Autor Thema: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins  (Gelesen 3484 mal)

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Online 1of3

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RPGBau schwer gemacht - Teil 1
Das Zentrum allen Seins

Vorab:
Das hier soll der erste Teil einer Reihe sein, in der ich meinen Senf zum angewandten Rollenspieldesign verstreichen möchte. Ich weiß nicht, wie oft ich dazu was raus bringen werde. Gegenwärtig geistern mir noch ein bis zwei Themen durch den Kopf, danach muss ich mal schauen.


Heute möchte ich den Blick auf einen Teil des Rollenspiels lenken, der beim Design viel zu oft stiefmütterlich behandelt wird. Dabei ist er oftmals der erste Teil, den ein Spieler vom Spiel zu Gesicht bekommt: Das Charakterblatt.

Mein erster Blick bei einem neuen Rollenspiel (und ich weiß, dass eine erkleckliche Zahl meiner Bekannten das genauso handhabt) geht aufs Charakterblatt. Vielfach kann man bedeutende Mechanismen des Spiels schon an diesem Stück Papier ablesen.

Daher bietet es sich an, von Anfang an darüber nachzudenken, was alles aufs Charakterblatt drauf soll und wie es da verteilt wird.


Die Grundregeln
Was also sollte man bei der Herstellung eines Charakterblattes bedenken?

1.) Das Blatt sollte übersichtlich sein. Darin werden wohl alle übereinstimmen. Was bedeutet das aber konkret?

Der Mensch hat im Gehirn 7 (+2) Speicherplätze. Das gehört inzwischen mehr oder weniger zur Allgemeinbildung, ist aber bei vielen Spieldesignern noch nicht angekommen. Als ich mir neulich ein hausgebackenes System anschaute, merkte ich an: „Zehn Attribute sind ne ganze Menge.“ Der Designer antwortete ein wenig beleidigt: „AERA hat doch auch neun Attribute.“

Da hat er zweifelsfrei recht, aber doch die falschen Schlüsse gezogen. AERA benutzt (wie verschiedene andere Systeme) eine hierarchische Struktur. AERA oder die WoD benutzt drei mal drei Attribute, Shadowrun drei körperliche und drei geistige.
Und das macht für das Gehirn einen Unterschied.

Hierarchie ist also ein Zauberwort. Wer etwa sowieso seine Fertigkeiten fest einem Attribut zuordnen will, kann auch gleich das Attribut als Überschrift für die Fertigkeitsgruppe benutzen. Das erspart zudem das Notieren des zugehörigen Attributs.

Wer so etwas nicht vorhat und trotzdem eine große Gruppe von gleichartigen Eigenschaften festhalten möchte, ist daher gut beraten, diese in verschiedene Untergruppen zu teilen.

2.) Charktererschaffung ist ein Nadelöhr.
Wer kennt das nicht. Die Gruppe möchte ein neues System probieren und alle sind heiß darauf ihren ersten Charakter zu Papier zu bringen. Es ist aber nur ein Buch da. Und auch nur eine Person, die eine ungefähre Ahnung davon ab, welche Zahl jetzt wo hin soll. (Das dürfte der angehende Spielleiter sein.)
Und so verbringen die Teilnehmer eine große Zeit dabei entweder auf das Buch zu warten oder die Aufmerksamkeit des Spielleiters zu erhaschen, um zu erfahren, wie es weiter geht.

Diese tote Zeit kann man verringern, indem man möglichst viele Informationen auf dem Blatt unterbringt.
Wer also einen festen Kanon von Fertigkeiten nutzen möchte, sollte diesen auf dem Charakterblatt unterbringen. (Wer mehr Fertigkeiten benutzt, als auf ein Blatt passen, sollte über sein Konzept noch einmal gründlich nachdenken.)
Wenn abgeleitete Werte berechnet werden sollen, bietet es sich an, die Formel auf dem Blatt zu notieren.
Insgesamt ist es auch hilfreich Punktetabellen für die Charaktererschaffung oder die allgemeine Vorgehensweise klein am Rand zu notieren.


Die grafische Krönung
Die ersten grafischen Elemente auf den Charakterbögen dieses Planeten waren vermutlich Angaben für Lebenspunkte oder ähnliche Ressourcen (vgl. Shadowrun, Chtullu). Eine durchaus praktische Erfindung. Man erhält einen bildlichen Eindruck davon, wie viel noch über ist und eventuelle Erschwernisse, kann man auch gleich dazu schreiben.

Die ersten, die die grafische Notation auf andere Charakterwerte ausgeweitet haben, waren White Wolf mit ihrer World of Darkness. Welch Offenbarung! Jeder, der das Charakterblatt betrachtet erkennt sofort, dass Werte offenbar von 1 bis 5 (bzw. von 1 bis 10) reichen. - Ganz ohne Erklärung.

Neben dieser intuitiven Vermittlung der Umstände prägen sich Grafiken gut ein. Bei den meisten besser als Text. Wer also seinem Bogen eine besondere Note geben will, ist mit grafischen Methoden gut bedient.

Daneben offerieren grafische Tricks eine ganz neue Bandbreite von Möglichkeiten, die in den seltensten Fällen voll ausgeschöpft werden.

Stellen wir uns ein System vor, in dem die Charaktere, wenn sie bestimmte Stufen erreichen neue Kniffe für ihre Eigenschaften erhalten. Um das darzustellen benutzt der Designer auf dem Charakterblatt in einander gelegte Kreise mit jeweils mehreren Feldern. (Siehe linke Grafik im Anhang.) Erst wenn eine Hülle voll ausgefüllt ist, darf die nächste angebrochen werden.
So wird System erfahrbar und zudem das Blatt individuell.

Auch kann man das zwei-dimensionale Blatt ausnutzen, um Eigenschaften weniger linear zu machen.

Betrachte bitte die zweite Grafik im Anhang.

Die Grafik hat fünf Felder. - Je eins in vier Richtungen und eins in der Mitte. Man könnte dazu jetzt Regeln kreieren, bei denen es einen Unterschied macht, welche Felder ausgemalt sind.
Die vorliegende Anordnung könnte etwa von einem System benutzt werden, dass stark mit den vier Himmelsrichtungen, den vier Elementen oder den vier Ninja-Turtles arbeitet.
Z.B. könnte ein Charakter, der bei seiner Kampffertigkeit die untere Richtung ausgemalt hat, in der Lage sein im Erd-Stil zu kämpfen.
Dieses Feld ist noch kaum beackert. Ihr habt also ne Menge Möglichkeiten, um noch richtig kreativ zu werden.


Ich freue mich über Kommentare und Anregungen.
Ansonsten bis zum nächsten mal.


Anhang - Grafiken
« Letzte Änderung: 8.04.2005 | 16:17 von 1of3@aera »

Online Maarzan

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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #1 am: 8.04.2005 | 16:51 »
wg. Übersichtlichkeit
STimmt sicher.

wg. Charaktererschaffung
Da bringt es etwas, wenn es mehrere Teilbücher sind.
Schön ist auch ein Computerprogamm, welches helfen kann den Char zu bauen.

Formeln auf Blatt sind gut. Punktetabellen sollten eher als kopierbarer Anhang gesammelt werden, denn auf das Charakterblatt gepappt zu werden, insbesondere wenn diese Werte nur bei der Erschaffung benötigt werden.

Länge der Fertigkeitsliste ist Geschmacks- und Spielartfrage. Würd ich so nicht stehen lasen.

wg. graphische Krönung
Habe ich mal versucht. Sah toll aus, aber nach ein paar Sitzungen standen da bei der Mehrzahl der Leute wieder Zahlen in den Grafikfeldern. Und es wurden so mehr Seiten, da Graphiken, zumindest die von mir benutzten mehr Platz brauchen.
Und wenn die Zahl der Werte steigt, nimmt die Übersichtlichkiet von Graphiken noch mehr ab. Daher bestenfalls als Augenfänger für ein paar möglichst selten zu ändernde Hauptwerte nützlich, z.B. in manchen Systemen Attribute.



Meine Problemzonen:
Allgemein:
Unklare oder widersprüchliche Kompetenz von Startcharaktern zwischen Anspruch/Fluff und Regelrealität.

Unterschiedliche Regeln für Erschaffung und Steigerungen.

Grundlegende Bedeutung von aus der Beschreibung nicht verständlichen Sonderfähigkeiten. Das macht mir Charaktererschaffung erst richtig mies, Bsp. Earthdawn, D&D3.

Eigentlich nicht zwingende Charaktereigenschaften in Klassen/Templates etc (wenn es solche gibt), weil so derArchetyp im Kopf des Autors aussieht.



Geschmacksspecial:
Zu wenige Fertigkeiten oder Detailtiefe um den Charakter differenziert zu beschreiben.

Geht ins Fertigkeitssystem hinein: Nicht genug Gewicht des Lernwertes im Gesamtrang der Fertigkeit:
Zwillinge, einer hat einen ErsteHilfekurs, der andere einen Doktor und man bräuchte Dutzende Patienten um einen Unterschied fest zu stellen.
Dinge, welche durch Übung verbessert werden können, aber eigentlich jeder versuchen kann als binäre Sonderfähigkeiten. (->DSA4, D&D3)

Und ich möchte einmal eine wirklich detaillierte und schlüssige Lebenslaufmethode sehen.
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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #2 am: 8.04.2005 | 17:05 »
Punktetabellen sollten eher als kopierbarer Anhang gesammelt werden, denn auf das Charakterblatt gepappt zu werden, insbesondere wenn diese Werte nur bei der Erschaffung benötigt werden.

Nehmen wir mal das neue Blatt zu Welt der Dunkelheit.

Stören die Angaben unten?

Zitat
wg. graphische Krönung
Habe ich mal versucht. Sah toll aus, aber nach ein paar Sitzungen standen da bei der Mehrzahl der Leute wieder Zahlen in den Grafikfeldern.

Interessant. Hast du das Blatt mal parat?

Zitat
Meine Problemzonen:

Das hat aber nur entfernt was mit meinem Beitrag zu tun, oder? Wenn du über sowas diskutieren möchtest, mach doch Themen dazu auf.
« Letzte Änderung: 8.04.2005 | 17:08 von 1of3@aera »

Online Maarzan

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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #3 am: 8.04.2005 | 17:20 »
Die Angaben stören nicht, sind zum großen Teil ja auch die durchaus nützlichen Formeln. Eigentlich kann ich nicht einmal eine Tabelle erkennen. Ich dachte z.B. an die Lernkostentabellen wie in Gurps oder DSA.

Das Blatt war mit einer Art Leuchtbalkenschar versehen, ähnlich wie vorgeschlagen. Ist aber lange her und müßte ich suchen, vor allem da ich eSeL war und die allermeisten Blätter an Spieler weggegangen sind.

Hm, hab ich dann falsch verstanden. Ich dachte es ginge allgemein um Nettes und weniger Nettes bei Regeln für Charaktererschaffung.
Was ist denn dann genau Ziel dieses Threads?
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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #4 am: 8.04.2005 | 18:19 »
Eigentlich wollte ich nur über Char-Blätter reden. ;)

Ein

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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #5 am: 8.04.2005 | 18:49 »
Die "Grafische Krönung" setzt aber voraus, dass System mit entsprechend kleinen Werteskalen ausgestattet sind. In Alias reichen Werte von 6-20 bring das mal in einer Grafik unter....

Online 1of3

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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #6 am: 8.04.2005 | 19:09 »
Das stimmt natürlich. Du erkennst meine Präferenz? ;)

Über Werteskalen und warum man sie wie ansetzt, wollte ich mich beim nächsten oder übernächsten mal auslassen.
« Letzte Änderung: 8.04.2005 | 19:11 von 1of3@aera »

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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #7 am: 8.04.2005 | 21:54 »
Das stimmt natürlich. Du erkennst meine Präferenz? ;)

Über Werteskalen und warum man sie wie ansetzt, wollte ich mich beim nächsten oder übernächsten mal auslassen.

Seit geraumer Zeit kommen Charakterblätter für länger gespielte Systeme bei mir aus Excel. Das läßt vermutlich auch meine Präferenz erkennen.

Sie erlauben schnelles Erstellen auch bei komplexen Systemen. Machen nach gewisser Zeit keine (Rechen-)Fehler mehr.
Sie erlauben anderen ebenfalls ggf. ohne Buch Charaktere zu machen. Man kann eine Historie sehen und ein colageschädigtes Blatt ist schnell ersetzt oder bei zentraler Datenhaltung auch der Bogen eines heute leider fehlenden Mitspielers. Zur Not kann er auch noch gemailt werden.
Man kann die Charakterbögen hinterher sogar lesen, selbst jemand anderes.
Hinweise zur Charaktererschaffung und Kommentare können neben der Druckfläche oder ähnlich angebracht werden.
Ist ein Rechner am Tisch können Kommentare leicht und mit Wiedererkennungs/findwert angefügt werden. Platz ist dann genug und kann nachträglich organisiert werden.

Excel ist den Freund :)
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Ein

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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #8 am: 9.04.2005 | 13:23 »
Wenn man Excel für die Charaktererschaffung braucht, läuft irgendwas falsch.

Online Maarzan

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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #9 am: 9.04.2005 | 14:18 »
Excel ist ein Werkzeug, welches Sachen leichter macht und neue Möglichkeiten öffnet.
Keines der System lies sich nicht ohne PC spielen.

Und selbst wenn ein solches käme, würde mich das nicht stören, solange sich das auf die Charktererschaffung beschränkt.
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Eulenspiegel

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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #10 am: 9.04.2005 | 14:23 »
Man braucht keine Excel Tabelle.
Aber ich benutze die Excel Tabelle trotzdem bei fast jedem Spiel:
Meine DSA, Shadowrun, LodlanD, Werwolf und Vampire Charaktere haben alle einen eigenen Excel Bogen bekommen, weil die vorgefertigten Blätter nicht meinen persönlichen Vorlieben entsprachen.

Ich mag es z.B. nicht, andauernd auf meinen Char-Blatt rumzumalen und ausradieren zu müssen. Schnell ändernde Werte wie Lebenspunkte oder geistige Stabilität (bei Cthulhu) notiere ich deswegen immer auf einem Extra-Blatt.

Ausmalen von Feldern ist zwar schön und gut, aber ich bevorzuge auch lieber feste Zahlen die dahinter stehen.

Beim Rest stimme ich dir jedoch vollkommen zu. Vor allem häufig genutzte Formeln sind sehr hilfreich, wenn sie auf dem Bogen stehen.
Und noch eine Bemerkung von mir:
Der gesamte Charakter Bogen sollte ein oder zwei Seiten umfassen. Aber auf keinen Fall mehr.

Offline Teethquest

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Re: RPGBau schwer gemacht (1) - Das Zentrum allen Seins
« Antwort #11 am: 18.04.2005 | 20:11 »
@1of3@aera:
Ich finde die Idee wirklich gut, eine Art Guide für das Erstellen von Spielsystemen zu erstellen. Vor allem, da du mir mit vielen Dingen aus der Seele sprichst, die ich mir im Laufe der Zeit erst mühsam klar machen musst (z.B. nicht zu viele Werte zu verwenden, Übersichtlichkeit, logische Strukturierung).
Diese Tips sind, denke ich, gerade für Anfänger sehr nützlich. Du musst dir aber auch darüber im Klaren sein, dass gerade für diese die Vorschläge nicht immer nachvollziehbar sind. Will heißen: Wie vernünftig oder unvernünftig eine Strukturierung ist, merkt man nicht durchs Lesen, sondern durchs Anwenden.
Als Cronos sein Gebiss verlor
Führte mich die Reise weit
Weil er mich dazu auserkor,
zu suchen nach dem Zahn der Zeit