Autor Thema: Gespräche beim Abendessen ?  (Gelesen 1981 mal)

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Offline Tarin

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Re: Gespräche beim Abendessen
« Antwort #25 am: 5.03.2021 | 20:13 »
Wie gesagt, konsequent zuende gedacht, wird jede hinreichend große Gruppe irgendwie von der Gesellschaft beachtet werden (müssen). Natürlich würden findige Ökonomen auch Menschen mit Superkräften als Zielgruppe erkennen und ihre Angebote daran ausrichten. Natürlich würde versucht werden, staatliche Bildungsangebote zu schaffen, Jobs bereitzustellen, Superversicherungen würden plötzlich existieren... und natürlich würde sich auch die Kriminalität verändern. Ob das jetzt zur Schurkenakademie führt, wage ich zu bezweifeln, aber das ist letztlich nicht der Punkt.

Der Punkt ist, dass das Superheldengenre an sich erstmal Quatsch ist, der nie logisch funktionieren sollte. Man kann das schon bespielen, aber dann sollte man sich klar machen, was das Genre ausmacht. Meiner Meinung nach sind das Konflikte zwischen wenigen (!) übermenschlichen Figuren, die höchstens stellvertretend für die Normalos stehen, z.B. Superman oder Cpt. America in den frühen Geschichten als Archetyp des amerikanischen Streiters für das Gute. Die Figuren und ihre Geschichten sollen ja gerade nicht Normalität zeigen, sondern Action und Eskapismus aus der Realität. Vor diesem Hintergrund erscheint mir geradezu absurd, solchen Figuren normale Probleme und Institutionen an die Seite zu stellen. Der Schurke wird individuell zum Schurken, hat individuelle Lösungen für sein Geldproblem und individuell unterschiedlich Zugriff auf Helfer. Es kann gar keine Akademie, keinen Schurkenpräsidenten und keine Schurkenfreunde geben, weil das alles zu wenige sind. Superschurken sind Einzelbedrohungen, keine Masse an gesichtslosen Bösewichtern, die man haufenweise ausbildet, einknastet, rehabilitiert oder sonstiges. Es braucht individuelle Lösungen - beispielsweise den passenden Helden.

Das führt zur nächsten Frage: Was ist denn jetzt ein Superheld und was ein Superschurke? Beides sind Figuren mit besonderen Fähigkeiten. Der Unterschied liegt üblicherweise auf der Achse Altruismus-Egoismus. Wo der Held seine Fähigkeiten zum Wohl der Gesellschaft einsetzt und ihr einen Wert zuerkennt, sich letztlich als Teil der Gesellschaft sieht, ist der Schurke Egoist, dem die Gesellschaft wenig Wert ist. Und auch hier gilt wieder: Genau deswegen kann eine Gesellschaft nicht viele Schurken beinhalten und denen Angebote machen und ebenso kann es keine Schurkengesellschaft geben mit Schurkenbanken usw. - eine Gesellschaft kann nicht nur aus gesellschaftsunwilligen Einzelgängern bestehen, sie würde zerfallen und sich zerfleischen.

Die Konsequenz daraus ist für mich zwingend folgende: Entweder, man thematisiert klassisches Superhelden-Actionkino oder man weicht bewusst davon ab, mit der klaren Intention, diese Konventionen zu brechen und zu verändern. Watchmen hat das getan, The Boys auch. Generell viele der aktuellen Comics und Serien tun das zumindest in Teilen. Man kann nur nicht das Originalmaterial verwässern und gleichen Geschmack erwarten, das funktioniert bei einem so eng gefassten Thema einfach nicht gut.

Jetzt bist du ja jemand, der gern Welten bastelt und die gerne umfassend formuliert. Ich würde hier aber raten, zunächst das Genre genau zu beobachten und danach zu überlegen, ob bestimmte Elemente im Setting dies nur verwässern oder in eine andere Richtung lenken - wie zum Beispiel hier, wo mehrere User eher Comedy Elemente sehen.  Vielleicht reicht es ja beispielsweise zu sagen, dass der Schurke durch diverse illegale Geschäfte genug Geld hat, ohne all dies zu benennen.
Es verstößt gegen die Hausordnung, aus dem Necronomicon zu zitieren.

ErikErikson

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Re: Gespräche beim Abendessen ?
« Antwort #26 am: 6.03.2021 | 11:18 »
Da hast du dir echt Mühe gemacht.

Dedr begriff des Schurken ist ja zunächst auch einmal ein Indikator dafür, das jemand ausserhalb der gesellschaft steht, und sein Schurkendasein entweder verheimlicht oder ausgestoßen wird. Wenn jetzt das Schurkensein öffentlich zelebriert wird, sei es durch Akademien, Tischgespräche oder ähnliches, dann wäre die normale Konsequenz der Zusammenbruch der gesellschaftlichen Interaktion. Wenn dies nicht passiert, wie Supersöldner immer animmt, dann hat man einen Comedyeffekt oder geg. auch Surrealismus. 

ich denke, der begriff des Schurken wird hier vermehrt als reiner Stilbegriff verwendet. Wenn ich Schurke bin, heisst das nicht mehr, das ich etwas unmoralisches tue, sondern das ich mir ein Cape anziehe, meinen Schnurrbart zwirble und höhnisch lache. Am Essenstisch rede ich dann darüber, welche Maske mich besonders böse aussehen lässt. Der Schurke ist dann ein harmloser gesellschaftlicher bestandteil mit düsterem Anstrich wie ein Goth.

Offline nobody@home

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Re: Gespräche beim Abendessen ?
« Antwort #27 am: 6.03.2021 | 11:38 »
ich denke, der begriff des Schurken wird hier vermehrt als reiner Stilbegriff verwendet. Wenn ich Schurke bin, heisst das nicht mehr, das ich etwas unmoralisches tue, sondern das ich mir ein Cape anziehe, meinen Schnurrbart zwirble und höhnisch lache. Am Essenstisch rede ich dann darüber, welche Maske mich besonders böse aussehen lässt. Der Schurke ist dann ein harmloser gesellschaftlicher bestandteil mit düsterem Anstrich wie ein Goth.

Dinge wie die deutsche Übersetzung des englischen D&D-"rogue" als, eben, "Schurke" mögen dazu das ihre beigetragen haben. :think: Dabei gibt's ja gerade im Englischen durchaus noch deutliche Nuancenunterschiede zwischen "rogue" einer- und "villain" andererseits...übersetzt man jetzt aber beides einfach gleich, dann geht das natürlich schnell verloren.

Offline Tarin

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Re: Gespräche beim Abendessen ?
« Antwort #28 am: 6.03.2021 | 15:33 »
Guter Hinweis. Mein Punkt wird eventuell sogar dahtlicher, wenn man Schurke durch Bösewicht, Superkrimineller oder Suoerterrorist ersetzt.
Es verstößt gegen die Hausordnung, aus dem Necronomicon zu zitieren.

ErikErikson

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Re: Gespräche beim Abendessen ?
« Antwort #29 am: 6.03.2021 | 15:38 »
Rouge wäre passender mit Glücksritter übersetzt.