Nabend...
Unsere Rollenspielgruppe versucht nun seit etwa zweieinhalb Jahren, einen für uns optimalen Spielstil zu finden, stoßen aber momentan auf gewisse Kompatibilitätsprobleme.
Ich finde es toll, mit Hilfe meines Charakters die Spielwelt zu erkunden, mit ihr in Kontakt zu treten und sie zu verändern. Ein anderer Spieler hält es genauso. (Zentrale Frage: "Wie reagiert mein Char auf sein Umfeld und wie reagiert es auf ihn?") Zwei weitere Spieler interessieren sich hauptsächlich dafür, ihren Charakter zu präsentieren, Charakterwandlungen zu durchleben und Charakterzüge herauszuarbeiten. (Zentrale Frage: "Was für ein Mensch ist mein Char?") Wofür sich der fünfte interessiert, weiss niemand genau, aber irgendwie scheint ihm Rollenspiel trotzdem mehr Spaß zu machen als andere Unternehmungen. Wir vermuten, dass ihn vor Allem das Lösen von Aufgaben interessiert.
In vielen Aspekten des Spiels können wir als Gruppe auf einen gemeinsamen Nenner kommen, aber als Spielleiter habe ich gerade ziemliche Probleme, die laufende Kampagne für Alle interessant zu halten.
Einer möchte wahrscheinlich einfach Aufgaben lösen. Er wäre wohl zufrieden, wenn ich eine nette Geschichte erzähle, ein paar Rätsel und Gegner einbringe und am Ende Abenteuerpunkte verteile. Ein durchgeplanter Plot (auf Schienen) mit immer wieder einer kleinen Portion Risiko wäre ihm wohl genehm.
Einer möchte gern mit der Spielwelt interagieren. Er wäre wohl zufrieden, wenn ich ein paar interessante NSCs ausarbeite und diese darstelle und spiele als wären es meine SCs. Ein Plot sollte sich für ihn erst durch die Interaktion der Charaktere untereinander ergeben.
Zwei möchten ihren Charakter präsentieren. Sie wollen vor Gewissenskonflikte gestellt werden, wichtige Charakterzüge besonders betont darstellen und Charakterwandlungen durchmachen. Für sie müsste ich den Plot immer wieder zu Situationen lenken, in denen sie vor innere Konflikte gestellt werden und sich entscheiden müssen, was ihrem Charakter wirklich wichtig ist.
Kompromisse ließen sich bestimmt finden. Allerdings fällt es mir als Spielleiter schwer, mir irgendwelche inneren Konflikte aus den Fingern zu saugen oder diese gar korrekt darzustellen. Als Spieler hasse ich es, wenn ein Spielleiter meinen Charakter absichtlich in Gewissenskonflikte führt. Ich fühle mich dann absolut ungerecht behandelt und verliere dann schnell die Lust am Rollenspiel. (Wenn mein Char es durch seine eigenen Handlungen oder durch Unvorsichtigkeit selbst angerichtet hat, ok, aber ansonsten hagelt es "Spielleiterwillkür"-Beschwerden. Wenn ich Lust auf dramatische Situationen habe, bau ich mir die Charaktere dementsprechend so, dass sie zwangsläufig Probleme bekommen werden. Wenn ich Charaktere baue, die überlebensfähig sind, dann will ich auch kein Drama, sondern irgendwas anderes.) Insofern habe ich absolut keine Ahnung, wie ich das am Spieltisch umsetzen soll.
Hat irgendjemand Vorschläge, wie man diese Art Dramatismus am Spieltisch umsetzen kann? Ich will ja nicht, dass sich die halbe Gruppe langweilt, weil ich stur simulativ leite und ihnen das keinen Spaß macht, aber ich will der anderen Hälfte auch nicht auf die Füße treten.
Ich habe mir überlegt (in Anlehnung an das Arkana-System), vielleicht jedem Karteikarten zu geben, die ich dann bei Bedarf mische und ziehe. Auf diese sollen die Spieler dann Überzeugungen, Ideale, Erinnerungen o.Ä. ihres Chars eintragen. Ziehe ich sie richtig herum, gibts einfach Szenen, in denen das entsprechende Thema auftaucht (ohne Konflikt), ziehe ich sie falsch herum, kommt es zu einem Konflikt in Bezug auf dieses Thema. So hätte jeder Spieler die Chance, selbst zu bestimmen, wie tiefgreifend die Gewissenskonflikte sind, in die ich sie dränge, und welche Bereiche überhaupt angetastet werden dürfen.
Das System können wir leider nicht wechseln, aber an Hausregeln ist in unserer Gruppe durchaus Einiges machbar (solange die Chars halt nicht vollständig konvertiert werden müssen). Ich hoffe, es fällt euch noch etwas ein, das ich in unserer Gruppe einführen oder anwenden könnte.
Liebe Grüße
Seph