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Pen & Paper - Spielsysteme => Systemübergreifende Themen => Thema gestartet von: Exilant am 31.05.2014 | 17:06
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Nachdem ich im Thread nebenan nach einem "storygetriebenen" System gesucht habe, und mir eure vielen nützlichen, interessanten und auch kritischen Beiträge und einige vorgeschlagene Systeme durchgelesen habe, ist mir eine Sache bewusst geworden:
Eigentlich suche ich garnicht nach einem "storygetriebenen" System. Und eigentlich würde ich meine Spielrunden gerne so spielen, wie ihr es vorgeschlagen habt: Freiraus, ohne große Planung, wo auch immer es die Spieler/Charaktere hinzieht.
Was ich dafür aber suche, ist ein System, das mir nicht in die Quere kommt, und das es den Spielern erlaubt, "ganz die Charaktere zu sein".
Also nach wie vor - beziehungsweise nun mehr denn je - weiss ich: Weltengestalterisches Player-Empowerment ist genau das, was meine Spieler nicht wollen. Sie wollen ihre Charaktere sein, und das Feedback einer Konsistenten, "oppositionellen" Spielwelt erleben.
Und was ich für meine Spielrunden brauche, ist ein System, das erstens eine detailreiche Spielwelt ad hoc abbilden kann (also vermutlich etwas ziemlich "simulationistisches") und gleichzeitig flüssig und ohne Stirnrunzeln von der Hand geht. Und Fantasy.
Woran ich mich an den gängigen Systemen störe:
DSA: Allem voran die aus der Luft gegriffenen Schwerpunkte, die keinen "Kampfmagier", aber einen "Armeezerstampfer" durch abgedrehte Zauberkombinationen erlauben, ebenso wie die Belanglosigkeit vieler Talente durch niedrige Steigerungskosten bzw praktische Nicht-Anwendbarkeit. (Kriegskunst, viele Wissens & Handwerkstalente, soziale Sonderregeln ziemlich knapp vergl. mit Kampf)
GURPS: 4W6 addieren... jedes mal.. irgendwie klingt das nicht nach Immersion, ebensowenig wie die sehr konstruiert wirkenden Regeln zur Charaktererstellung.
Earthdawn: Vom Regelwerksfokus leider auch etwas eingeschränkt.
Splittermond: Hier werden die Ticks im KAmpfsystem leider zum Dealbreaker.
DnD: Klassen sind in diesem Fall leider Dealbreaker.
Savage: nach wie vor zu grobkörnig, und durch Bennies wiederum gefühlt zu viel PE.
Wo ist das System, das mir das gleiche Gefühl wie damals gibt, als ich mit meinem ersten Charakter in Morrowind gestartet habe, und mir eine gefühlt konsistente Welt mit konsistenten Regeln zum Erkunden zu füßen lag?
Hat ein DSA-Umbau Sinn? Oder ein DnD-Umbau mit 2w10 statt w20? Geht Warhammer 3 ohne Horror? Das etwas breiter abgesteckte Cthuluh-Regelgerüst?
Ich scheue auch den Eigen-/Umbau nicht, also ich nehme auch gerne "Spielmechanik-Fetzen-Empfehlungen" entgegen! :)
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Nimm HARP :d
Man hat zwar Klassen, die beschneiden aber nicht. Der schwertschwingende Magier ist locker drin.
Kämpfe sind schnell und gefährlich.
Regelgerüst intuitiv und flüssig.
Magie ist nicht der Weisheit letzter Schluss, aber irgendwie anderrs-cool, Zaubersprüche können skalieren ...
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Zwei Möglichkeiten die ich da sehe:
1. Runequest
Ausgefeiltes, aber einfaches klassenloses Regelsystem auf W100/W20-Basis. Schönes Magiesystem das viel zu lässt, einfaches aber brauchbares Skillsystem. (eng verwandt mit dem Call of Cthulhu-System)
(das SRD zum Reinlesen gibt es hier (http://basicroleplaying.com/downloads.php?do=file&id=6))
2. Dragon Age
Ebenfalls nicht allzu schwer, Regeln drängen sich nicht in den Vordergrund, Charaktere wirken kompetent und können nach dem Sammeln gewisser Mengen an Erfahrung auch richtig was. Nachteile für Dich: Klassen und Stufen.
3. Dungeon World
Ist einfach, die Charaktere unterscheiden sich recht stark voneinander und das Regelwerk ist von vorn bis hintern auf "Story erleben" ausgerichtet. "Nachteil" aber auch hier: Klassen und Stufen.
(falls doch von Interesse, hier gibt es übrigens das SRD (http://www.dungeonworldsrd.com/))
4. GURPS
Fände ich nicht gänzlich unpassend. Wenn ihr vorher ständig 3W20 gerollt habt schafft ihr das mit den paar W6 bestimmt auch! ;)
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The Shadow of Yesterday (http://tsoy.de) hatte dich nicht angesprochen?
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Hm GURPS bzw. GURPS lite werden in diesem Zusammenhang schon oft genannt, gerade wenn du kein Klassen-System willst. Deine Dealbreaker klingen da für mein unkundiges Ohr etwas... voreilig. 4W6 addieren? Kann ich als alter Star Wars d6 Veteran nur drüber lachen. Immersion? Ich erzähl dir mal was über Immersion.
Keiner weiß, was Immersion eigentlich ist. Frage hier im Forum drei Leute, und du bekommst vier Antworten. Immersion war diese eine Sitzung, die so toll war, wo man so total drin war, und keiner hat mehr an was anderes gedacht, und keiner hat mehr flache Witze gerissen, und alle waren voll bei der Sache und "In Charakter", und plötzlich waren 4 Stunden rum, und keiner hatte es gemerkt. Was man tun könne, um Immersion zu fördern, ist so was wie der heilige Gral der Forumsdiskussionen. Nach über 10 Jahren und über 10.000 Posts im "Geschäft" bin ich von einem Überzeugt: Immersion, was immer das ist, erreicht man nicht dadurch, dass man alles weglässt oder verbietet, was von "In Character" ablenkt. Das bringt genau gar nichts, solange das "In Charakter" nicht die nötige Anziehungskraft ausübt. Und diese Anziehungskraft kriegt man nur über Inhalt hin. Was dabei stört? Verstimmungen innerhalb der Gruppe. Gestresste und erschöpfte Spieler. Eine unentspannte Umgebung mit ständigen Ablenkungen/Unterbrechungen. Und, ja, die falschen Regeln. Die Regeln, die einen nicht das machen lassen, was man gerne machen möchte.
Aber 4W6 addieren? Pah. Du sortierst sie dir in 10er-Gruppen, z.B. [4 6] [3 1] --> 14 oder [5 3 2] [6] --> 16. Kinderspiel. In meiner langjährigen Star Wars d6 Runde anno dazumal konnten sich die meisten Mitspielerinnen die einfachsten Regeln nicht merken und mussten jedesmal wieder fragen, aber ein paar W6 addieren, das haben alle ohne Probleme hingekriegt.
Nur meine 2 Cents. Da simulierende Systeme mich nicht die Bohne interessieren, kann ich sonst nicht viel beitragen.
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Was Lord Verminaard sagt. "Immersion" entsteht ja meist nicht durch Regeln sondern trotz der Regeln.
"Simulierende" Regeln bedeuten für die meisten Leute auch dass die Regeln, vor allem aber die Würfelergebnisse zu etwas kommen das wie ein plausibles Ergebnis scheint, was dann dazu führt das man sich in die Situation hineinversetzen kann.
Persönlich würde ich das jetzt nicht an Grob- und Feinkörnigkeit abhängig machen, die ist meist nur eine Illusion dafür das etwas jetzt "plausibel" abgehandelt wurde oder nicht, sondern viel mehr daran ob mir das System an sich jetzt die Mittel in die Hand gedrückt hat diese plausiblen Ergebnisse erbringen zu können.
Ein Beispiel dafür wäre das Roll n Keep System hinter 7th Sea und Legend of the Five Rings, das durch die Mechanik der "Raises" in der Lage ist den Schwierigkeitsgrad einer Aktion anhand meiner Erzählung und Intention hinter dieser Aktion aufzubauen.
Das führt, zumindest für mich, zu "plausiblen" Ergebnisse ohne die Regeln sinnlos aufzublasen.
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Hey,
Fate, WOD oder Dogs in the Vineyard sollten dir gefallen und sich dafür ziemlich eignen.
Ansonsten, 2W6 + Attribut + Fertigkeit gegen Schwierigkeit ist super ;)
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Also ich schlage nochmals Gurps vor. Das hat auch nur 3W6, nicht 4W6 ;D
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Hey,
Fate, WOD oder Dogs in the Vineyard sollten dir gefallen und sich dafür ziemlich eignen.
Ansonsten, 2W6 + Attribut + Fertigkeit gegen Schwierigkeit ist super ;)
Ich verstehe ja nicht, wie du zu der Einschätzung kommst. Fate und Dogs in the Vinyard haben ihren Fokus eben nicht auf Simulation und sind außerdem relativ grobkörnig (jedenfalls für jemandem, dem SaWo zu großkörnig ist). WoD gibt es eigentlich nicht als Fantasy; außer vielleicht mit Exalted. Das könntest du dir tatsächlich mal anschauen, wenn du richtig mächtige Helden mit richtig heftigen Gegnern magst.
Persönlich mag ich Gurps ja nicht so, aber es kann simulieren, es ist nicht grobkörnig, es kann Fantasy und es ist (wurde mir berichtet) relativ unkompliziert, wenn man es kennt. Vielleicht ist es einen zweiten Blick doch wert - es sind wirklich nur 3w6, die du würfeln musst.
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Ansonsten fallen mir noch ein:
The One Ring: Rollenspiel zu Zeiten des Hobbits auf Mittelerde. Interessante Regeln für Überlandreisen.
Cadwallon: Man spielt in der gleichnamigen Stadt, wo Schatzsucher gleichsam den Adel bilden. Gut ausgearbeitete Stadt, taktisch anspruchsvoll.
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Hast du schon mal einen Blick auf HârnMaster geworfen?
Review auf RPG.net (http://www.rpg.net/reviews/archive/9/9180.phtml)
nochn Review auf RPG.net (http://www.rpg.net/reviews/archive/9/9258.phtml)
Review des Kampfsystems (http://www.rpg.net/reviews/archive/9/9298.phtml)
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Das ist eigentlich nicht so meine Baustelle, aber ich hatte viel Spaß mit zwei klassischen Systemen: Midgard und Warhammer (Variante 1 + 2 in diesem Fall).
Midgard hat zwar ein Klassensystem, aber jeder Abenteurertyp kann zumindest theoretisch alle zur Verfügung stehenden Fertigkeiten in seiner Abenteurerkarriere lernen. Langfristig angelegte Kämpfercharaktere können sogar Wissen von der Magie erlernen und zu Zauberern werden. Über 40 verschiedene Fertigkeiten und hunderte von Zaubersprüchen ermöglichen sehr differenzierte Charaktere mit Nischenrollen, aber universell notwendige Fertigkeiten fürs Abenteurerleben (Reiten, Klettern, Schwimmen, Geländelauf) beherrscht jeder zumindest rudimentär. PE gibts so gut wie gar nicht, Schicksalspunkte und göttliche Gnade gibt es zwar, haben aber wenig mechanische Auswirkungen (und sind selten und sehr knapp, im Vergleich zu Bennies oder FATE-Punkten). Taktisches Kämpfen ist möglich, aber lang nicht so prominent wie z.B. in Pathfinder. Kämpfen und Würfeln ist lang nicht so kompliziert wie bei DSA.
Das System hat ein paar Macken, z.B. recht viel Bürokratie beim Steigern der Charaktere, aber wenn Du und Deine Spieler sowas gern machen, sollte das nicht stören. Aber Achtung: In vielen Dingen sind die SCs zumindest am Anfang lang nicht so kompetent wie z.B. in Savage Worlds! Viele Attributsproben schafft man oft nur gegen den Zielwert 20, wenn es jede Menge begünstigende Umstände gibt - oft in Form leichter Herausforderungen, z.B. einfaches Schloss bei der Probe auf Schlösser öffnen gibt Würfelbonus +x usw.
Warhammer (2nd edition) hat auch ein Klassensystem, aber Sinn des Spiels ist es, seine Klasse im Laufe seiner Abenteurerkarriere ständig zu wechseln und sich weiter zu entwickeln. Es gibt jede Menge Basisklassen (Milizsoldat, Dieb, Handwerker, Scout, Diener usw.) und einige Expertenklassen, die man erst nach Abschluss einer Basisklasse erreicht (z.B. Söldnerhauptmann). Man kann so gut wie alle Klassen anstreben, und wem der Entwicklungspfad nicht passt, der kann für wenig XP in eine neue Basisklasse wechseln und von dort aus weiter gehen. Fertigkeiten und Talente gibt es auch jede Menge, deren Erwerb über die aktuelle Klasse möglich ist.
Ähnliches Problem wie bei Midgard: Die Charaktere sind lange Zeit sehr inkompetent bei Aufgaben ohne Würfelboni. Deswegen sollte man als SL den Spielern in den ersten Karrieren nur einfache Proben (W100) mit Boni um die +20% abverlangen, ansonsten stolpert man durch die Gegend. Die Idee dahinter ist m.E., dass die Spieler sich für gutes Beschreiben oder kluge Planung diese +20% "verdienen", aber das wird im Regelwerk so nicht explizit klar gemacht, und wenn man als Spieler selbst bei seinen Stärken anfangs mit einer 40% Erfolgschance herumdümpelt, ist das nicht motivierend. Anderer Nachteil ist: Das System passt sehr zur Alten Welt von Warhammer. MAn kann überall wahnsinnig vor Furcht oder korrumpiert durch das Chaos werden.
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Das System passt sehr zur Alten Welt von Warhammer. MAn kann überall wahnsinnig vor Furcht oder korrumpiert durch das Chaos werden.
Das sind aber auch Regelteile, die man ohne große Schwierigkeiten rausnehmen kann.
Warhammer 2nd ist auch eine meiner Empfehlungen.
Zu GURPS:
GURPS ist "frontlastig", d.h. man hat als SL im Vorfeld den Aufwand, erst einmal zu sortieren, was man drin haben will und was nicht.
SL und Spieler gemeinsam müssen dann an den SC basteln, was für Einsteiger zugegebenermaßen recht abschreckend wirken kann.
Aber im eigentlichen Spielverlauf ist es je nachdem, mit welchen Regeloptionen man spielt, erstaunlich schnell bis immer noch ziemlich flüssig.
Das Magiesystem aus dem GRW finde ich persönlich ganz schrecklich, aber im "Thaumatology" gibt es brauchbare Alternativen.