Hallo zusammen,
nun habe ich mich endlich doch noch aufgerafft und zu den Texten jeweils eine Kurzrezension geschrieben. Ich hoffe, ich konnte noch ein oder zwei Beobachtungen beitragen, die nicht bereits in den Rezis meiner Vorschreiber erwähnt sind, erscheine nicht zu pingelig/klugsch...nd, und bitte um Nachsicht, dass es so lange gedauert hat und trotzdem nicht sehr detailliert geworden ist – die Zeit und die Muße konnten sich nicht recht einigen, mich gemeinsam heimzusuchen...
@KhornedBeef:Insgesamt ein m. E. schöner Text, der sich flüssig lesen lässt. Auch die stellenweise eher flapsige Sprache ist in meinen Augen durchaus passend – jedenfalls scheint sie mir mit dem Bild zu harmonieren, das du nach meiner Lesart vermitteln möchtest.
An einigen Stellen bin ich über Tempuswechsel gestolpert, die ich als nicht ganz stimmig wahrgenommen habe, Beispiel: "Der Typ vom Bergwanderverein in München hatte gesagt, die Aussicht ist jeden Schritt wert" → vielleicht eher "...
hat gesagt, die Aussicht
sei jeden..."
Orthographie und Zeichensetzung, vor allem Kommata, könnten an manchen Punkten noch mal ein Gegenlesen vertragen
Eine äußere Handlung ist kaum vorhanden, was aber durch das "Herunterzählen" der Entfernungsangabe nach meinem Empfinden etwas abgemildert wird. Eventuell könntest du hier noch ein paar kleinere Schilderungen einbauen, z. B. von der Umgebung, wenn sich der Protagonist umsieht, verschnauft o. ä., oder ein kurzes Straucheln beim Klettern.
@Dolge:Eine sehr interessante Idee, auf die ich bei dem gegebenen Impuls sicherlich nicht gekommen wäre! In meinen Augen auch ein Stück weit bewegend, was in einem so kurzen Text wirklich nicht einfach zu erreichen ist. Die blumigen Wendungen, die du verwendest, sind ein Stilmittel, das zur Sprache der Mutter gut passt, finde ich.
Zum Stichwort "bewegend" fällt mir allerdings noch auf, dass du fast durchgehend auf die Verwendung von Ausrufezeichen, Gedankenstrichen und ähnlichen Mitteln verzichtest, mit denen du die Intensität und Stimmung eines Satzes noch weiter unterstreichen könntest. An den richtigen Stellen ein paar solcher Hilfen für den Leser würden den Text m. E. noch stimmungsvoller machen. Mein Tipp: Lies den Text laut vor – wann immer du z. B. lauter wirst oder etwas betonst, ist das ein Hinweis darauf, dass du dir hier unter Umständen ein Ausrufezeichen o. ä. leisten könntest
Sachlicher Hinweis: Wale atmen nicht über das Maul, sondern über die Blaslöcher – ich nehme nach dem Lesen des Textes an, dass du das ohnehin weißt, aber an einer Stelle ist es etwas missverständlich geschildert.
Die Stelle "Mutter: (stirbt)" ist mir für die Bedeutung fast ein wenig zu trocken formuliert. Da hätte ich persönlich noch so etwas wie ein letztes Blasen mit einer rasch schwächer werdenden Fontäne o. ä. eingebaut – das ist aber sicherlich Geschmackssache. Die relativ nüchterne Formulierung mag ja auch genau deine Absicht gewesen sein.
@Edvard Elch:Trotz der Kürze deiner Zeilen finde ich mehrere Bilder darin, die mir sehr gefallen.
Vor allem beim zweiten Satz hätte man meiner Meinung nach allerdings noch irgendwo mit einem Punkt die Gedanken etwas voneinander absetzen können – der Satz wirkt beim Lesen extrem lang und verwinkelt.
Bei dem nur einmal auftauchenden "wir" bin ich mir nicht ganz sicher: Einerseits habe ich persönlich dabei schon ein stimmiges Bild vor Augen, andererseits weiß ich nicht, ob es auf manchen Leser womöglich verwirrend wirkt und er sich fragt, wen das nun bezeichnen soll.
@Huhn:Hier musste ich beim Lesen wirklich schmunzeln. Humor ist nach meiner Erfahrung nicht leicht rüberzubringen, daher Hut ab für deinen Text, meinem Gesamteindruck nach! Dazu die kraftvolle Bildsprache, sehr schön. Und ich muss sagen, ich lese immer gern Texte, in denen etwas aus der Mode gekommene Worte wie "unstet" korrekt und zur Semantik passend verwendet werden
Gelegentlich hätte ich aber ein paar Adjektive weniger auch als ausreichend empfunden, obwohl es natürlich gerade die sind, mit denen du einen Teil deiner Stimmung transportierst.
Obwohl ich ähnliches schon bei Dolge geschrieben habe und auf die Gefahr hin, dass es als Manie wirkt: Durch die Verwendung geeigneter Satzzeichen ließe sich in meinen Augen noch die eine oder andere Aussage besser pointieren. Beispiel: "Und Größe. Einmal im Leben groß sein, das wärs." Vorschlag: "Und Größe – Einmal im Leben groß sein, das wär's!"
@Taurussieben:Noch ein Text, der mich vom Inhalt her (im positiven Sinn) überrascht hat. Was alles bei einem solchen Impuls herauskommen kann, erstaunlich! Insgesamt gefällig zu lesen, und durch das prominente Gespräch fällt die geringe äußere Handlung für mich bei so einem kurzen Text nicht wirklich ins Gewicht. Das offene Ende bzw. die Tatsache, dass man sich seinen eigenen Reim auf alles machen muss, ist in dem Fall nach meinem Empfinden ein Plus.
Eventuell sollte man noch einmal hinsichtlich der Absätze über den Text gehen. An manchen Stellen wurde mir nur durch den Zusammenhang beim zweiten Lesen klar, wer gerade wen anspricht. Z. B. bei der Stelle "..."Also?" Tarek zuckte mit den Schultern..."
Die Kommasetzung ist auch so ein Thema, bei dem ich mich immer scheue, darauf hinzuweisen, weil das nach Erbsenzählerei von meiner Seite aussehen könnte. Aber auch hier würde ich sagen, mit einem kurzen Korrekturlesen ließen sich vermutlich Großteile der Fehler bei geringem Aufwand rauswerfen, was den Lesegenuss (jedenfalls für Erbsenzähler wie mich
) bestimmt noch steigern würde.
Bei "...Sie war langgezogen, mit einem großen gewölbten Maul? Er hatte Flossen und schien zu singen..." bin ich etwas über den Wechsel von "Sie" zu "Er" und dann zu "Zeichne
es" gestolpert, obwohl trotzdem noch immer klar wurde, was jeweils gemeint war.
Der Tempuswechsel bei "Er markierte wo sie sich befanden und wo die Erde ist" liest sich unschön. "...und wo die Erde
war." sollte das beheben.
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So, das wäre mein Senf zu euren Ergüssen – in der Hoffnung, dass er euch nicht zu scharf erscheint
Grüße
Der cimmerische Coiffeur