Geheimnisvolle Folianten, blättrige Ledereinbände, blasphemische Rituale, uralte Geheimnisse, die letzen irren Winseleien verschrobener Kultisten. All das lässt das Rollenspielerherz höher schlagen, denn sind wir alle nicht auch ein bisschen bibliophil ? Die wahren Superstars des Mythos sind vielleicht nicht einmal die Kreaturen oder die Investigatoren, es sind die Bücher, die Wissen beinhalten, das kein Mensch ertragen kann. Und trotzdem kennen wir es alle, das Leuchten in den Augen der Spieler wenn sie mal wieder ein verbotenes Buch, einen Auszug oder eine Schriftrolle in ihren Händen halten. Spieler lernen nicht und genau auf diese Menschengattung ist dieses lehrreiche und sehr atmosphärische Buch ausgerichtet, denn seltener war der Weg ins Verderben besser kartographiert.
Der 260 Seitige Hardcoverband, das wie immer sehr robust wirkt und ein Leseband enthält, bietet ein Sammelsurium geheimen Wissens. Die Seiten sind schwarzweiß und enthalten so ziemlich jedes Geheimnis des Mythos....... nun ja fast jedes, denn ganz wird die Tür zu den Mysterien natürlich nicht aufgemacht. So soll es auch sein, denn wenn man etwas Geheimnisvolles ganz lüftet, wird es trivial und genau diese Gratwanderung wird hier sehr geschickt begangen, stets bleibt noch Spielraum für die Phantasie des Meisters und der Spieler.
Das Buch beginnt mit einer anschaulichen Einführung, die von einer lehrreichen und höchst interessanten Geschichte des geschriebenen Wortes flankiert wird. Hier erfährt man so allerlei über den Ursprung der Schrift und natürlich über die Natur des Buches. Sehr schön auch die optionalen Merkmale von Büchern, die dem unheiligen Fund der Spieler noch mehr Individualität verschaffen.
Ab Seite 25 geht es dann an den Mythos und bisher gab es noch kein vergleichbares Werk zu diesem Themengebiet, das nahezu (scheinbar) literaturwissenschaftlich beackert wird. Hier bringt die teilweise trockene Aufzählung der Ausgaben und ihrer Eigenheiten nämlich eine Menge Atmosphäre mit sich. Der Spieleiter findet hier anfangs einen kleinen „Flavourtext“, der in Form einer Kurzgeschichte beschreibt, was so ein Buch mit einem macht. Den wie wir alle wissen verändert das Lesen eines Mythosbuches die mentale Stabilität des Lesers und eigentlich immer zum schlechteren. Es folgt eine allgemeiner Text über die jeweilige Abhandlung, die verschiedenen Fassungen und ihre Inhalte, sowie die vorgeschlagenen Zauber. Auch wird anschaulich (und das ist ein wichtiges Storyelement) über die Auswirkungen des Querlesens, sowie des Studierens berichtet.
Die Bücher die hier beschrieben werden sind uns hinlänglich bekannt, etwa „Das Buch Eibons“, natürlich das „Necronomicon“, das Chaat Aquadingen“ und andere Schlager des Mythos. Noch nie wurden sie jedoch so hautnah (grins) und anfassbar dargestellt. Szenarioideen bekommt der Leser natürlich auch reihenweise mitgeliefert. Dieser findet aber nicht nur Mythostexte, auch andere okkulte Literatur wird ausführlich vorgstellt.
Ab Seite 162 finden sich zahlreiche Rollenspieltips, u.a. Tips wie man seine eigenen Mythostexte gestaltet, verschlüsselt. Eine Wortliste mit möglichen Mythossätzen und Chiffrierbeispiele werden gegeben.
Abgerundet wird das Werk durch ein umfangreiches Sammelsurium neuer und bekannter Artefakte, sowie einem Anhang mit allerlei neuen Zaubern.
Fazit:
Dieses Buch ist derart liebevoll und mit einem Blick aufs Detail gestaltet, das man es streicheln möchte. Obwohl es sich wohl eher um ein Nachschlagewerk als eine Nachtlektüre handelt, macht es immer wieder Spass, einfach eine Seite aufzuschlagen und seiner Phantasie freien Lauf zu lassen. Leider sind 260 Seiten ne ganze Menge und das Buch Seite für Seite zu lesen ist doch etwas ermüdend und vielleicht auch gar nicht sinnvoll.
Auch bleibt ein letzter Rest Geheimnis natürlich erhalten, es geht ja gar nicht anders, den der grösste Horror besteht aus dem Unbekannten. Deshalb fühlte ich mich von dem Buch stets etwas unbefriedigt, „das muss doch noch mehr drin sein“, dieses „Problem“ scheint mir aber nicht lösbar und wirkt sich nicht im Spiel aus. Dann findet man immer wieder etwas fesselndes, hier ein Plakat aus den 20er Jahren, dort Fotos von Büchern, Schriften und anderen Kuriositäten. Oder eine Idee, aus der man eine ganze Kampagne erschaffen kann.
Als einzigen Kritikpunkt sehe ich das Cover das ich etwas bieder und vielleicht sogar etwas einfallslos finde, ein so schönes Buch hätte etwas mehr verdient, aber das ist wie immer Geschmackssache.
Wer Mythosinformationen sucht und Bücher mit obskurem Wissen liebt, kann hier ganz bedenkenlos zugreifen. Dieses Buch macht sich im Schrank und auf dem Spieltisch einfach gut ! Auch wenn es kein absolutes Muss ist, denn viele der Infos findet man im Ansatz auch schon im Spieleiterhandbuch, gab es noch nie den Mythos dermaßen geballt. Weiter so Pegasus !