Autor Thema: Charakterkonflikt vs. Spielerkonflikt  (Gelesen 840 mal)

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Offline Meister Isegrimm

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Charakterkonflikt vs. Spielerkonflikt
« am: 10.08.2017 | 01:31 »

So, nachdem Ich hier einiges an Threadnekromantie betrieben habe, mal ein eigenes Dilemma und Ich würde gerne Eure Meinung hören:

Ich meistere derzeit eine DSA3 Gruppe in dem es nicht so rund läuft. Dazu muss Ich sagen, daß Ich - mittlerweile 35, verheiratet mit Kind - keine Lust habe mich in meiner Freizeit (i.e. Rollenspiele) zu streiten, zu fetzen oder anderen Menschen dabei beizuwohnen. Jetzt ist es so, daß zwei Spieler(innen) in meiner Gruppe sich ein wenig in den Haaren hatten und Ich das Gefühl hatte, daß sich dort Spieleremotionen mit denen des Charakters vermischen. Natürlich bin Ich ein Freund von Konflikten zwischen den Charakteren, solange es nicht überhand nimmt und die Gruppe noch intakt bleibt, aber nicht davon daß sich die Gruppe am Tisch wirklich fetzt.

Es ging bei dieser Sitzung darum um ein Gespräch mit zwei Jägern (Einem Ehepaar), die darüber sprachen wie sie ein Kind verloren hatten und deswegen den Helden helfen wollten einen Komplott zur Entführung Kinder Ihres Herren zu vereiteln. Als Meister wollte Ich damit der Gruppe ein paar Verbündete, quasi "Insider" schaffen. Jedoch hat einer der Spieler sein Misstrauen gegenüber den Beiden geäussert (in Form seines Schwarzmagiers). Daß dieser Ihnen nicht glaube würde und er wolle sie nicht gehen lassen. Während des Rest der Gruppe gewillt war sie ziehen zu lassen. Das eskalierte dann recht fix weil alle Beteiligten Ihre "Rollen" ausspielten und auf Ihrer Position beharrten. Schließlich entfuhr es einer Spielerin mit einem deftigem "Halt's Maul" mit betretendem Schweigen am Tisch und Ich komme nicht umhin mir sicher zu sein, daß sie von den Aussagen seines Helden (bzw. Ihm) provoziert war [Sein Schwarzmagier sagt Sachen wie: "Es ist mir egal wieviele Kinder Ihr verloren habt, ich traue Euch nicht." Also rollengerecht kann man sagen].

So, jetzt meine Frage - Ich möchte nicht, daß jeder Konflikt der zukünftig zu Diskussionen in der Gruppe führt (Strategie, Moralisches Dilemma etc.) zu so schlechter Stimmung führt, aber auch nicht alle internen Konflikte vermeiden (Ich bin ja nicht Gene Roddenberry). Aber Ich hatte das Gefühl, daß es von Charakter auf die Spielebene abgesoffen ist.

Was sind Eure Erfahrungen ? Was habt Ihr für Lösungsansätze und haltet Ihr das für ein gängiges Problem, wenn man eben Rollenspiele betreibt und dort eben Charaktere unterschiedlicher Meinung spielt. Was sollte man tun, wenn der "Charakter" (!) eines Spieler einen Spieler ( Nicht Charakter ) persönlich nervt und dieser dann als Spieler und nicht als Charakter  reagiert ?

So, kompliziert ausgedrückt, aber Ich glaube Ihr wisst was Ich meine.

MI
Aktuelle Runde(n):
DSA3 - Der Kreis des Schwarzen Turms spielen gerade Die Verschwörung von Gareth (Gruppe Aktiv seit 2013)
DSA3 - Die Hüter des Drachenhortes spielen gerade Gen Norden (Gruppe Aktiv seit 2018)

Arlecchino

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Re: Charakterkonflikt vs. Spielerkonflikt
« Antwort #1 am: 10.08.2017 | 02:53 »
Eine der wichtigsten Eigenschaften, die meiner Meinung nach alle am Tisch mitbringen müssen um eine erfolgreiches, produktives und entspanntes Erlebnis zu ermöglichen, ist, persönliche Befindlichkeiten zu klären und nicht ins Spiel fließen zu lassen.

Unmut, Genervtheit, Frustration oder andere Probleme über den Charakter im Spiel auszulassen ist nicht nur schlechter Stil, es versaut Jedem der Beteiligten potentiell den Abend. Wenn ein Problem besteht, sollte das angesprochen und geklärt werden. Notfalls unterbricht man die Runde oder klärt das bis zum nächsten Mal. Falls es sich nicht klären lässt, muss man über Veränderungen nachdenken. Alles andere ist ehrlich gesagt Kinderkacke. Da muss man in meinen Augen irgendwann rausgewachsen sein.

Genauso bin ich absolut kein Fan davon, Konflikte unter Spielern im Spiel und über Charaktere zu klären. Oder Spieler über Charaktere oder Geschehnisse im Spiel zu bestrafen. Konflikte unter Charakteren können sich organisch entwickeln, genauso gut können sie bewusst herbeigeführt sein, um Spannung zu erzeugen. Meiner Meinung aber sollten die Spieler zu jeder Zeit Kontrolle darüber haben, dass der Konflikt nicht den Spieltisch erreicht.

Jetzt kann es natürlich sein, dass in der entsprechenden Spielsituation gar nicht so sehr die zuvor bestehenden Befindlichkeiten Auslöser für die harsche Reaktion waren, sondern die Endlosdiskussion und das Hin und Her der Charaktermotivationen, die der entsprechenden Spielerin einfach irgendwann zu viel wurde. Ob das nun dazu rechtfertigt, ein "Halt's Maul" in die Runde zu hauen, sei mal dahingestellt. Es ist klar, dass so ein Ton erstmal die Stimmung kippen lässt. Aus welchem Grund auch immer das passiert ist - spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte mal kurz die Handbremse gezogen werden. Und wenn es nur ist, damit mal alle fünf Minuten an die frische Luft gehen, um den Kopf zu kühlen.

Was die Charaktermotivation betrifft habe ich über die Jahre eine gewisse Nulltoleranz entwickelt. Es ist gut und richtig, sich über seinen Charakter und dessen Antriebe, Motive und Vorstellungen von Moral etc. bewusst zu sein und ihn dementsprechend zu verkörpern. Wenn man aber aus irgendeinem Grund immer zum blockierenden Element wird, weil man "ja nur seinen Charakter ausspielt" oder sich oft "mein Charakter ist eben so!" sagen hört, dann ist das ein guter Zeitpunkt um darüber zu reflektieren, warum man denn da eigentlich mit am Tisch sitzt. Neben der selbstverständlichen Aufgabe der beteiligten Spieler, ihre Charaktere zu spielen und mit Leben zu füllen, sehe ich ehrlich gesagt alle am Tisch sitzenden Beteiligten auch immer in der Verpflichtungen, dafür zu sorgen, dass alle anderen mindestens genauso viel Spaß haben, wie sie selbst. Das heißt ich nehme SL und Spielern gleichermaßen, bei aller Liebe zur Selbstverwirklichung und kreativen Entfaltung im Spiel, in die Verantwortung, das Gelingen des Abends (und die eigene Beteiligung daran) auf der eigenen Agenda zu behalten, mindestens im Hinterkopf.

Wenns dann eben mal an der Charaktermotivation hapert und das Spiel ins Stocken gerät, sollte man schon dazu in der Lage sein, Fünfe gerade sein zu lassen und dem Spiel wieder auf die Beine zu helfen, indem man nicht stur wie ein Esel auf seinem Standpunkt (oder dem des Charakters) beharrt. Das ist im Extremfall sonst schon eher sowas wie Spielverweigerung (und hat möglicherweise ganz andere Gründe, als die Charaktermotivation oder die Unflexibilität des Konzepts) und da wären wir wieder beim oben genannten: in einem vernünftigen Gespräch klären, sonst Alternativen finden.
« Letzte Änderung: 10.08.2017 | 02:57 von Arlecchino »

Offline Nick-Nack

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Re: Charakterkonflikt vs. Spielerkonflikt
« Antwort #2 am: 10.08.2017 | 12:02 »
Der meiner Erfahrung nach wichtigste Lösungsansatz dafür: Rede mit den Spielern drüber. Zum einen kann es immer sein, dass man etwas falsch verstanden hat, und das einfach nur in character war. Zum anderen kann es aber auch ein echtes Problem werden, was alle in sich hinein fressen. Ich würde in so einer Situation je nachdem, wie ich die Leute einschätze, entweder einzeln auf sie zugehen oder in der Gruppe fragen: "Hey, letztes Mal am Spieltisch war Situation XY, ich hatte den Eindruck, dass der Streit hier nicht nur zwischen den Charakteren war, sondern auch zwischen den Spielern. Wie hast du es empfunden?"
Sobald dann klar ist, wo das Problem liegt (bzw. ob es für die anderen überhaupt eines gibt), verzweigen sich die Lösungsansätze:
Wenn die anderen kein Problem sehen und dich die Emotionalität nicht weiter stört, ist das Problem gelöst.
Wenn die anderen kein Problem sehen, dir solche Ausbrüche am Spieltisch aber unangenehm sind, dann sag das und bitte die anderen, ihre Charaktere bitte etwas weniger konfliktreich zu spielen.
Wenn die anderen ein Problem sehen, dann finde durch Fragen heraus, ob es sich nur aus den Charakteren ergibt, oder ob auch etwas auf Spielerebene vorliegt, was gar nichts mit den Charakteren zu tun hat. In beiden Fällen würde ich dann ein klärendes Gespräch mit allen suchen um gemeinsam Lösungen zu finden, von "wir spielen die Charaktere jetzt weniger konfliktreich" über "wir ändern unsere Charaktere" bis "wir spielen nicht mehr in dieser Konstellation zusammen".
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Offline Nebula

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Re: Charakterkonflikt vs. Spielerkonflikt
« Antwort #3 am: 10.08.2017 | 19:15 »
Also wenn einmal der Knatsch drinne ist und nicht ausgeräumt werden kann, wird irgendwann die Bombe hochgehen, weil sich immenser Frust aufbaut, der dann nie wieder gestoppt werden kann.

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