Also, Swords Without Master:
Ich selbst habe dieses Mal mit ein paar Mutigen Swords Without Master ausprobiert, ein ungewöhnliches Sword & Sorcery-Rollenspiel, in dem es im Gegensatz zu den meisten anderen Rollenspielen nicht darum geht, ob und wie man etwas schafft, sondern ob und wie eine Szene entweder "glum", also trist, oder "jovial", d.h. fröhlich und bunt ist. Dafür benutzt der gesamte Tisch ein einzelnes Paar W6. (Bericht zum Vereinstreffen)
Zu Beginn sucht man sich idealerweise zunächst ein sog. Simulacrum oder Eidolon für seine Figur (Rogue) raus. Ein Bild, ein Musikstück, ein Gegenstand et cetera - hier habe ich die gestellt. Wie man dabei am besten oder auch nur genregerecht vorgeht, sagt Swords nicht. Als Overplayer (eine sehr zurückgefahrene SL) habe ich Fragen gestellt, um die Unerfahreneren am Tisch ein bisschen zu unterstützen. Im Folgenden darf man allem, das der eigenen Figur wichtig ist, einen Namen geben und es sich so erzähltechnisch schützen lassen. Die Möglichkeit wurde sehr zurückhaltend genutzt: Waffen, ein Pferd,...; hätte ich hieraus das Setting improvisieren müssen - so scheint Swords als 0-prep Rollenspiel wenigstens gedacht zu sein - wären wohl noch deutlich mehr Fragen nötig gewesen. Andererseits kenne ich mich mit dem Genre auch nicht aus. Zur fertigen Figur fehlten danach noch zwei Schritte: Das Festlegen zweier Feats Heroic (eins 'glum' eins 'jovial') und die Wahl eines Tricks. Letztere sind vorgefertigt und ich hätte sie wohl besser ausgedruckt und verteilt. So wurden sie kaum genutzt. Die Feats Heroic fielen den Spielern am schwersten. Hier muss man sich eine triste und eine fröhliche Großtat überlegen, die die eigene Figur im Spielverlauf vollbringen kann. So ganz ohne Kontext schwierig. Zumal der Text hier noch nichtmal Beispiele gibt. Fertig waren wir trotzdem einigermaßen zügig.
Abgesehen von den Simulacra hatte ich für den Einstieg Folgendes vorbereitet...
Thunder:
Sumpfige Ebene, der arme Bauernfamilien mageren Reis abpressen.
Straße in die wolkenbehangenen Hügel.
Uralte Stadt Phanagor.
Aus dem sagenumwobenen Türkispalast dringen helle Klagelaute und schwarzer Rauch steigt von der Feste auf.
Storm:
Auf Befehl der Fürstin Bao werden alle Fremden und Nichtbürger in den Kriegsdienst gezwungen.
Die Prinzessin hat ihre Söhne ermordet, die königlichen Gemächer in Brand gesteckt und ist mithilfe dunkler Zauberkünste entflohen.
So startete ich nach dem Wurf für den Overtone (der Ton, 'glum' oder 'jovial', in dem in einer Spielphase alle Beiträge gefärbt sein müssen, sofern ein individuelles Würfelergebnis ihn nicht ersetzt) mit einer tristen Beschreibung des Donners, der am - hier wortwörtlichen - Horizont drohenden Gefahr. Nach ein bisschen Interaktion kamen die Rogues vor dem Stadttor an und ich ließ den Sturm in Form der Schergen von Kriegsfürstin Bao losbrechen. Die Idee hinter der sog. Perilous Phase, dass der Overplayer eine über die Gruppe hereinbrechende Gefahr solange eskaliert bis die Person mit den beiden Würfeln genug hat und sie wirft, um das Erzählrecht zu übernehmen, liest sich gut, stellte sich aber in der Praxis als ganz schön anstrengend heraus, weil einige Spieler die Würfel erstmal eine Weile hielten und ich immer weiter eskalieren musste ohne die Rogues dabei umzubringen, was der Overplayer nicht darf. (Nach demselben Prinzip laufen übrigens die Kämpfe in World Wide Wrestling (PbtA), bei dem ich als Spieler lustigerweise auch eine ganze Weile warten musste, bis meine Mitspieler mir endlich mal das Erzählrecht abnahmen). Schließlich hinderten mich die Spieler aber nach einigem interessanten Hin und Her nicht daran, ihre Rogues entwaffnen und vor die Fürstin schleifen, sich von ihr umgarnen und schließlich vergiften zu lassen, obwohl sie es natürlich ohne Weiteres gekonnt hätten. Dieses organische Zusammenspiel ist, wo es funktioniert, definitiv ein großes Plus an Swords.
Es folgte ein Szenenwechsel und die Rogues mussten dem Feldzug entkommen, auf dem sie wieder zu sich gekommen waren. Mehr Perilous Phase.
Mit der Rückkehr der desertierten Rogues nach Phanagor wurde zum ersten Mal die Phase gewechselt. In der Discovery Phase beantwortet der Overplayer loaded questions zu Fakten über die Spielwelt, die sich die Person mit den Würfeln ausdenkt. Das generiert Plot. Finde ich mechanisch stark gelöst. Hier war auch gleich nach der ersten Frage: "Wie stürzt man eine unsterbliche Kriegsfürstin?" klar wie es weitergeht und es wurde gleich in die nächste Phase gewechselt.
In der sog. Rogues' Phase tun Rogues, sofern es die Würfel hergeben, das, was sie am besten können und zwar ohne wie in der Perilous Phase dauernd eingeschenkt zu bekommen. Sie drehte sich bei uns um den Diebstahl silberner Haken aus den Kellern unter Phanagor, hatte die Discovery-Phase doch zutage gefördert, dass man eine Kriegsürstin an jenen Haken aus ihrem Palast schleifen muss, um ihre Macht an sich zu reißen. Hier durften sich die Spieler nun gegenseitig Fragen in dem Format: "Zeig uns, wie dein Rogue...!" stellen. Eine interessante Möglichkeit, "vorzuspulen" ohne, dass es langweilig wird.
Den Abschluss bildete dann wieder eine Perilous Phase, in der sich die Rogues in den Innenhöfen des Türkispalastes einen Kampf mit der Kriegsfürstin lieferten. Weil wir zu diesem Zeitpunkt recht bald alle drei Motivkarten voll hatten - man schreibt Elemente aus der Geschichte, die man cool findet auf drei Karten. Wenn man insgesamt neun hat, beginnt das Endgame. Eine bestechend einfache Pacing-Mechanik, die sich sicher auch in anderen Kontexten mal nutzen lässt - begannen die Spieler wie für das Ende vorgesehen, in ihrer jeweiligen letzten Szene Motive zusammenzuführen. Leider hatten wir nur eine Moral und kein Mystery generiert; das sind die anderen Elemente für das Endgame. Da der letzte Wurf schließlich ein Pasch, ein sog. Stymie, war, entschied sich der Spieler, die Rogues glorreich untergehen zu lassen. Geht nach den Regeln wohl nicht oder nur mit der Zustimmung der anderen, aber als Abschluss hat das, meine ich, niemanden gestört.
Das Fazit der - erfreulich jungen - Runde zu Swords war durchwachsen: Ein vorbereitetes Abenteuer, d.h. weniger Improvisation und eine weniger strenge Spielstruktur (das Spiel läuft in drei Phasen, Perilous, Discovery und Rogues' Phase, ab aus den Einzelne kaum ausbrechen können) hätten den Meisten besser gefallen. Ich selbst war überrascht, dass sich Swords deutlich einfacher liest als es sich spielt, hätte aber durchaus Lust, es noch das ein oder andere Mal auszuprobieren, um es ein bisschen mehr in den Griff zu bekommen. (Bericht zum Vereinstreffen)