Interessant. Ich lese das fundamental anders. Positiv, ermutigend, abwägend und so überhaupt nicht belehrend. Insbesondere Formulierungen wie:
"Aber die Welt ist ein großer Ort mit vielen verschiedenen Menschen, Bedürfnissen und Kulturen. Es gibt keine Einheitslösung. Benutzt das Werkzeug, das für euch am besten ist und lasst uns wissen, was das ist, für den Fall, dass es auch anderen nützt!"
wirken für mich eben genau gar nicht belehrend. Kannst du festmachen, an welchen Stellen du "stolperst"?
1. Sorry fürs nicht zurückmelden. Arbeit, Hitze, Damenfußball und Familie ließen nur Leseaktionen zu.
2. Hui, ich bin ja froh, dass mir niemand aufs Dach gestiegen ist.
3. Danke, First Orko, für den gesamten Beitrag. Darin kann ich mich ganz gut wiederfinden.
Ich bin ja nicht zum Streiten hier im Tanelorn. Ich kann gern mal einige Sätze zitieren, um die "Trigger"
zu nennen, die mich die Foren-X-Karte ziehen ließen.
Aber ich wollte und will niemanden überzeugen, sondern habe nur mein Empfinden geschildert, und versuche nun nicht, irgendeinen Beweis anzutreten, weshalb der zitierte Text oder gar die gesamte Idee dahinter von allen Bitteschön abzulehnen sei. (Boah, bin ich ein widerlicher Weichspüler!
) Ich bin ja der Meinung, dass die X-Karte nutzen soll, wer will, und war bislang auch der Meinung, dass ich diese neumodische Idee auch mitmachen würde, wenn sie denn jemand in meine Oneshot-Runde tragen würde. Nach dem Lesen des Texts war ich aber eher auf Krawall gebürstet und willens, jedweden Einsatz der X-Karte stante pede noch am Tisch hartnäckig durchdiskutieren zu wollen. Überdies glaube ich, dass die X-Karte, gerade wenn man sie in Verbindung mit der O-Karte betrachtet, wohl eher aus dem Erzählspiel kommt, in der mit viel PE mehr ad hoc erdacht und erspielt wird, und nicht aus der Ecke, in der ich verwurzelt bin, in der es den starken Spielleiter und die klassische Abenteuerhandlung gibt (sei sie nun offen oder linear). Weshalb ich mich wohl noch eher schwer tat, die - so schwingt es im Text für mich mit - zahlreichen verpassten Chancen für einen Einsatz der X-Karte aus dem Gedächtnis zu kramen. Da gibt es nämlich seit 1985 bzw seit meinethalben in späteren Jahren ab der Volljährigkeit (1985, mit 11 Jahren, eine X-Karte zücken?! Hahaha! Die Vorstellung ist so abstrus wie lustig!) genau keine Situation, bei der ich mir im Nachhinein denke "Ja, das hätte vielleicht was zum Besseren ändern können". Und, ja, ich dachte mir das ähnlich wie First Orko: Da schwingt so viel Sensibilisierung für die Möglichkeit des Negativen mit (Stichwort Triggerwarnungen), das ist eindeutig eine US-Erfindung, die nun mitunter etwas "unsensibel" auf alle Kontexte angewandt werden soll.
Hier mal ein paar Fetzen Zitate und Lesarten/Empfindungen:
"Ich hätte gern eure Hilfe. Eure Hilfe dabei, ... um mich vor euch allen zu schützen! Helft mir dabei, diese Runde für uns alle zu einem tollen Erlebnis zu machen. Danke!"Das ist die Zusammenfassung der Ansprache. Das war gar kein guter Start für mich. Der letzte Stand der angewandten Rolloforschung ist also, dass wir einander helfen müssen, uns voreinander zu schützen, weil der Spielspaß, den wir - auch bei allem Streit und bei all den (unerwartet) befremdlichen Situationen - hatten, jetzt und schon seit je her ein fragiles Kartenhaus ist, so fragil, wie wir ja auch bekanntermaßen sind.
"Benutze die X-Karte früh, sogar im Hinblick auf deine eigenen Beiträge, um mit gutem Beispiel voranzugehen und ein Vorbild für ihren Einsatz zu sein"Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Übersetzung ("früh") ganz den Sinn des Originals wiedergibt. Ich las da: "Gleich mal auf die Kacke hauen! Sei trigger happy!" (Oh, das Wortspiel war tatsächlich unbeabsichtigt.
) "Damit alle gleich mal wissen, wie der Hase jetzt läuft."
"Die X-Karte muss nicht den letzten Ausweg darstellen. Je weniger besonders sie sich anfühlt, je mehr ihr sie benutzt, desto wahrscheinlicher wird sie jemand einsetzen, wenn sie wirklich dringend gebraucht wird."Meine Herren! Nicht erst zücken, wenn man denkt, es sei schlimm! Das muss sich einschleifen! Sei trigger happy! - Weiter unten steht noch was davon, dass die X-Karte ja nur optional sei. Aber der Aussage glaube ich gar nicht mehr. Es scheint viel eher so: Um Schwarz zu verhindern, putzen wir einfach schon mal jedes Grau weg. Um gar nicht erst etwas Negatives keimen zu lassen. Um am Spieltisch rein zu sein. Das ist so schrecklich politisch korrekt, dass mein Schwein Dünnpfiff bekommt.
Ich glaube, ich habe keine Lust mehr auf weiteres Zitieren. (Bin ja noch weit oben im Text.) Ich würde nur mehr vom selben produzieren und dadurch unterm Strich nur unnötig jene - auch hier Mitlesende - diskreditieren, die die X-Karte für gut halten und gern benutzen (würden). Und das ist nicht meine Absicht. Mein Alarm ging schon bei der Ansprache an, bei der ich an eine Selbsthilfegruppe auf dem Drahtseil denken möchte statt eine eine Spielrunde aus lauter positiv Verrückten. (Wem die Vorstellung wegen Höhenangst zu spannend ist: Denke an Käsetoast! Wer jetzt empörter Veganer ist: Denke ... an was Leckeres!) Und der Alarm ging dann einfach nicht mehr aus, vielleicht auch, weil das eine das andere bedingt.
Nehmt es mir nicht übel. Ich habe nur meine Empfindungen beim Lesen des Texts geschildert. Wenn ich mich berufen gefühlt hätte, eine Vorstellung der X-Karte oder allgemeiner eines Rettungsankers zu schreiben, dann hätte das wohl eher ungefähr so ausgesehen:
Ansprache: "Hey Leute! Ich sage es vorsichtshalber mal: Wenn jemandem im Laufe des Spiels mal irgendwas ganz übel aufstößt, eine Schilderung von wem auch immer klar zu krass ist, oder wenn man sich echt kacke fühlt und denkt, dass das so nicht weitergehen könne, dann sagt es! Schämt euch nicht! Ihr müsst euch dann auch nicht großartig erklären, wenn ihr nicht wollt. Es soll dann reichen, wenn ihr einfach sagt 'Das / XY will ich nicht! Lasst das sein!'. Wenn es euch hilft, ein Symbol zu benutzen, dann könnt ihr auch diese Karte mit dem X drauf hochhalten oder meinetwegen den roten Kugelschreiber hier."
Und fertig ist die Hexe! Kein feierliches Schutz- und Reinheitsmanifest, in der Zweifel zu anfänglichem oder unwissendem Zweifel degradiert wird etc pp und bei dem irgendwo weiter unten jeder einzelne Satz der "Ansprache" noch einmal pädagogisch durchgekaut wird, damit die frohe Botschaft auch wirklich beim Volk ankommt, intellektuell verstanden und dann umarmt werden kann.
Oh, ich fange schon wieder an! Also höre ich jetzt mal auf. Ich muss zu meinen schmutzigen Träumen ins Heiabetti.
Ich denke eher nicht, dass es sich lohnt, mir meinen Beitrag oder dessen fehlerbehaftet sein noch einmal en detail auseinanderzusetzen. Ihr müsst mir da nichts beweisen, und ich muss auch nicht immer bei dieser Meinung bleiben. Ich muss mich wohl in erster Linie erst einmal von meiner Begegnung mit dem Text erholen.