Als jemand, der sowohl (für) Rollenspiele als auch Romane geschrieben hat, say I this: Erstmal Roman scheiben, damit man dann Rollenspiel nachlegen kann, ist in etwa so, als würde man sagen, "Jo, mit dem Nummer-1-Hit klappt´s nicht so, da lanciere ich erstmal einen internationalen Videospielhit, damit ich den Titelsong auskoppeln kann." Also, diese Zielansage ist ein bisschen vermessen
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Ob du einen Roman schreiben solltest? Ja, unbedingt. Die vielen Leute hier im Thread, die auf die Schwierigkeiten und Probleme dabei hinweisen, haben zwar völlig recht, aber davon würde ich mich nicht abhalten lassen. Du wirst zwar mit sehr großer Sicherheit nicht einen Roman schreiben, sondern ungefähr vier, acht oder zehn -- nämlich die ganzen Versuche, die total in die Hose gehen, bevor du es schaffst. Aber so ist das halt, diesen Weg kann man sich nicht ersparen. Wagen würd ich´s trotzdem, weil: was hast du schon zu verlieren? Selbst wenn es mit dem Roman nie klappt, hast du auf dem Weg dahin sicher Spaß gehabt und alles mögliche gelernt. Insofern, go for it.
Tipps dazu zu geben ist leider irre schwierig. Wenn ich dir einen geben sollte, würde ich sagen: Hör nicht auf jeden Tipp, aber hör dir alle erstmal an. Es gibt zwar durchaus Grundsätze erfolgreichen Schreibens (erfolgreich im Sinn von: der Roman wird fertig und hat eine gewisse Ordnung), und die kann man auch lernen, aber wie man sich die aneignet, ob durch Ratgeber, Kurse oder mühevolles Ausprobieren, das ist ziemlich individuell. Wenn du wirklich schreiben willst, kriegst du das auf deine Weise hin.
Ob der Roman dann jemals veröffentlich wird, steht auf einem ganz anderen Blatt und ist von der Qualität vollkommen unabhängig. Man sollte einfach nicht schreiben, nur um Erfolg zu haben. Das ist relativ schlecht planbar -- und ehrlich gesagt ist die Bezahlung auch im Erfolgsfall so mies, dass man in der Zeit, die man für einen gelungenen Roman braucht, lieber einen vernünftigen Beruf lernen sollte. Nach einigen Jahren in diesem Geschäft habe ich immer mehr das Gefühl, Verlage schmeißen alle Manuskripte in einen großen Topf, mieten für teures Geld argentinische Hexen als Businessberaterinnen, lassen die da 3 Manuskripe rausziehen und veröffentlichen dann doch ein Buch, das in Schweden schon gefloppt ist, aber genau die richtige Seitenzahl für den freien Programmplatz hat. Also, es weiß wirklich kein Mensch, warum etwas Erfolg hat und etwas anderes nicht. Und was Verlage eigentlich wollen, wissen die in Regel selber nicht.
Zu der Sache mit den Kurzgeschichten: Das ist schon so ein Tipp, den ich mir anhören würde, aber nur befolgen, wenn er dir passt. Kurzgeschichten sind nämlich wirklich super Übungen, an denen man unglaublich viel ausprobieren und lernen kann. Und sauschwer gut hinzukriegen. Würde ich jedem zu raten. Nur: wenn du doch unbedingt einen Roman schreiben willst? Meiner Erfahrung nach hilft es wenig, sich zu etwas zu zwingen, zu dem man keine Lust hat. Vielleicht lernst du mehr, wenn du halt erstmal 5 erste 100 Seiten schreibst und die alle in die Tonne drückst. Musst du selber wissen.
Nur eins zum Schluss noch mal: Diese Idee mit dem Rollenspiel und dem Buch, das ist Käse. Schreib einen Roman, wenn´s dich dazu drängt, aber wenn du eigentlich ein Spiel schreiben willst, würde ich keine Zeit mit dem Mammutprojekt Roman verschwenden, sondern lieber versuchen, mit diesem Spiel zurande zu kommen.
Und jetzt viel Glück
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Ach, da ich gerade das mit der Legasthenie lese: Es gibt eine ganze Reihe erfolreicher Autorinnen und Autoren, die an verschiedenen Lese/Rechtschreibschwächen litten. Das erste Beispiel, das mir einfällt ist der SF-Autor Samuel Delany, der sehr eindrücklich in seine Autobiographie beschreibt, welche Schwierigkeiten er damit in der Schule hatte. Legasthenie kann man behandeln bzw. man kann Wege lernen, damit umzugehen, und sie ist kein Maßstab für die Fähigkeit zum sprachlichen Ausdruck per se.