Augrund technischer Schwierigkeiten spielen jetzt doch nur Fredi, Cay und ich. Ich bin Fredis „Mistaken“, Fredi ist Cay’s und Cay ist meiner. Der jeweils andere übernimmt die Rolle von „Half Moon“ und „Full Moon“ (sitzt also quasi zweimal am Tisch...
)
Die erste Stunde ging mit ein bisschen Gequatsche und Regel-Briefing drauf. Es dauerte eine Weile, die Regeln zu durchdringen, doch da sie eigentlich sehr logisch sind, machten sie danach keine Probleme mehr. Also zündete ich eine virtuelle Kerze an und begann das Spiel mit den Worten: „Das Volk lag im Sterben, vor langer Zeit, am Ende der Welt.“
Womit wir größere Probleme als mit den Regeln hatten, war, auf wirklich interessante Spielinhalte zu kommen. Wie Cay es ausdrückte: „Worum geht es hier eigentlich?“ Wir wussten alle nicht so recht, was jetzt eigentlich passieren sollte. Ich glaube, wir haben es uns zusätzlich schwer gemacht, indem wir in der Nacht begannen, also ohne Dämonen und Schlachten und mit sozialer Interaktion und Intrigen, wo’s nicht so gar den drastischen Horror zu finden gab.
Außerdem sind unsere Protagonisten vielleicht zu eng miteinander verknüpft. In jeder gespielten Szene waren mindestens zwei Protagonisten, was die Sache vor allem dann erschwert, wenn der Spieler des Protagonisten der „Mond“ ist. Soll dann nämlich der Protagonist in einem Konflikt agieren, müssen das zwei Spieler gemeinsam entscheiden...
Also, holprig wie erwartet. Ich denke, wir werden auch nächstes Mal noch ein bisschen Eingewöhnungszeit brauchen. Aber so schnell geben wir nicht auf! Hier sind die drei Szenen, die wir gespielt haben.
Ich (für Castor): Castor kehrt nach Sonnenuntergang zurück vom glorreichen Kreuzzug tief in den Fehler hinein. Er überrascht seinen Vater, den Senator, bei unzüchtigen Spielen mit Kuma (meiner Protagonistin). Ein etwas unmotiviertes Streitgespräch entsteht, nicht wirklich aufgepeppt durch die spottende Dämonin vor dem Fenster, die in der Dunkelheit verschwindet. Das Volk will seinen Helden sehen, und er und sein Vater gehen raus und winken. Ein offenbar besessener Junge greift Castor an und erwischt den Vater (ohne ihn jedoch zu töten), Castor schnappt ihn sich, und der Junge erzählt ihm, dass sein Bruder Pollux sich seinen Tod wünscht. Senator Antares (Papa) verlangt die Hinrichtung des Jungen, und Castor führt sie aus, angefeuert vom Volke.
Cay (für Kuma): Pollux stellt Kuma auf dem Flur, doch sie drängelt sich an ihm vorbei und läuft direkt einem anderen Senator in die Arme, der auf meinem Charakterbogen bei „Mistaken“ steht – Keid, ein Rivale Antares’. Er durchschaut sie und erpresst sie, auch mit ihm ins Bett zu gehen. Sie willigt ein, um Antares zu schützen, und Keid verliebt sich in sie.
Fredi (für Castor): Castor und sein Vater reiten mit einer Jagdgesellschaft auf ihren fliegenden Insektenreittieren aus. Castors Knappin („New Moon“) reißt der Sattelgurt, sie stürzt, Castor fängt sie auf, doch auch Pollux ist zur Stelle. Ihre beiden Reittiere stoßen zusammen, und der Arm der Knappin wird zermalmt. Das ändert nichts an ihrer Bewunderung für Castor, doch sie beginnt, Pollux zu hassen.
Die Szenen waren holpriger, als sie sich anhören. Die Konflikte liefen bis auf wenige Ausnahmen mit „Doch nur, wenn...“ Es wurde nicht gewürfelt (außer Erfahrung). Fredi hat einmal „Du verlangst bei weitem zuviel“ eingesetzt (als ich die Knappin umbringen wollte). Ansonsten haben wir fast alle Fiesigkeiten entspannt akzeptiert. Ein Zeichen, dass wir noch nicht fies genug waren.
Hatten wir vielleicht auch ein „Es sollte nicht sein“? Weiß ich nicht mehr. Die anderen?
Eine sehr, sehr wichtige Erkenntnis für das Spiel von Polaris ist: Die Konflikte sind
ganz anders als bei PtA oder DitV. Es werden keine Stakes festgelegt, es geht immer um das, was als nächstes passiert. Sie sind, das wird mir klar, als ich diese Zeilen schreibe, haltet euch fest – sie sind Task Resolution.
Task Resolution, nur anders.
Ich glaube, wir haben insgesamt einen zu engen Zusammenhang zwischen den Szenen gesucht. Da kann man sicher noch aggressiver schneiden. Was mir sehr gut gefiel, war der Konflikt mit Kuma und dem Senator, der hat auch interessante Veränderungen der Situation gebracht. Davon brauchen wir mehr (und blutige Gemetzel).
Cay war auch so tapfer, offen zu sagen, dass sie mit meinem Charakter noch nicht viel anfangen konnte (als „Mistaken“). Fand ich gut. Ich habe dann erklärt, wie ich mir den Charakter vorstelle, was vorher wohl auch nicht deutlich gewesen war. Kuma trauert ihrer verlorenen Unschuld nach, deswegen liegt ihr dieses kleine Dorf der „Aufrichtigen“ auch so am Herzen, weil es für sie ein Symbol der Reinheit ist. Sie liebt Senator Antares wirklich und macht seine Spielchen mit, um ihm zu gefallen. Nur seinetwegen hat sie sich auch auf die Sache mit dem anderen Senator (Keid) eingelassen, was ihre Unschuld natürlich weiter befleckt.
Ich denke, beim nächsten Mal geht die Sonne wieder auf, die Dämonen werden angreifen und alles wird cool. „Doch das war vor langer Zeit, und heute gibt es niemand mehr, der sich daran erinnert.“