Der Morality-Wert ist ja aber gerade dazu da, dass Charaktere nicht ohne Konsequenzen Verbrechen begehen und tödliche Gewalt einsetzen können. Wenn man natürlich Shadowrun oder Stirb langsam spielt, wo bei jedem Einsatz ein paar Schergen dran glauben müssen, macht das keinen Sinn. Aber ich habe WoD meistens eher wie Akte X oder irgendwelche Krimiserien erlebt, wo nur ganz selten wirklich jemand von den Protagonisten ernstlich verletzt oder getötet wird und das dann ein Ereignis ist, das tatsächlich einschneidend auf den Charakter wirken kann.
Die Regeln sind da sowieso ziemlich locker, was das angeht. Wenn mein Charakter am Meter Leute umschießt, wird er irgendwann auf Morality 3 landen, wo er dann ein ziemlich gefühlskalter Typ geworden ist, der nicht mit der Wimper zuckt, wenn die Gegenseite nach einem Gefecht nicht mehr aufsteht. Wenn er als Ottonormalbürger bei einem Wert von 7 gestartet ist, und sich nicht bemüht hat, etwas an seiner schwindenden Menschlichkeit zu tun, dann hat er auf dem Weg nach unten viermal auf Degeneration würfeln dürfen und zwar einmal mit 6, einmal mit 5, einmal mit 4 und einmal mit 3 Würfeln. Die Chancen stehen dabei gut, dass ihm keiner dieser Würfe misslungen ist. Aber selbst im schlimmsten Fall hätte er vier Ticks mitgenommen, sagen wir "Depression (mild)", weil er seine moralischen Ideale aufgegeben hat, "Narcissism (mild)", weil er sich als harter Typ und toller Hecht vorkommt, der keine Hilfe braucht und "Suspicion (mild)" -> "Paranoia (severe)", weil er glaubt, dass man hinter ihm her ist (was ja durchaus plausibel ist, wenn der ST einem am Meter schießwütige Goons hinterherschickt). Eine Menge von den Leuten, die aus ständigen Kampfeinsätzen im Krieg nach Hause zurückkommen, sind wahrscheinlich schlechter dran...