Tach auch.
Das hier soll, wenn es einmal fertig ist, die vollständige Erzählung unserer Heldenreise durch das frühmittelalterliche Nordeuropa werden. Aktuell bin ich mir noch unklar darüber, ob ich einen einigermaßen nüchternen Erlebnisbericht oder eine tatsächliche Erzählung verfassen werde. Erst einmal ist dieser Anfang hier nur eine Absichtserklärung, vor allem mir selbst gegenüber. Ursprünglich wollte ich die Kampagne nämlich von Beginn an aufbereiten und schriftlich begleiten, da kamen mir dann aber mein Praktikum und die gemeinsame Wohnung mit meiner Freundin dazwischen, so dass ich erst jetzt damit beginnen kann. Entsprechend werden die Schilderungen der ersten 6 Monate vermutlich weniger detailliert und mehr aus Gedächtnisprotokollen heraus geschrieben sein.
Warum das Ganze? Einerseits, weil wir im Vorfeld der Kampagne und auch jetzt beim gemeinsamen Spiel einen für unsere Gruppe neuen, aber überraschend gut funktionierenden modus operandi gewählt haben. Diesen will ich möglichst genau festhalten, damit wir ihn auch in Zukunft anwenden können. Außerdem schwebt gerade bei uns die Idee im Raum, die Haemingsgard-Saga als Ursuppe für unsere eigene Version der Welt heranzuziehen und zukünftige Kampagnen mit ihr zu verknüpfen. Dazu ist es mit Sicherheit hilfreich, wenn wir uns die Ereignisse jederzeit ins Gedächtnis rufen können und nicht rein auf vage, nostalgisch verklärte Erinnerungen angewiesen sind. Von der öffentlichen Aufbereitung verspreche ich mir ein wenig mehr Disziplin meinerseits, als wenn ich irgendeinen Clusterfuck von Word-Dokument pflege. Dazu kommt natürlich auch ein gewisses Sendungsbewusstsein, möglicherweise gibt es hier Interessierte, die wir inspirieren können. Und welcher Rollenspieler erzählt nicht gern minutiös und mit allen Details von den tollen Geschichten, die er und seine Freunde erlebt haben?
Zunächst einmal zum Setting:
Es stand bei uns schon eine ganze Weile im Raum, "klassische" Rollenspielwelten hinter uns zu lassen und es einmal mit einem "historischen" Setting zu versuchen. Wir haben lange Zeit in Aventurien gespielt, mit gelegentlichen Ausflügen in die 6. Welt von Shadowrun und in jüngerer Zeit gesellten sich auch die Forgotten Realms dazu. Es kristallisierte sich jedoch zunehmend heraus, dass das oft mangelhafte, mit allerlei Inkonsistenzen gespickte Worldbuilding hinter diesen Welten für uns keine zufriedenstellenden Ergebnisse mehr liefern kann. Immer öfter wurde unsere Suspension of Disbelief überstrapaziert, zu oft kamen Situationen auf, in denen wenigstens ein Teil der Gruppe rief: "Nicht für 5 Cent kauf ich dir ab, dass das so ist!"
Gleichzeitig erschien uns die Aufgabe, eine komplett eigene Welt aus der Taufe zu heben, zu groß. Zumal es nach ersten Überlegungen ohnehin so aussah, als würde es auf eine Version der realen Welt mit abgefeilten Seriennummern hinaus laufen. Warum also nicht gleich unsere reale Welt als Rahmen verwenden? Die Vorteile lagen klar auf der Hand: Geschichtswissenschaft und Archäologie liefern einen reichen Fundus an Quellenmaterial, einige Epochen sind zudem popkulturell aufgegriffen worden. Die menschliche Geschichte ist voll von spannenden Geschichten, Personen und Ereignissen und schließlich liefern uns die metaphysischen Vorstellungen vergangener Kulturen eine Unmenge von Inspirationen für die nach wie vor gewünschten Fantasy-Elemente. Am Ende fiel die Wahl auf ein Vikinger-Setting. Das Frühmittelalter passte uns für den Low-Fantasy-Ansatz hervorragend in den Kram, die nordgermanische Mythologie war uns zumindest vage bekannt und schließlich sind die Vikinger ziemlich weit herumgekommen, so dass uns verhältnismäßig viele Wege für spannende Geschichten offen standen.
Wir legten also zunächst folgende Eckpunkte fest: Grundsätzlich versuchten wir uns in die reale Geschichte der Vikinger einzubetten. Schlussendlich fiel die Wahl auf die Endzeit der großen Vikinger-Raubzüge und -Eroberungen, irgendwann um das Jahr 1000. Hinsichtlich der Christianisierung haben wir uns einige Freiheiten genommen, sie spielt aber bereits eine Rolle und zumindest für unsere mystischen Charaktere und Figuren ist klar, dass das Versinken Asgards in die Vergessenheit bereits am Horizont lauert. Da es nach wie vor Fantasy sein sollte, haben wir kurzerhand die gesamte Sagen- und Mythenwelt der Edda und des Christentums für wahr erklärt. Um die Schwierigkeiten, die daraus entstehen können, ein wenig zu umschiffen, legten wir uns aber auch darauf fest, dass diese Elemente selten und nach wie vor außergewöhnlich sein sollen. Außerdem sollte unsere Geschichte klein und sehr persönlich beginnen, am Anfang war geplant, dass wir kein großes Reiseabenteuer bespielen würden. Das hat sich im Laufe der letzten Monate ein wenig verschoben, aber für den Anfang war es für uns genau der richtige Ansatz.
Inspiriert von Beyond the Wall erschufen wir also gemeinsam das namensgebende Heimatdorf der Charaktere: Haemingsgard. Dazu erstellten wir zunächst unsere Charakterkonzepte und begannen dann, um diese herum NSC zu platzieren. Zuerst deren engste Familie und Freunde, dann weiter entfernte Verwandte und schließlich noch eine Reihe von Bewohnern, die übrig gebliebene Aufgaben im Dorf übernehmen sollten. Am Ende erhielten wir dadurch ein nach unseren Maßstäben glaubwürdiges und in sich funktionierendes Dorf, welches wir ins nördliche Schweden setzten. Die großen historischen Abläufe sollten uns erst einmal nicht in die Quere kommen. Um dieses Dorf platzierten wir noch einige nicht weiter ausgearbeitete andere Dörfer, dazu randständige Familien wie Köhler, Holzfäller und Jäger. Am Ende ergänzten wir den Landstrich noch um einen Clan der Sami, der regelmäßig seine Herden durch die Region treibt.
Ein kurzes Wort noch zu den Regeln:
Über die Jahre hat sich bei uns ein stark narrativ geprägter Spielstil herauskristallisiert, der noch dazu weitgehend ohne herkömmliche Rollenspielregeln auskommt. Wenig wird dem Zufall überlassen und die Spieler können ebenso Fakten innerhalb der Welt schaffen, wie es klassischerweise nur die Spielleitung tut. Ganz spielleiterlos ist es dann am Ende aber nicht. Von dieser Art des gemeinsamen Zusammenspiels gibt es eigentlich nur eine richtige Ausnahme: Kampf. Wir hatten es zumindest theoretisch mal durchgespielt auch diesen Teil des Spiels erzählerisch und nur über implizite soziale Regeln abzuhandeln, haben den Gedanken dann aber aus einigen Gründen verworfen und uns lieber auf einen Kompromiss geeinigt. Die OSR war dabei für uns so etwas wie der T-34 der möglichen Kompromisse: sehr übersichtliche, flott anzuwendende Kampfregeln deren grundlegende Mechaniken so unkompliziert sind, dass sie bei Bedarf schnell angepasst werden können. Die Entscheidung fiel auf Beyond the Wall, weil es auch noch mit reichlich Inspiration für ein unaufdringliches Low-Fantasy-Magiesystem aufwarten konnte.
Nun zu den Charakteren:
Baldrik Ulfarson: Er ist der jüngste Sohn des Jarls von Haemingsgard. Zu seinem Vater Ulfar verbindet ihn keine glückliche Beziehung, insbesondere sein verschollener Bruder Hjolf steht beständig wie ein Schatten zwischen den beiden. Ständig misst Ulfar seinen jüngeren Sohn an ihm, während Baldrik noch mit dem Verlust all der Freiheiten, die er als Nachgeborener genoss, zu kämpfen hat. Er gilt als aufmüpfig und rebellisch, jedoch auch als klug und gelehrsam. Oft fühlt er sich von den Erwartungen seines Vaters und seinen Pflichten eingeengt und träumt davon, aus den beengenden Verhältnissen von Haemingsgard auszubrechen. Sein bester Freund ist Vignir, gemeinsam machen sie seit Jahren das Dorf unsicher und verwickeln sich - vor allem auf Baldriks Betreiben - in allerlei Schwierigkeiten. Seit sie die unschuldigen Kindertage hinter sich gelassen haben, ist er heimlich in Vignir verliebt. Doch auch in seiner kleinen Schwester Gyda findet er oft eine Verbündete, auch wenn die beiden oberflächlich nur eine typische Geschwister-Hassliebe zu verbinden scheint.
Anmerkungen: Das bestimmende Thema von Baldrik ist eine mehr oder minder typische Coming-of-Age-Story. Er sucht manchmal mehr, manchmal weniger verzweifelt seinen Platz in einer Welt, die weder für seine romantischen Neigungen einen Platz zu haben scheint noch sonderlich viel Verständnis dafür übrig hat, dass er nicht wie seine Vorväter ein stolzer Kriegerfürst werden will.Vignir Njalson: Vignir ist der zweitälteste Sohn von Njal, dem Schmied des Dorfes. Er ist auf dem besten Wege, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und wird darauf vorbereitet, einmal selbst an die Spitze des Clans zu treten. Nach dem Jarl sind sie die reichste Familie im Dorf und noch dazu ähnlich geheimnisumwittert wie der Godhi, sagt man ihnen doch heimliche Verbindungen zu Zwergen, Alben und Trollen nach, von denen sie die Kunst des Runenschmiedens erlernt haben sollen. Doch allzu steht Vignir noch sein hitziges Gemüt im Weg, welches ihn neben Baldrik schon oft in Schwierigkeiten gebracht hat. Sein Vater versucht mit harter Hand aus dem guten Roheisen, das er in seinem Sohn sieht, eine ebenso gute Schneide zu formen. Er selbst träumt davon, tatsächlich Verbindungen mit den Zwergen zu knüpfen und aus ihrem Silberstahl ein Heldenschwert zu schmieden, welches er dem Jarl zu Füßen legen kann, um Gyda ehelichen zu dürfen. Denn für diese hegt er schon lange eine heimliche Liebe. Einmal hat er es bereits versucht und schmiedete ein Runenschwert, welches jedoch brach. Dies wurde allgemein als kein gutes Omen gedeutet, welche Früchte das jedoch tragen wird, bleibt abzuwarten. Er ist zudem schüchtern und zurückgezogen, was seiner Leidenschaft für Skaldensänge ziemlich im Weg steht.
Anmerkungen: Ich habe mich für Vignir sehr stark am Konzept der Heldenreise orientiert. Anders als Baldrik muss er seinen Platz nicht erst suchen, aber ihm sollten Abenteuer und Herausforderungen bevorstehen bis er sein happily-ever-after bekommt. Als Vorbild hat hier in vielerlei Hinsicht Samweis Gamdschie herhalten müssen, den man mit Fug und Recht als hauptsächliche Inspiration für den Charakter bezeichnen kann.Fenrir Krakason:
Anmerkungen:Tormod Fenrirson:
Anmerkungen:So und an der Stelle muss ich die Baustelle erstmal verlassen. Ich setze das hier in den nächsten Tagen fort.