Die Spielfiguren bei TSOY werden durch vier verschiedene Dinge beschrieben: Fähigkeiten, Reserven, Gaben und Pfade.
Die
Fähigkeiten der Spielfiguren sind eher breit gefaßt und überlappen sich streckenweise: z.B. gibt es "Duellieren" und "Infanterie", was beides für Nahkampf mit verschiedenen Waffen benutzt werden kann – die Unterscheidung ist primär Farbgebung, aber es gibt Randgebiete, die Duellanten von Infanteristen unterscheiden.
Die Fähigkeiten sind grob in verschiedene Gruppen gefaßt, die der allgemeinen Orientierung dienen (es gibt zum Beispiel "kriegerische Fähigkeiten", "Freilandfähigkeiten" und "spirituelle Fähigkeiten).. Darüberhinaus gibt es verschiedene Fähigkeiten, die aus den jeweiligen Kulturkreisen stammen (Infanterie ist zum Beispiel eine maldoritische Spezialität) und für die Spezies gibt es auch jeweils eine besondere Fähigkeit.
Die Abstufung der Fähigkeitsstufen ist nur grob aufgelöst und geht von 0 bis 4. Im Zusammenhang mit den verwendeten Würfeln und dem Würfelsystem ergibt sich so die Einhaltung des Design-Ziels, dass jede Spielfigur die Chance hat, einen Gegner in einer Probe zu besiegen, dass aber eine Spielfigur mit einem besseren Fähigkeitswert grundsätzlich in der Lage ist, ein besseres Ergebnis zu erreichen als eine unterlegene Spielfigur. Und das geht so: Gewürfelt wird mit 3 Fudge-Würfeln (mögliche Ergebnisse:+,-,0), und das Ergebnis des Wurfs wird mit der Fähigkeitsstufe verrechnet. Im Mittel bekommt man also ein Ergebnis, dass der Fähigkeitsstufe entspricht, im Maximum ein Ergebnis von Fähigkeitsstufe +3. Über Bonus- und Strafwürfel, die für gute Vorbereitung und Ausrüstung oder widrige Umstände vergeben werden, wird das Ergebnis an das eine oder andere Ende der Skala gedrückt (es gibt also erstmal keine festen Modifikatoren). Zur weiteren Vereinfachung werden Ergebnisse unter 0 wie 0 gezählt, was auch bei Konflikten wichtig ist, in denen die Ergebnisse zweier Proben möglicherweise verglichen werden.
Die Anwendung der Fähigkeiten erfolgt auf verschiedene Weisen: Es gibt einfache Proben und Konflikte. In jedem Fall gilt, dass eine Spielfigur bei einem Ergebnis > 0 ihr Ziel erreicht hat. Bei Konflikten hat natürlich die Spielfigur mit dem besseren Ergebnis gewonnen (im Sängerstreit das schönere Gedicht vorgetragen oder beim Bogenschießen besser getroffen), als mechanisches Indiz gilt die Differenz zwischen den Proben. Dabei kann man Fähigkeiten passend zur Spielsituation kombinieren, also kann sich eine pazifistische Zaru-Priesterin tatsächlich mit Überreden gegen einen Schwertkämpfer verteidigen, der mit Duellieren angreift – hat sie das bessere Ergebnis, schafft sie es den Schwertkämpfer dazu zu bringen, die Klinge zu senken, ohne (mechanisch relevant) verletzt zu werden. Außerdem gibt es natürlich noch Regeln für gemeinsames Handeln und unterstützende/komplexe Proben mit mehreren Fähigkeiten.
Einen Kniff gibt es noch: In einem Konflikt (also wenn zwei Spielfiguren Proben gegeneinander durchführen) kann sich einer der Beteiligten dazu entschließen, den Konflikt zu "erweitern", also ins Detail zu gehen und statt mit nur einer Probe auf jeder Seite einen Schlagabtausch abzuhandeln, bei dem es richtig zur Sache geht. Dieser Regelkomplex. Es sei hier nur angemerkt, dass man "wichtige" Spielfiguren nur im erweiterten Konflikt dauerhaft aus dem Spiel entfernen (z.B. töten oder verbannen) oder verändern (z.B. zum Freund machen oder zum eigenen Glauben bekehren) kann. Erweiterte Konflikte sind auch Hauptquelle für Schaden, den ich in der Übersicht aber nicht behandle.
Reserven sind pool-artige Attribute. Mit ihnen kann man sich für eine passende Fähigkeit (jede Fähigkeit ist einer Reserve zugeordnet) einen Bonuswürfel für eine Probe kaufen, Schaden heilen und gewisse Gaben aktivieren (dazu gleich mehr). Spannend an Reserven ist, dass sie sich nicht automatisch wieder auffüllen, sondern dafür entsprechende Szenen mit anderen Spielfiguren herhalten müssen. Insofern dienen die Reserven auch in gewisser Hinsicht als strukturgebende Elemente, da sie so den Spannungsbogen mitbestimmen.
Gaben sind ganz klassische Sonderfähigkeiten. Hierüber werden magische Begabung, besondere Ausrüstung, arkane Kenntnisse etc. abgebildet. Mechanisch manipulieren sie entweder Regeln (z.B. gibt es eine Gabe mit deren Hilfe man mehr als 1 Punkt aus einer Reserve für eine Probe einsetzen kann, um mehr als 1 Bonuswürfel zu kaufen) oder Werte (tauschen den aktuellen Stand zweier Reserven) von Spielfiguren oder ermöglichen schlichtweg Dinge, die man ohne die Gabe nicht kann (die Spielfigur kann zaubern). Außerdem können Gaben Fähigkeiten und Kenntnisse beschreiben, die nicht zur Konfliktlösung eingesetzt werden (z.B. Lesen und Schreiben in klassischen Fantasy-Settings – es ist vielleicht etwas besonderes, das gelernt zu haben, aber so werden Konflikte eben nicht genre-konform augetragen).
Einige Gaben wirken nur, wenn man Punkte aus Reserven dafür ausgibt, und es gibt Gaben die Voraussetzung für andere Gaben sind (allerdings nicht so komplex wie die feat trees a la Exalted oder Feng Shuis Martial Arts-Geraffel).
Bleiben noch
Pfade. Pfade geben Auskunft darüber, welche Motivationen (Pfad des Unterdrückers – Die Spielfigur liebt es, andere zu Dingen zu zwingen), Ziele (Pfad der Rache – die Spielfigur will Rache an jemand/einer Organisation nehmen), Verpflichtungen (Pfad der Familie – die Spielfigur wird aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit Aufgaben übertragen bekommen) und Beziehungen (Pfad der unerwiderten Liebe – die Spielfigur ist in jemand verliebt) wichtig für die Spielfigur sind. Davon abgesehen wird über Pfade definiert, durch welche Spielereignisse eine Spielfigur Erfahrungspunkte bekommt. Doch nicht nur das - auch wenn eine Spielfigur einen Pfad (in der Regel für immer)verläßt, bekommt sie Erfahrungspunkte. Die Bedingungen dafür sind hart kodiert und nicht der subjektiven Einschätzung "guten Rollenspiels(TM)" erlegen. Die Regeln sagen explizit, dass nicht der Spielleiter Erfahrungspunkte vergibt, sondern die Spieler sie sich nehmen, wenn die Bedingung dafür erfüllt ist.
Wie man sieht, bestehen die Charaktere eigentlich nur aus klassischen Regelelementen, die durch Pfade angereichert wurden und noch ein paar Regelkniffe beinhalten. Alles in allem ist das System einfach und schnell. In der Regel sind die SC etwas bevorteilt, aber nichts verbietet dem SL, sehr mächtige Charaktere auf die Gegenseite zu stellen, die im erweiterten Konflikt durchaus eine reale Gefahr für den weiteren Verbleib einer Spielfigur in der Kampagne darstellen können.
Die Charaktererschaffung ist ganz einfach: Man verteilt 11 Punkte auf seine Reserven, darf Fähigkeiten auf bestimmten Stufen nehmen, und wählt eine Gabe und einen Pfad. Dazu bekommt man noch Steigerungen, mit denen man Reserven steigern, Fähigkeiten lernen oder steigern, und Pfade oder Gaben kaufen kann.
Magie wird jeweils mit verschiedenen Gaben und Fähigkeiten abgebildet, die entsprechend der magischen Tradition aufgebaut sind. Es handelt sich also um Sondersysteme, die aber alle auf den Basisregeln aufbauen.
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