Der wahre Kern dessen, was der Hofrat in seiner gewohnt liebenswürdigen Art verpackt, ist allerdings der: Wenn zwei Leute sich über ein Thema unterhalten, dann können sie auf Augenhöhe diskutieren, oder der eine kann es dem anderen erkären. Und was von beidem gerade stattfindet, ist, gerade in Internet-Foren, oft unklar. Insbesondere gibt es immer wieder mal Leute, die gerne auf Augenöhe diskutieren wollen, ohne sich allerdings auf Augenhöhe zu befinden.
Verscheuchen, erst recht im Sinne von „Vergraulen“, finde ich allerdings auch nicht das Mittel der Wahl, um diesen Missstand zu beheben. Da fällt einem doch ggf. noch was anderes ein, das sowohl netter als auch effizienter ist...
Da stimme ich Dir uneingeschränkt zu. Allerdings übersiehst Du nach meiner Auffassung einen entscheidenden Punkt. Es gibt nämlich fraglos immer wieder Fälle, in denen von zwei Leuten mindestens einer meint, dass der jeweils andere nicht auf Augenhöhe diskutieren könne. Die Berechtigung dieser Sichtweise lässt sich aber oft kaum belegen.*
Deshalb ist es so wichtig, dass man dem jeweiligen Gesprächspartner erst mal zuhört. Und das passiert nicht, siehe das absurde Argument des "Verscheuchens". Allein die Wortwahl zeugt von einer automatisiert angenommenen hierarchischen Beziehung zwischen den Gesprächspartnern, deren Richtung unverrückbar festgelegt ist. Wenn man zudem glaubt imstande zu sein, andere Diskussionsteilnehmer nach 2 Sätzen für zu leicht befinden und verscheuchen zu können, finde ich das sehr mutig. Davon abgesehen führt solch ein Denken und Handeln natürlich in beeindruckend kurzer Zeit zu jeder Menge hitziger Konflikte. bin wahrlich nicht konfliktscheu, aber das ist mir schlicht ne Nummer zu stumpf.
Soviel zum Thema "Konstruktiv im Internet diskutieren".
*EDIT: Ansonsten scheint mir diese Sache mit der Augenhöhe bei Rollenspielern besonders ausgeprägt zu sein. Bin parallel nur in 2 weiteren Foren (sporadisch) aktiv, die sich mit vollkommen anderen, beurfsbezogenen Sachverhalten beschäftigen. Dort herrscht allerdings ein völlig anderes Klima und die Beteiligten gehen erst einmal davon aus, dass andere Beitragende weder Volldeppen noch Dilettanten sind. Mir ist noch unklar, weshalb das beim Rollenspiel anders ist. Denn jemand, der sich soweit mit seinem Hobby auseinandersetzt, dass er sich regelmäßig bei Tanelorn herumtreibt, investiert ja durchaus eine Menge Zeit in ein Hobby, so dass man eigentlich von einer gewissen Grundahnung ausgehen könnte. Vielleicht ist das aber auch falsch. Hier jedenfalls einige Argumente für verstärkte "Augenhöhe-Differenzen" (schließe mich auch bei den kritischen Punkten gern selbst mit ein):
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Begrenzer Horizont: Unabhängig vom Alter gibt es immer deutlich mehr Rollenspiele, als man im Detail kennen kann. Die Spiele sind voneinander bisweilen so unterschiedlich, dass es leicht zu Missverständnissen kommt
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Soziale Unterschiede 1: Die Zusammensetzung von Spielgruppen weicht erheblich voneinander ab. Rollenspielrunden sind deshalb so unterschiedlich, dass sogar mitunter eine gemeinsame Basis fehlt.
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Soziale Unterschiede 2: Der sozioökonomische Hintergrund von Rollenspielern ist, trotz eines Zusammenhangs mit gehobener Ausbildung, immer noch extrem verschieden. Das führt zu Missverständnissen.
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Mangelnder Austausch: Da Spielgruppen über die Zeit und Jahre üblicherweise recht konsistent in der Besetzung bleiben, schleifen sich Eigenarten ein, die sich in anderen Gruppen nicht entwickeln. Das führt zu vielen Missverständnissen
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Spielstil: Verschiedene Rollenspielgruppen praktizieren vollkommen unterschiedliche Spiele. Eine crunchige ARS-Runde hat mit einer Story-DSA kaum noch etwas gemein.
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Überschätzung eigener Erfahrungen: Rollenspieler verallgemeinern eventuell eigene Erfahrungen, was einen unbelasteten Austausch erschwert.
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Nerdfaktor 1: lauter Bücherwürmer mit zu wenig Sozialkontakten können sich schlecht austauschen
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Nerdfaktor 2: zu viele Nerds ohne pädagogische Befähigung reden aneinander vorbei
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Nerdfaktor 3: es gibt ein Übergewicht an Technikern, die selten Texte schreiben müssen
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Nerdfaktor 4: Einige Rollenspieler verwechseln Kenntnisse in abseitigen Regelwerken (z.B. Indies XY oder Monster Manual 48) mit Rollenspielkompetenz. Das ist voreilig und verstellt bisweilen den Blick auf neue Einsichten.
Könnte diese Liste noch ewig fortführen. Aber der Punkt wird klar, oder? Viele der Punkte treten in anderen Bereichen nicht oder in verminderter Form auf. Insofern: gebt den anderen Leuten ne Chance, dann klappts auch mit dem Nachbarn