Autor Thema: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen  (Gelesen 3903 mal)

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Online Haukrinn

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Guten Tach. Zu meinem eigenen Leidwesen fühle ich mich gerade schrecklich kreativ und muß diesen Energieschub schnellstens abbauen, bevor ich hier irgendetwas kaputt mache...  ;D

Zum Thema: Ich möchte, angespornt durch die momentan recht intensiven PE-Diskussionen im Theorie-Bereich, mal meine Definition von Erzähllast präsentieren und wie man über diese Definition an die Theorie der Rollenspieler-Gewaltenteilung herangehen kann. Diskussionen und Kritik sowie weitere Beispiele sind erwünscht.

Definition (Erzähllast): Die Erzähllast definiert, wer von den Mitspielern welche Teile der Weltbeschreibung (und vor allem ihrer Weiterentwicklung) zu übernehmen hat. Dabei sprechen wir nur von Erzähllast, wenn wir uns tatsächlich "im Spiel" befinden. Klärende Diskussionen vor und nach dem Spiel schließen wir zuerst einmal aus.

Zudem definiere ich gleich noch
Definition (Plausibilitätsprinzip): Eine Beschreibung gehorcht dem Plausibilitätsprinzip, wenn sie im Rahmen der (durch Übereinkunft aller Spieler definierten) Spielwelt denkbar und nicht zu unwahrscheinlich ist.

Beispiel 1 (der "klassische" Fall): Die Spieler tragen die Erzähllast für ihre Charaktere. Die Umwelt und die Bewohner werden vom Spielleiter beschrieben. Zudem hat der Spielleiter bei jeder Beschreibung der Spieler das Recht, einfach mal "Nö" zu sagen.

Beispiel 2 (so spiele ich im Moment): Die Spieler tragen die Erzähllast für ihre Charaktere und die Auswirkungen, die deren Handlungen auf ihre Umwelt haben. Regeln definieren, in welchem Umfang dies geschehen kann. Der Spielleiter mischt sich nur ein, falls die Beschreibung entweder diesen Regeln oder dem Plausibilitätsprinzip grob widerspricht.
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Offline Fredi der Elch

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #1 am: 22.04.2005 | 17:52 »
Schön! :) Ich würde es jetzt "Erzählrecht" und nicht "Erzähllast" nennen, da sich "Last" so negativ anhört und man sich doch eigentlich freuen sollte, dass man was erzählen darf. Aber gut. (Btw: auf The Forge nennen die das Credibility. Nur zur Information, das ist ein No-Forge-Thread)

Beispiel 3 (PtA – war ja klar, dass Fredi das bringt…): Das Recht Szenen zu "framen" also Grob den Sinn und den Ort zu bestimmen, geht reihum. Fan Mail (eine entfernte Art von XP) wird nur von den Spielern, nicht vom Producer (dem SL) verteilt. Rahmenbedingungen von Konflikten (was für Ergebnisse möglich sind - die sog. Stakes) werden von allen gemeinsam ausgehandelt. Wer den höchsten Wurf im Konflikt hat, erzählt die Ergebnisse, muss sich aber an der gewürfelten Konfliktausgang halten. Die Spieler kontrollieren ihre Protagonisten und der Producer kontrolliert Welt und NSC (außer in den genannten Fällen).
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Offline Jens

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #2 am: 22.04.2005 | 17:56 »
Es ist doch nur Erzähl"last" weil wir SLer den Spielern klar machen wollen, das Gott sein schwerer Job ist, damit die gar nicht erst auf Ideen kommen... ;D

Online Haukrinn

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #3 am: 22.04.2005 | 18:00 »
Schön! :) Ich würde es jetzt "Erzählrecht" und nicht "Erzähllast" nennen, da sich "Last" so negativ anhört und man sich doch eigentlich freuen sollte, dass man was erzählen darf. Aber gut. (Btw: auf The Forge nennen die das Credibility. Nur zur Information, das ist ein No-Forge-Thread)

Stimmt, da ist 'was dran. Das ganze stand nur in meinen so, weil es halt (in meinem Fall) dazu dienen soll, den Spielleiter zu "entlasten", der sich ja auch noch mit der "Regellast" (!) herumärgern muß. Obwohl natürlich Jens' Argument auch nicht von der Hand zu weisen ist  ;)
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Offline Arbo

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #4 am: 22.04.2005 | 18:20 »
Haukrim, was Du beschreibst klingt einleuchtend. Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob man das nicht noch schärfer formulieren sollte.

Es ist m.E. schon ein erheblicher Unterschied, ob die Spieler die Spielwelt direkt beschreiben oder durch das Wirken ihrer Charaktere eine Reaktion der Spielwelt bewirken - also indirekt die Spielwelt zum Vorschein bringen.

Im letzteren Falle spielt es dann m.E. eine Rolle, wie weit die Spielwelt reagiert. Ebenso ist auch der Stil des Spielleiters entscheident.

Worauf ich hinaus möchte: Im Endeffekt können Spieler mit ihrer indirekten Wirkung die Spielwelt und die Spielgeschichte mitbestimmen. Je strikter der Spielleiter Dein Plausibilitätsprinzip (ich würde es Konsequenz-Regel nennen) verfolgt und je stärker er sich auf die Reaktion der Spielwelt konzentriert, desto stärker dürfte dann auch die Erzählmacht der Spieler ausfallen. Allerdings bewegt die sich dann im Rahmen eines - direkt oder indirekt zu Stande gekommenen - Konsens (Spielwelt, Genre usw.).

Arbo
« Letzte Änderung: 22.04.2005 | 19:21 von Arbo Moosberg »
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Teclador

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #5 am: 22.04.2005 | 20:46 »
Wobei der Weg über das Plausibilitätsprinzip nicht der einzige Weg ist über den die Spieler die Welt indirekt mitgestalten können.

Manche SLs (ich gehöre dazu) haben auch eine Art nun ja "variablen Handlungsverlauf" der sich ändert je nachdem wie die Spieler ihre Charaktere In-Game agieren lassen. Diese Änderung findet aber auf der Metaebene statt und ist für die Spieler nicht unbedingt direkt nachvollziehbar.

Ich glaube diese beiden Beispiele erklären das ganze recht gut:

Bsp1:
Die Spieler beginnen einen Abentuer ganz klassisch damit, dass sie von einem reichen Händler zur Rettung seiner entführten Tochter angeheuert werden. Nun ist es aber so, dass die Spieler diesen NSC Händler irgendwie nicht abhaben können oder sich wegen irgendetwas mit ihm streiten. Prompt ändert der SL den Plot in die Richtung, dass die Spieler nach und nach herausfinden, dass die Tochter nicht entführt wurde, sondern der Entführer ein Geliebter ist mit dem sie durchgebrannt ist. Nun gilt es die Tochter vor den anderen Häschern ihres Vaters zu schützen. Der Händler wird also zum Gegenspieler, weil die Spieler Antipathie gegen ihn bekunden. Würden sie sich hingegen prächtig mit ihm verstehen entpuppt sich der Entführer als geldgeiles Arschloch, den man nur allzu geren verdrischt.

Bsp2:

Die Spieler haben Kontakt zu einem Wachmann, der aber nur ein Rand-NSC im momentanen Abenteuer ist. Trotzdem verstehen sich die Spieler gut mit ihm und versuchen mit ihm zusammenzuarbeiten. Daraufhin beschließt, der Sl wiederum dies auszunutzen und den Wachmann durch eine Beförderung zum Hauptmann der Wache etc. im späteren Verlauf der Kampagne zu einem wichtigen NSc auszubauen.
 

Online Haukrinn

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #6 am: 22.04.2005 | 21:07 »
Wobei der Weg über das Plausibilitätsprinzip nicht der einzige Weg ist über den die Spieler die Welt indirekt mitgestalten können.

Manche SLs (ich gehöre dazu) haben auch eine Art nun ja "variablen Handlungsverlauf" der sich ändert je nachdem wie die Spieler ihre Charaktere In-Game agieren lassen. Diese Änderung findet aber auf der Metaebene statt und ist für die Spieler nicht unbedingt direkt nachvollziehbar.   

Also so eine Art von indirektem PE...  ;D
Da macht sich zwar das Plausibilitätsprinzip bemerkbar (diesmal eher Story-Ebene: Was muß geschehen, damit die Story inklusive der Handlungen der SC plausibel bleibt), aber auf das Erzählrecht/die Erzähllast hat das erst einmal keine Auswirkung, oder?
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Offline Roland

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #7 am: 22.04.2005 | 22:48 »
Wobei der Weg über das Plausibilitätsprinzip nicht der einzige Weg ist über den die Spieler die Welt indirekt mitgestalten können.

Manche SLs (ich gehöre dazu) haben auch eine Art nun ja "variablen Handlungsverlauf" der sich ändert je nachdem wie die Spieler ihre Charaktere In-Game agieren lassen. Diese Änderung findet aber auf der Metaebene statt und ist für die Spieler nicht unbedingt direkt nachvollziehbar.


Wenn die Spieler nicht davon wissen, gestalten sie auch nicht mit. Du veränderst de Story, so dass die Vorlieben der Spieler bedient werden. Das Verhalten der Spieler dient Dir als Inspiration, mehr nicht.
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Teclador

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #8 am: 23.04.2005 | 02:38 »
@Roland: Aha...du pflegst diesen Spielstil also auch? Scheinst dich ja ziemlich gut damit auszukennen. Naja zumindestr urteilst du so als wüsstest du bescheid.  ::)

Zur Info: Die Spieler wissen, dass ich so vorgehe und sind sich ihres Einflusses bewusst.

Aber naja vielleicht sollte ich dich besser fragen, ob das so ist. Schließkich bist du hier der Experte.  :P

@Haukrinn: Hm es ging mir eher um einen Kommentar zum indirekten PE, dass du weiter oben angesprochen hast. Wollte jetzt nicht vom Thema ablenken.

Offline 8t88

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #9 am: 23.04.2005 | 11:30 »
Zitat
Beispiel 2 (so spiele ich im Moment): Die Spieler tragen die Erzähllast für ihre Charaktere und die Auswirkungen, die deren Handlungen auf ihre Umwelt haben. Regeln definieren, in welchem Umfang dies geschehen kann. Der Spielleiter mischt sich nur ein, falls die Beschreibung entweder diesen Regeln oder dem Plausibilitätsprinzip grob widerspricht.
Läuft in Wushu genau so ab!
Aber als Definition find ich das echt klasse!
Wenn ich mehr zeit hätte würde ich da auch was zu schreiben, aber ich muss jetzt los! :-\
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Offline Dr.Boomslang

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #10 am: 23.04.2005 | 13:15 »
Ich würde es auch nicht "Erzähllast" nennen, aber das Konzept kommt mir sinnvoll vor. Ich habe es in meiner Vorstellung nicht direkt benannt sondern einfach nur in Bereiche der Zuständigkeit eingeteilt.
Ein Ideal das ich mir in diesem Zusammenhang überlegt habe wär das was ich einfach mal "charakterzentrierten Simulationismus" nenne. Die Spieler erhalten dabei das Willensmonopol über ihre jeweiligen Charaktere, der SL erhält das Willensmonopol über die restliche Welt. Naturgesetzte und kausale Zusammenhänge innerhalb der Spielwelt unterliegen aber jeweils einer Konkurrenz zwischen Spielern und SL, die durch das Regelsystem aufgelöst werden muss.
Eindeutige Eingaben in die Spielwelt kann nur über ein Monopol erfolgen, da man nur hier die völlige Freiheit besitzt. So können auch Elemente wie Story ins Spiel eingebracht werden.

Online Haukrinn

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #11 am: 23.04.2005 | 13:31 »
Ich würde es auch nicht "Erzähllast" nennen, aber das Konzept kommt mir sinnvoll vor. Ich habe es in meiner Vorstellung nicht direkt benannt sondern einfach nur in Bereiche der Zuständigkeit eingeteilt.

Was im Prinzip ja auf dasselbe herauskommt. Ich wollte dem Kind nur einen Namen geben, um meinem Regelwerk auch ein paar "Designer's notes" mitgeben zu können.

Ein Ideal das ich mir in diesem Zusammenhang überlegt habe wär das was ich einfach mal "charakterzentrierten Simulationismus" nenne. Die Spieler erhalten dabei das Willensmonopol über ihre jeweiligen Charaktere, der SL erhält das Willensmonopol über die restliche Welt. Naturgesetzte und kausale Zusammenhänge innerhalb der Spielwelt unterliegen aber jeweils einer Konkurrenz zwischen Spielern und SL, die durch das Regelsystem aufgelöst werden muss.

Exakt. Verstehe ich das richtig, daß dies in etwa Beispiel 1 entspricht. Oder meinst Du noch etwas anderes?

Eindeutige Eingaben in die Spielwelt kann nur über ein Monopol erfolgen, da man nur hier die völlige Freiheit besitzt. So können auch Elemente wie Story ins Spiel eingebracht werden.

Erstere Aussage verstehe ich nicht. Könntest Du erklären, warum Du denkst, daß das so ist? Und letzteres klingt interessant. Was meinst Du damit genau?
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Offline Roland

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #12 am: 23.04.2005 | 13:51 »
@Roland: Aha...du pflegst diesen Spielstil also auch? Scheinst dich ja ziemlich gut damit auszukennen. Naja zumindestr urteilst du so als wüsstest du bescheid.  ::)

Zur Info: Die Spieler wissen, dass ich so vorgehe und sind sich ihres Einflusses bewusst.


Aus Deinem Post war das nicht zu erkennen und Deine Beispiele liessen es für mich so aussehen, wie ich es beschrieben habe.
« Letzte Änderung: 23.04.2005 | 13:53 von Roland »
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Offline Fredi der Elch

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #13 am: 23.04.2005 | 14:03 »
Ein Ideal das ich mir in diesem Zusammenhang überlegt habe
Was genau meinst du hier mit Ideal? Meinst du 1. dass das die beste Art ist, Rollenspielregeln zu designen oder 2. dass dir diese Art persönlich einfach am Besten gefallen würde? Und jetzt sag bitte nicht 1. … ;)

Und ansonsten möchte ich mich Haukrinn anschließen: kannst du das mit dem Monopol etwas weiter ausführen? Welche Art von Entscheidungen können nur dann getroffen werden? Und wie wirkt das auf Story?
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Offline Dr.Boomslang

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #14 am: 23.04.2005 | 16:12 »
Verstehe ich das richtig, daß dies in etwa Beispiel 1 entspricht. Oder meinst Du noch etwas anderes?
Das entspricht im wesentlichen deinem Beispiel 1, bis auf den letzten Satz natürlich ("Zudem hat der Spielleiter bei jeder Beschreibung der Spieler das Recht, einfach mal "Nö" zu sagen."), denn der macht alles vorher gesagte irgendwie bedeutungslos, bzw muss man das nicht als zusätzliche Regel hervorheben. Wann der SL oder auch die Spieler das Recht haben "Nö" oder was auch immer zu sagen hängt ja von den Spielregeln ab. Mit so einer "goldenen Regel" über allen anderen Regeln in Richtung "Der SL hat im Zweifel immer Recht" kann ich nicht so viel anfangen.

Ein Ideal das ich mir in diesem Zusammenhang überlegt habe
Was genau meinst du hier mit Ideal? Meinst du 1. dass das die beste Art ist, Rollenspielregeln zu designen oder 2. dass dir diese Art persönlich einfach am Besten gefallen würde? Und jetzt sag bitte nicht 1. … ;)
Ähhh.... 1! Ne, ich meine natürlich 2 ::)
Ich habe es ja schon extra charakterzentrierten Simulationismus genannt, ich denke damit ist die Sache ganz gut eingeordnet. Wenn ich von Simulationismus rede dann meine ich damit immer diese charaktererzentrierte Variante (auch weil ich mir grade keine andere sinvolle vorstellen kann). Simulationismus benötigt nach meiner Ansicht immer eine Form der freien Eingabe und eine Form eines Verarbeitungsmechanismus der nicht diesem freien Willen unterliegt. Dadurch kommt dann der gewünschte Effekt des "mal sehen was passiert und wie es sich anfühlt" heraus, den Herr Edwards sehr nett "The Right to Dream" genannt hat. Aber... hooops, das ist ja hier der Nix Forge Thread... Ich hab nix gesagt. Zurück zum Thema:

Zur Sache mit den Monopolen: Ich denke es ist (in der von mir genannten Spielvariante) nötig jedem Spieler (da ist auch der SL gemeint) einen Raum der freien, willkürlichen Entscheidung zu geben wo er die volle Macht ausüben kann. Ich erwähne das hier so ausdrücklich um dem Vorurteil der Regel- und Settingsklaverei entgegenzuwirken das diesem Spielstil anhaftet.
Wenn dieses Monopol über die Willensfreiheit nicht völlig klar ist kommt es hier leicht zu Missverständnissen der Art: "Ich muss dich doch beklauen ich spiele einen Dieb.", die wir sicher alle schonmal so ähnlich erlebt oder von denen wir zumindest gelesen haben ;). Das macht Spieler dann nur zu Automaten innerhalb der Simulation und nicht zu denjenigen die die Simulation mit Eingaben füttern, was sie aber eigentlich sein sollten.
Nur durch dieses Monopol können die wirklichen Entscheidungen getroffen werden die das Spiel interessant machen, weil sich zwar letztenendes der Spieler entscheidet, das aber unter sehr vielen Einflüssen die eben nicht seinem freien Willen unterliegen. Und das denke ich ist eine grundsätzliche Bedingung für gutes Rollenspiel unabhängig vom Stil.

Die interessante Frage ist jetzt natürlich wo man diese Monopole genau ansetzt und welche Bereiche man dann doch der Konkurrenz überlässt und wie man diese Konkurrenz dann regelt. Das gute an Monopolen ist schonmal dass sie nicht geregelt sein müssen, ja sogar nicht sein können, umgekehrt verhält es sich mit den Bereichen der Konkurrenz.
Für mich beantworte ich diese Fragen etwa so: Spieler dürfen den Charakter entwerfen, damit sind hier Charakterzüge also der Charakter des Charakters gemeint. Alles andere was den Charakterentwurf betrifft unterliegt der Konkurrenz, dies ist nötig da es ja irgend eine Form der Einigung über Setting und Ausblick des Spiels geben muss. Der freie Wille, also quasi das was der Charakter denkt, bestimmt allein der Spieler in der jeweiligen Situation. Jetzt kommen ein paar Punkte über die man sich streiten kann ich bin da im einzelnen auch noch nicht sicher. Was ist mit den Emotionen, den unbewussten und psychisch-physischen Komponenten? Ich würde das größtenteils dem Spieler überlassen wollen, mit kleinen Bereichen der Konkurrenz zum SL der aber hier sehr durch Regeln gezügelt werden muss (was nicht heißen soll das die komplex sein müssen). Dann kommen wir natürlich zum Handeln der Charaktere. Hier besteht ja in allen klassischen Rollenspielen eine Art Veto-Annahme. Der Spieler bestimmt solange bis der SL eingreift. Das finde ich als Grundregel (die ominöse "goldene Regel") noch viel zu hart in Richtung SL, dieser Bereich muss stark geregelt werden.
Auf SL-Seite hat der SL die selben Freiheiten bezüglich seiner NPCs die die Spieler für ihre Charaktere haben. Das würde eigentlich fast schon reichen. Naturgesetzte sollten Regelung unterliegen (kann auch durch Konsens geschehen, was in diesem Punkt eher häufig der Fall sein wird). Chaotische und nicht beobachtbare Systeme (Wetter, zufällige Begegnungen usw) darf der SL nutzen, sollten aber auch einer milden Regelung unterliegen (und können im Prinzip auch von Spielern gleichermaßen genutzt werden, also direkte Konkurrenz). Ich gehe hier jetzt erstmal nicht weiter zu den Spielablaufregeln, sondern bleibe bei den quasi Realität schaffende Regeln, ich denke das war Anfangs so gewünscht.

Zum nächsten Punkt: Wie wirkt das auf Story? Zunächst sehen die Einflussmöglichkeiten sehr begrenzt aus. Dadurch das es aber Monopole gibt in denen man nicht begründen braucht wie man handelt, kann man auch versuchen Story darüber einzuführen. Spieler können so ihre Charaktere auf innere oder äußere Konflikte zuführen wenn sie das möchten, aber ich gebe zu die Möglichkeiten sind hier beschränkt (Vannilla NAR ups, schon wieder >;D ). Der SL hat hier auf die selbe Weise schon mehr Möglichkeiten an der Story zu drehen, einfach weil er größere Geflechte konstruieren kann, aber das wird nie die Art Story wie sie Fredi im Thread "Story und Metaebene" nennt (vielleicht schreib ich da ja auch mal was dazu). Story bleibt bei dieser Spielweise also im strengen Sinne eher eine Richtlinie, ein Konsens der die prinzipiell beliebiegen Eingaben auf eine Gemeinsamkeit hin bündelt, aber nie ein erklärtes Ziel.

Offline Fredi der Elch

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #15 am: 23.04.2005 | 16:34 »
Boomslang,
ich glaube ich hab’s immer noch nicht ganz gepeilt. Braucht man Monopole nur im charakterzentrierten Simulationismus oder in jedem Rollenspiel? Denn wenn man sie in jedem Rollenspiel bräuchte, wäre jedes Rollenspiel, dass die "goldene Regel" beinhaltet (und damit dem Spieler eben kein Monopol gibt) kein Rollenspiel. Und eines, wo durch 2/3-Mehrheit Vorschläge abgelehnt werden können, auch nicht. Was genau meinst du also? Ab wann ist etwas ein Monopol und wann nicht mehr?

Warum Monopole für die Story nötig sind, verstehe ich auch nicht. SL-Willkür oder Mehrheitsentscheidung können doch genau dieselben Ergebnisse erzielen wie Monopole, oder? Warum braucht man also Monopole?

Alles andere bezieht sich auf deine persönlich Sicht und Version von charakterzentriertem Simulationismus (was immer das genau sein mag, ich denke, ich habe eine grobe Vorstellung davon). Und da kann ich nur sagen: Schön. Ist eben ein Beispiel, wie man Erzählrechte verteilen kann (wie mein PtA-Beispiel). Aber nichts Allgemeines zu Erzählrechten (was ja ok ist).
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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #16 am: 23.04.2005 | 16:52 »
Ich versuch mich mal kurz und präzise zu fassen (fällt mir immer schwer):

Braucht man Monopole nur im charakterzentrierten Simulationismus oder in jedem Rollenspiel?
Nicht in jedem. Zumindest nicht die die ich genannt habe. Irgendeinen Punkt der Selbstbestimmung sollte es aber immer geben. Den kann man natürlich so weit zurückdrängen dass ich persönlich das Spiel dann vielleicht als uninteressant beschreiben würde, aber das ist ja erstmal egal.

Ab wann ist etwas ein Monopol und wann nicht mehr?
Wenn Aussagen darüber nicht angezweifelt werden können (dann ist es eins).

Warum Monopole für die Story nötig sind, verstehe ich auch nicht. SL-Willkür oder Mehrheitsentscheidung können doch genau dieselben Ergebnisse erzielen wie Monopole, oder? Warum braucht man also Monopole?
Ich hab nicht gesagt das sie dafür nötig sind. Sie ermöglichen Story, in der abgeschwächten Form die ich beschrieben habe. Man benötigt sie wenn man SIM spielt, weil man ansonsten nicht mehr spielt sondern nurnoch "macht". Mensch-Ärger-Dich-Nicht spielt sich ja auch von alleine, der Spieler macht nichts außer zu würfeln, und die Fähigkeit einen Würfel aufzuheben und fallenzulasse ist nichts was den Spieler als Spieler ausmacht (bauhaupte ich jetzt einfach mal).

Alles andere bezieht sich auf deine persönlich Sicht und Version von charakterzentriertem Simulationismus (was immer das genau sein mag, ich denke, ich habe eine grobe Vorstellung davon). Und da kann ich nur sagen: Schön. Ist eben ein Beispiel, wie man Erzählrechte verteilen kann (wie mein PtA-Beispiel). Aber nichts Allgemeines zu Erzählrechten (was ja ok ist).
Stimmt. :)

Offline Maarzan

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Re: [Nix Forge] Erzähllast und Verteilung derselbigen
« Antwort #17 am: 24.04.2005 | 09:51 »
SInd das wirklch Monopole der Eingabe.
So weit ich das Verstanden habe, sagt Lupley genau etwas anderes.

Spätestens an den Schnittstellen zwischen Bereichne wird das eng.
Was es gäbe wäre ein exklusives Eingaberecht, wie an einer Tastatur für ein Objekt, z.B. einen Charakter.
Ein Rechner, d.h die Regeln würden die Effekte bestimmen und Schreibrechte auf die Zentralplatte (SIS) steuern.
Der Spielleiter wäre einmal über verschiedene Tastaturen im Spiel, als auch als Administrator.
Ggf. kann auch ein Spieler weitere Tastaturen zugesprochen bekommen.

Und ein System läuft um so besser, je seltener man den Admin bemühen muß. Aber für Problemfälle ist es gut, einen solchen zu haben.

Dazu gäbe es einen Chat, der kein SChreiben auf die Zentralplatte darstellt, aber den einzelnen Beteiligten Anregungen gibt und die Vorstellungen und Wünsche der Mitspieler übermittelt.
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