigkeiten: Brauche ich AT vs. PA zuzüglich Modis für Rüstungsbehinderung, Waffenlänge, Körperstärke, Kampf-SFs usw. - oder reicht nicht ein Angriffswurf gegen einen festen Paradewert + max. 2 weitere Modifikatoren?
Es liegt doch rein am Geschmack der Gruppe, was sie als ausreichend realistisch empfindet. Wenn ich meiner Gruppe ganz pauschal zurufe: Die Chance das jetzt zu schaffen beträgt 35% und sie akzeptieren, das weil es ihre eigene Vorstellung von Realismus trifft und würfeln einen 100%-Würfel und sind mit dem Ergebnis zufrieden - ist das jetzt weniger realistisch als wenn ich mit dutzenden von Werten und Modis jongliere, die doch nicht wirklich die Realität abbilden können? wtf?
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@Maarzan
Wenn jemand bei realistischen Regeln wert auf Detailliertheit legt, dann wird er auch auf bei unrealistischen Regeln wert auf Detailiertheit legen.
Detailierte Regeln haben einen eigenen Reiz, diese sind aber unabhängig vom Realismus.
D&D4 zum Beispiel hat auch sehr detaillierte Kampfregeln, dennoch sind diese unrealistisch. Der Wunsch nach Detailliertheit ist also unabhängig vom Wunsch nach Realismus.
Gurps Lite verliert eben durch den geringeren Detailreichtum wesentlich an Realismus, insbesondere beim Schadens- bzw. Verwundungssystem.
Könntest du ein Beispiel nennen, wo du das Schadenssystem von Gurps Lite unrealistisch findest?
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Detailierte Regeln haben einen eigenen Reiz, diese sind aber unabhängig vom Realismus.
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Man kommt aber um eine gewisse Komplexität nicht herum, wenn das Ganze von den Regeln anstatt vom Spielerkonsens geleistet werden soll.
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Das ist DER Satz des Threads.
Nehmen wir mal ein ganz einfaches System:
Jede Person hat die Fertigkeit "Kampf".
Jede Rüstung hat den Wert "Schutz".
Und jede Waffe hat den Wert "Kampfqualität".
Wenn es zu einem Kampf kommt, würfelt einfach beide Seiten "1W10+Kampf+Schutz+Kampfqualität+Situations-Mod".
Derjenige, der höher würfelt, hat gewonnen.
Super einfach und imho auch verdammt realistisch.
Ganz genau: Das ist realistisch. Aber das auch realistisch detailliert zu beschreiben, ist eine Leistung, die die Spieler erbringen müssen, wobei sie das System nicht gut unterstützt. Diese Leistung kann man aber auch vom System erbringen lassen, dieses System leistet dann mehr.
Aus einem System quasi etwas fürs Leben lernen zu wollen, ist noch mal ein anderer/zusätzlicher Anspruch als der an ein realistisches Spielgefühl.
Ja. So lange man nicht merkt, dass das System unrealistisch ist, ist es realistisch genug.
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Nehmen wir mal ein ganz einfaches System:
Jede Person hat die Fertigkeit "Kampf".
Jede Rüstung hat den Wert "Schutz".
Und jede Waffe hat den Wert "Kampfqualität".
Wenn es zu einem Kampf kommt, würfelt einfach beide Seiten "1W10+Kampf+Schutz+Kampfqualität+Situations-Mod".
Derjenige, der höher würfelt, hat gewonnen.
Super einfach und imho auch verdammt realistisch.
Ich würde nicht sagen, dass es realistisch ist zwangsweise.
Es fehlt die Gewichtigung der einzelnen Komponenten. Zudem fehlt die Komponente des Ausweichens. Kampfqualität würde ich zum Beispiel sehr niedrig gewichten.
m
Der Situations-Mod wiederum ist richtig schwer, weil man da sehr viele Sachen drin hat. Bodenbeschaffenhat, Lichtverhältnisse, Positionierung der Gegner, Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, haben beide Gegner gut gegessen/einer sich überfressen/zu wenig gehabt, hat einer Sodbrennen oder ist krank, gibt es Insekten, die stören, die Qualität der Luft,...
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Ganz genau: Das ist realistisch. Aber das auch realistisch detailliert zu beschreiben, ist eine Leistung, die die Spieler erbringen müssen, wobei sie das System nicht gut unterstützt. Diese Leistung kann man aber auch vom System erbringen lassen, dieses System leistet dann mehr.
Aber auch bei einem unrealistischen System, wäre es eine Leistung der Spieler, den Kampf detailliert zu beschreiben. Und auch bei einem unrealistischen System kann das System den Spieler Arbeit abnehmen, indem es detaillierter wird.
Es fehlt die Gewichtigung der einzelnen Komponenten. Zudem fehlt die Komponente des Ausweichens. Kampfqualität würde ich zum Beispiel sehr niedrig gewichten.
Ausweichen ist Teil der Fertigkeit "Kampf".
Und Gewichtung hängt ja von den Sachen ab:
Es ist zum Beispiel egal, ob ich sage:
- Kampf ist ein Wert von 0-10 und ich gewichte ihn mit 2.
- Kampf ist ein Wert von 0-20 und ich gewichte ihn mit 1.
- Kampf ist ein Wert von 0-40 und ich gewichte ihn mit 1/2.
- Kampf ist ein Wert von 0-200 und ich gewichte ihn mit 1/10.
Bei allen vier Sachen kommt das gleiche heraus.
Der Situations-Mod wiederum ist richtig schwer, weil man da sehr viele Sachen drin hat. Bodenbeschaffenhat, Lichtverhältnisse, Positionierung der Gegner, Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, haben beide Gegner gut gegessen/einer sich überfressen/zu wenig gehabt, hat einer Sodbrennen oder ist krank, gibt es Insekten, die stören, die Qualität der Luft,...
Situations-Mod beinhalten nur die Sachen, die auch bekannt sind.
Die anderen unbekannten Sachen werden retrospektiv behandelt. Das heißt, wenn der eigentlich überlegene Gegner verliert, kann man das damit erklären, dass er schlecht gegessen hat oder schlecht positioniert war.
Wenn alle Umgebungsfaktoren bekannt wären, dann wäre das Ergebnis deterministisch und man müsste es nicht auswürfeln. Das Zufallselement beinhaltet ja quasi alle Situationsmod, die unbekannt sind. Strenggenommen würfelt man mit dem Würfel nicht den Kampf aus sondern erwürfelt die Situationsmod. Und wenn man dank des Würfels dann weiß, wie gut oder schlecht die Situationsmods für die einzelnen Kämpfer sind, kann man daraus dann deterministisch das Kampfergebnis ableiten.
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Meine persönliche Erfahrung ist, dass die so genannten Rules Heavy Simulationism-Systeme, die versuchen, über möglichst vollständige und detaillierte Regeln das Spiel auf mechanischer Ebene (im Kontext des gewählten Genres) realistisch darstellen wollen, allesamt scheitern. Manche rauschen weiter am Ziel vorbei, andere weniger weit. Das Ziel zu erreichen, ist aber unmöglich, weil irgendwo immer noch eine Ausnahme existiert, die mit den vorhandenen Regeln nicht schlüssig dargestellt werden kann.
Tatsächlich nehme ich dann lieber ein regelleichtes System und vertraue auf die Spieler.
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Volle Zustimmung für den Crimson King! :)
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Du vertraust in einem Fantasy oder SCiFi System auf eine Gruppe Nerds, die noch nie in ihrem Leben ein Schwert in der Hand gehalten haben, das nicht aus Plastik war, keine Erfahrungen mit panzerfäusten haben, noch nie tagellang mit mittelalterlichen Mitteln in der Wildnis überleben mussten usw.?
Das kannst du gerne tun, aber realistisch spielst du dann nicht.
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Ach komm, Erik. Wie schon erwähnt führt unser eigenes Empfinden für Realismus häufig zu unrealistischen Ergebnissen, die wir aber als realistisch ansehen. GMV reicht meist aus, um die Dinge nicht als unrealistisch zu bewerten, selbst wenn sie es sein mögen. Trommel du doch erst mal jenes Team aus Medizinern, Historikern, Physikern, Chemikern, Linguisten und Maschinenbauern zusammen, die sich dann gemeinsam hinsetzen und ein voll realistisches Rollenspiel schreiben. Die werden benötigt, weil die meisten Spieleautoren haben, behaupte ich nur populärwissenschaftlichen Einblick in realistische Vorgänge unserer Welt, vielleicht auch Expertenwissen, und das alles gemixt mit ihrer eigenen Vorstellung, was denn jetzt genau "realistisch" und was nicht.
Das Problem ist doch: Ein System kann den Spielern niemals die "Arbeit" abnehmen, dass etwas als realistisch empfunden wird. Ein System liefert nur ein Gerüst. Das wird erst in der Fiktion mit Bedeutung versehen. Und um diese Bedeutung geht es, denn sie erzeugt das "realistische Gefühl" bei den Beteiligten.
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Trommel du doch erst mal jenes Team aus Medizinern, Historikern, Physikern, Chemikern, Linguisten und Maschinenbauern zusammen, die sich dann gemeinsam hinsetzen und ein voll realistisches Rollenspiel schreiben.
Also zumindest bei Gurps wurde das so gemacht: Da haben die Autoren Experten auf den jeweiligen Fachgebieten eingeladen, die ihnen bei der Regelumsetzung beratend zur Seite standen.
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Ach komm, Erik. Wie schon erwähnt führt unser eigenes Empfinden für Realismus häufig zu unrealistischen Ergebnissen, die wir aber als realistisch ansehen. GMV reicht meist aus, um die Dinge nicht als unrealistisch zu bewerten, selbst wenn sie es sein mögen. Trommel du doch erst mal jenes Team aus Medizinern, Historikern, Physikern, Chemikern, Linguisten und Maschinenbauern zusammen, die sich dann gemeinsam hinsetzen und ein voll realistisches Rollenspiel schreiben. Die werden benötigt, weil die meisten Spieleautoren haben, behaupte ich nur populärwissenschaftlichen Einblick in realistische Vorgänge unserer Welt, vielleicht auch Expertenwissen, und das alles gemixt mit ihrer eigenen Vorstellung, was denn jetzt genau "realistisch" und was nicht.
Das Problem ist doch: Ein System kann den Spielern niemals die "Arbeit" abnehmen, dass etwas als realistisch empfunden wird. Ein System liefert nur ein Gerüst. Das wird erst in der Fiktion mit Bedeutung versehen. Und um diese Bedeutung geht es, denn sie erzeugt das "realistische Gefühl" bei den Beteiligten.
Das wird aber zum Problem, wenn die Leute plötzlich unterschiedliche Vorstellungen von Realismus haben, und ihnen realismus wichtig ist. Dann gibts Knatsch. oder es ist zufällig ein Experte für ein fachgebiet da, der bekommt dann die rappel, wenn die rest-Gruppe irgendeinen Schwachsinn als "realistisch" entwickelt.Ausserdem gehts heigentlich nicht um realistisches Empfinden, sondern um Realismus. ich meine, wenn das System bsp. stikelahm wäre, aber alle beteiligten sind zu blöd und unwissend, um es zu bemerken, und halten das System für schnell, ist das System dann schnell? Und ist das ein Zustand, der so bleiben sollte?
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Aber da ist dann doch die Komplexität oder der Detailreichtum nicht ausschlaggebend. Ich kann auch einfach eine Münze werfen...
@Eulenspiegel: Interessant. Ist das Ergebnis denn gelungen?
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@ Jiba
Ich kann nur etwas über mein Fachgebiet sagen und das enthält kaum abenteuerrelevante Sachen, aber: Ja, in den wenigen Punkten, die mein Fachgebiet betreffen, ist es hervorragend gelungen.
Ob es in den anderen (abenteuerrelevanteren) Bereichen auch gelungen ist, musst du leider einen dortigen Experten fragen.
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These: Unrealismus, der nicht bemerkt wird, stört auch nicht.
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Zusatzthese: Realismus der nicht bemerkt wird, hilft auch nicht.
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Zusatzthese: Realismus, der nicht bemerkt wird, schadet nicht.
Und Unrealismus, der nicht bemerkt wird, hilft nicht.
Ich denke dagegen, dass Unrealismus, der nicht bemerkt wird, sogar gefährlicher ist als Unrealismus, der bemerkt wird: Unrealismus, der bemerkt wird, kann reflektiert werden. Bei Unrealismus, der nicht bemerkt wird, formt dieser jedoch unbewusst unser Denken. Nicht umsonst setzen viele Propagandafilme auf unbemerkten Unrealismus. Und auch die Werbe-Spiele der US-Army arbeiten damit, dass dort unbemerkter Unrealismus eingebaut wird, der die Leute dazu bringen soll, sich bei der Army einzuschreiben.
Und wer meint, hier im aufgeklärten Deutschland seien wir gefeit davor: Ich habe schon einige Spieler erlebt, die Ansichten über historische Schwertkämpfe hatten und dies indirekt damit begründet haben, dass dies in DSA4 schließlich auch so sei.
Fazit:
Unbemerkter Realismus ist mir tausendmal lieber als unbemerkter Unrealismus.
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Zusatzthese: Realismus, der nicht bemerkt wird, schadet nicht.
Und Unrealismus, der nicht bemerkt wird, hilft nicht.
...
Unbemerkter Realismus ist mir tausendmal lieber als unbemerkter Unrealismus.
Da hast Du vollkommen recht.
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@Maarzan
Wenn jemand bei realistischen Regeln wert auf Detailliertheit legt, dann wird er auch auf bei unrealistischen Regeln wert auf Detailiertheit legen.
Detailierte Regeln haben einen eigenen Reiz, diese sind aber unabhängig vom Realismus.
Das war doch mein Reden.
Realsimus an sich ist zweitrangig. Was notwendig ist, ist ein genügend stabiles Gerüst, welches es allen erlaubt am Spiel teil zu nehmen. Aber da eben in gewissen Bereichen durch irdische Vorbilder Erwartungen existieren, sollte mandiesen irdischen Vorbildern nach Möglichkeit gerecht werden oder erklärterweise davon abweichen, damit es eben keine üblen Überraschungen gibt.
Und bezüglich Detailreichtum. Wenn die Lücken im System so groß sind, dass man da regelmäßig ins Leere tritt, dann ist auch keinem wirklich geholfen. Denn auch das Auskaspern, wie dort dann zu verfahren ist und die aufgetretenen Probleme wieder glattbügeln kostet Zeit und Aufmerksamkeit.
Allgemein möchte ich aber einmal anmerken, dass es ja seltener die nicht berücksichtigte Windrichtung als grobe Logikfehler sind, welche dann als unrealistisch zur Notbremsung führen.
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YY, gerade deine Erwiderungen oder Kommentare zu Berals Einwurf würden mich sehr interessieren. :)
Der hier ?
Realismus wirkt auf die menschliche Psyche nicht in jedem Fall plausibel. :korvin:
Den habe ich zunächst unkommentiert gelassen, weil ich zustimme.
Insbesondere bei Wahrnehmungsfragen sitzen wir oft geradezu erschreckenden Selbsttäuschungen auf.
Das hat dann massive Auswirkungen darauf, was wir als plausibel/realistisch empfinden.
Hinterfragt man entweder die Wahrnehmung oder den jeweils fraglichen Sachverhalt nicht weiter, kann man im Spiel auch nur "gefühlten" Realismus erreichen.
Beispiele, die mir auf Anhieb einfallen, sind Schadensbilder von Autounfällen bei verschiedenen Geschwindigkeiten, das Durchschießen verschiedener Zielmedien oder genaue Abläufe im Kurzzeitbereich.
Da lässt uns unser Alltagsverstand völlig im Stich - wir können das nicht intuitiv erfassen und müssen mühsam experimentieren oder wenigstens Fallbeispiele suchen.
Genau hier wird dann auch die Frage interessant, ob ein System sich "nur" realistisch anfühlen oder realistische Verläufe und Ergebnisse liefern soll.
Ersteres macht viel weniger Arbeit, aber dann muss man auch akzeptieren, dass man öfter mal in eine Denkfalle tappt.
Zweiteres ist viel aufwändiger für den Autor und braucht streckenweise wissenschaftliche Recherche, liefert dafür aber auch unabhängig von den Anwendern brauchbare Ergebnisse.
Darauf müssen sich die Spieler freilich auch einlassen - sonst wird am Ende ein realistisches System als unplausibel und unrealistisch empfunden und abgelehnt (!).
Das Ziel zu erreichen, ist aber unmöglich, weil irgendwo immer noch eine Ausnahme existiert, die mit den vorhandenen Regeln nicht schlüssig dargestellt werden kann.
Das entwertet doch aber nicht eine gute Annäherung.
Solange sich die Ausnahme weit genug außerhalb des Spielschwerpunktes befindet, besteht mMn kein großes Problem.
Vielleicht habe ich das auch in den falschen Hals bekommen, aber mir kommt dieser Gedanke immer so vor, als würde jemand nicht joggen gehen wollen, weil er keine Aussicht darauf hat, irgendwo einen Titel zu erringen.
Er hätte trotzdem was davon, das wird aber ignoriert...
Weil mich das Beispiel aufgeschreckt hat:
Wenn wir mal auslassen ob Prozentwürfe nun elegant sind oder nicht, dann bleibt hier doch eigentlich bloß eine Frage, nämlich die nach der These im Threadtitel: Kann der grobere Ansatz nicht ebenfalls realistisch sein?
Um bei der Gruppe Fernspäher zu bleiben - wenn ich die in meiner groben Auflösung ohnehin nur als Symbol auf einer Karte (Counter of einer Hexkarte) darstelle, dann ist die Auskunft, die mir der einzelne Wurf liefert, vermutlich vollkommen angemessen, auch wenn ich auf Realismus wert lege.
Wenn man nur wissen will, ob die Jungs ihren Auftrag weiter ausführen können oder nicht, reicht das, ja.
(Dann ist nur noch die Frage, wie ich auf den Prozentwert für den Wurf komme - s.u.)
Wenn aber jeder Spieler einen der Fernspäher spielt, ist das mMn völlig unzureichend.
Allerdings nicht, weil es unrealistisch ist, sondern weil es nicht genug Informationen für eine Verwertung im Spiel liefert.
Es liegt doch rein am Geschmack der Gruppe, was sie als ausreichend realistisch empfindet. Wenn ich meiner Gruppe ganz pauschal zurufe: Die Chance das jetzt zu schaffen beträgt 35% und sie akzeptieren, das weil es ihre eigene Vorstellung von Realismus trifft und würfeln einen 100%-Würfel und sind mit dem Ergebnis zufrieden - ist das jetzt weniger realistisch als wenn ich mit dutzenden von Werten und Modis jongliere, die doch nicht wirklich die Realität abbilden können? wtf?
Es ist ja oben schon angeklungen: Was die Gruppe als realistisch empfindet und was realistisch ist, sind öfter mal zwei Paar Schuhe.
Solange es sich nur realistisch anfühlen soll, ist der Ansatz mit per Gruppenkonsens gewählten Wahrscheinlichkeiten in Ordnung.
Sobald man aber "richtig" simulieren will, kommt man nicht drum herum, das Ganze in einer Form anzugehen, die mit objektiveren Mitteln zu einem Mindestwurf o.Ä. kommt.
Das kann aber - wie schon gesagt - auch bedeuten, dass man als Spieler zunächst mit dem System unzufrieden ist, weil es sich für den Alltagsverstand nicht realistisch anfühlt.
Dann sollte man es entweder verwerfen oder man macht sich die Arbeit (den Spaß? ;)) und lernt was Neues...
Speziell noch mal zur Unzahl von Modifikatoren:
Ja, man wird nie alles abdecken können (oder wollen, es soll ja spielbar bleiben).
Aber zumindest die größten und wichtigsten Faktoren kann man meistens relativ gut unter einen Hut bringen.
Und wenn man sich an der Realität orientiert, stellt man oft fest, dass sich Leute außerhalb des Rollenspielbereiches schon große Teile der Arbeit gemacht haben.
Was läge z.B. näher, als bei unseren Fernspähern für die Frage nach der Entdeckung durch den Gegner reale Tarnfaktoren als entsprechend abgestufte Modifikatoren einfließen zu lassen?
Form, Farbe, Schatten, Glanz, Bewegung, Geruch, Geräusch, Spur - damit hat man auf eigener Seite schon mal das Allermeiste erschlagen.
Dazu noch, wie gut der Gegner grundsätzlich und im konkreten Fall wahrnehmen kann, und fertig ist die Wurst.
Kleinfitzeligen Mist braucht auf einem spielbaren Detailgrad niemand.
Was keine relevanten Auswirkungen hat, braucht auch nicht abgebildet werden.
Im Umkehrschluss heißt das, dass mir jeder betriebene Mehraufwand auch was bringen muss - z.B. genauere Ergebnisse und/oder besser aufgeschlüsselte Verläufe.
Das Ganze darf nur nicht Selbstzweck sein. Am Ende muss das System auch Ergebnisse liefern, die nahe an der Realität liegen, sonst kann man sich den ganzen Aufwand sparen.
Könntest du ein Beispiel nennen, wo du das Schadenssystem von Gurps Lite unrealistisch findest?
Gerne:
Gurps Lite kennt weder Trefferlokationen noch Schadensdeckelung.
Das bedeutet, dass Gurps Lite überlebte Durchschüsse mit sehr starken Waffen nicht abbilden kann.
In der "Vollversion" kann der Getroffene - je nach verwendeter Regeloption - bei einem Treffer in einen nichtvitalen Bereich etwa nur seinen HP-Betrag bei Torsotreffern oder bei Gliedmaßentreffern nur so viel HP verlieren, wie nötig sind, um die getroffene Gliedmaße unbrauchbar zu machen.
Mal so formuliert:
Mehr als ab kann ein Arm eben nicht sein.
Ob das durch einen Schuss aus einem Jagdgewehr oder einer Maschinenkanone erfolgt, ist letztendlich egal - die Verletzung ist die selbe (Totalverlust des Arms).
Gurps Lite tappt da in die gleiche Falle wie andere Systeme und vergibt für die Maschinenkanone trotzdem wesentlich mehr Schaden, obwohl die ganze zusätzliche Energie irgendwo hinter dem Ziel im Acker landet.
@Eulenspiegel: Interessant. Ist das Ergebnis denn gelungen?
Wenn man mit der Lupe sucht und die Anforderungen hoch genug ansetzt, findet man natürlich immer wieder mal Bereiche, wo man bestimmte Sachen anders angehen könnte oder müsste.
Im Großen und Ganzen ist es aber sehr gut gelungen - auch der Kompromiss zwischen Simulation und Spielbarkeit.
So konsequent wird das mWn bei keinem anderen System, das realistisch sein soll, durchgezogen.
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Nicht ganz, ich meinte diesen Post (http://tanelorn.net/index.php/topic,78151.msg1614699.html#msg1614699), der für mich das Problem mit detaillierten Regeln um des Realismus willen ziemlich genau trifft.
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Ah, ok :)
Dazu kann ich eigentlich nur sagen, dass ich das nicht per se als Problem wahrnehme, sondern erst mal ganz neutral als das Prinzip, nach dem realistische Systeme aufgebaut sind.
Der Knackpunkt dabei ist es, ganz genau zu wissen, auf welchem Detailgrad man arbeitet und wo man die Grenze zum Unwichtigen zieht.
Wenn z.B. eine Kampfrunde drei Minuten dauert und die Kampffähigkeit über einen einzigen (Sammel-)Wert zwischen 1 und 5 abgebildet wird, interessiert es mich kein bisschen, ob da im Kampfverlauf mal einer kurz auf dem Bauch liegt.
Ich bin aber nicht der Ansicht, dass sich das Spielchen mit dem Regelwust grenzenlos fortsetzen lässt.
Man kommt über kurz oder lang an den Punkt, wo auf dem gewählten Detailgrad alles Relevante abgehandelt ist.
Weitere Regeln können dann nur entstehen, wenn sie auf einem anderen (->höheren) Detailgrad arbeiten oder Sachen regeln (wollen), die keine reale Entsprechung haben. Hier wird die Grenze zur Unzweckmäßigkeit bzw. zum Selbstzweck überschritten - und das unterscheidet gutes Design von schlechtem.
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Aber auch bei einem unrealistischen System, wäre es eine Leistung der Spieler, den Kampf detailliert zu beschreiben. Und auch bei einem unrealistischen System kann das System den Spieler Arbeit abnehmen, indem es detaillierter wird.
Das „aber“ ist da falsch. ;) Ich stimme dir doch zu.
Wobei mich mal interessiert, ob irgendjemanden ein Spiel interessiert, dass einen dabei unterstützt, unrealistische Dinge zu erzählen (und damit meine ich jetzt nicht Genre-passende Dinge – das erfüllt ja dann für dieses Gerne die gleiche Funktion wie im realistischen Genre der Realismus).
Meine persönliche Erfahrung ist, dass die so genannten Rules Heavy Simulationism-Systeme, die versuchen, über möglichst vollständige und detaillierte Regeln das Spiel auf mechanischer Ebene (im Kontext des gewählten Genres) realistisch darstellen wollen, allesamt scheitern. Manche rauschen weiter am Ziel vorbei, andere weniger weit. Das Ziel zu erreichen, ist aber unmöglich, weil irgendwo immer noch eine Ausnahme existiert, die mit den vorhandenen Regeln nicht schlüssig dargestellt werden kann.
Tatsächlich nehme ich dann lieber ein regelleichtes System und vertraue auf die Spieler.
Das ist wie mit der Monarchie. Die Monarchie ist viel besser als die Demokratie. Ich vertraue einfach auf den Monarchen.
Das kann funktionieren. Wenn es das tut, ist das aber nicht die Leistung des Systems.
Darüber hinaus sind – wie ich schon schrieb – Detailliertheit und Realismus zwei unterschiedliche Dinge. Wenn ich Detailliertheit will, nützt es mir gar nichts, wenn du mir Realismus gibst. (Und Details sind z.B. gut für Tacticians.) Und wer Realismus fordert, der meint damit oft auch Detailliertheit.
These: Unrealismus, der nicht bemerkt wird, stört auch nicht.
Da ignoriert mich schon wieder jemand: :(
So lange man nicht merkt, dass das System unrealistisch ist, ist es realistisch genug.
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Das ist wie mit der Monarchie. Die Monarchie ist viel besser als die Demokratie. Ich vertraue einfach auf den Monarchen.
Das ist die vollkommen falsche Allegorie. Ich vertraue darauf, dass das Volk im Mittel ad hoc bessere Entscheidungen trifft als ein umfangreiches Gesetzeswerk. Und im kleinen Rahmen mit Personen, die den GMV sinnvoll einsetzen, funktioniert das auch hervoragend. Wenn man, wie Eriksson das schildert, mit irgendwelchen Nerds spielt, sieht das ggf. anders aus.
Das gilt dann auch für die Annäherung, die YY beschrieben und für die er eine nicht passende Jogging-Allegorie beschrieben hat. Regelleicht spielen heißt nicht, nichts zu tun. Es ist ein anderer Weg. Wenn ich abnehmen will, kann ich Joggen gehen oder ich stelle meine Ernährung um. Letzteres ist mit weniger Zeitaufwand versehen. Dummerweise kann ich im Rollenspiel nicht beides miteinander kombinieren.
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Ich habe jetzt nur die eine Seite gelesen, daher weiss ich nicht, ob es schon erwähnt wurde, aber ich stimme dem Threadstarter zum gewissen Teil zu.
Ich ziehe Systeme vor, die einen stärkeren simulatorischen Kick haben, denn das hat für mich mehrere Vorteile:
1. Ein Grossteil aller Situationen die aufkommen können, sind geregelt. Dadurch ist man selten in der "Verlegenheit" handwedeln zu müssen, was den Vorteil hat, dass man nicht das Risiko eingeht, einen der Spieler so und den anderen später so zu behandeln. Es nutzt also der Fairness, gleiches Recht für alle.
2. Plausibilität und Realismus hängen eng beieinander. Damals, wo ich anfing GURPS zu spielen, war ich total unzufrieden mit der Abzugstabelle für Fernkampf aufgrund von Entfernung und Bewegung des Ziels. Bereits nach einigen Metern sind die Abzüge gewaltig. Ich hielt das für völlig unrealistisch. Ich habe mir dann die Mühe gemacht, in einem Forum für Sportschützen mein Anliegen zu erklären, um von den "Experten" zu erfahren, wie realistisch diese Zahlen sind. Erstaunlicherweise fanden die meisten, die noch nie mit RPg zu tun hatten, das Thema hochinteressant, versicherten mir aber, dass diese Liste gut recherchiert ist, und realistisch. Einige meinten sogar, die Abzüge könnten sogar noch etwas höher sein.
Soll heissen: Wenn ein Regelwerk gut recherchiert ist, und realistisch ist, dann muss man als Spieler manchmal auch die Plausibilität der eigenen Wahrnehmung überprüfen können.
3. Plausibilität hat auch in magiereichen Settings eine wichtige Position, denn Magie funktioniert fast überall ebenfalls nach festen Regeln. Magie (Wirkungsursache) an sich ist schwer erklärlich ja, aber wenn Magie plötzlich verrückt spielt, und mal so und mal so agiert, dann wird auch dieses "System" unglaubwürdig, weil es kein System HAT. Wild magic kann Spass machen, für eine Weile, aber irgendwann würde keiner mehr einen Spellcaster spielen, wenn er sich nicht auf ein "System" verlassen kann.
4. Für mich ist ein Setting echt und glaubwürdig, wenn die Simulation detailreich und plausibel ist, und die Systeme nach der die Welt funktioniert sehr viel abdecken. Im Klartext heisst das, je geringer das Abstraktionslevel, desto glaubwürdiger kann die Welt sein. Das weitet sich auch auf die Charaktere aus. Level, starre Bonis, wenig Skills etc, sind alles Dinge die verhindern, das man einen glaubwürdigen Cahrakter erstellt. Wenn man in D&D 3.5 z.B. keine Charakterfehler selber dazuschreibt, sind die Chars einfach nur stereotype, fehlerfreie Strahlemänner. Heisst also auch die Charaktergenerierung sollte detailreich sein, um realistische, fehlerhafte Leute abzubilden, sonst werden sogar die Charaktere unglaubwürdig.
Wenn man eher gamistisch, storytelling usw. veranlagt ist, und das Setting nur eine Bühne für die Story ist, dann ist eine glaubwürdige Welt sicher vielen egal. Wenn man aber andere Kampagnen spielt, wo man z.b. Dinge aufbaut, politische Veränderungen bewirkt usw. wo man also an den Schrauben der Welt dreht, und es sollen nachvollziehbare Ergebnisse rauskommen, dann ist ein geringes Abstraktionslevel und ein hoher simulatorischer Faktor wichtig.
Realismus benötigt Deteilreichtum, wenn man das Setting interessant und glaubwürdig gestalten will.
Die Kunst ist, mit einem Minimum an Regeln, das Maxmimum an Situationen abzudecken.
Das ist nur meine persönliche Meinung, aber in GURPS z.B. sehe ich ein sehr gelungenes, simulatorisches Regelwerk, wohingegen sich DSA 4.1 in zuvielen Spezialregeln verliert, die das System nur wenig plausibler machen, und teilweise sogar das Gegenteil erreichen.
Die Simulation kann natürlich niemals mit dem Abstraktionslevel 0 daherkommen. Wir wissen ja nichtmal genug über das funktionieren unserer eigenen Welt, um alles zu erklären, aber es gibt Abstraktionsebenen die so hoch sind, das sie an allen Ecken und Ende unflexibel und unvollständig sind/wirken.
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Wenn man eher gamistisch, storytelling usw. veranlagt ist, und das Setting nur eine Bühne für die Story ist, dann ist eine glaubwürdige Welt sicher vielen egal. Wenn man aber andere Kampagnen spielt, wo man z.b. Dinge aufbaut, politische Veränderungen bewirkt usw. wo man einfach an den Schrauben der Welt dreht, und es sollen nachvollziehbare Ergebnisse rauskommen, dann ist ein geringes Abstraktionslevel und ein hoher simulatorischer Faktor wichtig.
Stopp stopp stopp! Ich persönlich halte mich für einen starken NAR-Spieler mit Spielertyp "Storyteller". Das heißt aber nicht, dass eine glaubwürdige Welt mir egal ist. Das gegenteilige ist der Fall: Glaubwürdigkeit der Story ist mir schon sehr wichtig, aber die Glaubwürdigkeit erreiche ich nicht durch 4 verschiedene Modifikatoren für Waffenschaden. Die Glaubwürdigkeit erreiche ich dadurch, dass die Welt sich auf der Settingebene echt anfühlt: dass NSCs und SCs nachvollziehbare Motivationen haben, innerhalb funktionaler Kulturen agieren und von einer Natur umgeben sind, die ebenfalls die wichtigen Merkmale aufweist, um zu funktionieren. Wenig detailierte Regeln schließen weder den Aufbau noch den Umfang von durch die SCs beigefügten Veränderungen aus.
Gerade aus der SIM-Richtung sehen sich die NAR-Fans ja oft mit dem Vorurteil konfrontiert, ihre Geschichten seien immer unrealistisch und unplausibel. Meine Erfahrungen sprechen dagegen: Die Runde, die ich in meiner gesamten Rollenspiellaufbahn am realistischsten und bodenständigsten wahrgenommen habe, war eine Freeform-Runde auf dem GROSSEN letzten Winter. Da wurde der Realismus allein über das Setting und die Mitspieler transportiert.
Und was tust du, wenn die Abzugstabelle für Schusswaffen, die so unglaublich realistisch ist, gar nicht zum Genre passt? Spielst du dann dieses Genre nicht mehr? Dein Beispiel mit der Magie zeigt es doch: Magiesysteme sind eben häufig nicht durchdacht genug, dass sie nach Regeln folgen kann, die eine realistische Simulation ermöglichen (Emotionen und Ideale im Übrigen auch nicht). Gerade da muss man doch häufig viel handwedeln, denn gerade die Plausibilität eines Settings wird nur allzu häufig durch Magie strapaziert (wenn es eine Möglichkeit gibt, Gedanken per Magie zu lesen: Warum stellt die Stadtwache dann nicht Magier für's Verhör ein?).
Und auch den Vorwurf, narrativistisches Spiel oder wenig detaillierte Regeln führen zu Handwedeln, weise ich ganz entschieden zurück:
Das Spiel "BARBAREN!" nutzt zum Beispiel für alles außer den Kampf oder das Werben die Fertigkeit "Männlichkeit". Du willst einen Baum hochklettern? Würfle auf Männlichkeit! Du willst einen Händler einschüchtern? Würfle auf Männlichkeit! Du willst aus dem Stein des Berges eine Statue zu Ehren deines verstorbenen Häuptlings hauen? Erraten! Würfle auf Männlichkeit! Da wird auch nichts gehandwedelt: Denn die Regel besagt: Egal, was du versuchst, du würfelst auf Männlichkeit. Da muss nirgendwo in einer speziellen Situation irgendwas hinzugedichtet werden. Es funktioniert halt immer gleich. Das ist jetzt ein extremes Beispiel, aber in der Tat habe ich den Eindruck, dass man auch bei Systemen wie FATE nicht handwedeln muss: Einfach, weil es klare Regeln gibt, wie alle Aktionen ablaufen, die SCs unternehmen können. Das ist im Regelwerk vielleicht nicht so detailliert: Aber Regeln biegen oder neu erfinden muss man eigentlich nie.
Bei detaillierten Systemen sehe ich eher die Gefahr, dass es zu Überschneidungen zwischen Einzelregeln kommt. Hier muss dann nachgebessert werden und ein Konsens erreicht werden. Und was ist mit den Aufgaben des SLs? Ist ein Aufforderung "Würfel mal auf Geschick+Handarbeit+Umgebungsmodifikator+Werkzeugmodifikator!" nicht genauso willkürlich gewählt wie ein "Würfel auf Handwerk!" Denn letztlich sind der SL und die Spieler diejenigen, die den Realismusgrad in der Spielwelt bestimmen. Können sie das nicht, so hilft auch ein detailliertes Regelwerk nicht weiter. Wenn ihr eine Möglichkeit gefunden habt, einen Computer ein Rollenspiel leiten zu lassen, dann sagt Bescheid. Denn sobald menschliche Faktoren im Spiel sind, ist das Ergebnis immer ein stückweit unrealistisch.
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Hey, ganz ruhig Brauner ;)
Habe nirgendwo einen Finger gehoben, auf jemanden gezeigt oder behauptet das wäre den Leuten generell nicht wichtig.
Das Motivationen und Ereignsse daraus auch nachvollziehbar sein müssen, völlig richtig, aber das ist grade der Punkt. Wieviele Leute begreifen das als ganzheitliche Anforderung, von der Welt UND von den Leuten, Glaubwürdigkeit zu fordern?
Ich fordere Beides, deshalb ziehe ich auch z.B. GURPS vor, weil ich z.B. einen Villain auch genau so mit allen Fehlern und Motivationen bauen kann, was mir und meinen schlechten Gedächtnis immer enorm hilft, wenn ich nach x Monaten weiterleiten soll.
Und was tust du, wenn die Abzugstabelle für Schusswaffen, die so unglaublich realistisch ist, gar nicht zum Genre passt? Spielst du dann dieses Genre nicht mehr? Dein Beispiel mit der Magie zeigt es doch: Magiesysteme sind eben häufig nicht durchdacht genug, dass sie nach Regeln folgen kann, die eine realistische Simulation ermöglichen (Emotionen und Ideale im Übrigen auch nicht). Gerade da muss man doch häufig viel handwedeln, denn gerade die Plausibilität eines Settings wird nur allzu häufig durch Magie strapaziert (wenn es eine Möglichkeit gibt, Gedanken per Magie zu lesen: Warum stellt die Stadtwache dann nicht Magier für's Verhör ein?).
Dann benutze ich sie nicht, und versuche sie nach den veränderten Situationen abzuändern. Aber die *neue* Tabelle gilt dann trotzdem für alle, und es gibt Regeln. Handwedeln ist so trotzdem nicht nötig.
Ich persönlich kenne kein Magiesystem das so schlecht durchdacht ist, das man es als vollkommen unplausibel hinstellen kann. Sicher gibt es überall mehr oder weniger Fehler, aber das ist jetzt nicht so schlimm, das es alle Wände der Glaubwürdigkeit von der Welt reisst.
Eine Stadtwache würde in einer grösseren Stadt völlig schlank bei mir magische Hilfe beanspruchen.
Magie kostet Geld, aber wenn ein Hofmagier zur Verfügung steht, oder die Wache einen hat für Verhöre, dann wird der auch eingesetzt.
Das mit BARBAREN stimmt. Es ist nicht leicht, ein glaubwürdiges Regelwerk zu erschaffen was eine plausible Welt ermöglicht. Es gibt 2 "funktionierende" Vorgehensweisen. So detailiert, dass sich fast alle Situationen gut abbilden lassen, ohne die Regeldicke explodieren zu lassen, oder man geht den anderen Weg, dass man so stark abstrahiert, das alles grob in wenige Kategorien passt.
Dazwischen ist es schwierig, und wenn es ZU grob ist, kommen eben auch wenig realistische Ergebnisse bei raus. Beispielweise bei Dingen die nicht monokausal von einer Sache abhängen. Ob man da jetzt 3 mal auf verschiedene Sachen würfeln möchte, sei mal dahingestellt. Auch da können fragwürdige Ergebnisse rauskommen.
Bei detaillierten Systemen sehe ich eher die Gefahr, dass es zu Überschneidungen zwischen Einzelregeln kommt. Hier muss dann nachgebessert werden und ein Konsens erreicht werden. Und was ist mit den Aufgaben des SLs? Ist ein Aufforderung "Würfel mal auf Geschick+Handarbeit+Umgebungsmodifikator+Werkzeugmodifikator!" nicht genauso willkürlich gewählt wie ein "Würfel auf Handwerk!" Denn letztlich sind der SL und die Spieler diejenigen, die den Realismusgrad in der Spielwelt bestimmen. Können sie das nicht, so hilft auch ein detailliertes Regelwerk nicht weiter. Wenn ihr eine Möglichkeit gefunden habt, einen Computer ein Rollenspiel leiten zu lassen, dann sagt Bescheid. Denn sobald menschliche Faktoren im Spiel sind, ist das Ergebnis immer ein stückweit unrealistisch.
Niemand sagt, das ein gutes und viel abdeckendes simulatorisches Regelwerk einfach ist. Ist es nicht, aber wenn es gelingt, finde ich, dass es die Mühe wert wird.
Handwedeln muss ich z.b. bei GURPS nur extrem selten, und dann auch nur, weil ich vielleicht grade keine Lust habe zum nachlesen..aber abgedeckt ist eine Menge.
Ein detailiertes Werk, wird den erforderlichen Wurf meistens nicht dem handwedeln überlassen. Deine obige Aufforderung ist in solchen Systemen dem Regelwerk entnommen, und das hat nichts mit handwedeln zu tun, sondern mit der Überprüfung der Situation mit denen, die das Regelwerk abdeckt. Erst wenn man keine 1:1 Übereinstimmung findet, oder es nicht in eine klare Kategorie einordnen kann, DANN, aber erst dann, muss der SL handwedeln.
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Glaubwürdig und realistisch sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Und für Glaubwürdigkeit bzw. Plausibilität ist der GMV tatsächlich das mit Abstand wichtigste Faktor. Denn Plausibilität ergibt sich immer im Auge des Betrachters, und wenn man über spezielle Themen zu wenig weiß, glaubt man auch unrealistische Abläufe.
Ich bin nebenbei bemerkt in erster Linie Genre-Emulationlist mit Hang zu immersivem Spiel und verwende Drama oder Herausforderungen vor allem, um die Intensität des Spiels und die Identifikation mit dem Charakter zu erhöhen. Mangelhafte Plausibilität ist dabei ein absoluter Stimmungskiller. Insofern bin ich vornehmlich SIM-Spieler. Als solcher habe ich aber eine extreme Abneigung gegen RHS entwickelt. Dabei hatte ich vor knapp 20 Jahren selbst noch geglaubt, dass man mit mehr und präziseren Regeln leichter zum Ziel kommt. Zumindest für mich gilt das nicht ansatzweise.
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Damals, wo ich anfing GURPS zu spielen, war ich total unzufrieden mit der Abzugstabelle für Fernkampf aufgrund von Entfernung und Bewegung des Ziels. Bereits nach einigen Metern sind die Abzüge gewaltig. Ich hielt das für völlig unrealistisch. Ich habe mir dann die Mühe gemacht, in einem Forum für Sportschützen mein Anliegen zu erklären, um von den "Experten" zu erfahren, wie realistisch diese Zahlen sind. Erstaunlicherweise fanden die meisten, die noch nie mit RPg zu tun hatten, das Thema hochinteressant, versicherten mir aber, dass diese Liste gut recherchiert ist, und realistisch.
Ich meine, mich daran zu erinnern ;D
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Ich meine, mich daran zu erinnern ;D
Hehe..meinst du, das die die Erzählung bekannt vorkommt, oder bist du RPGler UND Sportschütze, und warst bei der Diskussion damals dabei? ;)
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Ich weiß nicht mehr, ob ich selbst was dazu geschrieben habe (der Konsens war ja recht eindeutig IIRC), aber gelesen habe ich es.
Müsste auf gunboard oder WO gewesen sein, gell?
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@ Crimson King
Ich sehe den Vorteil, wenn die Spieler entscheiden, darin, dass die Spieler ja diejenigen sind, die damit zufrieden sein sollen. Wenn die Spieler einen Konsens haben, ist es egal, ob Regeln realistischer wären. D.h. im Konsens kann man eh die Regeln ignorieren.
Knifflig wird es ja sowieso erst, wenn die Spieler unterschiedlicher Meinung sind. Wie soll man damit umgehen?
a) Diskutieren, bis man einen Konsens erreicht? Das dauert ja noch länger, als über Regeln zu diskutieren.
b) Mehrheit entscheidet? Das kann dazu führen, dass derjenige, der Recht hat, überstimmt wird.
Genre-Emulationisten sind natürlich auch SIM-Spieler, mit Realismus-SIM-Spielern verstehen sie sich aber schlecht.
Und was tust du, wenn die Abzugstabelle für Schusswaffen, die so unglaublich realistisch ist, gar nicht zum Genre passt? Spielst du dann dieses Genre nicht mehr?
Wenn jemand immer Wert auf Realismus legt, dann spielt er keine unrealistischen Genres, korrekt.
Dein Beispiel mit der Magie zeigt es doch: Magiesysteme sind eben häufig nicht durchdacht genug, dass sie nach Regeln folgen kann, die eine realistische Simulation ermöglichen (Emotionen und Ideale im Übrigen auch nicht). Gerade da muss man doch häufig viel handwedeln, denn gerade die Plausibilität eines Settings wird nur allzu häufig durch Magie strapaziert (wenn es eine Möglichkeit gibt, Gedanken per Magie zu lesen: Warum stellt die Stadtwache dann nicht Magier für's Verhör ein?).
Das ist kein Fehler des Magiesystems, sondern ein Fehler des Settings (bzw. des Abenteuerautors bzw. des SLs). Das Magiesystem funktioniert wunderbar. Da gibt es auch keine Logiklücken. Bloß die Stadtwache in Stadt XYZ des Setting, die verhält sich unglaubwürdig. Wenn man das Setting ändert, dann ist das Problem behoben. Deshalb sollte man das Setting auch immer erst nach den Regeln erstellen.
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Deshalb sollte man das Setting auch immer erst nach den Regeln erstellen.
Naja, wenn man an Harry Potter oder Herr der Ringe denkt, dann wurde das Setting zu einer Zeit erfunden, als die Autoren noch nichtmal dran gedacht haben, daraus ein RPG zu machen.
Das Setting existiert also schon lange Zeit recht erfolgreich in Form eines Romans bzw. Films.
Hier ist es nun Aufgabe der Regeln, dieses Setting aufzugreifen und vernünftig abzubilden. (Weshalb sich für simulationistische Spielweise auch die Magieregeln zwischen HP und HdR unterscheiden.)
Es stimmt natürlich trotzdem, dass die Autoren von Settingbänden oder Abenteuern die vorhandenen Regeln kennen sollten und ihre Werke so verfassen, dass diese im Einklang mit den bereits existierenden Regeln sind. Allgemein ist das Werk, das als letztes erscheint sozusagen im Zugzwang und muss darauf achten, sich konsistent in die bereits existierenden Werke einuzufügen.
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Für mich führt es aber auch bei Romanen oder Filmen, wo ich schon Probleme bei einer Umsetzung in ein Regelsystem erkennen zur Abwertung der Vorlage. Entsprechend geringer fiele der Reiz aus ausgerechnet diese Vorlage Original zu bespielen.
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@ Eulenspiegel
Ich halte diese Reihenfolge für suboptimal. Zweifelsohne sind die wirtschaftlichen Chancen bei so etwas gut. Aber wenn die Regeln die Erlaubnis haben, das Setting zu bestimmen, dann ist das vorteilhaft.