Schule der Götter
Viele Götter hat es in der Geschichte der Menschheit gegeben und viele wird es noch geben - große und kleine, wichtige und unbedeutende, angenehme und entsetzliche. Doch in die Position einer Gottheit gelangt man nicht einfach so. Davor haben, nun ja, die Götter eine Reihe von Prüfungen gesetzt. Es gibt viel zu lernen, zu akzeptieren, zu verstehen und letztendlich auch zu beherrschen, ehe man die Erlaubnis erhält, sich dem abschließenden Examen zu stellen. Also geht man zur Schule – die Schule der Götter.
Die Schule
Die Schule der Götter liegt zwischen den höchsten Gipfeln der Berge. Welche Berge? Das – und wie man dorthin und wieder von dort weg kommt - wissen nur die Götter. Die Türme und Dächer dieses imposanten und weitläufigen Bauwerks ragen mitunter bis in die Wolken empor. Aber es bleibt eine Schule, und damit verfügt es über Klassenräume, ein Lehrerzimmer, Büros, einen Sportplatz, eine große Aula, viele Fachräume, endlose Korridore, eine Mensa und, ja, auch Duschen und Toiletten. Schlafsäle sind getrennt nach männlichen und weiblichen Gottheiten und solchen, bei denen die Einordnung schwer fällt. In den Klassen gibt es Tafeln, Pulte und Stühle, Schaubilder und Zeigestöcke. Die Lehrer geben Hausaufgaben, ordnen Klassenarbeiten an und verdonnern zum Nachsitzen. Sportfeste und Klassenfahrten stehen genauso auf dem Programm wie Abschlussbälle und Aufführungen. Auf dem Lehrplan finden wir Ethik, Sport, Kriegskunst, Anthropologie, Theater, Philosophie und viele andere Themen.
Die Lehrer
Der Lehrkörper setzt sich häufig aus prominenten Vertretern der Götterwelt zusammen. Odin, Athene, Bastet, Hanuman, Mars, Freya, Quetzalcoátl, Aphrodite, Offler – sie alle haben schon zum ständig wechselnden Personal gehört. Nur der Direktor ist seit Ewigkeiten derselbe – oder auch nicht, denn kein Schüler hat ihn je zu Gesicht bekommen, und wenn, dann hat er anschließend jede Erinnerung an die Identität des großen Bosses verloren.
Die Schüler
Die Schüler sind so, wie Schüler seit der Erfindung von Schulen eben sind: launisch und brav, störrisch und folgsam, zänkisch und lammfromm, neugierig und gelangweilt, frech und treuherzig, freundlich und gemein, ehrlich und hinterhältig. Es ist mindestens ebenso wichtig (oder wichtiger), den muskelbepackten Donnergott, der das Fußballteam anführt, oder die kurvige Liebesgöttin aus der letzten Reihe zu beeindrucken, wie im Unterricht nicht aufzufallen.
Wer sind die Schüler? Nun, die Götteranwärter sind nicht ganz so strikt an das temporale Gewebe des Kosmos gebunden wie die Menschen (und wenn sie einst wirkliche Götter werden, dann ist diese Bindung oft ganz aufgehoben). So kann es sein, dass die Schüler Götterpositionen aus ganz unterschiedlichen Epochen anstreben, und durchaus auch aus unterschiedlichen Wirklichkeiten. Rangordnungen gibt es keine, zumindest offiziell. Wenn die Schüler jedoch unter sich sind, macht ein Anwärter auf den Posten des Thor vielleicht gern mal gegenüber der schmächtigen Gottheit eines winzigen Indianerstammes einen auf dicke Hose. Wenn es darum geht, wer die Venus zum Abschlussball führen darf, dann lassen Vulcanus und Apollo keine Gelegenheit aus, sich gegenseitig eine reinzuwürgen. Was die Clique um Hekate ständig tuschelt, sollte kein Lehrer zu Ohren bekommen. Und was den Sex angeht, so waren die Götter noch nie zimperlich.
Die Schüler tragen bereits jetzt Aspekte, Charakteristiken und auch Fähigkeiten ihrer zukünftigen Persönlichkeiten in sich. Viele angehende Gottheiten besitzen auch eine zweite, wahre Gestalt. Während der Schulzeit werden sie jedoch angehalten, eine annähernd menschenähnliche Gestalt beizubehalten, schon allein aus baulichen Gründen (und um die Konstruktion der sanitären Anlagen übersichtlich zu halten). Gegen einen Schakalskopf oder eine Katzengestalt haben nur wenige Lehrer etwas auszusetzen, die Gestalt eines Krokodiles, eines mächtigen Stieres oder einer Riesenspinne ist schon problematischer.
Nicht nur die „guten“ Götter müssen Schulen besuchen – auch die finsteren, dunklen, unheimlichen. Man mag eine Gottheit des Trugs, des Schmerzes, der Zerstörung oder des Todes werden, aber man muss lernen, warum man das wird, welche Bedeutung das hat und welche Verantwortung man damit übernimmt. Davon abgesehen ist Nemesis ein heißer Feger.
Wie – Thor geht noch zur Schule? Nein. Zumindest nicht der Thor, und auch nicht Odin, Athene oder die restliche Prominenz. Doch wie bereits erwähnt, gibt es andere Wirklichkeiten der Menschen, die ebenso Bedarf an Göttern haben. Deshalb kann es vorkommen, dass der Streber aus der ersten Reihe tatsächlich Klein-Zeus ist. Solche Schüler tun jedoch gut daran, während ihrer Schulzeit einen anderen Namen, einen Spitznamen oder ein Pseudonym zu wählen, wenn ihr Namenspatron gerade zum Lehrkörper gehört. Das Ego einer Gottheit ist bekanntlich gewaltig.
Die Schulzeit
Die Schulzeit dauert sieben Jahre. Das ist ein ebenso dehnbarer wie verschwommener Begriff für Wesenheiten, die es mit der Zeit nicht so genau nehmen. Die Lehrer und der Direktor entscheiden, wann ein „Schuljahr“ zu Ende geht.
In dieser Zeit finden neben dem mal mehr und mal weniger langweiligen Unterricht auch andere Aktivitäten statt. Gelegentlich gibt es Studienreisen in die Welt der Menschen. Die haben natürlich immer eine didaktische Funktion, aber die Schüler nutzen die Chance gerne mal, um ordentlich die Sau rauszulassen.
Optional
(Vielen reicht das schon, um spaßige Runden zu betreiben, aber viele mögen mehr externen Konflikt. Opposition. Ich auch.)
Diese Information wäre eigentlich dem SL vorbehalten, aber so was lässt sich ohnehin nie wirklich geheim halten. Nun denn:
Die Götter lassen untereinander nicht alles durchgehen. So gab es einst einen wirklich miesen Gott der Zerstörung, der seinen Aspekt all zu ernst nahm. Sein Ziel war nicht die Zerstörung der Menschen, der Welt oder des Lebens, sondern gleich des ganzen universellen Seins. Danach würde er ein einziges Universum neu erschaffen, als neuer Direktor, nach seinen (eher vagen) Vorstellungen. Doch er und seine Anhänger wurden enthüllt, gefangen und von den anderen Göttern in ein kosmisches Verlies auf ewig eingesperrt. Das Böse wäre aber nicht das Böse, wenn es nicht inzwischen einen Weg gefunden hätte, seinen Einfluss aus den Ritzen des Gefängnisses in die Götterwelt sickern zu lassen. Unter den Schülern befinden sich nun seine Agenten, die einen perfiden Plan in Gang setzen, dessen Saat schon vor Urzeiten gepflanzt wurde. Natürlich haben sie dabei – wer hätte es Gedacht – ein besonderes Interesse an den Charakteren…