Also, prinzipiell mal danke für die Antworten, vielleicht muss ich doch etwas konkreter werden (wobei mich die Frage aber eher allgemein interessiert).
Allgemein:
Es gibt mehrere Aspekte, die mir gefallen. Die "typische Dungeonromantik (flackerndes Fackellicht, enge und unsichere Gänge, Wasser tropft von den Wänden und sammelt sich in Pfützen, alte und verfallene Statuen usw. usf.) kann man natürlich nur schwer transportieren, das ist mir klar. Hier ist die Verzahnung zum Schauplatz eng. Allerdings kann ich mich von diesen Aspekten sowieso verabschieden, wenn ich mit den Spielern (bzw. dem Spieler) spiele, die ich hier vor Augen habe, denn da kommt die passende Stimmung wahrscheinlich nicht auf. Dafür gibts halt eben Wildnis- oder Stadtflair (überfüllte Basare, verwinkelte Gassen, Fachwerkhäuser, blökende Ochsen, hysterische Priester etc.).
Das andere, was mir prinzipiell gefällt, ist eben die übersichtliche, aber trotzdem entscheidungsfördernde Struktur: wenn es zwei Gänge gibt, dann führt jeder auch woanders hin, und es passiert was anderes, wenn ich Tür 1 oder Tür 2 öffne. Sowas lässt sich generell auch in Stadtabenteuer übertragen, mit verschiedenen Stationen, die man anlaufen kann, aber nicht muss. Mein Eindruck von den von mir gelesenen (und auch gespielten) Stadtabenteuern ist aber, dass diese eher geradlinig aufgebaut sind. Bei Wildnis- und Reiseabenteuern verhärtet sich dieser Verdacht noch. Muss das so sein?
Das dritte ist dieses Gefühl, an entscheidender Stelle auf sich allein gestellt zu sein, und mit dem arbeiten zu müssen, was die unmittelbare Umgebung einem gibt. Auf Wildnisabenteuer könnte ich das, glaube ich, ganz gut übertragen, aber auf Stadtabenteuer?
Letztlich bleibt noch die Frage, wie ausgeglichen eine Transformation hinsichtlich der Herausforderungen bleibt (s.u.). Beispiel: In einem System, was auf Klassen aufbaut, haben natürlich die Spezialisten in ihrem Schauplatz die besten Karten (Barden in der Stadt, Waldläufer in der Wildnis). Würde bei einem "ausgeglichenen" Wildnisabenteuer (vorrangig Wildnisherausforderungen, aber mit vielen "sozialen Begegnungen, wo der Charakter mit den Dialogfertigkeiten glänzen kann) sich das Gewicht völlig verschieben, wenn es in ein urbanes Umfeld übertragen wird?
Gerade hinsichtlich der Kämpfe besteht z.B. für mich die Frage, ob durch die Schauplatzänderung (z.B. Dungeon -> Stadt) eine starke Reduzierung der voraussichtlichen Kämpfe angemessen wäre (und andere Herausforderungen mit anderen plausiblen Lösungen gefunden werden müssten). Verschiebt das nicht auch das ganze Abenteuergleichgewicht (und man sollte deswegen vom Reskinnen besser die Finger lassen)?
Butter bei die Fisch:
Als nächstes geplant habe ich ein Dungeon, das von Goblins/Orcs/Grünhäuten bewohnt wird. Vom Hintergrund her sollen die Goblins einen reisenden Priester (der eine leicht abgelegene Pfarrei betreuen sollte, wo jemand wichtiges krankheitsbedingt dringend auf priesterliche Heilung angewiesen ist) entführt haben. Der Anführer will für den Entführten Lösegeld erpressen, der Schamane den Priester seinen Geistern/Dämonen opfern, der Erste Krieger und der Erste Jäger haben eigene Ideen betreffs der Stammesführung (und würden auch Bündnisse mit Außenseitern aka Abenteurern eingehen) - bis der Zwist sich gelegt hat, haben die Spieler Zeit, ihn zu befreien und ggf. sein Heiliges Buch mit den Heilritualen wieder in seinen Besitz zu bringen. Also eine Hol- und Bringmission.
Das Dungeon ist in einem bewaldeten Hügelland leicht abseits der Handelsstraße, wo die Goblins/Orcs den Ochsenkarren des Priesters überfallen haben. Um es zu finden braucht man die üblichen Naturfertigkeiten, aber das ist der (kurze) Wildnisteil des Abenteuers, um den es hier nicht primär geht. Das Dungeon selbst hat drei "Eingänge": den Haupteingang mit einer Wachmannschaft, den Eingang durch die Wolfshöhle, wo die Wolfsreiter und ihre Wölfe lagern und von wo aus auch "gewöhnliche" Gefangene zu harter Sklavenarbeit aus dem Höhlensystem hinausgetrieben werden, und einen halb verschütteten Seiteneingang, der über den Umweg eines Riesenspinnenbaus ins Dungeon führt. Von den Eingängen an führen miteinander vernetzte Wege durch verschiedene Räume und Gänge zur Haupthöhle, von wo ab sich der Weg sich in den Zellentrackt (Gefangener), die Schamanenhöhle (Heiliges Buch) und den "Thronsaal" (optional: Häuptling) aufspaltet.
Ich weiss, dass es Gruppen gibt, mit denen ich das so spielen und eine Menge Spaß haben könnte und wo, je nach Gruppenzusammenstellung, Glück oder Tageslaune, unterschiedliche Herangehensweisen und Lösungen herauskommen würden. Aber ich kenne eben auch Spieler, bei denen würde das ganze sehr wahrscheinlich nur in eine lahme Metzelorgie ausarten, über die die Spieler (!) sich am Ende beschweren, weil es "wieder so ein ödes Dungeon gab". Deswegen die Idee, daraus ein Stadtabenteuer zu machen bzw. es als solches zu präsentieren.
Räume: Meine bisherigen Überlegungen gehen in die Richtung, alle Räume des Dungeons von der Karte zu lösen und auf ihre zentrale Herausforderung hin zu untersuchen. Dann will ich die Räume in Stadtabenteuerszenen in urbane Lokalitäten umwandeln. Die zentralen herausforderungen bleiben, erhalten aber ein neues Gesicht. Aus den Orcs + Goblins wird z.B eine Verbrecherbande, aus der Spinnenbrut vielleicht eine konkurrierende Institution, aus der Wolfshöhle vielleicht ein Bordell oder ein geheimer Sklavenmarkt. Wo Kämpfe wahrscheinlich sind, gibts eben andere Gegner. Bei den anderen Räumen gehe ich dann ähnlich vor und ersetze Dungeonskills mit urbanen Fertigkeiten.
Problematisch erscheint mir hier, dass einige körperliche Fertigkeiten (z.B. Klettern zur Überwindung eines Erdrutsches im teilweise eingestürzten Teil des Höhlensystems, wo die Spinnen lauern) möglicherweise in soziale Fertigkeiten übertragen werden müssen, und ich dann ein Ungleichgewicht der Anforderungen habe Im Dungeon braucht man soziale Fertigkeiten, um mit den hoffnungslosen Gefangenen oder kooperationsbereiten Goblins interagieren zu können, d.h. die Sozialcharaktere haben ihre Chance zum Rampenlichtauftritt.
Gänge: Die Zufallsbegegnungen in den Dungeongängen muss ich wahrscheinlich komplett streichen, da es in einer Stadt nicht glaubwürdig wirkt, wenn man auf der Reise von einer Lokation zur anderen einer Patrouille der Diebesbande "zufällig" über den Weg läuft. Hinsichtlich der "Türen" im Dungeon habe ich mir überlegt, in den jeweiligen Szenen eben Hinweise auf die nächste Location zu präsentieren - aber das ist halt eine ätzende Schnitzeljagd nach Brotkrumentechnik, die nur dadurch aufgelockert wird, dass man nicht überall hin muss. Die verschlossenen Türen und Geheimtüren im Dungeon werden zu redeunwilligen Informanten bzw. verschlüsselten Karten/Stadtplänen - eben Herausforderungen, für die man statt "Schlösser Knacken" und "Wahrnehmung" Fertigkeiten wie Einschüchtern, Diplomatie und Gassenwissen braucht. Die Fallen sind ein bisher ungelöstes Problem. Generell befürchte ich auch hier, dass soziale Fertigkeiten anderen Spezialisierungen die Show stehlen. Aber das ist ja allgemein ein Problem von Stadtabenteuern (zumindest nach meinen Erfahrungen).
Hintergrund: Den Priesterhintergrund komplett kippen (denn warum sollten die Spieler anstelle der Stadtwache sich um einen vermissten Priester kümmern)? Oder aus dem Priester einen volksnahen Missionar bzw. Priester einer religiösen Minderheit machen (der von der Obrigkeit bisher widerwillig geduldet wurde)? Oder einen einfachen Armenarzt? Für die Diebesbande ein politisches Motiv erfinden? Die Spannungen innerhalb der Bande können ja bestehen bleiben - und beim Stadtschauplatz erwarte ich von den Spielern eher ein Ausnutzen dieser Spannungen als im Dungeon. Wie müssen die Motive geändert werden?