Autor Thema: App-Unterstützung für komplexe Systeme  (Gelesen 1820 mal)

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App-Unterstützung für komplexe Systeme
« am: 12.07.2015 | 14:17 »
Angestoßen durch folgenden Beitrag aus dem Thread über innovative Regelmechanismen:

Eine App kann durch abfragen einfachster Parameter eine ganze Kette von Regeln anwenden und ein einfach verständliches Resultat ausgeben, ohne das die Spieler die angewendeten Mechanismen kennen oder verstehen müssen. Ich sehe da insbesondere das Potential stark simulistische Regelsysteme deutlich in ihrer Komplexität am Spieltisch zu reduzieren, ohne dabei die Regelkomplexität zu verlieren. Insbesondere wenn man das ganze direkt mit einer guten Charaktergenerierungssoftware kombiniert hat man hier schöne Synergieeffekte bzw. gibt der App direkt mehr Daten an die Hand um den Grad der Automatisierung weiter zu erhöhen.

Solange das System dem Spieler noch die Option lässt in klassischen Situationen zu Würfeln (Kampf, Skill usw.) dann kann ich mir durchaus vorstellen, dass das gut wird.

Charaktergenerierungssoftware gibt es ja nun schon länger, und ich benutze die quasi als Prüfstein:
Wenn ich als jemand, der komplexe Systeme nicht scheut, eine deutliche Verbesserung (Zeitersparnis, Übersicht, Rechenerleichterung usw.) durch die Benutzung von Charaktergenerierungs- und verwaltungssoftware erfahre, dann ist mir das System zu komplex und/oder zu umständlich.


Ich kann aber nachvollziehen, warum man sie gerade bei Systemen mit ausufernden Charakterbögen, zig Dutzend Optionen und Sonderregeln u.Ä. nutzt. Es kann z.B. gerade beim Steigern in manchen Systemen eine wirkliche Hilfe sein, nur die tatsächlich verfügbaren Optionen angezeigt zu bekommen anstatt wieder alle Bücher wälzen zu müssen.


Das eigentliche Spiel abseits der Charaktergenerierung und -verwaltung auf Software abzuwälzen mit der Zielsetzung, dass man als SL und Spieler die Regeln dann nicht mehr kennen und verstehen muss, ist mir dagegen völlig unverständlich.


Die allerwenigsten komplexen Systeme geben es her, dass man ohne Kenntnis der zugehörigen Regelmechanismen gute oder gar optimale Entscheidungen trifft.
Da würde es mich als Spieler schon sehr stören, sozusagen im Trüben fischen zu müssen - mit dem Endergebnis, dass ich mich wohl trotzdem komplett einlesen würde und sich der Vorteil der Softwareunterstützung dann auf die reine Ausführung beschränken würde.

Und damit das ordentlich funktioniert, müsste die Software schon sehr clever aufgezogen sein.
Denn auch bei komplexeren Regelwerken läuft mit etwas Übung viel recht flott im Kopf ab. Z.B. werden bestimmte Vorauswahlen dabei ohne Aufwand umgesetzt, während ich der Software bei einer Fallunterscheidung o.Ä. erst noch mitteilen muss, was denn nun genau Phase ist.

Man kann sich ggf. viel Gewürfel sparen, aber ich würfle gern...


Mir ist klar, dass ich damit der denkbar schlechteste Fall für so eine Software bin und wohl nie zur Zielgruppe gehören werde.


Aber ich frage mich eben doch, wie viele Leute bewusst komplexe Systeme spielen (wollen) und gleichzeitig den Anspruch haben, diese Systeme nicht kennen und verstehen zu müssen bzw. damit einverstanden sind, das System erst gar nicht erklärt zu bekommen.

Man trifft doch allein schon die Entscheidung für oder gegen ein System auch auf Basis der Regeln - das kann nicht funktionieren, wenn ich sie nicht kenne.
Und auch bei grundsätzlich bekannten Regeln gibt es oft Unverständnis oder Kritik an bestimmten Ergebnissen. Das würde mit intransparenten Regeln doch noch deutlich ausgeprägter ausfallen.


Ergo:
Der einzige echte Vorteil von Software bei komplexen Systemen liegt mMn in der Ausführungsgeschwindigkeit, und das auch nur, wenn das System manuell so umständlich und die Software so clever entworfen ist, dass sich da ein spürbarer Zeitgewinn ergibt.


Liege ich damit falsch bzw. bin ich da die große Ausnahme?
Gibt es eine größere Anzahl von Spielern komplexer Systeme, die diese Systeme auch in Unkenntnis der Regeln spielen würden?
Quasi in blindem Vertrauen darauf, dass die Regeln schon gut sein werden, und in dem Wissen, Entscheidungen zu treffen, die möglicherweise von der Spielmechanik nicht sonderlich gut unterstützt werden.
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Offline blut_und_glas

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #1 am: 12.07.2015 | 15:06 »
Wenn ich den Anspruch habe, in Regelabwicklungen grundsätzlich nicht mehr ad hoc einzugreifen, dann stellt sich die Situation auch noch einmal anders dar, als in einer Konstellation, bei der Eingriffe/Variationen als Teil des Spiels angenommen und begrüßt werden.

Ansonsten: Seit einigen Jahren bin ich selbst am meisten vom Gedanken fasziniert, Ressourcenverwaltungssysteme mit App-/Computerunterstützung zu unterlegen. Hier, denke ich, lässt sich dann nämlich einerseits die vereinfachte Anwendung/erhöhte Komplexität mit dem Anspruch auf freien Umgang mit den Regeln andererseits verbinden.

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Offline 1of3

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #2 am: 12.07.2015 | 15:27 »
Ich stelle mir das eher nützlich für Horror-Spiele vor. Bei UA wird ja zB empfohlen, dass Spieler ihre Lebenspunkte nicht kennen. Das wäre so viel einfacher.

Offline YY

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #3 am: 12.07.2015 | 18:14 »
Stimmt - wo Unsicherheit bzw. begrenzte Information gewollt ist, kann das sinnvoll sein.

Ggf. dann auch mit verschiedenen Ausgabegeräten, auf denen der SL andere oder unterschiedlich viele Informationen bereitstellen kann.
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Offline Glühbirne

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #4 am: 12.07.2015 | 18:22 »
Ich fände es in sofern ganz Spannend, das mir eine App sofort sagen könnte das Gegner x (In Deckung, Verwundet, Wind) mit + 6 getroffen werden kann, Gegner Y (Im Dunkeln, Gestürzt, mit Leuchtspurmunition makiert) mit +3, ect...

Das würde aber eher eine virtuellen Spieltisch Voraussetzen, denn selbst auf einem großen Tablet wäre das sehr unübersichtlich. Ein definitiver Vorteil ist, das man nicht vergisst Boni oder Mali über mehrere Runden mitzunehmen, bzw sie zu deaktivieren, wenn die Ablaufzeit erreicht ist.


Offline Gorbag

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #5 am: 13.07.2015 | 01:26 »
Als Vater der Aussage melde ich mich dann auch noch mal :D.

Es wird sicherlich immer viele Spieler geben die den Gedanken einer App nicht mögen, denn es ist wirklich Kontrollverlust und auch Undurchsichtig, wenn das System die internen Regeln nicht an anderer Stelle offen legt. Ich bin z.B. auch mal im Internet auf die Suche nach den Entscheidungsbäumen der X-Com App gegangen weil ich das System adaptieren wollte, aber die gibt es eben so noch nicht im Netz. Ich bin mir aber sicher das irgendwann wer die raustestet und online stellt.

Ich bin aber ansonsten ein klarer Befürworter solcher Apps bzw. bereit das alles mal Neugierig und Ergebnisoffen auszutesten.
Ich wähle meine Rollenspiele nach der Spielwelt aus und akzeptiere da dann einfach was es an Regeln dazu gibt als gegeben und führe höchstens mal 1-2 Hausregeln ein. Auf der anderen Seite aber wechsele ich zwischen verschiedenen Systemen hin und her und das ca. 1 mal im Jahr für jede meiner 2-3 Runden. Das bedeutet für uns natürlich, das nicht alle in der Runde 100% regelfest sind und das man mal gerne im Regelwerk nachschlägt am Tisch, aber genau das empfinde ich z.B. auch als störend, besonders wenns dann mal länger als eine Minute dauert.
Ebenso finde ich es auch lästig wenn Systeme obskure Regeln für extreme Sonderfälle anbieten, die am Besten noch komplex sind. In DSA braucht man vielleicht 1 mal im Jahr die Regeln für Kälte/Erfrieren und schon muss man wieder suchen. Ich persönlich brauche solche extrem spezialisierten Regeln nicht unbedingt, gestehe aber das sie ganz cool sind (ha!), wenn sie denn flüssig im Spiel angewendet werden können.

Unter der Voraussetzung, dass eine App alle Spielercharakterbögen kennt und versteht, kann man hier einfach viel automatisieren. Die App muss nicht den kompletten Kampf überwachen, um mir bei SR z.B. typische Würfelpools für Schüsse zu berechnen. Man kann es natürlich ins extrem steigern (was mir persönlich nicht gefallen würde) und sogar soweit gehen, dass man ganze Kämpfe damit virtualisiert und die Spieler sagen dann nur noch kurz und knapp ihre Aktionen an. Dann wird der Kampf der sonst 2 Stunden dauert auf einmal doch deutlich schneller abgewickelt. Aber auch so Sachen wie diese Erfrierungstests bei DSA sind eine völlig statische Sache die so eine App super übernehmen kann, ebenso wie das Verfolgen von dne Auswirkungen aus der Erfrierung. Kurz, die App kann mir einfach lästige Berechnungen oder die Anwendung von "trivial Regeln" abnehmen. Also Regeln die enorm simpel sind, im schlimmsten Fall mehrfach hintereinander angewendet werden (bzw. in Intervallen) und wo die Spieler wenig Einfluss drauf haben. (Auch beliebt, du bist 5 Meter in ne Schlucht gefallen, teste mal für deine 30 Ausrüstungsteile wie gut es denen noch geht. Spaßig, nervt aber schon bei der Anwendung)

Aber richtig zur Geltung kommt so eine App in meinen Augen erst, wenn der zugrunde liegende Regelkern eine Komplexität und Verschachtelungstiefe hat, die für normale Spieler unangenehm ist. Beispiele sind z.B. sehr feingranulare Schadenssysteme (Du triffst den Feind, deine Waffe verursacht stumpfes Trauma. Du Triffst an der Stelle rechter Arm, dort triffst du den Elbogen, der Feind erleidet eine leichte Fraktur und diese kostet 1W6 weitere LP und gibt in Zukunft -1W4 beim Kämpfen, der Feind wird nicht niedergeworfen und ist nicht betäubt). Am Spieltisch wären das 2-5 Würfelwürfe, gefolgt von eventuellem Tabellenwälzen und dann Notizen machen. In der App reduziert sich das eventuell auf einen Trefferwurf und die Auswahl von "Getroffen? Ja/Nein". Die erste Variante fände ich als Spieler unglaublich cool, ich habe Spaß an sowas. Aber um ehrlich zu sein würde es mir spätestens nach dem dritten Kampf auf die Nerven gehen, denn es bringt mir nur ein geringen Spielwert, kostet aber ordentlich Zeit.

Sicherlich ist es schwer bis unmöglich, solche Anwendungen so zu gestalten, dass der SL jederzeit eingreifen kann bzw. die App könnte aus dem Tritt geraten, wenn der Spielleiter auf ein mal eigene Ergebnisse anwendet. Auf der anderen Seite kann es aber auch dabei helfen das Spiel auf das wesentliche zu bringen, dass spielen von Rollen. Und gerade Systeme wie Shadowrun oder DSA könnten so für Einsteiger attraktiver werden. Ich kenne jedenfalls wenige Einsteiger, die sich eins der beiden Systeme komplett selbst erschließen konnten und nicht jeder Einsteiger hat den Luxus einer erfahrenen Runde in seiner Nähe.

Das es hier ein Blackbox Problem gibt (man kennt nur Eingabe und Ausgabe aber nicht was dazwischen passiert) kann man ja abdämpfen in dem man den Interessierten einfach die Regeln als PDF an die Hand gibt, die von der App angewendet werden. Aber umgekehrt sind wir ja auch bei vielen anderen Mechanismen daran gewöhnt, das System nicht genau erschließen zu können und einfach zu lernen die Eingabe so zu wählen, dass einem die Ausgabe gefällt (Wer versteht genau wie sein Auto intern arbeitet? Wer rechnet im 3D-Shoter den idealen Winkel für den Granatenwurf aus?).

Und zu guter Letzt: Das Medium App direkt zu verschmähen und nicht zu erforschen ist anachronistisch. Das Hobby Rollenspiel muss sich, ebenso wie alle anderen Hobbys die sich weiter entwickeln wollen zumindest mal mit den Möglichkeiten der neuen Technologien auseinandersetzen (sogar der verdammte Thermomix macht jetzt in App und RFID-Kochbuch). Wir verschenken hier eventuell Potential und die Chance neue Kundenkreise zu erschließen, wenn wir die Idee schon im Vorfeld kategorisch ausschließen. Wenn man das mal vernünftig realisiert hat und es ist kacke, habe ich kein Problem damit es zu Grabe zu tragen. Aber bis dahin bin ich für Multimedia-Pioniersgeist :D.

Der nächste Schritt wäre dann übrigens das man VR-Brillen ins Rollenspiel bringt, aber das ist noch in weiter Ferne ;)

Offline YY

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #6 am: 14.07.2015 | 00:44 »
In DSA braucht man vielleicht 1 mal im Jahr die Regeln für Kälte/Erfrieren und schon muss man wieder suchen.

Da wäre die Frage, ob das bei der App dann wesentlich schneller ginge - schließlich hat man da solche Randanwendungen auch nicht immer "griffbereit" und muss bei einer improvisierten Anwendung erst mal die Parameter eingeben.

Aber richtig zur Geltung kommt so eine App in meinen Augen erst, wenn der zugrunde liegende Regelkern eine Komplexität und Verschachtelungstiefe hat, die für normale Spieler unangenehm ist. Beispiele sind z.B. sehr feingranulare Schadenssysteme

Kann ich nachvollziehen, aber da frage ich mich auch unabhängig von der Softwareunterstützung, wo der Mehrwert so komplexer Regeln letztendlich ist.
Bei entsprechenden Videospielen sieht man das recht oft, dass Regeln nur deswegen unnötig komplex sind, weil man das ja eh auf den Rechner abwälzt - in der Regel mit ein paar mehr oder weniger absurden Artefakten.

Da brauche ich weder die Illusion von Realismus durch zigtausend Sonderfälle und Kleinigkeiten noch die Vorgaukelei von großer Macht durch immer absurdere Werte und exponentiell ansteigende Schadenszahlen (man denke da nur mal an Diablo 3...).

Aber umgekehrt sind wir ja auch bei vielen anderen Mechanismen daran gewöhnt, das System nicht genau erschließen zu können und einfach zu lernen die Eingabe so zu wählen, dass einem die Ausgabe gefällt (Wer versteht genau wie sein Auto intern arbeitet? Wer rechnet im 3D-Shoter den idealen Winkel für den Granatenwurf aus?).

An den Vergleich mit dem Auto habe ich beim Erstellen des Themas auch gedacht :)

Allerdings ist das die falsche Ebene.
Analog zur genauen Funktionsweise des Autos müsste ich wissen, wie die App (nicht das abgebildete System) programmiert ist oder wie die Würfel hergestellt und die Bücher gelayoutet und gedruckt werden.

Fürs Auto wäre passender, dass man z.B. die Abmessungen kennt (nicht nach Zahlen, sondern als anwendbare räumliche Vorstellung), dass man weiß, wie der Wendekreis ist, wie sich der Kasten im Extrembereich in der Kurve verhält, wann man noch bremsen kann oder schon ausweichen muss - und vom Modell weg ein paar grundlegende Sachen wie etwa, dass rückwärts einparken weniger Platz braucht.
Bei spezialisierten Fahrzeugen kommt dann ggf. noch mal eine ganze Menge Zeug dazu.

Als "normaler" Anwender muss man das alles nicht unbedingt wissen und können; da kommt es einfach auf den eigenen Anspruch an.
Aber ab einem gewissen Punkt bzw. für bestimmte Sorten von Fahrern ist das Pflichtveranstaltung.

Ebenso muss man nicht wissen, wie der 3d-Shooter programmiert ist oder wie das Granaten werfen auf Softwareebene funktioniert.
Aber man muss wissen, von welchem Punkt der Karte man eine Granate mit welcher Methode (wenn es verschiedene gibt) an welche anderen Punkte bringen kann u.Ä..
Muss der casual gamer auch nicht wirklich können, aber wer turniermäßig spielen will, kommt nicht drumherum, sich das experimentell zu erschließen.

So sehr bin ich schon Gamist, dass ich diesen Anspruch in ähnlicher Weise zumindest für die Systeme habe, die ich oft spiele.
Wer sich ein Rollenspielsystem so weit angeeignet hat, dass er verschiedene Manöver in einer Situation X nach den jeweiligen Boni bewerten kann, der kann es auch selbst anwenden.
Dann ist wirklich nur die Frage, ob ein System in der manuellen Anwendung so umständlich und zeitraubend ist, dass eine App das schneller kann (dazu gleich mehr).


Und mir fallen ziemlich viele Bereiche ein, wo ich diesen Blackbox-Effekt unheimlich nervig finde, weil jeder irgendwelches Halbwissen verbreitet und es damit letztlich für alle Interessierten schwerer macht, die tatsächlichen Zusammenhänge zu erfassen.
Sei das nun beim Thema Sport in vielerlei Ausprägung oder beim regeltechnischen Bereich von MMOs...haarsträubend.
Das brauche ich nirgends, erst recht nicht im P&P.

Und zu guter Letzt: Das Medium App direkt zu verschmähen und nicht zu erforschen ist anachronistisch. Das Hobby Rollenspiel muss sich, ebenso wie alle anderen Hobbys die sich weiter entwickeln wollen zumindest mal mit den Möglichkeiten der neuen Technologien auseinandersetzen (sogar der verdammte Thermomix macht jetzt in App und RFID-Kochbuch). Wir verschenken hier eventuell Potential und die Chance neue Kundenkreise zu erschließen, wenn wir die Idee schon im Vorfeld kategorisch ausschließen.

Da bin ich zugegebenermaßen ein Sonderfall.
Ich bin nämlich ein ganz schlimmer Usability-Nazi und könnte jedesmal explodieren, wenn ich an einem Tablet längere Texte schreiben muss oder mich anderweitig mit irgendwelcher Software rumärgern darf.
Mir geht da immer irgendwas auf den Keks.

Obendrauf improvisiere ich als SL viel und da ist eine App, der ich kurzfristig verklickern muss, was gerade abläuft, immer eine Bremse gegenüber der altmodischen Vorgehensweise.
Für vorbereitungslastige Leitstile kann es freilich eine große Erleichterung sein.

Aber auch da bin ich skeptisch, was die Tauglichkeit von - einmal weitergedacht - virtuellen Spieltischen und VR-Brillen angeht.
Da ist einfach die Einstiegshürde extrem hoch, bis das so gut aussieht und so leicht bedienbar ist, dass es einen massiven Vorteil bringt.

Wenn ich als SL um die Beschränkungen von Software und visueller Darstellung "herumleiten" muss, ist mir das nicht gut genug.
Und ja, da lege ich ganz bewusst andere Maßstäbe an als für eine mündliche Beschreibung und/oder eine Skizze.
Schließlich muss ich auch Geld und Arbeit reinstecken.

Als Spieler lasse ich es mir noch gefallen, wenn der SL Gelände und Miniaturen aufbaut, auch wenn das für mich als SL so gar nicht mein Ding ist.
Aber die VR-Brille auf der Nase zu haben und mir dann auf dem grafischen Niveau von Wolfenstein 3D oder Doom 1 anzugucken, wie der SL in Echtzeit "mal eben" einen improvisierten Raum einrichtet...da hörts dann auf.

Das überlasse ich in der Entwicklungs- und Selbstfindungsphase gern anderen, und wenn es mal so weit ist, dass ich mir das freiwillig angucke, wird man feststellen, dass man das über Anpassung von "richtigen" Videospielen, quasi aus der anderen Richtung kommend, ein ganzes Stück leichter hätte haben können.
Und dass die ganzen Erleichterungen, die doch nur das Spielen der Rolle hätten befreien und verbessern sollen, zum Spielfokus geworden sind; dieses Problem haben alle mir bekannten Tools wie Roll20 und wie sie alle heißen.

Pen&Paper&Tablet ist nicht meine Sache, aber da stört es mich wenigstens nicht, wenn andere Spieler ihr Tablet für weiß der Geier was nutzen.

Videospiel-Hybriden sind dann aber endgültig nicht mehr mein Bier. Das weiß ich aus dem Bereich der Videospiele, die bei den Rollenspielen wildern - den langen Weg aus der anderen Richtung muss ich da nicht mehr gehen, um zu wissen, dass mir das Ziel nicht gefällt.
 


Zuletzt:
Gibt es wirklich eine große Gruppe von potentiellen Einsteigern, die nur deswegen nicht spielen, weil es keine guten Apps gibt? ;)

Auch in eine App muss man sich einfuchsen und braucht als absoluter Anfänger den Spielleiter oder anderen Spieler, der sich das ganze Gefuddel mit Charaktererstellung usw. antut.
Denn ein hoch komplexes System mit vielen Optionen ist auch mit App immer noch anstrengend und für den Einsteiger abschreckend.
Entscheidungen von Spielerseite kann man nicht automatisieren - auch mit der besten App fischt ein SR-Neuling immer noch im Trüben und wurstelt letztlich irgendwie einen SC zusammen.

Und fragt sich am Ende, warum man nicht gleich ein Videospiel gespielt hat.
Denn da kann man es viel leichter so machen, dass der Charakter mit einem übersichtlichen Kern anfängt und dann nach und nach weitere Elemente des Spiels und des Charakters hinzu kommen.

Das können im P&P-Bereich einige Systeme von Haus aus, aber die kranken trotz aller verfügbaren Softwareunterstützung an ihrer irgendwann überbordenden Komplexität - weil man wie gesagt Entscheidungen nicht automatisieren kann.
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Offline Gorbag

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #7 am: 14.07.2015 | 13:26 »
Da wäre die Frage, ob das bei der App dann wesentlich schneller ginge - schließlich hat man da solche Randanwendungen auch nicht immer "griffbereit" und muss bei einer improvisierten Anwendung erst mal die Parameter eingeben.

Wenn die App die aktuellen Charakterbögen kennt, denke ich schon das man hier einen Geschwindigkeitsvorteil hat. Aber ich glaube das der Vorteil bei solchen Szenarien stark davon abhängt, welches Wissen die App automatisch hat (eventuell auch schon vorkonfigurierte Standard-Szenarien) und was der Spielleiter noch eingeben muss. Ich glaube aber das es zu keinem wesentlichen Geschwindigkeitsnachteil gegenüber dem Stift und Papieransatz kommen dürfte.

Kann ich nachvollziehen, aber da frage ich mich auch unabhängig von der Softwareunterstützung, wo der Mehrwert so komplexer Regeln letztendlich ist.

Der Mehrwert ist einfach mehr Realismus. Man kann diskutieren ob Rollenspiel das braucht, aber das füllt schon hunderte virtuelle Seiten in irgend welchen Threads. Der Punkt ist, dass Leute die solche Konstrukte als Wünschenswert ansehen dann auch von einer entsprechenden App profitieren.

An den Vergleich mit dem Auto habe ich beim Erstellen des Themas auch gedacht :)

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Fürs Auto wäre passender, dass man z.B. die Abmessungen kennt (nicht nach Zahlen, sondern als anwendbare räumliche Vorstellung), dass man weiß, wie der Wendekreis ist, wie sich der Kasten im Extrembereich in der Kurve verhält, wann man noch bremsen kann oder schon ausweichen muss - und vom Modell weg ein paar grundlegende Sachen wie etwa, dass rückwärts einparken weniger Platz braucht.
Bei spezialisierten Fahrzeugen kommt dann ggf. noch mal eine ganze Menge Zeug dazu.

Als "normaler" Anwender muss man das alles nicht unbedingt wissen und können; da kommt es einfach auf den eigenen Anspruch an.
Aber ab einem gewissen Punkt bzw. für bestimmte Sorten von Fahrern ist das Pflichtveranstaltung.

Ebenso muss man nicht wissen, wie der 3d-Shooter programmiert ist oder wie das Granaten werfen auf Softwareebene funktioniert.
Aber man muss wissen, von welchem Punkt der Karte man eine Granate mit welcher Methode (wenn es verschiedene gibt) an welche anderen Punkte bringen kann u.Ä..
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So sehr bin ich schon Gamist, dass ich diesen Anspruch in ähnlicher Weise zumindest für die Systeme habe, die ich oft spiele.
Wer sich ein Rollenspielsystem so weit angeeignet hat, dass er verschiedene Manöver in einer Situation X nach den jeweiligen Boni bewerten kann, der kann es auch selbst anwenden.
Dann ist wirklich nur die Frage, ob ein System in der manuellen Anwendung so umständlich und zeitraubend ist, dass eine App das schneller kann (dazu gleich mehr).


Und mir fallen ziemlich viele Bereiche ein, wo ich diesen Blackbox-Effekt unheimlich nervig finde, weil jeder irgendwelches Halbwissen verbreitet und es damit letztlich für alle Interessierten schwerer macht, die tatsächlichen Zusammenhänge zu erfassen.
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Zuerst mal kann man ja auch bei einer App die Mechanik im Hintergrund offen legen. Das ist ja kein besonderer Aufwand. Die App sorgt nur für das schnellere durchlaufen der einzelnen Schritte innerhalb dieser Mechanik. Wer sich dann dafür interessiert kann in die Blackbox reinschauen, alle Anderen leben dann mit ihrem Unwissen und den eventuellen Tips der Art "Gezielte Angriffe können Rüstung umgehen".

Ich denke aber bei den Beispielen und deren Einschätzung ist einfach der wichtige Punkt, dass es einen Punkt gibt, ab dem der Anwender mit einer Abstraktion des darunter befindlichen Systems gut Leben kann (Extrem Beispiel: Lenkrad linksdrehen + Gas = Auto fährt links. Reicht für Rentner und Betrunkene). Dieser Punkt liegt aber sehr unterschiedlich bei den verschiedenen Anwendern. Dir reicht es z.B. zu Wissen wie das Auto in extrem Situationen reagiert, ich schreibe im Moment meine Masterthesis in Mobile Systems Engineering und interessiere mich daher auch für die exakte Physik dahinter, meiner Oma ist beides egal, die fährt einfach sehr gemütlich und kommt nie in Extremsituationen. Beim Auto können wir den für uns angenehmen Abstraktionspunkt also sehr frei wählen, von extrem Abstrakt bis extrem nah am realen System.
Bei Rollenspielen steht die Wahl dieses Punktes, zumindest für den SL, nur sehr begrenzt zur Verfügung. Die Kenntnis der Regeln ist eine unausweichliche Verpflichtung, sogar dann wenn ich mich im Anschluss entscheide die Regeln weg zu lassen und zu Handwedeln. Der einzige Schritt der noch näher am realen System ist wäre der, sich die Wahrscheinlichkeitsrechnung hinter den einzelnen Regeln noch zu erschließen. Es gibt aber keine Möglichkeit RPG von einem noch höheren Abstraktionslevel zu betreiben und diese Lücke würde die App eben schließen.

Ich bin nämlich ein ganz schlimmer Usability-Nazi und könnte jedesmal explodieren, wenn ich an einem Tablet längere Texte schreiben muss oder mich anderweitig mit irgendwelcher Software rumärgern darf.

Die Heilsversprechen der Tablett-Industrie sind mittlerweile von der Realität etwas eingeholt worden. Tippen auf den Dingern ist ein Krampf und die Überlegenheit gegenüber einem PC ist nur beim Konsum nicht interaktiver Inhalte wirklich deutlich.

Aber die VR-Brille auf der Nase zu haben und mir dann auf dem grafischen Niveau von Wolfenstein 3D oder Doom 1 anzugucken, wie der SL in Echtzeit "mal eben" einen improvisierten Raum einrichtet...da hörts dann auf.

Die VR-Brille ist auch gerade erst beim Einstieg in den PC Markt. Klar muss man da skeptisch sein ob das Konzept wirklich irgendwann im RPG angewendet wird, aber im Moment sind wir in einem derart frühen Stadium, dass ich mit einer abschließenden Beurteilung noch warten würde. Ich habe es mal als eine von verschiedenen Möglichkeiten aufgeführt. Ich glaube in 5-8 Jahren kann man da deutlich realistischer drüber diskutieren, dann sind die Geräte im Videospielmarkt angekommen und auch schon eine Weile beim Endanwender im Einsatz. Da kann man dann auch eher über Akzeptanz und Verfügbarkeit diskutieren. Bis dahin halte ich es für eine nette mögliche Zukunftsvision. Bei den Apps sieht der Fall aber anders aus, da sind wir jetzt diese 5-8 Jahre weiter und das Tablet als Produkt hat eine hohe Marktdurchdringung und Akzeptanz (auch bei Rollenspielern) erreicht. Hier kann man dann realistisch über den nexten Schritt der Einbindung in das Spielgeschen reden und den eventuell sogar in einem Pilotprojekt realisieren.

Gibt es wirklich eine große Gruppe von potentiellen Einsteigern, die nur deswegen nicht spielen, weil es keine guten Apps gibt? ;)

Auch in eine App muss man sich einfuchsen und braucht als absoluter Anfänger den Spielleiter oder anderen Spieler, der sich das ganze Gefuddel mit Charaktererstellung usw. antut.
Denn ein hoch komplexes System mit vielen Optionen ist auch mit App immer noch anstrengend und für den Einsteiger abschreckend.
Entscheidungen von Spielerseite kann man nicht automatisieren - auch mit der besten App fischt ein SR-Neuling immer noch im Trüben und wurstelt letztlich irgendwie einen SC zusammen.

Und fragt sich am Ende, warum man nicht gleich ein Videospiel gespielt hat.
Denn da kann man es viel leichter so machen, dass der Charakter mit einem übersichtlichen Kern anfängt und dann nach und nach weitere Elemente des Spiels und des Charakters hinzu kommen.

Ich glaube man kann die Komplexität der Charaktererschaffung (und anderer Mechanismen) hier schon deutlich reduzieren und hat auch die Option den Benutzer durch Tutorials an die App und die Regeln heran zu führen. Beim P&P sieht es viel zu oft so auf, dass schon das GRW als elementarster Baustein einer Produktlinie sehr komplex ist und auch dem geneigten Anfänger keinen langsamen Einstieg erlaubt. Im Markt sieht die momentane Reaktion darauf ja so aus, dass man Einsteigerboxen unters Volk wirft. Das Problem ist also durchaus bekannt und wird auch behandelt. Die Frage die man sich halt stellen muss ist eben ob eine gute App hier Abhilfe schafft und ob sie eine höhere Erfolgsquote (im Sinne von dauerhafte Spieler generieren) hat als eine gut gemachte Einsteigerbox. Die zweite Frage ist dann ob eine gute App auch bei erfahrenen Spielern anklang findet.

Offline rayen

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #8 am: 14.07.2015 | 14:17 »
Also ich finde sehrwohl, das eine App das spielen bereichern kann. Gerade einige Brettspiele haben gezeigt, das eine App eine bereicherung des Hobbys sein kann (X Com, Golem Arkana) und da werden sicher noch mehr kommen.

Bei Rollenspielen finde ich zum Beispiel Apps oder Programme zur Charaktererstellung, oder weiterentwicklung super. Auch um Zufallsergebnisse zu verwalten ist ein App gut geeignet wenn man sie vorher in die App integriert. Aber auch anderweitig kann der Computer das spiel ergänzen, man denke hier zB an den Mythic Gamemaster Emulator, der einige Entscheidungen aus der Hand des GMs nehmen kann und so für alle unerwartete Ereignisse bringen und die Geschichte in neue Bahnen lenken kann.

Offline sangeet

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #9 am: 14.07.2015 | 15:53 »
Ich persönlich finde das die Spiele nicht so komplex sein sollten, das man eine App zum Spielen benötigt.

Die Frage ist doch, wo der Mehrwert ist, wenn die Simulation dann so viel Zeit verschlingt gegenüber dem was ich als Spiel empfinde.

Ein Problem bei uns war auch, das man nicht genau wusste, ob der Spieler die App oder Internet benutzte wenn er auf das Handy schaut. Ich finde es toller, wenn die Züge schnell gehen, und man nicht ewig warten muss bis man wieder dran ist. Also ich bin schon eher gegen Apps, auch aus eigener Erfahrung. (Ja ich hab auch hin und wieder im Inet gesurft /emails gecheckt auf dem Handy, weil ich 15 min. warten musste, bis alle anderen Fertig waren.)
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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #10 am: 14.07.2015 | 15:57 »
Verfügbarkeit von Ablenkung ist wirklich so ein Thema, dass ich auch nicht mag. Zudem sind die Handy/Tablet-Dinger eigentlich immer gerade im Schlafmodus und brauchen länger, bis sie aktiviert sind.

Rollenspiel lebt ja eigentlich davon, dass der Mensch (SL) eine großartige Simulationsmaschine ist. Ich sehe nicht, wie eine App (oder Regelkonstrukte) ihn schlagen können.

Offline YY

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Re: App-Unterstützung für komplexe Systeme
« Antwort #11 am: 14.07.2015 | 23:06 »
Der Mehrwert ist einfach mehr Realismus. Man kann diskutieren ob Rollenspiel das braucht, aber das füllt schon hunderte virtuelle Seiten in irgend welchen Threads. Der Punkt ist, dass Leute die solche Konstrukte als Wünschenswert ansehen dann auch von einer entsprechenden App profitieren.

Da brauchen wir nicht diskutieren, ich finde das einen löblichen Ansatz.
Nur bin ich entschiedener Gegner der Behauptung, dass man ein wie auch immer geartetes Mehr an Realismus nur durch eine enorm hohe Komplexität der jeweiligen Regeln erreichen kann.

Zum einen heißt realistisch nicht zwingend detailliert/feinkörnig und zum zweiten finden sich viele Systeme, die sich die wildesten Komplexitätsorgien geben, wo andere Systeme mit zwei kleinen Abschnitten unterm Strich die selben Ergebnisse liefern - vielleicht mit ein bisschen Unschärfe, aber das muss kein Nachteil sein.
Pseudo-Realismus durch Dutzende Tabellenseiten brauche ich jedenfalls noch weniger als ein bisschen (heilsame) Unschärfe.

Insbesondere dann nicht, wenn es auch um das Thema Spielgefühl geht. Details können ja nicht nur grundsätzlich sinnvoll oder überflüssig sein, sondern auch "nur" zum falschen Zeitpunkt kommen.

Bei den Apps sieht der Fall aber anders aus, da sind wir jetzt diese 5-8 Jahre weiter und das Tablet als Produkt hat eine hohe Marktdurchdringung und Akzeptanz (auch bei Rollenspielern) erreicht.

Da kann ich freilich nur für mich sprechen und bin wie gesagt auch irgendwo ein Härtefall, aber ich habe noch keine spielunterstützende Software gesehen, die ich wirklich als Bereicherung oder Erleichterung empfunden hätte und die nicht auf der anderen Seite den Aufmerksamkeitsfokus übermäßig auf sich zieht.


Ich glaube man kann die Komplexität der Charaktererschaffung (und anderer Mechanismen) hier schon deutlich reduzieren und hat auch die Option den Benutzer durch Tutorials an die App und die Regeln heran zu führen.
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Die Frage die man sich halt stellen muss ist eben ob eine gute App hier Abhilfe schafft und ob sie eine höhere Erfolgsquote (im Sinne von dauerhafte Spieler generieren) hat als eine gut gemachte Einsteigerbox. Die zweite Frage ist dann ob eine gute App auch bei erfahrenen Spielern anklang findet.

Ich glaube nicht, dass eine App hier großartig etwas erreichen kann. Um den Einstieg spürbar zu erleichtern, muss ja auch die tatsächliche Komplexität der Regeln reduziert werden und nicht nur die schlechte "Bedienbarkeit" (langes Einlesen, Regeln verteilt auf X Bücher usw.), wobei letztere bei einer Einsteigerbox ja auch schon ein sehr viel geringeres Problem darstellt.

Was eine gut gemachte App möglicherweise leisten kann, ist ein eher fließender Übergang von Einsteigerregeln zum "großen" Regelwerk.
Und zumindest jene Spieler, die mit der App "aufgewachsen" sind, werden sie dann wohl auch weiter nutzen.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer