Thema: Spielen in der 3. Person?

[thestor]

Normalerweise (also zumindest in meinen Erfahrungen) spielt man den Helden, sagen wir mal, "direkt, "Ich schlage zu", "Ich knacke das Schloss", "Ich klaue unbeobachtet den Schatz". Hat jemand Erfahrungen gemacht mit spielen in der dritten Person ("Alrik schlägt zu", "Alik knackt das Schloss", "Devon Aidendale rennt so schnell er kann an dne Geistern vorbei zu der Mandrake um sie für Baba Yaga zu holen")? Sollte ja eigentlich mehr Distanz zu der Spielfigur schaffen, theoretisch würde ich mir davon zum einen versprechen, das man auch mehr die Figur in ihrer Welt spielt und zum anderen dass man es nicht persönlich nimmt, wenn andere Spieler (oder vielmehr ihre Figuren) dem eigenen Charakter eins auswischen.

Aber das ist eben nur die graue Theorie, deswegen nochmal, hat da jemand Erfahrung?

[KhornedBeef]

Spontanes Stichwort:Autorenperspektive!
Ich finde erste und dritte Person gleich legitim, aber sie erleichtern unterschiedliche Arten der Darstellung. Letztendlich wechsele ich auch immer zwischendurch in die dritte Person um zu beschreiben, was ich nicht direkt verkörpern kann. "Eine Ader pocht an meiner Schläfe" klingt nach 1. Person, unterscheidet sich aber nur formell von der dritten.

Mehr oder weniger persönlich nehmen tue ich dadurch nichts, da wäre ich falsch beim Hobby. Also zumindest sobald der Eifer des Spiels abgeflaut ist.

[schneeland]

Wir machen das beim Play-by-(E)mail üblicherweise so - das hat sich relativ natürlich ergeben und gelegentliche Versuche, in die erste Person zu wechseln sind relativ schnell wieder versandet. Ob das hilft, Distanz zur eigenen Figur zu bekommen und manche Entwicklung nicht persönlich zu nehmen, scheint mir spielerabhängig zu sein (mir persönlich hilft's dabei, mich nicht nur zu fragen, wie mein Charakter handeln würde, sondern auch warum er vielleicht gerade nicht so handelt, wie man es erwarten würde).
Es scheint mir sogar, dass die dritte Person bei manchen Spielern das "mein Charakter ist halt so/würde das nie tun" eher noch fördert - allerdings ist die Stichprobe auch zu klein als dass ich da mehr als Nahbereichsempirie zu bieten hätte.

[Sir Markfest]

Aber das ist eben nur die graue Theorie, deswegen nochmal, hat da jemand Erfahrung?

Ich habe die Erfahrung: Wenn ich als SL jemand aus der Gruppe im Spiel anspreche: "Was machst du?", dass dann fast immer in der ersten Person geantwortet wird ("Ich schlage zu").
Wenn ich aber frage: "Was macht dein Charakter?", dann wird sehr oft in der dritten Person geantwortet ("Alrik schlägt zu")

[Issi]

Spontanes Stichwort:Autorenperspektive!
Ich finde erste und dritte Person gleich legitim, aber sie erleichtern unterschiedliche Arten der Darstellung. Letztendlich wechsele ich auch immer zwischendurch in die dritte Person um zu beschreiben, was ich nicht direkt verkörpern kann.

Genau.
Es ermöglicht eine Draufsicht auf die Figur. Man sieht sie von außen. Wie sie gerade aussieht. Wie ihre Bewegungen aussehen.
Nutze ich als SPL seltener als als SL.
Eben um meinen Mitspielern einen bestimmten optischen Eindruck zu vermitteln.
In seltenen Fällen macht das auch der SL bei einer Spieler Figur.
Bsp. Meine Figur landet im Dreck. Der SL beschreibt hinterher wie schmutzig ihre Klamotten aussehen.

[Gilgamesch]

Ich verwende in der Regel als Spieler die dritte Person, weil ich meistens Spielleiter bin und es einfach gewohnt bin, Charaktere und ihre Handlungen auf die Art und Weise zu beschreiben. Ich habe nicht den Eindruck, dass sich dadurch viel ändert!

[Justior]

Ich verwende diese Art von Beschreibung wie eine Kameraperspektive, was heißt, dass bei mir öfters mal Wechsel drinnen sind. Eine Distanz zur Figur konnte ich dadurch bisher nicht besonders feststellen. Vielleicht sind dazu aber auch die Zeitrahmen zu kurz.

[Nodens Sohn]

Es kommt darauf an ...

Ich für meinen Teil wechsle als Spieler zwischen 1. und 3. Perspektive hin und her, gerade wie es der Stimmung am Tisch zuträglich ist.
Wenn ich jedoch für jüngere Spieler (8-12 Jahre) und Rollenspielanfänger den Spielleiter gebe, achte ich darauf, dass in der 3. Person gespielt wird. Sonst wird das Spiel für manche doch noch viel zu persönlich. So kann man Spieler und Spielerfigur leichter trennen und ist nicht gleich beleidigt, wenn dem eigenen Helden etwas geschieht 

[Curwen]

Nach den Beschreibungen hier kann ich dem Spiel aus der 3. Person heraus Einiges abgewinnen. Womit ich mich nur schwer tun würde wäre die indirekte Rede. Das käme für mein Empfinden unnatürlich rüber.

[1of3]

Ich tue das immer dann, wenn sich die Runde den Namen meines Charakters nicht merken kann.

[Noir]

Zwischendurch ist das durchaus in Ordnung. Kommt bei uns zwar nur ganz selten mal vor ... aber wenn es mal vorkommt, stört es nicht.

Allerdings rate ich dringend davon ab, durchgehend in der 3. Person zu sprechen. Das wird sehr schnell unfreiwillig komisch. Zumindest ist das meine Erfahrung. Ich erinnere mich nämlich daran, dass meine allererste Rollenspielrunde genau so ablief. Und das war ... seltsam. "Alrik geht zur Theke und bestellt ein Bier." "Der Wirt nickt ihm zu und sagt traurig, dass kein Bier mehr da ist." - das war schon arg seltsam.

Wenn man das ganze dann wiederum mit direkter Rede paart, könnte es vielleicht länger funktionieren ... aber insgesamt ... ich weiß nicht ... fühlt sich nicht richtig an.

[thestor]

Es kommt darauf an ...

Ich für meinen Teil wechsle als Spieler zwischen 1. und 3. Perspektive hin und her, gerade wie es der Stimmung am Tisch zuträglich ist.
Wenn ich jedoch für jüngere Spieler (8-12 Jahre) und Rollenspielanfänger den Spielleiter gebe, achte ich darauf, dass in der 3. Person gespielt wird. Sonst wird das Spiel für manche doch noch viel zu persönlich. So kann man Spieler und Spielerfigur leichter trennen und ist nicht gleich beleidigt, wenn dem eigenen Helden etwas geschieht 

DAS klingt wirklich sinnvoll, also bei Rollenspielanfängern darauf zu achten, danke.

[Nria]

Für mich macht es kaum einen Unterschied von Distanz oder Spielgefühl meiner eigenen Figur (in Büchern finde ich den Unterschied dagegen bedeutender), schon eher bei der Distanz zu den Mitspielern.

Ich spiele fast ausschließlich in der 1. Person; ich bin halt auch vom Liverollenspiel gewohnt, dass ich nunmal meinen Charakter verkörpere.
Ganz konsequent bin ich dabei aber nicht. Und sehr gelegentlich setze ich die 3. Perspektive bewusst ein: Z.B. wenn sich gerade etwas Off-Topic-Gequatsche eingeschlichen hat (passiert beim Online-Spielen meiner kurzen Erfahrung nach schneller als am Tisch) und mir das auffällt, würde ich eher sagen "Alrike geht jetzt mal zum Fluss rüber" (statt "Ich gehe jetzt mal zum Fluss rüber), um den Fokus wieder aufs Spiel zu lenken. Oder um deutlich zu machen, dass etwas jetzt wirklich im Spiel gemeint ist (z.B.: "Alrike sagt zu dir: 'Jetzt halt doch mal die Klappe!'" - so ein Satz könnte schließlich missverständlich sein ...).

Um sich beim Einstieg die Charakternamen besser merken zu können, finde ich es tatsächlich sinnvoll. Und als SL würde ich ebenfalls grundsätzlich die dritte Person verwenden, allein schon, damit die Spieler nicht mit verschiedenen NSCs durcheinanderkommen.

[sindar]

Ich habe keine Ahnung, wie ich es tatsaechlich mache. Kann sein, dass ich unbewusst die erste Person benutze, aber mein Ding ist das eigentlich nicht. Ich will Spieler ("ich") und Spielfigur ("er"/"Alrik") sauber trennen. Gerade wenn die beiden unterschiedliche Informationen haben.

[Exar]

Ich hab es probiert, aber mir gefällt das Spiel in der dritten Person nicht.
Irgendwie ist mir da zuviel Distanz. Eventuell auch mehr, aber so richtig benennen kann ich es nicht.
Jedenfalls wird es bei mir auch in Zukunft das "Ich" bleiben.

[Faras Damion]

Es gibt ja Systeme, die absichtlich die 3. Person fordern, z.B. "Geh nicht in den Winterwald", wo man zusätzlich auch noch die Vergangenheitsform wählen soll. Also nicht "Ich greife meine Axt und gehe zum Baum", sondern "Der Schmied Jolen griff seine Axt und ging auf den Baum zu."

Gleichzeitig soll man zusätzlich äußere und innere Eindrücke beschreiben, also z.B. "Der Schmied Jolen griff mit zitternden Händen seine Axt und ging vorsichtig und angespannt auf den düsternen Baum zu."

Solche Ausführungen kann man zwar auch der Ich-Sicht zufügen, aber es soll einfacher für die 3. Person sein. Das ist sinnvoll, wenn man den Fokus weg vom Theaterspiel hin zu dem gemeinsame Erzählen einer athmospärischen Geschichte legt. Außerdem stelle ich es mir für Online -Spiel bereichend vor, da dort Mimik und Gestik eingeschränkt ist.   

Leider fällt es mir extrem schwer. 15 Jahre Ich-Rollenspiel prägen sehr.

[Noir]

Solche Ausführungen kann man zwar auch der Ich-Sicht zufügen, aber es soll einfacher für die 3. Person sein.

Ich kann mir gut vorstellen, dass hier die Hemmschwelle deutlich geringer ist.

[mattenwilly]

3. Person oder noch abstrakter "Mein Charakter macht x / sagt x" sind bei mir die Norm. Distanz zur Statistiksammlung ist für mich der einzig richtige Weg. Da bin ich ggf. von den Woddlern der späten 90er/frühen 2000er etwas vorbelastet die zT. echte Probleme hatten Charakater und Selbst zu trennen. Generell bevorzuge ich Spieler und Spielleiter die das tun, da wird schneller mal nen Charakter geschlachtet/ist alles schön sterblich weil weniger "Verbindung" zum Püppchen existiert

[tartex]

Ich bevorzuge die dritte Person bei Beschreibungen von Aktionen meines Charakters. Wenn die Mitspieler dauernd den Namen vorgesagt kriegen, merken sie ihn sich hoffentlich schneller. 

Außerdem tun sie sich hoffentlich leichter mit den potentiellen Geschlechtsunterschied zwischen Spieler und Charakter und man hat als Spieler auch mehr Möglichkeit ein wenig Beschreibung des Charakteraussehens einzustreuen.

Für die Immersion macht es für mich keinen Unterschied. Aber ich bin sowieso hauptsächlich an der Storyemergenz interessiert.

[Huhn]

Gab vor ner Weile mal eine ganz interessante Diskussion auf der Drachenzwinge zu einem sehr ähnlichen Thema. Die Quintessenz war damals, denke ich, dass es ganz unterschiedliche Gründe dafür gibt, so oder so zu sprechen. Keine große, übergreifende Erzähltheorie sondern letztendlich einfach persönliche Vorlieben.

[Exar]

Eine Durchmischung hatten ich bislang in keiner Gruppe, oder ich habe es nicht gemerkt.
Ich sollte vielleicht mal darauf achten.
Andererseits, wenn es vorgekommen und mir nicht aufgefallen ist, kann es mir vermutlich egal sein.

[Clawdeen]

Gab vor ner Weile mal eine ganz interessante Diskussion auf der Drachenzwinge

Haha, das ist ja witzig. 
Zu meinen prägendsten Erinnerungen an meine aktive DZ-Zeit gehört tatsächlich ohne Witz, dass irgendwann so 2012-2013 plötzlich dieses "man" um sich griff, das ich persönlich extrem störend finde. Also wirklich störend. Darum war ich völlig verwirrt, das in den ersten Gruppen zu hören (und ich kann mich noch heute daran erinnern, was das für eine Gruppe war, der ich damals zuhörte, also SO störend war das da schon für mich), noch mehr, als dass dann gefühlt ständig aufkam und mindestens 1-2 Leute, wenn nicht alle, dem "man" fröhnten.
Ich hab das übrigens außerhalb der DZ bislang nie gehört. Am Tisch nicht, aber auch online nicht woanders. Die Einzelfälle, die ich mal gehört habe, z.B. auf Youtube, waren aktive DZ-User, die nur mal auf ner anderen Plattform zu hören/sehen waren.
Und dann dieser Thread - von 2017, aber keiner weiß so genau, was der Threadersteller meint. So, so. 

Ich bin sozusagen überzeugte Ich-Spielerin. Vor <10 Jahren hatte ich auch echt noch Probleme mit der 3. Person auch bei MitspielerInnen.
Das hat sich in den letzten Jahren relativiert, weil ich die 3. Person für manche Spiele oder auch Runden tendenziell geeignet(er) finde und einfach mittlerweile mehr zwischen Spielen/Stilen wechsle.

Hauptgrund ist bei mir die Distanz, die ich bei mir bevorzugten Arten des Spiels eben gar nicht aufbauen möchte; das was hier schon geschrieben wurde, nur umgekehrt.

[Edwin]

Zusätzlicher Punkt: in Spielen mit mehreren SC pro Spieler (z.B. DCC) ist die dritte der ersten Person auch vorzuziehen.

"Ulrike greift den Ork mit dem Schwert an, während Heinrich seinen Feuerball zauber."

[Huhn]

Zu meinen prägendsten Erinnerungen an meine aktive DZ-Zeit gehört tatsächlich ohne Witz, dass irgendwann so 2012-2013 plötzlich dieses "man" um sich griff, das ich persönlich extrem störend finde. Also wirklich störend. Darum war ich völlig verwirrt, das in den ersten Gruppen zu hören (und ich kann mich noch heute daran erinnern, was das für eine Gruppe war, der ich damals zuhörte, also SO störend war das da schon für mich), noch mehr, als dass dann gefühlt ständig aufkam und mindestens 1-2 Leute, wenn nicht alle, dem "man" fröhnten.
Ich hab das übrigens außerhalb der DZ bislang nie gehört. Am Tisch nicht, aber auch online nicht woanders. Die Einzelfälle, die ich mal gehört habe, z.B. auf Youtube, waren aktive DZ-User, die nur mal auf ner anderen Plattform zu hören/sehen waren.
Und dann dieser Thread - von 2017, aber keiner weiß so genau, was der Threadersteller meint. So, so. 

Hm, 2017 hatte ich das auch noch nie gehört. Mittlerweile spiele ich auch mit Leuten, die "man" sagen und finde das etwas ungewohnt aber nicht direkt störend. Ich möchte anderen auch nichts vorschreiben.

Ich muss bei dem Thema daran denken, wie meine beste Freundin mir zu Schulzeiten regelrecht "abtrainiert" hat, beim Spielen im Konjunktiv zu sprechen ("Fritzchen würde jetzt was essen."). Ich empfand das damals als ziemlich unnötig und bevormundend, mir vorzuschreiben, wie ich zu sprechen habe. Sie wiederum empfand meine Art zu sprechen als Zumutung. Ähnliche Probleme hatte ich mit jedem größeren Umzug, bei dem ich mir die dialektalen und umgangssprachlichen Einflüsse des jeweiligen Vororts abgewöhnen musste, um keine merkwürdigen Blicke zu fangen. So bewusst das eigene Sprechen zu ändern ist gar nicht so einfach.

[Boba Fett]

Bei uns ist es so, dass Dinge, die in indirekter Rede oder eben in der dritten Person ausgesprochen werden, signalisieren, dass der Spieler dieses nicht explizit ausgespielt haben möchte.

"Ich höre mich mal nach Informationen um." signalisiert, dass man das ausspielen und den Lokalkolorit erleben möchte.
"Mein Charakter (oder Name) hört sich mal um." signalisiert, dass man das ausspielen lassen und die Prozedur auf einen Wurf  reduzieren möchte.

Gleiches gilt für "ich sage ihm, dass...." indirekte Rede oder "Hey, Du da..." direkte Rede.

Dadurch kann man, ohne gleich den Spielflu zu bremsen, signalisieren, welche Szenen man detailliert wünscht und welche nicht.
Und die Spieler, die keine Lust auf geschwafel und Stimmungsspiel haben, können das abkürzen, müssen aber ertragen, wenn ihre Buddies stundenlang shoppen gehen und jeden Preis einzeln ausfeilschen müssen.