Ich würde mich ein wenig an die erste Antwort halten und sagen "Toleranz ist Trumpf" und dadurch ergänzen, dass es meiner Meinung nach eine Sache der Einstellung ist.
Ich habe in den letzten ca. zehn Jahren auch sehr viel über den Tellerrand geschaut, mir neue Systeme, Indies usw. angeschaut, sie gespielt und viel dazu gelernt. In dieser Hinsicht denke ich nicht, dass "mehr Wissen" am Ende wirklich schaden kann. Es kann aber den Blick sehr einschränken, wenn man sich sehr intensiv und sehr explizit mit ein- und derselben Sache beschäftigt.
Ich kann trotz meines Wissens über Player Empowerment, die Fallstricke von Railroading und modernde Design-Ansätze einen guten alten, gerailroadeten Dungeoncrawl noch beinahe genauso genießen wie früher. "Beinahe" auch nur, weil der Sense of Wonder der ersten Stunde ein wenig fehlt. Aber das fällt nicht großartig ins Gewicht. Die Sache ist, dass ich mich darauf einlasse und mein kritisches Ego von meinem inneren Kind mit der Leine vor die Tür gebunden wird und brav warten muss, bis ich fertig damit bin, Spaß zu haben.
Deswegen eine Sache der Einstellung. Tatsächlich kann es sein, dass Jemand, der seit 20 Jahren Spiel X spielt und damit grundzufrieden ist, eine gewisse "Ignoranz" im Bezug auf Weiterentwicklungen und andere Ansätze im Rollenspiel hat. Das muss aber gar nicht so viel damit zu tun haben, warum er zufrieden und glücklich ist. Vielleicht ist er das auch nur, weil ihm genau diese Gruppe jede Woche einfach so gut tut oder Topf und Deckel passen wie die Faust aufs Auge und Spiel X war einfach ein perfekter match. Genauso oft hört man ja Geschichten von Leuten, die irgendwann die Schnauze voll haben und sich anderweitig umsehen. Die blicken dann über den Tellerrand und lernen mehr vom Hobby und von der Theorie kennen, was in jedem Fall immer heißt, dass sie ihren Horizont erweitert haben. Nicht aber unbedingt, dass sie glücklicher sind oder irgendwas finden, dass sie glücklicher macht.
Ich glaube, dass das Kryptonit des hier beschriebenen Wissenszynismus nicht die selige Ignoranz ist, sondern eine Entspannung der inneren Erwartungshaltung und eine Überwindung des kritischen Schweinehundes. Es haben ja auch schon mehrere im Thread geschrieben, dass sie ähnliches durchlebt haben, dann aber aus der Phase rausgekommen sind, als sie ihre Perspektive angepasst oder einfach Fünfe haben gerade sein lassen.