Autor Thema: Musical: Lord of the Rings - London  (Gelesen 652 mal)

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Offline AlexW

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Musical: Lord of the Rings - London
« am: 23.06.2007 | 14:11 »
(aus meinem Blog)

Den Herrn der Ringe gibt’s jetzt auch auf der Bühne. Ich lebe ja quasi in der Entertainment-Welthauptstadt, wo jedes Jahr X Musicals starten und crashen oder weitermachen. Man gewöhnt sich an das “Biggest! Best! Evar!” und ich selbst habe bisher sehr wenige Shows mitgemacht. Ich würde mir STOMP! nochmal ansehen, aber meistens bin ich froh, am Abend aus London rauszukommen und muss am Wochenende auch nicht unbedingt immer wieder rein. Geschweige denn in Abendgarderobe.

Eines Tages nun begab es sich, dass Schatzi zum Launch von “The Children of Hurin” ging, dem Buch, dass Tolkiens Enkel (glaube ich) aus seinen Notizen zusammengestellt hat. Schatzi hat dabei dann auch an einer Ausschreibung teilgenommen. Abgesehen davon, dass Schatzi das Hardcover (signiert!) dann für eine Weile im Bett las, hätte mich die ganze Episode nicht gross interessieren müssen.

Eines Abends lag ich gerade mit meinem Buch lesend im Bett, und Schatzi kam rein, mit geweiteten Augen, und sagte irgendwas von wegen er habe “gewonnen”. Whatever. Was gewonnen? Offenbar hatte er eine Mail von Harper Collins bekommen, er habe Karten zur Eröffnung vom Lord of the Rings Musical, mit After Show Party und Hotel in London.

Obwohl Harper Collins es nicht auf die Reihe brachte, die Tickets wegzuschicken, und die Tickets sprichwörtlich per Kurier zum Hotel gingen (irgendein Praktikant wird da Mist gebaut haben), bekamen wir unsere Tickets dann doch noch. Das war Dienstag. Dienstag abend also in den Frack geschmissen, und los zum Theatre Royal, Drury Lane, um mit den Reichen, Superreichen und Wichtigen Schulter an Schulter (wir mussten auch über den roten Teppich) Lord of the Rings zu sehen.

Kaum waren wir drin, ging’s auch schon fast los, ich hätte von den Promis ohnehin niemanden erkannt. (Schatzi behauptet, Andrew Lloyd Webber sei dagewesen). Das Theater ist, im Vergleich zu ähnlichen Häusern in Deutschland, vergleichsweise überschaubar.

Und sie haben in drei Stunden, mit einer Pause, tatsächlich alle drei Teile gespielt.

Die Presse hier mochte es nicht so sehr: die Musik sei nichts, die Schauspielerei sei nicht so richtig was, und generell wurde das Stück von der Presse ziemlich zerissen.

Ich war da, und es gab standing ovations.

Persönlich bin ich kein Fan von Tolkien. Ich finde seine Charaktere mehr als schwach, und sein Schwarz-Weiss-Weltbild nervt mich gewaltig. Schatzi ist ein Fan. Kein Fanatiker, aber ein Fan.

Wie nun wurden die drei Bücher inszeniert?

Dicht. Sehr, sehr dicht.

Was geschnitten wurde, ist die Geschichte mit den zwei Königen/Truchsessen - die wurden zu “Boromirs Vater” zusammengelegt, der nie benannt wurde. Der Intrigenplot um Grima ist komplett rausgefallen, und Boromirs Vater musste nur das Schwert des Königs sehen, um aufzustehen und zu sagen: “Okay, let’s kick ass!” Kein Faramir, und keine Schlachtszene im Hafen. Keine Rohirrim, das waren eher alles Gondorianer. Hat der Story aber gut getan (oder wir hätten wohl noch mindesten 30 Minuten länger da gesessen). Und keine Schwertmaid, und kein Hexenkönig von Angmar. Keine grossartigen Belagerungsszenen.

Und, *danke*, keine grossartigen Landschaftsbeschreibungen.

Die Story war komplett auf den Plot reduziert. Und, ganz sicher, für Leute, die Bücher und Filme nicht kannten, so gut wie unverständlich. Diese Show ist keine gute Einführung in das Epos, dafür geht alles zu schnell. Das ist fast schon das MTV-Video zu den Peter Jackson Filmen. Es geht *richtig* schnell. Muss auch.

Es gibt special effects, und Gesinge (war okay, jetzt nichts, was mich umgehauen hätte aber es war nicht grottig), Leute werden auf der Bühne unsichtbar, die schwarzen Reiter sind sehr gut umgesetzt, die Mega-Spinne auch (ich wartete darauf, dass Schatzi als alter Arachnophob irgendwie nervös wird, aber er sage später, da, wo wir sassen, hätte Shelob nicht reingepasst… - die Unschuld!). Die Orks bewegten sich wie die Affen in Planet of the Apes, sehr viel Akrobatik und Tempo, und auch die Schlacht-Szenen waren okay. Die Besetzung war durchgängig gut.

Mein Highlight: Das Auftauchen des Balrogs. Das ganze Theater wurde in Feuerrot getaucht, die Bühne war da gerade eine Brücke, Gandalf steht zum Publikum (“You shall NOT pass!” und hinter ihm taucht RIESIG der Balrog auf, füllt dabei die ganze Bühne aus, rote Scheinwerfer und Windmaschine direkt ins Publikum, das Herz vibriert, die Musik wird super-dramatisch … sehr nett. Die Inszenierung hat es geschafft, hier den dramatischsten Moment zu setzen. (Statt, wie im Buch, in Bre).

Boromir hatte den fettesten schottischen Akzent, den ich noch verstehen konnte, und ich werde den jetzt immer hören, wenn ich an Boromir denke.

Bester Schauspieler: Gollum. Ganz offensichtlich von den Filmen inspiriert - akrobatisch, super Körperbeherrschung, die einzige Figur, für die ich irgendwas empfunden habe. Gollum kriecht und schleicht und schleimt und knurrt und zischt. Er kriecht am Kabel kopfüber die Bühnendeko herunter, schwebt, im Fallen, wenn er den Ring greift, durch die Luft … fantastische Einzelbilder.

Die Bühne - sich drehend, mit vielen Segmenten, die sich beliebig heben und senken können - war einer der Stars. Sie erlaubt Wanderungen, Verfolgungsjagden, wurde zur Ratshalle, zum Gebirge, zu den Minen, zum Elfenwald, zur Stadt, zur Brücke, zum Fluss … Genial, was die sich haben einfallen lassen, viele der Uebergänge waren ganz weich, fliessend, mit nicht einer Minute Unterbrechung.

Ich hätte nicht gedacht, dass man den HdR überhaupt umsetzen kann, aber sie haben’s getan. Das Zielpublikum sind ganz klar die Fans (und davon gibt’s Millionen). Die Schwächen hat das Buch auch (lahme Charaktere), aber die Inszenierung ist top und absolut sehenswert. Mir hat’s einfach Spass gemacht zu sehen, wie sie manche Sachen umsetzen.

Für meine Begriffe hat sich’s gelohnt.
« Letzte Änderung: 23.06.2007 | 14:14 von AlexW »

Offline FallenCrow

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Re: Musical: Lord of the Rings - London
« Antwort #1 am: 29.03.2008 | 01:49 »
so hab das Stück nun auch in London gesehen...
Fand's einigermassen ok (wenn man bedenkt welcher Stoff da in eine 2 1/2 Stunden Bühnenproduktion verwurstet wurde..  ::)  )
Die Musik fand ich belanglos, die Story is halt sehr zusammengeküzt und gehetzt...
warum ich das Thema allerdings reaktiviere:

Das Musical wird z.Zt. überarbeitet für eine DEUTSCHE VERSION die wohl in diesem Jahr nach Köln kommen soll wenn alles klappt (so munkelte man in London von inoffizieller seite) und das dürfte doch vielleicht den ein oder anderen hier interessieren  >;D egal was man von dem Stück hält...
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