Das Problem ist hier, denke ich, die exakte Lesart. Wir hatten damit in unserer Pathfinder-Runde auch ein bißchen Trouble. Nach nochmaligem Vertiefen in die Regeln komme ich zu folgendem Schluß (der in etwa deiner alternativen Lesart entspricht):
Grapple ist zunächst der Versuch, mit dem Ziel in einen direkten Ringkampf zu gehen. Daher ist der Zustand "Grappled" erstmal für BEIDE Kontrahenten gültig. Wer "pinned" ist (niedergerungen - oder wie das im Deutschen heißt), ist in seinen Handlungsmöglichkeiten noch stärker eingeschränkt (ist ja ein verschärfter "Grappled"-Zustand). Er kann im Wesentlichen nur versuchen, sich zu befreien. Zaubern ist möglich, solange nur verbale/mentale Komponenten benötigt werden.
Soviel zur Vorrede. Hier nun ein Beispiel, daß illustriert, wie ich die Sache sehe.
Beispiel: Im Kampf Aaron (Ini 16, CMB +3) gegen Bertrand (Ini 11, CMB +5) versucht ersterer, seinen Kontrahenten in einen Ringkampf zu verwickeln. Er besitzt die Initiative, bewegt sich in Nahkampfreichweite von Bertrand und versucht einen "Grapple". Jetzt hat Bertrand erstmal einen Gelegenheitsangriff, da Aaron durch sein Mänover einen auslöst und er kein Talent besitzt, das ihm hilft, diesen zu vermeiden. Danach macht Aaron seinen Kampfmanöverwurf (CMB). Sein Schwierigkeitsgrad ist 20 (15 + Bertrands CMB von 5). Gelingt ihm dieser, befinden sich Aaron und Bertrand beide im Grappled-Zustand (-4 auf DEX, keine Move-Aktionen, -2 auf alle Angriffe und CMB-Checks, die nicht zum Grapple zählen).
Wenn Aarons Ini-Runde abgewickelt ist, kommt Bertrand an die Reihe. Jetzt beginnt der "tricky part" des Ganzen. Obwohl BEIDE den Zustand "grappled" haben, ist nur Aaron der Offensive in diesem Ringkampf, während Bertrand sich zu entscheiden hat, ob er versuchen will, sich aus dem Ringkampf zu lösen oder selbst hineinzugehen. Möchte er ersteres, dann macht er seinen CMB-Check (gegen 15 + Aarons CMB von 3 = 18). Gelingt ihm dieser, dann ist der Grapple beendet. Gelingt er ihm nicht, dann ist er nach wie vor "grappled" und Aaron erhält überdies einen Bonus von +5 auf weitere Grapple-Aktionen.
Will er allerdings hineingehen in diesen Ringkampf, muß er ebenfalls ein Grapple-Manöver ansagen. Das heißt, er macht einen CMB-Check (wieder gegen 18) und ist bei Gelingen ebenfalls im Ringkampf mit Aaron. Unterschied ist hier, daß Aaron gegen Bertrand keinen Gelegenheitsangriff erhält, da Kreaturen im Zustand "Grappled" keine solchen ausführen können. Mißlingt dieser Check, gilt das gleiche wie oben (wo er sich nicht erfolgreich aus dem Ringkampf lösen konnte).
Sind beide erfolgreich miteinander im Ringkampf, dann gleicht sich der im Regelbuch erwähnte "circumstance bonus" wieder aus.
Wenn in der kommenden Runde Aaron wieder an der Reihe ist, kann er mit einem weiteren erfolgreichen Grapple-Manöver seinen Gegner im Ringkampf halten (also den "Grappled"-Zustand aufrecht erhalten) UND eine der genannten Grapple-Aktionen durchführen (Move, Damage oder Pin).
Ergibt das für Dich einen Sinn? Auf jedenfall stimme ich zu, daß hier in der finalen Pathfinder-Version eine Klarifizierung vonnöten ist. Unter 3.5 waren die Grapple-Regeln vielleicht etwas umständlicher, aber imho auch etwas deutlicher.